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Food Addiction: Suchtmechanismen bei Ess- und Gewichtsstörungen

Authors:

Abstract

Zusammenfassung: Zielsetzung: Mit der Entwicklung der Yale Food Addiction Scale (YFAS) wurden diagnostische Kriterien von Food Addiction (FA) postuliert, die sich zunächst an den sieben DSM-IV-TR-Kriterien für Substanzabhängigkeit orientierten. Mit Einführung des DSM-5 erfolgte eine Revision der Skala (YFAS 2.0), die sich an den 11 Kriterien für Substanzgebrauchsstörungen orientiert. Dieser Beitrag befasst sich mit der YFAS 2.0-basierten Prävalenz von FA bei Personen mit Anorexia Nervosa (AN), Bulimia Nervosa (BN), Binge-Eating-Störung (BES) und Adipositas und der Anwendung experimenteller Paradigmen aus der Suchtforschung bei Ess- und Gewichtsstörungen. Methodik: Fokussierte narrative Überblicksarbeit. Ergebnisse: YFAS 2.0-FA-Diagnosen wurden besonders häufig bei Personen mit BN, BES und/oder Adipositas berichtet. Aus der Suchtforschung bekannte experimentelle Paradigmen wurden für Ess- und Gewichtsstörungen adaptiert und zeigen Parallelen zu Abhängigkeitserkrankungen, oftmals wurde in diesen Studien FA jedoch nicht explizit erfasst. Schlussfolgerungen: Eine Subgruppe von Patient_innen mit BN, BES und/oder Adipositas zeigt suchtartiges Essen im Sinne einer YFAS 2.0-FA-Diagnose. Experimentelle Studien legen nahe, dass hier die gleichen Mechanismen bedeutsam sein könnten wie bei Suchterkrankungen. Unklar ist, ob diese auf das Vorliegen von FA zurückzuführen sind. Zukünftige Studien sollten FA systematisch berücksichtigen und den klinischen Nutzen des Konzepts weiter untersuchen.
© 2022 The Author(s) Distributed as a Hogrefe OpenMind article SUCHT (2022), 68 (4), 213–224
under the license CC BY 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0) https://doi.org/10.1024/0939-5911/a000774
Übersichtsarbeit
Food Addiction
Suchtmechanismen bei Ess- und Gewichtsstörungen
Astrid Müller1 und Sabine Steins-Loeber2
1 Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover, Deutschland
2 Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Deutschland
Zusammenfassung: Zielsetzung: Mit der Entwicklung der Yale Food Addiction Scale (YFAS) wurden diagnostische Kriterien von Food Addiction
(FA) postuliert, die sich zunächst an den sieben DSM-IV-TR-Kriterien für Substanzabhängigkeit orientierten. Mit Einführung des DSM-5 erfolg-
te eine Revision der Skala (YFAS 2.0), die sich an den 11 Kriterien für Substanzgebrauchsstörungen orientiert. Dieser Beitrag befasst sich mit
der YFAS 2.0-basierten Prävalenz von FA bei Personen mit Anorexia Nervosa (AN), Bulimia Nervosa (BN), Binge-Eating-Störung (BES) und Adi-
positas und der Anwendung experimenteller Paradigmen aus der Suchtforschung bei Ess- und Gewichtsstörungen. Methodik: Fokussierte
narrative Überblicksarbeit. Ergebnisse: YFAS 2.0-FA-Diagnosen wurden besonders häufig bei Personen mit BN, BES und/oder Adipositas be-
richtet. Aus der Suchtforschung bekannte experimentelle Paradigmen wurden für Ess- und Gewichtsstörungen adaptiert und zeigen Parallelen
zu Abhängigkeitserkrankungen, oftmals wurde in diesen Studien FA jedoch nicht explizit erfasst. Schlussfolgerungen: Eine Subgruppe von Pa-
tient_innen mit BN, BES und/oder Adipositas zeigt suchtartiges Essen im Sinne einer YFAS 2.0-FA-Diagnose. Experimentelle Studien legen
nahe, dass hier die gleichen Mechanismen bedeutsam sein könnten wie bei Suchterkrankungen. Unklar ist, ob diese auf das Vorliegen von FA
zurückzuführen sind. Zukünftige Studien sollten FA systematisch berücksichtigen und den klinischen Nutzen des Konzepts weiter
untersuchen.
Schlüsselwörter: Food Addiction, Yale Food Addiction Scale, Substanzkonsumstörungen, Essstörungen, Adipositas
Food Addiction: Mechanisms of Addiction underlying Eating and Weight Disorders
Abstract: Aims: Diagnostic criteria for food addiction (FA) were proposed with the development of the Yale Food Addiction Scale (YFAS) by apply-
ing the seven DSM-IV-TR criteria of substance dependence. The YFAS was revised (YFAS 2.0) according to the 11 DSM-5-criteria for substance
use disorders. This article addresses the prevalence of FA in individuals with anorexia nervosa (AN), bulimia nervosa (BN), binge eating disorder
(BED) and/or obesity and the application of experimental paradigms from addiction research to eating and weight disorders. Methods: Focused
narrative review. Results: YFAS 2.0-FA diagnoses are particularly frequent in individuals with BN, BED and/or obesity. Several experimental
paradigms known from addiction research have been adapted for eating and weight disorders, and indicate parallels with addictive disorders.
However, most studies did not assess FA. Conclusions: A subgroup of patients with BN, BED and/or obesity shows addiction-like eating based
on YFAS 2.0 scores. Experimental studies suggest that the same mechanisms that are relevant to the development and maintenance of sub-
stance use disorders or behavioral addictions may be important. It remains unclear whether those patients suffer from FA. Future studies
should systematically assess FA symptoms and further investigate the clinical utility of the FA concept.
Keywords: food addiction, Yale Food Addiction Scale, substance use disorders, eating disorders, obesity
Einführung
Obgleich das Konzept Food Addiction (FA) oft bemüht
wird, um suchtartiges Essverhalten bei Personen mit Ess-
und Gewichtsstörungen zu erklären, ist es bislang wenig
elaboriert und seine Evidenz nicht eindeutig geklärt (Al-
bayrak et al., 2017; Hebebrand et al., 2014). Diagnostische
Kriterien von FA wurden erstmals 2009 mit der Entwick-
lung der Yale Food Addiction Scale (YFAS) postuliert (Ge-
arhardt, Corbin & Brownell, 2009a). Diese orientierten
sich an den sieben DSM-IV-TR-Kriterien für Substanzab-
hängigkeit (substance dependence; Saß, Wittchen & Zau-
dig, 2003), die für den suchtartigen Konsum hochkalori-
scher, industriell verarbeiteter, schmackhafter Speisen
angepasst wurden (z. B. Eiscreme, Schokolade, Hambur-
ger, Pizza, Chips, zuckerhaltige Getränke). Auf diese
Weise adressiert das FA-Konzept Suchtaspekte in Zusam-
menhang mit dem Konsum bestimmter Lebensmittel
(Gearhardt et al., 2009a). Nach Einführung des DSM-5
erfolgte eine Revision der Skala (YFAS 2.0) in Anlehnung
an die Zusammenführung von Substanzmissbrauch und
-abhängigkeit zur revidierten DSM-5-Kategorie Substanz-
gebrauchsstörung (substance use disorder; APA, 2015).
Das Erscheinen der YFAS und der YFAS 2.0 stimulierte
zahlreiche Studien, die den Fragebogen nutzten, um FA
in verschiedenen Stichproben zu untersuchen. Meistens
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214 A. Müller& S. Steins-Loeber, Food Addiction
handelte es sich um Untersuchungen bei Personen mit
Ess- und Gewichtsstörungen, wobei auch bevölkerungs-
basierte Studien oder solche in nicht-klinischen Samples
erschienen sind (für eine Übersicht siehe Oliveira, Co-
lombarolli & Cordas, 2021).
Dieser Beitrag befasst sich mit der Prävalenz von FA
und mit Suchtaspekten/FA bei Ess- und Gewichtsstörun-
gen. Damit sind die typischen Essstörungen Anorexia
Nervosa (AN), Bulimia Nervosa (BN) und Binge-Eating-
Störung (BES) sowie Adipositas (BMI ≥ 30 kg/m
2
) gemeint
(APA, 2015; WHO, 2022). Da die Entwicklung der YFAS/
YFAS 2.0 die Forschung zu FA ganz wesentlich befördert
hat und mittlerweile entsprechend breite Verwendung
ndet, wird das Instrument eingangs näher beschrieben
und anschließend auf YFAS 2.0-basierte Prävalenzschät-
zungen von FA eingegangen. Danach wenden wir uns
dem zentralen Thema dieses Beitrags zu: der Rolle von
Suchtmechanismen/FA bei Ess- und Gewichtsstörungen.
In diesem Zusammenhang wird auf Modelle und experi-
mentelle Paradigmen aus der Suchtforschung eingegan-
gen, die mittlerweile auch im Bereich der Ess- und Ge-
wichtsstörungen Anwendung nden. Abschließend
werden wissenschaftliche und klinische Implikationen
sowie der klinische Nutzen des Konstrukts FA diskutiert.
Methode
Bei dem vorliegenden Beitrag handelt es sich um einen fo-
kussierten narrativen Überblick zu FA und Suchtaspekten
bei Ess- und Gewichtsstörungen, der auf einer Recherche
in PubMed mit folgenden Schlagwörtern basiert: food ad-
diction & eating disorder, obesity & assessment, preva-
lence, addictive mechanisms, craving, response inhibiti-
on, cognition, YFAS. Es wurde gezielt nach Ergebnissen
aus Deutschland zur Prävalenz von FA bei Menschen mit
Ess- und Gewichtsstörungen gesucht. Der Fokus der Re-
cherche lag weiterhin auf deutschen und internationalen
Studien, die sich experimenteller Paradigmen aus der
Suchtforschung bedient haben, um Suchtaspekte bei Ess-
und Gewichtsstörungen zu untersuchen.
Ergebnisse
Die Yale Food Addiction Scale
(YFAS undYFAS 2.0)
Die YFAS ist das bekannteste und am häugsten genutzte
Instrument, um Symptome von FA zu messen und eine
Schweregradeinteilung vorzunehmen (Meule & Gear-
hardt, 2014; Oliveira et al., 2021). In der ursprünglichen
Form enthielt sie 27 Items, wovon 20 die sieben DSM-IV-
Abhängigkeitskriterien (Saß et al., 2003) abbildeten. Die
übrigen Items adressierten klinisch signikante Belas-
tungen und Beeinträchtigung infolge der FA und fragten
nach den Nahrungsmitteln, auf die sich das suchtartige
Essverhalten bezieht (Gearhardt, Corbin & Brownell,
2009b; Meule, Vögele & Kübler, 2012). Mittlerweile wird
eine überarbeitete Version der YFAS verwendet, die YFAS
2.0 (Gearhardt, Corbin & Brownell, 2016), die auch in ei-
ner validierten deutschen Form (Meule, Müller, Gear-
hardt & Blechert, 2017) sowie in einer Kurzform (mYFAS
2.0; Schulte & Gearhardt, 2017) verfügbar ist. Die YFAS
2.0 bezieht sich auf die DSM-5-Kriterien für Substanzge-
brauchsstörungen (APA, 2015) und ist wie ihre Vorgänge-
rin für bestimmte schmackhafte, industriell verarbeitete,
hochkalorische Nahrungsmittel (s. o.) adaptiert. Die
Langform besteht aus 35 Items (Kurzform mYFAS 2.0 hat
13 Items), die den 11 für Nahrungsmittel adaptierten
DSM-5-Kriterien für Substanzgebrauchsstörungen zuge-
ordnet werden. In Tabelle 1 sind exemplarisch einige
Items der YFAS 2.0 mit den dazu passenden DSM-5-Kri-
terien aufgelistet. Die Beantwortung der Fragen erfolgt
anhand einer achtstugen Skala (0=nie bis 7=jeden Tag).
Um den Fragebogen auszuwerten, müssen die Antwor-
ten zunächst dichotomisiert und invertierte Items umge-
polt werden. Danach werden die Antworten pro Kriteri-
um aufaddiert. Ein Kriterium gilt als erfüllt, sobald ein
Wert von ≥1 erreicht wird. Die Anzahl der erfüllten Krite-
rien bildet den kontinuierlichen YFAS-Summenwert, der
entsprechend zwischen 0 und 11 variieren kann. Zusätz-
lich ist in Anlehnung an das DSM-5 (APA, 2015) auch eine
kategoriale Auswertung der YFAS 2.0 in drei Schweregra-
de möglich: milde FA (2–3 Kriterien erfüllt), moderate FA
(4–5 Kriterien erfüllt) und schwere FA (≥6 Kriterien er-
füllt; Gearhardt et al., 2016). Zu beachten ist, dass neben
der geforderten Anzahl der erfüllten Kriterien immer
auch eine klinisch signikante Beeinträchtigung durch
die FA-Symptome vorliegen muss, um eine FA diagnosti-
zieren zu können.
Die YFAS 2.0 verfügt über gute psychometrische Eigen-
schaften mit einer eindimensionalen Struktur und inter-
nen Reliabilität (Cronbachs oder Kuder-Richardson α)
zwischen 0,80 und 0,90 in verschiedenen Stichproben
(Meule & Gearhardt, 2019). Meule et al. (2017) bestätigten
in ihrer Validierungsstudie (N=455; 89 % Frauen, Alter
MW=25.6; SD=7.0; BMI MW=22.3; SD=3.6) die einfaktori-
elle Struktur der deutschen Übersetzung der YFAS 2.0 und
beschrieben eine hohe interne Konsistenz der 11 Abhän-
gigkeitskriterien (Cronbachs α=0.90). Gleiches gilt für die
mYFAS 2.0., für die in einer amerikanischen Studie
(N=213) von Schulte und Gearhardt (2017) ein Kuder-
Richardson α von 0.86 berichtet wurde.
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A. Müller& S. Steins-Loeber, Food Addiction 215
Obgleich die YFAS 2.0 bereits in zahlreichen Studien an-
gewendet wurde (für eine Übersicht Oliveira et al., 2021),
ist noch keine empirische Überprüfung der vorgeschlage-
nen Diagnosekriterien für FA erfolgt. Daher mangelt es an
einem standardisierten Interviewleitfaden, der für eine va-
lide Diagnosestellung genutzt werden könnte (Schulte,
Wadden & Allison, 2020). Die folgenden Ausführungen
zur Prävalenz von FA in diesem Beitrag beziehen sich auf
Untersuchungen mit der YFAS 2.0. Aus diesem Grund wird
nachfolgend die Bezeichnung YFAS 2.0-FA-Diagnose ver-
wendet, wenn in den zitierten Studien die Diagnosestel-
lung anhand des Fragebogens erfolgte.
Prävalenz von Food Addiction
Schulte und Gearhardt (2017) hatten in einer eigenen Un-
tersuchung zunächst festgestellt, dass die YFAS 2.0 etwas
höhere FA-Prävalenzen abbildet als die YFAS. Diese Die-
renz erklärten sie damit, dass die YFAS sich nur auf die
sieben DSM-IV-Kriterien für Substanzabhängigkeit bezog,
während mit der YFAS 2.0 gemäß DSM-5 (APA, 2015) ne-
ben Symptomen abhängigen Konsums auch die von miss-
bräuchlichem Konsum berücksichtigt werden (Schulte &
Gearhardt, 2017). Etwas später gingen Meule und Gear-
hardt (2019) in einer Übersichtsarbeit allerdings davon
aus, dass die Unterschiede eher vernachlässigbar seien
und mit der YFAS 2.0 ähnliche Prävalenzraten abgebildet
werden wie mit der YFAS.
Inzwischen wurde die YFAS 2.0 in mehr als 50 Studien
genutzt (für einen Überblick siehe Oliveira et al., 2021). In
einer repräsentativen deutschen Bevölkerungsstichprobe
(N=1034; 51 % Männer, Alter 18–65 J.) zeigte sich eine
YFAS 2.0-FA-Prävalenz von 7,9 % (Hauck, Weiss, Schulte,
Meule & Ellrott, 2017). Die höchsten Prävalenzraten wur-
den bei Personen mit Adipositas (17 %) oder Untergewicht
(15 %) ermittelt, was einen U-förmigen Zusammenhang
zwischen FA und Gewicht vermuten lässt (Hauck et al.,
Tabelle1. Für Nahrungsmittel adaptierte Kriterien der DSM-5-Substanzgebrauchsstörung und beispielhafte YFAS 2.0 Items zur Abbildung dieser
Kriterien (Meule et al., 2017)
Kriterium Item
1. Konsum bestimmter Nahrungsmittel in größeren Mengen oder
länger als beabsichtigt
„Wenn ich anfing bestimmte Nahrungsmittel zu essen, aß ich viel mehr
als geplant.
2. Wiederholte erfolglose Versuche, den Konsum bestimmter
Nahrungsmittel zu verringern
„Ich wollte unbedingt den Konsum bestimmter Nahrungsmittel
einschränken oder ganz auf sie verzichten, aber ich konnte es einfach
nicht.“
3. Hoher Zeitaufwand für die Beschaffung bestimmter
Nahrungsmittel und deren Konsum
„Ich verbrachte viel Zeit, in der ich mich träge oder müde fühlte, weil ich
mich überessen hatte.
4. Vernachlässigung oder Aufgabe von wichtigen sozialen,
beruflichen und Freizeitaktivitäten aufgrund des suchtartigen
Konsums bestimmter Nahrungsmittel
„Ich mied die Arbeit, Schule oder soziale Aktivitäten, weil ich bestimmte
Nahrungsmittel dort nicht essen konnte.
5. Fortgesetzter Konsum bestimmter Nahrungsmittel trotz
Kenntnis der negativen emotionalen/körperlichen Konsequenzen
„Ich aß in derselben Art und Weise weiter, obwohl mein Essverhalten
emotionale Probleme verursachte.
6. Toleranzentwicklung (starke Zunahme der Menge
bestimmterkonsumierter Nahrungsmittel; starke Abnahme
dergewünschten affektiven Erfahrungen)
„Die gleiche Nahrungsmenge zu essen brachte mir nicht den gleichen
Genuss wie früher.
7. Entzugssymptome bei Verringerung des Konsums oder
Verzichtauf bestimmte Nahrungsmittel; Konsum bestimmter
Nahrungsmittel zur Reduktion von Entzugssymptomen
„Wenn ich den Konsum bestimmter Nahrungsmittel einschränkte oder
ganz aufhörte sie zu essen, fühlte ich mich gereizt, nervös oder traurig.“
8. Fortgesetzter Konsum bestimmter Nahrungsmittel trotz
sozialer und interpersoneller Probleme
„Ich hatte Probleme mit meiner Familie oder Freunden aufgrund der
Häufigkeit meines Überessens.
9. Versagen bei der Erfüllung wichtiger Verpflichtungen aufgrund
des suchtartigen Essverhaltens
„Ich erbrachte keine gute Leistung auf der Arbeit oder in der Schule,
weil ich zu viel aß.
10. Konsum in körperlich gefährlichen Situationen „Ich war durch Essen so abgelenkt, dass ich mich hätte verletzen
können (z. B. während des Autofahrens, beim Überqueren der Straße
oder beim Bedienen von Maschinen).
11. Craving oder ein starkes Verlangen nach bestimmten
Nahrungsmitteln
„Ich hatte ein solch starkes Verlangen nach bestimmten
Nahrungsmitteln, dass ich mich fühlte als müsste ich sie sofort essen.
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216 A. Müller& S. Steins-Loeber, Food Addiction
2017). Diese Assoziation spiegelt sich in den YFAS 2.0-Be-
funden aus Studien mit Patient_innen mit Ess- und Ge-
wichtsstörungen wider.
Food Addiction bei Personen mit Essstörungen
In einer Studie aus Frankreich mit 195 Frauen mit Essstö-
rungen zeigte sich, dass 61,5 % der Patientinnen mit einer
restriktiven AN (ohne willentliches Erbrechen o. a. aktive
Maßnahmen zur Gewichtsregulierung) und 87,9 % der Pa-
tientinnen mit einer bulimischen AN (sog. Binge-Purge
Typus) eine YFAS 2.0-FA-Diagnose hatten (Fauconnier et
al., 2020; siehe Tabelle 2). Noch höher lagen die Präva-
lenzraten für Patientinnen mit Bulimia Nervosa (BN;
97,6 %) und BES (93,3 %), wobei die BES-Gruppe mit nur
15 Patientinnen sehr klein war (Fauconnier et al., 2020).
Eine ähnlich hohe YFAS 2.0-FA-Prävalenz zeigte sich in
einer deutschen Studie mit 115 Frauen mit BN, von denen
110 über dem YFAS 2.0-Cuto für FA scorten (de Vries &
Meule, 2016). Die Befunde verdeutlichen, dass suchtarti-
ges Essen vor allem bei Personen mit BN oder BES vor-
kommt. Sie zeigen gleichzeitig, dass Suchtaspekte auch
bei AN bedeutsam sein können und möglicherweise zum
Schweregrad der jeweiligen Essstörung beitragen (Gear-
hardt, White & Potenza, 2011; Tran et al., 2020). Dabei
verwundern die relativ hohen YFAS 2.0-basierten FA-Prä-
valenzen bei Personen mit Untergewicht. Es ist nicht aus-
geschlossen, dass diese auf mögliche Artefakte der subjek-
tiven Wahrnehmung zurückzuführen sind (z. B. „Ich wollte
gar nichts essen und hatte Kontrollverlust, weil ich einen
Apfel gegessen habe“).
Food Addiction bei Personen mit Adipositas
Seit geraumer Zeit wird die Bedeutung von Suchtaspek-
ten/FA auch im Zusammenhang mit Adipositas erforscht,
wobei sich die Ergebnisse meistens auf Adipositas Grad 2
(BMI 35–39.9 kg/m2) oder Grad 3 („morbide Adipositas“,
BMI ≥ 40 kg/m2) beziehen. In Tabelle 2 sind Befunde aus
Deutschland zusammengefasst, die FA bei Personen mit
Adipositas anhand der YFAS 2.0 erhoben haben. In diesen
Studien schwankte die YFAS 2.0-FA-Prävalenz zwischen
15 und 49 %. Zu beachten ist, dass in der Studie mit der
geringsten YFAS 2.0-FA-Prävalenz (15 %) Teilnehmer_in-
nen eines smartphonegestützten Adipositasprogramms
untersucht wurden (Pape et al., 2021), während die restli-
chen Angaben von Personen stammen, die eine
Adipositas chirurgie anstrebten (Lescher et al., 2020; Meu-
le et al., 2017; Müller et al., 2018).
Zur Rolle von Suchtmechanismen/FA
bei Ess- und Gewichtsstörungen
Wie schon erwähnt, wurden die Kriterien von FA in Analo-
gie zu den Kriterien für substanzbezogene Abhängigkeits-
erkrankungen formuliert (Gearhardt et al., 2009b) und die
meisten Studien konzentrierten sich auf FA bei Menschen
mit Ess- und Gewichtsstörungen. Umso verwunderlicher
ist es, dass es kaum systematische Untersuchungen zur Ko-
morbidität von FA und Substanzkonsumstörungen bei
Menschen mit Ess- und Gewichtsstörungen gibt (für eine
aktuelle deutsche Studie siehe den Beitrag von Thomas et
al. in diesem Heft). Gleichwohl können klinisch-phänome-
nologische Überlappungen zwischen den Krankheitsbil-
dern angenommen werden. So berichten Menschen mit
Essstörungen und/oder Adipositas oft von einem starken
Verlangen nach bestimmten Nahrungsmitteln, von einer
eingeschränkten Kontrolle über die Nahrungsaufnahme
oder von Essen aus emotionalen Gründen in der Abwesen-
heit von Hunger (Fauconnier et al., 2020; Gearhardt et al.,
2011; Mallorqui-Bague et al., 2020; Meule et al., 2018; Ver-
Tabelle2. Auswahl von Ergebnissen zur Prävalenz von YFAS 2.0-FA-Diagnosen bei Personen mit Ess- und Gewichtsstörungen
N w/m/d n BMI [kg/m2] M (SD) Alter M (SD) Food Addiction (%) Referenz
Anorexia nervosa, restriktiv 65 65/0/0 n/a 21.4 (5.9) 61,5 Fauconnier et al., 2020
Anorexia nervosa, binge/purge 33 33/0/0 n/a 22.2 (6.7) 87,9 Fauconnier et al., 2020
Bulimia nervosa 82 82/0/0 n/a 24.0 (8.3) 97,6 Fauconnier et al., 2020
Bulimia nervosa 115 115/0/0 26.1 (8.0) 26.4 (8.8) 95,7 de Vries& Meule, 2016
Adipositas 213 143/70/0 33.3 (3.8) 46.4 (12.1) 15,0 Pape et al., 2021
Adipositas 107 77/30 /0 46.5 (6.8) 41.4 (11.6) 48,6 Lescher et al., 2020
Adipositas 138 108/30/0 48.8 (7.1) 39.5 (10.7) 45,6 Meule et al., 2017
Adipositas 216 173/43/0 48.3 (7.2) 44.7 (12.4) 27,3 Müller et al., 2018
Anmerkungen. FA: Food Addiction; YFAS: Yale Food Addiction Scale; n/a: not applicable.
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A. Müller& S. Steins-Loeber, Food Addiction 217
zijl, Ahlich, Schlauch & Rancourt, 2018). Die beiden letzt-
genannten Aspekte nden sich übrigens in den diagnosti-
schen Kriterien der BES wieder (APA, 2015; Gearhardt et
al., 2011). Folglich können aus der Suchtforschung bekann-
te Modelle und experimentelle Paradigmen zu einem bes-
seren Verständnis von suchtartigem Essen beitragen, in-
dem sie die Frage adressieren, ob die Mechanismen bei FA
im Hinblick auf Nahrungsmittel denen bei Substanzkons-
umstörungen in Bezug auf Suchtmittel gleichen.
Ausgehend von Untersuchungen im Tiermodell postu-
lieren aktuelle neurobiologische Erklärungsansätze für ab-
hängiges Verhalten eine subkortikale Sensitivierung der
dopaminergen Neurotransmission im mesolimbischen
Belohnungssystem. Folge der Sensitivierung ist, dass das
Belohnungssystem hypersensitiv auf suchtmittelassoziier-
te Reize reagiert. Prozesse der klassischen Konditionie-
rung führen dazu, dass suchtmittelassoziierte Reize als
besonders salient („belohnend“) erscheinen. Bei Konfron-
tation mit suchtmittelassoziierten Reizen (z. B. Bilder von
alkoholischen Getränken, Bilder aus Onlinespielen, Shop-
pingbilder) sind konditionierte Veränderungen in me-
solimbisch-mesokortikalen Systemen beobachtbar. Es
konnte gezeigt werden, dass diese Veränderungen mit
dem berichteten Verlangen nach einer bestimmten Subs-
tanz (z. B. Alkohol) oder Aktivität (z. B. Gaming, Shopping)
und der Rückfallhäugkeit assoziiert sind (Garbusow et
al., 2016; Vogel et al., 2020; Vollstädt-Klein et al., 2012).
Im Folgenden werden einige Modelle und experimen-
telle Paradigmen skizziert, die in der Erforschung von Ab-
hängigkeitserkrankungen häug angewendet werden.
Anschließend wird über Studien berichtet, die diese Para-
digmen genutzt haben, um Suchtaspekte bei Menschen
mit Ess- und Gewichtsstörungen zu untersuchen.
Modelle und experimentelle Paradigmen
der Suchtforschung
Mit dem Reizreaktivitäts-Paradigma werden spezi-
sche Reaktionen auf suchtmittelassoziierte Reize erfasst
(Carter & Tiany, 1999; Hill-Bowen et al., 2021). Üblicher-
weise werden den Proband_innen sowohl suchtmittelasso-
ziierte (z. B. Bilder von alkoholischen Getränken) als auch
neutrale oder suchtmittelirrelevante Reize (z. B. Land-
schaftsbilder) dargeboten und die induzierte aektive (z. B.
subjektives Verlangen), kognitive (z. B. Aufmerksamkeits-
steuerung), physiologische (z. B. Hautleitwert) oder neu-
rale (Aktivierung bestimmter Gehirnregionen) Response
gemessen.
In der Suchtforschung wird bekanntermaßen davon
ausgegangen, dass es im Verlauf der Abhängigkeitsent-
wicklung zu einem Übergang von zunächst zielgerichte-
tem (z. B. genussgesteuertem) zu schließlich automati-
siertem Verhalten kommt, das durch einen Verlust von
Kontrolle über das Verhalten gekennzeichnet ist (Eve-
ritt & Robbins, 2016). Insbesondere im Hinblick auf die
Aufrechterhaltung abhängigen Verhaltens bedeutet dies,
dass es Personen nur schwer gelingt, reizgesteuerte kon-
ditionierte Reaktionen zu kontrollieren und automatisier-
te Reaktionen zu überschreiben. Diese Beeinträchtigung
kognitiver Kontrollfunktionen zeigt sich z. B. in der ver-
minderten Steuerung von Aufmerksamkeit und Entschei-
dungsverhalten sowie in einer reduzierten Inhibition
nicht-adäquater Verhaltensreaktionen. Im Bereich der Er-
forschung substanzgebundener und substanzungebunde-
ner Abhängigkeitserkrankungen werden eine Reihe expe-
rimenteller, in der Regel computergestützter Aufgaben
genutzt, um diese Kontrolldezite besser zu verstehen,
ihren prädiktiven Wert für den Krankheitsverlauf zu un-
tersuchen und therapeutische Interventionen abzuleiten.
Beispielhaft genannt seien hier das Go-NoGo-Paradigma,
die Approach-Avoidance-Task, die Dot-Probe-Task, das
Pavlovian-to-Instrumental-Transfer(PIT)-Paradigma und
die Iowa Gambling Task.
Das Go-NoGo-Paradigma erfordert von den Proband_
innen eine möglichst schnelle Reaktion auf Wörter oder
Bilder einer Zielkategorie (z. B. nicht-alkoholische Ge-
tränke), wohingegen Reaktionen auf eine andere Katego-
rie (z. B. alkoholische Getränke) inhibiert werden sollen
(Czapla et al., 2017). In der sogenannten Shifting-Variante
wechselt nach mehreren Durchgängen die Zielkategorie,
so dass aus dem Vergleich der Anzahl nicht erfolgreicher
Inhibitionen pro Kategorie auf die Inhibitionsfähigkeit
der Proband_innen geschlossen werden kann. Bei Men-
schen mit Alkoholabhängigkeit zeigten sich Dezite der
Inhibitionsfähigkeit als ein zentraler Prädiktor für die
Rückfallhäugkeit nach qualizierter Entzugsbehandlung
(Czapla et al., 2016).
Mit der Approach-Avoidance-Task werden stimulusin-
duzierte Annäherungs- und Vermeidungstendenzen ge-
messen. Dabei sollen Bilder mit positiver Valenz (z. B. Bil-
der alkoholischer Getränke) meistens mit einem Joystick
schnell „weggedrückt“ werden, solche mit neutraler oder
negativer Valenz schnell herangezogen werden (Eberl et
al., 2013; Machulska, Zlomuzica, Adolph, Rinck & Mar-
graf, 2015). Dot-Probe-Aufgaben werden verwendet, um
Aufmerksamkeitsprozesse experimentell zu untersu-
chen. Mit diesem Paradigma konnten z. B. bei Menschen
mit Alkoholabhängigkeit Aufmerksamkeitsverzerrungen
hin zu substanzassoziierten Reizen (z. B. Bilder von alko-
holischen Getränken) nachgewiesen werden (Loeber et
al., 2009).
Demgegenüber erfasst das PIT-Paradigma den Einuss
konditionierter Stimuli auf instrumentelle belohnungsas-
soziierte Reaktionen (Pawlowsch-instrumentelle Trans-
fereekte; Genauck, Huys, Heinz & Rapp, 2013). Sowohl
bei substanzgebundenen als auch substanzungebunde-
nen Abhängigkeiten konnte ein Einuss konditionierter
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218 A. Müller& S. Steins-Loeber, Food Addiction
suchtmittelassoziierter Reize auf instrumentelles sucht-
mittelassoziiertes Verhalten nachgewiesen werden. So
führt beispielsweise die experimentelle Darbietung eines
nikotin- oder alkoholassoziierten Reizes zu einer ver-
stärkten instrumentellen Reaktion, um eine nikotin- oder
alkoholassoziierte Belohnung zu erhalten, ein sogenann-
ter PIT-Eekt (Genauck et al., 2013; Hardy, Parker, Hart-
ley & Hogarth, 2018). Vergleichbare Ergebnisse zeigten
sich auch mit Bezug zu spezischen Internetnutzungsstö-
rungen, z. B. Computerspielstörung und Shoppingstörung
(Vogel et al., 2018).
Zur Messung des generellen Entscheidungsverhaltens
wurde die Iowa Gambling Task bereits vielfach in der
Suchtforschung eingesetzt. Mit dieser Kartenspielaufgabe
wurde gezeigt, dass Menschen mit Abhängigkeitserkran-
kungen zu unvorteilhaften Entscheidungen neigen, indem
sie in diesem Entscheidungsparadigma (unter Ambigui-
tätsbedingungen) kurzfristig belohnende Handlungsalter-
nativen bevorzugen und dabei mögliche längerfristige,
negative Konsequenzen eher ausblenden (Brand & Laier,
2013; Kovacs, Richman, Janka, Maraz & Ando, 2017).
Anwendung der experimentellen Paradigmen
im Bereich Ess- und Gewichtsstörungen
Die beschriebenen experimentellen Paradigmen wurden
inzwischen in vielen Studien zu Ess- und Gewichtsstörun-
gen angewendet, um deren zugrundeliegende Mechanis-
men zu untersuchen. Leider wurde FA in diesen Untersu-
chungen höchst selten systematisch erfasst und daher
auch kaum zwischen Patient_innen mit und ohne FA die-
renziert. Insofern erlauben die meisten Ergebnisse keine
direkte Ableitung von Übereinstimmungen oder Dieren-
zen zwischen FA und Abhängigkeitserkrankungen. Sie ge-
statten gleichwohl einen Blick auf mögliche Parallelen
zwischen Abhängigkeitserkrankungen und Ess- und Ge-
wichtsstörungen im Hinblick auf die oben beschriebenen
Suchtmechanismen. Im Folgenden werden exemplarisch
einige Studien zitiert, die das Reizreaktivitätsparadigma,
das Go-NoGo-Paradigma, die Approach-Avoidance-Task,
die Dot-Probe-Task, das PIT-Paradigma oder die Iowa
Gambling Task bei Ess- und Gewichtsstörungen einge-
setzt haben. Dabei werden die Studien, die FA erfasst ha-
ben, explizit herausgestellt.
Das Reizreaktivitätsparadigma hat sich inzwischen
auch in der Essstörungsforschung bewährt, um (sucht-)
spezische Reaktionen auf visuelle Nahrungsmittelstimuli
bei Menschen mit AN, BN, BES nachzuweisen (Giel et al.,
2011; Horndasch et al., 2018; Meule et al., 2018) oder Adi-
positas (Bach et al., 2021; Bumb et al., 2021; Lescher et al.,
2020; Morys, García-García & Dagher, 2020). Für eine de-
taillierte Beschreibung der Befunde zur neuralen Reizre-
aktivität bei Personen mit Ess- und Gewichtsstörungen
(v. a. Adipositas) wird auf den Beitrag von Bach et al. in
diesem Heft verwiesen. Lediglich die Studie von Schulte,
Yokum, Jahn und Gearhardt (2019) soll an dieser Stelle
herausgehoben werden. Sie bildet eine Ausnahme, weil sie
im Gegensatz zu den meisten anderen Studien FA explizit
berücksichtigt und mit der YFAS 2.0 erfasst hat. In der
fMRT-Studie mit 44 Frauen mit Über gewicht oder Adipo-
sitas wurden die neuralen Reaktionen auf Nahrungsmit-
telbilder in einer Hirnregion untersucht, die generell mit
Cravingreaktionen in Verbindung gebracht wird. Die Teil-
nehmerinnen mit einer YFAS 2.0-FA-Diagnose (n=20)
zeigten eine moderat erhöhte Aktivität im superioren fron-
talen Gyros auf Bilder von stark verarbeiteten Nahrungs-
mitteln (z. B. Kuchen, Chips, Eiscreme) und eine reduzier-
te Aktivität auf Bilder von minimal oder nicht verarbeiteten
Nahrungsmitteln (z. B. Apfel, Möhren, Nüsse; Schulte et
al., 2019). Bei den Teilnehmerinnen ohne YFAS 2.0-FA-
Diagnose ergab sich ein gegenteiliges Aktivierungsmuster
(Schulte et al., 2019).
Wie schon erwähnt, wurde auch bei Menschen mit Un-
tergewicht (Hauck et al., 2017) und bei Patient_innen mit
AN relativ häug eine YFAS-FA-Diagnose gestellt (Albay-
rak et al., 2017; Fauconnier et al., 2020). Studien zum neu-
ronalen Aktivierungsmuster bei Präsentation von nah-
rungsmittelassoziierten Stimuli sprechen allerdings nicht
für eine FA-typische belohnungsassoziierte Verarbeitung
bei AN. Die Befunde lassen eher ein aversiv-ängstliches
Prozessieren von Bildern hochkalorischer Lebensmittel
und eine erhöhte Aktivierung in Gehirnregionen, die mit
inhibitorischer Kontrolle verbunden sind, vermuten
(Wierenga et al., 2014). Möglicherweise lassen sich bei AN
aber positive Reaktionen und eine Aktivierung im me-
solimbischen Belohnungssystem bei Konfrontation mit
Bildern von störungskompatiblen Verhaltensweisen (z. B.
Fasten, körperliche Aktivität, häuges Wiegen) nachwei-
sen. Diese Aktivitäten erwerben im Krankheitsverlauf
meist den Charakter automatisierter habitueller Verhal-
tensweisen und führen zur Aufrechterhaltung der Essstö-
rung. Von dieser Annahme geht auch das „reward-
centred“-Modell der Anorexie aus (O‘Hara, Campbell &
Schmidt, 2015). Passend dazu ergab eine Studie, dass Pati-
ent_innen mit AN eine stärkere Aktivierung in präfronta-
len Gehirnbereichen, im somatosensorischen Kortex und
im Cerebellum zeigten, wenn in einer Go-NoGo-Aufgabe
Reaktionen auf Stimuli körperlicher Aktivität inhibiert
werden sollten (Kullmann et al., 2014), was Inhibitionsde-
zite für belohnende Verhaltensweisen bei AN nahelegt.
Dies entspricht Befunden zu neuronalen Aktivierungs-
mustern bei Menschen mit Alkoholabhängigkeit, die ihre
Reaktion auf alkoholassoziierte Stimuli unterdrücken soll-
ten (Czapla et al., 2017).
In einer Studie mit Personen mit Adipositas und BES
wurden Inhibitionsdezite in der Go-NoGo-Task gefun-
den, wenn die Proband_innen mit nahrungsmittelassozi-
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A. Müller& S. Steins-Loeber, Food Addiction 219
ierten Reizen konfrontiert wurden (Kollei et al., 2018).
Leider wurde auch in dieser Studie FA nicht erfasst. Aller-
dings zeichnet sich die BES durch wiederholten Kontroll-
verlust über die Nahrungsaufnahme aus und es konnten
in einer Vielzahl von Untersuchungen nahrungsbezogene
Inhibitionsdezite bei Ess- und Gewichtstörungen nach-
gewiesen werden (Giel, Teufel, Junne, Zipfel & Schag,
2017; Wu, Hartmann, Skunde, Herzog & Friederich,
2013). Aufgrund der hohen Komorbidität mit FA (Faucon-
nier et al., 2020; Gearhardt et al., 2011) kann vermutet
werden, dass die Befunde möglicherweise zumindest
zum Teil auf FA-Symptome zurückgeführt werden kön-
nen. Zwar weisen die Ergebnisse einer Studie von Meule,
Lutz, Vögele und Kübler (2012) nicht auf eine erhöhte
Fehlerrate bei der Präsentation von hochkalorischen Nah-
rungsmitteln bei Probandinnen mit hoher im Vergleich zu
Probandinnen mit niedrig ausgeprägter FA hin. Allerdings
handelte es sich hierbei um eine nicht-adipöse Studieren-
denstichprobe, so dass die Vergleichbarkeit der Ergebnis-
se eingeschränkt ist.
Auch in Studien mit der Iowa-Gambling-Task zur Tes-
tung des generellen Entscheidungsverhaltens zeigten sich
Parallelen zwischen Ess- und Gewichtsstörungen und Ab-
hängigkeitserkrankungen. So performten Patient_innen
mit AN, BN, BES oder Adipositas schlechter in dieser Ent-
scheidungsaufgabe als Kontrollpersonen (Guillaume et al.,
2015; Müller et al., 2014; Steward et al., 2018). Lescher et
al. (2020) verwendeten in einer Studie mit Personen mit
Adipositas eine mit Nahrungsmittelbildern modizierte
Iowa-Gambling-Task und erfassten FA-Symptome mit der
YFAS 2.0. Sie konnten zeigen, dass mehr YFAS 2.0-FA-
Symptome mit mehr unvorteilhaften Entscheidungen as-
soziiert waren.
Einige Studien haben die Approach-Avoidance-Task mit
Nahrungsmittelstimuli verwendet, wobei die Befunde
kein so klares Bild ergeben wie bei Abhängigkeitserkran-
kungen. Beispielsweise zeigten sich bei Proband_innen
mit ausgeprägtem Foodcraving erwartungskonform stär-
kere Annäherungstendenzen bezogen auf Nahrungsmit-
telbilder als bei jenen mit geringem Foodcraving (Brock-
meyer, Hahn, Reetz, Schmidt & Friederich, 2015). Bei
Personen mit Adipositas und BES wurde hingegen kein
eindeutiger Approachbias zu Bildern hochkalorischer
Nahrung im Vergleich zu Kontrollbildern festgestellt (Pas-
lakis, Kühn, Grunert & Erim, 2017). Vergleichbare Befun-
de bezüglich BN berichteten kürzlich Kollei et al. (2022).
Gemischt sind auch die Resultate mit der Dot-Probe-
Task (Aspen, Darcy & Lock, 2013; Brooks, Prince, Stahl,
Campbell & Treasure, 2011; Ralph-Nearman, Achee, Lapi-
dus, Stewart & Filik, 2019; Vervoort et al., 2021). In man-
chen Studien mit Personen mit AN, BN oder BES wurde
ein Aufmerksamkeitsbias für essensbezogene Reize ge-
funden (Aspen et al., 2013; Brooks et al., 2011; Schmidt,
Luthold, Kittel, Tetzla & Hilbert, 2016; Schmitz, Nau-
mann, Trentowska & Svaldi, 2014). In anderen Projekten
mit z. B. Menschen mit AN wurde allerdings eher eine Ver-
meidung essensbezogener Reize beobachtet (Stott, Fox &
Williams, 2021), was zum klinischen Bild der AN passt.
Proband_innen mit Übergewicht/Adipositas zeigten im
Vergleich zu normalgewichtigen Proband_innen keinen
Aufmerksamkeitsbias für nahrungsmittelassoziierte visu-
elle Reize (Loeber et al., 2012). Auch eine Metaanalyse
kommt zu dem Ergebnis, dass es keine signikante As-
soziation zwischen einem nahrungsbezogenen Aufmerk-
samkeitsbias und dem BMI gibt (Hardman et al., 2021).
Allerdings scheint es bei Menschen mit Ess- und Ge-
wichtsstörungen einen Aufmerksamkeitsbias für vor allem
negative gurbezogene Reize zu geben, der vermutlich zur
Aufrechterhaltung der jeweiligen Störung beiträgt (Pona,
Jones, Masterson & Ben-Porath, 2019; Ralph-Nearman et
al., 2019; Stott et al., 2021).
Das PIT-Paradigma wurde bislang kaum bei Menschen
mit Ess- und Gewichtsstörungen angewendet. In einer
Studie mit Personen mit und ohne Adipositas wurde kein
gewichtsspezischer PIT-Eekt gefunden (Meemken &
Horstmann, 2019), während Lehner, Balsters, Burgler,
Hare und Wenderoth (2017) berichteten, dass zwar adipö-
se Proband_innen einen PIT-Eekt zeigten, dieser jedoch
schwächer ausgeprägt war als bei übergewichtigen Pro-
band_innen. Bei Patientinnen mit AN berichteten Vogel et
al. (2020) sowohl für niedrig- als auch hochkalorische Sti-
muli einen PIT-Eekt, der sich nicht von normalgewichti-
gen Kontrollprobandinnen unterschied. Dabei war jedoch
eine positive Assoziation zwischen der Schwere der Ess-
störungssymptomatik und instrumentellem Verhalten für
niedrigkalorische Stimuli zu beobachten.
Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass es eini-
ge wenige Studien gibt, die sich auf die Untersuchung von
suchtähnlichen Mechanismen bei FA bei Ess- und Ge-
wichtsstörungen konzentrieren, dabei jedoch Paradigmen
einsetzten, in denen keine nahrungsbezogenen Stimuli
dargeboten wurden. Eine wichtige Studie stammt hierbei
von Blume, Schmid und Hilbert (2018), die exekutive
Funktionen in vier Gruppen untersuchten: bei Personen
mit 1) Adipositas und FA, 2) Adipositas und BES, 3) Adipo-
sitas und FA sowie BES und einer 4) Kontrollgruppe mit
nur Adipositas. Sie gaben eine etablierte neuropsychologi-
sche Testbatterie vor, die unter anderem eine Go-NoGo-
Aufgabe und die Iowa Gambling Task enthielt. Interessan-
terweise zeigte sich, dass sich die erste Gruppe (Adipositas
und FA) nicht von der Kontrollgruppe unterschied; auch
zeigten sich keine Unterschiede zwischen der dritten (Adi-
positas und FA/BES) und allen anderen Vergleichsgrup-
pen. VanderBroek-Stice, Stojek, Beach, vanDellen & Ma-
cKillop (2017) setzten eine Go-NoGo-Aufgabe mit
Buchstaben ein und fanden keine Hinweise darauf, dass
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220 A. Müller& S. Steins-Loeber, Food Addiction
Inhibitionsdezite mit FA assoziiert sind. Steward et al.
(2018) gaben die Iowa Gambling Task vor und fanden,
dass bei adipösen Proband_innen die Ausprägung von FA
negativ mit der Performance assoziiert war.
Diskussion
Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine nicht zu
vernachlässigende Gruppe von Menschen mit Ess- und
Gewichtsstörungen die Kriterien für eine YFAS 2.0-FA-
Diagnose erfüllt. Die Prävalenzraten schwanken je nach
Stichprobe zwischen 15 und 98 %. Dabei kann von einem
U-förmigen Zusammenhang mit dem BMI ausgegangen
werden mit den höchsten Prävalenzen bei Menschen mit
Untergewicht oder Adipositas. Trotz der zum Teil sehr ho-
hen geschätzten Prävalenz liegen gegenwärtig nur sehr
wenige Studien vor, die typische Paradigmen aus dem
Suchtbereich unter Verwendung von nahrungsbezogenen
Stimuli für die Untersuchung von FA bei Personen mit
Ess- und Gewichtsstörungen eingesetzt haben. Die vor-
handenen Studien deuten darauf hin, dass bei Vorliegen
von sowohl Übergewicht bzw. Adipositas als auch FA die
Anreizwirkung von Nahrungsstimuli erhöht ist (Schulte et
al., 2019) und dass mit zunehmender Ausprägung von FA
die Anzahl ungünstiger Entscheidungen im Zusammen-
hang mit nahrungsbezogenen Belohnungen zunimmt
(Lescher et al., 2020). Demgegenüber lassen sich aus Stu-
dien zu FA unter Nutzung von Paradigmen mit neutralen
bzw. nicht-nahrungsbezogenen Stimuli nur wenige Hin-
weise auf grundsätzliche kognitive Dezite ableiten. Eine
kürzlich erschienene Übersichtsarbeit weist in diesem
Zusammenhang darauf hin, dass in Fragebogenmaßen
häug ein Zusammenhang zwischen selbstberichteter
Impulsivität sowie Belohnungssensitivität und FA beob-
achtet wird, die Ergebnisse behavioraler Tasks jedoch in-
konsistent sind (Maxwell, Gardiner & Loxton, 2020).
Dies verdeutlicht, dass ein erheblicher Bedarf an Untersu-
chungen besteht, in denen Paradigmen mit nahrungsbe-
zogenen Reizen eingesetzt und zugleich moderierende
Faktoren (z. B. Hunger, Stimmung) berücksichtigt werden
sollten, da diese für inkonsistente Ergebnisse verantwort-
lich sein könnten (Loeber et al., 2018).
Vor diesem Hintergrund kann gegenwärtig nur eine Ori-
entierung an Studien erfolgen, die Paradigmen aus der
Suchtforschung eingesetzt haben, um ähnliche Prozesse
bei Proband_innen mit Ess- und Gewichtsstörungen zu
untersuchen, auch wenn FA dabei nicht explizit erfasst
wurde. Diese Studien lassen durchaus einige Parallelen
zwischen Ess- und Gewichtsstörungen und Abhängig-
keitserkrankungen erkennen, wenn auch nicht vollum-
fänglich. So weisen viele Untersuchungen auf Dezite der
Inhibition bei Präsentation von nahrungsbezogenen Sti-
muli bei Menschen mit BN, BES oder Adipositas hin. Fer-
ner ist von einer erhöhten neuronalen Aktivität bei Präsen-
tation von nahrungsbezogenen Reizen auszugehen, die
sich jedoch nicht konsistent in einem Annäherungs- oder
Aufmerksamkeitsbias auf nahrungsbezogene Reize wider-
spiegelt, einem relativ gesicherten Befund im Suchtbe-
reich. Hier könnten interindividuelle und intraindividuel-
le Unterschiede (z. B. Hunger, Stimmung) in Rechnung zu
stellen sein bzw. Unterschiede in der Methodik. Demge-
genüber zeigen sich auch bei AN Hinweise auf die Bedeu-
tung von Mechanismen abhängigen Verhaltens. Diese
scheinen jedoch auf störungskompatible Stimuli (z. B. Bil-
der von dünnen Körpern, sportlicher Aktivität), nicht je-
doch auf nahrungsbezogene Stimuli bezogen zu sein.
Einschränkend muss betont werden, dass dieser Bei-
trag nicht auf einer systematischen Literaturrecherche
oder Meta-Analyse basiert. Vielmehr handelt es sich um
eine narrative, nicht erschöpfende Literaturübersicht,
weswegen die Aussagen nicht generalisierbar sind.
Gleichwohl legen die an dieser Stelle zusammengetrage-
nen Befunde nahe, dass das pathologische Essverhalten
zumindest bei einer Subgruppe von Patient_innen mit
Ess- und Gewichtsstörungen den gleichen Mechanismen
folgen könnte, die bei Suchterkrankungen als relevant zur
Entstehung und Aufrechterhaltung problematischen Kon-
sums bzw. Verhaltens identiziert wurden. Zudem erge-
ben sich einige Implikationen für die weitere Forschung
zu FA. So wäre es für die zukünftige Forschung wichtig,
die Studienteilnehmenden noch besser zu charakterisie-
ren und zu verstehen, ob es sich phänotypisch um Pati-
ent_innen mit FA handelt. Daher sollten zukünftige Studi-
en neben den typischen Essstörungen (AN, BN, BES) und
dem BMI auch FA erfassen und unter Verwendung nah-
rungsbezogener Stimuli noch stärker behaviorale Maße
einbeziehen, z. B. die oben genannten klassischerweise in
der Suchtforschung eingesetzten Paradigmen. Wichtig ist
in dem Zusammenhang auch die Weiterentwicklung dia-
gnostischer Tools für FA. Dazu gehört unbedingt die em-
pirische Überprüfung der postulierten YFAS 2.0-FA-
Kriterien und die Entwicklung eines entsprechenden
standardisierten Interviews (Schulte et al., 2020). Dies
scheint im Hinblick auf eine valide klinische Diagnostik
absolut sinnvoll zu sein.
Daneben sollte, z. B. anhand dierenzierterer experi-
menteller Paradigmen, genauer untersucht werden, ob FA
eher als eine substanzgebundene oder substanzungebun-
dene Abhängigkeitserkrankung zu verstehen ist. Seit eini-
ger Zeit ist eine Kontroverse zu beobachten, die sich an der
Frage entzündet, ob bestimmte Nahrungsmittel abhängig
machen können („Food“ Addiction) oder ob die Aktivität
Essen süchtig entgleisen kann und es sich eher um ein ab-
hängiges Essverhalten handelt („Eating“ Addiction; Hebe-
brand et al., 2014). Tierstudien zeigen z. B., dass Ratten,
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A. Müller& S. Steins-Loeber, Food Addiction 221
die intermittierend hoch schmackhafte Nahrung erhiel-
ten, im Gegensatz zu Ratten, die konstanten Zugang zu
Nahrung hatten, Aktivierungsmuster im dorsolateralen
Striatum aufwiesen (Furlong, Jayaweera, Balleine & Cor-
bit, 2014). Dies wirft die Frage auf, ob es tatsächlich die
Nahrung als solche oder eher der Zugang zur Nahrung
bzw. das Essverhalten ist, was süchtig macht. Für beide
Betrachtungsweisen liegen stützende empirische Ergeb-
nisse vor, deren Darstellung den Rahmen des aktuellen
Beitrags sprengen würde. Die_der interessierte Leser_in
sei jedoch auf die rezente Pro-Kontra-Debatte von Ashley
Gearhardt und Johannes Hebebrand verwiesen, die un-
längst im American Journal of Nutriton publiziert wurde
(Gearhardt & Hebebrand, 2021a, 2021b; Gearhardt &
Schulte, 2021).
Letztendlich stellt sich die grundsätzliche Frage nach
dem zusätzlichen klinischen Nutzen des Konzepts FA. Ei-
nige Autor_innen vertreten die Ansicht, dass es nicht not-
wendig sei, FA als weitere Abhängigkeitserkrankung in
den Klassikationssystemen aufzunehmen, um Aspekte
abhängigen Verhaltens in der Behandlung von Patient_
innen mit Ess- und Gewichtsstörungen sinnvoll zu be-
rücksichtigen (Meule, 2019). Andere Autor_innen sehen
hingegen durchaus einen klinischen Mehrwert des Kon-
zepts FA für die Behandlung von Menschen mit Ess- und
Gewichtsstörungen, weil es zu einer dierenzierteren Di-
agnostik von Suchtaspekten führen würde, die dann in
der Therapie eektiver adressiert werden können (Jime-
nez-Murcia et al., 2019; Schulte, Grilo & Gearhardt,
2016). Bereits jetzt scheint z. B. das Reizexpositionstrai-
ning gut geeignet, um Patient_innen mit Ess- und Ge-
wichtsstörungen dabei zu unterstützen, ihr Verlangen
nach bestimmten Nahrungsmitteln besser zu regulieren
(Butler & Heimberg, 2020; Ferrer-Garcia et al., 2019).
Zur Verbesserung der Selbststeuerung- und Selbstkont-
rollmöglichkeiten können zudem Inhibitionstrainings
basierend auf dem Go-NoGo-Paradigma, der Approach-
Avoidance-Task oder dem Cognitive-Bias-Modication-
Ansatz, die bei substanzbezogenen Abhängigkeiten wirk-
sam sind, auch in Bezug auf Nahrungsmittel oder
störungskompatible Verhaltensmuster angewendet wer-
den. Übersichtsarbeiten verweisen schon jetzt auf positi-
ve Ergebnisse dieser Therapiemodule im Bereich Ess-
und Gewichtsstörungen (z. B. Aulbach, Knittle &
Haukkala, 2019; Brockmeyer, Friederich & Schmidt,
2018; Ince et al., 2021; Navas, Verdejo-Garcia & Vadillo,
2021; Paslakis & de Zwaan, 2019; Veling et al., 2021). Ins-
besondere Patient_innen mit FA könnten von diesen In-
terventionen protieren, wohingegen sie eventuell weni-
ger geeignet sind für Patient_innen, die kein suchtartiges
Essverhalten zeigen. Insgesamt deutet sich also ein klini-
scher Nutzen des Konzepts FA an, das für die weitere Er-
forschung desselben spricht.
Schlussfolgerungen für die Praxis
• Eine Subgruppe von Patient_innen mit Ess- und
Gewichtsstörungen (v. a. BN, BES oder Adiposi-
tas) zeigt suchtartiges Essen im Sinne einer
YFAS-FA-Diagnose.
• Die Weiterentwicklung diagnostischer Tools für FA ist
notwendig.
• Experimentelle Studien legen einige Parallelen zwi-
schen Ess- und Gewichtsstörungen und Abhängigkeits-
erkrankungen nahe.
• In zukünftigen Studien sollten die Teilnehmenden noch
besser charakterisiert und neben Symptomen von Ess-
störungen und dem BMI auch FA-Symptome explizit er-
fasst werden und neben Fragebogen noch konsequenter
behaviorale Maße eingesetzt werden.
• Zur Verbesserung der Selbststeuerung- und Selbstkon-
trollmöglichkeiten können Inhibitionstrainings basierend
auf dem Go-NoGo-Paradigma, der Approach-Avoidance-
Task oder dem Cognitive-Bias-Modication-Ansatz, die
bei substanzbezogenen Abhängigkeiten wirksam sind,
auch in Bezug auf Nahrungsmittel oder störungskompa-
tible Verhaltensmuster bei Ess- und Gewichtsstörungen
angewendet werden.
• Es deutet sich ein zusätzlicher klinischer Nutzen des
Konzepts FA an, der weiterer Überprüfung bedarf.
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Historie
Manuskript eingereicht: 21.11.2021
Manuskript angenommen: 10.06.2022
Deklaration konkurrierender Interessen
Es liegen keine direkten materiellen oder immateriellen Interes-
senkonflikte in Zusammenhang mit der Erstellung des Manu-
skripts vor. Beide Autorinnen haben Forschungsförderung aus
öffentlichen Mitteln bekommen, u. a. von der Deutschen For-
schungsgemeinschaft (DFG) und vom Bundesministerium für
Bildung und Forschung (BMBF). SSL erhält gerade Förderung für
ein aktuelles Projekt zur Motivations- und Abstinenzförderung
nach Alkoholentzug vom Innovationsausschuss beim Gemeinsa-
men Bundesausschuss (G-BA). AM ist Vorstandsmitglied der
Deutschen Gesellschaft für Essstörungen e. V. (DGESS), der Deut-
schen Gesellschaft für Verhaltensmedizin und Verhaltensmodifi-
kation e. V. (DGVM) und der International Society for the Study of
Behavioral Addictions (ISSBA).
Förderung
Open-Access-Veröffentlichung ermöglicht durch Medizinische
Hochschule Hannover.
ORCID
Astrid Müller
https://orcid.org/0000-0001-6176-2947
Sabine Steins-Loeber
https://orcid.org/0000-0002-7651-0627
Prof. Dr. med. Dr. phil. Astrid Müller
AG Substanzungebundene Abhängigkeitserkrankungen
Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie
Medizinische Hochschule Hannover (MHH)
Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover
Deutschland
mueller.astrid@mh-hannover.de
https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1024/0939-5911/a000774 - Wednesday, November 23, 2022 3:17:08 PM - IP Address:178.171.17.118
... Davis (2013) schlug vor, Überessen in ein Kontinuum zwischen Normalgewicht und Adipositas einzuordnen, auf dem sich FA näher am adipösen Pol befindet als BES. Obwohl sich diese Annahme damit deckt, dass sowohl der Anteil an Personen mit FA als auch der Schweregrad von FA mit höherem Gewicht zunehmen (Burrows, Skinner, McKenna & Rollo, 2017), kann nicht angenommen werden, dass FA lediglich eine höhere Ausprägung einer BES darstellt (Müller & Steins-Loeber, 2022). Trotz möglicher Überlappungen von FA und BES kann bei manchen Personen mit Übergewicht oder Adipositas eine FA, nicht jedoch das Vollbild einer BES vorliegen (Ivezaj, White & Grilo, 2016;Meule, 2019). ...
... Bei 31.5 % der Patient_innen gab es Hinweise auf Auffälligkeiten im Sinne einer Binge-Eating-Störung, was sich mit früheren Berichten im Bereich Adipositaschirurgie deckt (Krajinovic et al., 2007;Müller et al., 2018b Gearhardt et al., 2011). Grundsätzlich gilt allerdings, wie bereits beschrieben, dass BES und FA nicht deckungsgleich sind und sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede hinsichtlich ihrer Mechanismen aufweisen (Gearhardt et al., 2011;Ivezaj et al., 2016;Meule, 2019;Müller & Steins-Loeber, 2022). ...
Article
Full-text available
Zusammenfassung: Zielsetzung: Bei Personen vor Adipositaschirurgie wurden die Prävalenzen von Food Addiction (FA), alkoholbezogener Störung, Angst- und depressiven Störungen geschätzt. Zudem wurde untersucht, ob FA-Symptome mit Alkoholkonsum, Lebensqualität sowie Essstörungs-, Angst- und Depressionssymptomatik assoziiert sind und ob es Unterschiede zwischen Personen mit und ohne FA in diesen Variablen gibt. Methodik: Bei 419 Personen mit Adipositas wurden FA, Alkoholkonsum, gewichtsbezogene Lebensqualität, Essstörungs-, Angst- und Depressionssymptomatik mit validierten Fragebögen erfasst. Unterschiede in den psychopathologischen Variablen zwischen Patient_innen mit und ohne FA wurden mit non-parametrischen Verfahren untersucht. Ergebnisse: Die geschätzten Prävalenzen von riskantem Alkoholkonsum (11 %) und alkoholbezogener Störung (5 %) waren in der aktuellen Stichprobe geringer als in bevölkerungsbasierten Stichproben, die geschätzten Prävalenzen von Food Addiction (38 %), Essstörungen (79 %), Depression (30 %) und Angststörungen (24 %) hingegen deutlich höher. FA-Symptome waren nicht mit Alkoholkonsum und gewichtsbezogener Lebensqualität assoziiert. Hingegen zeigten sich positive Korrelationen von FA-Symptomen mit globaler Essstörungspathologie, Depressions- und Angstsymptomatik. Es zeigten sich keine Unterschiede zwischen Personen mit/ohne FA hinsichtlich der Häufigkeit von früherem oder aktuellem riskanten Alkoholkonsum oder alkoholbezogener Störung. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse bestätigen frühere Befunde eines fehlenden Zusammenhangs von FA mit Alkoholkonsum bei Menschen vor chirurgischer Adipositasbehandlung. Längsschnittstudien mit großen Stichproben und langfristigen Follow-Ups sollten eine etwaige postoperative Symptomverlagerung von FA zu Substanzkonsum untersuchen.
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Objective Body and food-related information are thought to activate cognitive biases and contribute to the maintenance of eating disorders (ED). Approach-avoidance biases may play an important role in the maintenance of dietary restriction and excessive food intake. Therefore, the present study aimed to examine approach-avoidance biases toward food and body stimuli in individuals with anorexia nervosa (AN), bulimia nervosa (BN), and healthy controls (HC). Methods The study included 42 individuals with AN, 24 individuals with BN, and 38 HCs. We used two implicit Approach-Avoidance Tasks (AAT) to assess approach-avoidance biases: participants completed a Food-AAT (high-calorie vs. low-calorie food) and a Body-AAT (thin vs. normal weight bodies). Additionally, explicit ratings of food and body stimuli were assessed. Results There were no significant Group × Stimulus × Direction interactions in the implicit Food-AAT or implicit Body-AAT. In explicit ratings, individuals with AN and BN reported less urge to eat and more regret if they ate high-calorie and low-calorie food; individuals with AN and BN rated normal weight bodies as less normal weight, less attractive and less desirable than HCs. There were no group differences in explicit ratings of the thin body. Discussion We did not find evidence for biased approach-avoidance tendencies toward food or body stimuli in individuals with AN or BN. Future studies are necessary to understand conflicting findings regarding approach-avoidance biases toward food and body stimuli in individuals with ED.
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Cognitive bias modification (CBM), which retrains implicit biases towards unhealthy foods, has been proposed as a promising adjunct to improve the efficacy of weight loss interventions. We conducted a systematic review of research on three CBM approaches (i.e., cue-specific inhibitory control, approach bias modification, and attentional bias modification) for reducing unhealthy eating biases and behavior. We performed a p-curve analysis to determine the evidential value of this research; this method is optimally suited to clarify whether published results reflect true effects or false positives due to publication and reporting biases. When considering all CBM approaches, our results suggested that the findings of CBM trials targeting unhealthy eating are unlikely to be false positives. However, only research on attentional bias modification reached acceptable levels of power. These results suggest that CBM interventions may be an effective strategy to enhance the efficacy of weight loss interventions. However, there is room for improvement in the methodological standards of this area of research, especially increasing the statistical power can help to fully clarify the clinical potential of CBM, and determine the role of potential moderators.
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Background and Aims: It is assumed that a relevant subgroup of individuals experiences an addiction-like eating behaviour (Food Addiction), characterized by an impaired control over eating behaviour, emotional eating and food craving. Individuals experiencing Food Addiction partially share common symptomatology with Binge-Eating-Disorder and Bulimia Nervosa. The aim of this study was to investigate the prevalence of Food Addiction, general psychopathology, and associations with weight- and addiction-related constructs in individuals with overweight and obesity, who did not suffer from Binge-Eating-Disorder or Bulimia Nervosa. Methods:N=213 (67.1% female; MBMI=33.35kg/m², SDBMI=3.79kg/m²) participants who were included in a weight loss program (I-GENDO project) reported BMI and completed questionnaires before the start of the treatment. Food Addiction severity, depressive symptoms, alcohol use disorder, internet use disorder, psychological distress, impulsivity personality trait, impulsive and emotional eating behaviour, food related inhibitory control, weight bias internalization, and self-efficacy were assessed. Results: The prevalence of Food Addiction was 15% with higher, although not statistically significant, prevalence in female (18.2%) compared to male (8.6%) participants. Food Addiction was associated with higher BMI at baseline assessment, low self-esteem, impulsive and emotional eating behaviour, weight bias internalization, and deficits in food-related inhibitory control. In addition, correlations were found between Food Addiction and severity of depressive symptoms, internet use disorder, and psychological distress. Conclusion: A relevant subgroup of participants experiences Food Addiction even when controlling for Binge-Eating-Disorder and Bulimia Nervosa. Future studies are warranted that investigate whether Food Addiction affects treatment success.
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Objective: This meta-review summarizes and synthesizes the most reliable findings regarding attentional bias in eating disorders across paradigms and stimulus types and considers implications for theory and future research. Method: Four databases were systematically searched, along with reference lists of included reviews, yielding 15 systematic reviews (four of which were also meta-analyses). The quality of each review was appraised using the AMSTAR-2. Results: Key findings from systematic reviews are summarized, organized by paradigm and stimulus type. Discussion: The authors synthesize evidence from the highest-quality studies. There is evidence for attentional avoidance and vigilance in eating disorders depending on stimulus properties (low vs. high-calorie food; high-body mass vs. low-body mass index photos of others) and attentional avoidance of food stimuli in those with anorexia nervosa. Sad mood induction may generate attentional bias for food in those with binge-eating disorder. There may also be attentional bias to general threat in eating disorder samples. This meta-review concludes that most systematic reviews in this field are low in quality and summarizes the main areas that could be improved upon in future reviews. Implications of this study's findings for theory and intervention research are also discussed.
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Background Research on food addiction (FA) has been growing and increasing interest has been seen in comprehending its mechanisms and clinical and psychological correlates of this phenomena. This field of study is specially apply to understand obesity and eating behavior issues related to eating disorders (ED). Objectives We performed a literature review that describe recent research using the updated version of the Yale Food Addiction Scale (YFAS 2.0) or modified-YFAS (mYFAS 2.0), from the date of its publication. Methods Search were performed in Web of Science, Pubmed and PsycNET databases for studies that used the YFAS 2.0 and mYFAS 2.0. Results The studies (n = 53) investigated adaptation and validation of the scale in different cultures (n = 13), prevalence on nonclinical populations and representative samples (n = 5), food addiction in obesity samples (n = 11), in samples with ED and disordered eating (n = 10) and studies that investigated FA in association with other clinical and psychological variables (n = 14). Discussion Studies with the YFAS 2.0 reveal higher prevalence of FA in different samples, and a great association between FA and BED, BN and obesity. Implications for diagnostic of this phenomena and the overlap between FA and other disorders are discussed. Conclusions The field of FA remains an open subject and effort must be implied to understand the subjective experience of addiction related to eating and food.
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Behavior toward appetitive stimuli can be changed by motor response training procedures in which participants approach or respond to some stimuli and avoid or inhibit behavior to other stimuli. There is discussion in the literature whether effects are different when participants approach versus avoid stimuli during approach-avoidance training compared to when they respond versus not respond to stimuli during go/no-go training. Here, we directly compared effects of approach-avoidance training and go/no-go training on food choice within the same rigorous experimental protocol. Results showed that both training procedures influence food choice such that participants preferred Approach over Avoidance food items, and Go over NoGo food items, and these training effects were not statistically different. The present work suggests any inconsistencies in the literature on possible differences in effectiveness of these training procedures may be explained by differences in methods employed. The present work also raises new theoretical and applied questions about motor response training as a means to change behavior.
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Background An extensive amount of research has underlined the potential role of impulsivity in the development and maintenance of binge eating behaviour. Food-related impulsivity has particularly received attention given its close relationship with overeating and binge eating episodes. Besides the available evidence, our understanding regarding the effectiveness of treatment modalities for binge eating targeting impulsivity and related constructs (e.g., food craving, inhibitory control, and reward sensitivity) is limited. Thus, this systematic review aimed to investigate whether binge eating behaviour is changeable by interventions that are impulsivity-focused and food-related and whether one of these interventions is superior to the others. Method A search on PubMed and PsycINFO was performed for relevant articles published up to September 2020. Studies delivering food-related impulsivity treatment to individuals suffering from binge eating episodes and including a control condition without this treatment were investigated. Following the search, 15 studies meeting the eligibility criteria were analysed. Results Analyses revealed that available impulsivity-focused approaches can be categorised as psychotherapy, pharmacotherapy, computer-assisted cognitive training, and direct neuromodulation interventions. Regarding their effectiveness, it appeared that all of these approaches might be promising to change food-related impulsivity in individuals with binge eating episodes, particularly to decrease binge eating symptoms. However, a superior intervention approach in this early state of evidence could not be determined, although food-related cue exposure, transcranial direct current stimulation, and the combination of several interventions seem fruitful. Conclusion Efforts to treat binge eating behaviour with interventions focusing on food-related impulsivity appear to be promising, particularly concerning binge eating frequency, and also for food craving and inhibitory control. Given limited research and varying methods, it was not possible to conclude whether one impulsivity-focused intervention can be considered superior to others.
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Several versions of the dot probe detection task are frequently used to assess maladaptive attentional processes associated with a broad range of psychopathology and health behavior, including eating behavior and weight. However, there are serious concerns about the reliability of the indices derived from the paradigm as measurement of attentional bias toward or away from salient stimuli. The present paper gives an overview of different attentional bias indices used in psychopathology research and scrutinizes three types of indices (the traditional attentional bias score, the dynamic trial-level base scores, and the probability index) calculated from a pictorial version of the dot probe task to assess food-related attentional biases in children and youngsters with and without obesity. Correlational analyses reveal that dynamic scores (but not the traditional and probability indices) are dependent on general response speed. Reliability estimates are low for the traditional and probability indices. The higher reliability for the dynamic indices is at least partially explained by general response speed. No significant group differences between youth with and without obesity are found, and correlations with weight are also non-significant. Taken together, results cast doubt on the applicability of this specific task for both experimental and individual differences research on food-related attentional biases in youth. However, researchers are encouraged to make and test adaptations to the procedure or computational algorithm in an effort to increase psychometric quality of the task and to report psychometric characteristics of their version of the task for their specific sample.
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The cue-reactivity paradigm is a widely adopted neuroimaging probe engendering brain activity linked with attentional, affective, and reward processes following presentation of appetitive stimuli. Given the multiple mental operations invoked, we sought to decompose cue-related brain activity into constituent components employing emergent meta-analytic techniques when considering drug and natural reward-related cues. We conducted coordinate-based meta-analyses delineating common and distinct brain activity convergence across cue-reactivity studies (N = 196 articles) involving drug (n = 133) or natural (n = 63) visual stimuli. Across all studies, convergence was observed in limbic, cingulate, insula, and fronto-parieto-occipital regions. Drug-distinct convergence was observed in posterior cingulate, dorsolateral prefrontal, and temporo-parietal regions, whereas distinct-natural convergence was observed in thalamic, insular, orbitofrontal, and occipital regions. We characterized connectivity profiles of identified regions by leveraging task-independent and task-dependent MRI datasets, grouped these profiles into subnetworks, and linked each with putative mental operations. Outcomes suggest multifaceted brain activity during cue-reactivity can be decomposed into elemental processes and indicate that while drugs of abuse usurp the brain’s natural-reward-processing system, some regions appear distinct to drug cue-reactivity.
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As ultraprocessed foods (i.e., foods composed of mostly cheap industrial sources of dietary energy and nutrients plus additives) have become more abundant in our food supply, rates of obesity and diet-related disease have increased simultaneously. Food addiction has emerged as a phenotype of significant empirical interest within the past decade, conceptualized most commonly as a substance-based addiction to ultraprocessed foods. We detail ( a) how approaches used to understand substance-use disorders may be applicable for operationalizing food addiction, ( b) evidence for the reinforcing potential of ingredients in ultraprocessed foods that may drive compulsive consumptions, ( c) the utility of conceptualizing food addiction as a substance-use disorder versus a behavioral addiction, and ( d) clinical and policy implications that may follow if ultraprocessed foods exhibit an addictive potential. Broadly, the existing literature suggests biological and behavioral parallels between food addiction and substance addictions, with ultraprocessed foods high in both added fat and refined carbohydrates being most implicated in addictive-like eating. Future research priorities are also discussed, including the need for longitudinal studies and the potential negative impact of addictive ultraprocessed foods on children. Expected final online publication date for the Annual Review of Nutrition, Volume 41 is September 2021. Please see http://www.annualreviews.org/page/journal/pubdates for revised estimates.