Der Klimawandel birgt viele gesellschaftliche Herausforderungen. Zweifellos stellen die zunehmenden Wetterextreme auch für Nutzpflanzen eine große Herausforderung dar. Um den Nahrungs- und Futtermittelbedarf der wachsenden Weltbevölkerung zu decken, sollen sie auch in Zukunft hohe Erträge liefern. Ein Faktor, der entscheidend sein wird, dass die Landwirtschaft auch unter den sich abzeichnenden Umweltbedingungen stabile Erträge generieren kann, ist die Entwicklung von neuen Pflanzensorten, die besser mit den widrigen Wachstumsbedingungen umgehen können. Um die Entwicklung von neuen Gerstensorten (Hordeum vulgare L.) zu unterstützen, sollten molekulare und physiologische Reaktionen von Gerstenpflanzen untersucht werden, die förderlich für die Vitalität und Ausdauer der Pflanzen unter Trockenstress sein könnten. Zu diesem Zweck wurde ein Set genetisch vielfältiger Gerstengenotypen in einem Rollgewächshaus (RGH) angebaut. Die Pflanzen wuchsen unter feldnahen Bedingungen sowohl unter hoher als auch unter dauerhaft reduzierter Wasserverfügbarkeit. Im ersten Teil dieser Arbeit wurden die Pflanzen auf den Gehalt von Tocopherol und Tocotrienol getestet. In Biomembranen können diese, auch als Vitamin E bezeichneten, lipophilen Verbindungen, die Ausbreitung der Lipidperoxidation verhindern, die insbesondere bei oxidativem Stress auftreten kann. Dies wurde bereits als vorteilhaft für das Wachstum von Pflanzen unter diversen abiotischen Stressszenarien beschrieben. Vorangegangene genomweite Assoziationsstudien (GWAS) deuteten darauf hin, dass eine Homogentisat-Phytyltransferase (HPT-7H) und eine Homogentisat-Geranylgeranyltransferase (HGGT), zwei Gene der Vitamin E Biosynthese auf Chromosom 7H, signifikant die Akkumulation von Vitamin E in Blättern respektive Körnern beeinflussen können. Die Identifikation von allelischen Variationen beider Gene, die mit hohen oder niedrigen Mengen an Vitamin E in verschiedenen Geweben in Verbindung standen, bestätigten diese Vermutungen. Auch abhängig von den verschiedenen Allelen, wurde in Blättern durch Trockenheit die Akkumulation von HPT-7H-Transkripten induziert, und somit proportional die Akkumulation von Tocopherolen. Auf Grundlage der gesammelten Informationen können genetische Marker konstruiert werden, die bei der markerassistierten Züchtung von Gerstensorten eingesetzt werden können, welche einen höheren Vitamin E Gehalt aufweisen und gegenüber oxidativen Schäden toleranter sein können. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde das Blatttranskriptom von acht ausgewählten Gerstensorten analysiert. Vier dieser Genotypen wiesen eine hohe und vier eine niedrige Ertragsstabilität unter Trockenstress auf. Die Ertragsstabilität wurde als repräsentatives Maß für die Fitness der Pflanzen gewählt. Globale Transkriptomanalysen sollten einen Einblick in multiple molekulare und physiologische Reaktionen der Pflanzen ermöglichen, die durch ungünstige Wachstumsbedingungen hervorgerufen werden. Es gab Anzeichen, dass die Pflanzen im RGH keinen Trockenschock erlitten. Der im RGH graduell und anhaltend applizierte Trockenstress dürfte besonders gut geeignet gewesen sein, die Reaktionen von Pflanzen abzuschätzen, die auch beim Anbau im Feld unter Wassermangel auftreten. Für jeden Genotyp wurden Gene identifiziert, die differentiell durch Trockenstress exprimiert waren. Im Rahmen dieser Arbeit wurden in erster Linie Gene betrachtet, die in mehreren Genotypen auf den Trockenstress reagierten. Eine geteilte Antwort multipler Genotypen deutet auf eine besonders konservierte Funktion hin, die womöglich besonders relevant für die Adaption an den Stress sein könnte. Zunächst wurden die Gene betrachtet, die in allen acht Genotypen differentiell durch den Wassermangel reguliert wurden. Anschließend wurden Gene betrachtet, die nur spezifisch in allen vier ertragsstabilen oder spezifisch in allen vier ertragsinstabilen Genotypen differentiell exprimiert wurden. Es fanden sich nur wenige Gene, die den beiden letzten Kriterien entsprachen. Um weitere Gene zu identifizieren, die einen Unterschied in den trockensensitiven und toleranten Genotypen vermitteln könnten, wurden Gene identifiziert, deren Aktivität mit der Ertragsstabilität in Verbindung stand. Somit wurden Gene betrachtet, die zwischen den verschiedenen Genotypen differentiell reguliert waren. Im Allgemeinen war keines dieser Gene durch den Trockenstress reguliert. In einigen Fällen konnte die Aktivität dieser Gene mit verschiedenen Allelen in Verbindung gebracht werden. Es wird davon ausgegangen, dass die genotypspezifische Aktivität dieser Gene den physiologischen Zustand der Pflanzen unabhängig von den betrachteten Wachstumsbedingungen beeinflusste. Die ausgelösten metabolischen Veränderungen ermöglichten den ertragsstabilen Pflanzen womöglich besser auf den Wassermangel zu reagieren. Für einige der identifizierten Gene wurde der mögliche Einfluss auf die Trockenadaption im Kontext der molekularen Funktion diskutiert. Darunter waren eine Reihe von Genen, die intrazelluläre Signalkaskaden beeinflussen könnten und somit auch die Expression weiterer Gene. Dies wurde auch für einige Gene vermutet, die an der Wahrnehmung und Biosynthese von Pflanzenhormonen beteiligt sind. Darüber hinaus gab es Grund zur Annahme, dass die Pflanzen die Aktivität zentraler N- und C-Stoffwechselwege als Reaktion auf Stress veränderten. Dabei wiesen trockentolerante Genotypen womöglich eine höhere Rate der Zellatmung auf. Eine effektivere Energiegewinnung könnte bei der Bewältigung von Trockenstress von Vorteil sein. Eine dauerhaft erhöhte Rate der Zellatmung könnte jedoch mit generell niedrigeren Ertragsleistungen in Verbindung stehen. Auf Grundlage von technischen und biologischen Validierungen der Expressionswerte wurde bewertet, ob die gefundenen regulatorischen Merkmale eine geeignete Grundlage für künftigen Ansätze darstellen könnten, die Trockenanpassung von Gerste zu studieren.