May 2006
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Seit den Anfängen der sportwissenschaftlichen Theoriebildung im Bereich der Sportpädagogik werden Bildungsziele im und durch Sporttreiben thematisiert. Parallel dazu rücken empirische Forschungsansätze in der Sportpädagogik immer stärker ins allgemeine Forschungsinteresse. Einer der Gründe liegt in dem Bestreben, Antworten darauf zu finden, welche Wirkungen durch Erziehung tatsächlich erzielt werden können. In der folgenden Evaluationsstudie wurden die Wirkungen einer pädagogischen Intervention überprüft. Das Erkenntnisinteresse der vorliegenden Evaluationsstudie bestand darin, durch einen empirischen Forschungsansatz zu eruieren, inwieweit sich das Umweltbewusstsein der Schülerinnen und Schüler durch das Schulsportprojekt "Fahrrad – fit für die Umwelt" veränderte. Dabei sollte durch ein Schulsportprojekt das Umweltbewusstsein von Schülerinnen und Schülern positiv beeinflusst werden. Eine Auslegung des mehrperspektivischen Lernens im Sportunterricht stellt der Lernbereich "Umwelt" (seit 2003 "Freizeit und Umwelt") im bayerischen Sportlehrplan dar. Das Projektprogramm wurde auf der Grundlage didaktischer Prinzipien (Fächerübergreifendes Arbeiten, Handlungs-, Situations-, Problemorientierung, Ganzheitlichkeit, Reflexion und Partizipation) konzipiert. Nach Radeff (1996) stellt insbesondere die Ganzheitlichkeit in seiner Funktion als Ausgleich zum kognitiven Unterricht ein sportimmanentes Prinzip dar, demzufolge im Sinne der Schülerorientierung mehrere Aspekte (affektiv-emotionale, soziale, motorische) beim Lernen berücksichtigt werden müssen. Für den Lernprozess wird darüber hinaus die Relevanz von vernetztem Denken und die lebenskontextuelle Einbindung abgeleitet (Mandl, 2002). Das Projektprogramm von "Fahrrad – fit für die Umwelt" erstreckte sich über eine Woche, d.h. im zeitlichen Rahmen eines regulären Schullandheimaufenthalts. Ausgewählte Schülerinnen und Schüler der sechsten Jahrgangsstufe der Regelschularten (Haupt-, Realschule, Gymnasium) bewältigten die Hin- und Rückfahrt zum Schullandheim mit dem Rad. Die übrigen drei Tage des Schullandheimaufenthalts wurden durch natur- und sportorientierte Angebote gestaltet (Ökodrama, Ökologischer Orientierungslauf, Zukunftswerkstatt, Film, Walderkundung, Gewässeruntersuchung). Zur Evaluation wurde ein multimethodisches Vorgehen gewählt, d.h. es wurden sowohl qualitative als auch quantitative Forschungsinstrumente eingesetzt. Der Entwurf des Fragebogens basierte auf den theoretischen Konstrukten des "Integrierten Handlungsmodells" (Rost, Gresele & Martens, 2001, S.64; Bolscho, 1998, S.127; Bögeholz, 1999, S.35). Dabei werden Konstrukte aus dem Fragebogenaufbau von Martens (2000, S.43-47) zum Teil übernommen, wobei die Items auf das Sprachniveau von Sechstklässlerinnen und Sechstklässlern adaptiert werden mussten. Durch Leitfadeninterviews konnte der Erzählstrang der Lehrkraft aufgenommen und bei unklaren Aussagen nachgefragt werden. So konnten die eigenen Themen der Lehrkräfte zur Umweltbildung eruiert sowie die Verläufe der Radtouren nachvollzogen werden. Um zumindest auch die mittelfristigen Veränderungen zu erheben, wurde die Fragebogenerhebung als Panelstudie angelegt. Die Datenerhebung erfolgte zu drei Erhebungszeitpunkten: vor dem Projekt (t1), nach dem Projekt (t2). Der dritte Fragebogen wurde als Behaltenstest nach einem halben Jahr (t3) durchgeführt. Insgesamt nahmen zwölf Schulen als Projektpartner am Programm teil (vierzehn Schulklassen), wobei die Gesamtzahl der Fragebögen bei n= 289 Schülerinnen und Schülern lag. Nach einem halben Jahr konnten aufgrund der Panelmortalität nur noch 142 Schülerinnen und Schüler erreicht werden. Die Berechnungen wurden mit den Fragebögen durchgeführt, die zu allen drei Zeitpunkten vorlagen. Die Stichprobe (n= 142) wies folgende Verteilung der Schularten auf: Die Schülerinnen und Schüler waren zu 26,8% von der Hauptschule, zu 31,7% von der Realschule und zu 40,8% vom Gymnasium bei 0,7% fehlenden Angaben. Um mögliche Lerneffekte durch den Fragebogen auszuschließen, wurde eine aus den Parallelklassen der Experimentalgruppen resultierende Kontrollgruppe (n= 151) befragt. Es konnte ein mittelfristiger Wissenszuwachs durch das Projekt nachgewiesen werden. Darüber hinaus wurde ein linearer Zusammenhang zwischen dem verbalisierten Handeln und der Bedrohungswahrnehmung gefunden. Es zeigte sich, dass Wirkungen im Bereich der Sensibilisierung für Umweltprobleme entstanden. Durch das Radfahren zum Schullandheim war es möglich, das Selbstvertrauen von Kindern zu stärken. Als quasiexperimentelle Feldstudie konnten rückwirkend Konsequenzen für eine verbesserte pädagogische Praxis gezogen werden.