January 1992
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Der italienische Futurismus war die erste jener Avantgarde-Bewegungen, die in kollektiver, organisierter Form nicht nur den Status quo in den Künsten, sondern auch den der bürgerlichen Gesellschaft ihrer Tage mit großer Entschiedenheit und in öffentlichkeitswirksamer Weise in Frage gestellt haben. Filippo Tommaso Marinetti (1876–1944) und seine jüngeren Mitstreiter etablierten ein Muster der Revolte, das für die nachfolgenden Avantgarden paradigmatisch werden sollte, wie sehr sich deren strategische Ziele auch von denen des Futurismus unterscheiden mochten. Dieser stellte den programmatischen Versuch dar, die Trennung der Künste und deren Abspaltung vom modernen gesellschaftlichen Leben rückgängig zu machen, ein Ziel, für das ihm so ziemlich jedes (Ausdrucks-) Mittel recht war. Man gab sich als Verächter jeglicher Tradition: voraussetzungslos, jung und absolut gegenwartsbezogen.