March 2024
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Hintergrund und Zielstellung: Präventionsleistungen stellen seit Inkrafttreten des Präventionsgesetzes 2016 eine Pflichtleistung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) dar und richten sich an Versicherte mit ersten gesundheitlichen Beeinträchtigungen gemäß dem Grundsatz Prävention vor Rehabilitation vor Rente. Die Anzahl an Präventionsleistungen stieg kontinuierlich an, liegt jedoch im Vergleich zur medizinischen Rehabilitation auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Als Barrieren für die Inanspruchnahme wurden in einem qualitativen Forschungsprojekt u.a. mangelnde Bekanntheit und eine für manche Personengruppen zu unflexible Organisation und Ausgestaltung von RV Fit sowie Vorbehalte auf Seiten der Unternehmen hinsichtlich der Freistellung ihrer Beschäftigten identifiziert (Spyra, 2018). Das rehapro-Modellprojekt zur Steigerung der Präventionsinanspruchnahme (PiNA) hat sich daher zum Ziel gesetzt, die Inanspruchnahme von Präventionsleistungen in Berlin und Brandenburg zu steigern. Hierfür wurde in Ergänzung zu RV Fit ein ambulantes, wohn-bzw. arbeitsortnahes und flexibilisiertes Präventionsangebot konzipiert und modellhaft erprobt. Ziel dieses Beitrags ist es, Motive und Informationsquellen von Versicherten für die Beantragung einer Präventionsleistung und die Zufriedenheit mit RV Fit und den PiNA-Präventionsprogrammen vergleichend zu beschreiben. Methoden: Es wurde eine prospektive Beobachtungsstudie durchgeführt. Hierzu wurden durch die DRV Berlin-Brandenburg, DRV Bund und DRV Knappschaft-Bahn-See sämtliche Versicherte mit Wohnort in Berlin oder Brandenburg, denen im 24-monatigen Erprobungszeitraum 2021 bis 2023 eine Präventionsleistung bewilligt wurde, postalisch vor Beginn der Präventionsleistung kontaktiert und gebeten, einen Fragebogen zu Motiven und Informationsquellen für die Beantragung auszufüllen (n=2.896). Eine zweite schriftliche Befragung 3 bis 5 Monate später erhob die Zufriedenheit mit der Präventionsleistung. Die deskriptive Auswertung erfolgt stratifiziert für RV Fit einerseits und die PiNA- Präventionsprogramme DO IT YOURSELF (DIY) und BUSINESS andererseits. Sowohl DIY als auch BUSINESS fallen im Vergleich zu RV Fit mit etwa 3 Monaten Dauer kürzer aus. Eine Freistellung erfolgt an drei Tagen zu Beginn, Mitte und Ende der Präventionsleistung. Hierfür erhalten Arbeitgeber eine Ausgleichszahlung von 100€ je Tag. Über ein persönliches Präventionsbudget von 250€ können teilnehmende Versicherte eigenständig Präventionskurse wohn- bzw. arbeitsortnah besuchen. BUSINESS zeichnet sich zusätzlich dadurch aus, dass es aufsuchend vor Ort im Unternehmen für eine Gruppe von Beschäftigten angeboten wird. Ergebnisse: In die Analysen gingen für die Startbefragung n=800 und für den zweiten Befragungszeitpunkt n=399 Fälle ein. Gut zwei Drittel der Befragten nahmen an RV Fit teil (69,1%), die übrigen Personen an PiNA (DIY: 12,0% BUSINESS: 18,9%). Bei RV Fit lag der Frauenanteil bei 75,2%, bei PiNA bei 69,0%. Das mittlere Alter lag bei 50,5 (SD: 9,1) bzw. 48,1 Jahre (SD: 10,0 ). Als Motive für eine Antragstellung wurden am häufigsten Verbesserung des Gesundheitszustandes (RV Fit 74,6%; PiNA 65,0%), Verbesserung der Leistungsfähigkeit im Alltag (65,4%; 60,5%), Vorbeugung von Erkrankungen (60,7%; 60,9%) und körperliche Beschwerden (53,9%; 34,6%) genannt. Rat von Familie/Freunden (9,4%; 4,9%) oder Empfehlung von Ärzt:innen (7,0%; 0,9%) spielten eine untergeordnete Rolle. Als Grund für die Wahl von PiNA-Angeboten (insbesondere BUSINESS) wurde mit 56,2% „wird durch meine Arbeitsstelle unterstützt“ deutlich häufiger angegeben als bei RV Fit mit 23,2% der Befragten. Vergleichbares gilt für „Angebot am Arbeitsplatz verfügbar“ (26,9% vs. 2,8%). Während drei Viertel (76,0%) der PiNA-Teilnehmenden durch den Arbeitgeber auf das Präventionsangebot aufmerksam wurden, waren es bei RV Fit nur ein Viertel (25,8%). Hier wurden stattdessen häufiger Partner/Freunde/Bekannte/Familie (32,2%) bzw. das Internet (22,2%) als Informationsquellen angegeben. Der Großteil der Teilnehmenden (PiNA 84,5%, RV Fit 87,4%) berichtete, die Inhalte des Präventionsangebote zumindest teilweise in den privaten Alltag integriert zu haben. Etwa vier Fünftel gaben an (PiNA 79,2%; RV Fit: 79,1%), mit dem heutigen Wissen erneut eine Präventionsleistung der DRV in Anspruch zu nehmen. Diskussion und Fazit: Hinsichtlich Motive und Zufriedenheit fiel das Antwortverhalten von RV Fit- und PiNA- Teilnehmenden ähnlich aus. Jedoch wurden unterschiedliche Informationsquellen für die beiden Präventionsleistungen offensichtlich. Während RV Fit insbesondere aus dem persönlichen Umfeld oder dem Internet bekannt war, spielte bei PINA insbesondere BUSINESS) das betriebliche Umfeld eine herausragende Rolle. Dies trägt der 2023 von allen Rentenversicherungsträgern gemeinsam entwickelten Strategie zur Weiterentwicklung der Prävention Rechnung, welche einen Fokus auf eine Verzahnung von Verhältnis- und Verhaltensprävention in betrieblichen Lebenswelten setzt (Deutsche Rentenversicherung Bund, 2023). Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass RV Fit und PiNA unterschiedliche Zielgruppen erreichen und somit die Inanspruchnahme von Präventionsleistungen insgesamt steigern könnten. Take-Home-Message: Die Zufriedenheit mit RV Fit und den PINA-Präventionsprogrammen fällt insgesamt hoch aus. BUSINESS adressiert stärker als RV Fit das betriebliche Umfeld und könnte so weitere Zielgruppen erschließen. Literatur Deutsche Rentenversicherung Bund (2023): Weiterentwicklung von Prävention und Rehabilitation. Gemeinsames Strategiepapier der Deutschen Rentenversicherung. Spyra, K. (2018): Berufsbegleitende Prävention in kleinen und mittleren Unternehmen: Eine explorative Studie in Berlin und Brandenburg. DRV-Schriften, 113. 257-259. Förderung: Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), rehapro