May 2016
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Der Medizinische Sachverständige
Vizepräsident des Landessozialgerichts Thüringer Landessozialgericht Rudolfstraße 46 99092 Erfurt Sozialmedizinische Begutachtung bei chronischen Schmerzzuständen Zusammenfassung Bei ca. zwei Dritteln der in Rentenverfahren vor Sozialgerichten zur Verhandlung kommenden Fälle der neurologisch-psychiatrischen und chirurgisch-orthopädischen Fachgebiete stehen Schmerzen im Vordergrund der Beschwerden. Beauftragte Gutachten müssen nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand gefertigt werden. Bei der Begutachtung von Personen mit chronischen Schmerzen müssen die indirekten Parameter sorgfältig erhoben und in einer Art Puzzle miteinander in Verbindung gesetzt werden. Die neurobiologischen Forschungserkenntnisse der letzten Jahre beinhalten einen weitreichenden Paradigmenwechsel für Diagnostik, Differenzialdiagnose, Therapie und Begutachtung chronischer Schmerzerkrankungen. Das Schmerzverarbeitungssystem im Gehirn ist sehr eng mit dem Stressverarbeitungssystem verzahnt. Deshalb reicht eine ausschließlich am Ausmaß der peripheren Gewebsschädigung orientierte Bewertung nicht aus. Psychische, soziale und biographische Einflussfaktoren müssen sorgfältig und gezielt abgeklärt, bewertet und gegebenenfalls auch die Möglichkeit eines rein zentral generierten Schmerzgeschehens berücksichtigt werden. Die Umsetzung der aktuellen Leitlinie für die ärztliche Begutachtung von Menschen mit chronischen Schmerzen ist Gegenstand diverser Fortbildungen, u.a. eines Curriculums und Abfassung eines Leitfadens der Interdisziplinäre Gesellschaft für Psychosomatische Schmerztherapie IGPS.