Studie 1: Die anaerobe Laktatschwelle versucht, das maximale Laktat-Steady-State (MLSS) aus der Laktatleistungskurve eines Stufentests abzuleiten. Offen ist allerdings wie genau die unterschiedlichen Schwellenkonzepte bei der Bestimmung des MLSS sind. Ziel der Studie war es die Stegmann, Dickhuth, Dmax und 4-mmol-Schwellen auf ihre Genauigkeit im Abschätzen des MLSS zu überprüfen (Konstruktvalidität). 26 Männer (25 ± 4 J, 182 ± 5 cm, 79 ± 8 kg) absolvierten einen fahrradergometrischen Stufentest (ST; Start: 50 oder 100 W, + 50 W / 3 min). Es folgten zur Bestimmung des MLSS (242 ± 41 W) Dauerbelastungen über 30 min. Zur Bestimmung des MLSS durfte die Laktatkonzentration zwischen der 10. und 30. min nicht mehr als 1,0 mmol/l ansteigen. Anhand des MLSS wurden die Probanden in zwei Hälften unterteilt: Ausdauertrainierte (AT, n = 13): 3,7 ± 0,3 W/kg und Nicht-Ausdauertrainierte (NAT, n = 13): 2,6 ± 0,4 W/kg. Mittels Bland-Altman-Plots wurden die mittleren Differenzen (MD) und 95 %-Konfidenzintervalle (LoA) dargestellt. Zusammenhänge zwischen dem MLSS und den Schwellen wurden mittels Pearson-Produkt-Moment-Korrelationen berechnet. Im Mittel zeigen alle Schwellen sehr hohe signifikante Korrelationen zum MLSS (r = 0,91 bis 0,94). Die LoA liegen zwischen 10 % und 20 %. Dabei schätzen die Stegmann- (-4 ± 32 W) und Dmax-Schwelle (3 ± 32 W) unabhängig von der Leistungsfähigkeit das MLSS ähnlich genau ab (Homoskedastizität). Die Genauigkeit der Dickhuth- und 4-mmol-Schwelle ist hingegen von der Leistungsfähigkeit der Probanden abhängig (Heteroskedastizität). Im Mittel überschätzt 4-mmol (18 ± 48 W), wohingegen Dickhuth unterschätzt (-11 ± 38 W). Die individuellen Schwellenkonzepte Stegmann und Dmax schätzen das MLSS im Mittel unabhängig von der Ausdauerleistungsfähigkeit annähernd gleich gut und präzise ab. Die 4-mmol-Schwelle überschätzt es vor allem bei Ausdauertrainierten, wohingegen es die Dickhuth-Schwelle bei Untrainierten unterschätzt. Die individuelle Genauigkeit im Abschätzen des MLSS scheint für die Trainingssteuerung akzeptabel, sollte jedoch in Einzelfällen durch Trainingskontrollen überprüft werden. Studie 2: Das 40-km-Zeitfahren (TT) gilt als eine der wichtigsten Wettkampfdistanzen im Radsport. Unklar ist jedoch, inwieweit die Daten aus den klassischen Leistungstests in der Lage sind die Leistung im TT vorherzusagen. Daher war es das Ziel der zweiten Studie, die externe Validität der Laktatschwellenkonzepte hinsichtlich ihrer Genauigkeit in der Prädiktion der Leistung im TT zu überprüfen. 23 Wettkampfradfahrer (29 ± 8 J, 180 ± 6 cm, 74 ± 8 kg, VO2max 59,4 ± 7,4 ml/min/kg) absolvierten im Abstand von je 2 Stunden TT, einen 30-s-Wingate-Test (WT) und einen ST (100 W + 50 W / 3 min). Aus dem ST wurden die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) und die oben genannten Schwellen bestimmt. Mittels Bland-Altman-Plots wurden MD ± LoA dargestellt. Zusammenhänge zwischen dem TT und den Schwellen wurden mittels Pearson-Produkt-Moment-Korrelationen berechnet. Signifikante Zusammenhänge zur Leistung im TT wurden für Pmax (r = 0,89), Stegmann (r = 0,83), Dickhuth (r = 0,80), Dmax (r = 0,79) und 4-mmol (r = 0,81) und die VO2max (r = 0,56) gefunden. Alle anderen Parameter zeigten keine signifikanten Zusammenhänge. Die MD lag für alle Schwellenkonzepte über 29 W und die LoA über 17 %. Mit einer MD von 103, aber LoA von 12 % hat die Pmax die geringste Streuung in der Differenz zum TT. Ziel einer Leistungsdiagnostik ist es auch, die aktuelle Wettkampfleistungsfähigkeit eines Sportlers zu ermitteln. Dazu scheint die Pmax für die Leistung im 40-km-Zeitfahren nominell ein besserer Prädiktor zu sein, als die submaximalen Laktatschwellen. Allerdings kann die individuelle Abweichung dennoch erheblich sein. Leistungstests, für die eine maximale Ausbelastung nötig ist, können störende Eingriffe im Trainingsalltag von Leistungssportlern darstellen. Daher wäre es vorteilhaft, einen Parameter der Leistungsdiagnostik zu haben, der unabhängig von Ausbelastung und Ermüdung die Ausdauerleistungsfähigkeit diagnostizieren könnte. Ziel der dritten Studie war es daher, den Einfluss einer Ermüdung auf die vier Laktatschwellen sowie andere Parameter der Leistungsdiagnostik zu überprüfen. Die gleichen Probanden wie in Studie 2 absolvierten ein 6-tägiges intensives Trainingslager. Vor, direkt nach und nach weiteren 2 Tagen Pause absolvierten sie folgende Tests: TT, WT und ST im Abstand von je 2 Stunden. Aus dem ST wurden die oben genannten Schwellen bestimmt. Zur Bestimmung der Unterschiede zwischen den Testtagen wurde eine ANOVA mit Messwiederholung berechnet. Bei signifikanten Unterschieden wurde ein post-hoc Scheffé-Test durchgeführt. Die Probanden absolvierten TT an Tag 1 im Mittel in 3942 ± 212 s, an Tag 8 in 4008 ± 201 s und an Tag 11 in 3929 ± 219 s (p < 0,001). Ebenso waren die mittlere Leistung im WT zwischen Tag 1 (701 ± 58 W) und Tag 8 (679 ± 65 W) sowie zwischen Tag 8 und Tag 11 (696 ± 69 W) und die maximale Leistung im ST (338 ± 30 W; 327 ± 31 W; 347 ± 30 W) signifikant unterschiedlich (p < 0,01). Für die submaximalen Schwellen nach Dickhuth (p = 0,34) und 4-mmol (p = 0,69) konnte kein Einfluss der Ermüdung gefunden werden. Die Stegmann-Schwelle lag nach den Regenerationstagen höher als im ermüdeten Zustand (Tag 1 - 8: p = 0,85; Tag 8 - 11: p = 0,03). Dmax lag an Tag 8 (256 ± 27 W) niedriger als an Tag 1 (p = 0,006; 265 ± 29 W) und Tag 11 (p < 0,001; 269 ± 25 W). Damit ist diese Arbeit die erste, die zeigen konnte, dass Ermüdung keinen Einfluss auf das Ergebnis in den submaximalen Schwellenkonzepten nach Stegmann, Dickhuth und 4-mmol hat. Lediglich die Dmax-Methode weicht auf Grund reduzierter maximaler Ausbelastung im ermüdeten Zustand im Mittel mehr als die Grundvariabilität vom erholten Zustand ab.