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Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland

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... Häusliche Gewalt sowie sexueller und körperlicher Missbrauch in der Kindheit werden als wichtige Prädiktoren für Delinquenz angesehen (Taubner, 2008). Des Weiteren leben inhaftierte Frauen vor der Haft oft in problematischen Verhältnissen: Sie befinden sich in schwierigen Berufssituationen, haben keine oder eine nur geringe Schul-und Berufsausbildung, sind häufiger obdachlos und leben sehr selten in stabilen partnerschaftlichen Beziehungen (Schröttle & Müller, 2004;Kawamura-Reindl, 2009). Die Mehrheit inhaftierter Frauen berichtet auch im Erwachsenenleben über psychische, körperliche und sexuelle Gewalterfahrungen -dies ebenfalls in der Haftsituation durch Mitinhaftierte und Personal der Justizvollzugsanstalten (Schröttle & Müller, 2004). ...
... Des Weiteren leben inhaftierte Frauen vor der Haft oft in problematischen Verhältnissen: Sie befinden sich in schwierigen Berufssituationen, haben keine oder eine nur geringe Schul-und Berufsausbildung, sind häufiger obdachlos und leben sehr selten in stabilen partnerschaftlichen Beziehungen (Schröttle & Müller, 2004;Kawamura-Reindl, 2009). Die Mehrheit inhaftierter Frauen berichtet auch im Erwachsenenleben über psychische, körperliche und sexuelle Gewalterfahrungen -dies ebenfalls in der Haftsituation durch Mitinhaftierte und Personal der Justizvollzugsanstalten (Schröttle & Müller, 2004). ...
... Karatzias, Power, Woolston et al. (2018) berichten (mit dem Hinweis auf die Studie Komarovskaya, Booker Loper, Warren et al., 2011), dass inhaftierte Frauen höhere Raten von PTBS als inhaftierte Männer zeigen und komplexere lebensgeschichtliche zwischenmenschliche sexuelle Traumata mitteilen als inhaftierte Männer. In der Studie von Schönfeld, Schneider, Schröder et al. (2006) (Schröttle & Müller, 2004). Wie bereits in einigen Studien gezeigt, kommen auch Traumatisierungen und Traumafolgestörungen bei inhaftierten Frauen überproportional häufig vor (u. ...
... Daneben existieren verschiedene Formen struktureller beziehungsweise systematischer Gewalt (z. B. Galtung, 1975;Tekath & Bonacker, 2022 Müller & Schröttle, 2004;Wetzels & Pfeiffer, 1995). Darüber hinaus hat sich die Fokussierung auf soziodemografische Merkmale der Tatpersonen als wenig aufschlussreich erwiesen, da geschlechtsbezogene Gewalt in allen Bildungs-, Einkommens-und Altersgruppen auftritt (Greuel, 2009 ...
... Zur Verbreitung von Gewalt gegen Frauen in Deutschland liegen Ergebnisse aus diversen Dunkelfeldstudien vor (z. B. Birkel et al., 2022;Müller & Schröttle, 2004;Wetzels & Pfeiffer, 1995). Ein direkter Vergleich der Ergebnisse ist jedoch nur eingeschränkt möglich (z. ...
... In der Berliner Gesundheitsversorgung werden aktuell keine fortlaufenden und belast baren Daten zum Versorgungsgeschehen nach häuslicher und sexualisierter Gewalt erhoben, gleichwohl Studien aufzeigen, dass 42 % bis 65 % der von Gewalt in der Paarbeziehung betroffenen Frauen über Verletzungen und gesundheitliche Folgen nach Gewalt berichten (WHO 2013a, Schröttle & Müller 2004). 48,2 % der betroffenen Frauen berichten von mehr als 11 gesundheitlichen Beschwerden und 65,2 % berichten von mehr als sieben psychischen Beschwerden, jeweils in den letzten 12 Monaten (Schröttle & Müller 2004). ...
... In der Berliner Gesundheitsversorgung werden aktuell keine fortlaufenden und belast baren Daten zum Versorgungsgeschehen nach häuslicher und sexualisierter Gewalt erhoben, gleichwohl Studien aufzeigen, dass 42 % bis 65 % der von Gewalt in der Paarbeziehung betroffenen Frauen über Verletzungen und gesundheitliche Folgen nach Gewalt berichten (WHO 2013a, Schröttle & Müller 2004). 48,2 % der betroffenen Frauen berichten von mehr als 11 gesundheitlichen Beschwerden und 65,2 % berichten von mehr als sieben psychischen Beschwerden, jeweils in den letzten 12 Monaten (Schröttle & Müller 2004). Ebenso ist bekannt, dass von Gewalt betroffene Frauen die Gesundheitsversorgung in einem höheren Maß in Anspruch nehmen, als nicht betroffene Frauen (WHO 2013b). ...
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Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt gilt als eine schwere Menschenrechtsverletzung (Europarat 2011). Einen repräsentativen Überblick von Gewaltprävalenzen bei Frauen in Deutschland, die 16 Jahre und älter sind, geben Schröttle und Müller (2004) mit insgesamt 25 % für Gewalt in der (ehemaligen) Paarbeziehung und für sexualisierte Gewalt mit 13 % an. Über wiederholte Gewalterfahrungen berichten 19,1 % der Frauen, über wiederholte sexualisierte Gewalterfahrungen 5,8 % (ebd.). In der Berliner Gesundheitsversorgung werden aktuell keine fortlaufenden und belastbaren Daten zum Versorgungsgeschehen nach häuslicher und sexualisierter Gewalt erhoben, gleichwohl Studien aufzeigen, dass 42 % bis 65 % der von Gewalt in der Paarbeziehung betroffenen Frauen über Verletzungen und gesundheitliche Folgen nach Gewalt berichten (WHO 2013a, Schröttle & Müller 2004). 48,2 % der betroffenen Frauen berichten von mehr als 11 gesundheitlichen Beschwerden und 65,2 % berichten von mehr als sieben psychischen Beschwerden, jeweils in den letzten 12 Monaten (Schröttle & Müller 2004). Ebenso ist bekannt, dass von Gewalt betroffene Frauen die Gesundheitsversorgung in einem höheren Maß in Anspruch nehmen, als nicht betroffene Frauen (WHO 2013b). Das vorliegende Diskussionspapier stellt vor: a. warum es Daten aus der Gesundheitsversorgung bedarf, b. wie die Datenerhebung in Deutschland derzeit gestaltet ist, c. welche Empfehlungen bereits vorliegen und schlägt d. ein Datenset von Parametern vor, die in der Praxis erhoben werden sollten und stellt e. nächste mögliche Schritte vor.
... Über die Strafvollzugsstatistik hinausgehende Informationen zur weiblichen Strafvollzugspopulation lassen sich einzelnen Studien entnehmen, die in den vergangenen Jahren in Deutschland durchgeführt wurden. Eine Studie, die sich im Rahmen der groß angelegten Untersuchung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Thema »Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland« auch der spezifischen Situation von Frauen in Haft widmet, stammt von Schröttle & Müller (2004). Im Rahmen dieser Studie wurden 88 in deutschen Justizvollzugseinrichtungen inhaftierte Frauen ab 16 Jahren u.a. ...
... Deutschland) in insgesamt 19 Frauenvollzugsanstalten neben Befragungen der Bediensteten und eigenen Beobachtungen auch Befragungen der inhaftierten Frauen (N = 653) durchgeführt haben. Die Befunde für Deutschland (N = 116) zeigen in Übereinstimmung mit der Studie von Schröttle & Müller (2004), dass niedrigere Bildungsabschlüsse unter inhaftierten Frauen dominieren. Im Falle einer Inhaftierung werden die minderjährigen Kinder mehrheitlich bei den Vätern, Großeltern oder anderen Angehörigen (insgesamt 71,2 %) untergebracht, 1 Zu beachten ist hierbei, dass in der Strafvollzugsstatistik im Falle einer Verurteilung auf Grund mehrerer Taten nur die nach dem Strafrahmen abstrakt schwerste Straftat dokumentiert wird. 2 Rahmenbedingungen von Mutter-Kind-Einrichtungen wurden ausführlicher von Junker (2011) untersucht. ...
... Mindestens jede vierte Frau im Alter von 16 bis 85 Jahren in Deutschland, die in einer Partnerschaft gelebt hat oder lebt, hat körperliche oder sexuelle Übergriffe durch einen Beziehungspartner erlebt. 50,0 % jener Frauen, die Kinder hatten, gaben an, dass diese Zeuge der Gewalt waren, in 10,0 % der Fälle waren Kinder mitbetroffen (Müller & Schröttle, 2004). Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) sowie eine Untersuchung von Jungnitz (2004) zeigen darüber hinaus, dass auch Männer in Partnerschaften von Gewalt betroffen sind (für 2018 18,7 %, Bundeskriminalamt [BKA], 2018b;für 2004für 22,6 %, Jungnitz, 2004. ...
... Betroffenen an, Anzeige erstattet zu haben (Hellmann, 2014), was sich mit den Angaben in der Untersuchung von Müller und Schröttle (2004) deckt. Müller und Schröttle (2004) (Levine, 1975;Moore, 1975 (Müller & Schröttle, 2004). ...
... Im Anschluss wurden ihnen verschiedene konkrete Nachtatverhaltensweisen des Opfers sechs Monate nach der Tat präsentiert. Diese entstammten einem Pool von insgesamt 63 Verhaltensweisen aus anderen wissenschaftlichen Studien (Astbury et al., 2011;Badour et al., 2013;Bordere, 2017;Bornefeld-Ettmann & Steil, 2017;Chen et al., 2010;Collett et al., 1998;Davidson et al., 1996;Dworkin et al., 2017;Ibekwe et al., 2018;Jina & Thomas, 2013;McFarlane et al., 2005;McQueen et al., 2021;Resick, 2016;Santaularia et al., 2014;Schröttle & Müller, 2004;Scott et al., 2018;Tjaden & Thoennes, 2006). Um Ermüdungs-und Kontrasteffekte zu minimieren, beurteilten alle Versuchspersonen jeweils nur einen Teil der Verhaltensweisen (z.B. "Die Frau hält weiterhin den Kontakt zum mutmaßlichen Täter." ...
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Bei Sexualstraftaten gibt es häufig eine Aussage-gegen-Aussage-Konstellation. Der Glaubhaftigkeit der Aussage bzw. der Glaubwürdigkeit der Opferzeug:innen kommt daher ein besonderes Gewicht zu. Das Ziel dieser Studie war es, den Einfluss von Verhaltensweisen eines Opfers sexualisierter Gewalt nach der Tat auf die Glaubhaftigkeit seiner Aussage sowie seine Glaubwürdigkeit zu untersuchen. Es wurde vermutet, dass Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit höher eingeschätzt werden, wenn das Opfer plausible im Vergleich zu unplausiblen Verhaltensweisen zeigt. In Studie 1 bewerteten Teilnehmer:innen zunächst die Plausibilität vorgegebener Verhaltensweisen einer Frau nach einer Vergewaltigung durch einen Bekannten. In Studie 2 lasen andere Teilnehmer:innen in einem Between-Subjects-Vignettendesign zufällig eine von vier Vignetten, die sich hinsichtlich der Plausibilität der berichteten Nachtatverhaltensweisen des Opfers unterschieden (hohe Plausibilität vs. niedrige Plausibilität). Die experimentelle Manipulation der Plausibilität basierte auf den Ergebnissen von Studie 1 und erwies sich als erfolgreich. Allerdings hatte sie weder einen signifikanten Einfluss auf die wahrgenommene Glaubhaftigkeit noch auf die wahrgenommene Glaubwürdigkeit. Es zeigte sich jedoch, dass die Glaubhaftigkeits- und Glaubwürdigkeitsbeurteilungen der Teilnehmer:innen direkt mit ihren individuellen Plausibilitätsbeurteilungen des berichteten Nachtatverhaltens zusammenhingen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass implizite Theorien über das Nachtatverhalten von Opfern und somit subjektive Bewertungen der Plausibilität von Verhaltensweisen entscheidend für die Einschätzung der Glaubhaftigkeit der Aussage des Opfers und seiner Glaubwürdigkeit sind. Wir diskutieren die Implikationen für Forschung und Praxis.
... Por un lado, en muchas de las situaciones de insinuaciones sexuales las víctimas se sintieron seriamente amenazadas o tenían miedo por su seguridad personal. En algunos casos, tales manifestaciones incluso terminaron en violencia física y hasta en abusos sexuales (Müller y Schörrle, 2004). 3 También se ha comprobado que las personas destinatarias de esas EASEP adaptan su comportamiento en espacios públicos para evitar tales comentarios, por ejemplo, cambian de vereda, evitan circular por determinados lugares, no usan cierta vestimenta, caminan acompañade o no circulan por la calle de noche (Fronza, et al., 2019, pp. 9 s.;Decara et al., 2012, p. 9). ...
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Unwanted sexualized comments, generally called “street harassment”, “cat calling”, or, in Spanish-speaking societies, “compliments”, raise many questions, especially of the legal, sociological, and moral kind. In this article, I will concentrate on the moral valuation of the phenomenon. I will present three possible attitudes towards expressions of sexual attraction in public spaces: one positive, one neutral and one negative. I shall argue in favor of the third attitude, criticizing such manifestations of sexual attraction as morally reprehensible. Besides, I try to show that such a moral view evades the slippery slope argument that blocks any intent to establish contact with another person. On the contrary, I present a criterion to distinguish morally acceptable and moral unacceptable forms of interaction.
... Obwohl Frauen mit Behinderungen zwei-bis drei Mal häufiger von Gewalt betroffen sind [12,14], scheinen sie in der Gesundheitsversorgung nicht anzukommen oder die vorliegende Gewalt wird nicht erkannt. Auch in der Studie von Fischer (2020) hatten nur wenige befragte Ärzt*innen von Erfahrungen mit Menschen mit Behinderungen berichtet, was als Hinweis für die begrenzten Zugangsmöglichkeiten zur Gesundheitsversorgung gedeutet wird [7]. ...
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Zusammenfassung Hintergrund Häusliche und sexualisierte Gewalt stellt eine Bedrohung für die Gesundheit von Frauen dar. Seit die Istanbul-Konvention 2018 in Deutschland in Kraft trat, besteht die Anforderung einer adäquaten Gesundheitsversorgung für gewaltbetroffene Frauen. Bisher gibt es keine systematischen Übersichten zu regional bestehenden Versorgungsangeboten und -situationen im Bereich der gesundheitlichen Versorgung nach Gewalterlebnissen. Ziel der Arbeit Es wird ein Überblick über die Versorgungsangebote und -situationen im Gesundheitsbereich sowie deren Rahmenbedingungen in Hessen gegeben sowie identifizierte Versorgungslücken aufgezeigt. Methode Es wurden 34 Expert*inneninterviews mit Gesundheitsfachkräften in Kliniken und anderen Gesundheitseinrichtungen, mit Mitarbeiter*innen von Koordinierungsstellen und Beratungsstellen sowie Frauenbeauftragten geführt. Die Interviews wurden mit der Qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Ergänzend erfolgte eine Internetrecherche nach Gesundheitsangeboten, die auf Gewalt spezialisiert sind. Ergebnisse Die Ergebnisse zeigen, dass in Hessen Angebote zur gesundheitlichen Versorgung nach häuslicher und sexualisierter Gewalt nicht in jedem Landkreis vorhanden sind. Insbesondere im ländlichen Raum ist eine adäquate gesundheitliche Versorgung nicht gesichert, was zu ungleichen Chancen für die Betroffenen führt. Es konnten Unterschiede zwischen Angeboten, die auf Gewalt spezialisiert sind, und anderen Gesundheitseinrichtungen festgestellt werden. Während innerhalb der spezialisierten Angebote Vorgaben zu Inhalten und Abläufen existieren, ist die Versorgung in anderen Einrichtungen vom persönlichen Engagement der jeweiligen Gesundheitsfachkräfte abhängig. Schlussfolgerung Im Sinne der Istanbul-Konvention kann in Hessen eine adäquate Gesundheitsversorgung nach häuslicher und sexualisierter Gewalt nicht gewährleistest werden und es besteht weiterer Handlungsbedarf.
... Every fourth woman in Germany experiences sexual or/and physical violence by her (ex-) partner at least once in her lifetime (Schröttle and Müller 2004). Police crime statistics on Intimate Partner Violence show more than 148.000 reports with 79,1% male perpetrators for the year 2020 (BKA 2021). ...
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This article discusses the advantages and limitations of systems mapping as a method of approaching serious game design on the highly complex social issue of Intimate Partner Violence (IPV) in an interdisciplinary team. The method of systems mapping has been evaluated for the research and design phase of a yet unfinished game. It has been shown to be useful as a tool for research, design and interdisciplinary collaboration. Systems mapping does not provide new knowledge in the respective research area nor does it offer direct solutions to difficult design problems, but it supports the process and makes it more structured and substantial.
... Handlungsempfehlungen bei partnerschaftlicher Gewalt in Familien mit Kindern I Einleitung Partnerschaftliche Gewalt ist kein seltenes Phänomen. In Deutschland hat etwa jede vierte Frau mindestens einmal in ihrem Leben körperliche und/oder sexuelle Gewalt durch eine*n (Ex-)Partner*in erfahren (Müller & Schröttle, 2004). In der Untersuchung von Schwithal (2005) wurde festgestellt, dass Männer und Frauen in Deutschland ähnlich häufig von partnerschaftlicher Gewalt betroffen sind. ...
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Diese Handlungsempfehlungen wurden auf Grundlage des am Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen e.V. (KFN) durchgeführten und durch die Deutsche Kinderhilfe e.V. geförderten Projektes „Partnerschaftliche Gewalt in Familien mit Kindern – Was passiert nach einer polizeilichen Wegweisungsverfügung?“ erstellt.
... sehr weit verbreitet und als Entwicklungserscheinung in der Adoleszenz "normal" (Walter und Neubacher (2011), S. 19;Fend, 2005 (Jansen (1999), S. 17), da sie in der Regel ein "Anhängsel" an den Frauenvollzug bilden, der wiederum ein "Anhängsel" des Männervollzuges darstellt (ebd.). Die (pädagogisch/therapeutische) Bearbeitung der spezifischen Lebens-und Problemlagen junger inhaftierter Frauen und Mädchen findet somit in der Praxis des Jugendvollzuges nicht statt (Schröttle und Müller (2004), S. 5/III) und wird in der Folge auch kaum im wissenschaftlichen Kontext rezipiert (Jansen (1999) (2012), S. 10). Letztlich werden sie mit der zentralen Entwicklungsthematik der sexuellen Identität(sbildung) allein gelassen, obwohl der Jugendvollzug seinem Bildungsauftrag, der sexuelle Bildung wesentlich einschließt, nachkommen muss. ...
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Die Themen Sexarbeit, Prostitution und Zwangsprostitution sind gesellschaftlich tabuisiert und fnden nur selten Erwähnung in Materialien bzw. Angeboten der sexuellen Bildung (Bode/Heßling, 2015, 37). Dabei handelt es sich bei den genannten Themenfeldern um Erscheinungen unserer Gesellschaft, von denen ein nicht unerheblicher Teil unserer Bevölkerung als Sexarbeiter*innen/ Prostituierte*r, als Kund*innen/Freier*innen, als mitverdienende Dritte, als Täter bzw. Opfer, als Angehörige dieser Gruppen, als politische Entscheidungsträger*innen, als behördliche Ausführungskräfte, als sozialarbeiterische Unterstützer*innen oder Beobachter*innen direkt betroffen ist.1 Dass diese „Realität“ nicht in den Kanon schulischer und außerschulischer Sexualbildung einfießt, lässt sich deutlich als Leerstelle markieren. Das Verhältnis von Prostitution, Zwangsprostitution und Sexarbeit einerseits und von sexueller Bildung andererseits ist bislang innerhalb der wissenschaftlichen Auseinandersetzung empirisch wie theoretisch nicht beleuchtet worden. Im Folgenden sollen daher Argumente angeführt werden, die für eine Diskursivierung der Themen Prostitution, Sexarbeit und Zwangsprostitution in Angeboten der sexuellen Bildung plädieren. Als Grundlage für die Argumentation dient die Verbindung der beiden Themenfelder „(Zwangs-)Prostitution und Sexarbeit als Thema sexueller Bildung“ und „Erfahrungen mit Sexarbeit/Prostitution und Zwangsprostitution junger Frauen und Mädchen in Haft“. Mit letztgenannter Personengruppe wurden mittels Fragebögen Erfahrungen zu den genannten Themenfeldern erhoben, so dass hier auf das Ausmaß von Sexarbeits- bzw. (Zwangs-)Prostitutionserfahrungen von Mädchen und jungen Frauen des Jugendvollzugs und auf ihre sexualpädagogischen Förderbedarfe aufmerksam gemacht werden kann. Zudem kann davon ausgegangen werden, dass die Problematiken menschlichen Zusammenlebens im Zwangskontext des Jugendgefängnisses aufgrund der institutionellen Gegebenheiten wie unter einem Brennglas zentriert sind (Foucault, 1994). Diese institutionellen Gegebenheiten entsprechen fast auf mustergültige Weise den Merkmalen totaler Institutionen, wie Goffman (1973) sie beschrieben hat. Das hat zur Folge, dass – der Bildungsarbeit immer immanente – Konstellationen von Macht und Unterwerfung sowie Anpassungsforderungen (u. a. Koneffke, 1995) in diesem Kontext stark verdichtet auftreten, da sich junge inhaftierte Menschen dem Machtüberhang der dort tätigen Pädagog*innen nicht entziehen können (Kaplan/Schneider, 2020). Auch ihre Lebenslagen scheinen „verdichtet“ zu sein, da hier fast ausschließlich sozial marginalisierte junge Menschen zusammenleben (müssen), die in der Regel eine Biografe aufweisen, die von sozialem Ausschluss, Diskriminierungserfahrungen und erheblichen strukturellen Barrieren für eine sozial akzeptierte und zufriedenstellende Lebensgestaltung gekennzeichnet sind (hierzu Stelly et al. 2014; Kaplan und Schneider 2020). Dies führt im induktiven Schluss zu Implikationen für eine (macht)kritische, marginalisierungssensible Praxis der (sexuellen) Bildungsangebote innerhalb des Systems Gefängnis, die darüber hinaus – und quasi in essentieller Weise – Schlussfolgerungen für kritische sexuelle Bildungspraxen außerhalb des Haftkontextes, also in Schule, Einrichtungen der Jugendhilfe etc., zulassen. Denn auch aufgrund des zu konstatierenden Forschungsdesiderats „Erfahrungen bzgl. (Zwangs-)Prostitution bzw. Sexarbeit von Mädchen* und jungen Frauen*“ (im Generellen und speziell im Kontext Jugendvollzug) konnte bislang auf keine empirische Datenlage zurückgegriffen und damit kaum die Forderung nach der Thematisierung und Diskursivierung des Sujets innerhalb von Bildungsangeboten in- und außerhalb des Jugendvollzuges gefordert werden. Dabei ist es common sense, dass sich sexuelle Bildung stets den Bedürfnis- und Lebenslagen ihrer Rezipient*innen anpassen sollte. Im Folgenden widmet sich der erste Teil dieses Aufsatzes der theoretischen terminologischen Klärung. Darauf aufbauend wird die Studie mit Mädchen und jungen Frauen in Haft skizziert, um im Anschluss an die Ergebnisdarstellung Implikationen für die Praxis der sexuellen Bildung (in und außerhalb von Haft) mit methodischen Anregungen abzuleiten.
... Sie zeigen darüber hinaus, dass dies vor allem dann der Fall ist, wenn sowohl Täter:innen und Opfer alkoholisiert sind oder andere Drogen genommen haben [14]. Da jedoch Menschen, insbesondere Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind, zur schnellen Bewältigung ihrer (psychischen) Verletzungen oft psychoaktive Substanzen einsetzen [15,16], sind sie besonders gefährdet, erneut Opfer von häuslicher Gewalt zu werden [17]. Die Studie von Fazel et al. [18] Angebote für Frauen, die aktiv-reaktiv in die häuslichen Gewalttätigkeiten verwickelt sind oder die selbst Täterinnen sind, sind rar. ...
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Zusammenfassung In diesem Beitrag geht es um Gewalttätigkeiten in Partnerschaften und den Zusammenhang mit dem Konsum bzw. Missbrauch von Alkohol und anderen (stimulierenden) psychoaktiven Substanzen. Hellfelddaten, die vom Bundeskriminalamt zusammengestellt werden, belegen, dass rund ¼ derjenigen, die wegen Gewalttätigkeiten in Partnerschaften angezeigt werden, unter dem Einfluss von Alkohol stehen; die Mehrzahl von ihnen ist männlich, die Minderheit weiblich. Jedoch belegen Befragungsdaten (sog. Dunkelfelddaten), dass das Ausmaß der Partnerschaftsgewalt viel höher ist und viel höhere Zahlen von Täter:innen und Opfern existieren. Zudem zeigen Studien, die mit den Conflict Tactics Scales durchgeführt worden sind, dass das Aggressionsniveau von Männern und Frauen sich wenig voneinander unterscheidet. Das gilt allerdings nicht für sexualisierte Gewalt, Frauen sind fast immer die Opfer von sexualisierter Gewalt. Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass Männer und Frauen sich in etwa gleicher Häufigkeit sowohl „nüchtern“ als auch unter dem Einfluss von psychoaktiven Substanzen in leichte aggressive Auseinandersetzungen einlassen, aber es sind vor allem Männer, die darüber hinaus gehen, insbesondere hinsichtlich sexueller Gewalt. Schätzungen auf der Basis von Behandlungsdaten weisen darauf hin, dass rund 2/3 der Frauen, die in einer Suchtbehandlung sind, Opfer von Partnerschaftsgewalt sind. Eine kleinere Gruppe von Frauen ist in kleinere aggressive Auseinandersetzungen involviert und einige wenige Frauen sind selbst gewalttätig. Diese Gruppen von Frauen benötigen unterschiedliche Hilfsprogramme ebenso wie Männer als Gewalttäter oder Opfer, damit sie sich entweder gegen Gewalt in Partnerschaften wehren können oder ihren Ärger und ihre Impulsivität kontrollieren lernen.
... versuchten die betroffene Mutter zu verteidigen, wobei jedes zehnte Kind auch selbst physisch verletzt wurde (vgl. Müller & Schröttle, 2004). ...
... 57 % der Befragten gingen davon aus, dass die Kinder die gewaltsamen Konflikte gehört, und 50 % sagten, dass die Kinder sie gesehen hätten. Etwa 21-25 % gaben an, die Kinder seien in die Auseinandersetzungen mit hineingeraten oder hätten die Befragten zu verteidigen versucht (Schröttle & Müller, 2004). ...
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In her comprehensive systematic literature review, Tamara Wild analyses current support services for pregnant women affected by domestic violence. She shows that these are mainly medical services, although social work could make a decisive contribution to protection against and emancipation from violence through political action and the creation of structural conditions. The author develops differentiated recommendations for action for social work professionals, ranging from the implementation of screening tools to interdisciplinary cooperation, and invites them to rethink the potential of social work and to provide better support for those affected.
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In Kooperation der Universität Witten/Herdecke mit GESINE Intervention, einer Organisation zur Intervention bei Gewalt im Geschlechterverhältnis, wurde folgende Fragestellung untersucht: Zeigen partnergewaltbetroffene Frauen im deutschen gewaltspezialisierten Hilfesetting psychische Belastungen, die den Kriterien mindestens einer psychischen Störung aus dem Störungsspektrum Depression, Angststörungen und Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) genügen? Befragt wurden 11 aktuelle und ehemalige Frauenhausbewohnerinnen mittels eines strukturierten klinischen Interviews für DSM-5 und des adaptierten Fragebogens zu erlebter Partnergewalt (Müller & Schröttle, 2004). Insgesamt zeigten acht partnergewaltbetroffene Frauen (72.7 %) mindestens eine aktuelle oder frühere psychische Störung. PTBS und Depression waren die häufigsten Diagnosen mit je 58.3 %. Erste Daten zu digitaler Gewalt wurden ausgewertet. Es ist äußerste Vorsicht vor einer Pathologisierung partnergewaltbetroffener Frauen geboten. Dennoch scheint es einen Bedarf an psychologischer Begleitung zu geben, der eine notwendige Zusammenarbeit von psychotherapeutischen und gewaltspezialisierten Professionen nahelegt.
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Zusammenfassung In der vorliegenden Arbeit wurden erstmals alle 1403 unter der Rubrik „häusliche Gewalt“ archivierten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten Thüringens aus dem Jahr 2009 umfassend ausgewertet. Fokus der vorliegenden Arbeit war die deskriptive Darstellung von Daten zu den Beschuldigten, zu den Geschädigten, zu Umgebungsfaktoren, zu den Taten sowie v. a. zur Strafverfolgung. Die Beschuldigten waren zu über 90 % deutsch, zu über 80 % männlich und zu fast 75 % Lebenspartner der Geschädigten. Die meisten Fälle häuslicher Gewalt ereigneten sich am Wochenende und zwischen 18 und 24 Uhr. Zu über 70 % wurden die Taten zeitnah (am gleichen Tag) angezeigt. Etwa 43 % der Geschädigten stellten einen Strafantrag, fast ein Drittel der Anträge wurde wieder zurückgenommen. Ermittelt wurde in 1216 Fällen wegen einfacher Körperverletzung; die übrigen Fälle verteilen sich auf andere Straftatbestände. Insgesamt wurden rund 87 % aller Ermittlungsverfahren im Vorverfahren eingestellt. In 6 % der Fälle wurde Strafbefehlsantrag gestellt, in 7 % Anklage erhoben. In rund 8 % der Fälle wurden (u. a. nach Einsprüchen gegen die Strafbefehle) Hauptverhandlungen durchgeführt. Mehr als die Hälfte der Beschuldigten und fast alle Verurteilten hatten Einträge in das Bundeszentralregister bzw. waren vorbestraft. Zusammenfassend wurden mit der vorliegenden Studie erstmals umfassende Daten (alle Fälle eines Jahres in einem Bundesland) zur Strafverfolgung in Fällen häuslicher Gewalt erhoben und deskriptiv ausgewertet.
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Frauen mit Substanzkonsumstörungen müssen mit vielen Vorurteilen sowohl im Alltag als auch von Expert:innen der medizinischen und psychosozialen Berufe rechnen. Die negativen Urteile treffen Frauen mit Suchtproblemen allgemein, verstärkt jedoch diejenigen, die sexuelle Dienstleistungen anbie�ten. Noch stärker sind die Vorurteile und Ablehnungen gegenüber Frauen mit Substanzkonsumstörungen, die schwanger sind oder mit kleinen Kindern zusammenleben. Daher ist es wichtig, Fachkräften in den Referenzwissen�schaften in Lehrveranstaltungen die Hintergründe von Substanzkonsumstö�rungen bei Frauen zu vermitteln sowie ganz gezielt Vorurteile abzubauen
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Although it has been repeatedly critized, Johan Galtung's concept of “structural violence” seems to be perfect for an analysis of epistemic injustice in that it binds together social analysis and normative critique of complex social structures. While other authors have proposed distinctively narrower concepts of structural or “institutionalized” violence, these have, on the other hand, usually failed to discuss the problem of “epistemic injustice” vis-a-vis institutionalized violence. Drawing on recent work on the concept of violence in this paper I attempt to show, first, that the sometimes employed notion of “epistemic violence” can be clarified on the grounds of a narrow concept of violence: as psychological violence by means of acts of overt testimonial injustice. Secondly, and more importantly, the concept of epistemic injustice is shown to be a missing but necessary tool in the analysis of structures that should be labeled “institutionalized violence”: because structural silencing, testimonial smothering and hermeneutical injustice of victims of violence are in most cases a key aspect of institutionalized violence.
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Freiheitsentziehende Institutionen haben einen rechtlich normierten Auftrag zur sexuellen Gesundheitsförderung und Bildung. Maßnahmen zur sexuellen Gesundheitsförderung sollen gemäß der Ottawa-Charta der [World Health Organization von 1986] ganzheitlich auf einem breiten und intersektionalen Verständnis von Sexualität und sexueller Gesundheit gründen. Nachgewiesene geschlechtsspezifische Unterschiede in der sexuellen Gesundheitskompetenz und im Sexualverhalten sollen darin berücksichtigt werden. Angebote sexueller Gesundheitsförderung in geschlossenen Einrichtungen sind bisher allerdings kaum dokumentiert. In diesem Beitrag soll der internationale Forschungsstand zu geschlechtsspezifischer sexueller Gesundheitsförderung in geschlossenen, freiheitsentziehenden Einrichtungen zusammengefasst und diskutiert werden. Es wurde ein systematisches Literaturreview durchgeführt, um publizierte Konzepte und Studien zum genannten Themenspektrum zusammenzutragen. Dazu wurden sechs wissenschaftliche Datenbanken bis zum Stichtag 6. Oktober 2021 nach relevanten Publikationen auf Deutsch und Englisch durchsucht. Von k = 365 identifizierten Publikationen entsprachen k = 3 Studien nach der Bewertung durch zwei Reviewerinnen*1 allen 13 a priori festgelegten Einschlusskriterien (z. B. Publikation mit Peer-Review). Festgestellt wurde ein großes Desiderat hinsichtlich evidenzbasierter Maßnahmen zur sexuellen Gesundheitsförderung in freiheitsentziehenden Einrichtungen. Es mangelt bei den wenigen, ausschließlich im nordamerikanischen Raum untersuchten Programmen an einem breiten Verständnis von Sexualität und sexueller Gesundheit. Die identifizierten Programme sind hauptsächlich auf einen Gefahren abwehrenden Sexualitätsbegriff gerichtet. Menschen in Freiheitsentzug erscheinen von wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskursen über Sexualität und sexuelle Gesundheit bisher weitgehend ausgeklammert zu sein. Evidenzbasierte Programme der sexuellen Gesundheitsförderung in geschlossenen Einrichtungen des Freiheitsentzuges sollten daher entwickelt und implementiert werden. Zentrale Themen wie (eigene) Geschlechtsidentitäten, Bindung und Partnerschaft oder Geschlechterrollen gilt es darin zu verhandeln und gemeinsam mit den Menschen in Freiheitsentzug kritisch zu reflektieren.
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Trotz der wiederholten Kritik an ihm scheint Johan Galtungs Begriff der „strukturellen Gewalt“ durch die Verbindung von sozialwissenschaftlicher Analyse und normativer Kritik komplexer sozialer Strukturen wie gemacht zu sein für die Analyse epistemischen Unrechts. Während andere Autor:innen deutlich klarer definierte und abgegrenzte Begriffe der strukturellen oder „institutionalisierten“ Gewalt vorgeschlagen haben, fehlt hier meist eine Diskussion der entsprechenden Phänomene, die den Begriff des „epistemischen Unrechts“ einbezieht. In diesem Aufsatz will ich unter Einbeziehung jüngerer Arbeiten zum Begriff der Gewalt zum einen zeigen, dass die bisweilen zu findende Rede von „epistemischer Gewalt“ sich unter Rückgriff auf einen engen Gewaltbegriff klarer bestimmen lässt: als seelische Gewalt, die durch direktes Zeugnisunrecht ausgeübt wird. Zum anderen möchte ich zeigen, dass der Begriff epistemischen Unrechts ein meist fehlender, aber notwendiger Bestandteil einer Analyse jener sozialen Strukturen ist, die als „institutionalisierte Gewalt“ bezeichnet werden müssen. Denn strukturelles „silencing“, „testimonial smothering“ und hermeneutisches Unrecht von bzw. gegen Opfer von Gewalt sind in den meisten Fällen ein essentieller Bestandteil institutionalisierter Gewalt.
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Studien und Berichte von Betroffenen verdeutlichen, dass ein großer Teil der Fälle sexualisierten Kindesmissbrauchs in der Familie stattfindet. Die Familienforschung hat dies bislang zu wenig im Blick. Der Beitrag zeigt deshalb zunächst theoretische Anschlussmöglichkeiten aus der Familien- und Kindheitsforschung auf. Dabei geht es um das Verhältnis von privat und öffentlich sowie um generationen- und geschlechtertheoretische Aspekte. Die vorliegenden empirischen Befunde zur Prävalenz schließen daran an, um schließlich neue Thematisierungsweisen und Forschungsfelder zu skizzieren. Dabei sollen auch Themen aus der Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs aufgegriffen werden. Insgesamt zeigt sich, dass bestehende Erkenntnisse nicht ausreichen, um diese komplexe Problematik zu erklären.
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Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick über Ergebnisse einer Online-Befragung von n=3.908 Personen zum Thema „Catcalling“, die 2021 vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen durchgeführt wurde. Unter Catcalling werden verbale oder andere nicht körperliche Formen der sexuellen Belästigung im öffentlichen Raum verstanden. Die Untersuchung analysiert das Ausmaß, die Formen und ausgewählte soziale Merkmale der Opfer von Catcalling, mögliche Folgen für Betroffene sowie Merkmale von Tätern und Täterinnen. Die Befunde zeigen, dass Catcalling eine weit verbreitete Alltagserfahrung im Leben vor allem junger weiblicher oder diversgeschlechtlicher Personen ist. Viele Betroffene leiden anschließend unter diversen Folgen, wie verstärkte Ängstlichkeit oder allgemeine Verschlechterungen der psychischen Befindlichkeit. Anknüpfend an die empirischen Befunde werden Hinweise auf mögliche Handlungsoptionen gegeben.
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Der vorliegende Beitrag geht der Frage nach, inwiefern sich die Corona-Pandemie auf die Kriminalitätslage und den polizeilichen Umgang damit auswirkt. Hierbei werden zunächst Annahmen und Erklärungen möglicher Entwicklungen aus einer kriminologisch-theoretischen Perspektive erläutert. Anschließend folgt eine Darstellung empirischer Befunde in Bezug auf Kriminalitätsphänomene mit direktem Coronabezug und den Deliktsbereichen Wohnungseinbruchdiebstahl, Häusliche Gewalt sowie Cyberkriminalität. Hierzu werden sowohl offizielle polizeiliche Daten des Hellfelds als auch Ergebnisse aus Dunkelfeldbefragungen herangezogen. Es zeigt sich, dass Kriminalität insgesamt, insbesondere während der sogenannten Lockdown-Maßnahmen, stark gesunken ist. Andererseits entstehen auch Tatbegehungsweisen, welche das Corona-Narrativ nutzen. Deliktsspezifische Betrachtungen ergeben ein differenzierteres Bild, insofern Wohnungseinbrüche rückläufig sind, während Cyberkriminalität zunimmt. Befunde zur Häuslichen Gewalt sind teils widersprüchlich. Der polizeiliche Tätigkeitsbereich hat sich verlagert und in Bezug auf neue Tatbegehungsweisen erweitert.
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Die Psychoanalyse legte – nicht anders als die Gesellschaft – ein destruktives Potenzial in die Lesbe, fasste sie als aggressiv, rachsüchtig, phallisch auf, pathologisierte sie und schloss sie von ihren Institutionen aus. Doch zugleich vernachlässigte, verschleierte, verniedlichte sie Lesben auch – oder schrak sie gar vorm Lärm des lesbischen Begehrens zurück?
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Sexarbeit, Prostitution und Zwangsprostitution sind gesellschaftlich stark tabuisierte Themen. Bei der vorliegenden Studie wurden inhaftierte Mädchen und junge Frauen im Jugendvollzug zu ihren persönlichen Erfahrungen zu den genannten Themenfeldern befragt, die Ergebnisse analysiert und im Kontext von Angeboten der sexuellen Bildung – auch für verschiedene Adressat*innengruppen außerhalb von Haft – diskutiert.
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Background Interpersonal violence is of considerable social relevance and the estimated number of unreported cases is thought to be relevant. A large proportion of cases of violence are not reported to the police. Emergency rooms and doctors in private practice are the first points of contact for the victims. A medicolegal evaluation of the frequency and causes of injuries inflicted by nonaccidental violence in three surgical emergency rooms in Hamburg, Germany is presented.Material and methodsA total of 13,659 emergency records were reviewed. All cases with a documentation of injuries inflicted by violence were included in the study.ResultsA total of 827 patients (6.05%) were identified as having been exposed to violence. About 80% were male, with a preponderance in the age group 21–40 years. Blunt force trauma was predominant (87%), injuries of the cranium and facial bones were diagnosed in the majority of cases. Inpatient hospital treatment was necessary in more than 10% of patients. Perpetrators not previously known to the victims were reported most often.DiscussionThe frequency of violence-related cases varied among hospitals due to the differing social background of the surrounding urban districts. The results point to the dimensions of medical care services for nonaccidental violence-related injuries as well as to the need for patient-centered, cooperative care concepts including medicolegal consultation and documentation.
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Ausgelöst durch die #MeToo-Debatte geht der Artikel der Frage nach, ob sich eine feministische Haltung mit der psychoanalytischen Behandlungspraxis verbinden lässt. Galt früher die Psychoanalyse als patriarchal geprägt, finden sich zunehmend neuere psychoanalytische Theorieansätze, die sich um die Gleichwertigkeit von Heteround Homosexualität und um modifizierte Vorstellungen der Geschlechtsidentität bemühen. Trotz der Hinwendung zum aktuellen Konzept des »Doing Gender« lässt sich gleichzeitig eine Abwendung vom Thema der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern feststellen. In der #MeToo-Debatte wird die Frage der sexualisierten Abhängigkeitsbeziehung erneut aufgeworfen. Damit rückt das Patriarchat als Analysekategorie wieder in den Fokus. Die Patriarchatskritik wurde vor allem in der Zeit von 1970–1990 theoretisch begründet. Durch die von Judith Butler maßgeblich eingeleitete Auffassung, dass die Kategorie Geschlecht nicht auf biologischen, sondern ausschließlich auf kulturellen Grundlagen beruht, haben die differenzfeministisch geprägten psychoanalytischen Entwürfe der 80er und 90er Jahre an Bedeutung verloren. Eine aktuelle zentrale feministische Erkenntnis ist, dass die gesellschaftliche kulturelle Ordnung der »heterosexuellen Matrix« unweigerlich in uns allen festgeschrieben ist. Im Deutungsprozess können deshalb zwar einerseits bekannte androzentristische psychoanalytische Konzepte bewusst vermieden werden, dennoch bleibt der unbewusste Gehalt der Deutung durch die Allgegenwärtigkeit des Patriarchats geprägt. Durch »ungesättigtes analytisches Zuhören« kann versucht werden, diesen Einfluss in Grenzen zu halten.
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This research report is the result of collecting and evaluating data on cases of homicides and attempted homicides in the German sex trade from 1920-2017. The findings show violence against prostituted women and the attitudes of the sex buyers who commit most of the violent acts against the women. The report discusses the media coverage of murder cases, complication of cases, and a critique of methods of criminal evaluation by the police. From 1920 to 2017, 272 victims of murder and attempted murder were identified. Liberalization of prostitution occurred in 2002. From then until 2017, there is a decrease in the number of victims who died, the number of victims of attempted murder dramatically increased. It appears that victims were more likely to survive an attempted murder. Profiles of the victims are included as well as the locations (indoors v outdoors) of the murders. The authors conclude that legalization of prostitution does not eliminate the murders or attempted murders of women in the sex trade in Germany.
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Healthcare facilities are important places for identifying and intervening in cases of violence in couple relationships. Physicians, emergency paramedics/assistants and nursing personnel are among the first at the scene or in rescue centers and sometimes the only people who can provide professional support and arrange further assistance. Recognition of domestic violence as well as a timely and competent intervention in the context of health care can make a significant contribution to preventing the risk of further violence and long-term damage to health, which particularly affects women and children. Professional competence and confidence in action on the part of emergency healthcare professionals are decisive in determining whether prevention and intervention opportunities can be realized.
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Healthcare facilities are important places for identifying and intervening in cases of violence in couple relationships. Physicians, emergency paramedics/assistants and nursing personnel are among the first at the scene or in rescue centers and sometimes the only people who can provide professional support and arrange further assistance. Basic prerequisites for identifying domestic violence include knowledge of the epidemiology, risk factors and above all, the forms of domestic violence. An early recognition can make a significant contribution to preventing the risk of further violence and long-term damage to health, which particularly affects women and children. Professional competence and confidence in action on the part of emergency healthcare professionals are therefore often decisive in determining whether opportunities for prevention and intervention can be implemented.
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Die Corona-Pandemie bietet die einmalige Gelegenheit, kriminologische Themen in einer speziellen Krisensituation zu untersuchen, wenngleich bisherige Umfragen diese weitgehend nicht erhoben haben. Diese Umfragen deuten auf die Abnahme von einem zunächst hohen Angstempfinden und eine hohe Zustimmung gegenüber den Maßnahmen zum Infektionsschutz hin. Das Hinweisen auf Verstöße gegen Abstandsregeln und das härtere Betrafen dieser werden als akzeptabel angesehen. Mittels einer Befragung unter Studierenden soll im Folgenden beantwortet werden, wie die Kriminalitätsfurcht in der Krise zu bewerten ist, inwieweit die neuen Regeln eingehalten werden und welche Sanktionsvorstellungen bzgl. Abweichungen vorliegen. Wie ist die Wahrnehmung der Polizei als zentrale Kontrollinstanz zur Einhaltung der Maßnahmen? Die Ergebnisse zeigen, dass das Niveau der affektiven Kriminalitätsfurcht mit der Beunruhigung bezüglich einer Infektion vergleichbar ist. Bei gleichzeitig hoher Akzeptanz von Maßnahmen zum Infektionsschutz wird gegen bestimmte Maßnahmen häufig verstoßen. Das Sanktionsbedürfnis bzgl. solcher Abweichungen ist als moderat zu bewerten, während die Wahrnehmung der Polizei weiterhin positiv ist.
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