Die überraschende Neuentdeckung intramolekularer Isopeptidbindungen innerhalb Immunglobulin-ähnlicher Domänen von adhäsiven, extrazellulären Proteinen gram-positiver Bakterien hat die Biotechnologie und Synthetische Biologie revolutioniert. Das aus der Spaltung der CnaB2-Domäne des Fibronektinbindeproteins von Streptococcus pyogenes resultierende ,,Superkleber”-System, bestehend aus dem Protein SpyCatcher und seinem spezifischen Peptidpartner SpyTag, ist ein häufig und vielfältig verwendetes molekulares Werkzeug für Biokonjugationen. Die über dieses SpyCatcher-SpyTag System vermittelte post-translationale Kontrolle über Proteine (Verknüpfung und Immobilisierung von Proteinen, Funktionalisierung von Materialien) profitiert dabei von dem kovalenten, irreversiblen, stabilen, spezifischen und robusten Charakter der genetisch kodierten Catcher-Tag Reaktionspartner, die unter Ausbildung einer autokatalytischen Isopeptidbindung sehr effizient miteinander reagieren. Um die Anwendungsmöglichkeiten dieser Technologie vor allem durch Programmierbarkeit und Kontrollierbarkeit zu erweitern und zu verbessern, wurden in dieser Arbeit alternative, neue Catcher-Tag Systeme, basierend auf Isopeptidbindungen, identifiziert, charakterisiert und optimiert. Über strukturbasierte Datenbanksuche innerhalb von Zelloberflächenproteinen gram-positiver Bakterien, die aus Ig-ähnlichen Domänen des CnaB-Typs aufgebaut sind, wurden vier potentielle Split-Domänen Kandidaten für genauere Analysen ausgewählt. Die CnaB-Domänen wurden mittels in silico Analysen in zwei Teile, Catcher-Protein und Tag-Peptid, gespalten und anschließend in vitro bezüglich ihrer Fähigkeit zur Split-Domänen Rekonstitution, unter Ausbildung einer intermolekularen Isopeptidbindung, analysiert. Zwei der vier CnaB-Kandidatendomänen, 4oq1 und 3kptC, konnten in dieser Arbeit mittels Rekonstitutionsexperimenten erfolgreich als neue Split-Isopeptid Systeme identifiziert werden. Das 4oq1Catcher-4oq1Tag System basiert auf der D2-Domäne des basalen Pilins RrgC von Streptococcus pneumoniae, während sich das 3kptCCatcher-3kptCTag System von der CNA3-Domäne des Hauptpilins BcpA von Bacillus cereus ableitet. An die Identifizierung schloss sich die genauere Charakterisierung der neuen Catcher-Tag Systeme an. Nach der Verifizierung der Isopeptid-Triade, der Analyse der Rekonstitutionseffizienz und Orthogonalitätstests der neuen Catcher-Tag Systeme, wurden die optimalen Reaktionsbedingungen (optimales Catcher-Tag Verhältnis, Testen bestimmter chemischer Zusätze, Temperatur- und pH-Optimum) ermittelt. Deutlich wurde, dass die neu identifizierten Catcher-Tag Systeme relativ langsam und ineffizient waren, vor allem im direkten Vergleich mit dem hocheffizienten SpyCatcher-SpyTag System. Unter optimalen Bedingungen konnte die Reaktivität der Systeme bereits deutlich verbessert werden. Um die Effizienz der kovalenten Reaktion zwischen entsprechenden Catcher- und Tag-Reaktionspartnern weiter zu optimieren, wurden verschiedene Strategien des ,,Protein Engineerings” angewendet und die Proteinkomponenten genetisch manipuliert. Zuerst wurden die initialen Produkte der CnaB-Domänenspaltungen überprüft, indem N- und C-terminale Proteinvarianten im Hinblick auf eine verbesserte Rekonstitutionseffizienz getestet wurden. Sowohl essentielle als auch für die Reaktion verzichtbare Aminosäuren konnten dadurch identifiziert werden. Vielfältige rationale Mutagenese-Strategien, vor allem zur Stabilisierung der größeren Catcher-Proteine durch gezielte Aminosäuresubstitutionen, folgten. Einige, wenige Mutationen konnten die kovalente Reaktion zwischen Catcher und Tag verbessern, wohingegen die meisten Mutationen keine Verbesserung oder sogar eine Verschlechterung der Rekonstitutionseffizienz mit sich brachten, was die Komplexität des ,,Protein Engineerings” verdeutlicht. Nach Bestätigung der Funktionalität des SpyCatcher-SpyTag Systems und des 4oq1Catcher-4oq1Tag Systems in planta, wurde eine erste pflanzenbiotechnologische Anwendung (Chloroplasten-Isolierung) dieser kovalenten Catcher-Tag Systeme getestet. Mögliche andere und neue Anwendungen der Catcher-Tag Systeme wurden, basierend auf ersten Vorexperimenten (Herstellung eines weißen Trimers für BioLED-Anwendungen, SpyCatcher- oder SpyTag-funktionalisierte Magnetpartikel), diskutiert. Die in dieser Arbeit erforschten Catcher-Tag Systeme erweitern somit das Repertoire an nützlichen, vielseitig einsetzbaren molekularen Werkzeugen zur irreversiblen, post-translationalen Kontrolle über Proteine und eröffnen neue Anwendungsmöglichkeiten, auch in der Pflanzenbiotechnologie.