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SPEKTRUM
https://doi.org/10.1365/s40702-025-01142-2
HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik
Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung –
Eine Bestandsaufnahme auf Basis von Stellenanzeigen
Frank Bensberg · Gunnar Auth · Julian P. Christ
Eingegangen: 18. September 2024 / Angenommen: 1. Januar 2025
© The Author(s) 2025
Zusammenfassung Das Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung hat sich
in den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt und professionalisiert. Als wesentliche
Entwicklungslinie ist die Adoption von Konzepten des traditionellen, agilen und hy-
briden Projektmanagements aus dem privatwirtschaftlichen Umfeld zu identifizieren.
Maßgebliche Treiber hierfür sind die politischen, ökonomischen und informations-
technischen Rahmenbedingungen, die beispielsweise eine intensivierte Bürgerbetei-
ligung, Transparenz, Nachhaltigkeit, interdisziplinäre Zusammenarbeit sowie Digi-
talisierung einfordern. Im Rahmen dieses Beitrags wird der aktuelle Entwicklungs-
stand des Projektmanagements in Deutschland unter Bezugnahme auf den deutschen
Arbeitsmarkt reflektiert, indem Stellenanzeigen der öffentlichen Verwaltung aus dem
Jahr 2023 großzahlig analysiert werden (n= 62.080). Als Datengrundlage dienen di-
gitale Stellenanzeigen, die automatisiert aus dem zentralen Stellenportal des Bundes
extrahiert wurden. Durch Analyse der Stellenanzeigen werden die unterschiedlichen
Berufsbilder für das Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung transparent
gemacht und deren Laufbahngruppenstruktur ermittelt. Darauf aufbauend wird der
Frage nachgegangen, welche Rolle die bestehenden Standards des Projekt- und IT-
Managements bei der Rekrutierung von Fachkräften für projektbezogene Berufe in
der öffentlichen Verwaltung spielen.
Frank Bensberg
Hochschule Osnabrück, Caprivistraße 30a, 49076 Osnabrück, Deutschland
E-Mail: f.bensberg@hs-osnabrueck.de
Gunnar Auth
Hochschule Meißen, Herbert-Böhme-Str. 11, 01662 Meißen, Deutschland
E-Mail: gunnar.auth@hsf.sachsen.de
Julian P. Christ
Hochschulzentrum Stuttgart, FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige
Gesellschaft mbH, Rotebühlstraße 121, 70178 Stuttgart, Deutschland
E-Mail: julian.christ@fom.de
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F. Bensberg et al.
Schlüsselwörter Projektmanagement · IT-Management · Öffentliche Verwaltung ·
Stellenanzeigenanalyse · Digitale Verwaltung · Standards
Project Management in Public Administration—An Empirical Study
Based on Job Advertisements
Abstract Project management in public administration has evolved and profes-
sionalised in recent decades. The adoption of traditional, agile, and hybrid project
management concepts from the private sector can be identified as a key line of devel-
opment. The main drivers for this are the political, economic, and technological con-
ditions, which demand, for example, intensified citizen participation, transparency,
sustainability, interdisciplinary collaboration, and digitalisation. This article reflects
the current state of development of project management in Germany with reference
to the German labour market by analysing large numbers of public administration
job advertisements from 2023 (n= 62,080). Digital job advertisements, which were
automatically extracted from the federal government’s central job portal, serve as
data basis. By analysing the job advertisements, the different job profiles for project
management in public administration and their career group structure is made trans-
parent. Based on this, the role of existing standards of project and IT management
in the recruitment of specialists for project-related jobs in public administration is
analysed.
Keywords Project management · IT management · Public administration · Job
advertisement analysis · Digital administration · Standards
1 Einleitung
Die digitale Transformation stellt die öffentliche Verwaltung Deutschlands auch nach
jahrelangen Anstrengungen noch immer vor erhebliche Herausforderungen, die auf
unterschiedliche Einflussfaktoren zurückzuführen sind (Meuche 2022). Die Umset-
zung der Verwaltungsdigitalisierung erfolgt dabei nahezu vollständig in Projekten
(Wewer und Bittner 2023), deren Organisation und Durchführung durch einschlägige
Standards bzw. Normen geprägt werden. In modernen Organisationen werden sol-
che Projektmanagementstandards zunehmend als wichtige Gestaltungstechnik an-
gesehen, um divergierende Terminologien und unterschiedliche Auffassungen von
Prozessen und Verfahren zu harmonisieren (Ahlemann et al. 2009).Derzeitgibtes
eine Vielzahl von konkurrierenden Standards für das Projektmanagement (PM), die
von verschiedenen Institutionen herausgegeben werden, etwa von den großen na-
tionalen und internationalen Normungsorganisationen (z.B. ISO, ANSI, DIN), von
entsprechenden PM-Verbänden sowie anderen Organisationen, die sektoren- oder
branchenspezifische Normen fördern (Auth und Jokisch 2023).
Im breiten Spektrum der PM-Standards sind in den letzten Jahren auch vermehrt
Adaptionen entstanden, welche explizit auf die Spezifika der öffentlichen Verwaltung
als traditionell hierarchische Bürokratie (Hagen 2009) ausgerichtet sind. Einer der
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Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung – Eine Bestandsaufnahme auf Basis von...
frühesten Vertreter solcher verwaltungsspezifischer PM-Standards ist das V-Modell
XT. Ursprünglich ab 1986 als Vorgehensmodell für Softwarentwicklung entwickelt,
deckt es heute auch PM-Aspekte ab (Kuhrmann 2019) und ist für Bundesbehör-
den verbindlich vorgegeben (BMI 2024). Seit 2012 existiert ein durch das damalige
Bundesministerium des Inneren herausgegebener (aber später nicht mehr aktuali-
sierter) Leitfaden für PM in der öffentlichen Verwaltung mit Empfehlungscharakter
auf Basis der DIN-Norm 69901 (BMI 2012). Jüngere Entwicklungen gibt es auf ver-
schiedenen Verwaltungsebenen, so z.B. das 2023 veröffentlichte ganzheitliche PM-
System PMflex des Bundesverwaltungsamts (2023), welches wiederum auf der seit
2018 öffentlich verfügbaren PM-Methodologie PM2der Europäischen Kommission
basiert. Diese Standardisierungsvorschläge hielten indes weder deutsche Bundes-
länder noch Kommunen davon ab, auf eigene Bedürfnisse abgestimmte Standards
zu entwickeln, so beispielsweise das Land Sachsen (Sächsische Staatskanzlei 2022)
oder die Stadt Aachen (2021). Im Kontext der öffentlichen Verwaltung werden
zudem auch vermehrt die Eigenschaften agiler und hybrider Ansätze des Projekt-
managements diskutiert (Stucki-Sabeti et al. 2022), mit denen traditionelle Ansätze
ergänzt oder ersetzt werden können, um eine flexiblere Reaktion auf veränderte
Verwaltungsanforderungen zu gestatten (Auth et al. 2024).
Der skizzierte Gegenstandsbereich wirft die Fragestellung auf, welche Bedeu-
tung die bestehenden Standards des Projektmanagements und des damit aufgrund
der Verwaltungsdigitalisierung eng verknüpften IT-Managements für die öffentliche
Verwaltung besitzen. Diese Fragestellung ist von Interesse, da die Verfügbarkeit
einer adäquaten methodischen Grundlage für das Projektmanagement als Einfluss-
faktor für den Projekterfolg anzusehen ist (Gingnell et al. 2014) und Implikatio-
nen für unterschiedliche Gestaltungsfelder der öffentlichen Verwaltung (z. B. Aus-
und Weiterbildung von Projektteams, adäquate Ressourcenbereitstellung) besitzt. Im
Rahmen dieses Beitrags wird daher die Forschungsfrage adressiert, welche Standards
das Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung in Deutschland prägen. Da
solche Standards aus tätigkeitstheoretischer Perspektive als handlungsregulierende
Artefakte individueller Akteure in projektbezogenen Arbeitsprozessen anzusehen
sind (Hacker und Sachse 2014), wird hiermit die zweite Forschungsfrage motiviert,
welche Stellen bzw. Berufe in der öffentlichen Verwaltung im Kontext des Projekt-
managements von Relevanz sind.
Zur Beantwortung dieser beiden Forschungsfragen wird eine explorative, groß-
zahlige Analyse von Stellenanzeigen durchgeführt, der Stellenausschreibungen des
Bundes aus dem Jahr 2023 zugrunde liegen. Zu diesem Zweck wird zunächst der
forschungsmethodische Bezugsrahmen eingeführt, worauf aufbauend die Analyseer-
gebnisse dargestellt werden. Die Ergebnisse werden abschließend interpretiert und
diskutiert, sodass konstruktive Ansatzpunkte für weiterführende Handlungsfelder
identifiziert werden können.
2 Stellenanzeigenanalyse als forschungsmethodischer Rahmen
Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde ein quantitativer Ansatz gewählt,
bei dem zur Datengewinnung über einen Zeitraum von fünf Monaten die Texte von
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F. Bensberg et al.
Tab . 1 Inhaltsbezogene Attribute von Stellenanzeigen am Beispiel
Nr. Beschreibung Exemplarischer Inhalt
1 Stellenbezeichnung IT-Projektleiter:in
2 Beschäftigungs-
verhältnis
Vollzeit oder Teilzeit
3 Dauer des Beschäfti-
gungsverhältnisses
Befristet
4 Beschäftigungsort Berlin
5 Bewerbungsfrist 17.08.2023
6 Laufbahn-/
Entgeltgruppe
Höherer Dienst
7 Stellenbeschreibung im
Langtext mit Aufgaben
und Anforderungen
Tätigkeitsprofil: Projektorganisation entwickeln, (Teil-)Projektgrup-
pen fachlich führen und das Ergebnis verantworten, strukturiertes
Anforderungsmanagement durchführen sowie Fachverantwortliche
bei der Formulierung der Anforderungen beraten, Geschäftsprozes-
se analysieren, optimieren und dokumentieren, Zeit-, Maßnahmen-,
Kosten- und Risikomanagementpläne erstellen, kontrollieren und
fortschreiben, Interne und externe Dienstleister beauftragen, Imple-
mentierung bei laufendem Betrieb begleiten und Schulungskonzep-
te sowie Dokumentationen erstellen
[...]
Online-Stellenausschreibungen der öffentlichen Verwaltung extrahiert und anschlie-
ßend quantitativ analysiert wurden. Mit einem solchen Job Mining wird generell die
Zielsetzung verfolgt, interessante, bislang unbekannte Informationen auf der Ba-
sis von Stellenausschreibungen (Job Postings) zu gewinnen (Bensberg und Buscher
2016). Dieser Ansatz bietet sich für die vorliegenden Forschungsfragen an, da von
Bund, Ländern und auch Kommunen eigene Stellenportale betrieben werden, in de-
nen ausschließlich Stellenanzeigen des öffentlichen Dienstes veröffentlicht werden,
und diese in homogener Form vorliegen. Zur Datenerhebung wurde das zentrale
Stellenportal des Bundes (www.service.bund.de) verwendet, wobei die Rohdaten
mithilfe von Softwarerobotern auf Basis der Softwarelösung UiPath Studio für Ro-
botic Process Automation (Bensberg et al. 2021) extrahiert wurden. Im Zeitraum
von Juli bis November 2023 konnten mit diesem Verfahren 62.080 deutschspra-
chige Stellenanzeigen gesammelt werden. Tab. 1liefert einen Überblick über die
inhaltsbezogenen Attribute einer exemplarischen Stellenanzeige.
Die in den Stellenbeschreibungen enthaltenen Textdaten sind mithilfe linguisti-
scher Verfahren vorverarbeitet worden (z.B. Wortzerlegung, Stammformreduktion,
Deduplikation), sodass diese mithilfe textanalytischer Methoden fachlich-inhaltlich
untersucht werden konnten. Zu diesem Zweck wurde das Text-Analytics-System
IBM Watson Explorer eingesetzt, das unterschiedliche Analysemethoden zur Ver-
fügung stellt. So werden mithilfe von Frequenzanalysen die Häufigkeit des Auftre-
tens bestimmter Wörter in der Textkollektion ermittelt, während Kookkurenzanaly-
sen aufdecken, welche Wörter mit einer gewissen Signifikanz miteinander auftre-
ten. Auch können Texte nach der Abfolge bestimmter Wortarten (z. B. Folgen von
Substantiven) durchsucht werden. Diese Technik besitzt für die Analyse von Stel-
lenanzeigen besondere Bedeutung, da die Fachausdrücke in fachlichen Domänen
üblicherweise durch Nominalphrasen (z.B. Substantivfolgen, Substantiv-Adjektiv-
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Kombinationen) gebildet werden (Bensberg und Buscher 2016). Zur Beantwortung
der eingangs skizzierten Forschungsfragen wurden diese Methoden wie folgt einge-
setzt:
1. In einem ersten Schritt sind die Stellenanzeigen zur Identifikation projektbezoge-
ner Berufe untersucht worden. Zu diesem Zweck sind solche Stellenbezeichnun-
gen (s. Tab. 1, Attribut Nr. 1) gefiltert worden, die den Projektbegriff in Form eines
Substantivkompositums (z. B. Projektmanager, Projektmitarbeiter, Projektcontrol-
ler) enthalten und somit typische Bezeichnungen für projektbezogene Stellenbe-
schreibungen bilden.
2. Anschließend sind die Stellenbeschreibungen der Vakanzen in Bezug auf rele-
vante Standards analysiert worden. Zu diesem Zweck sind mithilfe von regulä-
ren Ausdrücken entsprechende Abfragen formuliert worden, um Fundstellen für
Fachbegriffebzw. Fachbegriffskombinationen in den Stellenanzeigen zu lokalisie-
ren und frequenzanalytisch zu erheben. Beispielsweise wird mithilfe der Abfrage
(description:*PRINCE* OR description:*scrum*) nach sämtlichen Stellenanzei-
gen gesucht, in deren Stellenbeschreibung der Begriff PRINCE bzw. scrum min-
destens einmal auftritt. Die Häufigkeit des Auftretens einzelner Standards in den
Stellenbeschreibungen wird dabei zur Relevanzbewertung zugrunde gelegt.
Die Ergebnisse der skizzierten Stellenanzeigenanalyse sind im Folgenden zu er-
örtern.
3 Projektbezogene Berufe und Projektmanagementstandards in der
öffentlichen Verwaltung
Ausgangspunkt des Erkenntnisinteresses bildet die Fragestellung, welche projektbe-
zogenen Einzelberufe durch die öffentliche Verwaltung mithilfe von Stellenanzeigen
gesucht werden. Zur Beantwortung dieser Fragestellung ist zunächst auf die Klassifi-
kation der Berufe (KldB) zurückgegriffen worden, die eine hierarchische Systematik
für die Berufs- und Arbeitsmarktforschung zur Verfügung stellt (BfA 2021). Auf der
untersten Ebene liefert die KldB konkrete Berufsbenennungen, die auch eine Reihe
projektbezogener Einzelberufe umfassen, die teilweise für unterschiedliche Sektoren
und Branchen (Berufsbereiche) ausdifferenziert werden. So existiert beispielswei-
se die Berufsbezeichnung Projektassistent/in in einer Reihe von unterschiedlichen
Berufsbereichen (z.B. Bau/Gesundheitswesen/Luftfahrttechnik). Diese projektbezo-
genen Berufsbezeichnungen werden mit exemplarischen Berufsbereichen in Tab. 2
dargestellt.
Die Stellenbezeichnungen der gesammelten Stellenanzeigen sind in Bezug auf
die dargestellten Berufsbenennungen gefiltert worden, um deren Häufigkeiten zu
ermitteln. Darüber hinaus wurde auch nach projektbezogenen Stellenbezeichnun-
gen gesucht, die nicht in der KldB vorhanden sind. Auf diese Weise konnten die
Stellenbezeichnungen Projektmitarbeiter/in und Projektsachbearbeiter/in identifi-
ziert werden. Die Häufigkeitsverteilung der untersuchten Stellenanzeigen über die
resultierenden elf Berufsbezeichnungen liefert Abb. 1. Insgesamt liegen 1419 pro-
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Tab . 2 Projektbezogene Berufsbezeichnungen gemäß KldB
Nr. Berufsbezeichnung Exemplarische Berufsbereiche
1 Projektassistent/in Bau, Chemie, Soziales, Gesundheitswesen, Luftfahrt
2 Projektberater/in –
3 Projektcontroller/in –
4 Projekteinkäufer/in –
5 Projektingenieur/in Automatisierungstechnik, Chemie, Elektro
6 Projektkaufmann/frau Bau
7 Projektkoordinator/in IT
8 Projektleiter/in IT, Multimedia, Agrarwirtschaft, Gesundheitswesen
9 Projektmanager/in Mechatronik, Multimedia
jektbezogene Stellenanzeigen vor. Dieses Set an Stellenanzeigen ist in Bezug auf
solche Stellenanzeigen untersucht worden, die einen eindeutigen Digitalisierungsbe-
zug aufweisen. Hierfür wurden solche Stellenanzeigen identifiziert, die einschlägige
Fachbegriffe (z. B. IT, Digitalisierung, EDV, Anwendungssoftware) umfassen. Im
Ergebnis konnte festgestellt werden, dass 44,7% der Vakanzen über Digitalisierungs-
bezug verfügen. Im Zuge dieser Analyse konnte außerdem die Erkenntnis gewonnen
werden, dass 25,0% der Stellenanzeigen Tätigkeiten im Kontext von Bauprojekten
adressieren. Diese Stellenanzeigen wurden anhand einschlägiger Substantive (z. B.
Bau, Gebäude, Immobilie, Liegenschaft, Sanierung) bzw. durch Nennung der spe-
zifischen Ordnungen für Bauleistungen (VOB, HOAI) identifiziert.
Wie aus Abb. 1deutlich wird, liegt der Schwerpunkt der Stellenanzeigen nicht bei
administrativ-operativen Tätigkeiten (z. B. Projektassistenz, Projektsachbearbeitung)
oder betriebswirtschaftlich-funktionalen Tätigkeiten (Projekteinkauf, Projektkauf-
mann/-frau), sondern bei dispositiv-steuernden Tätigkeiten (Projektmanagement,
Projektleitung, Projektkoordination, Projektcontrolling). Dabei ist auffällig, dass
Stellen für Projektcontroller ausgeschrieben sind, die insbesondere im Kontext von
Hoch- und Tiefbauprojekten angesiedelt sind und dort mit Aufgabenstellungen
Abb. 1 Häufigkeitsverteilung projektbezogener Berufe in den Stellenanzeigen (abs. Häufigkeit, abstei-
gend sortiert)
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Abb. 2 Laufbahngruppenstruktur projektbezogener Berufe (prozentualer Anteil, Berufssortierung abstei-
gend nach kum. Anteil gehobenem/höherem Dienst)
der Wirtschaftlichkeitsanalyse, des Berichtswesens und des Risikomanagements
betraut sind. Dieser Sachverhalt lässt sich mit bestehenden Forschungsarbeiten in
Einklang bringen, die bereits seit geraumer Zeit auf signifikante Rationalitätsdefi-
zite der öffentlichen Verwaltung bei der Planung, Organisation und Kontrolle von
Infrastrukturprojekten hinweisen (Flyvbjerg 2009).
Der identifizierte Fokus auf dispositiv-steuernde Tätigkeiten ist mit der Fragestel-
lung verbunden, welchen Entgelt- bzw. Laufbahngruppen die entsprechenden Berufe
zugeordnet sind, zumal in dieser Tätigkeitsdomäne von einer intensiven Konkur-
renzbeziehung mit privatwirtschaftlichen Arbeitgebern ausgegangen werden kann.
Diese Fragestellung wird von Abb. 2beantwortet, die die Laufbahngruppenstruktur
der projektbezogenen Berufe visualisiert. Die Auswertung erfolgt auf Grundlage
der in den Stellenanzeigen gegebenen Laufbahn-/Entgeltgruppe (s. Tab. 1, Attribut
Nr. 6) und differenziert zwischen einfachem Dienst (eD), mittlerem Dienst (mD),
gehobenem Dienst (gD) sowie höherem Dienst (hD). Die Sortierung der Projektbe-
rufe erfolgt dabei absteigend nach dem kumulierten, prozentualen Anteil der beiden
höchstwertigen Laufbahngruppen (gD/hD).
Aus der Darstellung wird deutlich, dass der Anteil des gehobenen/höheren Diens-
tes in nahezu sämtlichen Projektberufen dominiert, lediglich im Bereich der Projekt-
assistenz überwiegen die Entgeltgruppen des einfachen/mittleren Dienstes. Interes-
santerweise lässt sich der größte Anteil des höheren Dienstes nicht bei der Projekt-
leitung feststellen, sondern vielmehr bei Projektkoordination und Projektmitarbeit.
Maßgeblich hierfür ist, dass Projektkoordinatoren und Projektmitarbeiter des hö-
heren Dienstes überwiegend von Hochschulen und Universitäten rekrutiert werden,
wobei aufgrund der notwendigen Bildungsabschlüsse eine entsprechende Eingrup-
pierung erfolgt. In diesem Zusammenhang ist auch belegbar, dass ein deutlicher
Anteil der Projektstellen befristet ausgeschrieben wird (s. Tab. 1, Attribut Nr. 3).
So sind ca. 38,9% der Stellen befristet, während 49,8% als unbefristete Vakanzen
ausgeschrieben werden. Bei 11,3% der Ausschreibungen fehlt dieses Attribut.
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Aufbauend auf der Identifikation der projektbezogenen Berufe ist nun die Fra-
gestellung zu beantworten, welche Bedeutung etablierte Standards in diesem Tä-
tigkeitskontext besitzen. Zu diesem Zweck wird ein deduktiver, inhaltsanalytischer
Ansatz zugrunde gelegt. Ein solcher Ansatz zeichnet sich dadurch aus, dass bereits
bestehende Konzepte oder Theorien als Grundlage verwendet werden, um die em-
pirischen Daten zu analysieren und zu interpretieren (Mayring 2022). Zu diesem
Zweck wird hier auf eine bereits bestehende Taxonomie von Standards und Nor-
men aus dem Umfeld des Projektmanagements zurückgegriffen (Auth 2021). Dieser
zufolge sind vier unterschiedliche Klassen von Standards zu differenzieren, die als
Hauptkategorien für die Inhaltsanalyse zugrunde gelegt werden:
Von grundlegender Bedeutung sind generische Standards für das Management
von Projekten und Organisationen, die nicht auf die Gestaltung oder Nutzung di-
gitaler Technologien fokussieren. Hierzu gehören die etablierten Projektmanage-
mentstandards (z.B. PMBoK, PRINCE2), aber auch Standards für das Wissens-,
Innovations- und Risikomanagement (z.B. ISO 30401, ISO 6002, ISO 31000).
Darüber hinaus existieren traditionelle IT-Standards, die sich bereits vor dem Auf-
kommen der Digitalisierung bzw. digitalen Transformation verbreitet haben. Diese
fokussieren die Steigerung des IT-Leistungsbeitrags anhand traditioneller Kriteri-
en wie Effizienz und Effektivität. Von besonderer Bedeutung in diesem Kontext
ist die IT Infrastructure Library (ITIL), die seit den 90er-Jahren weite Akzeptanz
in Unternehmen gefunden hat und insbesondere für die Organisation von IT-Pro-
zessen in Unternehmen Referenzcharakter besitzt.
Eine dritte Kategorie wird durch Standards und Frameworks gebildet, die sich
entweder explizit auf die digitale Transformation beziehen (z. B. VeriSM) oder
sich mit Konzepten befassen, die häufig im Kontext der digitalen Transformation
genannt werden, wie etwa agile Ansätze (z. B. Scrum) oder Ansätze des Lean
Management (z.B. FitSM). Diese werden im Folgenden unter dem Begriff der
transformativen Standards subsumiert.
Schließlich umfassen emergierende Standards solche Ansätze, die im Zusammen-
hang mit der digitalen Transformation populär geworden sind, ohne bislang formal
standardisiert zu sein. Beispiele hierfür sind das Kanban-Konzept, Design Thin-
king oder der Business Model Canvas.
Die projektbezogenen Stellenanzeigen sind in Bezug auf die Bezeichnungen der
Standards für diese vier Hauptkategorien durchsucht worden, sodass zunächst eine
Frequenzanalyse der Standards möglich ist. Abb. 3zeigt die Anzahl der projektbe-
zogenen Stellenanzeigen, in denen die entsprechenden Standards mindestens einmal
genannt worden sind, in Form von vier Balkendiagrammen (a-d).
Wie die Balkendiagramme verdeutlichen, werden nur wenige der verzeichneten
Standards in den Stellenanzeigen genannt, wobei auch die Nennungshäufigkeiten
sehr gering ausgeprägt sind. Aufbauend aufdiesen Ergebnissen können für die unter-
schiedlichen Klassen von Standards differenzierte Erkenntnisse gewonnen werden.
So werden im Bereich der generischen Standards (Abb. 3a) die etablierten Pro-
jektmanagementstandards nachgefragt. Die Frequenzanalyse verdeutlicht, dass den
Standards des DIN, der IPMA (ICB), des PMI (PMBoK), sowie insbesondere auch
PRINCE2 eine gewisse Bedeutung zukommt. Bei der Nachfrage nach den IPMA-
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Abb. 3 Frequenzanalyse von Standards in den Stellenbeschreibungen projektbezogener Berufe (abs.
Häufigkeit)
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Standards besteht vermutlich ein Zusammenhang mit der deutschen Gesellschaft für
Projektmanagement (GPM), die als deutsche Mitgliedsgesellschaft der IPMA de-
ren Standards auf Deutsch übersetzt und propagiert. Angesichts des Volumens der
projektbezogenen Stellenanzeigen (n= 1419) ist deren Relevanz allerdings überaus
überschaubar. Zur Erklärung der geringen Nachfrage nach diesen älteren Standards
kann vermutet werden, dass einerseits die Bedeutung in der Praxis der öffentlichen
Verwaltung nicht als gegeben angesehen wird bzw. eine zu starke Abhängigkeit
von exogenen Standards aus dem privatwirtschaftlichen Umfeld explizit vermieden
werden soll, oder aber potenzielle Bewerber durch ein Signalisieren von „harten“
Kompetenzanforderungen nicht abgeschreckt werden sollen.
Bei den traditionellen Standards (Abb. 3b) lassen sich etablierte Ansätze des IT-
Servicemanagements identifizieren. Neben der ITIL finden sich Stellenanzeigen, die
das COBIT-Framework (Control Objectives for Information and Related Technolo-
gies) sowie ISO 20000 nennen. Die entsprechenden Stellenanzeigen beziehen sich
dabei vorwiegend auf Vakanzen für IT-Projektmanager und führen bisweilen auch
Standards zur Informationssicherheit (z.B. ISO 2700x, BSI-Grundschutz) auf. Diese
Standards besitzen zwar eine große Bedeutung, um die Kontinuität von Verwaltungs-
dienstleistungen auf hohem Niveau zu sichern und bestehende Digitalisierungsinfra-
strukturen gegenüber Cyberangriffen wirksam zu schützen, finden aber insgesamt
nur geringe Resonanz in den untersuchten Stellenanzeigen. Gleiches gilt auch für
das V-Modell, das als deutsches Referenzmodell für Systementwicklungsprojekte
normativen Charakter besitzt (Alpar et al. 2023).
Die transformativen Standards (Abb. 3c) werden in den Stellenanzeigen insbe-
sondere in Form der agilen Entwicklung mithilfe von Scrum artikuliert, welches
insbesondere für Stellen der Projektleitung bzw. des Projektmanagements im Kon-
text von IT- bzw. Digitalisierungsprojekten von Bedeutung ist. Im Mittelpunkt stehen
dabei Tätigkeitsfelder zur Anforderungsanalyse für Softwarelösungen unter Berück-
sichtigung interner und externer Stakeholder. Dabei können in den Stellenanzeigen
auch die typischen Rollen agiler Projekte identifiziert werden, zu denen der Product
Owner, der Scrum Master und der Agile Coach zu zählen sind (Klunder et al. 2019).
Hervorzuheben ist, dass Scrum in den Stellenanzeigen einerseits als Alternative zu
den generischen Projektmanagementstandards (PRINCE2, PMBoK) positioniert, an-
dererseits aber auch als agiles Vorgehensmodell angesehen wird, das alternativ zu
bereits etablierten Vorgehensmodellen (z. B. Wasserfallmodell, V-Modell) eingesetzt
werden kann. Eine Konkretisierung agiler Standards findet in den Stellenanzeigen
nur in geringem Umfang statt; so wird das Scaled Agile Framework (SAFe) in zwei
Stellenanzeigen abgerufen, während PRINCE2 Agile in einer Stellenanzeige auf-
tritt. Schließlich findet auch das IT-Servicemanagement-Framework FitSM in zwei
projektbezogenen Stellenanzeigen Erwähnung, wobei es als Alternative zu ITIL po-
sitioniert wird.
Bei den emergierenden Standards (Abb. 3d) ist auffällig, dass DevOps als Kon-
zept zur Integration von Softwareentwicklung und IT-Betrieb (Bensberg und Bu-
scher 2017) nur eine sehr geringe Relevanz zukommt. Dies deutet darauf hin, dass
Aufgabenfelder des IT-Betriebs in den Projektstellen nur in geringem Ausmaß the-
matisiert werden. Deutlich höhere Relevanz besitzen indes innovationsorientierte
Ansätze wie das Design Thinking, welches etwa im Kontext der Gründungsberatung
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Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung – Eine Bestandsaufnahme auf Basis von...
(Startup-Unternehmen) oder aber von Smart City-Projekten gefragt ist. Schließlich
erfahren Ansätze des Lean Managements in Form von Kanban eine facettenreiche
Bedeutung – so wird Kanban in den projektbezogenen Stellenanzeigen als agiles
Vorgehensmodell, als Projektmanagementmethode und auch als moderne Arbeits-
form (z. B. mithilfe von Kanban-Boards) betrachtet.
Die vorgestellten Ergebnisse sind nun auf konzeptioneller Ebene zu reflektieren
und in den Gesamtzusammenhang einzuordnen, sodass Ansatzpunkte für weiterfüh-
rende Handlungsfelder identifiziert werden können.
4 Diskussion und Ausblick
Mithilfe der Stellenanzeigenanalyse konnte ein Set von elf projektbezogenen Beru-
fen identifiziert werden, die für die öffentliche Verwaltung im Erfassungszeitraum
der Stellenanzeigen von Bedeutung sind. Dabei konnte gezeigt werden, dass die be-
stehende KldB-Systematik nicht vollständig ist, und die Berufe Projektmitarbeiter/in
und Projektsachbearbeiter/in ergänzend hinzukommen. Aus dem resultierenden Set
an Projektberufen werden insbesondere dispositiv-steuernde Berufsbilder (Projekt-
management, Projektleitung, Projektkoordination, Projektcontrolling) nachgefragt:
Insgesamt 67,9 % der projektbezogenen Stellenanzeigen referenzieren eines dieser
vier Berufsbilder. Auch konnte gezeigt werden, dass projektbezogene Stellenan-
zeigen für potenzielle Bewerber durchaus attraktiv sind: So zeigt die Analyse der
Laufbahngruppen, dass eine Eingruppierung in den gehobenen bzw. höheren Dienst
für nahezu sämtliche Projektberufe deutlich überwiegt. Dieser Sachverhalt kann bei-
spielsweise durch das Personalmarketing der öffentlichen Verwaltung kommunikativ
genutzt werden, um entsprechende Arbeitskräfte am externen Arbeitsmarkt gezielt
anzusprechen.
Im Hinblick auf die am Arbeitsmarkt signalisierten Standards des Projekt- und IT-
Managements ist festzustellen, dass diese in den Stellenanzeigen insgesamt nur sehr
verhalten artikuliert werden. Die Einflussfaktoren hierfür können mithilfe der unter-
suchten Datengrundlage nicht transparent gemacht werden, und erfordern daher Un-
tersuchungen mit einem alternativen, empirischen Zugang zum Gegenstandsbereich.
Hierfür erscheinen weiterführende Forschungsdesigns auf Basis von Expertenbefra-
gungen oder Forschungsfallstudien adäquat, die eine Datentriangulation gestatten.
An dieser Stelle kann daher lediglich spekulativ vermutet werden, dass Pfadabhän-
gigkeiten durch Aufbau spezifischer Investitionen in Standards aus dem privatwirt-
schaftlichen Umfeld und die damit einhergehenden Transaktionskosten – etwa in
Form von Wechselkosten – generell vermieden werden sollen. Diese strategische
Positionierung gewinnt vor dem Hintergrund, dass mittlerweile ein neuerer, domä-
nenspezifischer Projektmanagementstandard PMflex (Bundesverwaltungsamt 2023)
zur Verfügung steht, der ein umfassendes Projektmanagementsystem zur Verfügung
stellt, an Plausibilität. Dieser relativ neue Standard wird zwar in keiner der im Jahr
2023 gesammelten Stellenanzeigen erwähnt, sollte aber in künftigen Stellenanzei-
genanalysen grundsätzlich inkludiert und dediziert untersucht werden, um Aussagen
über dessen weitere Diffusion fundieren zu können. Da PMflex auch eine agile Me-
thodik zur Verfügung stellt (PMflex agil), die andere agile Methoden wie Scrum oder
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SAFe integriert, ist ein künftiger Bedeutungszuwachs in Stellenausschreibungen des
öffentlichen Sektors tendenziell zu erwarten. Hieraus geht auch ein potenzielles
Handlungsfeld für externe IT-Dienstleister hervor, die Aufträge zur Entwicklung
und zum Betrieb von IT-Services für öffentliche Institutionen übernehmen und vor
der Herausforderung der organisatorischen Integration mit dem Auftraggeber bzw.
Product Owner stehen.
Ein weiterer Grund für die lediglich geringe Relevanz von Standards in der empi-
rischen Basis geht aus den Arbeitsmarktbedingungen hervor, unter denen die Rekru-
tierung von Fachkräften für die Projektberufe im öffentlichen Dienst derzeit stattfin-
det. Angesichts der auch in Unternehmen vielfach bestehenden Digitalisierungslücke
sind qualifizierte Mitarbeiter zum Management von Digitalisierungsprojekten inten-
siv gesucht. So zählt die Bundesagentur für Arbeit die Berufe der Softwareentwick-
lung für die Anforderungsniveaus Spezialist und Experte zu den Engpassberufen
(BfA 2024). Da angesichts des demographischen Wandels mit weiterhin stagnieren-
den bzw. abnehmenden Bewerberzahlen zu rechnen ist, kann ein Verzicht auf die
Signalisierung „harter“ und zertifizierbarer Kompetenzanforderungen in den Stel-
lenbeschreibungen potenziell einen Beitrag leisten, den zukünftigen Bewerberpool
nicht über das notwendige Maß zu reduzieren.
Aus einem positiven Blickwinkel heraus zeigt die durchgeführte Analyse aller-
dings auch, dass die im Unternehmensumfeld populären Standards des Projektma-
nagements und des IT-Managements den Übergang in die öffentliche Verwaltung
zumindest fallweise vollzogen haben. So konnte anhand der Stellenanzeigen sub-
stantiiert werden, dass nicht nur gängige Projektmanagementstandards (DIN, ICB,
PMBoK, PRINCE2, Scrum) referenziert werden, sondern auch die in privatwirt-
schaftlichen IT-Organisationen weit verbreitete ITIL und auch innovationsorientier-
te Konzepte wie Design Thinking Verwendung finden. Aus diffusionstheoretischer
Perspektive kann dies als Signal für die erfolgreiche Adoption dieser Konzepte
durch Innovatoren in der öffentlichen Verwaltung gesehen werden, aus der Impul-
se für weiteres Imitationsverhalten – z. B. in Form intra- oder interorganisationaler
Ausbreitung im öffentlichen Sektor – hervorgehen können. Dieser Erkenntnisbeitrag
kann auch durch solche Akteure aufgenommen werden, die sich auf die Aus- und
Weiterbildung von Beschäftigten des öffentlichen Sektors fokussieren. Insbesondere
Bildungsangebote im Umfeld der Verwaltungsdigitalisierung können dahingehend
überprüft werden, ob sie den Kanon der relevanten Standards hinreichend abdecken.
Weiterhin ist hervorzuheben, dass Standards der IT-Sicherheit (z. B. ISO 2700x)
in den projektbezogenen Stellenanzeigen kaum eine Rolle spielen. Allerdings wurde
in einer rezenten Studie, die sich mit den Veränderungen digitaler Kompetenzanfor-
derungen in Stellenanzeigen der öffentlichen Verwaltung in Folge der COVID-19-
Pandemie beschäftigt hat, ein deutlicher Bedeutungszuwachs des Themenfelds der
IT-Sicherheit identifiziert (Auth et al. 2024). Um die Kontinuität von Verwaltungs-
dienstleistungen auf hohem Niveau zu sichern, sind bestehende Digitalisierungsin-
frastrukturen gegenüber Cyberangriffen mithilfe von Techniken des IT-Sicherheits-
managements wirksam zu schützen. Vor dem Hintergrund der schwierigen geopo-
litischen Entwicklungen in den letzten Jahren bleibt daher kritisch zu reflektieren,
ob eine stärkere Nuancierung solcher Kompetenzbereiche auf der Ebene dispositiv-
steuernder Projektberufe nicht geboten erscheint.
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Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung – Eine Bestandsaufnahme auf Basis von...
Schließlich ist anzumerken, dass die hier vorgelegte Stellenanzeigenanalyse eine
Reihe von Restriktionen aufweist. So ist im Zuge der Analyse zwar ein großzahliger
Datenbestand untersucht worden, allerdings wurde dieser über fünf Monate in der
zweiten Jahreshälfte 2023 gesammelt, sodass saisonale Effekte oder längerfristige
Entwicklungen potenziell unentdeckt bleiben. Außerdem sind ausschließlich Stel-
lenanzeigen aus dem zentralen Stellenportal des Bundes (www.service.bund.de)ge-
sammelt worden. Dieses umfasst zwar Stellenanzeigen für sämtliche Bundesländer,
allerdings ist die Vollständigkeit bzw. Repräsentativität der empirischen Basis trotz
der hohen Anzahl an Anzeigen nicht gesichert. Hinzu tritt die Einschränkung, dass
die bei der Analyse zugrunde gelegte Taxonomie von Standards und Normen aus
dem Umfeld des Projektmanagements (s. Abb. 3) zwar den State of the Art bildet,
aus längerfristiger Perspektive jedoch als „Moving Target“ zu sehen ist. Aufgrund
der zunehmenden Diffusion von KI-Lösungen ist beispielsweise mit der Evolution
neuer Standards zu rechnen, welche die existierenden Standards für „klassische“ IT-
Systeme ergänzen werden.
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