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Zivilgesellschaft als Treiber der Mobilitätswende: Kiezblocks als Beispiel für Stadtgestaltung von unten

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Abstract

Zusammenfassung Trotz eines übergeordneten gesellschaftlichen Konsenses mit Blick auf eine Mobilitätswende in Deutschland erhält die historisch geprägte korporatistische Politikkonstellation den Automobil-orientierten Status quo aufrecht. Unabhängig davon bleibt als Treiber fast nur die Zivilgesellschaft. Ihre Initiativen führen zu Beschlüssen auf kommunaler Ebene oder zu Gesetzen auf Länderebene, die eine Transformation der Verkehrsinfrastruktur verlangen. Diese werden nicht konsequent umgesetzt, was zu einer Kluft zwischen Ankündigungen und Erwartungen einerseits und Handlungen andererseits führt. Zivilgesellschaftliche Akteure fordern nichtsdestotrotz die Mobilitätswende ein. Im Berliner Beispiel der „Kiezblocks“ verfolgen sie zweigleisig eine politische und mediale Agenda-Setting-Strategie, um eine Mobilitätswende zumindest lokal herbeizuführen, mit Strahlkraft über Berlin hinaus.
Zivilgesellschaft als Treiber der
Mobilita
¨tswende: Kiezblocks als Beispiel fu
¨r
Stadtgestaltung von unten
Dirk von Schneidemesser und Nicolina Kirby
Zusammenfassung
Trotz eines übergeordneten gesellschaftlichen Konsenses mit Blick auf eine
Mobilitätswende in Deutschland erhält die historisch geprägte korporatistische
Politikkonstellation den Automobil-orientierten Status quo aufrecht. Unabhängig
davon bleibt als Treiber fast nur die Zivilgesellschaft. Ihre Initiativen führen zu
Beschlüssen auf kommunaler Ebene oder zu Gesetzen auf Länderebene, die eine
Transformation der Verkehrsinfrastruktur verlangen. Diese werden nicht kon-
sequent umgesetzt, was zu einer Kluft zwischen Ankündigungen und Erwartun-
gen einerseits und Handlungen andererseits führt. Zivilgesellschaftliche Akteure
fordern nichtsdestotrotz die Mobilitätswende ein. Im Berliner Beispiel der Kiez-
blocksverfolgen sie zweigleisig eine politische und mediale Agenda-Setting-
Strategie, um eine Mobilitätswende zumindest lokal herbeizuführen, mit Strahl-
kraft über Berlin hinaus.
Schlu
¨sselwo
¨rter
Mobilitätswende · Superblocks · Zivilgesellschaft · Urbane Transformationen ·
Beteiligung
1 Einfu
¨hrung
Bürgerinnen und Bürger wollen nicht nur alle vier Jahre zu Wahlen gefragt werden,
sondern sie wünschen sich eben auch mehr Instrumente, um mitreden zu können,
sagte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas im September 2022 (Detjen 2022). Bas
nannte verschiedene Instrumente, die hierbei zum Einsatz kommen können, und
sprach von einer bestehenden Kluft zwischen Politik und Bürgerschaft. Um diese zu
D. von Schneidemesser (*) · N. Kirby
Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS), Helmholtz-Zentrum Potsdam, Potsdam, Deutschland
E-Mail: dvs@rifs-potsdam.de;nki@rifs-potsdam.de
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en) 2024
W. Canzler et al. (Hrsg.), Handbuch Mobilität und Gesellschaft,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-37804-2_28-1
1
überwinden, schlug sie traditionelle Bürger:innengespräche und Diskussionsformate
sowie gewagtere Formate wie Bürger:innenräte vor. Was aber die Vorschläge und
Beispiele, die von der Bundestagspräsidentin genannt wurden, gemeinsam haben:
sie gibt es erst dann, wenn sich Entscheidungsträger:innen dazu entschließen sie
einzuberufen. Somit bestimmen die Entscheidungsträger:innen Raum und Grenzen
der Teilhabe. Sie benennen das Thema, bestimmen den Umfang und die möglichen
Spielräume: woran wird beteiligt, in welchem Format und wie viel Mitgestaltungs-
macht bekommen die Bürger:innen tatsächlich? Diese Art der Bürger:innenbetei-
ligung beruht darauf, dass Entscheidungsträger:innen die Bürger:innen einladen, sie
werden daher als invited spaces für Beteiligung verstanden.
Während die Bundestagspräsidentin sprach, waren in Berlin wenige Kilometer
entfernt mehrere Bürger:innen dabei, sich selbst in politische Entscheidungs- und
Gestaltungsprozesse einzubringen. Sie warteten nicht darauf, dass sie beteiligt
werden. Sie sammelten gerade auf einer temporär geöffneten Straße Unterschriften,
um einen Einwohner:innenantrag für einen Kiezblock in ihrem kommunalen Par-
lament einzureichen. Dabei bestimmten sie das Thema und auch ihre Handlungs-
optionen selbst, indem sie sich eines Formates bedienten, mit dem sie ihre Themen
auf die politische Agenda setzen konnten. Sie identizierten dabei auch die Spiel-
räume, indem sie die zu ergreifenden Maßnahmen denierten. Diese Art der Bürger:
innenbeteiligung muss aktiv von Bürger:innen geschaffen werden. Daher reden wir
in diesem Fall von claimed spaces für Beteiligung.
Was sind Kiezblocks? Es handelt sich um Quartiere, in denen die Durchfahrt des
Auto- und Lkw-Verkehrs unterbunden ist. Der Begriff Kiezblockwurde 2019 als
Neologismus geschaffen und stammt aus der Feder der zivilgesellschaftlichen Or-
ganisation Changing Cities (Changing Cities e. V. 2021b). 2021 wurden Kiezblocks
ausdrücklich als Ziel im Berliner Koalitionsvertrag (SPD et al. 2021, S. 61) ver-
ankert. Der Weg hin zur Bewegung für Kiezblocks als Mittel für eine Transformation
in der Stadt- bzw. Verkehrsgestaltung ist allerdings älter.
Der Begriff des Kiezblocks beruft sich auf das Konzept der Superblocks in
Barcelona und kombiniert ihn mit dem Berliner Ausdruck Kiez, einem Synonym
für Nachbarschaft, Quartier oder Viertel. Auf diese Weise erhält das Konzept
Lokalkolorit. Das stadtplanerische Konzept Superblocksist spätestens seit der
tatsächlichen Umsetzung in Barcelona 2017 international bekannt (Zografos et al.
2020). Dieses Konzept sieht vor, dass neun Häuserblocks auf Barcelonas schach-
brettähnlichem Straßenraster zusammengeführt werden. Dafür werden die Straßen
innerhalb der 3 3-Häuserblocks weitgehend für eine Vielzahl von Aktivitäten
jenseits des motorisierten Verkehrs geöffnet. Der Motorverkehr wird statt durch den
Superblock selbst um diesen herum geleitet (difu 2022). Ein ähnliches, aber weniger
umfassendes Konzept sind die Low Trafc Neighbourhoods(LTNs) in Groß-
britannien, die erstmals 2016 umgesetzt wurden (Aldred und Goodman 2020). Bei
den LTNs handelt es sich um Stadtviertel, in denen der motorisierte Durchgangs-
verkehr unterbunden ist. Zum Einsatz kommen hierfür am häugsten Modallter,
die im Wortsinn die größeren Verkehrsteilnehmer die KFZ herausltern, während
sie für die kleineren Radfahrende und zu Fuß Gehende durchlässig bleiben (siehe
Abb. 1). In den Niederlanden gibt es schon lange kiezblockähnliche Konzepte.
2 D. von Schneidemesser und N. Kirby
Bekannt ist der Verkehrsplan von Groningen, der bereits in den 1970er-Jahren
Fahrten durch die die Innenstadt für den Autoverkehr unmöglich gemacht hat (van
der Zee 2015).
Was das Kiezblock-Konzept mit all diesen anderen Planungsideen gemeinsam
hat, ist auch der kleinste gemeinsame Nenner unter den Kiezblocks selbst: der
private motorisierte Durchgangsverkehr wird unterbunden. Die einzelnen Maßnah-
men, die Kiezblocks ausmachen (offene Straßen wie Fußgängerzonen oder verkehrs-
beruhigte Bereiche, Modallter und Diagonallter, die den motorisierten Verkehr an
einer Kreuzung nur in eine Richtung führen bzw. abbiegen lassen), sind in Deutsch-
land bereits seit längerer Zeit zu nden. Eine Broschüre des damals CDU-geführten
Bundesbauministeriums aus dem Jahr 1986 hätte fast von den Kiezblocks-Initiativen
von heute übernommen werden können (BM Bau 1986). Allerdings zielte diese
Vision nicht darauf ab, systematisch den motorisierten Durchgangsverkehr zu un-
terbinden was bei den Kiezblocks jedoch zentral ist.
Wichtige Unterschiede zwischen früheren Versuchen, den motorisierten Indivi-
dualverkehr in deutschen Städten zu bändigen, und den Kiezblocks-Initiativen sind,
dass mit Kiezblocks (sowie auch Superblocks und Low-Trafc-Neighbourhoods) die
Gesamtmenge des Motorverkehrs sinken soll das Autofahren soll explizit unat-
traktiver werden. Denn eine umgestaltete Straße macht noch längst keinen Kiezblock
und erst recht keine Verkehrswende(Bauer und Stein 2022). Das Versprechen von
Kiezblocks ist:weniger Autoverkehr, mehr Sicherheit imStraßenverkehr, vielfältigere
Nutzungen von urbanem Raum, bessere Bedingungen für Lieferverkehr, Kranken-
transporte, Noteinsatzfahrzeuge sowie von Fahrzeugen der Ent- und Versorgung,
attraktivere und efzientere Fuß- und Radwege, mehr Platz für den öffentlichen
Nahverkehr, ein stärkeres lokales Gewerbe sowie insgesamt mehr Nachhaltigkeit,
Resilienz und Klimaschutz (Changing Cities e. V. 2021b). Erfahrungen aus Berlin
sowie anderen europäischen Städten zeigen, dass diese Projekte durchaus umstritten
sind, da sie mit Veränderungen direkt im Alltag der rger:innen verbunden sind
(Zografos et al. 2020). Die Erfahrung aber zeigt, dass die Befürchtungen, bspw. einer
Abb. 1 Modallter. (Fotos: Dirk von Schneidemesser)
Zivilgesellschaft als Treiber der Mobilita
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Verkehrsverlagerung in benachbarte Areale oder dass die Maßnahmen nicht wirken,
eher unbegründet sind (von Schneidemesser 2023).
2 Verwurzelung der Autoorientierung
Warum aber fällt die Rolle des Treibers der Mobilitätswende im deutschen Kontext
zivilgesellschaftlichen Akteuren zu? Um diese Frage zu beantworten werfen wir
einen Blick auf das Feld der deutschen Verkehrspolitik, in dem sowohl politische als
auch wirtschaftliche und zivilgesellschaftliche Akteure ihre Interessen vertreten.
Politische Entscheidungsträger:innen treffen dann basierend auf einem Interessens-
ausgleich Entscheidungen, die an die Verwaltung und Exekutive zur Umsetzung
weitergeleitet werden.
Eine historisch geprägte korporatistische Konstellation in der Verkehrspolitik
erhält den Automobil-orientierten Status-quo aufrecht (Herberg et al. 2020). Ver-
treter:innen sowohl von Gewerkschaften als auch von Unternehmen, die mit der
Autoindustrie im weitesten Sinne zusammen hängen, darunter viele der wirtschaft-
lichen Schwergewichte in Deutschland, setzen sich für die Fortführung der Domi-
nanz des Autos im Verkehr ein (Sternkopf und Nowack 2016). Anders ausgedrückt:
Dem Lobbying dient dieses ökonomisch mächtige Verkehrssystem je nach Per-
spektive entweder als überzeugender Begründungszusammenhang für politische
Unterstützung, oder es wirkt als machtvolles Bollwerk gegen die Durchsetzung
sozialer und ökologischer Interessen im Sinne einer nachhaltigen Verkehrsentwick-
lung(Schwedes 2022, S. 15).
So sind die wesentlichen Akteursgruppen, die die Entscheidungen in der Ver-
kehrspolitik maßgeblich beeinussen, stark an die Autonorm gebunden. Das gilt
nicht für die Zivilgesellschaft, die daher als Treiber der Mobilitätswende fungieren
kann. Ein Beispiele hierfür ist die Verabschiedung von Deutschlands erstem Mobi-
litätsgesetz durch die Zivilgesellschaft angestoßen im Bundesland Berlin (Becker
et al. 2021; von Schneidemesser et al. 2020).
2.1 Die Kluft zwischen Erwartungen, Anku
¨ndigungen und
Handeln
Verkehrspolitische Veränderungen, die der Auto-Orientierung zuwiderlaufen, stellen
eine große Herausforderung dar. Eingeübte technokratische Expert:innenkreise tref-
fen grundlegende Richtungsentscheidungen und legen spezische Regelungen über
Baunormen und Standards fest. Für diejenigen, die nicht zu der verkehrspolitischen
korporatistischen Konstellation gehören, gibt es beträchtliche Hürden, sich an diesen
Entscheidungsprozessen zu beteiligen (Martens 2017; Schwedes 2011). Auch wenn
es einen breiten gesellschaftlichen Konsens darüber gibt, dass es einen grundsätzlich
anderen Ansatz in der Verkehrs- und Mobilitätsplanung und -politik braucht, kann
von einer Verkehrswende bisher keine Rede sein (Rammert und Schwedes 2023;
Schwedes 2021).
4 D. von Schneidemesser und N. Kirby
Den Dissens zwischen Ankündigungen und Erwartungen auf der einen Seite und
Umsetzung auf der andern kann man als responsivity Gap (von Schneidemesser et al.
2020) in der Verkehrspolitik bezeichnen. Es zeugt von einem deutlichen Missstand:
der Kluft zwischen Erwartungen und gesellschaftlichem Konsens einerseits und dem
Ausbleiben von Maßnahmen für eine geänderte Stadt- bzw. Verkehrsgestaltung
andererseits. Es besteht eine Kluft zwischen den Erwartungen der Regierten und
den Maßnahmen der Regierenden (Rosanvallon 2018; von Schneidemesser et al.
2020). Eine repräsentative Umfrage ergab, dass 89 % der Bürger:innen der Meinung
sind, dass sich die Verkehrspolitik an den Interessen der Wirtschaft orientiere und
nur 21 % meinen, sie orientiere sich auch an den Interessen der Bürger:innen (BMU
2019). Der Berliner Klima-Bürger:innenrat ein Gremium aus ausgelosten Bürger:
innen formulierte Empfehlungen, die dem Autoverkehr zugunsten des Fahrrad-
Fuß- und ÖPNV seine Privilegien streichen würden. Der Klima-Bürger:innenrat
ging so weit, zu empfehlen, das Autofahren unattraktiver (zu) machen(Berliner
Klima Bürger:innenrat 2022). Auch im Fall der Berliner Kiezblocks kann diese Kluft
beobachtet werden: während es Mehrheiten für Kiezblocks in Berlin gibt (Ruhrort et
al. 2021; Traxler und Wegrich 2023) und 29 Kiezblocks auch beschlossen wurden,
sind aktuell nur bis zu 3 im Mindestmaß umgesetzt.
Angesichts der Klimakrise werden die Forderungen nach einer Verkehrswende
lauter und präsenter, nicht zuletzt auch durch Bewegungen wie Fridays for Future
oder Initiativen für den Erhalt von Wäldern, Naturräumen oder Nachbarschaften, die
Schnellstraßen oder Autobahnen geopfert werden sollen. Bemühungen seitens der
Zivilgesellschaft für einen zügigen Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur und eine
damit einhergehende Umverteilung von Ressourcen wie Planungs- und Baukapazi-
täten, Finanzmitteln und dem öffentlichen Straßenraum drücken sich in Deutsch-
land seit mehreren Jahren in der Form von Bürger:innenbegehren aus (Rehmet et al.
2020). Bisher sind Initiativen für solche Referenden, bekannt als Rad- bzw. Rad- und
Fußentscheide, in mehr als 50 Städten in sechs Bundesländern aktiv, 19 davon
bereits erfolgreich. In diesem Rahmen wurden von der Zivilgesellschaft bereits
mehr als eine Million Unterschriften gesammelt (Changing Cities e. V. 2022a).
Die Zivilgesellschaft fungiert als Treiber von Transformationen in Mobilität und
Stadtplanung.
Das Berliner Mobilitätsgesetz, das eine erstmalige rechtliche Abweichung von
der Auto-Orientierung bedeutet, wurde von der Zivilgesellschaft initiiert und als
Folge ihrer erfolgreichen Mobilisierung verabschiedet (Becker et al. 2021; von
Schneidemesser et al. 2020). Diese Strategie, nämlich der politischen Logik fol-
gende direktdemokratische Hebel zu nutzen und dies mit öffentlichkeitswirksamen
Aktivitäten zu verknüpfen, breitete sich in vielen Städten sowie in fünf Flächenlän-
dern in allen Teilen Deutschlands aus. Seither wird in Deutschland die Mobilitäts-
wende von zivilgesellschaftlichen Akteuren in Form von Kiezblock-Initiativen
weiter vorangetrieben.
Zivilgesellschaft als Treiber der Mobilita
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3 Zivilgesellschaftliches Agenda-Setting: Zweigleisige
Antwort auf den Responsivity Gap
Bürger:innen in Deutschland machten in den letzten Jahren zunehmend Gebrauch
von direkt-demokratischen Mitteln, um die Verkehrswende voranzutreiben (Rehmet
et al. 2020). Dabei handelt es sich um den Versuch, durch die Kombination von
direktdemokratischen Entscheidungsverfahren auf der lokalen Ebene mit einem
medialen Agenda-Setting den responsivity gap zu adressieren.
Agenda Setting beschreibt eine Phase des politischen Prozesses, in der ein
bestimmtes Thema auf die politische Agenda gesetzt und somit handlungsrelevant
gemacht wird (McCombs und Shaw 1972; Schubert und Klein 2020). Neben den
politischen Akteuren selbst spielen die Medien hier eine zentrale Rolle (Pfetsch
2004). Im Verständnis des klassischen Politikzyklus folgen auf das Agenda Setting
die Politikformulierung und anschließend die Umsetzung von beschlossenen Maß-
nahmen. Politisches Agenda Setting wird daher in der Regel von politischen Ak-
teuren initiiert, indem Probleme thematisiert oder konkrete Anträge für Maßnahmen
in die politische Arena eingebracht werden. Agenda Setting der (Massen-)Medien
erfolgt, indem bestimmten Themen eine große mediale Aufmerksamkeit gegeben
wird, um ihre Wichtigkeit zu vermitteln und sie kognitiv in gesellschaftlichen und
politischen Strukturierungsprozessen zu verankern (Eichhorn 2005; McCombs
2014).
3.1 Politisches Agenda Setting
Aktivitäten von Changing Cities e. V. und das Dokument How to Kiezblock
zeigen auf, wie Bürger:innen einen politischen Beschluss auf Basis eines Einwoh-
ner:innenantrags erreichen können (Changing Cities e. V. 2021a). Um einen Ein-
wohner:innenantrag einzureichen, muss zunächst ein Antrag formuliert werden.
Dazu gehört ein mehr oder weniger detailliertes Konzept, das eingrenzt und be-
schreibt, was der Kiezblock erreichen und wo genau er eingerichtet werden soll.
Nach der Formulierung (und ggf. einer formalen Prüfung durch das kommunale
Parlamentsbüro) müssen 1000 gültige Unterschriften von Bürger:innen gesammelt
werden, die im Bezirk gemeldet und wahlberechtigt sind. Gelingt das, kommt der
Antrag auf die Tagesordnung des Parlaments, wo er dann von den Parlamentarier:
innen beraten, beschlossen oder abgelehnt werden muss. So können die Bürger:
innen politisches Agenda-Setting betreiben. Es gibt aber auch Abweichungen vom
Prozess des Einwohner:innenantrags: Direkter Kontakt mit den lokalen Abgeord-
neten oder online-Petitionen können die Öffentlichkeit beeinussen. So können
Parlamentarier:innen dazu bewegt werden, selbst Kiezblockanträge in die Kom-
munalparlamente einzubringen.
Obwohl die Anleitung von Changing Cities auf die direkt-demokratischen Instru-
mente des Bundeslands Berlin zugeschnitten ist, gibt es Kiezblocks oder Kiezblock-
ähnliche Initiativen auch anderswo in Deutschland (bspw. in Darmstadt unter dem
Namen Heinerblocks, in Leizpzig, Freiburg, Hamburg oder in Hildesheim, siehe
6 D. von Schneidemesser und N. Kirby
(Bauer und Stein 2022)). Der Pfad hin zu Kiezblocks sieht wegen des unterschied-
lichen politischen Kontextes und der jeweiligen Rechtslage in den Bundesländern
unterschiedlich aus, in ihren groben Zügen bleiben die Prozesse aber ähnlich.
3.2 Mediales Agenda-Setting
Die zivilgesellschaftlichen Akteure, die die Verkehrswende mittels des Kiezblock-
Konzeptes vorantreiben, beschränken sich aber nicht auf ein formal-politisches
Agenda-Setting. Sie fahren parallel dazu Kampagnen und führen Aktionen durch,
um auf ihre Forderungen in der Öffentlichkeit aufmerksam zu machen. Auf der von
Changing Cities betriebenen Webseite Kiezblocks.dewird ein Medienspiegel
geführt, in dem mehr als 200 Referenzen zu nden sind (Changing Cities e. V.
2022b). Die Medienartikel hauptsächlich Zeitungsartikel berichten oft über die
politischen Prozesse rund um den Einwoher:innenantrag, aber auch über Aktionen
der Initiativen, Umsetzungsschritte oder Planungen.
Kiezblock-Initiativen machen auf die Forderungen, die sie formal-politisch stel-
len, auf unterschiedliche Weise aufmerksam. Sie geben Interviews für die Presse,
veranstalten Events mit Entscheidungsträger:innen (Betz 2022), nehmen die Gestal-
tungsmacht selbst in Anspruch und malen breitere Gehwege auf die Fahrbahn oder
bringen ihre Forderungen mit Protestaktionen zum Ausdruck. Oft verkünden sie die
Einreichung von Unterschriften für den Einwohner:innenantrag mit einer Presse-
mitteilung oder mit Bildern von der Übergabe auf sozialen Netzwerken. Diese
Aktivitäten dienen dazu, über den formal-politischen Prozess hinaus (mediale)
Aufmerksamkeit auf ihr Thema zu ziehen. So heben sie das Thema Kiezblocks
hervor und machen es handlungsrelevant. Sie schüren somit Erwartungen bezüglich
der Umsetzung von Kiezblocks, die als Antwort auf unterschiedliche Probleme
dargestellt wird.
3.3 Agenda-Setting zweigleisig
Auf diese Weise werden zwei wichtige Stränge des Agenda-Settings kombiniert. Mit
dem formalen Weg hin zum politischen Beschluss zeigen die Kiezblock-Initiativen,
dass sie einen konkreten Plan haben, wie die Forderungen umgesetzt werden sollen.
Dies macht sie interessant für Journalist:innen, die eher über Forderungen berichten,
wenn mit einer Aufnahme im politischen Prozess und Reaktionen von Politiker:
innen zu rechnen ist. Eine solche Kombination von politischer Beschlussvorberei-
tung und dem Aufzeigen verkehrspolitischer Zukunftsperspektiven erweist sich als
effektiv. Die Prozesse wären vermutlich weniger erfolgreich, wenn entweder nur der
mediale Weg, Forderungen zu stellen, oder ausschließlich die politische Logik, einen
Kommunalparlamentsbeschluss vorzubereiten, verfolgt würden.
Das Bespielen dieser beiden Stränge des Agenda-Setting hat ein synergetisches
Potenzial. Je realistischer der Erfolg einer Forderung ist, desto interessanter ist sie für
die Medien und die Öffentlichkeit. Kontextfaktoren spielen ebenso eine Rolle. So
Zivilgesellschaft als Treiber der Mobilita
¨tswende: Kiezblocks als... 7
könnte bspw. in Wahlkampf-Zeiten das Erringen eines Spitzenplatzes auf der um-
kämpften medialen Agenda die Chancen erhöhen, auch die politische Agenda zu
beeinussen.
3.4 Claimed Spaces fu
¨r politische Teilhabe als Versuch die Lu
¨cke
zu fu
¨llen
Bei den Agenda-Setting Aktivitäten seitens der Zivilgesellschaft bei den Kiezblocks
kann von einem claimed space gesprochen werden: ein Handlungsraum, den die
Bürger:innen selbst schaffen (Gaventa 2006). Die Möglichkeit, diesen Handlungs-
raum zu nutzen kann institutionell garantiert sein. In Berlin beispielsweise sind
Einwohner:innenanträge gesetzlich vorgesehen. Der Partizipationsraum als claimed
space existiert allerdings erst dann, wenn Bürger:innen ihn tatsächlich in Anspruch
nehmen. Anders als in Partizipationsräumen, die von Entscheidungsträger:innen
geschaffen werden (invited spaces), um Bürger:innen in Gestaltungsprozesse ein-
zubeziehen, bestimmen die Bürger:innen den Raum hier selbst. Das bedeutet, dass
sie festlegen, worfür sie sich engagieren und wo die Grenzen der anstehenden
Veränderung liegen. So schaffen sie Räume der Partizipation. Neben der Antrag-
stellung selbst gibt es auch die Möglichkeit, durch eben jene Antragstellung gesell-
schaftliche Debatten anzustoßen, was wiederrum Partizipationsräume ausweiten
oder eröffnen kann. So verändern Bürger:innen ihre eigene Rolle im demokratischen
System. Anstatt lediglich punktuell am Wahltag ihre Stimme abzugeben, treten sie
nun in die politische Arena, um selbst über die Wahlen hinaus Gestaltungsmacht
wahrzunehmen.
Mit dem Einreichen eines Einwohner:innenantrags als Kiezblock-Initiative be-
anspruchen die Bürger:innen politische Macht. Somit werden sie proaktiv zu poli-
tischen Akteuren. Als potenzielle Partner für eine Wende im Handlungsfeld Ver-
kehrspolitik sind solche zivilgesellschaftlichen Akteure insofern interessant, als dass
sie frei(er) von einer Verwickelung bzw. Verwurzelung in der wirtschaftlich orien-
tierten korporatistischen Konstellation sind und somit neue Wege einschlagen kön-
nen. Gleichzeitig besteht für Entscheidungsträger:innen der Nachteil, dass diese
potenziellen Partner nicht einheitlich organisiert, institutionalisiert und professiona-
lisiert sind und über verhältnismäßig wenige Ressourcen verfügen. Daher sind sie
auch langfristig weniger vorhersehbar und belastbar.
Die Aufnahme des Kiezblock-Begriffs in den Berliner Koalitionsvertrag 2021
(SPD et al. 2021) zeigt die politische Macht und Wirkung der Zivilgesellschaft
anhand der zweigleisigen Agenda-Setting Strategie über die formal-vorgesehenen
Möglichkeiten des Einwohner:innenantrags hinaus. Mehrere Beschlüsse für Kiez-
blocks stammen nicht aus Einwohner:innenanträgen, sondern wurden von Fraktio-
nen in den Kommunalparlamenten eingebracht (BVV-Mitte 2021; BVV-Neukölln
2021; BVV-Pankow 2020). Weitere Policies, wie die Ankündigung eines Bezirks
ächendeckender Verkehrsberuhigungnachzugehen, stehen damit ebenso in Ver-
bindung (Fröhlich und von Bodisco 2022). Neben eigenen Erfolgen des Agenda-
8 D. von Schneidemesser und N. Kirby
Settings bei dem Thema Kiezblocks werden weitere Themen der Stadttransforma-
tion befördert.
Im nächsten Teil wird empirisch festgehalten, inwiefern die Kiezblock-Initiativen
für Entwicklungen zuständig sind bzw. auf welcher Basis die Zivilgesellschaft als
Transformationstreiber verstanden wird.
3.5 Kiezblocks in Claimed Spaces
Anhand der Kiezblocks ist zu beobachten, dass es unterschiedliche Pfade gibt, die zu
einem politischen Beschluss für Kiezblocks führen können. Die Pfade bewegen sich
zwischen Top-down- und Bottom-up-Entscheidungsprozessen, je nach dem,
von wem sie angestoßen werden zivilgesellschaftliche Akteure oder Entscheider:
innen in Politik und Verwaltung (von Schneidemesser und Kirby 2022). Auch wenn
zivilgesellschaftliche Akteure Kiezblocks oder die Verkehrswende generell antrei-
ben, so sind die meisten ausführenden Maßnahmen, die den öffentlichen Raum
betreffen, eine hoheitliche Aufgabe des Staates. Daher kann die Zivilgesellschaft
selbst keine Maßnahmen umsetzen, wenn sie sich nicht außerhalb des rechtsstaatli-
chen Rahmens bewegen will.
Kiezblock-Anträge werden entweder als Einwohner:innenantrag oder als Frakti-
onsantrag in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV, das Berliner Kommunal-
parlament) eingereicht und abgestimmt. Ein Stadtrats- bzw. Bezirksamtsbeschluss
hat eine ähnliche Bedeutung. Bisher sind 16 Kiezblocks über einen Einwohner:
innenantrag und 23 über Fraktionsanträge beschlossen wurden.
Seit der Verabschiedung des Berliner Mobilitätsgesetztes im Jahr 2018 ist die
gesetzliche Grundlage für ächendeckende Kiezblocks vorhanden. § 44.2 des Ber-
liner Mobilitätsgesetzes lautet: Fahrradstraßen und Nebenstraßen sollen so gestaltet
werden, dass motorisierter Individualverkehr, außer Ziel- und Quellverkehr, im
jeweiligen Straßenabschnitt unterbleibt(MobG BE 2018; siehe auch § 56.1). Dieser
Gesetzesabschnitt ist zwar getrennt von der Kiezblock-Kampagne entstanden, aller-
dings fußt das Mobilitätsgesetz ebenfalls auf zivilgesellschaftlichem Engagement
nämlich der Arbeit der Initiative Volksentscheid Fahrrad (von Schneidemesser et al.
2020). Es gilt als wichtiger Baustein der umfassenden Beschlusslageim Zusam-
menhang mit der Umsetzung von Kiezblocks.
Im Koalitionsvertrag zwischen Sozialdemokraten (SPD), Bündnis '90/Die Grü-
nen und Die Linke von 2021 im Bundesland Berlin wurde der Begriff Kiezblocks
zwei Mal genannt: Als Maßnahme zur Verkehrsberuhigung sowie als eine von vielen
Maßnahmen, mit denen die Kommunen im Rahmen des Mobilitätsgesetzes unter-
stützt werden sollen, dem Ziel der Umweltgerechtigkeit nachzugehen. Mit der
Wiederholungswahl Anfang 2023 wurde das rot-grün-rote Bündnis von einer
CDU-SPD-Koalition abgelöst, deren Ziele sich deutlich vom vorherigen Koalitions-
vertrag unterscheiden: von Kiezblocks ist keine Rede mehr und auch das Mobilitäts-
gesetz soll zugunsten einer Mobilität für alle statt grüner Verbots-Ideologieange-
passt werden (Latz 2023).
Zivilgesellschaft als Treiber der Mobilita
¨tswende: Kiezblocks als... 9
4 Diskussion
4.1 Verortung des Responsivity Gap
In der Theorie führt die Verwaltung das aus, was die Legislative entscheidet.
Demzufolge sollten die Meinungen der Bürger:innen von ihren gewählten Reprä-
sentant:innen gebündelt und als Policy an die Verwaltung weitergegeben werden.
Das bedeutet, dass ein Aussetzen der Wende in der Verkehrspolitik entweder bei
politischen Akteuren in der Entscheidung oder bei der Verwaltung in der Ausfüh-
rung zu verorten sein sollte. Aufgrund komplexer Prozesse und vielfältiger Akteurs-
konstellationen ist schwer festzustellen, wo genau die Verkehrswende hakt. Eine
Nichtumsetzung von dem, was politisch beschlossen wurde, kann ebenso zur Ent-
stehung eines responsivity gaps führen wie eine fehlende Beschlusslage.
4.1.1 Kluft zwischen politischer Entscheidung und Umsetzung durch
die Verwaltung
Noch vor der Kiezblock-Kampagne hat die Gesetzeslage Kiezblocks als Regelfall
deniert. § 44.2 des Berliner Mobilitätsgesetzes (siehe oben) ist nah an der Mini-
maldenition eines Kiezblocks dran: Kiezblocks sind Wohnquartiere ohne motori-
sierten Durchgangsverkehr(Changing Cities e. V. 2021b). Eine Kluft zwischen
gesetzlichem Veränderungsanspruch und der Realität besteht darin, dass es mehr als
5 Jahre nach Verabschiedung des Gesetzes kaum Nebenstraßen gibt, die so umge-
staltet worden sind, dass motorisierter Individualverkehr außer Ziel- und Quellver-
kehr unterbleibt. Die Kiezblock-Initiativen wuchsen (unter anderem) aus diesem
responsivity gap heraus. Denn mit der Forderung nach Kiezblocks drückt die
Zivilgesellschaft den Wunsch nach Veränderung in der Stadt- und Verkehrsgestal-
tung aus. Dies passiert nicht allein durch die Verabschiedung eines Gesetzes. So
können wir zumindest für den Fall der Kiezblocks den responsivity gap genauer
verorten. Die politische Entscheidung für eine Gesetzeslage wurde 2018 getroffen.
Die politische Entscheidung, diese auch in der Umsetzung zu priorisieren, fehlt
weiterhin.
So gesehen liegt ein responsivity gap zwischen ausführender Verwaltung und
Politik. Die Aktivitäten rund um die Kiezblock-Initiativen und die übergeordnete
Kampagne sind Bemühungen seitens der Zivilgesellschaft, Entscheidungsträger:
innen in Politik und Verwaltung zur Umsetzung zu bewegen. Die politischen
Beschlüsse für eine Wende in Verkehr und Stadtgestaltung sind zwar getroffen
zumindest für Kiezblocks in Berlin , drücken sich aber bisher kaum in Änderungen
der gebauten Realität aus. Anders gesagt: auf der Straße sind die Veränderungen in
den Gesetzesbüchern und Beschlusslisten nicht angekommen.
4.1.2 Kluft zwischen Erwartungshaltung der Bu
¨rger:innen und
politischen Entscheidungen
Eine Kluft liegt aber nicht nur zwischen der politischen Entscheidung und der
Umsetzung durch die Verwaltung. Diese Analyse greift dort zu kurz, wo von der
Zivilgesellschaft Forderungen gestellt werden, die weiterreichende politische Ent-
10 D. von Schneidemesser und N. Kirby
scheidungen erfordern. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Initiativen den Bereich
eines Kiezblocks denieren, in dem sich eine übergeordnete Straße bendet. Diese
Forderung bedeutet, eine Hauptstraße zu einer Nebenstraße herunterstufen zu lassen
(siehe dazu: SenUMVK 2021). Das derzeitige Mobilitätsgesetz sieht eine Beruhi-
gung lediglich in den Nebenstraßen vor, verkehrslenkende Maßnahmen zur Ver-
kehrsberuhigung sind ohne Herabstufung von übergeordneten Straßen kaum vor-
gesehen oder möglich.
4.1.3 Verschwommene Verantwortungsgrenzen: die Kluft zwischen
Bu
¨rger:innen und Verwaltung
Formal ist kein Raum für Austausch zwischen der Verwaltung und der Zivilgesell-
schaft vorgesehen: Die Verwaltung wird nicht von den Bürger:innen gewählt, formal
ist sie ihnen nicht direkt Rechenschaft schuldig. In der Praxis verhält es sich im Fall
der Kiezblocks jedoch zunehmend so, dass die Bürger:innen in einen direkten
Austausch mit der Verwaltung treten und somit Ansprüche und Erwartungen an
diese entstehen und somit auch eine Kluft zwischen Erwartungen und dem, was
umgesetzt wird. Mit dem Einreichen der Einwohner:innenanträge wurden die loka-
len Parlamente damit beauftragt, sich mit der Frage der Kiezblocks zu befassen. In
16 Fällen haben sie dies bereits getan und im Sinne der Kiezblocks entschieden. Nun
steht die Umsetzung durch die Verwaltung aus. Formal liegt diese Diskrepanz also
zwischen Politik und Verwaltung. In der Wahrnehmung der Zivilgesellschaft werden
allerdings die Forderungen der Bürger:innen nicht angemessen umgesetzt. In vielen
Initiativen entsteht daher Unmut darüber, dass der Prozess der Umsetzung sehr viel
länger dauert als gewünscht. Oft gibt es auch einen Enttäuschung darüber, dass die
politisch angenommenen Vorschläge lediglich verwässert umgesetzt werden.
Die Gründe für diese Kluft sind vielfältig. Zum einen haben die lokalen Par-
lamente in Berlin lediglich Initiativ-, Kontroll- und Auskunftsrechte, sie können
jedoch nicht legislativ agieren, sondern nur Empfehlungen aussprechen. Sie erwe-
cken bei den Bürger:innen möglicherweise Erwartungen, die seitens der Verwaltung
nicht erfüllt werden können. Initiativen, die im direkten Austausch mit der Verwal-
tung stehen, geraten zudem nicht selten mit den Amtslogikenin Konikt. Es fehlt
den Verwaltungen an Ressourcen nanziell wie personell. Gleichzeitig hat die
Zivilgesellschaft Ressourcen und möchte diese auch einbringen. Es fehlt jedoch an
einem formal-juristischen Rahmen, in dem dies möglich ist, und es fehlt bisweilen
auch am Willen der Verwaltung, Gestaltungsmacht abzugeben.
4.1.4 Die Kluft mit Kiezblocks u
¨berwinden
Wir haben verortet, an welchen Stellen die Mobilitätswende aufgehalten wird und
die Zivilgesellschaft zum Aktivwerden animiert, um den responsivity gap anzuge-
hen. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass diese Aktivität neue Klüfte bzw. kom-
plexe und verschwommene Verantwortungsketten mit sich bringen kann. Es er-
scheint naheliegend, dass sich der responsivity gap nur durch Umsetzung von
Maßnahmen lösen lässt. Die Zivilgesellschaft hat bereits gezeigt, dass sie kreativ
genug und gewillt sind, Maßnahmen eigeninitiativ auf die Straße zu bringen. Die
Vorgehensweisen des Bündnis temporäre Spielstraßenzeigen, dass es Möglich-
Zivilgesellschaft als Treiber der Mobilitu
¨tswende: Kiezblocks als... 11
keiten für Bürger:innen gibt, die Umsetzung (temporärer) Maßnahmen auch selbst
anzugehen. Darüber hinaus zeigten die Pop-Up-Radwege in Berlin, wie schnell
Maßnahmen auf die Straße kommen können, wenn wenig Ressourcen aufgebracht
werden müssen und der notwendige politische, gesellschaftliche und administrative
Wille da ist.
Wenn die Zivilgesellschaft wichtiger Treiber der urbanen Transformation ist,
sollte auch darüber nachgedacht werden, inwiefern sie mit mehr Möglichkeiten
(und Rechten) ausgestattet werden kann, um ihrem Gestaltungswunsch gerecht zu
werden. Dies würde jedoch Veränderungen in bestehenden politischen Machtkon-
stellationen bedeuten. Wie sich dieses Machtgefüge neu ordnen lässt, ist eine
anspruchsvolle Frage. Gelingt dies, könnten die Chancen für die tatsächliche Um-
setzung der Mobilitätswende steigen.
5 Ausblick: Entscheider:innen und Zivilgesellschaft
zusammenbringen
Unter anderem wegen der korporatistischen Prägung des Handlungsfeldes Mobilität
gibt es eine Kluft zwischen dem gesellschaftlichen Konsens über die Notwendigkeit
einer Mobililtätswende und der Umsetzung von entsprechenden Maßnahmen. Dies
behindert die Transformation immens, weil der Status-Quo der Verkehrspolitik
strukturell stark verankert ist, während es Akteuren, die die Mobilitätswende voran-
bringen wollen, an schlagkräftigen strategischen Partner fehlt.
Zivilgesellschaftliche Initiativen wie die Kiezblock-Initiativen treiben die Mobi-
litätswende voran. Das nicht nur in Berlin: Auch in Darmstadt beklagt die Hei-
ner*blocks-Initiative die responsivity gap, denn trotz Stadtverordnetenversamm-
lungsbeschluss ohne Gegenstimmen wird die Umsetzung ausgesetzt (Changing
Cities e. V. 2023). Es gibt nun Kiezblock-ähnliche Initiativen in mindestens 10
weiteren deutschen Städten, von Leipzig bis Darmstadt und Hamburg (Bauer und
Stein 2022). Akteure aus Politik und Verwaltung, die eine Mobilitätswende verwirk-
lichen wollen, könnten diese Energie und Gestaltungswillen nutzen, um eine neue
Dynamik in das Handlungsfeld Mobilität zu bringen und die großen Hürden zu
überwinden. Die Zivilgesellschaft bietet sich als Partner einer Mobilitätswendekon-
stellation an, gerade weil sie nicht in korporatistischen Strukturen verhaftet ist.
Natürlich gibt es in der Zivilgesellschaft auch Kiezblock- und Mobilitätswende-
gegner, allerdings gibt es bisher trotz mehrerer Ankündigungen nur einen Fall
von einem Einwohner:innenantrag, der in Berlin die notwendigen Unterschriften
zusammenbrachte. Dieser wurde im Übrigen nicht von Bürger:innen, sondern von
einer politischen Partei orchestriert.
Die zweigleisige Agenda-Setting Strategie der Kiezblock-Initiativen zeigt bei-
spielhaft, wie Bürger:innen claimed spaces für politische (selbst-)Beteiligung eta-
blieren und gestalten, ohne durch die starren Strukturen der Mobilitätspolitik einge-
grenzt zu sein. Dabei wird nicht an den Grenzen der Zuständigkeiten der jeweiligen
Ämter Halt gemacht, sondern das Feld zusammengebracht. Kiezblock-Initiativen
bringen die Mobilitätswende auf lokaler Ebene auf die politische sowie mediale
12 D. von Schneidemesser und N. Kirby
Agenda und heben so den responsivity gap hervor. Gleichzeitig tut sich eine
mögliche strategische Partnerschaft auf, wenn sich Akteure aus Politik und Ver-
waltung auf einen gemeinsamen Kurs mit der Zivilgesellschaft bringen können.
Akteure aus Politik und Verwaltung tun sich häug jedoch schwer, strategische
Partnerschaften mit diesen und anderen pro-Mobilitätswende-Akteure aufzubauen.
Es fehlen Schnittstellen, damit diese Kräfte zusammenkommen und er Dominanz
der korporatistisch-verwurzelten Akteure etwas entgegensetzen. Ein möglicher Weg,
um die benötigten Schnittstellen in Teilen zu etablieren, wäre für Entscheidungs-
träger:innen auf repräsentativ-deliberative demokratische Formate der Beteiligung
zu setzen. Es gibt bereits Indizien, dass diese invited spaces für politische Partizi-
pation einer Mobilitätswende förderlich wären. Sie könnten zu der politischen
Legitimation für die Umsetzung der konkreten Maßnahmen der Mobilitätswende
nützlich sein, dadurch Entscheidungsträger:innen ermutigen und somit auch zur
Verringerung des responsivity gaps beitragen.
Durch repräsentativ-deliberative Formate der Beteiligung wie bspw. die Bürger:
innenräte, von der Bundestagspräsident Bas sprach könnte die Mobilitätswende
von der Mitte der Gesellschaft konstruktiv begleitet werden. Es gibt mehrere Grün-
de, warum dieser Weg Potenzial birgt.
Repräsentative Umfragen zeigen Mehrheiten für viele konkrete Mobilitätswen-
demaßnahmen auf, nicht zuletzt auch Mehrheiten für Kiezblocks. Dabei gibt es
größere Mehrheiten in dichtbesiedelten Innenstadtbezirke wie Friedrichshain-Kreuz-
berg (Ruhrort et al. 2021) und knappe Mehrheiten berlinweit (Traxler und Wegrich
2023). Wird die Debatte über die Mobilitätswende nicht (so wie aktuell) von den
extremen Rändern der Gesellschaft geprägt, sondern von zufällig ausgelosten Bür-
ger:innen, könnte die Polarisierung gemildert werden. Darüber hinaus können re-
präsentativ-deliberative Formate dazu dienen, Mythen zu überwinden und Ängste
abzubauen (oder diese einzuordnen). Konfrontiert mit einer herausfordernden Aus-
gangslage und ausgestattet mit Zeit, Expertise und Moderationsmethoden, die eine
gerechtere und überlegtere Deliberation fördern, können repräsentativ-zusammen-
gestellte Gruppen von Bürger:innen konstruktiv zu einer mobilitätspolitischen
Agenda gelangen. Deren Umsetzung könnte den Responsivity Gap überwinden.
So könnten Zielkonikte besser abgewogen und falsche Annahmen entkräftet wer-
den. Das gilt beispielsweise für die oft angenommene Verkehrsverlagerung in
benachbarte Gebiete als Argument gegen Kiezblocks, obwohl die Forschungslage
zeigt, dass dies nicht der Fall ist (Bauer et al. 2023; Nello-Deakin 2022).
In bereits durchgeführten deliberativen Formaten wie dem Berliner Klima Bür-
ger:innenrat wurden Empfehlungen erarbeitet, die eine konsequente Umsetzung
einer Mobilitätswende mitsamt konkreten push-Maßnahmen verlangen. Die Bedeu-
tung dieses Beispiels wird bisher in der politischen Debatte wenig beachtet. Reprä-
sentativ-deliberative Formate könnten für die Entscheidungsträger:innen eine kon-
struktive Antwort auf die Forderungen der Zivilgesellschaft darstellen. Einerseits
wäre ihre Realisierung eine ermutigende Reaktion auf Arbeit der Zivilgesellschaft
für die Mobilitätswende, andererseits könnte sie dazu beitragen, das Thema weiter
nach oben auf die politische und mediale Agenda zu setzen.
Zivilgesellschaft als Treiber der Mobilita
¨tswende: Kiezblocks als... 13
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16 D. von Schneidemesser und N. Kirby
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Die Städte und Gemeinden in Deutschland werden immer öfter von Bürger*innen aufgefordert, die kommunalen Verkehrsverhältnisse im Sinne einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung neu zu gestalten. Zwar unterscheiden sich die spezifischen Anforderungen vor Ort zum Teil stark, dennoch sehen sich die Kommunen bei der Umsetzung verkehrsplanerischer Maßnahmen immer wieder mit den gleichen Barrieren konfrontiert.
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Dieser Open Access Band fasst erstmals aktuelle neue Entwicklungen im Öffentlichen Verkehr zusammen und entwirft mit dem Konzept der Öffentlichen Mobilität die konkrete Vorstellung eines zukunftsfähigen Öffentlichen Verkehrs. Neben den neuen Mobilitätsdienstleistungen sowie den politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen werden neue Instrumente vorgestellt, mit denen eine Öffentliche Mobilität zukünftig aktiv gestaltet werden kann. Das Konzept der Öffentlichen Mobilität knüpft an den Anspruch des Öffentlichen Verkehrs an und zeigt, wie unter den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen allen Bürgerinnen und Bürgern Mobilität ökonomisch effizient, ökologisch verträglich und sozial gerecht angeboten werden kann. Der Herausgeber Prof. Dr. Oliver Schwedes ist Leiter des Fachgebiets Integrierte Verkehrsplanung am Institut für Land- und Seeverkehr der Technischen Universität Berlin.
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This paper reports on analysis of impacts of active travel interventions in Outer London between 2016-19. We find larger effects (decreased car ownership and use, increased active travel) in intervention areas where Low Traffic Neighbourhoods (LTNs) were introduced. Decreased car ownership and use is only found in such areas. Sample size for LTN areas is small and hence uncertainty about effect magnitude is large, but effect direction is consistent. This suggests that to reduce car use as well as increase active travel, LTNs are an important part of the intervention toolbox.
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Calls for more bicycle use have been heard from across the political spectrum in Germany for years. Nonetheless, policies that lead to a transition away from car use and toward the bicycle in urban mobility remain absent. Against this background, we explore a mode of citizen engagement in the policy process in which citizens take the initiative and claim a political space to include their user expertise in the policy process. The case is a recent development in the field of urban mobility in Berlin, Germany in which citizen activists directly integrated citizen knowledge into policy outcomes. This was enabled by claiming the political space and thereby determining the spectrum of possibility, ultimately leading to an unprecedented process of co-creative legislation that marked a unique shift in German mobility policy, with the result that Berlin became the first German state to pass a bicycle law in June of 2018. We argue that the political space these citizens claimed was a key factor for enabling policy change, as previous attempts in invited political spaces had not led to a departure from the status quo. In a first empirical step, we establish evidence of citizen knowledge in policy output by comparing the citizen-authored bill with the 2018 Mobility Law. In the second empirical step based on 13 semi-structured interviews with the citizens responsible for the law, we offer a closer look at the type of knowledge relevant for enabling direct integration of user knowledge into policy output. We end with a discussion on the broader importance of the interplay of citizen knowledge for their impact on trans-formative policy-making.
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Generally, sociotechnical change requires that agency is exercised across multiple, connected levels or contexts. Yet there is very little work in the sociotechnical sustainability transitions literature that theorises these connections in ways that acknowledge the individual-level processes involved. Here we show how identity theory can connect macro- and micro-levels of analysis, with identity construction being a social psychological process that is also involved in institutional work. For empirical illustration we use the case of emerging mobility transitions in Berlin, Germany, in particular aspects of institutional work for infrastructural change in favor of cycling. The study shows how the construction of a common identity among varied actor groups has been key to a citizen campaign for safe cycling infrastructure. The construction of a socially inclusive identity relating to cycling has been made possible by prioritizing the development of a campaign network comprised of weak ties among stakeholders, rather than a closer-knit network based on a more exclusive group of sporty cyclists. The findings are discussed in the light of both social psychological models and sociotechnical transitions theory. The implications for scaling niche practices for sustainability are considered.
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