Thomas Hickfang (2020): Unterricht mit digitalen Medien als Prozess des expansiven Lernens. Das Modell einer interessengeleiteten Mediendidaktik. München: kopaed. 217 S., 18,80 €. Die Relevanz des Themas der Publikation ist offensichtlich in einer Zeit, in der im Bereich der Schulentwicklung und in der gesamten Bildungspraxis notgedrungen versucht wird, die Versäumnisse im digitalen Lehren und Lernen zu überwinden. Der Untertitel der Arbeit kündigt ein ‚Modell interessengeleiteter Mediendidaktik‘ an. Wenngleich die Arbeit explizit in der Allgemeinen Didaktik und Mediendidaktik angesiedelt ist und sich auch an diese Arbeitsbereiche wendet, zeigen die Theoriebezüge, dass sie auch einen Beitrag zur grundlegendenden medienpädagogischen Theoriebildung leistet, die ihren Ausgangspunkt im Menschenbild des handelnden Subjekts hat, das sich seine mediale Umwelt in einem sozial geprägten Kontext aneignet. Es geht Hickfang zunächst um eine an die Dialektische Didaktik (Lothar Klingberg) angelehnte Unterrichtsdidaktik, in der Lehrende und Lernende als ‚kollektives Subjekt‘ gemeinsam die Widersprüche der Unterrichtspraxis aufdecken und als gemeinsame Kooperation und Kommunikation neu konstituieren. Wesentlich dabei ist, dass die Lernenden ebenso wie die Lehrenden sowohl Subjekt als auch Objekt des Unterrichtsprozesses sein können. Lernende sind Objekte der Einwirkung der Lehrenden und zugleich Mitmachende und -gestaltende. Auch Lehrende können zu Lernenden werden und sind dann Objekte im Lehr- und Subjekte im Lernprozess. Eine Auflösung dieser Widersprüche kann durch die gemeinsame Bewusstwerdung und Gestaltung der Lerntätigkeit als vermittelndem Moment in der wechselnden Beziehung von Lehrenden und Lernenden gelingen. Die Tätigkeitstheorie der kulturhistorischen Psychologie sowie die pädagogische Interessentheorie sind wichtige Anker der didaktischen Überlegungen in der Arbeit. Die Bedeutung von Medien im Unterricht bringt Hickfang mit dem Begriff „mediendidaktischer Raum“ ins Spiel, der relational ist, also erst durch die Beziehungen und Interaktionen der Personen und Gegenstände im Raum konstituiert wird. Die Medien werden, in Anlehnung an die Tätigkeitstheorie und die Arbeiten von Bernd Schorb zur Medienaneignung, als Gegenstände gefasst. Als solche sind sie Manifestationen des menschlichen Handelns, Werkzeuge der Produktion und Gestaltung und Mittler menschlicher Kommunikation. Die enge Anbindung der Mediendefinition an das handelnde Subjekt wird insbesondere in den Ausführungen zu digitalen Medien deutlich: „Ein digitales Medium lässt sich nur in Bezug auf seine Interaktivität aneignen. [...] Der Einsatz eines digitalen Mediums im Unterricht muss immer auch die die Reflexion der informatischen Komponente in Relation zur mediendidaktischen berücksichtigen“ (S. 144f). Damit sind nur wenige Zusammenhänge und Bezüge des Buches genannt. Sowohl in der theoretischen Verortung wie auch in seinem eigenen Modell einer interessengeleiten Mediendidaktik bietet die Arbeit von Thomas Hickfang eine Vielzahl von Überlegungen, die sowohl im unterrichtsdidaktischen wie auch im weiter gefassten medienpädagogischen Kontext anregend und hilfreich sind.