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Abstract
Der Schwerpunkt dieser Studie liegt auf der Fassungstechnik von Inkarnaten bei spätgotischen Skulpturen. Anhand
von 74 dokumentierten Rezepten wird ein Einblick in die Farbherstellung und die Auftragstechniken gegeben. Der
Fokus liegt dabei auf den deutschsprachigen Raum. Die Herstellung von Ölfarbe wird basierend auf 20
kunsttechnologischen Quellenschriften aus der Zeit zwischen 1400 und 1550 nachgezeichnet. Bezüglich der
Fassungstechnik ist die Quellenlage bescheidener. Hier fokussiert sich die Untersuchung primär auf den Solothurner
Codex S 392 (um 1500). Anschliessend wurden die historischen Informationen mit analytischen Daten einer
Marienskulptur aus der Werkstatt von Ivo Strigel (1510) verglichen. Dabei zeigt sich eine erstaunliche
Übereistimmung des historischen Textes mit der zeitgenössischen Handwerkspraxis.
English abstract
The German-written article “Historical sources on the colour production and painting technique of flesh tone around
1500: The Solothurn Codex S 392 as a document for the working process in the late work of the workshop of Ivo
Strigel” deals with the late medieval painting technique of carved artworks. The colour design of wooden sculptures
at the end of the 15th century can be regarded as the culmination of Gothic painting techniques. Artists’ utmost
concern in this period was the perfection of the flesh tones. It is this particular aspect of a historic painting technique
that is explored in greater depth here. The focus of this study was set on the choice of materials, paint preparation
and the painting techniques in the late Gothic period. Based on 74 documented recipes, an insight into colour
production and application techniques is provided. The first topic is the production of oil paint as transmitted through
documents in German, based on 20 literary sources written between 1400–1550. It can be concluded that the
production of oil paints at the beginning of the 16th century is primarily based on earlier historical sources like the
Strasbourg Manuscript (c.1400). The second topic deals with the paint application. With respect to descriptions on
the painting technique, however, the number of historical written sources is much smaller, limiting this review to the
Solothurn Codex S 392 (c.1500). It is a Swabian (South German) book with approx. 2000 recipes written in German
and Latin, mainly from art technology, but al so fro m othe r area s like culin ary, me dic ine an d a lch emy. Ther ein, among
other arts and crafts techniques, an application technique for the painting of sculptures is described in greater detail.
The combination of historical recipes and analytical data collected on an artwork by the German Ivo Strigel (Mary
with child from the winged altarpiece of Grono GR, Switzerland, dated 1510), permitted to gain a deeper insight into
the craft tradition at the time. The analyses of binders and colourants were carried out using chemical imaging on
paint cross-sections. The presented example very precisely matches the Solothurn Codex S 392 craft practice
description with chemical and stratigraphic analytical data. The layer structure with a protein-bound, pink-coloured
primer allowed a time-consuming working process. The long workability of the subsequent oil paint made it possible
to create fine nuances of colour by simply modelling the thickness of a single, slightly translucent white paint layer
across e.g. the variable facial sections. This type of painting technique correlated with this particular case reveals a
highly elaborated system, demonstrating great craftsmanship and a high level of technological knowledge.
!
207
Historische Quellen zur Farbherstellung und Fassungstechnik von
Inkarnaten um 1500:
Der Solothurn Codex S 392 als Dokument für den Arbeitsprozess im Spätwerk der
Werkstatt Ivo Strigel
Stefan Zumbühl, Tiziana Thenen, Christophe Zindel, Karolina Soppa
Einführung
Die farbliche Ausgestaltung von Schnitzwerken im ausgehen-
den 15.Jh. können mit Recht als Höhepunkt der gotischen
Fassungstechnik betrachtet werden. Im Speziellen der Muer-
goes Maria, als zentrale Heiligengestalt in vielen Retabeln,
kam eine grosse künstlerische Gewichtung zu. Gerade der
Ausgestaltung der Inkarnate wurde besondere Aufmerksam-
keit gewidmet. Diesem fassungstechnischen Aspekt soll hier
vertieer nachgegangen werden, indem die Materialität nä-
her beleuchtet wird. Die Ölmalerei hat in der Fassungstechnik
eine lange Tradition und ist auch bei Holzskulpturen des 13.
und 14.Jhs. analytisch belegt [Riemann 1963, Kollands-
rud 1999, Plahter 2006a,b, Köcher 2016]. Der Fokus die-
ser Studie liegt aber ausschliesslich auf der Farbzubereitung
und Fassungstechnik der Spätgotik. Ein Schwerpunkt ist die
Ölfarbenherstellung in den deutschsprachigen Quellen des
15. und frühen 16.Jhs. Meist wird in den historischen Rezep-
ten für Arbeiten auf Holz nicht zwischen Holztafel und Skulp-
tur unterschieden. Die Ölfarben wurden somit nicht für eine
spezische Anwendung hergestellt. Das Ziel dieser Recher-
che ist die Erfassung von Materialeigenschaen, welche für
die Verarbeitbarkeit in der Fassungstechnik von Relevanz sein
könnten. Daher wird hier primär die Zusammensetzung und
die Konsistenz der Malfarben beleuchtet. Zudem sollen durch
die Rezeptinformationen die potentiellen Trocknungseigen-
schaen der Ölfarben abgeschätzt werden. Ein Unterschied
zwischen Maltechnik für Tafelmalerei und Fassungstechnik
kann hingegen, bezüglich der Applikationstechnik angenom-
men werden. Grundsätzlich unterliegen die beiden Techniken
in jener Zeit unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Um die
historischen Rezepte adäquat einzuordnen, ist es sinnvoll,
diese mit analytischen Daten abzugleichen. Hier werden ex-
emplarisch die fassungstechnischen Anweisungen im So-
lothurn Codex S 392 (um 1500) mit den Analyseresultaten
einer Marienskulptur (1510) aus der Werksta von Ivo Strigel
aus Memmingen verglichen.
Historische Quellen zur Farbherstellung und
Fassungstechnik um 1500
Die Herstellung von Malfarben werden in den historischen
Rezeptsammlungen recht ausführlich beschrieben. Der fol-
gende Überblick basiert auf 20 Quellenschrien, welche
mehrheitlich auf deutsch verfasst wurden und zwischen
1400–1550 entstanden sind. Der Fokus liegt auf der Bewer-
tung der Farbherstellung und der daraus resultierenden Ma-
terialeigenschaen. Zur maltechnischen Ausführung von
Inkarnatfassungen ist die Quellenlage hingegen bedeutend
bescheidener. Diese Studie bezieht sich daher hauptsächlich
auf den Solothurn Codex S 392, welcher um 1500 vermutlich
im süddeutschen Raum entstanden ist Abb.1 [Solothurn
Codex S 392, um 1500]. Dieses Werk ist von besonderem In-
teresse, da hier die Farbherstellung und Fassungstechnik recht
detailliert beschrieben wird. Diese Rezeptsammlung aus der
Zentralbibliothek Solothurn CH wurde bisher noch nicht
vollständig transkribiert und publiziert. Im Folgenden wird
angestrebt, aus zeitnahen Rezepten möglichst alle Arbeits-
schrie der historische Handwerktechnik zu erfassen. Die zi-
tierten Rezepte nden sich thematisch geordnet im Anhang.
Ölzubereitung
Zuerst soll hier auf die Farbenzubereitung eingegangen wer-
den. Zur Herstellung ölbasierter Malfarben musste das Öl in
einem ersten Schri gereinigt und gebleicht werden. Unter
„Öll leuern vnd guot machen“ [Solothurn Codex S 392, um
1500, S.72] |n°1| werden unerwünschte Stoe mit verschiede-
nen Sorbentien wie Brot, Ziegelmehl und Bims sedimentiert
und abgeltert: „[…] dan lasz ain tag ston oder zwen bisz es sich
setzt dann seich es ab in ain glasz daz behalt […]“ [Solothurn
Codex S 392, um 1500, S.65–66] |n°2|. Dieses Vorgehen ent-
spricht einer längeren Tradition [Keller 1973]. Der Vorgang
lässt darauf schliessen, dass das Öl noch relativ dünnüssig
war. Anschliessend wurde das Öl an der Sonne gebleicht und
208
eingedickt. In einem Glas verschlossen, kann dies mehrere
Jahre dauern: „[I]Tem Niem linöll vnd tuo es in ain glas vnd setz
es an die Sünnen Ain iar ald zwaý So wirt es von im selb zäch daz
ist das best etc.“ [Solothurn Codex S 392, um 1500, S.66]
|n°3|. Dies steht in der Tradition früherer Quellen |n°4|. Die
sonneneingedickten Öle sollten für die weitere Verwendung
hochviskos sein. Wird dieses zu dick für die weitere Verarbei-
tung, wird es mit einem üssigen Öl verdünnt: „[…] vnd setz
es o an die sonnen So wirt es ýe besser vnd besser mit dem so mal
es ist vast guo vnd wirt es zuo zäch So tuo ain ander schön öl dar
an etc“ [Solothurn Codex S 392, um 1500, S.65–66] |n°2|.
Im Solothurn Codex S 392 wird ein für das Anreiben der Far-
ben, falls verfügbar, ein drei Jahre altes Öl empfohlen: „So nim
linöl daz trýer iar alt sý magst du es hon […]“ |n°5|. Dieses Öl
wird dann mit Siccativen, wie Bimsstein und gebrannter Kno-
chenasche verkocht und zum Anreiben der Farben verwen-
det: „[…] so wirt es lauter als sin cristall vnd ist auch nutz zuo
allen farben zuo temperirn [...] vnd trucknet vber nacht behalt es
wol etc.“ [Solothurn Codex S 392, um 1500, S. 85] |n°5|.
Dieses Zitat verweist zudem darauf, dass das Voroxidieren die
Funktion hae, die Trocknungszeiten gering zu halten, was
notwendig war, weil die beschriebenen Trockenstoe nicht
besonders ezient sind [Zumbühl et al. 2020].
Farbherstellung mit Ölen
Die Farben können sowohl mit Leinöl, Hanföl oder Nussöl
hergestellt werden. Dabei wird das Öl mit verschiedenen Sic-
cativen verkocht: „Man sol niemen linöl oder han öl. oder alter
nusz öl. als vil man will / vnd darin legen gebrent wisz bain / vnd
auch als vil [Bims] vnd disz lasz in dem öl erwallen / vnd wir den
schum oben ab / von dem öl vnd setz es ab dem feur vnd lasz daz
wol erkuolen / vnd ist des öls wol ein masz. So leg ij lot gallitzen
stain in daz öl / So zergat es in dem warmen öl vnd wirt gar lu-
ter vnd auch clar […]“ [Solothurn Codex S 392, um 1500,
S.209–210] |n°6| Unter den Farbmieln, welche man mit Öl
anreiben soll, sind alle aufgelistet, welche nach den histori-
schen Quellen für Inkarnate gebraucht werden, wie Zinnober,
Mennige, Parisrot (roter Farblack), Schwarz, Ocker und Blei-
weiss |n°7|. Diese Rezepte gehen auf das Strassburger Manu-
skript (um 1400–1412) zurück |n°8,9| und nden sich auch
in weiteren Quellen, wie dem Colmarer Kunstbuch (1479)
|n°10,11|. Für die jeweiligen Farben können andere unter-
schiedliche Öle verwendet werden, wobei insbesondere für
weisse Farben helle Öle zur Anwendung kommen |n°12,13|.
Im Trierer Manuskript (um 1490) wird besonders für die Aus-
führung von Inkarnaten das Nussöl empfohlen, während für
andere Farben das Leinöl besser ist. Auch wird darauf hin-
gewiesen, dass Inkarnate wegen der Farbveränderungen und
Verdunklung nicht gernisst werden sollten: „Item Oly lijver-
ue dar sal men claeren vernijs vnder mengen to samen myt nussoly.
Want nae en sall men die nyet vernijssen gelijck men cleider verue.
Duet Want van den nae vernijssen so wurde die lijverue geil ende
dunckert Meer de lijnoly ys besser in ander verue“ [Lehmann
2007, S.40] |n°14|.
Abb.1 Solothurn Codex S 392 aus der Zentralbibliothek Solothurn, Schweiz, ist um
1500 entstanden. Die Papierseiten haben eine Grösse von 21.5 x 15.5cm. Die Hand-
schrift umfasst 663 Seiten und enthält eine umfangreiche Sammlung von ca. 2000 Re-
zepten und Anleitungen, vor allem aus der Kunsttechnologie, aber auch medizinische,
kulinarische und alchemistische Rezepte sind enthalten. Neben Rezepten in Schwä-
bisch nden sich auch solche in Latein und Hebräisch. Das Werk liegt original gebunden
vor, so dass möglicherweise der ursprüngliche Kontext erhalten ist [e-CODICES 2024].
Rechts: Auf S. 93 wird das „Rosinieren“ der Wangen skizzenhaft illustriert. Abb. ©[e-CO-
DICES 2024].
209
Anreiben der Ölfarben
Das Anreiben der Farben folgte einer langen Tradition. Bei
eophilus (12.Jh.) wurden die Farben noch direkt mit Öl
angerieben [Eastlake 1847, S.39]. In den deutschen Quel-
len um 1500 erfolgte dies meist in zwei Arbeitsschrien. Die
Farben werden zuerst mit Wasser einen halben Tag lang an-
gerieben, wobei die „Schlemme“ nach dem Trocknen mit Öl
versetzt wird |n°15,16|: „[…] vnd rib daz fast wol mit wasser
wol j [½] tag vnd stoß dann ab vnd lausz drucken werden vnd
rib es dann mit öl so du dickest magst v dem stain […]“ [Solo-
thurn Codex S 392, um 1500, S.104]|n°15| Im Strassburger
Manuskript (um 1400–1412) wird die Konsistenz mit einem
Haferbrei verglichen |n°8|, meist wird diese aber als noch be-
deutend dicker beschrieben. Interessant ist in Zusammen-
hang mit dem erwähnten Rezept, dass gewisse Siccative beim
Reiben mit Wasser zugegeben werden, während andere erst
beim Reiben mit Öl hinzukommen |n°15|. Alternativ kann
das Öl der wässrigen „Schlemme“ zugegeben werden, wie es
beispielsweise bei Sedelius (um 1540–1558) ausgeführt wird.
In diesem Falle wird das Wasser beim Reiben vertrieben und
verüchtigt sich, bis nur noch das Öl vorliegt: „[…] so soltus
dennach [das Bleiweiss] mit wasser wol abreiben bis an die stat /
darnach ein tropein nach dem Anndern von leinol darein giessen.
vnnd wider reiben. so etzt sich das wasser als dauon.“ |n°17|. Das
Anreiben wird meist als zeitintensiver Prozess beschrieben.
Straub führt dies darauf zurück, dass wegen der Dicküssig-
keit der Öle die Pigmente in der Regel nicht so gut benetzten
würden, weshalb in den Quellenschrien so grossen Wert auf
das sorgfältige Anreiben gelegt würde [Straub 1980, S.25].
Zudem war es notwendig, um eine optimale Feinteiligkeit
der Feststoe zu erreichen. Die Technik nördlich der Alpen
scheint sich in dieser Zeit nicht von derjenigen im Süden zu
unterscheiden. Auch dort wurden die Farben im frühen 16.Jh.
als dicke Pasten angerührt, wie Merrield schreibt: „e Mar-
ciana Ms, also directs that all the colours were to be ground with
oil as sti as possible, that is, with very lile oil, and that they
were be ground so nely that on being felt with the ngers no hard
grains could be perceived. is is in accordance with the old Ital-
ian practice, […].” [Merrifield 1967, S.230]. Technologisch
bedeutet dies, dass sich diese Systeme nahe der „Kritischen
Pigment-Volumen-Konzentration“ befanden. In der aktuellen
kunsechnologischen Literatur wird zudem darüber speku-
liert, dass die Pigmente möglicherweise zuerst mit Proteinen
angerieben wurden [Ranquet et al. 2023]. Aus den zwan-
zig hier untersuchten Quellenschrien lässt sich eine solche
Farbzubereitung aber nicht als gängige Technik belegen.
Zugabe von Firnis zu Ölfarben
Bei der historischen Betrachtung der „Ölfarbe“ ist zu berück-
sichtigen, dass bei diesem Malmiel immer von trocknenden
Ölen mit unterschiedlichen organischen und anorganischen
Additiven ausgegangen wird. Den Ölfarben werden neben
anderen Siccativen in fast allen Rezepten Firnisse in unter-
schiedlicher Menge zugegeben |n°4,14,16,18–23|. Bereits im
Strassburger Manuskript (um 1400–1412) heisst es beispiels-
weise: „Hie merke dies varwen sol man alle gar wol riben mit dem
öli und ze jüngest so sol man under ieglich varwe drie toph virnis
riben und tu denn ie die varw sunder in ein rein geschirr und wür-
ke do mit was du wilt“. [Neven 2016, S.121] |n°20| In diesem
Falle ist die Menge relativ gering und dient primär zur besse-
ren Initiierung der Oxidation. In anderen Rezepten kann dies
eine beträchtliche Menge sein. Aus dem Solothurn Codex S
392 (um 1500) ist ersichtlich, dass Mastix alternativ zu an-
deren Siccativen verwendet wird, und somit als Trockensto
den Ölen zugegeben wird |n°24|. Die Beimischung erfolgt
fast ausschliesslich in üssiger Form, nur selten als Feststo
|n°25|. Sie werden gerne aus „altem Öl“ hergestellt |n°26| und
enthalten unterschiedliche rezente und fossile Harze. Aus ver-
schiedenen Ausführungen geht hervor, dass die Firnisse dick-
üssig und konzentriert waren, zum Beispiel wie „zerlassener“
Honig |n°27,28|. Dies wird getestet, indem dieser nicht mehr
durch ein Papier iessen kann: „[…] wiltu dann wissen wenn
es gnug hat, so nem ein papir, laß ein tropen darau fallen, eust
es durch so hat es nit genug, eust es aber nit durch so hat es gnug
[…]“. [Manuskript Germ Quart. 417, um 1510–1535,
S.19v, 20r] |n°29|. Oder die Zähheit wird mit dem Finger ge-
prü, indem dieser einen Faden ziehen sollte|n°26–28,30|.
Vergleichbar ist der Tropfentest, wo der Firnis nicht mehr
abtropfen kann: „[…] vnd sewt ys also lange bys dy troppin an
dem messir hangen“ [Vienna Ms 3007, 1472, S.127v] |n°31|.
Auch die Firnisse waren mit den gebräuchlichen Siccativen
versehen |n°24,26| wodurch indirekt auch die Ölfarben sic-
cativiert wurden. In diesem Kontext ist erwähnenswert, dass
im Solothurn Codex S 392 (um 1500) die eziente Silberglät-
te Verwendung ndet, welche das erste Mal nördlich der Al-
pen erwähnt wird: „[S]Ilber glet geriben gepuluert vnd in rnieß
gesoen trucknet vbernacht“ [Solothurn Codex S 392, um
1500, S.217] |n°32|. Schon wenige Jahre später taucht diese
auch in weiteren deutschsprachigen Quellen auf |n°33|. Die
ausgezeichnete Wirkung von Bleioxiden hat dann insbeson-
dere auch die Möglichkeiten der Ölmalerei im 16.Jh. und spä-
ter massgeblich geprägt [Zumbühl et al 2022].
210
Verdünnen der Ölfarben
Nach dem fertigen Anreiben wurden die Farbpasten zur Auf-
bewahrung ludicht aufgehoben, indem zum Beispiel das
Gefäss mit einer eingeölten Blase verschlossen wurde|n°34|,
oder die Farbe mit Wasser abgedeckt wurde|n°35|. Die Aue-
wahrung in Schweinsblasen kommt erst im Laufe des 16.Jhs.
auf [V&A 2024]. Zur Verarbeitung mussten die Pasten ver-
gleichbar mit heutigen Tubenfarben verdünnt werden |n°36|.
Flüchtige Lösemiel fanden aber um 1500 noch keine An-
wendung. Zum Verdünnen wurde Firnis genommen, welcher
bis zur gewünschten Konsistenz zugefügt wird. Im Solothurn
Codex S 392 (um 1500) heisst es dazu: „[…] vnd tuo rnieß
darin bis es dün gnuog nach dinem gefallen […]“ [Solothurn
Codex S 392, um 1500, S.104] |n°15|. Alternativ können die
Farben auf der Palee mit dünnem Öl versetzt werden, wie es
im Liber illuministarum (um 1500) erläutert wird: „[…] vnd
auf der schin tafel sol man sÿ erst mischen dÿ öl farb mach dinner
mit mer ols“ [Bartl et al. 2005, S.184] |n°37|. Auch dies-
bezüglich unterscheidet sich die Gepogenheit des Nordens
nicht wesentlich vom Süden. Im Marciana Ms (1513–1527)
wird die dicke Farbe etwa dadurch verdünnt, das der Pinsel
zuerst ins üssige Öl getaucht wird, bevor die Farbe aufge-
nommen und vermischt wird: „[…]: similimento quando tu
dipigni e ti fussi troppo sodo toca un poco d’olio col pennello et
incorpora bene col colore.“ [Merrifield 1967, S.626]. Die Hy-
pothese von Berger, wonach miels Eigelbzugabe eine wässri-
ge Verdünnung der Öle erzielt wurde [Berger 1897, S.256],
ndet hingegen in den historischen Rezepten um 1500 keine
Entsprechung.
Fassungstechnik im Solothurn Codex S 392
Neben der Ölfarbenherstellung wird im Solothurn Codex S
392 (um 1500) auch die Fassungstechnik und die Ausarbei-
tung von Inkarnaten detailliert beschrieben. Wie häug in den
Quellenschrien dieser Zeit lassen sich bestimmte Arbeiten
auf „[…] tafel vnd pild zw öl farben […]“ [Bartl et al. 2005,
S.184] |n°38|übertragen. Zwar wird auch hier nicht zwischen
den Kunstgaungen unterschieden, aber aus dem maltech-
nischen Schichtauau und der Applikationstechnik der Far-
ben kann auf Skulpturenfassungen geschlossen werden. Die
klassische Inkarnatgestaltung in der Tafelmalerei um 1500
war noch eine klassische Schichtentechnik, nicht selten mit
unterschiedlichen Bindemielsystemen [Lehmann 2007,
Thomas 2014]. Hingegen hae bei Skulpturenfassungen
das Ineinandermalen von opaken Ölfarben bereits eine län-
gere Tradition. Bereits eophilus (12.Jh) verweist aber da-
rauf, dass Ölfarben nur dort Anwendung nden können, wo
eine Trocknung an der Sonne möglich ist und dass eine weite-
re Schicht erst aufgetragen werden kann, wenn die vorherge-
hende trocken ist [Ilg 1970, S.60]. Dieser Hinweis ndet sich
auch in den Quellen des 13. |n°39| und 14. Jhs. |n°40|, was bei
Figuren [„ymaginibus“] langwierig und ermüdend sein konn-
te |n°41|. Daher wurden auch bei Skulpturen die Schichten
dünn gehalten. Zudem war man sich der Trocknungseigen-
schaen der Pigmente bewusst und hat dies gezielt genutzt
|n°42|. Daher hat sich bis um 1500 auch bei Inkarnatfassun-
gen eine anspruchsvolle Schichtentechnik entwickelt, was
sich aus den Beschreibungen des Solothurn Codex S 392 wie
folgt erschliessen lässt:
Holzvorbereitung und Grundierung
In einem ersten Schri wird das Holz für die Grundierung vor-
bereitet. Gibt es im Holz Spalten oder Astlöcher, werden diese
zuerst verkiet |n°43,44|. Spalten werden mit Leim und Säge-
mehl verschlossen|n°44|. Für Löcher kommt „Schmiedstaub“
und Kreide zum Einsatz |n°43|. Danach erfolgt eine Leimträn-
kung, welche drei- bis viermal appliziert wird. Beim letzten
Aufstrich wird eine dünne Grundierung so rasch aufgetragen,
dass sie sich noch mit dem Leim durchmischen kann. Danach
folgen drei bis vier dickere Grundierungsschichten: „[…]
daz muoß vor 3 oder 4 mal gelým trenckt sin / vnd darnach ain
dinn wisin daru daz es sich vnder ainander vermisch vnd dar-
nach ýe dicker vnd ýe dicker […]“ [Solothurn Codex S 392,
um 1500, S.97] |n°45|. Analoges Vorbereiten nden sich auch
in anderen Quellen der Zeit|n°38|. Will man vergolden, dann
ist eine dickere Grundierung notwendig. In diesem Falle wer-
den fünf bis sechs Grundierungsschichten aufgebracht. Der
Aurag erfolgt durch Aufstupfen und nachträglichem Ver-
streichen: „[…[ vnd stopß wol hin in / darnach strichs mit dem
bensel daz es eben werd“ [Solothurn Codex S 392, um 1500,
S.97] |n°45|. Im Liber illuministarum wird die Grundierung
abschliessend noch mechanisch nachbearbeitet|n°38|.
„Fundament“ und Isolierung
Die leimgebundenen Schichten beschränken sich hier aber
nicht auf die Grundierung. Für „Ein guot Fundament“ wird als
nächstes eine eischfarbene Schicht aufgetragen, welche in
Pergamentleim gebunden ist. Dazu wird Kreide mit armeni-
schem Bolus vermengt, so dass sich eine helle Inkarnatfarbe
ergibt: „[…] nim dann die selben criden […] vnd tuo darunder
polum armenum daz ein wenig pleich seý vnd nit hert darunder
vnd rib die ij fast wol vnd thuo des poluns nit me vnder die criden
dan daz es ein guote lib farb sý […]“ |n°46| (Abb. 2). Das Ganze
wird mit Netzmieln vermengt und als Leimfarbe appliziert:
„[…] So seüd ein reines berment lýmel daz es ein wenig ha
vnd mit dem selben lým temperir in dann v als vil du wilt haben
211
vnd trag in dann v […] vnd schab in rain“ [Solothurn Co-
dex S 392, um 1500, S.110-111] |n°46|. Technisch ist diese
Schicht der Grundierschicht vergleichbar, welche am Schluss
auch zu einer glaen Oberäche geschabt wird. Gleichzeitig
stellt diese aber auch der erste, schnell trocknende Grundton
des Inkarnatauaus dar. Um das Penetrieren der Ölfarbe in
tieferliegende Schichten zu vermeiden, wird abschliessend
mit Leim isoliert: […] So über far es mit ainem dinnen lým v
die farben daz haist lým getrenckt / vnd ist darzuo guot daz der
rniesz vnd das öl nit hin in wüsch etc“ [Solothurn Codex S
392, um 1500, S.96] |n°47|. Im Gegensatz dazu wird Im Liber
illuministarum (um 1500) für Ölmalerei auf Holztafeln eine
Öltränke beschrieben |n°48|.
Mischen von Inkarnatfarbe
In den einzelnen Rezepten zu Inkarnatfarben wird o nicht
auf das Bindemiel eingegangen. Im Solothurn Codex S 392
(um 1500) wird nur im ersten Rezept einer Rezeptabfolge
darauf hingewiesen: „[K]Ind lib farb in öl […]“ [Solothurn
Codex S 392, um 1500, S.96] |n°49|. Vergleichbar wird im
Strassburger Manuskript (um 1400–1412) verfahren |n°50|.
Im Weiteren wird nur noch auf die Pigmentierung eingegan-
gen, wobei diese dem Figurentypus angepasst war |n°51–54|.
Die überschaubare Farbpalee war damals weit gebräuchlich
und ndet sich bereits im Strassburger Manuskript: „Item wil
du ein schön libvar machen zu jungen lüten so nim enwenig
zinober ouch als viel minie und aller meist paris rot und mü-
sche dar under das merteil bliwis und ptier das alles wol under
enander […]“ [Neven 2016, S.124] |n°55|. Der Hauptanteil
besteht immer aus Bleiweiss, welches dann abgetönt wur-
de. Die wichtigsten Rotpigmente waren Zinnober, Mennige
und Parisrot. Unter letzterem wird ein roter Farblack verstan-
den, der aus Lac Dye, Kermes oder Krapp bestehen konnte
[Bartl et al. 2005, S.715]. Teilweise wurde der Farbsto auch
mit Laugen von gefärbter Wolle extrahiert und mit Alaun ge-
fällt [Kirby et al. 2005] |n°56,57|. Auch bei Skulpturen aus
der Werksta Strigels wurde dies schon nachgewiesen [Cunz
2024]). In gleicher oder ähnlicher Form ndet sich dieses Re-
zept für „Leibfarbe“ bis in die erste Häle des 16.Jhs |n°58–
60|. Für alte oder „braune Leute“ kommt noch ungebrannter
oder gebrannter Ocker dazu |n°61–64|. Für Leichname wird
noch wenig „blýgel“|n°65| beigemischt manchmal zusätzlich
auch noch ein Schwarzpigment, wie z.B. Russ|n°66|, um einen
fahlen Grauton zu erhalten. Auch „Lasurasche“, ein nicht ge-
nauer spezizierbares Blaupigment von geringer Reinheit und
Färbung [Eastaugh et al. 2008], ndet bereits im Strassburger
Manuskript (um 1400–1412) Verwendung |n°66|.
Ausführung eines Inkarnates
Die Ausführung eines Inkarnats unterscheidet sich zwischen
der Tafelmalerei und Skulpturenfassung grundlegend. Für
eine malerische Umsetzung bei der Tafelmalerei soll die Far-
be erst auf der Palee gemischt werden |n°37|, während für
die Fassung von Skulpturen eine Vorbereitung verschiedener
Farbtöne sinnvoll ist, wie es auch im Solothurn Codex S 392
ausgeführt wird. Zuerst wird die zartrosa Gesichtsfarbe dünn
aufgetragen: „Ain antlit [M faciem] zuo machen – [I]Tem strich
Abb. 2 Rezept „Ein guot Fundament“ zur Herstellung und Applikation eines rosafar-
benen Grundes für die Inkarnatmalerei aus dem Solothurn Codes S 392 (um 1500,
S.110–111). Die Transkription von Manfred Lautenschlager ndet sich im Anhang
|n°46|. Abb. ©[e-Codices 2024].
212
die lib farb an süch die ogen / naß vnd mund mit der liechten bu-
schierung vast dinn daz man es kum sech […]“ [Solothurn
Codex S 392, um 1500, S.99] |n°67|. Der dünne Farbaurag
hat die Funktion, dass die rötliche Tönung des „guot Funda-
ment“ ästhetisch mitwirkt und gewährleistet zudem eine gute
Trocknung. Dann werden die Wangen und anderen Rotpar-
tien angelegt. Dies wird als „Rosinieren“ bezeichnet. Dies
erfolgt in den unterschiedlichen Partien verschieden stark
|n°68|. Die Übergänge werden zuerst mit einer hellen Far-
be angelegt und danach mit saeren Farben ausgearbeitet,
bis sich schöne Farbübergänge ergeben |n°67|. Dazu wurden
unterschiedliche „Buschierfarben“ verwendet, welche zuvor
aus einem rosafarbenen Grundton in zwei Farbabstufungen
aufgehellt wird |n°69|, oder indem der Mielton (Leibfar-
be) einmal verdunkelt und einmal Weiss aufgehellt wird: „[I]
Tem wann du ains kinds lib farb haust So nim ab dem stain ain
wenig lib farb vnd mach dann v dem stain darunder ain wenig
ougers vnd schwartz vnd mach es sat gnuog darnach magstu aber
ain liechterin daruß machen darnach aber ain liechterin vnd sol es
mit blýwisz liechter machen“ [Solothurn Codex S 392, um
1500, S.92] |n°70|. Die Art der Ausgestaltung soll sowohl in
der Intensität als auch der Farbigkeit dem Menschentypus an-
gepasst sein |n°71,72|. Nach Ausführung der Augen |n°67|,
werden abschliessend gewisse Inkarnatpartien mit einer hel-
leren Fleischfarbe aufgehellt, insbesondere die Höhungen an
Stirn, Nase und Kinn, wohl um die plastische Wirkung zu stei-
gern: „[I]Tem wenn du die angesicht verhöhen wilt So tuo ain we-
nig blýwisz in die lib farb vnd verhöch es nit mit gantzen blýwiß
[…]“ [Solothurn Codex S 392, um 1500, S.93] |n°73|.
Die Auragstechnik selbst wird nur marginal beschrieben.
Was mit „streichen“ der Ölfarbe gemeint sein könnte, lässt
sich aber möglicherweise aus folgendem Kommentar er-
schliessen: „[…] darnach strich ain baris rot mit öl geriben da-
rüber / stüps strichs dann / […]“[Solothurn Codex S 392,
um 1500, S.96] |n°74|. Hier werden die Farben zuerst aufge-
stup und anschliessend vertrieben oder verstrichen, was ver-
muten lässt, dass die Farben nur mässig verdünnt waren und
viskos verarbeitet wurden [Faldey 2019].
Kunsttechnologische Daten im Kontext der historischen
Rezepte
Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie die historischen Infor-
mationen einzuordnen sind. Immer wieder werden Inhalte
der mielalterlichen Quellen relativiert, weil solche Rezept-
kompilationen nicht unbedingt die handwerkliche Tradition
einer Zeit abbilden würden, da sie o nicht von fachkundi- würden, da sie o nicht von fachkundi-, da sie o nicht von fachkundi-
gen Personen verfasst seien. Clarke meint beispielsweise:
„e dream of art-technological source research is to nd auto-
graph manuscripts by identiable individual artists in which they
set down their own workshop practices in their own words. ese
are, however, extremely rare.“ [Clarke 2011, S.13]. Diese An-
Abb.3 Links: Altarschrein mit der Hl. Maria des Retabels von Grono (GR) (1510) ist der
Werkstatt von Ivo Strigel zugeschrieben [Poeschel 1943] (Links: © R hätisches Museum
Chur CH). Ivo Strigel aus Memmingen bezeichnete sich 1463 als Bildhauer, später auch
als Maler. Rechts: Das Detail der Hl. Maria [Thenen 2023, S.63] zeigt die historische Fas-
sung, welche in den 1960er Jahren freigelegt wurde.
213
Abb.4 Links: HF xpol: Hellfeldaufnahme mit gekreuzten Polarisatoren, BSE: Rückstreuelektronenbild. Die FTIR-FPA Images zeigen die relative
Konzentration der jeweiligen Komponenten. Über den Bildern ist der integrierte Spektralbereich angegeben. Rechts: Schematische Abbil-
dung der Schichten mit Farbmittel- und Bindemittelangaben.
214
sicht ist nicht grundsätzlich falsch, trägt aber auch nicht dem
realen Potential der historischen Quellen Rechnung. Gera-
de im Bereich von Skulpturenfassungen ist eine Verizierung
der überlieferten Schrien limitiert, da die materialanalyti-
sche Datenbasis noch recht bescheiden ist. Am Beispiel des
Solothurn Codex S 392 (um 1500) soll hier aufgezeigt wer-
den, dass etwa die beschriebene Fassungstechnik des Inkar-
nates sehr wohl eine erstaunliche Aktualität und Faktentreue
aufweist. Dies wird im Folgenden anhand der kunsechno-
logischen Untersuchung einer zeitnah entstandenen Mari-
enskulptur aus dem Flügelaltar von Grono GR aufgezeigt
[Thenen 2024], welche sich heute im Rhätischen Museum
in Chur bendet. Das Werk wurde von der Werksta Ivo Stri-
gel geschaen und ist 1510 entstanden (Abb.3).
Kunsttechnologische Untersuchungen der Fasstechnik
von Ivo Strigels Werkstatt um 1510
Die Skulptur wurde optisch untersucht. Anschliessend er-
folgten die analytischen Untersuchungen an Anschlien, wel-
che in verschiedenen Inkarnatbereichen entnommen wurden
[Thenen 2023]. Der Schichtauau wurde mikroskopisch
untersucht. Die Charakterisierung der Bindemielzusam-
mensetzung und die Visualisierung der Verteilung innerhalb
des Strukturgefüges erfolgte mit Chemical Imaging mit FTIR-
FPA [Zumbühl et al. 2014], die Pigmente wurden miels
Elementanalyse REM–EDX und Ramanspektroskopie analy-
siert.
Die Grundierung des Bildwerkes erfolgte entsprechend
der allgemeinen Gepogenheiten der Zeit|n°45|. Diese be-
steht aus natürlicher Kreide mit Coccolithen, welche mit we-
nig Leim gebunden ist (Abb.4, Schicht 1). In den historischen
Quellen werden die Grundierungen meist mehrschichtig be-
schrieben. Dies lässt sich hier nicht eindeutig eruieren. Der
Aurag ist auf jeden Fall unterschiedlich dick, wobei dieser
insbesonders im Bereich der fein geschnitzten Augen merk-
lich dünner ist (Abb.5B). Darauf folgte in der gleichen Art
eine gefärbte Schicht, welche im Solothurn Codex S 392 als
„Ein guot Fundament“ |n°46|bezeichnet wird. Die Grundfarbe
besitzt einen hellen rosaroten Farbton: „[…] daz es ein guote
lib farb sý […] [Solothurn Codex S 392, um 1500, S.110–
111] |n°46|Im Gegensatz zum historischen Rezept orientierte
sich die Pigmentierung hier an den Farbschichten und enthält
Bleiweiss, Zinnober und ein roter Farblack, welcher auf Calci-
umcarbonat gefällt ist. Der Aurag der rosa Schicht erfolgte
auf der gesamten Gesichtsäche, wobei die Lippen und Wan-
gen ausgespart wurden (Abb.5C). Diese dünne Schicht von
ca. 10 µm Stärke ist mit einem proteinischen Leim gebunden,
wie es im Rezept dazu ausgeführt wird: „[…] vnd rýb dann die
alle sant mit ainem lautern wasser wol vnder ainander Vnd wann
du dann daz bruchen wilt So seüd ein reines berment lýmel daz
es ein wenig ha vnd mit dem selben lým temperir in dann v als
vil du wilt haben vnd trag in dann v wie rain oder wie scharp
du wilt vnd hüchts dann daru vnd schab in rain etc.“ [Solo-
thurn Codex S 392, um 1500, S.110–111] |n°46| (Abb.4,
Schicht 2). Nach der Trocknung wurden die roten Kreise ange-
legt, welche später die rosigen Wangen denieren, was als „Ro-
sinieren“ bezeichnet wird. Gleichzeitig wurden auch die Nase,
Kinn und die Augen entsprechend akzentuiert (Abb.5D).
Hier ist die zusätzlich aufgelegte Farbe noch intensiver als bei
den Wangen (Abb.4C, Schicht 2b), was den Angaben der his-
torischen Quelle entspricht: „Rosineren – [I]Tem ain owen
antlit sol man rosineren am wangen nit fast Aber dan dem do es
fast schwartz ist noch fester vnd an dem kin och / vnd an der naß
als ain wenig“ [Solothurn Codex S 392, um 1500, S.93]
|n°68|. Nach diesen Vorarbeiten erfolgte eine Leimtränke
(Abb.4, Schicht 3). Interessanterweise wurde diese Schicht
nur auf ausgewählten Bereichen des Gesichts aufgetragen,
insbesondere den Wangen und der Stirn, während sie auf der
Nase fehlt. Der Leim war so viskos, dass dieser trotz des saug-
fähigen Untergrundes lmbildend war, wie es im BSE-Bild als
dunkle Linie erkennbar ist (Abb.4A). Entsprechend ist der
proteinische Leim auch nur geringfügig in die tiefere Schicht
eingedrungen. Diese Isolierung hat die Funktion die Binde-
mielpenetration der folgenden Ölmalschichten zu vermei-
den: „[N]Ota bene Ee du die öl farb v tregst So über far es mit
ainem dinnen lým v die farben daz haist lým getrenckt / vnd ist
darzuo guot daz der rniesz vnd das öl nit hin in wüsch etc [Solo-
thurn Codex S 392, um 1500, S.96] |n°47|.“
Abschliessend wurde der blasse Hauon als Ölfarbe ein-
schichtig appliziert (Abb.4, Schicht 4). Das Öl enthält ei-
nen geringen Proteinanteil. Pigmentiert ist die Farbe fast
ausschliesslich mit basischem Bleiweiss. Das Farbmiel, wie
Zinnober, ist nur in Spuren enthalten. Generell entspricht die
Farbpalee mit Bleiweiss, Zinnober, rotem Farblack (Paris-
rot) und Beinschwarz der beschriebenen „Leibfarbe“ für jun-
ge Menschen und Kinder: „[K]Ind lib farb in öl Recipe bliwiß
zinober / biß es recht werd / sin rosinerung Recipe zinober vnd ein
wenig barisrot lützel“ [Solothurn Codex S 392, um 1500,
S.96] |n°49|. Der Aurag erfolgte in unterschiedlicher Dicke
zwischen 2 und 25 μm. Diese Technik ermöglichte es, leich-
te Farbnuancen zu erzielen, indem der warme Grundton op-
tisch unterschiedlich stark mitwirkt. Der helle Hauon wird
zunächst auf die Randbereiche von Gesicht, Stirn und Hals
deckend aufgetragen. Gegen die Bereiche, welche zuvor rot
hervorgehoben wurden, wird der Farbaurag immer dünner:
[I]Tem strich die lib farb an süch die ogen / naß vnd mund […]
vast dinn daz man es kum sech […]“ [Solothurn Codex S
392, um 1500, S.99] |n°67|. Die Augenhöhlen und die rot her-
215
vorgehobenen Bereiche um die Nasenügel wurden entspre-
chend mit einer sehr dünnen weißen Lasur überzogen, um die
rötliche Hauöne zu modellieren (Abb.5E). Die Zentren der
Wangen weisen wohl gar keine Deckfarbe auf. Eine technische
Variante wurde für die Nase verwendet. Da hier keine abdich-
tende Isolierschicht aufgetragen wurde, wird das Bindemiel
des sehr dünn aufgetragenen Hauons nun teilweise von der
rosa Schicht aufgesaugt (Abb.4C), wodurch ein zarter, weißer
Schimmer auf der Oberäche entsteht.
An den Wangenübergängen ist der Hauon leicht rosa
eingetönt, um schönere Farbverläufe erzielen zu können.
Dazu wird eine abgetönte Buschierfarbe verwendet (Abb.4B,
Schicht 4): „Ain antlit [M faciem] zuo machen – […] buschiers
mit der liechten buschierung […] Darnach mit noch ainer seer
buschierung / darnach aber mit ainer seer […].“ [Solothurn
Codex S 392, um 1500, S.99] |n°67|. Anschliessend erfolgt
die Vollendung der Fassung mit der Ausführung der Details
wie Mund und Augen, welche in einem Rezept detailliert be-
schrieben wird |n°67|. Das zusätzliche „Verhöhen“ |n°73| ge-
wisser Gesichtspartien erübrigte sich hier, da dieser Eekt
bereits durch einen lokal dickeren Farbaurag der Inkarnat-
farbe bereits imitiert wurde. Diese Fassungstechnik zeigt, dass
sie grosse Analogien mit den Anweisungen um Solothurn Co-
dex S 392 aufweist.
Schlussbetrachtung
Die Bedeutung historischer Quellen kann im praktischen Kon-
text natürlich ambivalent betrachtet werden [Oltrogge 2005,
Clarke 2011]. Dies widerspiegelt sich auch im Solothurn Co-
dex S 392. Wie auch andere Quellenschrien um 1400–1550, ist
dieses Buch in gewissen Teilen eine Kompilation von Rezepten
Abb.5 Abfolge der Arbeitsschritte [THENEN 2024]. Die Vorarbeiten A-D er folgten in
proteinisch gebundenen Malfarben. Gewisse Farbbbereiche wurden für das „Rosinie-
ren“ ausgespart. Nach dem „Rosinieren“ erfolge eine Leimtränke. Nur die abschlies-
sende, blasse und einschichtig aufgetragene Inkarnatfarbe erfolgte in Öl. Dieser Ar-
beitsschritt schliesst die „Buschierungen“, also das Ausgestalten der Farbübergänge der
Wangen, sowie die Ausgestaltung der Augen mit ein.
aus verschiedensten Bereichen wie der Kunsechnologie, Medi-
zin, Kulinarik und Alchemie [e-Codices 2024]. Dies steht ver-
mutlich noch in der Tradition von klösterlichen Sammelbänden
des 15.Jhs., welche damals im Geiste des Humanismus entstan-
den [Lautenschlager 2005]. Dabei ging es primär um eine
enzyklopädische Wissensakkumulation. In dieser Zeit kommen
aber auch Rezeptsammlungen von weltlichen Fachpersonen auf
[Oltrogge 2024]. Erst eine vollständige Transkription des So-
lothurn Codex S 392 wird hier wohl eine detailliertere Einord-
nung dieses Werkes zulassen.
Der enzyklopädische Aspekt dieses Buches widerspiegelt
sich in der Auistung loser Rezepte, welche fast wörtlich aus
früher entstandenen Texten übernommen wurden. Dies tri
beispielsweise auf die Herstellung von Ölfarben zu, welche um
1500 bereits eine längere Tradition besass. Hier umfassen die
Rezepte eine grössere zeitliche Dimension, wobei die Rezept-
inhalte meist nicht aktuell reektiert wurden. Hingegen ent-
hält der Codex auch viele Neuigkeiten aus ganz verschiedenen
Fachgebieten. Es ist oensichtlich, dass der gebildete Schrei-
ber ein hohes Interesse an zeitgenössischem, technologischem
Wissen hae. Dieses aktive Sammeln von verfahrenstechni-
schen Informationen düre somit bevorzugt im regionalen
Umfeld erfolgt sein [Oltrogge 2024]. So wird beispielswei-
se eine Fassungstechnik in einer streng strukturierten Schri-
für-Schri-Anweisung sehr detailliert beschrieben. Hier kann
basierend auf den kunsechnologischen Untersuchungen ei-
ner Marienskulptur der Werksta Ivo Strigels aus Memmin-
216
gen aufgezeigt werden, dass die aktuelle Handwerkspraxis
(Abb.5) sehr präzise wiedergegeben wird. Zwar ist der ge-
naue Entstehungsort des Solothurn Codex S 392 (um 1500)
nicht bekannt, aber schreibsprachliche Merkmale weisen als
Entstehungsort ebenfalls in den schwäbischen-niederaleman-
nischen Grenzbereich hin [e-Codices 2024]. Da sowohl der
Codex (um 1500) (Abb.1), als auch das Retabel von Grono
(1510) (Abb.3), zeitnah im und wohl im gleichen geogra-
schen Umfeld entstanden sind, repräsentiert dieses Buch die
Arbeitspraxis der südwestdeutschen Fassmaler zu Beginn des
16.Jhs.
Diese Studie zeigt, dass die Kombination von historischen
Rezepten und Analysedaten von Kunstwerken uns heute er-
laubt, einen tieferen Einblick in die Handwerkstradition des
Spätmielalters, respektive zu Beginn der frühen Neuzeit, zu
erlangen. Die beschriebene Technik macht erkennbar, dass
die individuellen Materialeigenschaen in hohem Masse ge-
zielt genutzt wurden und dass diese auf stringente Weise in
ein übergeordnetes System eingebunden waren. Indem die
farbliche Anlage der Inkarnate in Protein gebundenen Schich-
ten erfolgte, konnte eine eziente Umsetzung gewährleistet
werden. Anschliessend wurde in optimaler Weise gezielt die
lange Verarbeitbarkeit der Ölfarbe genutzt. Dies ermöglich-
te bei versierter Umsetzung eine Modellierung von feinen
Farbnuancen, alleine durch die unterschiedlich Auragsdi-
cke einer einzigen Farbschicht. Mit einer durchschnilichen
Schichtstärke von 10 µm (1/100 mm) war zudem eine aus-
reichend schnelle Trocknung der voroxidierten Ölfarbe ge-
währleistet. Diese Art der Fassungstechnik oenbart uns ein
äusserst durchdachtes System und zeugt von grossem hand-
werklichem Geschick und einem hohen Stand an technologi-
schem Wissen.
Abstract
e colour design of wooden sculptures at the end of the 15th
century can be regarded as the culmination of Gothic paint-
ing techniques. Artists’ utmost concern in this period was the
perfection of the esh tones. It is this particular aspect of a his-
toric painting technique that is explored in greater depth here.
e focus of this study was set on the choice of materials, paint
preparation and the painting techniques in the late Gothic pe-
riod. One topic is the production of oil paint as transmied
through documents in German, based on 20 literary sources
wrien between 1400–1550. With respect to descriptions
on the painting technique, however, the number of sources is
much smaller, limiting this review to the Solothurn Codex S
392 (c.1500). erein, one application technique is described
in greater detail. e combination of historical recipes and
analytical data collected on an artwork by Ivo Strigel (1510)
permied to gain a deeper insight into the cra tradition at
the time. e presented example very precisely matches the
Solothurn Codex S 392 cra practice description with chemi-
cal and stratigraphic analytical data. e layer structure with a
protein-bound, pink-coloured primer allowed a time-consum-
ing working process. e long workability of the subsequent
oil paint made it possible to create ne nuances of colour by
simply modelling the thickness of a single, slightly translucent
white paint layer across e.g. the variable facial sections. is
type of painting technique correlated with this particular case
reveals a highly elaborated system, demonstrating great cras-
manship and a high level of technological knowledge.
Dank
Ein spezieller Dank geht an das Rhätische Museum in Chur,
welches durch seine grosszügige Unterstützung diese Un-seine grosszügige Unterstützung diese Un-
tersuchungen ermöglicht hat. Zudem hat das Museum das
Foto (Abb.3) zur Verfügung gestellt. Hier seien namentlich
die ehemalige Direktorin Dr. Andrea Kauer Loens und die
Inventarisatorin Ute W. Goschall genannt. Insbesondere
geht ein grosser Dank an die Restauratorin Martina Nicca
für die Betreuung im Depot Haldenstein. Auch Beat Fischer
sei gedankt, der die Untersuchung ins Rollen brachte. Ha-
rald eiss vom Museum Liebieghaus in Frankfurt hat die
Untersuchungen als Co-Referent der MA-esis von Tiziana
enen begleitet. Für seine grosse und kompetente Unterstüt-
zung bedanken wir uns ganz herzlich. Manfred Lautenschlager
danken wir für die Transkription der hier publizierten Rezep-
te des Solothurn Codex S 392. Ein weiterer Dank geht an Dr.
Nadim C. Scherrer des Kunsechnologischen Labors der Ber-
ner Fachhochschule HKB/BFH, welcher das REM-BSE Bild
in Abb. 4A beigesteuert hat. Gedankt sei auch Karin Wyss für
Ihre Unterstützung im Labor. Ein ganz besonderer Dank geht
an Prof. Dr. Doris Oltrogge, welche durch Ihre ausführlichen
Informationen massgeblich zur Kontextualisierung der Solo-
thurn Codex S 392 beigetragen hat. Zudem danken wir Anna
Bartl und Prof. Dr. Christophe Krekel, welche bei der Quellen-
recherche mit fachlicher Unterstützung behilich waren. Ein
weiterer Dank geht an die Assistentin Alina Schmid des Stu-
diengangs Konservierung und Restaurierung HKB, die den
Rücktransport der Skulptur durchführte. Gerne möchten wir
noch unseren Dank an das Schweizerische Institut für Kunst-
wissenscha SIK-ISEA aussprechen, welches uns die Unter-
lagen zur Freilegung des Retabels von Grono zur Verfügung
gestellt hat. Abschliessend danken wir Barbara Spalinger
und Dr. Nadim Scherrer für die Korrekturen des Textes.
Die Digitalisierung des Solothurn Codex S 392 erfolg-
te durch die Miel des Schweizerischen Nationalfonds SNF,
Projekt 156050: „Die Erschliessung von kunsttechnolo-
217
gischen Quellen in Schrift und Bild“, 2015–2019, unter
Leitung von Prof. Dr. Anne Krauter, Berner Fachhochschule
BFH. Der Solothurn Codex S 392 ist digital zugänglich via [e-
Codices 2024],
Anhang
Für Rezeptvergleiche mit dem Solothurn Codex S 392 wur-
den folgenden Manuskripten herangezogen. Der Schwer-
punkt liegt auf den deutschsprachigen Rezepten zwischen
1400–1550:
Item wiltu gold usz der feder schriben…, Solothurn Codex S 392
(um 1500), Zentralbibliothek Solothurn CH
Compendium artis picturae, Ms. Bruxellensis 10147–10158
(um 1205), Bibliothèque Royal Brüssel B
Ms 4260–63, Königl. Bibl., Ms. 4260–63 (um 1350), Biblio-
thèque Royal Brüssel B
Liber diversarum arcium, Manusript H 277 (um 1400), Biblio-
thèque interuniversitaire, Montpellier F
Strassburger Manuskript (1400–1412), Original verbrann-
te 1871 [Zindel 2010], älteste Abschri von C.L. Eastlake
[Eastlake 1847]: Ms. A., VI.19. National Gallery London
GB. Frühe Publikation in: [Berger 1897, S.154].
Prager Malerbuch, Cod. XI D 10 Rec. 1075 (1400–1450), Na-
tionalbibliothek Prag CZ
Cod. Pal. Germ. 620 (um 1400–1450), Universitätsbibliothek
Heidelberg D
Mielrheinisches Malerbuch, Ms. Germ. Fol. 244 (um 1445)
Staatbibliothek Berlin D
Johannes De Ketham, De diversis artibus …, Ms Sloane 345
(um 1460–1470), British Library London GB. Es handelt
sich dabei um eine Abschri des Ms 4260–63 (um 1350) der
Bibliothèque Royal, Brüssel B
Nürnberger Kunstbuch, Ms. Cent. VI 89 (um 1470–1480),
Stadtbibliothek Nürnberg D
Wiener Manuskript ,3007, (1472), Österreichische National-
bibliothek A
Codex Germanicus Cgm 720 (1475–1500), Bayerische
Staatsbibliothek, München D
Jakob Haller, Colmarer Kunstbuch, Mss.h.h.XII.45 (1479) Bur-
gerbibliothek Bern CH
Trierer Manuskript, Anonymus Ms. SB–1028 (um 1490), Stadt-
bibliothek Trier D
Liber illuministarum, Cgm 821 (um 1500), Bayrische Staatsbi-
bliothek München D
Bamberger Malerbüchlein, Msc. eol. 225 (1503–1509),
Staatsbibliothek Bamberg D
Vier puchlin von allerhand farben vnnd anndern kunnsten, Ms.
Germ. Quart. 417 (um 1510–1535), Staatsbibliothek Berlin D
Wolfgang Sedelius, Cod. Germ. 4117, 4118 (um1540–1558),
Bayrische Staatsbibliothek München D
Boltz von Ruach, gedrucktes Werk, Basel (1549) [Boltz
von Ruffach 1549]
Engelberg Codex 431 (16.Jh.), Stisbibliothek Engelberg CH
218
Zitierte Rezepte:
Ölzubereitung
|n°1| Solothurn Codex S 392, (um 1500), S.72 , [Zi ndel, C., Transk rip-
tion: Lautenschlager, M.]: [212] Öll leuern v nd guot machen - [I]
Tem Recipe öll geüß in ein hafen vnd seud es vnd schoms au da s
aller geuenbst vnd bewar daz wol daz die kain loe dar in schlahe vnd
so es gar verschu mt habe so wir darin 2 . oder 3. knoblauch zehen
vnd j bissen brots vnd la ß darnach k alten vnd tuos in ein böcklein v nd
zeühe ein clein dinn tuoch darüber vnd set ze es an die sonnen die
nicht zuo hai ß sý xiiij tag da rnach tuo da z öl in ein kutrol glas ver-
machs wol vnd hencks für ein fenster do die sonn regen wind schnee
daru gee Ie mer vnd a lter es wirt ie besser etc.
|n°2|
Solothurn Codex S 392, (um 1500), S.65 –66, [Zindel, C ., Tran-
skr iption: Lautenschlager, M.]: [193] Hie ler ich dich zäch öl machen
zuo malen .:--- [I]Tem Nem linöl vnd resch das in ainem pfenli n wie
vil du wilt dar nach niem ai n rückin bro daz bare [?] vnd nim dan
geriben ziegel k lain vnd alun vnd er zehen knoblach daz leg als v
daz gebe bro vnd lasz dan mer been dan lasz ain tag ston oder zwen
bisz es sich setzt dann seich es ab in ain glasz daz behalt vnd setz es
o an die sonnen So w irt es ýe besser vnd besser mit dem so ma l es
ist vast gu
o
vnd wirt es zu
o
zäch So t u
o
ain a nder schön öl dar an etc.
|n°3| | Solothur n Codex S 392, (um 1500), S.66, [Zindel, C., Tran-
skr iption: Lautenschlager, M.]: [194] Aliud - [I]Tem Niem linöll v nd
tuo es in ain glas vnd setz es an d ie Sünnen Ain iar ald zwaý So wirt es
von im selb zäch daz ist das best etc.
|n°4| Ms 4260–63 (um 1350), Ms. S .24r–24v [Van Dantzig 1936,
p.32]: Alle weruen thoe temperiren / .Recipe .4. pont ly n olij of noet
olij hoe ouder hoe beeter, .4. loet mastick, .4. loet coperroet, .j. wirdel
lots wirock a l ghepuluerizirt, ende .ij. […] wy nter daghes alst ny t
weel droghen een wyll, soe vriuet daer wat coperroet y n, het sal tbeet
drogen. Item [men] sal dat laken licken my t een lick steen, dat su ldi
doen al len laken dy ghy weruen wilt.
|n°5| Solothurn Code x S 392, (um 1500), S.85, [Zindel, C., Tran-
skr iption: Lautenschlager, M.]: [250] Firnies - [W]Iltu guot rniesz
machen So nim l inöl daz tr ýer iar alt sý magst du es hon oder sunst
linöl oder han öl vnd tuo es i n ain glesten hafen vnd nim gebrent
bain von rinder knoden daz wol brent sý v nd wisz als k rid vnd ij knol-
len býms oder iij vnd tuo daz in das öl vnd lasz wol er wallen bý a iner
frischen gluot vnd h iet daz es nit vber lau vnd wenn es wol erwa llet
so tuo da z bain bims w ider herusz v nd seich daz öl durch ain suber
lin i tuoch vnd setz daz öl in ain glas a n die sonnen viij tag nach ainan-
der so wi rt es lauter als sin c ristal l vnd ist auch nutz zuo al len farben
zuo temperi rn vnd ist auch guot zuo gold farb vnd trucknet vber nacht
behalt es wol etc.
|n°6| Solothurn Codex S 392, (um 1500), S.209–210, [Zindel, C.,
Transk ription: Lautenschlager, M.]: [642] [H]Ie w ill ich leren w ie
man alle fa rben mit öl temperirn sol Vnd zuo dem ersten / wie man
das öl da rzuo beraien sol / daz es luter vnd clar werd. Man sol nie-
men linöl oder han öl. oder alter nusz öl. als v il man will / v nd darin
legen gebrent wisz bain / v nd auch als vil [Bims] vnd disz lasz in dem
öl erwallen / vnd w ir den schu m oben ab / von dem öl vnd set z es
ab dem feur vnd la sz daz wol erkuolen / vnd ist des öls wol ei n masz.
So leg ij lot ga llitzen stai n in daz öl / So zergat es in dem war men öl
vnd wirt gar luter vnd auch clar / vnd darnach so seich das öl du rch
ain rain t iechlin / i n ain beckit vnd setz daz beck it mit dem öl an die
sonnen i iij tag so wirt das öl dick vnd auch als gar luter a ls ein schön
Cristal l. vnd daz öl trucknet gar bald / vnd macht all farben schön
vnd luter vnd auch glantz / vnd diß öl haist oleum preciosum / vnd
mit di sem öl sol man all farben riben vnd auch temperiren – Al le far-
ben sol man in der dicki riben vnd temperiren als ein haberbr ý / der
weder zuo d ick noch zuo dinn sý.
Farbherstellung mit Ölen
|n°7| Solothurn Codex S 392, (um 1500), S 209–210, [Zindel, C.,
Transk ription: Lautenschlager, M.]: [643] [D]Isz sind d ie farben die
man mit öl temper iren sol Zuo dem ersten. Zinober Mýne. Paris rot
vnd lac . l iecht blaw lasu r. Endich vnd auch schwartz . Oppriment gel
Rüschgel oger v nd blý gel vnd blýwiß vnd spangrun etc. sol man all
mit öl temperiren etc.
|n°8| Strassburger Manuskript (14 00–141)2, Rp:66 , [Neven 2016,
S.120]: Wie man alle ouli va rwen tempiere sol . Nu wil ich ouch h ie
leren wie man alle varwen mit oli tpier sol bas und meisterlich denn
ander moler und zu dem ersten w ie man das oli dar zu bereiten sol
das es luter und clor werde und dester gern bald troken werde. Wie
man da s öli zu den far wen bereiten sol. Man sol nemen linsamen öli
oder hanfsamen oli oder alt nus oli a ls vil man wil und leg dar under
in alt gebrent wis bein und ouch a ls vil bimses und las da s in den oli
erwallen und wirf den schum oben abe von dem öli und setz es ab
dem füre und las es wol erkulen und ist das olis ein mos so leg zwei
lot galicen stein da r in in das oli und so zergat er in dem oli u nd wirt
gar luter und ouch kla r und dar nach so sige das oli durch ein rein lin
tüch lin in ein rein bek in und setz das bek in mit dem oli a n die sunne
4 tag, so wirt da s oli dik und ouch luter a ls ein schöner cristall und
dies oli das t roknet gar bald und macht al le varwe schön luter und
ouch glantz u nd umb dis oli w ussen nüt alle moler un von der guti
dis ol is so heisset es oleum preciosum wand 1 lot ist wohl eines schil-
linges wert und mit olin sol man a lle varwen riben und oun tpier alle
var wen in der diki riben und out tpier als ein haber br i der weder zu
dik noch ze dünne si.
|n°9| Strassburger Manuskript (1400–1412), Rp:67, [Neven 2016,
S.120] Wies sint die varwen die ma n mit oli tpier sol, zu dem ers-
ten zinobers mimen paris rot röselin rot liech blau lazu r endlich
und ouch schwartz opiment gel r üschelecht veger ant lit brunrot
219
spang rün endlich gr ün und ouch bli iwis. Dis sind die oli va rwen und
nüt me
|n°10| Colmarer Kunstbuch (1479) Kp.73, 146 –148 [Moll-Thissen,
Bd.I 2 001, S.70–71, Transkription: Oltrogge, D.]: Hie noch von Oel
var w - Item hie will ich leren wie man A lle varwe mit oel tempri ren
sol Und zuo ersten wie man daz oel da r zuo bereit sol des es luter wer-
de. Und ouch dester balde trocken werd. Man sol memen li nsat oelei
oder hanf samoelei oder al nus oelei als vil man w ill und dar In les las
wol bebrant wisbein Und ouch as vil pimses und dis in den oelei lan
erwallen und wirf den schum obben an den oel und setze es ab dem
fürre. Und la es wol erkuogten und ist daz oele wol ein mase So leg ii
lot cal ixten stein in daz oele und so zergat er In dem warmen oeli u nd
wirt gar luter und clare Dar nach so sige daz oele durch ein rein lini n
tuoch In ein beckin und setze das becki mit den oel an die sungen iiii
tag so wirt daz oele d ick und ouch luter u nd das oele das tr ucket gar
bald und machet a l varwen schoen luter und auch glantz und wen die
oel asso g uot ist So heisß es oleum preciosum und mit disem oelei sol
man alle va rwen riben Und ouch temperieren a lle varwen in der tick i
als ei n haberbri weder zuo docke noch zuo d inne sy
|n°11| Colmare r Kunstbuch (1479) Kp.73,148 [Moll-Thissen, Bd.I
2001 S.71, Transkription: Oltrog ge, D.]: [67] Dis sint die var wen die
man mit dem oelei temperieren so zuo dem ersten zinober, Min ie,
Paris rot Roeslecht rot Slecht blaw lasur, Endl ich, und ouch swart z.
Oppper ment gel, Ruschgel, veger, Anlitz brunrot, Sagruen, Endlich
gruene und bliw is und nüd me sol man mit oley temperieren
|n°12| Mielrheinisches Malerbuch Ms. Germ . Fol. 244 (um 1445)
F.296 [Artechne Database 2024]: Oley farben sa l man ryben
mit slechtem oley u ßgenommen das blyw ys das sal halb lyn oley sin
wil man iß schone haben Diese farben sal man ryben mit slechtem
oley Grune roit gele bla gra swarcze (R)oit sal man schetwan mit
swarczen Brun roit mit schwar zem Grune mit gelem getemperet m it
swarze gele mit brunroit Bla mit brunroit Adir s warcze ind ich Grawe
mit swarczen Augen varbe mit brunroit hare varbe mit menigen
|n°13| Prager Malerbuch (1400–1450) Cod. XI D 10 Rec. 1075
[Artechne Database 2 024]: Ir haben nw genueg gesagt von den
varben wye man sew von newen d ingen weraien sol nw wol wir
wider da von sagen w ye man ain vegl iche varib temperi rn sol und dez
ersten von pleibeiz pleibeis sol man temperirn mit leinol. Rote var ib
mit li nsatoil […]
|n°14| Anonymus M s. SB-1028 Fol.29r, Stadtbibliothek Trier (um
1490) [Lehmann 2007, S.40]: Item Oly l ijverue dar sal men cla-
eren vernijs v nder mengen to samen my t nussoly. Want nae en sa ll
men die nyet vernijssen gelijck men cleider verue. Duet Want v an
den nae ver nijssen so wurde die lijverue geil ende du nckert Meer de
lijnoly y s besser in ander verue
Anreiben der Ölfarben
|n°15| Solothurn Codex S 392, (um 1500) S.104, [Zindel, C., Tran-
skr iption: Lautenschlager, M.]: [341] [I]Tem ain Gold farb Recipe
ouger al z ain groß aý vnd mýnen alz ain muschgart nuß ain wenig
minder oder ber usch glas / oder wissen ga litzen sta in vnd rib da z
fast wol mit wasser wol j [½] tag vnd stoß dann ab vnd lausz dr ucken
werden vnd rib es dann mit öl so du d ickest magst v dem stain vnd
rib brenten alun dar in als ain welsch nusz vnd stoß da s ab vnd tuo
rnieß dar in bis es dün gnuog nach d inem gefallen vnd ýe elter sie
ist ýe besser vnd glantzer das gold w ürd Item nemest du aber wissen
gallitzenstain darin so nim nun als groß als ain hasel nuß etc.
|n°16| Solothurn Codex S 392, (um 1500) S.104, [Zindel, C., Tran-
skr iption: Lautenschlager, M.]: [342] Ain gold farb - [I]Tem Ným
als grosz als ain aý vnd berusch glas als ain welschen nusz / stosz
das glas vor in ainem mörser r ib die baide wol j [½] tag mit wasser
darnach stosz ab lau ß drucken werden vnd n im dann mýnen als groß
als ain grosz haselnuß / ribs mit öl wol ee daz du den ouger dar under
tuost darnach tuo den ouger zuo den mýnen v den stain v nd rib es
mit ai nander mit öl nit zuo dün sunder so dickest mügest tuo zuo dem
öl rniesz v den stain wa nn ab stossen w ildt / wann ýe mer fur nieß
dar under ist ýe glentzer daz gold wi rt / vnd wan n du sie brüchen wilt
so tuo rniesz d arunder etc.
|n°17| Wolfgang Sedelius (1540–1558), Das Kunstbuch des Sedelius,
Cod. Germ. 4117, 4118, [Persönliche A ngabe von An na Bartl 2023]:
[679] […]. Wenn duaber mitOl w irdt Arbaiten. so soltus dennach
[das Bleiweiss] mit wasser wol abreiben bis an die stat / dar nach ein
tropein nach dem Anndern von leinol darein giessen. vnnd wider
reiben. so etzt sich das wasser als dauon. v nnd bleibt das bleiweis
alweg schon. darumb so solstus mit leinol nimmer allain Reiben.
denn es w urdt gelb daruon. vnnd verlorst sein farb. […]
Zugabe von Firnis zu Ölfarben
|n°18| Nürnberger Kun stbuch, Ms. Cent. VI 89 (um 1470–1480),
15v–16r [Artechne Database 2024]: Wiltu auf trücken weiβ i n
weiβ, so nym pley weyβ, der nit ser weyβ sey vnd reyb in ab m it leyn
(// f. 16r) öl vnd nym ei n wenig vir nyβ dar vnter vnd los es styn iij
oder iiij tag v nd trück denn da mit v nd sychstu, das es dir zu weiβ ist
auf dem tuch vnd wil nit scheinen, so thu dar vnter ky n swartz als g roβ
als ei n linsen vnd reyb es ander weit ab auf ei nem stein, so wirt es gut
|n°19| Cod.Pal.Germ. 620 Heidelberg (um 1400–1450), 104rv
[Artechne Database 2 024]: Item reybt pley weÿs ab mit leinöl
vnd sw arcz darvnder darnach dÿ varb l iecht oder sat sol sein vnd zum
lecztn virnes dar vnder ger ÿben
|n°20| Strassburger Manuskript (14 00–1412), Rp:68, [Neven 2016,
S.121]: Hie merke dies var wen sol man alle gar wol riben m it dem
220
öli und ze jüngest so sol man under ieglich varwe d rie toph virnis
riben u nd tu denn ie die varw sunder in ein rein geschirr und würke
do mit was du wi lt und wele var w du wilt liechterhaben wenn si an ir
selber sint darunder sol tu bliw is wol müschen so werdent die varwen
liechter und u die liechten var wen sol man mit den saen va rwen
schetwen und sol si mit bliwis verliechten und verhörwen da es sin
bedar under alle dise vorgn var we mag man en wenig wises wolge -
brentes beines riben oder en wenig w isses gal icien steines a ls gros als
ein bone u mb das die varwe gern und wol troken werdent.
|n°21| Colmarer Kunstbuch (1479) Kp.74, S.149, [Moll-Thissen,
Bd.I 2 001, S.71–72, Transkript ion: Oltrogge, D.]: Ein war - Hie mer-
cke dis var we sol man Alle ga r wol riben mit dem oely und zuo iungst
so sol man under ieg liche var we iii tropfen rnis riben und tuo den ie
wedder va rwe sunder i n ein rein geschir re und wercke damit waz du
wilt Und wele va rw du wit lichter haben den si an ir selb sig dar under
sol man bl iwis mischen So werden die varwe liechter Und uf lich-
ten varwen sol man mit den saen var wen schetwen u nd sol sy mit
bliw is verlüchten Und verhoehen da es sin bedarf Under Alle dissen
vorgenanten varwen mag man ein gebrante w isses beines riben oder
ein wen ig galicien stein w ißes Als gros a ls ein Boun das daz das die
var wen gren und ouch bald troucken werde.
|n°22| Solothurn Codes S 392 (um 1500) S.210, [Zindel, C., Tran-
skr iption: Lautenschlager, M.]: [644] [H]Ie merck dise farben sol
man alle wol r iben mit dem öl vnd zuo iungst sol ma n vnder ietlich
farb i ij tropen rniesz riben vnd mal da rmit was du w ilt / vnd
weliche farb du wellest liechter haben wan sý an i r selbs ist So mi sch
dar under blýwisz so wirt sý liechter / vnd v liechter fa rben mit den
selben saen farben schetwen / vnd sol sie mit blýw isz verluchten
vnd verhöhen ist daz es sin beda r Vnder alle dise vorg nenten farben
mag man ein wen ig gebrents wisses baines r iben / oder ein wenig
galitzenstein als g rosz als ein bon / vmb daz die farben gern v nd auch
bald trucken werden etc.
|n°2 3| Johan nes De Ketham (um 1460–1470) [Eastllake 1847,
S.284]: Substancie tmaken daer alle wve indiñ. _ R . i.lb. lyn olys end
sid een ure end dan nemt V III. Loet bernsteen ghepulvir t end doen dy yn
een erden poot ende ghiten da op lyn oly di voer gesad is dat di wyndteÿ
bedowë ys myt den oly end laten dat syden al so Langhe dat de . Bernsteen
gesmout ys dy bernstee soe sal met syghen doer een doeck eñ doent toste
irst oly end latet sid end pruvet op eÿ leye of het sterck genoch sy. End yst
steerck genoch soe doe dar I.pont spigelhars yn end latent syd een luel
end da so seet af end dan ys bereyt
|n°2 4| Solothurn Codes S 392 (um 1500) S.86, [Zindel, C., Tran-
skr iption: Lautenschlager, M.]: [252]: [I]Tem ain a nder rnies Nim
iij libras linöl vnd j libram augstein g las daz ist gelber augstain vnd j
lo mastix oder galitzen sta in oder prent alun etc.
|n°25| Solothurn Codex S 392 (um 1400) S.114, [Zindel, C., Tran-
skr iption: Lautenschlager, M.]: [373] Ein gold farb - [I]Tem Nim
blý wisz vnd blý gel glich vil vnd ein wen ig meng vnd als groß als ein
erw is gold glet vnd ein wenig druckný vnd r ib es fast wol vnd tempe-
rir es dann v m it drucken r nieß
|n°26| Mielrheinisches Malerbuch, M s. Germ. Fol . 244 (14 45), 298r:
[Artechne Database]: „Wilt u machen guden v irnyß so ny m alten
han oley vnd mach iß heyß vnd schume iß v nd nym byms v nd also
vil gebrantes beynes eins alten knorren vnd lege iß d ryn vnd sude
iß vnder ein ander vnd schume i ß recht wol vnd secze iß czwen tage
an ein sonne Wiltu iß abir starcker ha in so nym vier loit mastix vnd
stoiß i ß czu poluer adir seß loit terpent in vnd wan das oley siden wirt
so sal man iß d ryn reren bi ß iß geredet werden czu eime fadem so i ß
bereyt.“
|n°27| Strassburger Manuskript (1400–1412), Rp:92 [Neven 2016,
S.132]: Hie will ich leren gut v irnis machen von d reiley materien do
usser ie der materie sonderl ich eingut edler v irnis. Zu dem ersten
nim des gemeinen virnis glas in ei n phunt gewegen oder matik ein
lib. Und stosse der ei nsweders du w ilt in einen reinen mürsel ze
pulver und ni m darzu dr iephunt lin ölis oder ha nf ölis oder alt nus
öli und las das siden in einem rei nen kesselin und schum das öli und
hür vor allen dingen das es nüt überloue und wen das erwal len ist
und geschumet istso reer das v irnis bu lver langsa m nach einander
in das heiss öli so zergat das bu lver in dem olin und wen n das bulver
gar zergangen ist so las den v irnis sieden gar senek lich mit k leiner
hitze und rurden rnis ie z e stunt das es nüt an brünne und wenne du
sichest das der v irnis geroet di kelecht werden als zerlossen honig
sop nim ein troph des virnis u einen lömel und las den troph enwe-
nig kalt werden und gri m it ein nger u den t roph züch den nger
langsam u und latder rn is ein fedemlin m it dem nger u zeichen
so ist der v irnis und ouch wol gesoen und lat er aber des fademes
nüt so süde in baz untz und er den faden wolgewinnet und sol in von
dem füre und las in erkülen und sich denn den v irnis du r ein stark
linen tuch lin und ri nge den virn is gar dur das tuch in ein rein glazu r
hafen und beha lt den virn is wol bedeket untz man sin bedar so hat
du guten edlen luter vi rnis den besten
|n°28 | Solothurn Codes S 392 (um 1500) S.186, [Zindel, C., Tran-
skr iption: Lautenschlager, M.]: [572] Firn isium [H]Ie will ich leren
guoen f riniesz machen vsz dr ýerlaý materi Su nderlich ein g uot edel
nrn iez Zuo dem ersten / so nim des gemainen rniesz g las j libram
gewegen oder mastix j libra m vnd stosz der eins weles du wilt in
ainem merser zuo puluer / Vnd nim darzuo iij l ibras lin öl oder han
öl / oder alt nusz öl / Vnd hiet vor allen dingen daz es nit vberga nge
vnd wen n daz erwallen ist vnd geschumet ist So rier da z rniesz
puluer langsam nach ainander in daz haisz öle / vnd r ur es on vnder-
lasz das puluer vnd daz öl So zergaut daz puluer in dem haissen öl /
Vnd wenn daz puluer zerga ngen ist / so lasz den rniesz sieden gar
wol vnd sa niglich mit cleiner hitz vnd rur den rniß zuo stund d az
es nit anbrinn Vnd wenn man sicht daz der rnisz dicklecht wirt a ls
zerlau ssen honig So ni m ainen tropen rnisz v ein messer lamel /
vnd lausz den tropen ein wenig k alt werden vnd g ri mit ainem n-
221
ger v den tropen / vnd zuch den nger langsam wider v Vnd laut
dann der rnieß ai n fedelin mit dem nger v ziehen So ist der u ß
guot v nd auch wol gesoen Vnd laut er aber kainen faden So lasz in
basz sieden / vntz er den faden wol gew innet / Vnd so tuo in von dem
fur vnd laß in erk alten Vnd sich den rn ieß durch ain starck tuoch
Vnd ring den rniesz gar durch daz tuoch in ainen vber glasurten
hafen vnd behalt den n rniesz wol bedeckt v ntz man sin bedar So
haust u guoen edeln lutern rniesz den besten etc.
|n°29| Manuskr ipt Germ Quart. 417 (um 1510–1535), S.19v, 20r
[Artechne Database 2 024]: Ein annder v irneÿß - Nym Leinöl 3
pfund seud es bis es verschai mpt, darnach thu darei n 1 lot gestoßnen
weirach des weissen, v nnd j lot gumj, seud es da nn thu j liber augs-
tain auch da rein, vnnd nem ein liber des öls ann 3 l iber augstains,
machs i n ein hafen, v nnder einander, wi ltu dann w issen wenn es
gnug hat , so nem ein papir, laß ein tropen da rau fallen, eust es
durch so hat es nit genug, eust es aber nit du rch so hat es gnug ,
wann es durch eust so seud 2 lot gumj darein, so wu rt er gut, Der
hafen soll mit lai m umbmacht sein, eins ngers d ick, vnnd soll aun
rauch gesoen werden, ob kolen vnnd einem dr ifuß.
|n°30| Mielrheinisches Malerbuch Ms. Germ . Fol. 244 F.296 (um
1445) F.298v [Artechne Database 202 4]: Wiltu einen anderen
guden r nijs machen der luter vnd schone ist als ei n cristalle So nym
gloriet in der apoteken ei n punt vnd zwey punt oleis vnd laiß das al les
vnder ein ander syeden vnd du y me mit allen dyngen a ls mit irsten
vnd wa n er auch einen vadem git als der irst so ist iß auch genug geso -
den vnd ist gut v nd gerecht
|n°31| Vienna MS ., Österreichische Nationalbibliothek 3007, (1472)
127v [Artechne Database 2 024]: So nym born steyn und reib en
cleyn vnd ny m eyn top vnd thu born steyn dor eyn a lz eyne welche
nos mit ley n ole vnd setcze ys u dy kolen vnd sewt ys also lange bys
dy troppin an dem messir hangen
|n°32| Solothurn Codex S. 392 (um 1500) S.217 [Zindel, C., Tran-
skr iption: Lautenschlager, M.], [683]: [S]Ilber glet geriben gepuluert
vnd in rnieß gesoen trucknet vbernacht
|n°33| Ms. Germ. quart. 417 (um 1510–1535) S.19 [Artechne
Database 2024]: Maler virneÿ ß zu machen: Ny m 4 lot Augstai n,
4 lot venedisch glas, bede klain gestossenn v nnd durch ein siblin
gereden, v nnd nem 5 liber leinöll, thu es a lles Inn ei n grien haen,
oder kupern gefeß, laß ob ein Kolfeuer sieden 3 tag oder lennger,
Wilt u aber das der virneiß pald trucken werdt, so thu 3 quint klain
gerrhÿben silberg let darein, wann es schier gesoen ist, laß dann
kalt werden vnnd seyhe es durch ein t uch, vnnd behalt den n virneiß
sauber, er ist gerecht.“
Verdünnen der Ölfarben
|n°34| Solothurn Codes S 392 (um 1500) S.151, [Zindel, C., Tran-
skr iption: Lautenschlager, M.]: [483] So rib zuo letst vnder die fa rb
j [½] nuschal vol rnieß vund tuo in in ei n rein glasurt geschirr v nd
bestrich ei n slemlin von einer blasen mit ölý vnd leg es vber die farb
|n°35| Liber illuministarum (um 1500) [Bartl et al. 2005, S.178]:
[244] Item wenn du die golt varb genüg hast wildu sy lenger beha lten
so thue sÿ in ein Scherbel vnd geuß wasser da rauf dÿ andren öl varb
macht ma n auch also etc
|n°36| Liber illuministarum (um 1500) [Bartl et al. 2005, S.178]:
[243] Von der golt varb - Nim oger als ein welschen nüss (Wall nuss)
vnd reibs mit Leinöl ab gar dick. Da nach mach es dünnür m it rniß
|n°37| Liber illuministarum (um 1500) [Bartl et a l. 2005, S.184]:
[259] Von den ölfarbenn - Item die all nit sa haben lassen sich vnder
öl an reiben vnd solt sÿ al l besunder zw dem malen vnd auf der schin
tafel sol man s ÿ erst mischen dÿ öl farb mach d inner mit mer ols
Fassungstechnik im Solothurn Codex S 392
|n°38| Liber illuministar um (um 1500) Bartl et al. 2005, S.182]:
[254] Item die tafel vnd pild zw öl farben dy leim trencks iij vnd weÿ ß
das mach iiij als oben und schab sÿ dann eben.
|n°39| Compendium ar tis picturae (um 1205), zitiert nach [Sylvest-
re 1954, S.132], Ms. § 38: „(De temperato) Omnia genera colorum
oleo lini teri possunt, in ligne opere, in hiis tamen rebus que sole siccari
possunt et unusquique ad alium misceri potest, sed quod visum fuerit
artici, excepto orpimento quod numquam viridi misce ri potest, nec
etiam oleo teritur, quia non siccatur nisi ossa combu sta admisceantur.“
|n°40| Liber diversarum artium, Montpellier Manuscript (um 1400),
Übersetzung aus dem Latein von: [Clarke 2011, S.141]: §2.9.1:C.
All ty pers of colour may be ground [with the same oi l] and applied
on the wooden work, on t hose things which can be dried in the sun.
|n°41| Liber diversarum artium, Montpellier Manuscript (um 1400),
Übersetzung aus dem Latein von: [Clarke 2011, S.141]: §2.9.2
Note: Because every time you apply a colour: another may not be put
onto it, without t he rst beeing dried: on gures [ymaginibus] that is
prolonges a nd very tiresome.
|n°42| Liber diversarum ar tium, Montpellier Manuscript (um 1400),
Übersetzung aus dem Latein von: [Clarke 2011, S.141]: §2.9.13 Put
cinnabar second, on [a rst layer of] mi nium, such t hat it shall d ry, if
it is tempered with oil .
222
Holzvorbereitung und Grundierung
|n°43| Solothurn Codex S 392 (um 1500) S.98 [Zindel, C ., Transkrip-
tion: Lautenschlager, M.]: [311] [I]Tem w iltu äst oder kleck fü llen
in ai nem holtz daz du malen wilt So nim sch mid stob mertail v nd
kriden darunder magstu die hon ain wenig m isch es mit aim sta rcken
lým vnd mach es dick vnd strich es mit a inem nger oder holtz in den
ast oder k lack es hept vast on zw ifel doch hebt es füro khain t uoch
daru gelimpt etc.
|n°44| Solothur n Codex S 392 (um 1500) S.98, [Zindel, C., Transk rip-
tion: Lautenschlager, M.]: [305] [I]Tem w a grosz spalt in ainem brit
were So ným seg mel / dör es / rib es mit lým v ainem stain str ichs
in den spalt / daz es eben werd dann mach mit lým oder k riden daz
brit vnd ferbs
|n°45| Solothurn Codex S 392 (um 1500) S.97: [304] [Zindel, C., Tran-
skr iption: Lautenschlager, M.] [I]Tem was holtz werck man mit ainer
wissin über ziehen w il daz mu
o
ß vor 3 oder 4 mal gelým trenckt sin /
vnd da rnach ain dinn wisin daru daz es sich vnder ai nander vermi-
sch vnd darnach ýe dicker v nd ýe dicker / wi ltu daru vergulden so
wisz 5 oder 6 mal : Wilt aber nit vergulden so w iß 3 oder 4 mal v nd
stopß wol hin in / d arnach strichs mit dem bensel daz es eben werd ---
„Fundament“ und Isolierung
|n°46| Solothurn Codex S 392 (um 1500) S.110–111, [Zindel, C.,
Transk ription: Lautenschlager, M.]: [361] Ein guot Fundament - [I]
Tem Ným wol geriben k rýden vnd zertr ib die in ainem schönen
geschirre mit laüterem wasser v nd gusz es durch ain tuoch daz süber
sý in ai n ander geschi rr glich als man ain pfeer durch stricht v nd
nim dann die selben criden so sie ei n wenig trucken ist oder ist sie nit
trucken scha nit v nd tuo darunder polum ar menum daz ein wenig
pleich seý v nd nit hert da runder vnd r ib die ij fast wol v nd thuo des
poluns nit me vnder die criden dan da z es ein guote lib farb sý Vnd
so daz wol geriben ist so tuo dan n vnder die criden vnder die polum
des gewichts i ij lot als vil mir ra ruckea der suber geleste sýg a ls grosz
als ei n haselnusz v nd als grosz zucker candit vnd als grosz ochsen
gallen vnd r ýb dann die alle sant mit ainem lauter n wasser wol vnder
ainander Vnd wa nn du dann daz bruchen wilt So seüd ein reines ber-
ment lýmel da z es ein wenig ha vnd mit dem selben lým temperi r
in dann v als v il du wilt haben vnd trag in dann v wie rain oder wie
scharp du w ilt vnd hüchts dann dar u vnd schab in rain etc .
|n°47| Solothurn Codex S 392 (um 1500) S.96, [Zindel, C., Transk rip-
tion: Lautenschlager, M.]: [296] [n]Ota bene Ee du d ie öl farb v
tregst So über far es mit ainem dinnen lým v die farben daz ha ist
lým getrenckt / vnd ist da rzuo guot daz der rn iesz vnd das öl nit hin
in wüsch etc.
|n°48| Liber illuministarum (um 1500) Bartl et a l. 2005, S.184]:
[258] „Item auf ainer tafel die ain tail vergult ist vnd der ander wir t mit
öl varben so öl trenck den selben tail vor hin“
Mischen von Inkarnatfarbe
|n°49| Solothurn Codex S 392 (um 1500) S.96 , [Zi ndel, C., Transk rip-
tion: Lautenschlager, M.]: [301] [K]Ind lib farb in öl Recipe bliwiß
zinober / biß es recht werd / si n rosinerung Recipe zinober vnd ein
wenig ba risrot lützel.
|n°50| Strassburger Manuskript (1400–1412), Rp:82 [Neven 2016,
S.126]: Item wi ltu schön har farwe zu jungen lüten so nim itel verger
mit öl getempert u nd müsch dar under en wenig bliw is und schetwe
das ha r saen stein veger und strich das har us mit brunrot do enwe-
nig russ oder endich u nder getempert si
|n°51| Solothurn Codex S 392 (um 1500) S.92, [Zindel, C., Transkrip-
tion: Lautenschlager, M.]: [271] [i]Tem wiltu a in lib farb machen zuo
ainem kind So ným blýwiß rib daz v nd ain wenig rotz daz ist zi nober
vnd mach es fast liecht etc.
|n°52| Solothurn Codex S 392 (um 1500) S.92 , [Zindel, C ., Transkrip-
tion: Lautenschlager, M.]: [272] [i]Tem ain l ib farb zuo frowen So tuo
mer zinober darunder dan n zuo ainem kind ----
|n°53| Solothurn Codex S 392 (um 1500) S.92, [Zindel, C., Transkrip-
tion: Lautenschlager, M.]: [273] [i]Tem a in lib farb zuo ai nem men-
schen nit zuo iung ouch zuo alt so tuo mer zinobers v nder daz blýwiß
dann zuo der frowen lib farb ---
|n°54| Solothurn Codex S 392 (um 1500) S.92, [Zindel, C., Tran-
skr iption: Lautenschlager, M.]: [274] [I]Tem a in lib farb zuo alten
menschen So tuo mer z inobers dar under dann zuo der forigen lib farb
– Du magst auch vnder die l ib farb ýetz geschriben ain wenig ogers
tuon der vngebrent ist ---
|n°55| Strassburger Manuskript (14 00–1412), Rp:78 [Neven 2016,
S.124]: Item wil du ein schön libvar machen z u jungen lüten so nim
enwenig zinober ouch als viel minie und a ller meist paris rot und
müsche dar under das merteil bliw is und ptier das al les wol under
enander das die libvar weder ze rot noch ze bleich si und ist si ze rot
so müsche me bliwis dar in untz das ir recht wird dar u sol man
setwen mit zi nober do enwenig vegers und m inie under si gemüschet
und schetwe die antlit und hende und do das bild nakent si man sol
die ougen nasen u strichen und die hende m it antlit brun rot do
enwenig ruses under gemischet si und sterlini in die ougen sol ma n
mit endlich a n srichen do enwenig spangr üns under gemischet si
|n°56| Anonymus , Codex germanicus cgm 720 (1475–1500),
226v–227r [Artechne Database 2 024]: Item parisrot mach a lso
nymb j tail waidaschen ij tai l kalich j tail essig ij tail rosenwa sser vnd
j lauer wa sser vnd seud da s als lang durich einander pis ei n rauhe
federn ploss werd darin darnach nÿm es von dem feur vnd tüe rote
scher woll von mechl ischem tuch darein vnd seucz als lang vncz es
223
zerge v nd ticklud werd darnach leg zerstosen alavn darzu vnd geus
das in ein laugen sack v nd lass tri en vncz es rot gee v nd öcz das
vnsauber wol davon darnach geus di materi auf ein laben zigelstai n
vnd reib es danach gar wol auf a inem reib stain geus di varb in ei n
platern vnd hach sy auf iij oder 4 tag so ist di varb gut
|n°57| Engelberger Codex 431 (spätes 16.Jh.), Nach Ploss, aus:
[Wouldhuysen-Keller 2012, S.98 –99]: Item parisrot mache also:
Nim rothe scharwolle vnnd mache eyn guthe loge vn nd seuth die
woll da r inne vnd laz sie vorfoulen i n der loge drie adder iiij tage, dor
nach seuth sie mith allune vnnd rure sie wol dorch einander; sic ut
exztabisti, ablue. [so hast du das Lacha-Rot ausgezogen, spühle es!]
|n°58| Colmarer Kunstbuch (1479) Kp.84 , S.152–153 [Moll-issen I
2001, S.75–76, Transkription: Oltrogge, D.]: Wiltu ein schoene lip var-
we machen zuo Jungen lüen - So nim ein wenig zi nober und ouch vi l
mingen Und aller mi nst parres ro und mische dar under merr teil
bliw is und temperiere das a lles wol under ei nander daz die lip varwe
weder zuo rot noch zuo blecke sy und denn ist si ze rot so mische me
bliw is dar under untz daz der varwen reht werde. Daruf soll man
schetwen mit zenober und ein wen ig vegers (Ocker) und mingen
under gem ischet sy Und schetwe die antlit und hende und do das
bilde nackent sy Man sol die ougen und die na sen uss strichen und d ie
hende mit br unrot da ein wenig r uosses under gem ischet sy Und die
stern ling in den ougen sol man mit endlich a nstrichen da ein wenig
span gruen u nder gemischet si.
|n°59| [Boltz von Ruffach 15 49, S.87–88]: Kindlin farb - Nimm
Zenober u nd Mynien, eines alss vyl alss das ander thu dar under ein
klei n wenig Paryss root. Dass a lles ryb wol an mit dem mehrere they l
plywyss. Temperier es weder zu wyss. Temperier es weder zu rot
noch zu bleih. Ist die temperat ur zu rodt, so mach liechter mit dem
plywyss. Schaier darau mit Zenober, darin ein wenig gebranter
Oger oder my nien under syg gemischt, damit schaier das antlit und
die handt und das gan ze kindl in. Rosin ier ougen, nasen hend und
antl it mit Brunrot, daein wen ig russ under gemischt syg. Den hof
neben dem Stern in ougen str ych uss mit liecht spongr ien darunder
ein wen ig endlich ver mischet ist .
|n°60| Bamberger Malerbüchlein (1503–1509), 199v, Staatsbiblio-
thek Ba mberg D [Artechne Database 2024]: Item nym zwey deil
parißrot vnd das driel min nen vnd das rtel pley weiß, das w irt licht
farb, schon rosen rot wiltu eß lichter haben, so thu mer pleyweiß da r
vnter.
|n°61| Strassburger Manuskript (1400–1412), Rp:78 [Neven2016,
S.124]: Aber ein ander libvarw zu brau nen lüten so nim roten
gebran nten veger und ein wenig minien und dristund a ls ein vil
bliw is und tp das wol under enander weder zu liecht noch ze sa und
schetwe darau m it brun rot do enwen ig reses si dar under getemper t
und die wangen sol man r üsimeren mit zinober do enwenig par is rot
under gem ische si
|n°62| Colmarer Kunstbuch (1479) Kp.85, 153–254 [Moll-Thissen
Bd.I 2 001, S.75–76, Transkr iption: Oltrogge, D.]: Dis ist ein ander
lip va rwe zuo brungen lüten. Nim rot gebranen veger und Ein wen ig
mingen und 3 as vil bliw is und temperiere daz wol under ei nander
weder zuo l iecht noch zuo sat Und schetwe dar u f mit brun rot da ein
wenig r uoß darunder si temperieret u nd die varwe sol man r üsenieren
und mit z inober da ein wen ig paris rot under gemischet s y.
|n°63| Strassburger Manuskript (1400–1412), Rp:79 [Neven 2016,
S.124]: Aber ein ander libvarw zu brau nen lüten so nim roten
gebrennten veger und ein wenig minien und dr istund als vi l bliwi-
sund tp das wol u nder enanderweder zu l iecht noch ze sa undschet-
we darau mit brun rotmdo enwenig r uses si dar unter getemper t
und die wangen sol man r üsinieren mit zinober do enwenig persil rot
under gem ischet si
|n°64| Colmarer Kunstbuch (1479) Kp.86, 154–255 [Moll-Thies-
sen I 2001, S.77–78, Transkription: Oltrogge, D.]: Aber ein ander lip
varwe zuo alten lüen So nim m inge un veger gl ich vil und ein wenig
lasu r eschen (ausgelühter Lasurstei n) und aller meist bliw is und
temperiere daz alles wol under eina nder weder zuo liecht noch zuo sat
Und dar uf sol man schet wen mit veger da ei n wenig brunrot under
temperieret sy oder mit r uoß da ein wenig endlich under gemischet
sy Und also mag man die schetwen ver wandlen Das ein an lit anders
werde geschetwet was daz ander das sy nit alle gel ich sigen gesta lt
mit einer schet wunge.
|n°65| Solothurn Codex S 392 (um 1500) S.92 , [Zindel, C ., Transkrip-
tion: Lautenschlager, M.]: [275] [i]Tem Ain lib farb d ie töemlich ist
So mach a in kindß l ib farb vnd t uo ain wenig blýgels da runder etc.
|n°66| Strassburger Manuskript (1400–1412), Rp:81, [Neven 2 016,
S.126]: Wiltu ei n tötlich libvar machen zu crucixen und zu eberm-
hertzigkeit so ni mm zweit teil lazu r eschen und das driel vergers
und enwen ig miniem und rib dar under das mertei ls bliwis weder ze
sa noch z l iecht und schetwe dar u mit verger do enwenig r uss und
endlich under gemischet si oder mit itelm russ und strich die verger
und die nasen und die hende und was naked si das strich us mit rus
do enwenig endlich under gemischet si oder enwenig brunroes.
Und dis si nt die mischu nge aller varwen und ouch d ie schetwunge
alle gar die do zu den varwen von recht hörent hie merkent alle dise
vorgenanten varwen die ma verlüchten und ouch verhohen mit bliw is
die gewant die antl it wo es not durig ist
Ausführung eines Inkarnates
|n°67| Solothurn Code x S 392 (um 1500) S.99: Zindel, C., C ., Tran-
skr iption: Lautenschlager, M.]: [316] Ain antlit [M faciem] zuo
machen - [I]Tem strich die l ib farb an süch die ogen / naß v nd mund
mit der liechten busch ierung vast dinn daz man es kum sech / Rosi-
nerß dann / buschiers mit der liechten buschierung / halß / hopt /
224
ougen / kin / etc. Darnach mit noch ainer seer buschierung / dar-
nach aber mit ainer seer vnd mit der tuo die ogen v / vnd vertiefs
in den winkeln da der scha sol sein / dar nach mach das graw in den
ougen mit der saen buschierung lausz die oug glider on uerser t /
darnach nim ain bronrot vnd schwartz darin tuo i n die ougen recht
v vnd mach vnden kai n strich als obnen lau ß wie die buschierung
geben hat / Aber das oug glid vnder far ain wen ig / darmit dem bron
rot vnd schwar tz mach die na ß vnd mund vsz / der v nder lez muoß
nit al z rot sin als der ober / dar nach mit dem strichs vß a lso vnd wa
die brawen sind da entw ich im och entwich dem mund / da rnach
verhöchs mit der l ibfarb die ain wen ig mit wisz vermi st sý ob du wilt
an der st irnen / v der naß / v nder den augen / an dem k in / dar-
nach tuo wisz in die augen zuo dem vnd an dem apel / v nd nit bis in
den winckel h in in darnach verties mit der l iechten busch ierung
bý dem ain aug also Item die og brawen sellend a n mien dicker sin
dann an den ör tern .:--
|n°68| Solothurn Codex S 392 (um 1500) S.93, [Zindel, C., C., Tran-
skr iption: Lautenschlager, M.]: [285] Rosineren - [I]Tem a in frowen
antl it sol man rosineren am wangen n it fast Aber dan dem do es fast
schwartz ist noch fester v nd an dem kin och / vnd a n der naß als ain
wenig ---
|n°69| Solothurn Codex S 392 (um 1500) S.96 [Zindel, C ., Transkrip-
tion: Lautenschlager, M.]: [300] [I]Tem in allen busch ierungen sol
man alweg die saest vor machen d arnach aber ain l iechterin also bis
du iij machest vsz der lib farb - --
|n°70| Solothurn Codex S 392 (um 1500) S.92 [Zindel, C., Transkrip-
tion: Lautenschlager, M.]: [276] Buschier ung - [I]Tem wann du ains
kinds lib farb haust So n im ab dem stai n ain wenig l ib farb vnd mach
dann v dem stain darunder ain wenig ougers v nd schwartz vnd
mach es sat gnuog darnach magstu aber ain liechterin dar uß machen
darnach aber ain liechterin vnd sol es mit blýw isz liechter machen
|n°71| Solothurn Codex S 392 (um 1500) S.92 [Zindel, C., Transk rip-
tion: Lautenschlager, M.]: [277] [i]Tem die Buschierung zuo ai nem
kind nit als sta rck sin vnd sat a lz zuo ainem eltern menschen
|n°72| Solothurn Codex S. 392 (um 1500) S.92 [[Zindel, C., Tran-
skr iption: Lautenschlager, M.]: [278] [i]Tem zuo ai nem alten men-
schen magstu wol in die buschierung ain brun rot tuon daz ist brennt
oger ---
|n°73| Solothurn Codex S 392 (um 1500) S.93, [Zindel, C., Tran-
skr iption: Lautenschlager, M.]: [281] [I]Tem wenn du die angesicht
verhöhen w ilt So tuo ain wenig blýwisz in die lib farb vnd verhöch es
nit mit gantzen blýwiß ma in ich iunge angesicht ---
|n°74| Solothurn Codex S 392 (um 1500) S.96, Zindel, C., Transkrip-
tion: Lautenschlager, M.] [298] [I]Tem dem roen t uo also strichs
mit mynien an vnd dan zinober da ruber / darnach lým drenck s /
darnach strich ain baris rot mit öl geriben darüber / st üps strichs
dann / wirt schön rot / och rniesz - --
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Oltrogge. Als ausgewiesene Spezialistin f ür Quellen literatur hat sie
auf der bisher erfolgten Transk ription von 274 Seiten eine Einord-
nung des Codex vor nehmen können. Sie kommt z um Schluss, dass
der Solothurn Codex S 392 in verschiedenen Bereichen Neuheiten
enthä lt. Die zeitgenössischen Informationen lassen somit den
Schluss zu, dass der Schreiber oensicht lich ein sehr hohes Interesse
an ak tuellem Wissen aus der Pra xis hae.
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