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Alles Wutbürger? Engagement und Protest in Konflikten um Landnutzung - ein Photovoice-Projekt

Authors:

Abstract

Ergebnisse der X-Student Research Group "Alles Wutbürger? Engagement und Protest in Konflikten um Landnutzung - ein Photovoice-Projekt", durchgeführt an der TU Berlin, Fachgebiet Landschaftsplanung und Landschaftsentwicklung, SoSe 2024. Gefördert von der Berlin University Alliance / StuROPx.
Abschlusspapier
X-Student Research Group
(Studierendenprojekt)
„Alles Wutbürger?
Engagement und Protest in Konflikten
um Landnutzung“
Bearbeitet von:
Meike Fienitz (Projektleitung),
Jacob Arun Desai, Ben Haacke, Caroline Havemann, Elisa Mannes,
Alice Schulz, Antonia Struck und Clara Svrcek
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Einführung
Konflikte um Landnutzung, wie sie unter anderem bei Wind- und Solarparks, neuen Radwegen
oder Industrieansiedlungen auftreten, haben in letzter Zeit stark an Bedeutung gewonnen. Einen
geeigneten Umgang mit diesen Konflikten zu finden, stellt eine der zentralen
Herausforderungen unserer Zeit dar. Ein aktuelles Beispiel ist die Energiewende, die viele
Gemeinden in Deutschland betrifft. In diesem Zusammenhang untersuchte das
Studierendenprojekt „Alles Wutbürger? Engagement und Protest in Konflikten um
Landnutzung“ die Anliegen der Bürger:innen der Gemeinde Letschin im Landkreis Märkisch-
Oderland in Brandenburg. Dabei wurde auf Grundlage folgender Forschungsfragen die
partizipative Methode “Photovoice” angewendet, um herauszufinden, was die Menschen vor
Ort dazu bewegt, sich im Kontext des Ausbaus erneuerbarer Energien zu engagieren:
1. In welchen (Alltags-)Situationen sind Sie mit erneuerbaren Energien in Kontakt?
2. Wie nehmen Sie den Ausbau von erneuerbaren Energien wahr? Was sind Ihre Bedenken
und/oder Hoffnungen?
3. Falls Sie sich in irgendeiner Form im Bereich erneuerbare Energien engagieren: Warum
engagieren Sie sich? Was ist Ihre Motivation dafür? Für wen oder was engagieren Sie
sich?
Die Photovoice-Methode ermöglichte es, durch Fotos und kurze Textbeiträge tiefere Einblicke
in die Perspektiven und Lebensrealitäten der Teilnehmenden zu gewinnen. Über einen Zeitraum
von vier Wochen wurden über ein Online-Umfragetool 18 Antworten und insgesamt 106 Bilder
von Teilnehmer:innen eingereicht. Diese Beiträge wurden mit der Software MAXQDA
analysiert.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Teilnehmer:innen im Alltag regelmäßig mit erneuerbaren
Energien in Kontakt kommen, sowohl zu Hause als auch in ihrer Umgebung. In der Folge ist
zu erkennen, dass sich die Bürger:innen aktiv in die Gestaltung des Ausbaus einbringen und
ihre Ideen zu einer besseren Umsetzung beitragen möchten.
Weitere Forschungsprojekte könnten sich in Zukunft mit den genauen Hintergründen bisheriger
Planungspraxis beschäftigen, vertiefende Befragungen der Bevölkerung vornehmen und
konkrete Handreichungen für Kommunalpolitiker:innen zur verantwortungsvollen Umsetzung
von erneuerbaren Energien Projekten entwickeln.
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Gruppe 1
In welchen (Alltags-)Situationen sind Sie mit erneuerbaren Energien in Kontakt?
In der ersten Frage ging es für die Teilnehmenden darum zu schauen, wann und wie sie mit
Erneuerbaren Energien in ihrem Alltag in Kontakt kommen. Von der Art der erneuerbaren
Energien beziehen sich die meisten Antworten hier auf PV-Anlagen, sowohl auf dem Dach als
auch auf Freiflächen. Windkraftanlagen kommen als zweithäufigstes vor. Vereinzelt wurden
auch Biogasanlagen erwähnt, sowie tragbare Solarmodule, die beim Wandern genutzt werden
oder ein Geschwindigkeitsmessgerät in der Gemeinde Letschin.
In den Antworten zu den eingereichten Bildern zeigt sich, dass fast alle Teilnehmenden täglich
mit erneuerbaren Energien in Kontakt kommen. Hier wird das eigene Zuhause häufig erwähnt,
von wo man PV- oder Windkraftanlagen sehen kann. Bei den Windrädern wurde mehrmals
zusätzlich der Lärm der Rotoren erwähnt, sowie deren Schattenwurf. Bei den PV-Anlagen auf
Dächern wurden Hallen und Scheunen erwähnt, wie auch die eigenen Haus- oder
Scheunendächer. Bei den PV-Anlagen auf Freiflächen wurden besonders häufig bebaute
Ackerflächen erwähnt, oft mit Kritik dazu, dass diese für die Landwirtschaft genutzt werden
sollten und wenn dann mehr ungenutzte Flächen oder Dächer verwendet werden sollten.
Im eigenen Zuhause wird teilweise Ökostrom genutzt, zum Backen, Staubsaugen, Laden des
eigenen E-Autos, außerdem werden ein Balkonkraftwerk oder auch eine durch Solarenergie
betriebene Gartendusche eingesetzt. Neben dem eigenen Zuhause kommen die Teilnehmenden
auch beim Arbeitsweg, beim Einkaufen oder Spaziergängen mit erneuerbaren Energien in
Berührung, dadurch, dass die Anlagen teilweise weit und großflächig sichtbar sind.
Außerdem wurde erwähnt, dass die Gemeinde Letschin ihren Anteil beim Ausbau von
erneuerbaren Energien bereits erfüllt hat.
4
Ausgewählte Ergebnisse
1c.46
Die Bewohner des Letschiner Wind- und Solarparks haben Ihren Beitrag an der Energiewende
bereits mehr als erfüllt! Leider sehen das die Investoren sowie Gemeinde anders.
5
1c.45
Wir backen mit PV Überschuss
6
1a.44
Wir nutzen seit einigen Monaten Solarenergie zur Eigenversorgung. Hierfür d ient eine PV-
Anlage auf dem Dach, da wir überzeugt sind, dass PV-Nutzung auf Dächern bzw. versiegelten
Flächen stattfinden soll. Acker sollte der landwirtschaftlichen Nutzung vorbehalten bleiben.
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1b.36 / 1b.38
a) In Deutschland sollte die Sonnenenergie mehr im Alltag genutzt werden. Für
Straßenbeleuchtung, Als Bedachung auf Parkplätze, dass die Autos im Schatten und somit
Kühler stehen (in Italien auf den Rastplatz realisiert), Kühlanlagen in Supermärkten könnten
mit Sonnenenergie gespeist werden. Denn gerade im Sommer wird die Kühlung in den
Gebäuden benötigt, wenn es viel Sonne gibt. Im Ausland, Italien, habe ich viel mehr
Anwendungen erneuerbarer Energie gesehen, als in Letschin.
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b) Unsere Straßenlampen sollten auch mit Sonnenenergie gespeist werden. So bräuchte die
Gemeinde keinen teuren Strom von den Gewinnorientierten Energieriesen beziehen für die
Beleuchtung der Dörfer. In Italien habe ich diese Lampen gesehen. Auch sollten Parkplätze mit
Solarüberdacht werden, um den Autos Schatten zu spenden und dadurch werden sie nicht so
aufgeheizt von der Sonne im Sommer. Diese Energie könnte zur Kühlung der Geschäfte genutzt
werden. Auch für die Gefriertruhen in den Geschäften.
1b.28
Mit sonnengewärmtem Wasser zu duschen, ist, wenn das Wetter mitspielt, so unkompliziert.
9
1a.27
Gassistrecke mit den Hunden
10
1b.25
Wenn ich nach Letschin fahre, sehe ich Windräder, leider drehen sie sich sehr oft nicht
11
1a.11
In Sichtweite von unserem Grundstück sind wir umgeben von Windkraft-und PV-Anlagen.
Sichtschutz (Heckenpflanzungen) an den PV-Anlagen wurden nicht vorgenommen.
Gruppe 2
Wie nehmen Sie den Ausbau von erneuerbaren Energien wahr? Was sind Ihre Bedenken
und/oder Hoffnungen?
Im Zuge der Studie waren die Teilnehmenden in dieser Frage aufgefordert, ihre Empfindungen
zum Ausbau der erneuerbaren Energien in der Gemeinde Letschin zu reflektieren und mit Hilfe
der Fotos und Kommentare darzustellen. Die meisten Antworten beziehen sich auf PV-
Anlagen, gefolgt von Windkraftanlagen.
Die Teilnehmenden äußern viel Kritik in unterschiedlichen Bereichen, vor allem aber
wirtschaftlicher und politischer Art. Ein Eindruck der eigenen Ohnmacht und Übermacht von
Profit und Investoren wird kundgetan, ebenso wie der eines Mangels an Mitspracherecht für
die Bevölkerung. Die bestehenden Regulierungen für den erneuerbaren Ausbau werden als
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unzureichend wahrgenommen: laut den Teilnehmenden fehlen Auflagen zum Einsparen von
Strom bevor es in den großflächigen Ausbau von erneuerbaren Energien geht, ebenso wie
konkrete Vorteile für die Bevölkerung vor Ort als Ausgleich für lokale Beeinträchtigungen. Der
Ausbau von erneuerbaren Energien und besonders von Solarenergie, erscheint den
Teilnehmenden aktuell als unkontrolliert und ungeplant. Das Gefühl, durch die Politik im Stich
gelassen zu werden, resultiert häufig in Wut und Frustration.
Vor allem aber ergeben sich aus diesen Kritikpunkten Gefühle von Sorge unter den
Teilnehmenden. Diese sorgen sich vermehrt um einen Verlust von Lebensqualität für ihre
Gemeinde, der vor allem durch eine Zerstörung der Landschaft und dem damit einhergehenden
Verlust kulturhistorisch gewachsener Charakteristiken begründet ist. Hierbei wird erkenntlich,
dass die Teilnehmenden sich mit der Landschaft des Oderbruchs sehr verbunden fühlen und
den Erhalt dieser als essenziell für ihr Bleiben ebenso wie für ausreichenden Tourismus in der
Region ansehen. Neben dem gefürchteten Einbruch von Tourismus führt auch der Verlust von
fruchtbaren Ackerflächen durch den Bau von PV- und Windkraftanlagen zu Existenzängsten.
Zusätzlich zu ihren Bedenken fühlen sich einige Teilnehmende auch durch die neuen
Energiegewinnungsanlagen gestört. Der Lärm und Schlagschatten der Rotorblätter von
Windkraftanlagen oder Elektrosmog werden hierbei genannt, ebenso wie die als unästhetisch
empfundenen Freiflächen-PV-Anlagen.
Insgesamt sind die Wahrnehmungen des Ausbaus von erneuerbaren Energien, die die
Teilnehmenden schildern, eher negativ. Damit, wie der Ausbau bisher abläuft, sind die
Teilnehmenden nicht zufrieden. Aber sie teilen auch vermehrt ihre Visionen eines gelungenen
Ausbaus. Denn dass die Teilnehmenden nicht prinzipiell gegen den Ausbau erneuerbarer
Energien sind, wird mehrfach betont. Es geht mehr um die Frage, wie der Ausbau vonstatten
geht. Gewünscht ist vor allem, dass bevor die umliegenden Acker- und Grünlandflächen mit
PV-Anlagen bebaut werden, erst einmal alle verfügbaren, künstlichen bzw. vorbelasteten
Flächen, wie Dächer, Parkplätze, Konversionsflächen usw. für Solarenergie genutzt werden.
Für Freiflächen-PV-Anlagen und den weiteren Bau von Windkraftanlagen werden strengere
Auflagen für z.B. Mindestabstände zu Siedlungsgebieten gefordert. Gewünscht ist auch, dass
die gewonnene Energie effizienter genutzt wird und direkte Anwendung in der Infrastruktur
vor Ort findet. Die Teilnehmenden hoffen auf eine weitere Vernetzung der Bürger:innen, einen
verstärkten Einsatz für den Schutz der Landschaft des Oderbruchs und eine stärkere Einbindung
ihrer Vorstellungen und Anliegen in politische Entscheidungen.
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Ausgewählte Ergebnisse
2a.11
Unsere Grundstückszufahrt wurde in der Bauphase der PV-Anlagen in einem unzumutbaren
Zustand hinterlassen. Wir fühlten uns von der Gemeinde/ vom Bürgermeister im Stich gelassen.
Die Gemeinde hatte bis 2022 kein Konzept, es entstand ein Wildwuchs von PV-Anlagen. Die
Gemeinde war nur an den finanziellen Einnahmen durch PV und Windkraft interessiert.
Bürgerbeteiligung war kein Thema. Erst 2023 wurde ein Kriterienkatalog für die Errichtung
von PV-Anlagen erstellt.
14
2a.23
Lärm der Rotorblätter. Wie werden diese Windanlagen entsorgt? Und werden wir überhaupt
gefragt, ob wir solche Anlagen so nah an unseren Orten haben wollen. Ich habe Angst, dass wir
zugebaut werden und unsere Landschaft zerstört wird. Dann will niemand mehr hier leben bzw.
hier Urlaub machen.
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2a.28
Ein börsennotiertes Energieunternehmen aus den "alten" Bundesländern errichtet in Wild-
West-Manier mehrere Mega-Parks, welche regelmäßig abregeln müssen (mit Entschädigung
für die Betreiber versteht sich) ohne Mehrwert für die Region. Im Gegenzug wird die
Gesellschaft gespalten, sowie steigen durch den Netzausbau die Strompreise in der Region.
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2a.35
An sich stehe ich den erneuerbaren Energien sehr positiv gegenüber, da ich den Klimawandel
als eine der größten Bedrohungen der Menschheit und der vielen Arten auf
unserem Planeten und ich keine Alternative hierzu sehe. Allerdings stört mich, dass momentan
der Ausbau erneuerbarer Energien vor allem von Investoren getrieben ist und einer
kapitalistischen Logik unterworfen wird. Mir fehlen eine wirkliche demokratische
Auseinandersetzung und die stärkere Berücksichtigung lokaler Interessen.
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2a.41
Ich sehe einen Konflikt zwischen PV-Anlagen und dem Anbau von Lebensmitteln und
Futtermitteln auf Ackerflächen. Im vorderen Bereich sieht man hier den Mais, im hinteren
Bereich die Baustelle, wo zur Zeit noch neue PV Anlagen installiert werden. Die Landwirte
verlieren nach und nach ihre Pachtflächen. Wir als Anwohner werden nicht wesentlich an den
Profiten beteiligt, zahlen aber hohe Netzentgelte.
18
2a.44
Die Notwendigkeit der Energiewende steht m.E. nicht in Frage, die Art und Weise, wie sie
umgesetzt wird, in jedem Fall. Es ist gut, wenn die hierfür notwendigen technischen Anlagen
räumlich zusammenhängend gebaut werden. Dennoch sollten auch hier die Belange z.B. der
Nachbarn und der Kulturlandschaft Oderbruch besser berücksichtigt werden. Das Bild zeigt die
Wind-, PV-Anlagen, den Mobilfunkturm, die 110-KV-Leitung, das Umspannwerk an der
Bahnlinie und im Hintergrund den Kirchturm Letschin. Man sieht welche technischen Anlagen
nötig sind für EE-Anlagen, man kommt nicht umhin, dies als "Gewerbegebiet" zu benennen.
Hier hätte der Abstand zu Einzelwohngrundstücken (nicht im Bild) größer gestaltet werden, die
Eingrünung überhaupt vorgenommen werden müssen.
Gruppe 3
Falls Sie sich in irgendeiner Form im Bereich erneuerbare Energien engagieren: Warum
engagieren Sie sich? Was ist Ihre Motivation dafür? Für wen oder was engagieren Sie
sich?
Die letzte Frage der Studie thematisiert die Art und Weise bzw. die Beweggründe der
Teilnehmenden, sich im Bereich erneuerbare Energien engagieren. In den Antworten wird
deutlich, dass die Bandbreite des Engagements der Teilnehmenden vom aktiven Wirken im
privaten Umfeld bis zur direkten Teilhabe im öffentlichen Raum reicht. Die Beweggründe zum
Engagement reichen von der Begünstigung lokaler Entwicklungen bis hin zum globalen Beitrag
im Kampf gegen den Klimawandel. Im Fokus steht dabei fast immer das Wohlergehen, von den
eigenen Enkelkindern bis zum Überleben der gesamten Menschheit.
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Die Studien-Teilnehmenden engagieren sich im Bereich erneuerbare Energien in dem sie diese
privat ausbauen und nutzen, bspw. durch den Betrieb einer eigenen PV-Anlage und die Nutzung
des Stroms für den Betrieb von Lampen, die Erhitzung von Duschwasser, das Backen von Brot
oder das Laden eines Elektroautos. Auch wird das Einsparen von Energie, beispielsweise durch
die reduzierte Nutzung des eigenen PKWs oder das bewusste Hinterfragen von
Energieverbräuchen angeführt. Weiterhin sind das aktive Führen von Gesprächen mit Familie,
Freunden und Nachbarn oder auch der persönliche Einsatz für die Förderung von
Umweltbildung, Arten des Engagements einiger Teilnehmenden. Die aktive Teilhabe am
öffentlichen Diskurs war die am häufigsten angeführte Art des persönlichen Engagements.
Genannt werden die Beteiligung in lokalen Gruppierungen wie dem Energietisch und dem
Heimatverein, die Beteiligung an für die Öffentlichkeit zugänglichen Prozessen, wie z.B.
Gemeindevertretersitzungen, als auch die Teilnahme an der Politik, durch das Unterstützen
lokaler Wählergruppen oder das Bekleiden eines politischen Amtes.
Die Motivation der Studien-Teilnehmenden zum persönlichen Engagement im Bereich
erneuerbarer Energien beläuft sich vor allem auf den Glauben daran, durch die eigene Aktivität
einen konkreten Mehrwert vor Ort zu bewirken. Die Gründung einer
Bürgerenergiegenossenschaft bzw. die Aussicht auf konkrete Kostenvorteile für die lokale
Bevölkerung war der am häufigsten genannte Motivationsgrund. Auch die gezielte Steuerung
des Ausbaus von erneuerbaren Energien mit einer prioritären Nutzung von Flächen mit
bestehender, künstlicher Infrastruktur oder auch auf vorbelasteten Konversionsflächen wurde
häufig genannt – oft mit dem Verweis auf den Schutz bzw. den Erhalt fruchtbarer Ackerböden
oder natürlicher und kulturlandschaftlicher Strukturen vor Ort. Das Bedürfnis einer stärkeren
Teilhabe an der Gestaltung von Entwicklungen in der Gemeinde durch aktivere Einbeziehung
bzw. die höhere Gewichtung der Bedürfnisse von Bürger:innen wird ebenfalls mehrmals
angeführt. Auch die Perspektive einer energieautarken Gemeinde treibt mehrere Teilnehmende
an, sich zu engagieren, genauso wie der Anspruch, durch das eigene Verhalten als Vorbild für
andere zu fungieren. Der Kampf gegen den Klimawandel, die Etablierung eines verbindlichen
Regelwerks in der Gemeinde zur Steuerung des erneuerbaren Ausbaus und das Verhindern
neuer Photovoltaik- und Windkraftanlagen sind weitere Motivationsgründe der Studien-
Teilnehmenden. Als Adressaten des eigenen Engagements werden überwiegend andere
Menschen genannt, vor allem Enkelkinder, aber auch Familie, Mitmenschen, die lokale
Gemeinschaft sowie die gesamte Menschheit. Darüber hinaus wurde auch auf die Natur sowie
das kulturhistorische Landschaftsbild als Schutzobjekte des eigenen Engagements verwiesen.
In Summe lässt sich feststellen, dass die Vielfalt, die verschiedenen Beweggründe und
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Adressaten des Engagements der Teilnehmenden vor allem darauf abzielen, die Energiewende
in der Gemeinde Letschin aktiv mitzugestalten. Es geht den Teilnehmenden um eine ernsthafte
Einbeziehung in lokale Prozesse, die Berücksichtigung von Bedenken, den Erhalt lokal-
typischer Strukturen und die Erzeugung eines Mehrwerts für möglichst alle Beteiligten /
Bürger:innen vor Ort.
Ausgewählte Ergebnisse
3a.11
„Ich habe seit 2009 eine eigene PV-Anlage auf dem Dach. Ich bin davon überzeugt, dass wir
etwas gegen den Klimawandel tun müssen. Ich habe 5 Enkelkinder und möchte ihnen beim
Thema Klimaschutz Vorbild sein.“
21
3b.39
„Ich setze mich für eine Gemeinde ein, die die Vielfalt der Meinungen bezüglich
erneuerbarer Energien berücksichtigt und wertschätzend Wege und Lösungen findet, damit
unsere Gemeinde in einigen Jahren energieautark ist“
22
3a.41
„Ich engagiere mich beim Energietisch Letschin. Und stehe gegen eine weitere Bebauung von
Ackerflächen, sondern für die Bestückung von Dächern mit PV Anlagen. Die Gründung einer
Bürgerenergie-Genossenschaft wäre wünschenswert, so dass auch wir als Bürger durch einen
günstigen Strompreis profitieren würden.“
23
3c.42
„Ich bin für die Gründung einer Bürgerenergiegenossenschaft und die Erreichung der
Ausbauziele für erneuerbare Energien durch die Belegung von allen dafür geeigneten
Dachflächen und Konversionsflächen mit PV-Anlagen in der Gemeinde Letschin. Keine PV -
Anlagen auf dem Acker und keine neuen Windkraftanlagen in der Gemeinde Letschin.“
24
3a.44
„Wir engagieren uns für eine nachhaltige (ökologisch, ökonomisch, sozial) Energiewende, die
auf einem bedarfsorientierten Konzept zu Strom, Wärme und Mobilität für Einwohner,
Unternehmen und Gemeinden im Oderbruch aufbaut. Da der Landkreis MOL im bundesweiten
Vergleich zu den Regionen gehört, deren EE-Anlagen bereits das Mehrfache des eigenen
Strombedarfs produzieren, sollte jegliche Investition jetzt der Energiewende vorort dienen.
Und, sie sollte allen Einwohnern spürbare Entlastungen bringen - zumal hiesige Stromkosten
durch höhere Netzentgelte die Bürger in der Region quasi "bestrafen", die den Energiezielen
des Bundes schon nahe sind (bereits erreicht haben). Das von uns verfolgte Vorgehen trägt auch
dazu bei, dass die Kulturlandschaft Oderbruch (z.B. Blick vom Krugberg bei Werbig in
Richtung Letschin) erhalten werden und trotzdem der Engeriewende Rechnung getragen
werden kann.“
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