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Warum tun wir eigentlich nicht, was wir schon wissen? Zum Stand der Supported Employment-Implementierung in Deutschland

Authors:
  • Vivantes Hospital Am Urban and Vivantes Hospital im Friedrichshain
  • Centre for Psychiatry Reichenau, Germany

Abstract

Zusammenfassung Seit vielen Jahren wird die Einführung von Ansätzen gemäß Supported Employment (SE) als Regelleistung gefordert, um Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen. Jedoch scheinen weder Evidenz noch Leitlinienempfehlungen auszureichen, um den allerorts angemahnten Transformationsprozess anzuschieben. In diesem Beitrag identifizieren wir einige Stolpersteine und Hemmnisse und entwickeln – auch mit Blick auf andere Länder –, wie mit diesen angemessener umgegangen werden könnte.
sozialpsychiatrische
informationen
3/2024 – 54. Jahrgang
ISSN 0171 - 4538
Verlag: Psychiatrie Verlag GmbH, Ursulaplatz 1,
50668 Köln, Tel. 0221 167989-11, Fax 0221 167989-20
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Redaktion:
Helene Brändli, Winterthur
Peter Brieger, München
Manuela Grieser, Bern
Sandra Kieser, Berlin
Silvia Krumm, Ulm
Daniel Nischk, Reichenau
Klaus Nuißl, Regensburg
Sven Speerforck, Leipzig
Annette Theißing, Hannover
Samuel Thoma, Berlin
Sonderdruck
Warum tun wir eigentlich nicht, was wir schon
wissen?
Zum Stand der Supported Employment-
Implementierung in Deutschland
Zusammenfassung Seit vielen Jahren wird die Einführung von Ansätzen gemäß Supported Employment
(SE) als Regelleistung gefordert, um Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen Teilhabe am
Arbeitsleben zu ermöglichen. Jedoch scheinen weder Evidenz noch Leitlinienempfehlungen auszurei-
chen, um den allerorts angemahnten Transformationsprozess anzuschieben. In diesem Beitrag identi-
zieren wir einige Stolpersteine und Hemmnisse und entwickeln – auch mit Blick auf andere Länder –,
wie mit diesen angemessener umgegangen werden könnte.
Autorin und Autor:
Dorothea Jäckel,
Daniel Nischk
Seite 29 – 32
Transformationen in der Psychiatrie – Veränderungsexpert:innen am Limit
Maike Wagenaar, Hannover
Dyrk Zedlick, Leipzig
29sozialpsychiatrische informationen 54. Jahrgang 3/2024
Warum tun wir eigentlich nicht, was wir
schon wissen?
Zum Stand der Supported Employment-
Implementierung in Deutschland
Zusammenfassung Seit vielen Jahren wird die Einführung von Ansätzen gemäß Supported
Employment (SE) als Regelleistung gefordert, um Menschen mit schweren psychischen
Erkrankungen Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen. Jedoch scheinen weder Evidenz noch
Leitlinienempfehlungen auszureichen, um den allerorts angemahnten Transformationspro-
zess anzuschieben. In diesem Beitrag identizieren wir einige Stolpersteine und Hemmnisse
und entwickeln – auch mit Blick auf andere Länder –, wie mit diesen angemessener umgegan-
gen werden könnte.
Autorin und Autor:
Dorothea Jäckel, Daniel Nischk
Einleitung
Individual Placement and Support (IPS;
Becker, Drake 2003) ist das bekannteste Ver-
fahren der Supported Employment-Ansätze
und nach gegenwärtiger Forschungslage
das wirksamste beruiche (Wieder-)Ein-
gliederungsverfahren für Menschen mit
psychischen Erkrankungen weltweit (Bond
u.a. 2020). Die »S3-Leitlinien Psychosozia-
le Therapien« haben es aufgrund der aus-
gezeichneten Evidenz mit dem höchsten
Empfehlungsgrad versehen (DGPPN 2019).
Bei IPS spielt die Berufsvorbereitung, d.h.
das Training bestimmter Fähigkeiten in
beschützenden Kontexten (wie bei vielen
der gegenwärtigen berufsvorbereitenden
Maßnahmen) keine Rolle mehr. IPS setzt auf
ein individuelles, und alltagsnahes 11-Coa-
ching, integriert in ein multiprofessionelles
Behandlungsteam, mit dem Ziel eine Tä-
tigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
(wieder) aufzunehmen und langfristig zu
erhalten. Jeder kann teilnehmen, es gibt
keine besonderen Zugangsvoraussetzungen
(»Zero Exclusion-Prinzip«). Die Unterstüt-
zung richtet sich nach den individuellen Be-
darfen und ist dementsprechend langfristig
ausgelegt, d.h. kann sich im (seltenen) Ein-
zelfall über mehrere Jahre erstrecken. Somit
setzen die IPS-Prinzipien par excellence die
Forderungen der UN-Behindertenrechts-
konvention nach inklusiver Beschäftigung
um (Aichele 2019). Die Grundannahmen
von IPS, wie rasche Stellensuche und indi-
viduelle Unterstützung, solange diese not-
wendig ist, klingen nicht nur für Betroene,
Angehörige und Kostenträger, sondern auch
für viele psychiatrisch Tätige attraktiv, ja
verheißungsvoll, denn sie alle kennen die
vielen Fallstricke des segmentierten Hilfe-
systems, in denen man sich allzu leicht ver-
heddern kann (Nischk u.a. 2020).
Obwohl IPS eine wirksame Methode ist,
bleibt Deutschland hinter dem eigenen An-
spruch nach evidenzbasierter Rehabilitati-
on zurück. Lediglich rund 350 Personen, d.h.
weniger als 0,5% der Menschen mit schwe-
ren psychischen Erkrankungen (siehe Güh-
ne, Riedel 2015), die an Beschäftigungs- oder
Rehabilitationsmaßnahmen teilnehmen,
haben Zugang zum IPS (Jäckel u.a. 2020). Bei
den meisten gegenwärtigen IPS-Angeboten
handelt es sich überdies um Modellprojekte,
deren Zukunft nach dem Ende der Projekt-
nanzierung ungewiss ist.
Uns interessiert die Frage, warum ein Kon-
zept, das Praktiker:innen, Klient:innen und
Angehörige überzeugt und das weltweit
als eektiv gilt, nicht viel konsequenter
umgesetzt wird, zumal es als ambulantes
Angebot deutlich kostenezienter ist, als
die traditionellen, oft (teil-)stationären Trai-
ningsangebote, wie die Studienlage zum
»Return on Investment« aus Deutschland,
der Schweiz und den Niederlanden zeigt
(Nisch k u.a. 2023, Homann u.a. 2014, Vu-
kadin u.a. 2024).
Im Folgenden möchten wir auf einige Stol-
persteine und Hemmnisse eingehen, die der
Implementierung von IPS in Deutschland
im Wege stehen und Vorschläge entwickeln,
an welchen Stellen angesetzt werden muss,
damit die von Betroenen, Angehörigen
und Pros angemahnte Transformation
des Rehabilitationswesens umgesetzt wer-
den kann. Klar scheint: Die Forderung nach
einem Paradigmenwechsel zum »place and
train« reicht für sich genommen nicht aus,
den nun anstehenden Umsetzungsprozess
anzuschieben. Weder Evidenz noch Leitli-
nienempfehlungen führen ohne weiteres
Zutun zur Schaung einer Finanzierung
und der ächendeckenden Installierung
von IPS-Angeboten.
Hemmnisse und Blockaden
Umsetzungsprobleme und Abrechnungs-
fragen: Das deutsche Sozial- und Rehabi-
litationssystem ist auf die Durchführung
von inhaltlich genau denierten »Maßnah-
men« spezialisiert, die im Regelfall durch
eine Ärztin/einen Arzt indiziert, von einem
Kostenträger geprüft und ggf. genehmigt
und über einen denierten Zeitraum durch
einen zertizierten Leistungserbringer
durchgeführt werden. Es sind aber gerade
die Kernprinzipien des IPS-Ansatzes, die mit
dieser Verwaltungs- und Abrechnungspra-
xis der Maßnahmenlogik nicht vereinbar
sind: Die Selbstzuweisung durch das »Zero
Exclusion«-Prinzip, das Nutzen der Eigen-
motivation, die Ausrichtung an den indivi-
duellen Präferenzen sowie die unbefristete
Unterstützung – all das kann auf Mitarbei-
tende im Jobcenter, in der Agentur für Ar-
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beit und in anderen Institutionen befremd-
lich und schlimmstenfalls sogar sinnlos wir-
ken. Dabei sind sich viele Praktiker:innen
einig: Diese Prinzipien sind entscheidend
für den Erfolg von IPS, besonders weil sie
einige Nachteile unseres Versorgungssys-
tems, u.a. die »Schnittstellenproblematik«
und die mangelnde personelle Kontinuität,
ausgleichen. Es braucht für viele Menschen
im Hilfesystems einen »Lotsen«, sonst un-
terlaufen sich die Maßnahmen schnell
gegenseitig. Einige Beispiele: So passiert
es IPS-Klient:innen, dass sie während des
IPS-Coachingprozesses durch das Jobcenter
oder die Agentur für Arbeit zu einem Bewer-
bungstraining aufgefordert werden. Man-
che sollen auch einen Rehabilitationsantrag
oder gar Rentenantrag stellen. Absurd wird
es, wenn andere soziale Hilfen, wie z.B. das
Wohnen in einer therapeutischen Wohnge-
meinschaft eine reguläre Berufsausbildung/
Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
verhindern, weil Gruppengespräche wäh-
rend der Arbeitszeit stattnden müssen.
Auch wenn dies Ausnahmen sind, so zeigen
sie schon, wie sehr unser Denken und Han-
deln von altbekannten Strukturen geprägt
ist, deren Schwächen wir andererseits auch
immer wieder beklagen.
Übliche Maßnahmen folgen hohen Stan-
dards und Qualitätsvorgaben. Zwar schei-
nen diese Vorgaben, z.B. die bekannte AZAV-
Zertizierung der Agentur für Arbeit, be-
stimmte Standards an Struktur und z.T. an
die Prozessqualität zu sichern, jedoch setzen
sie auch ungünstige Anreize. So erweisen
sich die kaum eektiven berufsvorberei-
tenden (Gruppen-)Maßnahmen nanziell
als lukrativ – wirksame, individuelle und
längerfristige Einzelcoachings jedoch kaum;
ein besonders deprimierender Befund an-
gesichts der oben referierten Befunde zum
Social Return on Investment.
Wer zahlt es? Zuständigkeiten und Ansprü-
che im Rehabilitationssystem lassen sich
aus verschiedenen Sozialgesetzbüchern
herleiten, was die Etablierung von IPS als
nanzierte Regelleistung nicht einfacher
macht. Forschung, Praxis und Verwaltung
sind weitgehend disparate Sozialräume, mit
jeweils eigener Sprache, Sachlogik und Ri-
tus, die für IPS-Praktiker:innen, die ihr An-
gebot nanziert bekommen wollen, kaum
durchschaubar ist. Das ist schade, zumal
IPS auch eine viel beklagte Angebotslücke
füllen könnte, nämlich eine Unterstützung
beim Stellenerhalt bzw. bei der Rückkehr an
den Arbeitsplatz nach einer Krankheitspha-
se zu bieten. Eine solche Unterstützung ist
faktisch kaum jemandem zugänglich bzw.
in den Sozialgesetzbüchern bislang nicht
vorgesehen. Dies benachteiligt besonders
psychisch Kranke, die (noch) keinen Grad
der Behinderung beantragen wollen und
denen deshalb die – im Übrigen ebenfalls
zeitlich limitierte – Unterstützung durch
den Integrationsfachdienst nicht zur Ver-
fügung steht. Obwohl es unmittelbar plau-
sibel erscheint, Menschen mit psychischen
Erkrankungen beim Erhalt des Arbeits-/
Ausbildungsplatzes zu unterstützen und
ggf. beizeiten nach Alternativen Ausschau
zu halten, sind hier die Arbeitnehmenden
und ihre Vorgesetzten weitgehend auf sich
gestellt. Nicht selten kommt es nach einer
Phase des Überengagements zu Überforde-
rungssituationen und schließlich zum Ver-
lust des Arbeitsplatzes. Erst dann werden
wieder Hilfen für den jetzt arbeitslosen psy-
chisch kranken Menschen möglich.
Negative Erwartungen in Bezug auf die Pro-
gnosen und Bedarfe von Menschen mit psy-
chisch Erkrankungen: Rehabilitationsex-
pert:in nen haben ihre Erfahrungen in
Deutschland fast ausschließlich in »train
and place«-Maßnahmen erwerben können.
Auch wenn diese Angebote für manche
Betroene sinnvoll sind, vermittelt dieser
historisch gewachsene Sozialkontext z.T.
auch fragwürdige Haltungen hinsichtlich
der Voraussetzungen, Bedarfe und Belas-
tungsfähigkeit von psychischen Kranken.
In diesen Institutionen können sich viele
Mitarbeitende schlichtweg kaum vorstel-
len, dass eine erfolgreiche Vermittlung auf
den allgemeinen Arbeitsmarkt auch ohne
vorbereitendes Training möglich sein soll.
»Für unsere Klient:innen ist IPS nichts, die
schaen das nicht!«, lautet die Erklärung
für den Widerspruch zwischen Evidenzlage
und Rehabilitationspraxis und der Hinweis,
dass »nicht alle psychisch Kranken auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt tätig werden
wollen« wird prominent angeführt. Remin-
der: Weniger als 0,5% der schwer psychisch
kranken Menschen haben Zugang zum IPS.
Somit steht der Wunsch vieler Betroenen
nach einer Arbeit auf dem allgemeinen Ar-
beitsmarkt (Jäckel u.a. 2020) einem Überan-
gebot geschützter Maßnahmen gegenüber
(die viel zu selten auch betriebsnähere Ele-
mente enthalten). Die institutionalisierte
Grundannahme, dass Menschen mit psy-
chischen Erkrankungen eines beschüt-
zenden Arbeitskontexts bedürfen, scheint
noch immer derartig wirkmächtig, dass die
lange bekannten, potenziell negativen Aus-
wirkungen von Sondermilieus (BMAS 2021,
Nischk u.a. 2020), u.a. Selbststigmatisie-
rung und soziale Exklusion, nicht mehr zur
Kenntnis genommen werden.
Bedrohung professioneller Identität: IPS setzt
auf pragmatische Unterstützung mit per-
sönlicher, kontinuierlicher Begleitung, um
die allgemeine Praxis, Klient:innen an ver-
schiedene Gesundheitsexpert:innen und In-
stanzen beratend »weg zu verweisen«, abzu-
mildern. IPS-Coaches sehen sich in der Regel
als Generalisten, die mit ihren Klient:innen
Spezialist:innen mit Fachwissen aufsuchen,
über das sie selbst nicht verfügen. Diese ein-
fache und klare Vorgehensweise relativiert
den Wert der akademischen Bildung, an
dessen Stelle nun andere Fähigkeiten treten.
Da viele Kolleg:innen lange Jahre für ihre
Hochschulausbildung aufgewendet haben,
fällt die intellektuelle Abrüstung nicht un-
bedingt leicht, ohne gleich die eigene pro-
fessionelle Identität infrage zu stellen. Und
wenn Klient:innen sich auch noch selbst
zuweisen und über ihre beruiche Eignung
mitentscheiden, dann stellt das die (ohne-
hin fragwürdige) an bestimmte Berufsbilder
gekoppelte Richtlinienkompetenz bezüglich
Diagnosestellung, Prognose und Eignung
für bestimmte Berufe und Rehaverfahren
oen infrage. Tatsächlich geht es beim IPS-
Coaching kaum um bestimmte Verfahren
oder um bestimmtes Wissen. Es geht »ein-
fach« um eine individuelle pragmatische
Unterstützung, wie sie seit jeher Teil un-
seres sozio kulturellen Repertoires ist: »IPS
ist so wirksam, weil es so einfach ist«, sagt
Tom Burns, einer der IPS-Väter in Europa,
treend (persönliche Mitteilung 10/2023,
IPS Europe Conference, Rimini). Und dafür
sind andere Fähigkeiten als bei der her-
kömmlichen beruichen Rehabilitation
erforderlich: z.B. die Fähigkeit, sich rasch
einen Überblick über komplexe (sozialrecht-
liche) Probleme und Sachfragen zu verschaf-
fen, Entscheidungen unter Unsicherheit zu
treen, Lösungsorientierung und eine Auf-
geschlossenheit und Neugier gegenüber der
freien Wirtschaft mit Arbeitgebenden, die
oft ganz andere Lebenshintergründe und
Konzepte über psychische Erkrankung ha-
ben (Waghorn u.a. 2020). Diese Anforderun-
gen stellen besonders zu Beginn einer Tätig-
keit als IPS-Coach Herausforderungen dar,
denen nicht mit Lehrbuchwissen begegnet
werden kann und die ohne ausreichende
Unterstützung auch abschreckend wirken
können.
Einstiegs- und Umsetzungsprobleme: So
sinnvoll IPS erscheint, dürfen doch die Um-
setzungsprobleme jenseits der Sozialgesetz-
bücher nicht unterschätzt werden. Das prag-
Transformationen in der Psychiatrie – Veränderungsexpert:innen am Limit
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matische Vorgehen, den kurzen Dienstweg
zu benutzen, stellt die Verwaltungskultur
deutscher Institutionen zuweilen auf die
Probe. Arbeitsvermittler:innen des Jobcen-
ters fühlten sich in einem Rehapro-Projekt
anfangs in eine ungute Konkurrenzsituati-
on zu den IPS-Coaches gedrängt. In einem
anderen Projekt el es den IPS-Coaches
nicht so leicht, den Fokuswechsel vom
Thema Gesundheit in Richtung Erwerbs-
arbeit zu vollziehen und die Platzierung
auf dem ersten Arbeitsmarkt hinzubekom-
men. Dass man sich überdies gegenüber
dem Arbeitgebenden hinsichtlich seiner
Einschränkungen »outen« soll, nden auch
IPS-Coaches am Anfang ihrer Tätigkeit be-
fremdlich. Einige der IPS-Prinzipien, wie
»Netzwerkpege«, d.h. die Kooperation
mit Arbeitgebenden, Betrieben und Kam-
mern, klingen vielen Kolleg:innen zu sehr
nach schnöder »Kundenbetreuung« oder
»Kaltakquise« – Dingen, mit denen man lie-
ber nichts zu tun haben will. All diese Vor-
behalte sind nachvollziehbar und bedürfen
eines angemessenen Reexionsrahmens.
Ansonsten besteht die Gefahr, dass einzel-
ne Aspekte des IPS-Ansatzes vorschnell als
»hier nicht praktikabel« abgetan werden
und dadurch die IPS-Eektivität reduziert
wird (Catty u.a. 2008).
Interessengeleitete Widerstände: Verände-
rungen in den Sozialsystemen werden u.a.
von Verteilungskämpfen begleitet, da die
eigene wirtschaftliche Existenz (vermeint-
lich) infrage gestellt scheint. So räsonieren
seit über zwei Dekaden einige Vertreter be-
rufsvorbereitender Maßnahmen über den
mangelnden Wirksamkeitsnachweis von
IPS in Deutschland und ignorieren die Be-
funde der internationalen Forschung, dass
sich »train and place«-Ansätze im Vergleich
zu IPS nahezu durchgängig als 1. weniger ef-
fektiv auf die arbeitsbezogene Teilhabe und
2. als kostenintensiver erweisen (Bond u.a.
2020; Richter, Homann 2019; Vukadin u.a.
2024). Zudem wird gern vergessen, dass die
Studienlage zur Wirksamkeit von berufsvor-
bereitenden Trainingsmaßnahmen nicht
nur schmal, sondern auch wenig Anlass zu
Optimismus bietet: So fanden z.B. Reims
und Tophoven (2022), dass selbst nach
zeitlich sehr aufwendigen Trainingsmaß-
nahmen (im Median 500 Tage) lediglich
15% der Teilnehmenden eine nachhaltige
Teilhabe (> 1,5 Jahre) auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt gelang. Andere mäkeln am
»Zero Exclusion«-Prinzip und der zeitlich
unbefristeten Unterstützung herum, ob-
gleich jedem psychiatrisch Tätigen klar sein
dürfte, dass eine Vielzahl von Menschen
mit psychischen Erkrankungen eine lang-
jährige, manchmal auch lebenslange Unter-
stützung zur Sicherung beruicher Teilhabe
(siehe z.B. Bond u.a. 2011 oder Homann
u.a. 2014) benötigen. Zwar erscheint es
menschlich und nachvollziehbar, dass im
Lichte von vermuteten Verteilungskämpfen
diese und andere Vorbehalte gegenüber IPS
eingebracht werden, selbst wenn sich diese
als empirisch haltlos erwiesen haben. Al-
lerdings darf nicht vergessen werden, dass
diese und andere Einwände durch manche
Interessenvertreter:innen im politischen
Entscheidungsprozess zum Teil auch wider
besseren Wissens lanciert wurden und das
Diskussionsklima und die Debattenkultur
über lange Zeit vergiftet und Entwicklungen
merklich abgebremst haben – auf Kosten
von Betroenen, denen dadurch eine sinn-
volle Unterstützung vorenthalten wird.
Wie die Implementierung von IPS gelingen
kann – die Internationale Perspektive
In Europa entstand in den letzten Jahren
eine IPS Learning Community (IPS-Europe)
mit jährlich stattndenden Konferenzen
(https://ipsgrow.org.uk/providers/ips-euro-
pe-learning-community/). Von dort gelan-
gen Praxiserfahrungen, Implementierungs-
strategien sowie Weiterentwicklungen von
IPS in den deutschen Diskurs (Jonasson u.a.
2022, Fioritti u.a. 2024).
Die Erfahrungen mit IPS in den europä-
ischen (Nachbar)Ländern zeigen, dass die
ächendeckende Implementierung und da-
mit die Zugänglichkeit zu IPS in allen Län-
dern durch übergeordnete politische Ent-
scheidungen in Gang gesetzt wurden. Was
in vereinzelten Modellprojekten begann,
konnte u.a. in den Niederlanden, Norwegen,
UK und Island erst im Top-down-Ansatz in
der Versorgung verankert werden (Jonasson
u.a. 2022). Diese Erfahrungen zeigen, dass
eine politische Handlungsorientierung im
Sinne der Teilhabebelange psychisch kran-
ker Menschen notwendig ist und auch funk-
tioniert.
Diskussion
Wir haben in diesen Beitrag versucht, nur
einige der vielen Hürden und Hindernisse
zu identizieren, die dem Transformations-
prozess im Bereich der beruichen Rehabi-
litation psychisch Kranker entgegenstehen.
Es zeigen sich eine Vielzahl von Faktoren auf
der persönlichen, institutionellen und auch
gesellschaftlichen Ebene, die sich zumeist
gegenseitig verstärken. Kein Wunder, dass
viele Veränderungsprozesse scheitern. Zum
Beispiel besagen Schätzungen, dass selbst
in einem überschaubaren Sozialkontext wie
einem Krankenhaus bis zu zwei Drittel aller
Veränderungsprozesse im Misserfolg enden
(Barrow u.a. 2024).
Unsere kurze Analyse zeigt, dass die Debatte
um die Einführung von IPS viel stärker von
psychischen Motiven und ökonomischen
Interessen, etwa nach Status, Kontrolle und
(nanzieller) Sicherheit, bestimmt wird als
von rationalen Argumenten. Wer etwas
seit vielen Jahren auf eine bestimmte Wei-
se tut, der betrachtet das Althergebrachte
oft automatisch als bewährt und auch als
bewahrenswert, das nicht leichtfertig auf-
gegeben werden soll. Das Neue muss sich
beweisen– und doch können rationale Ar-
gumente den Widerstand kaum auösen.
Denn wo psychische Beharrungskräfte am
Werk sind, werden die Anforderungen an
die Qualität wissenschaftlicher Evidenz zu-
weilen in absurde Höhen getrieben und die
eigene Legitimation nicht mehr hinterfragt.
Unsicherheit soll um jeden Preis vermieden
werden, weil es die eigenen Interessen be-
droht. Weitere Forschungsergebnisse dürf-
ten die Umsetzung deshalb kaum befördern.
Eher scheint sich ein Wandel durch Annä-
herung abzuzeichnen, die das Neue nicht
mehr als allzu undenkbar erscheinen lässt.
Ein gutes Beispiel ist die Entwicklung der
Handlungsempfehlung für Supported Em-
ployment innerhalb der DGPPN, an der ganz
unterschiedliche Interessenvertreter:innen
beteiligt waren (Stengler u.a. 2021). Auch
wächst die IPS-Community in Deutschland
langsam, aber stetig: Im Rahmen des reha-
pro-Programms des Bundesministeriums
für Arbeit und Soziales (BMAS) wurden IPS-
Projekte in Leipzig, Bielefeld, Mecklenburg-
Vorpommern und Ulm gegründet (Hussen-
oeder u.a. 2021, Schniedermann u.a. 2022,
Steinhart u.a. 2021). Eine Multicenterstudie
zum IPS für junge Erwachsene mit Psycho-
sen, in der es nicht nur um Supported Em-
ployment, sondern auch um Supported Edu-
cation geht, läuft noch bis 2025 (Jäckel u.a.
2023). Im Dialogforum der APK werden nun
konkrete Empfehlungen diskutiert, wie im
segmentierten Sozialsystem Deutschlands
IPS in die Routineversorgung implementiert
werden kann. In den Landkreisen, in denen
sich IPS bereits etabliert hat, etwa in Reiche-
nau, sehen auch die Kostenträger die mög-
liche Kostenersparnis und nanzieren nun
(teilweise) das IPS-Angebot.
Jäckel, Nischk: Warum tun wir eigentlich nicht, was wir schon wissen?
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Transformationen brauchen oenbar Zeit.
Auf gesellschaftlicher Ebene zeigen sich Ver-
änderungen oft erst innerhalb eines Zeitrah-
mens von Dekaden – man denke etwa an die
Gleichberechtigung, Diversität oder die Ehe
für alle. Was gesamtgesellschaftlich als über-
schaubarer Zeitrahmen erscheint, kommt
jedoch für den einzelnen Betroenen immer
zu spät. Und für die Allgemeinheit ist die be-
ruiche Rehabilitation eben auch sehr teuer.
Die wachsende Akzeptanz für IPS sollte
deshalb mit Blick auf die Erfahrungen in
anderen Ländern nun genutzt werden, um
die Grundlagen für eine Finanzierung von
IPS in die Wege zu leiten, am besten über-
greifend über alle Sozialgesetzbücher, damit
möglichst alle Leistungsträger IPS anbie-
ten und auch damit Erfahrungen sammeln
können. Auf individueller Ebene bedarf es
persönlicher Erfahrungen, um Chancen und
Grenzen besser ausloten zu können. Und da-
durch kann auch die Sicherheit gewonnen
werden, dass beschützende Spezialkontexte
bei aller notwendigen Kritik für manche
Betroene auch weiterhin ihre Berechti-
gung behalten, eben weil sie beschützend
sind und der Sprung auf den allgemeinen
Arbeitsmarkt unerreichbar bleibt. Lang-
fristig wird sich IPS ohnehin durchsetzen,
ganz einfach weil es psychosozial Tätigen
erlaubt, gemäß ihrer Kompetenz ganzheit-
lich, langfristig, nachhaltig und deshalb
auch erfolgreich zu handeln. Wer einmal auf
diese Weise gearbeitet hat, kann sich eine
Rückkehr zum alten Paradigma meist nicht
mehr vorstellen. IPS wird sich auch deshalb
durchsetzen, da es viel mehr den Bedürfnis-
sen psychisch Kranker entspricht und das
Potenzial hat, deren Teilhabe entscheidend
zu verbessern – kurz: weil es Zeit dafür ist.
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Die Autorin, der Autor
Dorothea Jäckel
Dipl.- Psych, ist Leiterin des Individual
Placement and Support (IPS) bei den Kliniken
für Psychiatrie, Psychotherapie und Psycho-
somatik mit FRITZ am Urban und beforscht
gegenwärtig die Eektivität von IPS in
Deutschland im Rahmen der SEEearly-Studie.
Dr. Daniel Nischk, Dipl.- Psych
ist therapeutischer Leiter der Soteria Reiche-
nau und des IPS-Angebotes am Zentrum für
Psychiatrie Reichenau.
Transformationen in der Psychiatrie – Veränderungsexpert:innen am Limit
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Among the many social determinants of health and mental health, employment and work are getting momentum in the European political agenda. On 30–31 January 2024, a ‘High-level Conference on Mental Health and Work’ was held in Brussels on the initiative of the rotating Belgian Presidency of the European Union. It addressed the issue developing two different perspectives: (1) preventing the onset of poor mental health conditions or of physical and mental disorders linked to working conditions (primary prevention); (2) create an inclusive labour market that welcomes and supports all disadvantaged categories who are at high risk of exclusion (secondary and tertiary prevention). In the latter perspective, the Authors were involved in a session focused on ‘returning to work’ for people with mental disorders and other psychosocial disadvantages, with particular reference to Individual Placement and Support as a priority intervention already implemented in various European nations. The themes of the Brussels Conference will be further developed during the next European Union legislature, with the aim of approving in 4–5 years a binding directive for member states on Mental Health and Work, as it is considered a crucial issue for economic growth, social cohesion and overall stability of the European way of life.
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Objectives To assess the effectiveness, cost-effectiveness and return on investment of individual placement and support (IPS) implemented through a reimbursement strategy on a nationwide scale compared with traditional vocational rehabilitation (TVR) regarding sustainable participation in competitive employment in individuals with severe mental illness receiving sickness or disability benefits. Methods An observational study was conducted using administrative data regarding all Dutch individuals receiving sickness or disability benefits in the period 2012–2019. Exact matching and difference-in-difference fixed-effect estimations were performed to handle the non-randomised nature of the data. The matched sample consisted of 863 IPS and 16 466 TVR participants. The primary effect measure was the proportion of individuals having worked for at least 48 hours per month in competitive employment (ie, for 12 hours or more per week); the proportion of individuals having worked in competitive employment for at least 1 hour per month was also evaluated. Cost-effectiveness and return on investment were assessed from the societal perspective (intervention, sickness/disability benefit and healthcare costs) and payer perspective (sickness/disability benefit costs). Results IPS led to a statistically significant higher probability of being competitively employed for at least 12 hours per week of 3.7% points (95% CI 0.8% to 6.7%) to 7.5% points (95% CI 3.8% to 11.3%) and of being competitively employed for at least 1 hour per month of 4.7% points (95% CI 1.6% to 7.7%) to 8.9% points (95% CI 5.2 to 12.6%) from 6 to 36 months after starting the intervention. From the societal and payer perspective, IPS was—on average—less costly and more effective than TVR and return-on-investment estimates showed that IPS was—on average—cost saving (eg, societal perspective: ∆C: −364 (95% CI −3977 to 3249); ∆E: 0.104 (95% CI 0.046 to 0.164); benefit–cost ratio: 2.1 (95% CI −14.8 to 19.1)), but the uncertainty surrounding these estimates was large. Conclusions IPS implemented through a reimbursement strategy on a nationwide scale is more effective and potentially cost-effective than TVR in people with severe mental illness receiving sickness or disability benefits. Based on these results, the implementation of IPS by a wide scale reimbursement strategy could be promoted to enhance sustainable participation in competitive employment in these individuals. Future economic evaluations should strive for a more robust sample size and a long follow-up period.
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The majority of mental illnesses begins in childhood, adolescence and young adulthood before the age of 25. The transition from adolescence to adulthood is a particularly vulnerable time for adolescents with mental illness, affecting psychosocial functioning and participation in work life. Therefore, they need—in contrast to classic standard vocational interventions—a long-term, holistic and individually oriented vocational rehabilitation program. With the innovative model project "Start in education and employment (StAB)”, adolescents and young adults with mental illnesses are to be supported with regard to their vocational perspectives and participation by a new type of individualized, holistic, long-term job coaching. It follows the Individual Placement and Support (IPS) concept, as a manualized form of the Supported Employment Approach and is based on the "first place–then train" principle. In order to evaluate the effectiveness and feasibility of the StAB program, a double-centre prospective single arm evaluation study in a mixed-methods design will be conducted. The focus is on quantitative research analysing pre-post-effects of the StAB intervention in a two-year observational study. Young people between 15 and 25 years with a psychiatric diagnosis who are currently in receipt of means-tested benefits or are entitled to them will be recruited. The study will take place in two major cities in the north-western part of Germany, Bielefeld and Dortmund. We expect to contribute to gain more empirical data about the implementation of Supported Employment and Education to severely mentally ill adolescents and young adults in German settings. Moreover, these results may also provide the scientific foundation for future measures focusing the improvement of vocational rehabilitation for young people with mental illness. The study was registered in the German Clinical Trials Register (DRKS00027576) on March 10, 2022.
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Aims Individual placement and support (IPS) is an evidence-based service model to support people with mental disorders in obtaining and sustaining competitive employment. IPS is increasingly offered to a broad variety of service users. In this meta-analysis we analysed the relative effectiveness of IPS for different subgroups of service users both based on the diagnosis and defined by a range of clinical, functional and personal characteristics. Methods We included randomised controlled trials that evaluated IPS for service users diagnosed with any mental disorder. We examined effect sizes for the between-group differences at follow-up for three outcome measures (employment rate, job duration and wages), controlling for methodological confounders (type of control group, follow-up duration and geographic region). Using sensitivity analyses of subgroup differences, we analysed moderating effects of the following diagnostic, clinical, functional and personal characteristics: severe mental illness (SMI), common mental disorders (CMD), schizophrenia spectrum disorders, mood disorders, duration of illness, the severity of symptoms, level of functioning, age, comorbid alcohol and substance use, education level and employment history. Results IPS is effective in improving employment outcomes compared to the control group in all subgroups, regardless of any methodological confounder. However, IPS was relatively more effective for service users with SMIs, schizophrenia spectrum disorders and a low symptom severity. Although IPS was still effective for people with CMD and with major depressive disorder, it was relatively less effective for these subgroups. IPS was equally effective after both a short and a long follow-up period. However, we found small, but clinically not meaningful, differences in effectiveness of IPS between active and passive control groups. Finally, IPS was relatively less effective in European studies compared to non-European studies, which could be explained by a potential benefits trap in high welfare countries. Conclusions IPS is effective for all different subgroups, regardless of diagnostic, clinical, functional and personal characteristics. However, there might be a risk of false-positive subgroup outcomes and results should be handled with caution. Future research should focus on whether, and if so, how the IPS model should be adapted to better meet the vocational needs of people with CMD and higher symptom severity.
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Background: Vocational rehabilitation (VR) aims to help people with disabilities to return to the labour market. Though, there is not much evidence on its effectiveness. Objectives: We explore the effect of vocational training programmes in VR and the VR status itself on employment outcomes. Methods: Using two samples from administrative data by the German Federal Employment Agency, we applied propensity score matching. We followed rehabilitants commencing VR in 2009/2010 (N = 7,905) for four years (comparison I) and general training participants with and without VR status completing training in 2012/2013 (N = 21,020) for one year (comparison II). For harmonisation purposes, we only considered individuals aged between 25 and 40 and excluded those in employment at the beginning of VR or training. Results: Concerning the effect of training in VR (comparison I), we observe a lock-in effect during training (p < 0.001) due to an involvement in VR; after training, participants are more likely to obtain unsubsidised employment (0.05, p < 0.05) than non-participants, but there is no statistically significant income difference after four years. Regarding the effect of the VR status (comparison II), rehabilitants are more likely to take up (un-)subsidised employment (0.04, p < 0.01; 0.02, p < 0.001) after training, exhibit longer employment durations (19 days, p < 0.001) and achieve higher average incomes (2,414 euro/year, p < 0.001) compared to non-rehabilitants. Conclusions: Training participation helps to improve employment participation of rehabilitants. However, a longer observation period is recommended. Furthermore, the VR status itself leads to more sustainable and better-paid employment. This is due to more comprehensive support and longer-term subsidised employment opportunities.
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Background Individuals receiving means-tested benefits are at a higher risk of being diagnosed with a psychiatric illness compared to those who are employed, and the rate of those working in the first labor market is low. The intervention (Individual Placement and Support, IPS) aims at maintaining or regaining working ability and at facilitating reintegration into the (first) labor market following a “first place, then train”-approach. The objective of the study is to conduct the first RCT in Germany that addresses a broad group of long-term unemployed individuals with severe mental illnesses that receive means-tested benefits, and to test the effectiveness of the IPS intervention. Methods In this randomized controlled trial, about 120 eligible participants aged between 18 years and local retirement age will be randomly allocated to an intervention group (IG) or to an active control group (CG) using a parallel arm design. The IG will receive IPS + high quality treatment as usual (TAU), the active CG will receive TAU + a booklet on integration measures. A block-randomization algorithm with a targeted assignment ratio of 1:1 for participants in IG and active CG will be used, stratified by sex and three age groups. Assessments will take place before the intervention at baseline (t0), and 6 (t1), 12 (t2), and 18 (t3) months later. Primary outcome will be the proportion of participants having worked at least 1 day in competitive employment since baseline, as assessed at t3. Secondary outcomes will be related to employment/ vocation and mental health. In addition, there will be a process evaluation. Treatment effects on outcomes will be tested using appropriate panel-data regression models, and acceptability, uptake and adherence will be evaluated using descriptive statistics and appropriate inference testing. Discussion The results of this trial are expected to generate a better understanding of the efficiency, feasibility, acceptance, and relevance of the IPS intervention in a German setting. They could be a first step towards the implementation of the method and towards improving the situation of long-term unemployed individuals with severe mental health problems. Trial registration German Clinical Trials Register ( DRKS00023245 ), registered on 22.02.2021.
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Supported Employment (SE) bezeichnet einen alternativen Ansatz zur beruflichen Rehabilitation von Menschen mit psychischen Erkrankungen, bei dem Klienten ohne vorheriges Training direkt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt platziert und dort anschließend bedarfsgerecht unterstützt werden. Trotz überwältigender empirischer Evidenz wird SE in Deutschland bislang kaum umgesetzt. In diesem Beitrag betrachten wir Rehabilitationserfordernisse von Menschen mit schizophrenen Störungen aus klinischer Perspektive. Wir zeigen auf, dass die individualisierte und unbefristete Unterstützung direkt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt die besonderen Einschränkungen dieser Gruppe in vielerlei Hinsicht angemessener berücksichtigt als die gegenwärtige Rehabilitationspraxis, die Trainingsaspekte zuweilen überbetont.
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Zusammenfassung Ziel der Studie Um die Wirksamkeit von Individual Placement & Support (IPS) zur Integration von Menschen mit psychischen Erkrankungen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in Deutschland zu überprüfen, bedarf es Vergleiche mit der üblichen rehabilitativen Praxis in Bezug auf Beschäftigungsquoten und Kosteneffizienz. Methode 20 IPS-Teilnehmende mit psychotischen, insbesondere Schizophrenie-Spektrumsstörungen wurden mit 20 Kontrollpersonen, denen in angrenzenden Landkreisen übliche Rehabilitationsverfahren angeboten wurden (Rehabilitation as usual, RAU), über 18 Monate verglichen. Ergebnisse IPS war RAU signifikant auf allen tätigkeitsbezogenen Kriterien mit mittleren bis hohen Effektstärken überlegen, ohne dass sich Unterschiede bei Fehlzeiten, Krankenhaustagen und Abbruchquoten zeigten. IPS war RAU hinsichtlich der Kosteneffizienz deutlich überlegen. Schlussfolgerung Die Studie bietet Hinweise darauf, dass IPS auch in Deutschland eine effektive und kosteneffiziente Ergänzung zu den bestehenden berufsrehabilitativen Angeboten für Menschen mit Psychosen darstellt.
Article
The effects of mental diseases on the employment and working situation can be substantial. They are one of the main reasons for inability to work and reduced earning capacity. Against this background the question arises about suitable occupational reintegration measures for people with severe mental illnesses. In recent years, the principle of supported employment has been internationally shown to be increasingly more successful. In this context mentally ill people are primarily placed at a position of the first employment market and supported on-site by a job coach. This concept is inclusive, individual and evidence based. Despite proven effectiveness, it has so far been insufficiently implemented in German-speaking regions. In the future it will be a matter of considering the individual needs for assistance of mentally ill people more intensively than previously and to respond with functional and in a best-case scenario, multiprofessional and flexible offers.