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Lutz Kasper1
Ann-Katrin Krebs2
Jochen Pfeifer1
Hannes Helmut Nepper1
1PH Schwäbisch Gmünd
2Leuphana Universität Lüneburg
DIY-Fledermausdetektor mit Gamification-Elementen
Einleitung
Fledermäuse nutzen Ultraschall für ihre räumliche Orientierung und zur Beutejagd. Diese
Ultraschallfrequenzen liegen außerhalb des menschlichen Hörbereichs, sind jedoch durch den
Einsatz von technischen Hilfsmitteln wie Detektoren und digitalen Signal-
verarbeitungssystemen in Hörschall umwandelbar. Mit der Beschäftigung rund um
Fledermäuse werden Inhalte unterschiedlicher MINT-Fächer thematisiert, darunter Physik mit
dem Thema Schwingungen und Wellen, Biologie im Bereich der Sinneswahrnehmung (und
deren Grenzen) sowie Technik mit Aspekten von Konstruktion, Design und Fertigung von
technischen Artefakten. Durch diesen interdisziplinären Ansatz können unterschiedliche
Vorlieben der Lernenden, ihre Art zu lernen sowie Bezüge zur Alltags- und Lebenswelt im
Kontext von Fledermäusen berücksichtigt werden (Belland, 2017; Krebs, 2020).
Physikalischer Zugang über "Schwingungen und Wellen"
Um Lernenden einen ersten praktischen und interdisziplinären Zugang zu diesem
faszinierenden Thema zu ermöglichen, sind kommerzielle Detektoren mit digitaler
Datenerfassung besonders geeignet (Krebs et al., 2022). Ein Beispiel hierfür ist das Echo
Meter Touch 2 Plug-in-Modul für Smartphones, das in Verbindung mit der entsprechenden
App in Echtzeit Spektrogramme der aufgezeichneten Ultraschalllaute erstellt und die
Fledermausart ausgibt, die die höchste Übereinstimmung mit der App-internen Datenbank hat.
Einige Messinstrumente ermöglichen eine direkte Anzeige, Visualisierung und Speicherung
der ermittelten Frequenzen. Künstliche Ultraschallquellen wie beispielsweise
Abstandssensoren, Ultraschall-Zahnbürsten oder die Autofokus-Funktion von Fotoobjektiven
mit Ultraschallantrieb können mit Hilfe eines Ultraschallmessgeräts präziser untersucht
werden. Der Detektor weist einen Messbereich von 20 bis 192 kHz auf, womit auch solche
technischen Ultraschallquellen erfasst werden können. Zur Evaluierung des Plug-in-Moduls
wurde ein Ultraschallsender mit einem Sinusgenerator bei einer Frequenz von 34 kHz
betrieben. Wie erwartet zeigt der Detektor ein intensives und kontinuierliches Signal bei eben
dieser Frequenz an (Abbildung 1a). Das weithin gebräuchliche Ultraschall-Modul HC-SR04
zeigt indes ein Verhalten, das dem von Fledermäusen ähnelt. Dieses Modul wird
beispielsweise häufig in DIY-Projekten als Abstandssensor in Verbindung mit der Arduino-
Plattform verwendet (Abbildung 1b). Die Messungen mit dem Fledermausdetektor zeigen
auffällige Unterschiede im Vergleich zum kontinuierlichen Sendersignal.
Der HC-SR04 sendet sogenannte Burst-Signale aus, die eine Frequenz von 40 kHz und eine
Pulslänge von jeweils 200 Mikrosekunden aufweisen. Dieses Verhalten ist in einem
Sonogramm (Abbildung 1c) klar ersichtlich. Aufgrund der Ähnlichkeit zu einigen
Fledermaussignalen ist es nicht überraschend, dass das Plug-in-Modul dieses Signal nach
einem Datenbankabgleich der Echo-Meter-App irrtümlicherweise mit einer
Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) in Verbindung bringt.
Gamification im interdisziplinären MINT-Fachunterricht
Die Anwendung von spieltypischen Elementen und Prinzipien in einem anderen Kontext wird
als "Gamification" bezeichnet und findet in schulischen Umgebungen Anwendung, um das
Lernen zu unterstützen und zu optimieren. Im Bildungswesen des 21. Jahrhunderts steht die
Förderung aktiver und kreativer Lernumgebungen im Vordergrund. Die Integration
unterhaltsamer und amüsanter Spielelemente in den jeweiligen Curricula der Fächer soll dazu
beitragen, positive Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Lehrstoff zu schaffen und somit
langfristige Lernerfolge zu erzielen (Mee Mee et al., 2022). Auf diese Weise werden die
Lernenden aufgefordert, aktiv am Lernprozess teilzunehmen und die Verantwortung für ihr
eigenes Lernen zu übernehmen.
Adaption des B@t-Detektor-Bausatzes
Selbstbausätze stellen kostengünstige Alternativen dar, die in der Regel Steck- und
Lötarbeiten benötigen und damit meist ab einem Alter von 14 Jahren empfohlen werden und
unter Aufsicht anzufertigen sind. Meist sind diese Detektoren dann in einem Karton oder einer
Schachtel verbaut und zeigen von außen selten auf den ersten Blick ihre Funktion an.
Im Rahmen des Projekts „Digi’B@ts“1 wird in einem Teilprojekt ein neuer Detektorbausatz
für den technikbezogenen Unterricht entwickelt, der durch Gamification-Elemente und
inklusive Aspekte erweitert wird. Dieser Do-it-Yourself (DIY) Bausatz kann mit modernen
Maker-Werkzeugen (u.a. 3D-Drucker, Laser, Fräser) hergestellt werden (Domjahn, 2021;
Schlagenhauf, 2021) und ermöglicht nicht nur die akustische Umwandlung von Ultraschall in
Hörschall, sondern auch die Darstellung dieser Signale in visueller und haptischer Form. Das
Endprodukt in Fledermausform ähnelt in seiner Funktion einem Gamepad (Abb. 2), wie es
Lernende ggfs. von Zuhause oder von Freunden kennen. Mit seiner Form und seinen
Funktionen sowie der eigenen Fertigung kann der B@t-Detektor motivierend auf Lernende
wirken kann (Mee Mee et al., 2021).
1 Weitere Informationen unter www.digibats.de.
Abb. 1: Echo-Meter mit „unbelebten“ Schallquellen, Foto: Lutz Kasper
Diese Adaption ermöglicht, dass unabhängig von biologischem oder sozialem Geschlecht
ansprechende Themen für alle Lernenden zugänglich werden (Stemmann, 2019).
Vom Material ausgehend wurde unter der Berücksichtigung des NinU-Schemas und NinU-
Rasters (Fühner et al., 2022; Stinken-Rösner et al., 2020) der B@t-Detektor entsprechend um
haptische und visuelle Signalausgaben erweitert.
Stufen der technischen (Weiter-) Entwicklung
Das Basissystem besteht aus einem Ultraschallempfänger, dessen Signale über eine
zweistufige Kaskade aus Operationsverstärkern (Typ LM386) verstärkt werden. Ein
Koppelkondensator dient dabei als Bindeglied zu einem 7-Stufen Binärzähler (Typ CD4024).
Dieser Zähler reduziert die Frequenz um Faktoren von 16, 32 und 64, bevor er die Signale
über einen weiteren Operationsverstärker (ebenfalls LM386) an einen Lautsprecher
weiterleitet. In den Implementierungen wird am Ausgang Q4/Q5/Q6 des CD4024 das
Audiosignal mittels eines Darlingtontransistors (Typ BC517) verstärkt, um damit einen
Vibrationsmotor anzusteuern. Gleichzeitig wird der Status-LED-Stromkreis über eine
Schottky-Diode überbrückt und dadurch invertiert.
Schalter ein/aus
Detektor
LED gehen an
Potentiometer
Lautstärke
Platzhalter für Vibrationsmotor für
haptisches Signal, Aussparung für
Litze
Schalter
Vibration
ein/aus
Potentiometer,
AUX an/aus
Ultraschall-
Mikrofon, Eingang
akustisches Signal
LED-Augen
optisches
Signal
Batteriefach
Bei Schalter und LED können die Farben und
Formen gewählt werden (z.B. bei
Farbblindheit/Sehbeeinträchtigung).
Braille-Schrift soll an die Schalter.
AUX/Audioausgang
für Kopfhörer/
Bluetooth-Adapter
Abb. 2: 3D-Gehäuse des B@t-Detektors mit Bauteilen und Beschreibung,
Design & Foto: Ann-Katrin Krebs
1. Implementierung
Optisches Feedback synchron
Haptisches Feedback synchron
2. Implementierung
Optisches Feedback invertiert
Integration in Status-LED
1. Optimierung
Minimierung der Treiber
2. Optimierung
Integration zweier Funktionen in
einen Treiber; Synchrone
Ansteuerung & Invertierung
3. Optimierung
Anbindung der Bauteile über
kodierte Steckverbindungen
4. Optimierung
Reduktion der Bauhöhe
Weit ere s Vor gehe n
Fertigung eines Prototypen &
Eliminierung von Fehlern;
Testung der Fertigung mit
Studierenden und Schülerinnen
und Schülern
Zieldefinitionen
Isoliergefräste Platine für
verdrahtete Bauteile; Versionen
mit / ohne Buchsen
SMD-Version & vollintegrierte
Version
5. Optimierung
Verbessertes Routing
Ausgangsfunktionen
Wandlung von Ultraschall in
Hörschall
Ausgabe über Lautsprecher
Status-LED
Abb. 3: Übersicht der bisherigen Adaptionen am B@t-Detektor-Bausatz,
Grafik: Jochen Pfeifer
Literatur
Belland, B. R. (Hrsg.). (2017). Instructional Scaffolding in STEM Education. Springer International
Publishing.
Domjahn, J. (2021). Technik unterrichten: Kompetenzerwerb in Lernsituationen (4. Auflage). Bibliothek der
Schulpraxis. Verlag Europa-Lehrmittel Nourney Vollmer GmbH & Co. KG.
Fühner, L., Ferreira González, L., Weck, H., Pusch, A. & Abels, S. (2022). Das NinU-Raster zur Planung und
Reflexion inklusiven naturwissenschaftlichen Unterrichts für Lehramtsstudierende. In A. Schröter, M.
Kortmann, S. Schulze, K. Kempfer, S. Anderson, G. Sevdiren, J. Bartz & C. Kreutchen (Hrsg.), Inklusion
in der Lehramtsausbildung – Lerngegenstände, Interaktionen und Prozesse (S. 63–78). Waxmann.
Krebs, A.‑K. (2020). "Programmieren und die Fledermaus" - Verknüpfung von Alltagsbezügen mit
Digitalisierung und Technik im MINT-Unterricht. In S. Kruse, H.-J. Wahner & L. Windelband (Hrsg.),
Der Mensch in einer digitalen Welt: Kreativitätsfördernder MINT-Unterricht mit Berufsorientierung
(S. 21–22). KlettMINT.
Krebs, A.‑K., Kasper, L., Kuhn, J. & Wilhelm, T. (2022). Mit Echo Meter auf Fledermauspirsch. Physik in
unserer Zeit, 53(2), 96–97.
Mee Mee, R. W., Pek, L. S., Von, W. Y., Abd Ghani, K., Tengku Shahdan, T. S., Ismail, M. R. & Rao, Y. S.
(2021). A Conceptual Model of Analogue Gamification to Enhance Learners' Motivation and Attitude.
International Journal of Language Education, 5(2), 40.
Mee Mee, R. W., Rao, Y. S., Pek, L. S., Ghani, K. A., Von, W. Y., Ismail, M. R. & Shahdan, T. S. T. (2022).
Gamifying education for classroom engagement in primary schools. International Journal of Evaluation
and Research in Education (IJERE), 11(3), 1360.
Schlagenhauf, W. (2021). Allgemeinbildung Technik für Dummies (1. Auflage). Für Dummies Ser. Wiley.
Stemmann, J. (2019). Gendergerechte Technik - eine Herausforderung für das Lernen in einer digitalen Welt?
Journal of Technical Education, Bd. 7 Nr. 1 (2019): Journal of Technical Education (JOTED).
Stinken-Rösner, L., Rott, L., Hundertmark, S., Baumann, T., Menthe, J., Hoffmann, T., Nehring, A. &
Abels, S. (2020). Thinking Inclusive Science Education from two Perspectives: inclusive Pedagogy and
Science Education. RISTAL, 3, 30.