Content uploaded by Markus Handschuh
Author content
All content in this area was uploaded by Markus Handschuh on Jun 03, 2024
Content may be subject to copyright.
Content uploaded by Markus Handschuh
Author content
All content in this area was uploaded by Markus Handschuh on May 23, 2024
Content may be subject to copyright.
Seite 49 Naturnahe Beweidung
Naturnahe Beweidung mit großen Panzenfressern
als Schlüsselfaktor für den Erhalt der Bergvogelwelt
– insbesondere in Zeiten des Klimawandels
Markus Handschuh, Fabian Anger, Marc I. Förschler
Große Panzenfresser sind
Schlüsselarten in einheimischen
Ökosystemen und Garanten der
Artenvielfalt
Große Panzenfresser waren in der Erdge-
schichte des heutigen Mitteleuropas und
damit in der Entwicklungsgeschichte unse-
rer Arten und Lebensräume vom Flachland
bis ins Gebirge nahezu allgegenwärtig (z. B.
Johnson 2009, Sandom et al. 2014, Faurby
& Svenning 2015, Pearce et al. 2023). Die
Aktivität von Großherbivoren umfasst vier
grundlegende ökologische Einussfakto-
ren, welche struktur- und habitatbildend
sowie landschaftsprägend wirken: 1. Fraß
und Verbiss, 2. Tritt, Suhlen und Lagern,
3. Dungproduktion und 4. Verbreitung von
Panzensamen (Zoochorie). Darüber hinaus
wird durch große Weidegänger unter natür-
lichen Bedingungen die Verfügbarkeit von
Aas in Form von großen Tierkadavern in der
Landschaft gefördert. Durch ihre Aktivität
führen große Panzenfresser unter natürli-
chen oder naturnahen Bedingungen zu einer
starken horizontalen und vertikalen Diversi-
zierung von Vegetation und Strukturen und
zu einem feinkörnigen Mosaik unterschied-
licher Makro- und Mikrohabitate mit einer
sehr hohen Grenzliniendichte und einer
Vielfalt von Ökotonen, d. h. Übergangsbe-
reichen zwischen verschiedenen Habitaten.
Damit sind Großherbivoren seit jeher we-
sentliche Treiber der natürlichen Dynamik
in einheimischen Biotopen und sogar Inge-
nieure unserer Ökosysteme sowie sogenann-
te „Schlüsselarten“, d. h. Arten, welche im
Vergleich zu Ihrer Häugkeit einen unver-
hältnismäßig großen Einuss auf die Arten-
vielfalt einer Lebensgemeinschaft ausüben
(z. B. Bunzel-Drüke et al. 1994, 2001, 2008,
2019, Vera 2000, Cromsigt et al. 2018, Öl-
lerer et al. 2019, Senn 2019, Hyvarinen et.
al. 2021 Broughton et al. 2022).
Insbesondere große, grasfressende Weide-
gänger sind von grundlegender Bedeutung,
weil sie die Sukzession an krautigen und ver-
holzten Panzen verlangsamen und je nach
Standortbedingungen (z. B. Flachgründig-
keit, Exposition, Feuchtegrad, Höhenlage)
lokal die Gehölzsukzession sogar aufhalten
können (z. B. Vera 2000, Bunzel-Drüke et
al. 2019, Senn 2019). Unter natürlichen Be-
dingungen führt dies zu einem System zy-
klischer Vegetationsentwicklung und zu ei-
nem ausgeprägten Wald-Oenland-Mosaik
und oenen Waldlandschaften (Ol et al.
1999). Daher nahmen Lichtwald und Oen-
land in Mitteleuropa vor dem Wirken des
Menschen hohe Flächenanteile ein (Feurde-
an et al. 2018, Pearce et al. 2023). Diesem
monticola 114 (2024) Seite 50
natürlichen System entsprechend existiert in
der Natur keine klare Trennung von „Wald“
und „Oenland“. Vielmehr handelt es sich
dabei um vom Menschen eingeführte Be-
grie zur Kategorisierung von Landnutzung
und Landbedeckung. Diese künstliche Ab-
grenzung führt meist zu nutzungsbedingten,
unnatürlich scharfen Habitatgrenzen, die
sich für viele Arten negativ auswirken (z. B.
Gates & Gysel 1978, Suarez et al. 1997).
Das natürliche System dagegen war ein
kontinuierliches, dynamisches Mosaik aus
verschiedenen Habitaten mit einem breiten
Spektrum an Ökotonen und entsprechend
vielen ökologischen Nischen, welche wie-
derum allen einheimischen Arten das Über-
leben ermöglichen. Demzufolge bietet ein
strukturreiches Mosaik aus Wald und Oen-
land sogar den meisten heimischen Tier- und
Panzenarten optimale Lebensbedingungen
– nicht allein die „oene Landschaft“ und
auch nicht allein der „geschlossene Wald“
(z. B. Scherzinger 1991, 1996, Vera 2000).
Naturnahe Beweidung in Bergre-
gionen
Heute sind fast alle Vorkommen freileben-
der Großherbivoren (z. B. Auerochse Bos
primigenus, Wisent Bison bonasus oder
Wildpferde Equus spec.) erloschen und
die Zahl, Artenzusammensetzung und Be-
wegungsfreiheit der überlebenden großen
Panzenfresser ist stark eingeschränkt. Der
Rothirsch (Cervus elaphus) beispielsweise,
ein wichtiger Habitatbildner (Tschöpe et al.
2011, Riesch et al. 2019a & b, Wichelhaus
2020), wird nur noch in wenigen Regionen
und mit starken Einschränkungen geduldet.
Damit fehlt in unserer heutigen Landschaft
der habitatgestaltende und für die Biodi-
versität entscheidende Einuss der großen
Panzenfresser weitgehend.
Umso mehr kommt der naturnahen Bewei-
dung mit domestizierten großen Weidetie-
ren eine Schlüsselrolle im heutigen Arten-
und Naturschutz zu (Abb. 1). Naturnahe
Beweidung bedeutet: große Flächen, große
einheimische Weidegänger in geringer Be-
satzdichte, Einbeziehung aller Habitate,
möglichst ganzjährige Weidedauer und kei-
ne Zufütterung auf der Weideäche, son-
dern dem natürlichen Nahrungsangebot so
angepasster Tierbesatz, dass am Ende der
Weideperiode noch ausreichend Weidereste
für alle darauf angewiesenen Organismen
zur Verfügung stehen, und keine Entwur-
mung der Tiere auf der Weide (z. B. Zahn
2014a, Bunzel-Drüke et al. 2019, Kapfer
Abb. 1: Naturnahe saisonale Beweidung mit
Heckrindern (Abbildzüchtung des ausgestorbenen
Auerochsen) auf den Bergheiden (sogenannte Grinden)
im Nationalpark Schwarzwald. Große Herbivoren
haben seit jeher die Vegetation in mitteleuropäischen
Landschaften stark beeinusst. Bild: Marc I. Förschler.
Near-natural seasonal grazing with Heck cattle (bred
to resemble the extinct aurochs) on the mountain
heaths (known as "Grinden") of the Black Forest
National Park. Large herbivores have always played a
signicant role in shaping vegetation in Central Euro-
pean landscapes. Image: Marc I. Förschler.
Seite 51 Naturnahe Beweidung
2019, Schoof & Luick 2019). Dem natür-
lichen System am nächsten kommen dem-
nach sehr große Standweiden mit sehr ge-
ringem Besatz an Rinderartigen und / oder
Pferden, welche alle Oenland- und Wald-
lebensräume einschließen. Die jährliche Be-
weidungsdauer sollte möglichst lang sein,
idealerweise ganzjährig, um die ökologisch
wichtige Aktivität der Großherbivoren mög-
lichst dauerhaft zu gewährleisten. Je nach
Höhenlage ist zu berücksichtigen, dass Wei-
detiere unter natürlichen Bedingungen fut-
ter- und schneebedingte Wanderbewegun-
gen zeigen, die durch saisonale Beweidung
imitiert werden können. Um dauerhafte und
für die Arten vorhersehbare Strukturen zu
schaen, z. B. beweidungssichere Refugien
als Nistplatz, kurzrasige Bereiche zur Nah-
rungssuche oder Dung als Nahrungsgrund-
lage, sollte die extensive Beweidung mög-
lichst früh im Jahr beginnen, idealerweise
kurz nach der Schneeschmelze bzw. mit dem
Sprießen des ersten jungen Grüns, und mög-
lichst lange andauern, idealerweise bis zum
Schneefall.
Die Schlüsselrolle naturnaher Beweidung
mit großen Weidetieren ist in besonderem
Maße bei der Erhaltung von Bergvogelarten
gegeben, denn gerade in Bergregionen kön-
Abb. 2: Strukturreiches Wald-Oenland-Mosaik mit artenreichen Bergweiden im Bereich der Baumgrenze in
den Tiroler Alpen als Lebensraum von Birkhuhn (Lyrurus tetrix), Steinhuhn (Alectoris graeca) und Alpenschnee-
huhn (Lagopus muta), Bergpieper, Alpenbraunelle (Prunella collaris), Alpendohle (Pyrrhocorax graculus),
Ringdrossel, Birkenzeisig, Zitronenzeisig und Schneesperling. Bild: Markus Handschuh.
Well-structured forest-open land mosaic with species-rich mountain meadows near the treeline in the Tyrolean
Alps, habitat of black grouse (Lyrurus tetrix), rock partridge (Alectoris graeca), ptarmigan (Lagopus muta), water
pipit (Anthus spinoletta), alpine accentor (Prunella collaris), alpine chough (Pyrrhocorax graculus), ring ouzel
(Turdus torquatus alpestris), common redpoll (Acanthis ammea), citril nch (Carduelis citrinella), and white-
winged snow nch (Montifringilla nivalis). Image: Markus Handschuh.
monticola 114 (2024) Seite 52
nen große Weidetiere, unterstützt durch die
natürlichen Standortbedingungen, eektiv
zur feinkörnigen Ausprägung eines struk-
tur- und artenreichen Wald-Oenland-Mo-
saiks beitragen (z. B. Schütz et al. 2020).
So beeinussen große Weidegänger die Ge-
hölzsukzession im Bereich der Waldgrenze
und der Krummholzzone, den natürlichen
Kampfzonen der Gehölze, besonders stark,
während sie in den von Natur aus gehölzfrei-
en Bereichen oberhalb der Baumgrenze zur
Diversizierung der Krautschicht beitragen
(Abb. 2).
Insbesondere durch naturnahe Beweidung
mit großen Grasfressern im Wald wie im
Oenland entsteht eine hohe vertikale und
horizontale Strukturvielfalt und ein fein dif-
ferenziertes Mosaik aus Weiderasen, Hoch-
staudenuren, Krautsäumen, Gebüschen,
Einzelbäumen und Wald (Abb. 2-4). Der
kleinräumige Wechsel von dauerhaft kurzra-
siger, lückiger Vegetation und „weideresis-
tenten“, d. h. vom Weidevieh wenig oder gar
nicht gestörten Strukturen dürfte den frühe-
ren natürlichen mitteleuropäischen Lebens-
räumen am ehesten ähneln (vgl. Feurdean et
al. 2018, Pearce et al. 2023). Bergvogelar-
ten unterschiedlicher ökologischer Nischen,
von feuchte- bis trockenheitsliebenden Pio-
nier- bis Saumarten des Oenlandes wie des
Waldes, nden hier wertvolle Habitatrequi-
siten und günstige Lebensräume.
In Lebensräumen, wie sie in den Abbil-
dungen 3 und 4 dargestellt sind, nden
beispielsweise Reptilien Sonnenplätze und
Versteckmöglichkeiten auf engstem Raum,
Ringdrosseln (Turdus torquatus alpestris)
werden weder durch zu hohes und dichtes
Gras noch durch extreme Bodentrockenheit
daran gehindert, Regenwürmer zu nden
(vgl. Onrust et al. 2019, Barras et al. 2022),
und Waldhühner wie das Auerhuhn (Tetrao
urogallus) oder das Haselhuhn (Tetrastes
bonasia) können besonnte und insektenrei-
che Lücken zur Nahrungssuche nutzen, ohne
dass selbst kleine Küken bei feuchter Wit-
terung nass werden, auskühlen und sterben.
Außerdem können die ugunfähigen Küken
bei Prädatorenalarm jederzeit blitzschnell in
der immer nahen, deckungsreichen Vegetati-
on verschwinden.
Hohe Strukturvielfalt durch große
Weidetiere
Naturnahe Beweidung führt zu diversen bio-
tischen und abiotischen Strukturen entlang
eines ökologischen Störungsgradienten (z.
B. Vera 2000, Bunzel-Drüke et al. 2019,
Senn 2019). Der Gradient reicht von wenig
durch die Weidetiere genutzten Bereichen
mit ungestörter Vegetation über mäßig ge-
nutzte Bereiche mit stark dierenzierter Ve-
getation bis hin zu häug genutzten Berei-
chen mit Oenbodenstellen. Auf größeren
Flächen wird oft eine maximale vertikale
und horizontale Strukturvielfalt bei einer
Besatzdichte erreicht, die bezogen auf die
Weideäche zu einer mittleren Störungsin-
tensität führt (Kapfer 2019b, Abb. 5).
Am ungestörten Ende des Gradienten be-
nden sich Bereiche, die von den Weidetie-
ren kaum oder gar nicht begangen werden
und somit praktisch „weidefrei“ sind (Abb.
6, 11-16). Entscheidend ist, dass solche
Strukturen v. a. in den am meisten durch die
Weidetiere beeinussten und für die meis-
ten einheimischen Arten entscheidenden
bodennahen Vegetationsschichten und hier
Seite 53 Naturnahe Beweidung
monticola 114 (2024) Seite 54
Abb. 3 (S. 53 oben): Strukturreiche, naturnahe, saisonale Rinder-Waldweide im französischen Jura. Im Bild:
Beobachterkette beim Reproduktionsmonitoring des Auerhuhns. Lebensraum u. a. auch für Haselhuhn, Wald-
schnepfe und Kreuzotter – alle diese Arten nden in derselben Weideäche optimale Lebensbedingungen vor.
Bild: Markus Handschuh.
Well-structured, near-natural, seasonal cattle forest pasture in the French Jura. Visible are observers conducting
capercaillie (Tetrao urogallus) reproduction monitoring. Among others, habitat also for hazel grouse (Tetrastes
bonasia), woodcock (Scolopax rusticola), and common European adder (Vipera berus) – all these species coexist
in the same pasture. Image: Markus Handschuh.
Abb. 4 (S. 53 unten): Feinkörniges Vegetationsmosaik aus dauerhaft kurzrasigen Weiderasen und „weidere-
sistenten“ Kleinstrukturen mit sehr hoher Grenzliniendichte in einer naturnahen saisonalen Rinderwaldweide in
Tirol. Bild: Markus Handschuh.
Fine-grained vegetation mosaic consisting of permanently short sward and "grazing-resistant" small structu-
res with a very high boundary density in a near-natural seasonal cattle forest pasture in Tyrol. Image: Markus
Handschuh.
Abb. 5 (S. 54): Mittlere Störungsintensität mit ganzjährig hoher vertikaler und horizontaler Strukturvielfalt
auf einer naturnahen saisonalen Standweide mit Konikpferden im Nationalpark Schwarzwald und Vogelschutz-
gebiet Nordschwarzwald. Arten unterschiedlicher ökologischer Nischen nden hier günstige und über ihren
gesamten Lebenszyklus hinweg ausreichend stabile Habitatstrukturen vor. Bild: Fabian Anger.
Intermediate disturbance with year-round high vertical and horizontal structural diversity on a near-natural
seasonal pasture with Konik horses in the Black Forest National Park and Special Protection Area „Nord-
schwarzwald“. There are favorable and suciently stable habitat structures throughout the entire life cycles of
species of various ecological niches. Image: Fabian Anger.
Seite 55 Naturnahe Beweidung
Abb. 6: Hohe vertikale und horizontale Strukturvielfalt mit Weiderasen, Hochstaudenuren, Krautsäumen und
Gebüschen auf einer naturnahen saisonalen Pferdestandweide in Tirol. Bild: Markus Handschuh.
High vertical and horizontal structural diversity with short sward, tall herbaceous vegetation and margins, as
well as shrubs on a near-natural seasonal horse pasture in Tyrol. Image: Markus Handschuh.
in unterschiedlicher Ausdehnung auftreten
und nicht nur in von Weidetieren nicht er-
reichbaren oberen Schichten von Gehölzen,
z. B. Bodenunebenheiten, Vegetationsbul-
ten, Geilstellen, Hochstaudenuren, Kraut-
säume, junge Gehölze in der Krautschicht,
durch hochfrequenten und wenig invasiven
Verbiss entstandene „Kugelbüsche“ oder
dichte und vital tiefbeastete Koniferen, so-
wie ungeräumte Schneebruchlöcher oder
ausgedehnte Windwurächen mit dich-
tem, für Panzenfresser unzugänglichem
Gehölzaufwuchs (z. B. Scherzinger 1996).
Solche Strukturen sind wichtige Rückzugs-,
Fortpanzungs- und Ruhestätten für „be-
weidungsempndliche“ oder durch Präda-
tion gefährdete Arten oder Lebensstadien,
z. B. ortsfeste Vogelnester und Insekteneier
oder wenig mobile Jungvögel, Reptilien und
Insektenlarven. Hier nden spezialisierte
Saumarten wie Schwirle, Laubsänger oder
Grasmücken Lebensraum und zahlreiche
weitere Arten wichtige Nahrungsächen, z.
B. Zitronenzeisig (Carduelis citrinella), Bir-
kenzeisig (Acanthis ammea) und Bluthänf-
ling (Linaria cannabina) samentragende
Ampferuren zur Zeit ihrer Jungenaufzucht
(Förschler & Handschuh 2022, Handschuh
et al. 2023).
Am anderen Ende des ökologischen Stö-
rungsgradienten stehen dauerhaft oene
Bodenstellen, ein wertvolles Lebensraum-
requisit in unserer heute meist hoch und
monticola 114 (2024) Seite 56
Abb. 7: Große Weidetiere schaen dauerhaft oene Böden, ein wertvolles Strukturelement in unserer
heutigen, meist hoch und dicht bewachsenen Landschaft. Im Bild haben Konikpferde in naturnaher saisonaler
Standweide durch Fressen, Tritt und Staubbaden einen ehemals zugewachsenen sandigen Erd-Gras-Weg auf
einer in ökologischer Wiederherstellung bendlichen ehemaligen Bergheide im Nationalpark Schwarzwald und
Vogelschutzgebiet Nordschwarzwald wieder geönet. Bild: Fabian Anger.
Large grazing animals create permanently open ground and bare soil, a valuable structure in today's mostly tall
and densely vegetated landscape. In the image, Konik horses in a near-natural seasonal pasture in the Black Fo-
rest National Park and Special Protection Area „Nordschwarzwald“ have re-opened a formerly overgrown sandy
path via grazing, trampling, and dust bathing. Image: Fabian Anger.
dicht bewachsenen Landschaft (Abb. 7).
Auch Pionierstadien entstehen in naturnahen
Weideächen auf unterschiedlichen räumli-
chen Ebenen, vom Ameisenhaufen (Vogel
1992) oder Maulwurfshügel (Streitberger
& Fartmann 2017) über Weidepfade (sog.
„Viehgangeln“) bis hin zu großächigen
Rohbodenstandorten, z. B. im Bereich von
Erdabbrüchen, Geländekanten oder in ach-
gründigen, steinigen oder sandigen Berei-
chen (z. B. Schön 1994, Trautner 2020, Abb.
7 & 8). Rohboden in ausreichender Menge
und Verteilung auf der Fläche ist ein Schlüs-
selfaktor für viele gefährdete Arten (z. B.
Kunz 2013, 2016, Schaub 2008, 2010), un-
ter den Vögeln z. B. für Brachpieper (An-
thus campestris), Steinschmätzer (Oenanthe
oenanthe) und Heidelerche (Lullula arbo-
rea). Feuchtstellen sind zur Nahrungssuche
wichtig für Ringdrosseln und Waldschnep-
fen (Scolopax rusticola) und werden oft
auch von Amphibien und Reptilien zur Nah-
rungssuche oder sogar zur Fortpanzung ge-
nutzt (Abb. 8).
Auch dem Dung großer Weidetiere kommt
eine wichtige Bedeutung zu. Denn Dung-
haufen beherbergen unzählige Arthropoden
(z. B. Buse 2019), die wiederum eine her-
vorragende Nahrungsgrundlage für viele
Vögel darstellen (Bacher et al. 2018, An-
ger & Förschler 2023, Abb. 9). Damit kön-
Seite 57 Naturnahe Beweidung
Abb. 8a (oben) und 8b (links): Große Weidetiere,
hier Rinder und Pferde, schaen eine strukturreiche
Bodenoberäche mit Rohboden- und Nassstellen.
Solche Bereiche werden von vielen Arten genutzt, z.
B. von Ringdrosseln und Waldschnepfen zur Nah-
rungssuche.
Oben: Nationalpark Schwarzwald und Vogelschutzge-
biet Nordschwarzwald (Bild: Fabian Anger),
Links: Vogelschutzgebiet Hainich (Bild: Markus
Handschuh).
Large grazing animals, such as cattle and horses,
create a structurally rich ground surface with bare
soil and wet areas. Such structures are used by
various species, e. g. by ring ouzels and woodcocks
for foraging.
Top: Black Forest National Park and Special Pro-
tection Area „Nordschwarzwald“ (Image: Fabian
Anger),
left: Special Protection Area „Hainich“ (Image:
Markus Handschuh).
monticola 114 (2024) Seite 58
Abb. 9: Dunghaufen führen zu einer hohen Arthropodenbiomasse, die Nahrungsgrundlage für viele Vögel.
Ringdrosseln, hier im Nationalpark Schwarzwald und Vogelschutzgebiet Nordschwarzwald, zerlegen gezielt
Dunghaufen, um an die dort konzentriert vorkommenden Regenwürmer und andere Wirbellose zu gelangen. Bild:
Fabian Anger.
Dung pats contribute to a high biomass of arthropods, i. e. food for many birds. In the Black Forest National
Park and Special Protection Area „Nordschwarzwald“, ring ouzels break apart dung heaps to gain access to the
high density of earthworms and other invertebrates. Image: Fabian Anger.
nen durch eine naturnahe Beweidung mit
Großherbivoren verloren gegangene oder
verarmte Nahrungsnetze reaktiviert werden
(z. B. Bunzel-Drüke et al. 2019). Darüber
hinaus werden viele Panzensamen über
den Dung (Endozoochorie) oder das Fell
(Epizoochorie) von Weidetieren verbreitet
(Abb. 10).
Naturnahe Beweidung mit großen
Weidetieren sichert Habitatstruk-
turen
Die Gewährleistung zeitlich und räumlich
konstanter und damit für Arten berechenba-
rer Habitatstrukturen während ihres gesam-
ten Lebenszyklus ist von entscheidender
Bedeutung. Denn jede Lebensphase einer
Art ist für ihr Überleben entscheidend: Ohne
erfolgreiche Reproduktion gibt es keine
Adulten und ohne Adulte keine Reproduk-
tion. Daher müssen in Weideächen – wie
in allen Lebensräumen – alle zumindest für
die Zielarten notwendigen Habitatstruktu-
ren in ausreichender Qualität und Quantität
über die Lebenszyklen von Arten hinweg
konstant vorhanden, erreichbar und zugäng-
lich sein (Abb. 11). So benötigt jede Tierart
sichere Fortpanzungs- und Ruhestätten so-
wie eine gesicherte Nahrungsgrundlage, z.
B. eine Zugvogelart auf der räumlichen Ebe-
ne ihres oft kleinen Brutreviers vom Tag der
Revierbesetzung bis zum Tag des Abzugs
ins Winterquartier. Pionierarten sind wäh-
rend ihres gesamten Lebenszyklus auf eine
lückige Vegetation mit einem hohen Anteil
Seite 59 Naturnahe Beweidung
oener Bodenstellen angewiesen, Saumar-
ten auf dauerhafte Saumstrukturen. Rasche
starke Vegetations- oder Strukturverände-
rungen beeinträchtigen alle Arten, insbeson-
dere durch das Ausbleiben einer Beweidung
beim Beginn des Vegetationswachstums im
Frühjahr, was zur Verdrängung von Pionier-
arten und zur Anlockung von Arten unge-
störter Vegetation führt, oder durch zu spätes
Einsetzen der Beweidung und damit plötz-
liches, für in die Flächen gelockte Saumar-
ten unvorhersehbares Abfressen der zuvor
ungestört aufgewachsenen Vegetation. Be-
einträchtigungen sind sowohl direkter Na-
tur, vor allem infolge Mortalität, z. B. durch
Abfressen der Vegetation mit darin bend-
lichen Insekteneiern oder -larven durch die
Weidetiere (vgl. Übersicht in Zahn 2014b),
als auch indirekter Natur durch starke struk-
turelle Veränderungen von Fortpanzungs-,
Ruhe- und Nahrungsstätten, beispielsweise
von Reptilien (Blanke 2020, Graitson et al.
Abb. 10: Epizoochorie, die Verbreitung
von Panzensamen über das Fell, ist einer der
grundlegenden ökologischen Einussfaktoren
von Weidetieren: Männlicher Rothirsch mit
Kletten und anderer Vegetation im Fell, die
woanders in seinem Streifgebiet wieder abfallen
und keimen können. Bild: Burkhard Stöcker.
Epizoochory, the dispersal of plant seeds by
animals in their fur, is one of the fundamental
ecological factors driven by grazing animals.
Here, a male red deer carries burdocks and
other vegetation in its fur, which may fall o
and germinate somewhere else. Image: Burk-
hard Stöcker.
2020), Vögeln (z. B. Vandenberghe et al.
2009, Little et al. 2015, Handschuh et al.
2024) oder Kleinsäugern (Evans et al. 2006,
Wheeler 2008). So ist es z. B. kontraproduk-
tiv, wenn diverse Bodenbrüter unter ausblei-
bender Beweidung in einer Weideäche zu
brüten beginnen, dann aber durch plötzliche
(intensive Koppel-) Beweidung ihre Nester
freigelegt oder zertreten und damit zerstört
werden (z. B. Quinger et al. 1994, Hand-
schuh & Klamm 2022), oder wenn Insekten
zunächst angelockt und dann im Zuge der
„Weidepege“ in ihren Überwinterungs-
quartieren in Weideresten gemulcht werden
(z. B. Zahn 2014a). Für Bruten samenfres-
sender Vogelarten stellt der plötzliche Ent-
zug von Nahrungsressourcen durch unange-
passte Beweidung (oder analoge Mahd) ein
lebensbedrohliches Problem dar, z. B. für
den Zitronenzeisig (Probst 2012, Förschler
& Handschuh 2022, Handschuh et al. 2023).
monticola 114 (2024) Seite 60
Durch naturnahe Beweidung mit großen
Weidetieren können diese negativen Eek-
te vermieden werden. Denn die naturnahe
Beweidung schat dauerhafte Strukturen
und beweidungssichere Rückzugsräume, z.
B. für Reptilien wie die Kreuzotter (Vipera
berus) (Abb. 11 & 12), sowie weidesichere
Strukturen für am Boden oder bodennah brü-
Abb. 11: In naturnahen Weideächen herrscht zwar eine gewisse Dynamik, essenzielle Habitatstrukturen
treten aber über die Lebenszyklen von Arten hinweg räumlich und zeitlich hinreichend konstant und oft sogar
mehrjährig in den gleichen Bereichen auf, z. B. weidefreie Rückzugsräume im Bereich von Steinhaufen (vorne
links), wenig vom Vieh gestörte Saumbereiche in nährstoreichen Senken (untere Bildhälfte) oder kleine Gelän-
dekanten und Erdabbrüche im Bereich von Viehgangeln (oberer rechter Bildquadrant), sowie konstant kurzrasige
Weiderasen (übriges Bild). Bild: Markus Handschuh.
In near-natural pastures there is a certain level of dynamics, but essential habitat structures remain spatial-
ly and temporally suciently constant across the life cycles of species, often persisting in the same areas for
multiple years. For example, grazing-free refuges around stone piles (front left), little disturbed fringe areas in
nutrient-rich depressions (lower half of the image), small edges of the terrain and soil erosions in the vicinity
of livestock paths (upper right quadrant), as well as consistently short-grassed areas (remainder of the image).
Image: Markus Handschuh.
tende Arten wie Bergpieper (Anthus spino-
letta), Wiesenpieper (Anthus pratensis) und
Braunkehlchen (Saxicola rubetra) (Abb. 13,
14 & 15), oder in großächigen naturnahen
(Wald-) Weiden kaum vom Vieh begangene
Bereiche für Bodenbrüter wie Waldschnepfe
oder Raufußhühner (Abb. 16).
Seite 61 Naturnahe Beweidung
monticola 114 (2024) Seite 62
Abb. 12 (S. 61 oben): Für Reptilien ist eine naturnahe Beweidung günstig – allerdings müssen in der Wei-
deäche ausreichend viele, ausreichend große und ausreichend vernetzte dauerhaft beweidungssichere Rück-
zugsräume bzw. Saum- und Brachestrukturen vorhanden sein. Im Bild eine Kreuzotter auf ihrem weidesicheren
Steinhaufen mit umliegenden tiefbeasteten Gehölzen und wenig gestörten Krautsäumen in einer naturnahen
saisonalen Rinderwaldweide im französischen Jura. Bild: Markus Handschuh.
For reptiles, near-natural grazing is favorable, but there must be adequately sized and well-connected perma-
nent grazing-free refuges, fringes and fallow structures. In the image, a common European adder is basking on
its grazing-free stone pile surrounded by dense shrubs and undisturbed herbaceous margins in a near-natural
seasonal cattle forest pasture in the French Jura. Image: Markus Handschuh.
Abb. 13 (S. 61 unten): Vor Tritt und Fraß sicherer Neststandort des Bergpiepers in Höhlung im hangabwärts
gelegenen Fuß einer Viehgangel auf einer extensiven saisonalen Rinderstandweide über der Waldgrenze in Tirol.
Bild: Markus Handschuh.
Safe nesting location of water pipit in a cavity at the downhill base of a livestock path on an extensive seasonal
cattle pasture above the tree line in Tyrol. Image: Markus Handschuh.
Abb. 14 (S. 62): Brutplatz des Wiesenpiepers mit brütendem Weibchen in Altgrasbulte auf einer naturnahen
saisonalen Rinderstandweide im Nationalpark Schwarzwald und Vogelschutzgebiet Nordschwarzwald. Das vor-
jährige – und damit im letzten Jahr ungestörte – Gras zeigt dem Vogel eine beweidungssichere Struktur an. Bild:
Fabian Anger.
Nest of the meadow pipit (Anthus pratensis) with incubating female in a tussock of old grass on a near-natural
seasonal cattle pasture in the Black Forest National Park and Special Protection Area „Nordschwarzwald“.
The previous year's grass which was undisturbed during the last year indicates to the bird a grazing-resistant
structure. Image: Fabian Anger.
Seite 63 Naturnahe Beweidung
monticola 114 (2024) Seite 64
Abb. 15 (S. 63 oben): Brutplatz des Braunkehlchens am Fuß eines dichten Wurzelausläufers der Schlehe (Pru-
nus spinosa) in einer naturnahen ganzjährigen Rinder- und Pferdestandweide im Nationalpark und Vogelschutz-
gebiet Hainich. Auch hier haben die Vögel unter Anwesenheit eines geringen Besatzes an Weidetieren instinktiv
einen weidesicheren Neststandort ausgewählt. Bild: Markus Handschuh.
Nest site of the whinchat (Saxicola rubetra) at the base of a dense blackthorn (Prunus spinosa) root shoot in a
near-natural year-round cattle and horse pasture in the Hainich National Park and Special Protection Area. In
the presence of a law stocking density of grazing animals, the birds instinctively chose a grazing-resistant nesting
location. Image: Markus Handschuh.
Abb. 16 (S. 63 unten): Brutplatz der Waldschnepfe in einem vom Weidevieh kaum genutzten Teil einer ausge-
dehnten, naturnahen, saisonalen Rinderwaldweide im französischen Jura. Bild: Markus Handschuh.
Nest site of the woodcock in a part nearly unused by the grazing animals in a near-natural, seasonal cattle forest
pasture in the French Jura. Image: Markus Handschuh.
Abb. 17 (S. 64): Lebensraumverlust durch Nutzungsintensivierung auf einer ehemals extensiv genutzten,
halboenen Alm in Tirol, deren ehemalige Struktur in einigen angrenzenden Flächen noch erkennbar ist (aus
Handschuh et al. 2023): Mäh-Koppelweide und Gülledüngung haben zum Verlust essenzieller Habitatstrukturen
für Insekten und Wirbeltiere geführt. Durch die Wiedereinbringung von Strukturen und anschließende naturnahe
Beweidung mit Rindern oder Pferden könnte der Lebensraum wiederhergestellt werden. Bild: Markus Hand-
schuh.
Habitat loss due to intensied land use on a formerly extensively used, semi-open alpine pasture in Tyrol, whose
former structure is still recognizable in some adjacent areas (taken from Handschuh et al. 2023): Alternate
mowing and intensive mobile paddock grazing, as well as slurry fertilization led to the loss of essential habitat
structures for insects and vertebrates. Habitat restoration would be possible by reintroducing structures and
subsequent near-natural grazing with cattle or horses. Image: Markus Handschuh.
Seite 65 Naturnahe Beweidung
Besondere Bedeutung von großen
Weidetieren im Klimawandel
Die Auswirkungen des globalen Wandels,
d. h. der kombinierte Eekt von Biodiversi-
tätskrise, Klimawandel und Landnutzungs-
wandel, sind in höheren Lagen oft besonders
stark ausgeprägt und bedrohen Bergvögel
zunehmend (Lehikoinen et al. 2018). In
unseren Breiten sind beispielsweise die
Ringdrossel (Fumy & Fartmann 2021a & b,
Barras et al. 2021a & b, Anger & Förschler
2022, 2023), der in Mittel- und Südwesteu-
ropa endemische Zitronenzeisig (Försch-
ler & Dorka 2010, Förschler & Handschuh
2022, Handschuh et al. 2023) oder der
Schneesperling (Montifringilla nivalis) (z.
B. Brambilla et al. 2020, Nienegger et al.
2023, Ceresa et al. 2023) betroen. Durch
natürliche und naturnahe Großherbivorie
können negative Auswirkungen des globalen
Wandels abgemildert und die Resilienz von
Arten und Lebensräumen gegenüber Wetter-
und Klimaextremen erhöht werden (z. B.
Streitberger et al. 2016, Malhi et al. 2022).
Positive Eekte stellen sich vor allem durch
die Reaktivierung von Nahrungsnetzen (z.
B. Bakker & Svenning 2018) sowie über die
Herstellung und Erhaltung der erläuterten
hohen Strukturvielfalt, Grenzliniendichte
und vielfältiger Ökotone durch große Weide-
tiere ein (z. B. Dumont et al. 2007, Bunzel-
Drüke et al. 2019, Kapfer 2019, Zehnder et
al. 2020). Dadurch werden die lokale Son-
neneinstrahlung und das Kleinklima beein-
usst, was die Resilienz von Bergvögeln und
ihren Biotopen erhöht (z. B. Braunisch et
al. 2014, Ceresa et al. 2021). Zudem kann
sich die Aktivität großer Weidetiere positiv
auf den lokalen Wasserhaushalt auswirken
und zu einer besseren Wasserverfügbarkeit
führen, z. B. durch die Freilegung und Of-
fenhaltung von Quellbereichen oder Tüm-
peln (z. B. Pyke et al. 2005, Wagner 2010,
Abb. 5). Ganzjährig wasserführende Stellen
sind von grundlegender Bedeutung für die
Biodiversität und gerade in Zeiten des Kli-
mawandels eine immer knapper werdende
Ressource für alle Lebewesen (Streitberger
et al. 2016), z. B. als Tränke für gefährdete
Bergvogelarten (Märki 2021). Klimaextre-
me und Extremwitterung werden in Zukunft
noch zunehmen und müssen deshalb in
Schutzkonzepten berücksichtigt werden (z.
B. Streitberger et al. 2016, Zeder & Fischer
2020, Fartmann et al. 2022, Cannone et al.
2023).
Schlussfolgerung: Naturnahe Be-
weidung mit großen Weidetieren
als Schlüssel zur Erhaltung der
Biodiversität in Bergregionen
Lebensraumverluste durch Nutzungsinten-
sivierung oder Nutzungsaufgabe nehmen in
unseren Mittelgebirgs- und Gebirgslagen im-
mer mehr zu. Nutzungsintensivierung (Abb.
17) geht häug einher mit einer radikalen
Entfernung von Gehölzen und Kleinstruktu-
ren und intensiver „Weidepege“, Düngung,
früherer und häugerer Mahd oder intensi-
ver (Koppel-) Beweidung mit zu hohen Be-
satzdichten während der Fortpanzungszeit
von Insekten und Wirbeltieren, oder Bewei-
dung mit Schafen, die selektiv Blüten und
Kräuter fressen (Schumacher 1992, Brenner
et al. 2004, Schiess & Martin 2008, Zahn &
Tautenhahn 2016) anstelle von unselektiv
und vorwiegend Gras fressenden Großherbi-
voren. Nutzungsaufgabe (Abb. 18) hingegen
führt unterhalb der Baumgrenze zur unge-
hinderten Vegetationssukzession („Verbra-
monticola 114 (2024) Seite 66
chung“, „Verbuschung“ und „Verwaldung“).
In beiden Fällen geht der halboene Land-
schaftscharakter einschließlich Fortpan-
zungsstätten und Nahrungsressourcen für
viele Arten verloren.
Mit gezielten Maßnahmen und anschließen-
der naturnaher Beweidung können Lebens-
räume allerdings wiederhergestellt werden
(Abb. 19). Unsere langjährigen Erfahrungen
mit verschiedenen Bergvogelarten (Raufuß-
hühner, Lerchen, Pieper, Drosseln, Finken,
Ammern) zeigen, dass insbesondere mit
extensiver Beweidung verbundene Maßnah-
men ein großes Potential und hohe Erfolgs-
aussichten für die Förderung und Erhaltung
stark gefährdeter Vogelpopulationen bie-
ten. Allerdings müssen die artspezischen
Ökologien einschließlich der räumlich-
zeitlichen, qualitativen und quantitativen
Lebensraumansprüche der Zielarten konse-
quent berücksichtigt werden und die Bewei-
dung möglichst naturnah sein. Tatsächlich
ist eine großächige, naturnahe Beweidung
mit großen Weidetieren meist ein schlagar-
tig wirksamer Schlüssel zur Förderung der
Abb. 18: Lebensraumverlust durch Nutzungsaufgabe und ungehinderte Gehölzsukzession auf einer ehemals
extensiv genutzten, halboenen Alm in Tirol (aus Handschuh et al. 2023). Durch starke Entnahme der Naturver-
jüngung und anschließende naturnahe Beweidung mit Rindern könnte der Lebensraum wiederhergestellt werden.
Bild: Markus Handschuh.
Habitat loss due to land use abandonment and subsequent unhindered woody succession on a formerly exten-
sively used, semi-open alpine pasture in Tyrol (taken from Handschuh et al. 2023). Habitat restoration would
be possible through removal of young trees and subsequent near-natural grazing with cattle. Image: Markus
Handschuh.
Seite 67 Naturnahe Beweidung
Biodiversität und zur Lösung vieler weiterer
Naturschutzprobleme (z. B. Bunzel-Drüke
et al. 2019, eigene Beobachtungen der Au-
toren). Wichtig ist dabei auch die Integration
natürlicherweise vorkommender Herbivoren
wie Rothirsch, Reh (Capreolus capreolus),
Gämse (Rupicapra rupicapra) und Stein-
bock (Capra ibex) in Beweidungssysteme.
Maßnahmen sollten im Rahmen eines evi-
denzbasierten Natur- und Artenschutzes er-
folgen (vgl. Sutherland et al. 2004, Hofer
2016, Trautner 2020). Dies erfordert die
Festlegung messbarer Ziele und deren re-
gelmäßige Überprüfung im Rahmen einer
Erfolgskontrolle. Treten die gewünschten
Eekte nicht ein, müssen Anpassungen vor-
genommen werden. Essenziell ist zudem
immer eine angemessene Entlohnung der
Bewirtschafter.
Abb. 19: Lebensraumerhaltung durch naturnahe saisonale Pferdestandweide in Tirol, zeitgleich aufgenommen
mit Abb. 17 & 18 und ein ökologischer Unterschied wie Tag und Nacht: Halboener Landschaftscharakter ohne
scharfe Grenzen zwischen Wald und Oenland, hohe vertikale und horizontale Strukturvielfalt mit günstigen
Brutplätzen für Vögel, zahlreichen Refugien für Reptilien und Nahrungspanzen für Insekten und Vögel – trotz
„Weidepege“ durch Aufschichten von verstreuten Steinblöcken zu Haufen und Beschränkung der Ampferuren
auf Teilbereiche. Bild: Markus Handschuh.
Habitat preservation through near-natural seasonal horse grazing in Tyrol. Image taken around the same time as
Figures 17 & 18, highlighting a stark ecological contrast: Semi-open landscape without sharp boundaries bet-
ween forest and open land, high vertical and horizontal structural diversity with favorable nesting sites for birds,
numerous refuges for reptiles, and food plants for insects and birds – despite "pasture management" by piling up
scattered stones and restricting patches of dock. Image: Markus Handschuh.
monticola 114 (2024) Seite 68
Zusammenfassung
Die Aktivität großer Weidetiere umfasst Ver-
biss, Tritt, Dungproduktion und Zoochorie
und fördert indirekt die Verfügbarkeit gro-
ßer Tierkadaver. Großherbivoren führen zur
starken horizontalen und vertikalen Diversi-
zierung von Vegetation und Strukturen auf
unterschiedlichen räumlichen Bezugsebe-
nen und einem System zyklischer Vege-
tationsentwicklung. Dadurch entsteht ein
ausgeprägtes Wald-Oenland-Mosaik und
oene Waldlandschaften mit einem breiten
Spektrum an Habitaten und Ökotonen. Vor
dem Wirken des Menschen nahmen solche
Landschaften in Mitteleuropa hohe Flächen-
anteile ein. Damit sind große Panzenfresser
struktur- und habitatbildende Schlüsselarten
und Ökosystem-Ingenieure und seit jeher
Treiber der natürlichen Dynamik und intak-
ter Nahrungsnetze.
Da freilebende Großherbivoren heute weit-
gehend erloschen oder beeinträchtigt sind,
kommt der naturnahen Beweidung mit do-
mestizierten Weidetieren eine Schlüsselrol-
le im Arten- und Naturschutz zu. Naturnah
bedeutet: große Flächen, große Grasfresser,
Einbeziehung aller Habitate, möglichst ganz-
jährige Weidedauer und dem natürlichen
Nahrungsangebot angepasster Tierbesatz,
welcher ausreichend Weidereste gewähr-
leistet. Große Standweiden mit Wald und
Oenland können dem natürlichen System
nahe kommen. Hier entsteht ein feinkörni-
ges Mosaik aus unterschiedlichen biotischen
und abiotischen Strukturen und Habitaten
entlang eines ökologischen Störungsgradi-
enten. Dieser reicht von praktisch weidefrei-
en Refugien mit ungestörter Vegetation über
mäßig von den Weidetieren genutzte Berei-
che mit dierenzierter Vegetation bis hin zu
Oenbodenächen. Strukturen sind über die
Lebenszyklen von Pionier- und Saumarten
hinweg konstant und damit für die Arten
vorhersehbar, was entscheidend ist für eine
positive Wirkung von Beweidung. Um-
triebsweidesysteme, bei welchen Weideä-
chen unterteilt und die Weidetiere während
der Reproduktionszeit der vorkommenden
Arten plötzlich in unnatürlich hohen Besatz-
dichten in zuvor ungestört aufgewachsene
Vegetation gekoppelt werden, sowie unan-
gepasste oder großächige „Weidepege“
stehen im Kontrast zum natürlichen System
und beeinträchtigen Arten durch Mortalität
oder Beschädigung von Fortpanzungsstät-
ten sowie Nahrungsächen.
Insbesondere vor dem Hintergrund des
globalen Wandels (kombinierte Biodiversi-
tätskrise, Klimawandel und Landnutzungs-
wandel) ist naturnahe Beweidung besonders
bedeutend für den Erhalt der Bergvogelwelt
und ihrer Lebensräume, denn eine auf un-
terschiedlichen räumlichen Ebenen erhöhte
Strukturvielfalt einschließlich Wasserver-
fügbarkeit erhöht die Resilienz von Arten
und Lebensräumen gegenüber Wetter- und
Klimaextremen. Zusammenfassend ist na-
turnahe Beweidung mit großen grasfressen-
den Weidetieren ein Schlüssel zum Schutz
der Biodiversität. Beweidung sollte mög-
lichst evidenzbasiert erfolgen und erfordert
eine angemessene Entlohnung der Bewirt-
schafter.
Summary
The activity of large herbivores includes
browsing, trampling, dung production, and
zoochory, and indirectly promotes the avail-
Seite 69 Naturnahe Beweidung
ability of large animal carcasses. Large
herbivores diversify the vegetation and
structures horizontally and vertically and at
dierent spatial scales. This leads to a sys-
tem of cyclic vegetation development result-
ing in a forest-open land-mosaic and open
woodland landscapes with a wide range of
habitats and ecotones which characterized
the temperate forest biome before human in-
uence. Thus, large herbivores are key spe-
cies and ecosystem engineers driving natu-
ral dynamics and intact food webs.
Since wild large herbivores are largely ex-
tinct or compromised today, near-natural
grazing with domesticated grazers is im-
portant in species and nature conservation.
Near-natural grazing involves large areas,
large grass-eating animals, inclusion of all
habitats, preferably year-round grazing,
and a stocking density adapted to the nat-
ural food supply ensuring sucient forage
residuals. Large permanent pastures includ-
ing forest and open land can imitate the nat-
ural system. Here, a ne-grained mosaic of
dierent biotic and abiotic structures and
habitats develops along an ecological dis-
turbance gradient ranging from nearly un-
grazed refuges with undisturbed vegetation
over moderately grazed areas with dieren-
tiated vegetation to bare soil. During the life
cycles of pioneer and fringe species struc-
tures remain constant, making them predict-
able for the species. This is important for
grazing to be benecial for biodiversity. In
contrast, rotational grazing systems where
pastures are subdivided and grazers sudden-
ly introduced at unnaturally high stocking
densities into previously undisturbed vege-
tation with reproducing local species, e.g.
birds or insects, and excessive or large-scale
“pasture cleaning”, have negative eects on
species via mortality or damage to feeding
areas and structures used for reproduction.
Near-natural grazing is particularly impor-
tant for the protection of mountain birds and
their habitats, especially in the context of
global change (combined biodiversity cri-
sis, climate change, and land use change).
Increased structural diversity, including
water availability, at dierent spatial scales
enhances the resilience of species and habi-
tats towards weather and climate extremes.
In summary, natural grazing with large
grass-eating herbivores is a key to biodi-
versity conservation. Grazing should be evi-
dence-based and requires appropriate com-
pensation for the farmers involved.
Literatur
Aigner S. (2016): Beweidung und Manage-
ment von Almen/Alpen. In: Burkart-Ai-
cher, B. et al. (2014): Online-Handbuch
„Beweidung im Naturschutz“. Akademie
für Naturschutz und Landschaftspege
(ANL), Laufen.
URL: www.anl.bayern.de/fachinformaonen/
beweidung/handbuchinhalt.htm.
Anger F., Förschler M. I. (2023): Resi-
dent and migrant birds use livestock
dung pats for foraging. Journal of Field
Ornithology 94(4): 3. URL: hps://doi.
org/10.5751/JFO-00303-940403.
Anger F., Förschler M. I. (2022): Die Ring-
drossel: Kann Beweidung die Folgen des
Klimawandels abmildern? Der Falke 69
(Sonderheft): 40-43.
monticola 114 (2024) Seite 70
Bacher M. G., Fenton O., Bondi G.,
Creamer R. E., Karmarkar M., Schmidt
O. (2018): The impact of cattle dung pats
on earthworm distribution in grazed pas-
tures. BMC Ecology 18:59. URL: hps://
doi.org/10.1186/s12898-018-0216-6.
Bakker E. S., Svenning J.-C. (2018):
Trophic rewilding: Impact on ecosys-
tems under global change. Philosoph-
ical Transactions of the Royal Society
B: Biological Sciences 373 (1761):
20170432. URL: hps://doi.org/10.1098/
rstb.2017.0432.
Barras A. G., Braunisch V., Arlettaz R.
(2021a): Predictive models of distri-
bution and abundance of a threatened
mountain species show that impacts of
climate change overrule those of land
use change. Diversity and Distributions
27: 989-1004.
Barras A. G., Candol I., Arlettaz R.
(2022): Spatio-temporal patterns of
earthworm abundance suggest time-lim-
ited food availability for a subalpine
bird species. Pedobiologia - Journal of
Soil Ecology 93-94 (2022): 150826.
URL: hps://doi.org/10.1016/j.pedo-
bi.2022.150826.
Barras A. G., Nienegger C. A., Candol
I., Hunziker Y. A., Arlettaz R. (2021b):
Nestling diet and parental food provi-
sioning in a declining mountain pas-
serine reveal high sensitivity to climate
change. Journal of Avian Biology 2021:
e02649. URL: hps://doi.org/10.1111/
jav.02649.
Blanke I. (2020): Reptilien und Land-
schaftspege. Artenschutzreport 42:
3-10.
Brambilla M., Resano-Major J., Arlettaz
R. et al. (2020): Potential distribution of
a climate sensitive species, the White-
winged Snownch Montifringilla nivalis
in Europe. Bird Conservation Interna-
tional. 30(4): 522-532.
Braunisch V., Coppes J., Arlettaz R.,
Suchant R., Zellweger F., Bollmann
K. (2014): Temperate Mountain Forest
Biodiversity under Climate Change:
Compensating Negative Eects by
Increasing Structural Complexity. PLoS
ONE 9(5): e97718. doi:10.1371/journal.
pone.0097718.
Brenner S., Pfeer E., Schumacher W.
(2004): Extensive Schafbeweidung von
Magerrasen im Hinblick auf Nährsto-
entzug und Futterselektion. Natur und
Landschaft 4: 167-174.
Broughton R. K., Karpińska O., Kamion-
ka-Kanclerska K., Maziarz M. (2022):
Do large herbivores have an important
role in initiating tree cavities used by
hole-nesting birds in European forests?
Acta Ornithol. 57: 107-121.
Bunzel-Drüke M., Böhm C., Finck P. et al.
(2008): Wilde Weiden. Praxisleitfaden
für Ganzjahresbeweidung in Naturschutz
und Landschaftsentwicklung. Arbeitsge-
meinschaft Biologischer Umweltschutz
im Kreis Soest e.V. (ABU), Bad Sassen-
dorf-Lohne.
Seite 71 Naturnahe Beweidung
Bunzel-Drüke M., Drüke J., Vierhaus H.
(1994): Quaternary Park - Überlegungen
zu Wald, Mensch und Megafauna. ABU-
info 17/18 (4/93 & 1/94): 4-38.
Bunzel-Drüke M., Drüke J., Vierhaus H.
(2001): Der Einuß von Großherbivoren
auf die Naturlandschaft Mitteleuropas.
URL: hps://www.science-e-publishing.
de/project/lv-twk/images/pdfs/Grossher-
bivoren_Mieleuropas.pdf. Zugri am
09.12.2023.
Bunzel-Drüke M., Reisinger E., Böhm C.
et al. (2019): Naturnahe Beweidung und
NATURA 2000: Ganzjahresbeweidung
im Management von Lebensraumtypen
und Arten im europäischen Schutzge-
bietssystem NATURA 2000. Arbeitsge-
meinschaft Biologischer Umweltschutz
im Kreis Soest e. V.
Buse J. (2019): Bedeutung des Dungs von
Weidetieren für wirbellose Tiere, insbe-
sondere für koprophage Käfer. S. 278-
283 in: Bunzel-Drüke, M., et al. (2019):
Naturnahe Beweidung und NATURA
2000. 2. Auage. Arbeitsgemeinschaft
Biologischer Umweltschutz,
Bad Sassendorf.
Canonne C., Bernard‐Laurent A., Souchay
G., Perrot C., Besnard A. (2023): Con-
trasted impacts of weather conditions
in species sensitive to both survival and
fecundity: A montane bird case study.
Ecology 104: e3932.
URL: hps://doi.org/10.1002/ecy.3932.
Ceresa F., Kranebitter P., Monrós J. S., Riz-
zolli F., Brambilla M. (2021): Disentan-
gling direct and indirect eects of local
temperature on abundance of mountain
birds and implications for understanding
global change impacts. PeerJ 9: e12560.
URL: hps://doi.org/10.7717/peerj.12560.
Ceresa F., Brambilla M., Kvist L. et al.
(2023): Restricted dispersal and in-
breeding in a high-elevation bird across
the ‘sky islands’ of the European Alps.
Journal of Biogeography 00: 1-16.
URL: hps://doi.org/10.1111/jbi.14787.
Cromsigt J. P. G. M., te Beest M., Kerley
G. I. H., Landman M., le Roux E., Smith
F. A. (2018): Trophic rewilding as a
climate change mitigation strategy? Phil.
Trans. R. Soc. B 373: 20170440.
hp://dx.doi.org/10.1098/rstb.2017.0440.
Dumont B., Garel J. P., Ginane C., Decuq
F., Farruggia A., Pradel P., Rigolot C.,
Petit M. (2007): Eect of cattle grazing
on a species-rich mountain pasture under
dierent stocking rates on the dynamics
of diet selection and sward structure.
Animal (2007) 1:7: 1042-1052.
Evans D. M., Redpath S. M., Elston D. A.,
Evans S. A., Mitchell R. J., Dennis P.
(2006): To graze or not to graze? Sheep,
voles, forestry and nature conservation
in the British uplands. Journal of Applied
Ecology 43: 499-505.
Fartmann T., Brüggeshemke J., Poniatowski
D., Löer F. (2022): Summer drought
aects abundance of grassland grass-
hoppers dierently along an elevation
gradient. Ecological Entomology 47:
778-790.
monticola 114 (2024) Seite 72
Faurby S., Svenning J.-C. (2015): Historic
and prehistoric human-driven extinctions
have reshaped global mammal diversity
patterns. Diversity and Distributions
(2015) 21: 1155-1166.
Feurdean A., Ruprecht E., Molnár Z.,
Hutchinson S. M., Hickler T. (2018):
Biodiversity-rich European grasslands:
ancient, forgotten ecosystems. Biological
Conservation 228: 224-232.
Förschler M. I., Dorka U. (2010): Citril
Finch faces extinction at the northern
edge of its distribution. Alauda 78: 13-
136.
Förschler M., Handschuh M. (2022): Ein
Alpenvogel am Abgrund? Der Zitro-
nenzeisig. Der Falke, Sonderheft 2022:
48-51.
Fumy F., Fartmann T. (2021a): Climate and
land-use change drive habitat loss in a
mountain bird species. Ibis (2021): 1-17.
Fumy F., Fartmann T. (2021b): Klima- und
Landnutzungswandel als Gefährdungsur-
sache: Die Ringdrossel im Schwarzwald.
Der Falke 08/2021: 28-31.
Gates J. E., Gysel L. W. (1978): Avian nest
dispersion and edging success in eld–
forest ecotones. Ecology 59: 871-883.
Graitson E., Ursenbacher S., Lourdais O.
(2020): Snake conservation in anthro-
pized landscapes: considering articial
habitats and questioning management of
semi-natural habitats. European Journal
of Wildlife Research 66:39.
URL: hps://doi.org/10.1007/s10344-020-
01373-2.
Handschuh M., Bickel M., Apel R., Gün-
ther D., Harry I., Martin R., Reese L.,
Reinschmidt M., Rinder M., Rücker
P., Schnaible K., Stadler A., Wichmann
F., Wuhrer J., Förschler M. I. (2023):
Verbindung von in-situ und ex-situ Maß-
nahmen zum Schutz des Zitronenzeisigs
Carduelis citrinella, einem endemischen
Bergvogel im globalen Sinkug. Vogel-
warte 61: 27-45.
Handschuh M., Klamm A. (2022): Überre-
gional bedeutender Bestand der Grauam-
mer Emberiza calandra im Nationalpark
Hainich. Anz. Ver. Thür. Orn. 10: 43-78.
Handschuh M., Lepp T., del Val Alfaro E.,
Dorka U., Boschert M., Schuphan I.,
Förschler M. (2024): Unzureichender
Habitatzustand erklärt das Verschwin-
den der Zippammer (Emberiza cia) im
Nordschwarzwald – Vorschläge von
Wiederherstellungsmaßnahmen für
diese prioritäre Art des Vogelschutzes in
Baden-Württemberg. Naturschutz und
Landschaftspege Baden-Württemberg
81 – Digitale Vorabveröentlichung.
URL: hps://pudi.lubw.de/detailseite/-/publi-
caon/10364.
Hofer U. (2016): Evidenzbasierter Arten-
schutz. Begrie, Konzepte, Methoden.
Bern.
Hyvarinen O., te Beest M., le Roux E.,
Kerley G., de Groot E., Vinita R., Crom-
sigt J. P. G. M. (2021): Megaherbivore
impacts on ecosystem and Earth system
Seite 73 Naturnahe Beweidung
functioning: the current state of the sci-
ence. Ecography 44: 1579-1594.
Jähnig S., Sander M. M., Caprio E., Ros-
selli D., Rolando A., Chamberlain D.
(2020): Microclimate aects the distri-
bution of grassland birds, but not forest
birds, in an Alpine environment. Journal
of Ornithology 161: 677-689.
Johnson C. N. (2009): Ecological conse-
quences of Late Quaternary extinctions
of megafauna. Proc. R. Soc. B (2009)
276: 2509-2519.
Kapfer A. (2019): Wann ist eine Beweidung
naturnah? Vortrag, Weidetagung Hers-
bruck, 23./24. Mai 2019.
Kunz W. (2013): Artenförderung durch
technische Gestaltung der Habitate –
Neue Wege für den Artenschutz.
Entomologie heute 25: 161-192.
Kunz W. (2016): Artenschutz durch Ha-
bitatmanagement. Der Mythos von der
unberührten Natur. Verlag Wiley-VCH,
Weinheim.
Lehikoinen A., Brotons L., Calladine J. et
al. (2018): Declining population trends
of European mountain birds. Global.
Change Biology 25: 577-588.
Little I. T., Hockey P. A. R., Jansen R.
(2015): Predation drives nesting success
in moist highland grasslands: the impor-
tance of maintaining vegetation cover for
bird conservation.
Ostrich: Journal of African Ornithology:
DOI:10.2989/00306525.2015.1005557.
Malhi Y., Lander T., le Roux E., Stevens N.,
Macias-Fauria M., Wedding L., Girardin
C., Kristensen J. A., Sandom C. J., Evans
T. D., Svenning J.-C., Canney S. (2022):
The role of large wild animals in climate
change mitigation and adaptation. Cur-
rent Biology 32 (4): 28 181-196.
Märki H. (2021): Wasser als wichtige Res-
source für den Zitronenzeisig Carduelis
citrinella. Orn. Beob. 118: 46-57.
Nienegger C. A., Schano C., Arlettaz R.,
Korner‐Nievergelt F. (2023): Nest ori-
entation and proximity to snow patches
are important for nest site selection of a
cavity breeder at high elevation. J. Avian
Biol. 2023: e03046.
URL: hps://doi.org/10.1111/jav.03046.
Ol H., Vera F. W. M., Bokdam J., Bakker
E. S., Gleichman J. M., de Maeyer K.,
Smit R. (1999):
Shifting Mosaics in Grazed Woodlands
Driven by the Alternation of Plant Fa-
cilitation and Competition. Plant biol. 1
(1999): 127-137.
Öllerer K., Varga A., Kirby K., Demeter
L., Bir M., Bölöni J., Molnár Z. (2019):
Beyond the obvious impact of domestic
livestock grazing on temperate forest
vegetation – A global review. Biological
Conservation 237 (2019): 209-219.
Onrust J., Wymenga E., Piersma T., Ol H.
(2019): Earthworm activity and avail-
ability for meadow birds is restricted in
intensively managed grasslands. Journal
of Applied Ecology 56(6): 1333-1342.
monticola 114 (2024) Seite 74
Pearce E. A., Mazier F., Normand S. et
al. (2023): Substantial light woodland
and open vegetation characterized the
temperate forest biome before Homo sa-
piens. Science Advances 9: eadi9135 (2023).
Probst R. (2012): Warum brütet der Zitro-
nenzeisig Carduelis citrinella in Kärnten
genau am Dobratsch? Carinthia II 202
122: 493-504.
Pyke C. R., Marty J. (2005): Cattle graz-
ing mediates climate change impacts
on ephemeral wetlands. Conservation
Biology 19: 1619-1625.
Quinger B., Bräu M., Kornprobst M.
(1994): Lebensraumtyp Kalkmagerrasen
– 1. Teilband. Landschaftspegekonzept
Bayern, Band II.1. München.
Riesch F., Tonn B., Stroh H. G., Meißner
M., Balkenhol N., Isselstein J. (2019b):
Grazing by wild red deer maintains char-
acteristic vegetation of semi-natural open
habitats. Evidence from a three-year ex-
clusion experiment. Applied Vegetation
Science 2020;00: 1-17.
Riesch F., Tonn B., Meißner M., Balkenhol
N., Isselstein J. (2019a): Grazing by wild
red deer: Management options for the
conservation of semi‐natural open habi-
tats. J Appl Ecol. 56: 1311-1321.
Sandom C. J., Ejrnæsb R., Hansenc M. D.
D., Svenning J.-C. (2014): High herbi-
vore density associated with vegetation
diversity in interglacial ecosystems. Proc.
Natl. Acad. Sci. USA 111 (11): 4162-4167.
Schaub M., Martinez N., Tagmann-Ioset
A., Weisshaupt N., Maurer M. L. et
al. (2010): Patches of Bare Ground
as a Staple Commodity for Declining
Ground-Foraging Insectivorous Farm-
land Birds. PLoS ONE 5(10): e13115.
doi:10.1371/journal.pone.0013115.
Schaub M., Zbinden N., Martinez N., Mau-
rer M., Ioset A., Spaar R., Weisshaupt,
N., Arlettaz R. (2008): Vögel brauchen
lückige Vegetation zur Nahrungssuche.
Faktenblatt. Schweizerische Vogelwarte,
Sempach.
Scherzinger W. (1991): Das Mosaik-Zy-
klus-Konzept aus der Sicht des zoo-
logischen Artenschutzes. S. 30-42 in:
Laufener Seminarbeiträge 5/91. Baye-
rische Akademie für Naturschutz und
Landschaftspege.
Scherzinger W. (1996): Naturschutz im
Wald: Qualitätsziele einer dynamischen
Waldentwicklung. Stuttgart.
Schiess C., Martin M. (2008): Schafe in
Trockenweiden. Bundesamt für Umwelt
(BAFU) (Hrsg.), CH-3003 Bern.
Schoof N., Luick R. (2019): Antiparasitika
in der Weidetierhaltung. Ein unter-
schätzter Faktor des Insektenrückgangs?
Naturschutz und Landschaftsplanung 51
(10): 486-492.
Schön M. (1994): Kennzeichen des
Raubwürger-Lebensraumes (Lanius e.
excubitor) im Gebiet der südwestlichen
Schwäbischen Alb: Jahreszeitliche
Nutzung und Revier-Grösse, Struktur-
Seite 75 Naturnahe Beweidung
Merkmale und -Veränderungen, Klein-
strukturen und Bewirtschaftung. Ökol.
Vögel 16: 253-495.
Schumacher W. (1992): Schutz und Pege
von Magerrasen. Botanik und Natur-
schutz in Hessen, Beiheft 4: 19-39.
Schütz M., Risch A. C., Anderwald P.
(2020): Nahrungsnetze im Schweizeri-
schen Nationalpark. Von Produzenten,
Konsumenten und Destruenten. Natio-
nalpark-Forschung in der Schweiz 109.
Haupt Verlag.
Senn J. (2019): Großherbivoren. S. 256-
272 in: Wohlgemuth, T., A. Jentsch & R.
Seidl (Hrsg.): Störungsökologie. Haupt
Verlag, Bern.
Streitberger M., Ackermann W., Fartmann
T., Kriegel G., Ru A., Balzer S., Nehrig
S. (2016):
Artenschutz unter Klimawandel:
Perspektiven für ein zukunftsfähiges
Handlungskonzept. NaBiV Heft 147.
Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.),
Landwirtschaftsverlag Münster.
Streitberger M., Fartmann T. (2017): Bo-
denstörende Ökosystem-Ingenieure im
mitteleuropäischen Grasland und ihre
Bedeutung für die Biodiversität. Natur-
schutz und Landschaftsplanung 49 (8):
252-259.
Suarez A. V., Pfennig K. S., Robinson S.
K. (1997): Nesting Success of a Distur-
bance-Dependent Songbird on Dierent
Kinds of Edges. Conservation Biology
11 (4): 928-935.
Sutherland W. J., Pullin, A. S., Paul M.
Dolman, P. M., Knight T. M. (2004): The
need for evidence-based conservation.
Trends in Ecology and Evolution 19 (6):
305-308.
Trautner J. (2020): Artenschutz. Rechtliche
Pichten, fachliche Konzepte, Umset-
zung in der Praxis. Stuttgart.
Tschöpe O., Wallschläger D., Burkart M.,
Tielbörger K. (2011): Managing open
habitats by wild ungulate browsing and
grazing: A case-study in North-Eastern
Germany. Applied Vegetation Science
14: 200-209.
Vandenberghe C., Prior G., Littlewood N.
A., Brooker R., Pakeman R. (2009):
Inuence of livestock grazing on mead-
ow pipit foraging behaviour in upland
grassland.
Basic and Applied Ecology 10 (2009):
662-670.
Vera F. W. M. (2000): Grazing ecology and
forest history. CABI Publishing, Wal-
lingford, UK.
Vogel K. (1992): Welchen Einuß haben
Hügel der Wiesenameise Lasius avus
auf die Flora und Fauna einer schafbe-
weideten Hudeäche? Abh. Naturwiss.
Ver. Würzburg 33: 23-49.
Wagner H.-G. (2010): Boden„störungen“
und Biodiversität: Tier- und Panzenar-
ten als Proteure großer Panzenfresser.
S. 51-82 in: 2010 Zweiter Workshop
Wasserbüel in der Landschaftspege.
Berlin. ISBN: 978-3-869 65-138-5.
monticola 114 (2024) Seite 76
Wheeler P. (2008): Eects of sheep grazing
on abundance and predators of eld vole
(Microtus agrestis) in upland Britain.
Agriculture, Ecosystems and Environ-
ment 123: 49-55.
Wichelhaus A. (2020): Endozoochorer
Transport von Panzendiasporen durch
den Rothirsch (Cervus elaphus). Poten-
zial für Panzenarten des wertgebenden
Oenlands. Dissertation, Universität
Kassel.
Zahn A. (2014a): Einführung in die natur-
schutzorientierte Beweidung. In: Bur-
kart-Aicher, A. et al., Online-Handbuch
„Beweidung im Naturschutz“, Akademie
für Naturschutz und Landschaftspege
(ANL), Laufen, hp://www.anl.bayern.de/
fachinformaonen/beweidung/handbuchin-
halt.htm.
Zahn A. (2014b): Auswirkung der Bewei-
dung auf die Fauna. In: Burkart-Aicher,
B. et al. (2014): Online-Handbuch
„Beweidung im Naturschutz“. Akademie
für Naturschutz und Landschaftspege
(ANL), Laufen. URL: www.anl.bayern.de/
fachinformaonen/beweidung/handbuchin-
halt.htm.
Zahn A., Tautenhahn K. (2016): Beweidung
mit Schafen. In: Burkart-Aicher, B. et
al. (2014): Online-Handbuch „Bewei-
dung im Naturschutz“. Akademie für Na-
turschutz und Landschaftspege (ANL),
Laufen. URL: www.anl.bayern.de/fachinfor-
maonen/beweidung/handbuchinhalt.htm.
Zehnder T., Lüscher A., Ritzmann C.
Pauler C. M., Berard J., Kreuzer M.,
Schneider M. K. (2020): Dominant
shrub species are a strong predictor of
plant species diversity along subalpine
pasture-shrub transects. Alpine Botany
130: 141-156.
Markus Handschuh und
Dr. Marc I. Förschler
Fachbereich für Ökologisches Monitoring,
Forschung und Artenschutz
Nationalpark Schwarzwald
Kniebisstraße 67
72250 Freudenstadt
markus.handschuh@nlp.bwl.de
marc.foerschler@nlp.bwl.de
Fabian Anger
Kraibrunnenstraße 5
72250 Freudenstadt
fabiananger@web.de