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Ionenfallen-Quantencomputer Teil 1: 1-Qubit-Gatter

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Abstract

Ionen sind eine vielversprechende Möglichkeit Qubits physisch zu realisieren. Im vorliegenden Text wird die Physik von 1-Qubit-Gattern für den Einsatz in Quantencomputern auf der Basis von ionischen Qubits sehr ausführlich erläutert. Um die Diskussion möglichst einfach zu halten, werden die Ionen mechanisch als starre Rotoren behandelt. Das diskutierte System eignet sich im Übrigen hervorragend, um wichtige elementare Methoden der Quantenphysik an einem praxisnahen Anwen-dungsbeispiel einzuüben. Aus didaktischen Gründen wird, entgegen der üblichen Vorgehensweise, typographisch zwischen Zuständen und Operatoren einerseits und Spaltenvektoren und Matrizen andererseits, unterschieden. Der Artikel richtet sich an Leser mit Grundkenntnissen in der Quantenphysik, also an solche, denen die Begriffe Schrödingergleichung, Wellenfunktion, Bra und Ket, Paulimatrizen und dergleichen vertraut sind. Auch rudimentäre Kenntnisse über Quantencomputer werden voraus-gesetzt (Qubit, Gatter, ...).
Ionenfallen-Quantencomputer
Teil 1: 1-Qubit-Gatter
Bernd Baumann
HAW Hamburg
Fakult¨
at Technik u. Informatik
Heinrich-Blasius-Institut f ¨
ur Physikalische Technologien
Berliner Tor 21, 20099 Hamburg
info@berndbaumann.de
orcid.org/0000-0003-3448-1925
Letzte Änderung: 8. Februar 2025
I
onen sind eine vielversprechende Möglichkeit
Qubits physisch zu realisieren. Im vorliegenden
Text wird die Physik von 1-Qubit-Gattern für
den Einsatz in Quantencomputern auf der Basis
von ionischen Qubits sehr ausführlich erläutert. Um
die Diskussion möglichst einfach zu halten, werden
die Ionen mechanisch als starre Rotoren behan-
delt. Das diskutierte System eignet sich im Übrigen
hervorragend, um wichtige elementare Methoden
der Quantenphysik an einem praxisnahen Anwen-
dungsbeispiel einzuüben. Aus didaktischen Grün-
den wird, entgegen der üblichen Vorgehensweise,
typographisch zwischen Zuständen und Operatoren
einerseits und Spaltenvektoren und Matrizen an-
dererseits, unterschieden. Der Artikel richtet sich an
Leser mit Grundkenntnissen in der Quantenphysik,
also an solche, denen die Begrie Schrödingerglei-
chung, Wellenfunktion, Bra und Ket, Paulimatrizen
und dergleichen vertraut sind. Auch rudimentäre
Kenntnisse über Quantencomputer werden voraus-
gesetzt (Qubit, Gatter, ...).
1 Einleitung
Die Quantenphysik befindet sich seit einigen Jahrzehn-
ten in einer Phase, die gemeinhin als zweite Quan-
tenrevolution bezeichnet wird. Durch Fortschritte in
der Messtechnik können quantenphysikalische Phä-
nomene, die zunächst nur indirekt nachweisbar wa-
ren, nun direkt beobachtet werden. Mehr noch: Es
werden
Ideen
formuliert und umgesetzt, die bizarre
Phänomene wie Superposition und Verschränkung für
technische
Zwecke
nutzbar machen. Eine dieser tech-
nischen Anwendungen ist der Quantencomputer [1, 2,
3]. Quantencomputer befinden sich trotz intensiver An-
strengungen in Laboren von vielen Firmen und Hoch-
schulen in einem frühen Entwicklungsstadium. Die
zweite Quantenrevolution ist bei weitem nicht abge-
schlossen, sondern in vollem Gang.
Die heute existierenden Quantencomputer sind noch
sehr rudimentär. Forschergruppen auf der ganzen Welt
suchen nach den besten Lösungen für verschiedene
Probleme, die Fortschritte auf dem Weg zu praxistaug-
lichen Quantencomputern derzeit noch behindern.
Eine
der noch oenen Fragen ist, welches physische
System sich zur Realisierung von Qubits am besten
eignet.
Ein vielversprechender Kandidat ist ein Ion, das in
einer Ionenfalle räumlich fixiert wird. Im vorliegen-
den Artikel soll die Quantenphysik des Ionenfallen-
Quantencomputers an einem stark vereinfachten Ionen-
modell ausführlich dargestellt werden. Der Quanten-
eekt, der im ersten Teil zum Thema 1-Qubit-Gatter
zur Anwendung kommt, ist die Superposition
| i=
a|0i+b|1i
der beiden logischen Basiszustände
|0i
und
|1i
. Im zweiten Teil (2-Qubit-Gatter am Beispiel des
CNOT-Gatters) kommt der Verschränkungseekt hin-
zu. Die hier vorliegende Darstellung ist inspiriert von
B. Zygelman [2].
Das in diesem ersten Teil des Artikels beschrieb-
ene Szenario ist das Folgende: Ein Ion wird in einer
Ionenfalle
festgehalten und wird zunächst durch Küh-
len in seinen energetischen Grundzustand gebracht.
Dem Grundzustand wird der logische Qubit-Zustand
|0i
zugeordnet. Ein Quantengatter hat die Aufgabe,
diesen Zustand in einen bestimmten wohldefinier-
ten Überlagerungszustand mit einem energetisch an-
Ionenfallen-Quantencomputer: Teil 1
geregten Zustand zu überführen. Beim Ionenfallen-
Quantencomputer wird dies erreicht, indem das Ion
einer Laserstrahlung ausgesetzt wird. Um den vorge-
gebenen Überlagerungszustand zu erzeugen, muss die
Strahlung sehr genau definierte Eigenschaften hinsicht-
lich Ausbreitungsrichtung, Wellenlänge bzw. Frequenz
und Polarisation aufweisen. Auch die Dauer der Be-
strahlung ist essentiell. In den folgenden Abschnitten
wird es darum gehen zu berechnen, wie die Parameter
der Laserstrahlung zu wählen sind, um einen vorgege-
ben Überlagerungszustand des Ions zu erzeugen.
Die Rechnungen sind teilweise etwas mühsam. Leser,
die sie detailliert nachvollziehen wollen, könnten die
Zuhilfenahme eines Computer Algebra Systems (Ma-
thematica©, Maple©, Maxima, ...) hilfreich finden.
2 Das Rotormodell
Die Qubits sollen also mittels Ionen realisiert wer-
den. Um die quantenphysikalische Behandlung des
Systems so einfach wie möglich zu halten, soll als Qubit
ein Ion, bestehend aus einem positiv geladenen Kern
und einem einzigen, negativ geladenen Elektron, ver-
wendet werden. Im Rahmen der klassischen, nicht-
quantenphysikalischen Beschreibung wird außerdem
angenommen, dass das Elektron den Kern des Ions
im festen Abstand
R
umkreist (‚Modell des starren
Rotors1).
Im hier betrachteten Fall handelt es sich um ein
mechanisches System aus zwei Massepunkten, welche
durch eine starre und masselos gedachte Achse fest
verbunden sind (Abbildung 1). Da die Masse des Kerns
M
das mehrtausendfache der Masse des Elektrons
m
beträgt, fällt der Schwerpunkt des Systems nahezu mit
dem Schwerpunkt des Kerns zusammen. Der System-
schwerpunkt wird als ruhend angenommen. Die Bewe-
gung des Elektrons sei auf die
xy
-Ebene des verwen-
deten Koordinatensystems beschränkt. Unter diesen
Bedingungen ist die einzig verbleibende Bewegungs-
möglichkeit eine Rotationsbewegung des Elektrons um
den Koordinatenursprung. Die Winkelgeschwindigkeit
!
ist mit dem Betrag der Geschwindigkeit
v:= |~v|
durch
v=R!
verknüpft. Die Umlaufrichtung des Elek-
trons (im Uhrzeigersinn/entgegen dem Uhrzeigersinn)
soll durch negative/positive Werte von
!
ausgedrückt
werden.
Nach den Gesetzen der klassischen Physik sind für
die Winkelgeschwindigkeit beliebige Werte erlaubt
(
1 !1
)
2
. Die Energie des Rotors lässt sich
in der Form
E=Erot =1
2J!2
ausdrücken (vgl. [4], Abschnitt 1.4.1). Dabei bezeich-
net
J
das Massenträgheitsmoment, das im vorliegen-
den Fall durch
J=mR2
gegeben ist. Oenbar kann
1auch ‚Modell des starren Rotators
2Wir betrachten den nichtrelativistischen Fall.
Abbildung 1: Schematische Darstellung eines Rotors. Das
Elektron bewegt sich im festen Abstand
R:= |~r|=const
um
den Koordinatenursprung.
die Energie beliebige nichtnegative Werte annehmen
(
0Erot 1
). Da die Bewegung des Elektrons auf
die
xy
-Ebene beschränkt ist, zeigt der Drehimpuls
~
L
in die
z
-Richtung. Für die entsprechende Drehimpuls-
komponente gilt
Lz=J!.
Für den Übergang zur Quantenphysik wird die Ha-
miltonfunktion, d. h. die Energie, ausgedrückt durch
die kanonischen Variablen, benötigt. Im vorliegenden
Fall hängt die Energie vom kanonischen Impuls
Lz
,
nicht aber von der kanonischen Koordinate (das wäre
hier der Drehwinkel ) ab:
Erot =1
2(J!)!=L2
z
2J
und folglich
H(Lz)= L2
z
2mR2.
Der zugehörige Hamiltonoperator hat also die Form
3
H(Lz)= 1
2mR2L2
z.(1)
Ein Operator
A
bildet einen quantenmechanischen
Zustand | igemäß
|i=A| i(2)
auf einen Bildzustand |iab. Die zugehörige Ortsdar-
stellung dieser Gleichung ergibt sich durch Bildung des
Skalarprodukts
hx|i=hx|A| i
(
|xi
ist ein Eigenzustand des Ortsoperators
x
). Für den
zum Ortsoperator korrespondierenden Impulsopera-
tor
px
lässt sich zeigen, dass sich die Wellenfunktion
3
Wir werden für quantenphysikalische Operatoren durchgehend
fettgedruckte Formelzeichen verwenden.
Seite 2 von 11
Ionenfallen-Quantencomputer: Teil 1
(x)=hx|i
des Bildzustands aus der
x
-Ableitung
der Wellenfunktion
(x)=hx| i
des Zustands
| i
berechnen lässt (vgl. [5] Abschnitt 1.7, [6] §25):
hx|px| i=i~@
@xhx| i
(
~
reduziertes Plancksches Wirkungsquantum,
i
imagi-
näre Einheit).
Für die Drehbewegungen, und damit auch für den
oben diskutierten Fall des Rotors, gilt eine analoge
Beziehung. Sie lautet (vgl. [5] Abschnitt 3.6, [6] §26)
h|Lz| i=i~@
@✓ h| i
(
|i
ist ein Eigenzustand des Winkeloperators
). In
der Ortsdarstellung lässt sich der Hamiltonoperator
des Rotors also in der Form
h|H| i=~2
2mR2
@2
@✓2h| i
schreiben (vgl. [5] Abschnitt 1.7).
Nun sollen die quantenphysikalisch erlaubten Mess-
werte von Drehimpuls und Energie bestimmt werden.
Dazu sind jeweils die Eigenwerte des entsprechenden
Operators zu bestimmen. Für die
z
-Komponente des
Drehimpulses lautet die Eigenwertgleichung in der
Ortsdarstellung
i~@
@✓ ()=Lz ()
(
()=h| i
). Die Lösung dieser Dierenzialglei-
chung ist bekanntermaßen durch
()=c1exp (iLz/~)
gegeben. c1steht für die Integrationskonstante.
Der Drehwinkel
und alle Drehwinkel, die sich von
um ein ganzzahliges Vielfaches von
2
unterscheiden,
bezeichnen den gleichen Ort im Raum. Daher muss
()= (+2⇡`)mit `21,±2,...}
gelten
4
. Aus dieser Bedingung folgt, dass die erlaubten
Werte der z-Komponente des Drehimpulses durch
Lz=`~
gegeben sind. Das Vorzeichen von
`
ist gemäß der
oben eingeführten Konvention mit der Drehrichtung
des Elektrons verknüpft. Die Eigenfunktionen der
z
-
Komponente des Drehimpulses haben insgesamt also
die einfache Form
`()=c1exp (i`✓)mit `21,±2,...}.(3)
Um die erlaubten Energiewerte des Rotors zu berech-
nen, gilt es die zeitunabhängige Schrödingergleichung
H| i=E| i
4
Eine bessere Begründung für die Ganzzahligkeit von
`
findet
sich in [7] Abschnitt 9.3.2
zu lösen. Diese hat für das vorliegende Problem in der
Ortsdarstellung die Form
~2
2mR2
@2
@✓2 ()=E ().(4)
Da der Hamiltonoperator von Formel (1) mit
Lz
kom-
mutiert, sind die Eigenfunktionen aus Gleichung (3)
auch Eigenfunktionen von Gleichung (4). Dabei ist zu
beachten, dass sich Zustände, die sich nur durch den
Umlaufsinn unterscheiden, die gleiche Energie haben.
Die Energieeigenfunktionen sind Überlagerungen die-
ser beiden Drehimpulszustände:
E`()=c2exp (+i`✓)+c3exp (i`✓).(5)
c2
und
c3
sind wieder Integrationskonstanten. Einset-
zen der Lösung in die Dierenzialgleichung liefert die
erlaubten Energiewerte:
E`=(~`)2
2mR2.
Für die Energiedierenz
E`:= E`+1 E`
benach-
barter Energieeigenwerte ergibt sich somit
E`=~2
2mR2(2`+ 1).(6)
Der Abstand benachbarter Energieeigenwerte nimmt
also linear mit der Quantenzahl `zu.
Die Lösung (5) der Dierenzialgleichung (4) kann in
der üblichen Weise in reeller Form geschrieben werden
([8] Abschnitt 2.4):
E`()=c4sin(`✓)+c5cos(`✓).
Im Folgenden soll der spezielle Fall
c5=0
und
`2{+1,+2,...}
(Drehrichtung entgegen dem Uhr-
zeigersinn) betrachtet werden. Aus der Normierungs-
bedingung5
Z2
0
E` E`d=1
ergibt sich die Integrationskonstante c4. Damit:
E`()= 1
psin(`✓).(7)
Die Funktionen
E`()
sind die Ortsdarstellungen der
Energieeigenzustände |E`i. Diese sind orthonormal:
hE`|E`0i=``0
(
``0
Kronecker-Delta). Die Aufenthaltswahrscheinlich-
keiten
E` E`
des Elektrons als Funktion des Dreh-
winkels
sind für
`=1
und
`=2
in Abbildung 2
dargestellt.
Für nicht explizit zeitabhängige Hamiltonoperato-
ren lassen sich aus den stationären Lösungen (7) der
5
E`ist das konjugiert Komplexe zu E`
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Ionenfallen-Quantencomputer: Teil 1
Abbildung 2: Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons
für
`=1
(blau) und
`=2
(orange). Die Wahrscheinlichkeit
entspricht der Länge der Geraden vom Ursprung bis zur
jeweiligen Kurve bei dem entsprechenden Winkel.
zeitunabhängigen Schrödingergleichung (4) durch Su-
perposition beliebige zeitabhängige Zustände bilden:
| (t)i=1
X
l=1
C`|E`iexp (iE`t/~).(8)
Die Koezienten
C`
ergeben sich aus den Anfangsbe-
dingungen ([5] Abschnitt 2.1, [7] Abschnitt 8.1).
3
Anregung durch Laserstrahl-
ung
Für das Folgende wird angenommen, dass sich eine
elektromagnetische Welle entlang der
z
-Achse des Ko-
ordinatensystems ausbreitet. Das Strahlungsfeld wird
von einem Laser erzeugt und fällt senkrecht zur Dreh-
ebene des Elektrons auf das Rotor-Ion. Sein elektrischer
Anteil in der
xy
-Ebene, in der sich das Ion befindet,
sei durch
~
E(t)= ˆ
E(cos(!t+)~ex+ sin(!t)~ey)(9)
beschrieben. Es hängt also von der Zeit, nicht aber vom
Ort (d. h. von
x
oder
y
) ab. U. a. bedeutet dies, dass
der Durchmesser des Laserstrahls wesentlich größer
als der Durchmesser der Umlaufbahn des Elektrons ist.
Die magnetische Feldkomponente wird vernachlässigt.
In Abbildung 3 ist der zeitliche Verlauf des elektri-
schen Felds für verschiedene Werte von veranschau-
licht. Dargestellt ist die Bahn der Spitze des Vektors
~
E(t)
, der an einem beliebigen Punkt in der
xy
-Ebene
angeheftet ist. So ist z. B. für den Fall
=0
leicht einzu-
sehen, dass es möglich ist, die Richtungen von
~
E(t)
mit
der Richtung des Geschwindigkeitsvektors des Elek-
trons
~v(t)
während des gesamten Umlaufs in Überein-
stimmung zu bringen. Voraussetzung hierfür ist, dass
!
und die Winkelgeschwindigkeit des Elektrons, sowie
die zeitliche Phasenlage der beiden Vektoren überein-
stimmen. Gegebenenfalls erfährt das Elektron unter
der Wirkung des Felds eine konstante Beschleunigung
und seine Energie nimmt stetig zu
6
. Die Kreisfrequenz
!
muss hierbei ständig der Kreisfrequenz des Elek-
trons angepasst werden. Für
=/2
erfolgt unter
den passenden Bedingungen immerhin noch eine Be-
schleunigung in einem periodischen Rhythmus. Die
Beschleunigung ist hierbei für die Drehwinkel
/4
und
3/4maximal.
Abbildung 3: Die Bahn der Spitze des Feldstärkevektors über
eine Periode
T=2/!
für
=0
,
=/4
,
=/2
(von
links nach rechts).
Die Überlegungen des vorigen Abschnitts waren rein
klassischer Natur. Im Folgenden soll es darum gehen,
welche Aussagen die Quantenphysik bezüglich der An-
regung von Rotor-Ionen mittels Laserstrahlung macht.
Wir wollen voraussetzen, dass sich das Rotor-Ion
im Grundzustand
|E1i
befindet. Dies kann z. B. durch
Kühlen erreicht werden. Seine Energie ist
E1=~2
2mR2.
Ein Anregung des Ions ist nur dann möglich, wenn
die Kreisfrequenz der Strahlung der Resonanzbedin-
gung
!=(E`0E`)/~
genügt. Für energetisch be-
nachbarte Niveaus lässt sich diese in der Form
!=!`:= E`
~(10)
ausdrücken. Um vom Grundzustand in den ersten an-
geregten Zustand
|E2i
zu gelangen, ist also die Kreis-
frequenz der Laserstrahlung auf den Wert
!1=3~
2mR2.(11)
einzustellen. Da wegen Gleichung (6) die Energiedie-
renzen von
`
abhängen, wird die Strahlung das ange-
regte Ion nicht in den nächsthöheren Energiezustand
|E3i
heben. Stattdessen wird das Ion durch stimulierte
Emission und spontane Emission in den Grundzustand
zurückkehren (vgl. [7] Abschnitte 19.3 und 19.4). Es
folgt eine erneute Absorption der Strahlung; das Sys-
tem schwingt zwischen den Zuständen
|E1i
und
|E2i
ständig hin und her (Rabi-Oszillationen).
Solange die Kreisfrequenz der Laserstrahlung auf
dem Wert
!1
gehalten wird, sind an allen Prozessen
nur die beiden niedrigsten Energiezustände beteiligt.
6
Genauer gesagt, müssen wegen der negativen Ladung des Elek-
trons die Richtungen der beiden Vektoren entgegen gerichtet sein.
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Ionenfallen-Quantencomputer: Teil 1
Ein allgemeiner zeitabhängiger Zustand wird anstelle
von Gleichung (8) durch
| (t)i=C1|E1iexp (iE1t/~)
+C2|E2iexp (iE2t/~)(12)
beschrieben. Damit kann nun endlich der Brücken-
schlag zum Thema ‚Quantencomputer‘ erfolgen: Die
beiden Energiezustände
|E1i
und
|E2i
werden als lo-
gische Qubit-Zustände
|0i
und
|1i
verwendet. Daher
schreiben wir im Folgenden
|bi
bzw.
|b0i
mit
b, b02
{0,1}anstelle der Kets |E`imit `2{1,2}.
4 Matrixdarstellung
In der Quantenphysik werden Zweizustandssysteme
am zweckmäßigsten in der Matrixdarstellung beschrie-
ben. Diese ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Ein
allgemeiner Zustand eines Zweizustandssystems hat
die Form
| i= 0|0i+ 1|1i.(13)
Werden die komplexen Entwicklungskoezienten
0
und 1in einem Spaltenvektor
= 0
1
zusammengefasst, so repräsentieren die Spaltenvekto-
ren
1
0bzw. 0
1
oenbar die Qubit-Zustände |0ibzw. |1i.
Eine lineare Abbildung von dem in Formel (2) dar-
gestellten Typ korrespondiert zu einem linearen Glei-
chungssystem
=A bzw. b0=
1
X
b=0
Ab0b b(14)
mit einer 22-Matrix
A=A00 A01
A10 A11 .
Das Gleichungssystem ist die Repräsentation von For-
mel (2) in der durch
|0i
und
|1i
definierten Basis. Dem
Zustand |iist der Spaltenvektor
=0
1.
zugeordnet.
Mit Hilfe der Vollständigkeitsrelation für den redu-
zierten Zustandsraum
1=
1
X
b=0 |bihb|
ergibt sich
| i=
1
X
b=0 |bihb| i.
Der Vergleich mit Formel (13) liefert die Entwicklungs-
koezienten des Zustandsvektors
| i
in der gewählten
Basis:
0=h0| iund 1=h1| i
(für |ianalog).
Die Matrixelemente
Ab0b
des Operators
A
werden
mit der gleichen Vorgehensweise bestimmt:
hb0|i=hb0|A| i
=
1
X
b=0 hb0|A|bihb| i.
Der Vergleich mit Formel (14) liefert
Ab0b=hb0|A|bi.
Die drei Paulimatrizen
x=01
10
,
y=0i
i0
und
z=10
01
sind, neben der Einheitsmatrix
1 = 10
01
,
in der Quantenphysik im Allgemeinen und im Folgen-
den wichtig.
5
Bloch-Kugel und Drehmatrizen
Einen allgemeinen Zustand haben wir oben in der Form
| i= 0|0i+ 1|1i
geschrieben. Den komplexen Koef-
fizienten
0=u0+iv0
und
1=u1+iv1
entsprechen
vier Freiheitsgrade. Die reellen Zahlen
u0
,
u1
,
v0
und
v1spannen einen 4-dimensionalen Raum auf.
Aus den beiden Koezienten
0
und
1
lassen sich
gemäß
Pb=| b|2
die Wahrscheinlichkeiten für das
Auftreten der zugehörigen Basiszustände
|bi
gewinnen,
wenn an dem Qubit eine Messung vorgenommen wird.
Dies setzt voraus, dass der Zustande
| i
normiert ist:
| 0|2+| 1|2=u2
0+v2
0+u2
1+v2
1=1
. Von den vier
Freiheitsgraden sind also nur drei unabhängig.
Alle Zustände, die sich nur um einen Phasenfaktor
ei'
unterscheiden sind physikalisch gleichwertig, da die
zugehörigen Wahrscheinlichkeiten
Pb
identisch sind.
Daher lässt sich die Zahl der Freiheitsgrade noch weiter
verringern, indem
'
auf einen beliebigen Wert festge-
legt wird.
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Ionenfallen-Quantencomputer: Teil 1
Ohne auf die Details einzugehen halten wir fest, dass
ein allgemeiner Zustand in der Form
| i= cos(/2) |0i+e
isin(/2) |1i
geschrieben werden kann (
0<2
,
0<
)
7
.
Die beiden reellen Größen
und
können als Ku-
gelkoordinaten in einem 3-dimensionalen, abstrakten
Zustandsraum interpretiert werden. Dem Zustand
| i
ist der Ort
~
b= (cos sin ,sin sin ,cos )T
auf der
Oberfläche der Einheitskugel in diesem Raum eindeu-
tig zugeordnet (vgl. Abbildung 4)
8
. Diese Kugel ist
unter dem Namen Bloch-Kugel bekannt; der Einheits-
vektor ~
bheißt Bloch-Vektor.
Abbildung 4: Die Bloch-Kugel. Der Nordpol entspricht dem
Zustand
|0i
, der Südpol dem Zustand
|1i
. Ein beliebiger
Punkt auf der Kugeloberfläche entspricht einem Überlage-
rungszustand
| i=cos(/2) |0i+e
isin(/2) |1i
. Beachte:
Die Kugel ist in den Zustandsraum, und nicht in den physi-
kalischen Raum, eingebettet!
Eine in diesem Zusammenhang interessante und
wichtige Rolle spielt die Matrix (vgl. [3] Abschnitt 4.2)
Rz()=exp(i
z/2) .
Die Exponentialfunktion einer Matrix ist über die Po-
tenzreihenentwicklung definiert, im vorliegenden Fall
also über
exp (i
z/2)
=1i/2z(/2)2
2! 2
z+i(/2)3
3! 3
z+... .
Es ist ein Leichtes, sich davon zu überzeugen, dass
2
z=1ist. Damit ergibt sich
Rz()=11(/2)2
2! +...
iz/2(/2)3
3! +...
=1cos (/2) izsin (/2)
7Näheres findet sich in [2] Abschnitt 2.1.2
8Das hochgestellte T bezeichnet den transponierten Vektor.
und folglich
Rz()=
cos (/2) isin(/2) 0
0 cos (/2) + i sin (/2)
=exp (i/2) 0
0exp(+i/2) .(15)
Angenommen der Zustand
| i
wird auf der Oberflä-
che der Bloch-Kugel durch einen Punkt repräsentiert,
dessen Azimutwinkel
und dessen Polarwinkel
ist.
Der korrespondierende Spaltenvektor sei
. Die Anwen-
dung der Matrix
Rz()
auf
bewegt den zugeordneten
Punkt auf dem Breitenkreis zum Azimutwinkel
+
.
Der Polarwinkel
ändert sich nicht.
Rz()
bewirkt also
eine Drehung um die
z
-Achse des Zustandsraums. Wir
bezeichnen
daher als Drehwinkel. Es ist einleuchtend
und mit Hilfe von Formel (15) leicht nachzurechnen,
dass Rz()die zu Rz()inverse Matrix ist:
R1
z()=Rz().(16)
Üblicherweise beginnen Rechnungen auf einem
Quantencomputer mit Qubits im Grundzustand (am
Nordpol der Bloch-Kugel). Wird die Drehmatrix
Rz()
auf den diesen Zustand repräsentierenden Spaltenvek-
tor angewendet, passiert oenbar gar nichts. Es gibt
aber außer der bisher diskutierten Matrix
Rz
auch Ma-
trizen, die eine Drehung um die
x
, bzw.
y
-Achse bewir-
ken:
Rx()=exp(i
x/2)
=cos (/2) isin(/2)
isin(/2) cos (/2)
und
Ry()=exp
i
y/2
=cos (/2) sin (/2)
sin (/2) cos (/2) .
Ausgehend vom Nordpol der Bloch-Kugel, ist durch
aufeinanderfolgende Anwendung von zwei der drei
Drehmatrizen
Rx
,
Ry
und
Rz
jeder Punkt auf der Ober-
fläche der Bloch-Kugel erreichbar.
Die Drehmatrizen werden im nächsten Abschnitt
eine wichtige Rolle spielen.
6 Qubit-Dynamik
6.1 Der freie Rotor
Wird das in Abschnitt 4 beschriebene Vorgehen auf die
zeitabhängige Schrödingergleichung
i~@
@t| (t)i=H| (t)i,
angewendet, ergibt sich das lineare Dierenzialglei-
chungssystem
i~˙
(t)=H (t).(17)
Seite 6 von 11
Ionenfallen-Quantencomputer: Teil 1
Die Gleichungen (17) und (14) sind mit der Zuordnung
$i~˙
(t)
,
A$H
und
$ (t)
formal identisch.
Der Punkt über dem Formelzeichen steht für die Zeita-
bleitung:
˙
(t)= @
@t 0(t)
1(t).
Die Lösung des Dierenzialgleichungssystems be-
stimmt den zeitlichen Verlauf der Wahrscheinlichkei-
ten dafür, bei einer Messung am System den Bitzustand
bzu erhalten:
Pb(t)=|hb| (t)i|2.
Im weiteren Verlauf werden verschiedene Hamilton-
operatoren eine Rolle spielen. Zum Zweck der Unter-
scheidung wird von nun an der Hamiltonoperator aus
Gleichung (1) mit dem Formelzeichen
HR
belegt. ‚R‘
steht hierbei für ‚Rotor‘. Da die beiden Kets
|0i
und
|1i
Eigenzustände von
HR
und orthonormal sind, lässt
sich die Matrix HRsofort explizit angeben:
HR=E10
0E2.
Dieses einfache Ergebnis lässt sich auch umständlicher
darstellen, was sich im weiteren Verlauf als vorteilhaft
erweisen wird:
HR=1
2E1+E20
0E1+E2
+1
2E1E20
0(E1E2).
Unter Verwendung der Einheitsmatrix
1
und der Pauli-
matrix
z
lautet diese Formel in Kompaktschreibweise
HR=1
2(E1+E2)1+1
2(E1E2)z.
Wird diese Matrix bei der Bestimmung der Zeitent-
wicklung des Qubit-Zustands mittels Gleichung (17)
verwendet, stellt sich heraus, dass der zu
1
proportiona-
le erste Term nur einen Phasenfaktor zur Lösung
(t)
beiträgt. Da solche Phasenfaktoren in der Quanten-
physik bedeutungslos sind, kann der erste Term ohne
relevante Konsequenzen einfach weggelassen werden.
Die Matrix, die den Hamiltonoperator (1) repräsentiert,
kann also in der Form
HR=1
2~!1z.(18)
geschrieben werden. Dabei wurde die Energiedierenz
E1E2=E1
mit Hilfe der Gleichungen (10) durch
!1ausgedrückt.
6.2 Der angetriebene Rotor
Die Hamiltonfunktion für die Wechselwirkung eines
Strahlungsfelds mit dem Rotor ist durch einen Dipolan-
satz
HW(, Lz)=e~r·~
E
gegeben (
e
Elementarladung)
9
. Für ein transversal po-
larisiertes Strahlungsfeld, das sich in Richtung der
z
-
Achse ausbreitet, ergibt dies
HW(, Lz)=e(xEx+yEy)
=eR (Excos +Eysin ).
(vgl. Abbildung 1). Speziell für das Feld aus Formel (9)
wird daraus (da Lznicht in HWenthalten ist)
HW()=eR ˆ
E(cos() cos(!t+)
+ sin()sin(!t)).(19)
Der entsprechende Hamiltonoperator ist explizit zeit-
abhängig
HW()=eR ˆ
E(cos() cos(!t+)
+ sin()sin(!t)),
was für die Berechnung der Zeitentwicklung des Sys-
tems später wichtig sein wird. Um die zum Gesamtha-
miltonoperator korrespondierende Matrix
H=HR+
HW
bilden zu können, muss die Matrixdarstellung von
HW()
in der
|bi
-Basis berechnet werden. Die vier
Matrixelemente
hb|HW|b0i
lassen sich mit Hilfe der
Vollständigkeitsrelation
1=Z2
0|ih|d
und Verwendung von10
f(A)|ai=f(a)|ai
bestimmen. Dabei ist
f(A)
eine Funktion des Operators
Aund |aiein Eigenzustand von A. Es gilt
hb|HW()|b0i=Z2
0hb|HW()|ih|b0id
=Z2
0
HW()hb|ih|b0id
=Z2
0
HW()
b() b0()d
(
hb|i=h|bi
). Unter Verwendung der Formeln (7)
und (19) lassen sich die Integrale problemlos berech-
nen. Die resultierende Matrix ist
HW=1
2~cos(!t+)x
=1
2~cos(!t+)(++),(20)
9
Im Sinne der Elektrodynamik ist das zu Beginn von Abschnitt 2
beschriebene Rotor-Ion aus einen elektrischen Monopol und einem
elektrischen Dipol zusammengesetzt. Der Dipol besteht aus einem
Proton im Kern und dem Hüllenelektron. Die restlichen Protonen
bilden den Monopol. Höhere Ordnungen in der Multipolentwicklung
der Energie der Ladungsverteilung in einem externen elektrischen
Feld sind von untergeordneter Bedeutung (vgl. [9] Abschnitt 4.2).
Die Beschleunigung, die der vergleichsweise massereiche Monopol
im hochfrequenten Laserfeld erfährt, wird vernachlässigt.
10
Diese Beziehung lässt sich mittels der Potenzreihenentwicklung
der Funktion fleicht beweisen.
Seite 7 von 11
Ionenfallen-Quantencomputer: Teil 1
mit
:=eˆ
ER/~
. Hierbei wurden außerdem die Ma-
trizen
=01
00
und +=00
10
eingeführt. Die Aufteilung der Paulimatrix
x
in die
zwei Terme
+
und
scheint hier willkürlich, ist für
das Folgende aber notwendig.
6.3 Produktansatz
Nun muss das Dierenzialgleichungssystem (17) gelöst
werden
11
. Eine exakte Lösung ist nicht bekannt, wohl
aber gibt es eine gute Näherungslösung. Diese beruht
auf einem Produktansatz der Form12
(t)=R1
z(!1t) W(t).(21)
Wie in Abschnitt 5 erläutert, bewirkt
Rz()
, angewen-
det auf einen Spaltenvektor, eine Rotation des Spalten-
vektors um die
z
-Achse des Zustandsraums. Im vorlie-
genden Fall ist der Drehwinkel
proportional zur Zeit
und die Winkelgeschwindigkeit der Rotation ist
!1/213
.
Gemäß Gleichung (16) bewirkt
R1
z(!1t)
eine Rota-
tion mit im Vergleich zu
Rz(!1t)
entgegengesetzter
Umlaufrichtung.
Bei Verwendung des Produktansatzes im Dieren-
zialgleichungssystem (17) wird die Zeitableitung von
(t)
benötigt. Mit Formel (15) und der Produktregel
ergibt sich
˙
(t)= ˙
R1
z(!1t) W(t)+R1
z(!1t)˙
W(t)
=i
!1
2zR1
z(!1t) W(t)
+R1
z(!1t)˙
W(t).(22)
Einsetzen der rechten Seiten der Formeln (21) und
(22) in das Gleichungssystem (17) mit
H=HR+HW
ergibt
1
2~!1zR1
z W+i~R1
z˙
W
=HRR1
z+HWR1
z W.(23)
Daraus wird, nach Multiplikation mit 14
Rz(!1t)=exp(i!1t
z/2)
von links,
1
2~!1RzzR1
z W+i~˙
W
=RzHRR1
z+RzHWR1
z W.(24)
11
Da der Hamiltonoperator des Systems zeitabhängig ist, funktio-
niert das am Ende von Abschnitt 2 dargestellte Verfahren mittels
Superposition von Eigenzuständen nicht ([5] Abschnitt 2.1).
12
Der Ansatz entspricht dem Dirac- oder Wechselwirkungsbild der
Quantenphysik ([5] Abschnitt 5.5, [7] Abschnitt 19.1).
13
Bei Berücksichtigung des in Gleichung (18) vernachlässigten
Terms ist die Winkelgeschwindigkeit entsprechend größer.
14vgl. Gleichung (16)
Wegen
RzHRR1
z=1
2~!1RzzR1
z
(vgl. Formel (18)) heben sich die beiden ersten Terme
auf den beiden Seiten von Gleichung (24) weg. Durch
explizites Ausrechnen ergibt sich
Rz()±R1
z()=exp(±i2)±.(25)
Unter Ausnutzung der Gleichungen (20) und (25) wird
das Dierenzialgleichungssystem (24) zu
i~˙
W(t)=1
2~cos(!+)e+i!1t+
+ei!1t W(t).(26)
Nun verwenden wir noch die Darstellung der Kosi-
nusfunktion mittels Eulerscher Formel und erhalten
cos (!t+)=1
2he+i(!t+)+e
i(!t+)i
=1
2e+ie+i!t+e
iei!t.
Damit kann der auf der rechten Seite von Gleichung
(26) auftretende Faktor umformuliert werden zu
2 cos(!+)e+i!1t++e
i!1t(27)
=e
+ie+i(!+!1)t++e
+ie+i(!!1)t
+eiei(!!1)t++e
iei(!+!1)t.
6.4 Rotating Wave Approximation
Als nächstes wollen wir untersuchen was passiert, wenn
sich die Kreisfrequenz des Lasers der Resonanzfrequenz
des Rotorübergangs annähert:
!!!1
. Es ist physi-
kalisch klar, dass in diesem Fall die Amplituden der
resonanten Terme (Terme die
!!1
enthalten) groß
werden. Die nichtresonanten Terme (das sind die Ter-
me, die
!+!1
enthalten) verlieren an Bedeutung und
können vernachlässigt werden (Rotating Wave Approx-
imation (RWA), vgl. [10] Abschnitt 4.2). In dieser Nä-
herung wird nun der Resonanzfall
!=!1
betrachtet.
Gleichung (27) wird zu
2 cos(!1+)e+i!1t++e
i!1t
e+i+e
i+.
Das mit der RWA vereinfachte Dierenzialglei-
chungssystem (26)
i˙
W(t)=1
4e+i+e
i+ W(t).
ist leicht zu lösen. Die Lösung lässt sich in der Form
W(t)=UW(t) W(0) (28)
mit
UW(t):=cos (t/4) ieisin (t/4)
ieisin (t/4) cos (t/4)
Seite 8 von 11
Ionenfallen-Quantencomputer: Teil 1
ausdrücken.
Unsere Aufgabe ist die Bestimmung von
(t)
. Die-
ser Spaltenvektor ergibt sich mit Gleichung (21) und
Formel (28) zu
(t)=R1
z(!1t)UW(t) W(0).
Oenbar gilt
W(0) = (0)
und damit sind wir am Ziel:
(t)=U(t) (0)
mit
U(t):=R1
z(!1t)UW(t)
. In Matrixform ergibt sich
U(t)= (29)
ei!1t/2cos (t/4) iei(!1t/2+)sin (t/4)
iei(!1t/2+)sin (t/4) ei!1t/2cos (t/4) .
Dieselbe Matrix lässt sich, wie in Abschnitt 5 be-
hauptet, durch aufeinanderfolgende Anwendung zwei-
er Drehmatrizen erhalten. Eine von mehreren Möglich-
keiten hierfür lautet
U(t)=Rz(3)Ry(2)Rz(1)
mit
1=+/2,(30)
2=t/2,(31)
3=(!1t++/2).(32)
7 1-Qubit-Gatter
Die Matrix
U(t)
aus Formel (29) erlaubt es zu berech-
nen, welche Wirkung das Strahlungsfeld aus Formel
(9) auf den Zustand eines Qubits hat. Das hängt aber
oenbar von den gewählten Parametern ab. Die Kreis-
frequenz
!
ist in jedem Fall durch die Eigenschaften
des Rotors auf den Wert
!1
festgelegt. Um eine be-
stimmte Wirkung des Felds auf das Qubit zu bewirken
(also ein Gatter zu realisieren), bleiben somit die Para-
meter
ˆ
E
,
und die Bestrahlungsdauer
t
. Dies soll nun
abschließend an zwei wichtigen Gattern exemplarisch
demonstriert werden.
7.1 Quanten-NOT-Gatter
Quantengatter werde über ihre Wirkung auf die Basis-
zustände
|0i
und
|1i
definiert [1]. Das erste Beispiel,
an dem wir unser mühsam erkämpftes Ergebnis aus
Formel (29) testen wollen, ist das Quanten-NOT-Gatter.
Der zugehörige Operator Xist durch
X|0i=|1iund X|1i=|0i
definiert. Daraus ergibt sich die Wirkung auf den allge-
meinen Zustand | i= 0|0i+ 1|1i
|i=X| i=X( 0|0i+ 1|1i)
= 0X|0i+ 1X|1i,
d. h.
|i= 1|0i+ 0|1i
(Vertauschung der Koezienten).
Die zu | iund |igehörigen Spaltenvektoren sind
= 0
1und = 1
0.
Es ist leicht einzusehen, dass die Beziehung
=X
durch die Matrix
X=x=01
10
bewirkt wird. Um die entsprechenden Parameter des
Laserstrahlungsfelds zu erhalten, können wir die Ma-
trix aus Formel (29) mit
X
vergleichen. Wir beginnen
links oben:
U00(t)=e
i!1t/2cos (t/4) = 0.
Da
ei!1t/26=0
muss
cos (t/4) = 0
gelten. Die ein-
fachste Lösung dieser Gleichung ist t/4=/2, also
t=tX=2~
eˆ
ER.
Aus dem Vergleich von
U(t)
und
X
folgt weiterhin
U01 =U10 und, nach Kürzen des Sinusfaktors,
!1
+=!1
+.
Daraus ergibt sich
=X=!1
=3~2
2em ˆ
ER3.
Werden die Ergebnisse für
t
und
in die Matrix aus
Formel (29) eingesetzt, ergibt sich
U(tX)=i01
10
=iX .
Wird der Rotor also für die Dauer
tX
mit dem Laser
bestrahlt, ist die Wirkung auf das zugeordnete Qubit
bis auf einen Phasenfaktor
i
die eines Quanten-NOT-
Gatters, wenn für die Phasenverschiebung
der Wert
X
eingestellt wird. Da Phasenfaktoren keine physi-
kalisch nachweisbaren Wirkungen haben ist es also
gelungen, das gewünschte Gatter zu konstruieren.
Für die Drehwinkel gemäß Gleichungen (30) - (32)
ergibt sich im Übrigen
1=X+/2,
2=,
3=X/2.
Wir betrachten hierzu zwei Beispiele:
Beispiel 1. Der Ausgangszustand sei
| i=|0i
. Der
zugehörige Bloch-Vektor ist
~
b=(0,0,1)T
. Nach Anwen-
dung des Gatters wird daraus der Zustand
|1i
mit dem
Bloch-Vektor
~
b0=(0,0,1)T
. Der Wirkung des Gatters
entsprechen Drehungen
Seite 9 von 11
Ionenfallen-Quantencomputer: Teil 1
1.
um die
z
-Achse (bei diesem Anfangszustand ohne
Wirkung, daher ~
b!~
b),
2.
um die
y
-Achse (Drehwinkel
2=
, d. h.
~
b!
~
b0),
3.
um die
z
-Achse (bei diesem Zwischenzustand ohne
Wirkung, d. h. ~
b0!~
b0).
Beispiel 2. Der Ausgangszustand sei jetzt
| i=1
p2(|0i+
|1i)
. Der zugehörige Bloch-Vektor ist
~
b=(1,0,0)T
.Wie
oben erwähnt, vertauscht das Gatter die Koezienten.
Da diese gleich sind, ändert sich der Zustand unter der
Wirkung des Gatters nicht. Der Einfachheit soll voraus-
gesetzt werden, dass das Strahlungsfeld näherungsweise
durch X=0beschrieben werden kann (!1).
Folgende Drehungen sind auszuführen:
1.
Um die
z
-Achse, Drehwinkel
2=/2
(der Bloch-
Vektor wird zu (0,1,0)T),
2.
um die
y
-Achse (bei diesem Zwischenzustand ohne
Wirkung),
3.
um die
z
-Achse, Drehwinkel
3=/2
: Der Bloch-
Vektor wird wieder zu (1,0,0)T.
Es zeigt sich in beiden Beispielen, dass der Drehwin-
kelformalismus mit unseren Erwartungen konsistent
ist.
7.2 Hadamard-Gatter
Das Vorgehen beim sehr häufig verwendeten Hada-
mard-Gatter
G
ist analog
15
. Die Definition des Gatters
mittels der beiden Basiszustände lautet
G|0i=1
p2(|0i+|1i)und
G|1i=1
p2(|0i|1i).
Daraus folgt für den allgemeinen Zustand | i
|i=G| i=G( 0|0i+ 1|1i)
= 0G|0i+ 1G|1i
= 0
p2(|0i+|1i)+ 1
p2(|0i|1i)
d. h.
|i= 0+ 1
p2|0i+ 0 1
p2|1i.
Die zu | iund |igehörigen Spaltenvektoren sind
= 0
1und =1
p2 0+ 1
0 1
und die zu Gkorrespondierende Matrix ist
G=1
p211
11.
15
Zur Vermeidung von Verwechslung mit einem Hamiltonoperator
verwenden wir das Symbol G.
Diese Matrix ist wieder mit derjenigen aus Formel
(29) zu vergleichen. Wir beginnen mit der Hauptdia-
gonalen. Dort muss U11 =U00 gelten und folglich
ei!1t/2cos (t/4) = ei!1t/2cos (t/4) .
Nach Kürzen des Kosinusfaktors und Verwendung von
1=e
i
ergibt sich
!1t/2=!1t/2
. Das liefert die
Bestrahlungszeit
t=tG=2mR2
3~.
Die Argumentation für die Gegendiagonale verläuft
ähnlich. Dort gilt U10 =U01 und daher
iei(!1tG/2+)sin (tG/4) = iei(!1tG/2+)sin (tG/4) .
Nach dem Kürzen gemeinsamer Faktoren lässt sich die
Phasenverschiebung des Hadamard-Gatters angeben:
=G=
2
(linear polarisierte Welle, vgl. Abbildung 3).
Eine weitere Gleichung lautet
U00 =U01
. Explizit
bedeutet dies
ei!1tG/2cos (tG/4) = iei(!1tG/2+G)sin (tG/4) .
Nach Kürzen und Verwendung von i=e
i/2bleibt
cos (tG/4) = sin (tG/4) .
Diese Gleichung ist für
tG/4=/4
erfüllt. Nach
Einsetzen von tGfolgt =!1oder
ˆ
E=ˆ
EG=3~2
2emR3.
Vorsichtshalber machen wir noch die Probe und fin-
den durch Einsetzen von
tG
,
G
und
!1
für
in Formel
(29)
U(tG)= i
p211
11=iG.
Das ist bis auf den physikalisch irrelevante Phasenfak-
tor idas gewünschte Ergebnis.
Abschließend soll auch für das Hadamard-Gatter der
Formalismus entsprechen den Gleichungen (30) - (32)
betrachtet werden. Für die Drehwinkel ergeben sich
folgende Werte:
1=0,
2=/2,
3=.
Wir beschränken uns auf ein Beispiel:
Beispiel 3. Der Ausgangszustand sei wieder
| i=|0i
mit Bloch-Vektor
~
b=(0,0,1)T
. Nach Anwendung des
Hadamard-Gatters wird daraus der Zustand
1
p2(|0i+|1i)
mit dem Bloch-Vektor
~
b0=(1,0,0)T
. Der Wirkung des
Gatters entsprechen Drehungen
Seite 10 von 11
Ionenfallen-Quantencomputer: Teil 1
1.
um die
z
-Achse (wegen Drehwinkel
1=0
ohne
Wirkung, d. h. ~
b!~
b),
2.
um die
y
-Achse (Drehwinkel
2=/2
, d. h.
~
b!
~
b0),
3.
um die
z
-Achse (Drehwinkel
3=
, d. h.
~
b0!
~
b0).
Auch hier entspricht das Ergebnis unseren Erwartun-
gen.
8 Schlussbemerkung
Wir haben ein wichtiges Etappenziel erreicht, nämlich
die Bestimmung einer allgemeinen Formel zur Kon-
struktion beliebiger 1-Qubit-Gatter. Im zweiten Teil
dieses Artikels soll es um die Konstruktion des CNOT-
Gatters gehen. Das CNOT-Gatter ist ein 2-Qubit-Gatter
von herausragender Bedeutung. Diese rührt daher, dass
durch Kombination von CNOT- und 1-Qubit-Gattern be-
liebige Quantengatter aufgebaut werden können (Uni-
versalität). Am Ende von Teil 2 dieses Artikels stehen
dann also alle Elemente zum Aufbau eines Ionenfallen-
Quantencomputers zur Verfügung. Was dann nur noch
zu tun bleibt, ist die Umsetzung des Konzepts in eine
funktionierende Hardware ;-)
Ich bin sicher, dass der Text noch etliche Tippfehler
enthält. Ich wäre für entsprechende Hinweise und sons-
tige Verbesserungsvorschläge sehr dankbar. Im Rah-
men meiner Möglichkeiten werde ich Fragen per Mail
beantworten (info@berndbaumann.de).
Danksagung
Ich bedanke mich sehr herzlich bei meinem Doktorva-
ter Prof. Dr. Gernot Münster für Fehlerhinweise und
Verbesserungsvorschläge. Ich freue mich sehr darüber,
dass wir fast 40 Jahre nach meiner Promotion noch
freundschaftlich in Verbindung stehen.
Literatur
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Seite 11 von 11
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Book
This book provides an elementary introduction to the subject of quantum optics, the study of the quantum mechanical nature of light and its interaction with matter. The presentation is almost entirely concerned with the quantized electromagnetic field. Topics covered include single-mode field quantization in a cavity, quantization of multimode fields, quantum phase, coherent states, quasi-probability distribution in phase space, atom-field interactions, the Jaynes-Cummings model, quantum coherence theory, beam splitters and interferometers, dissipative interactions, nonclassical field states with squeezing etc., 'Schrödinger cat' states, tests of local realism with entangled photons from down-conversion, experimental realizations of cavity quantum electrodynamics, trapped ions, decoherence, and some applications to quantum information processing, particularly quantum cryptography. The book contains many homework problems and an extensive bibliography. This text is designed for upper-level undergraduates taking courses in quantum optics who have already taken a course in quantum mechanics, and for first and second year graduate students.
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Part I. Fundamental Concepts: 1. Introduction and overview; 2. Introduction to quantum mechanics; 3. Introduction to computer science; Part II. Quantum Computation: 4. Quantum circuits; 5. The quantum Fourier transform and its application; 6. Quantum search algorithms; 7. Quantum computers: physical realization; Part III. Quantum Information: 8. Quantum noise and quantum operations; 9. Distance measures for quantum information; 10. Quantum error-correction; 11. Entropy and information; 12. Quantum information theory; Appendices; References; Index.
Quantencomputer -Ein erster Einblick fast ohne Mathematik
  • Bernd Baumann
Bernd Baumann. "Quantencomputer -Ein erster Einblick fast ohne Mathematik". 2022. : https : / / www. researchgate. net / publication / 357602188 _ Quantencomputer.
Atomphysik und Quantenmechanik
  • Werner Döring
Werner Döring. Atomphysik und Quantenmechanik. De Gruyter Lehrbuch. Berlin: De Gruyter, 2011.
Klassische Elektrodynamik. 5., überarbeitete Auflage. De Gruyter Lehrbuch
  • John David
John David Jackson. Klassische Elektrodynamik. 5., überarbeitete Auflage. De Gruyter Lehrbuch. Berlin ; De Gruyter, 2014.
!b), 2. um die y-Achse (Drehwinkel 2 = ⇡/2, d. h.b ! b0 ), 3. um die z-Achse
  • D H Wirkung
Wirkung, d. h.b !b), 2. um die y-Achse (Drehwinkel 2 = ⇡/2, d. h.b ! b0 ), 3. um die z-Achse (Drehwinkel 3 = ⇡, d. h. b0 ! b 0 ).