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Was privates Wissen über Schüler*innen mit Lehrer*innen macht

Authors:
o(De- oder Re-)Konstruktion in Schüler*innen-
interaktion privates Wissen über Schüler*innen an
Kapital3 orientiert kategorisiert Wissen wird
dichotomisiert
oUnterricht hat grenzüberschreitendes Potenzial
Bildungs-, Erziehungs- und Sozialisationsprozesse
verwischen
oaufgeführte Kausalitäts- und (Nicht-)Passungs-
herstellungen im Kontext des Habitussensibilitäts-
konzepts10 betrachten
oTransfer in die Lehrer*innenaus- und weiterbildung,
um unterrichtliche Praxis im Kontext von
Bildungs(un-)gerechtigkeit weiter zu beforschen
oforschungsleitendes Interesse & gegenstandstheoretische
Bezüge: Orientierungen von Gymnasial- & Gesamtschullehrer*innen
zu Bildungs(un-)gerechtigkeit1,2 und sozialer Herkunft3,4 ihrer
Schüler*innen
omethodentheoretische Bezüge: 16 leitfadengestützte Interviews
mit Vignetten5 zu konkreten Schul- und Unterrichtssituationen
ometatheoretische Einordnung: (Lehrer*innen-)Habituskonzept6,7,8
und (Nicht-)Passungsphänomene9
oErgebnisse: 4 Typen, mehrere Vergleichsdimensionen (z.B.:
„Unterrichtliche Praxis“ und „(Re-)Konstruktion von sozialer
Schüler*innenherkunft“)
Fachbereich 03
Institut für Erziehungswissenschaft
Abteilung Schulpädagogik
Katharina Graalmann
kgraalmann@uos.de
0541-969-4204
Bremen, 14.03.2022
Was privates Wissen über Schüler*innen mit Lehrer*innen macht
GRENZÜBERSCHREITUNGSPOTENZIAL IM
UNTERRICHT?
Einordnung der Dissertation:
(Nicht-)Passungen & Lehrer*innenhabitus
oschüler*innenorientierter Typ: beruflicher Alltag wird über
Privatleben gestellt, um sich an Schüler*innenbedürfnissen zu
orientieren und ihnen zu helfen
o stressorientierter Typ: Unwohlsein und externe wie interne
Handlungsunfähgikeit; Belastungsempfinden hemmt routinierte
Unterrichtspraxis
ogrenzorientierter Typ: Freizeitfokus und deutliche Abgrenzung des
Privatlebens von beruflicher Eingebundenheit; ungleichen
Schüler*innen zugewandt, aber Dienst nach Vorschrift, um eigene
Grenzen zu wahren
o wissenschaftsorientierter Typ: wissenschaftlich fundiert und
politisch-externalisierend i.B. auf Bildungs(un-)gerechtigkeit: Schule
selektiert nach Herkunftsmerkmalen
Und nun?
Diskussion und Ausblick
„was die auch i::n Sport für
Sportsachen anhaben; ähm //hmh//
denk ich manchmal ich @bin die
Ärmste@ ((beide lachen)) die da
((räuspern)) die da in den alten
Sportsache rumrennt; […]ich hab mit
einer Mutter telefoniert, […] dass
ihre Tochter die Mädchen wenig
einlädt; ähm (.) weil […] sie denkt bei
uns ist es langweilig. und die Mutter
sagt ich weiß gar nicht wo sie das
hernimmt ä::h wir wohnen hier in-in
Stadtteil C ganz normal“
„diejenigen zu unterstützen die
vielleicht die Unterstützung von
Zuhause nicht bekommen (.) in
Klammern können (.) weil entweder in
Bezug auf Schule dass die Sprache nicht
vorhanden ist (.) weil vielleicht
Prioritäten anders gesetzt werden (.)
weil Eltern vielleicht zwei Jobs haben
und gar keine Zeit haben ihre Kinder zu
unterstützen […] an=nem klassischen
Gymnasium (.) […] wenn das Kind das
nicht kann bekommt=s Nachhilfe oder
Mama setzt sich mit hin
„dann geht=s schon los, was die als Frühstück dabei haben.
wenn Eltern sich kümmern, dann ist da vielleicht=n Apfel bei, -
ne Gurke bei, das Butterbrot ist schön geschmiert mit mit
irgendwelchen gesunden Sachen oder auch mal Nutella
und=n Stückchen Schokolade und andere haben ((atmet ein))
ja essen::e Bifi morgens, bringen:: kalten BigMac mit oder
haben irgendwie diese eingeschweißten
Schokoladencroissants“
1 Giesinger, J. (2007): Was heißt Bildungsungerechtigkeit? In: Zeitschrift für Pädagogik 53
(2007) 3, S. 362-381.
2 Stojanov, K. (2013): Bildungsgerechtigkeit: Rekonstruktionen eines umkämpften
Begriffs. Wiesbaden: Springer VS.
3 Bourdieu , P. (1983): Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital. In:
Kreckel, R. (Hrsg.): Soziale Ungleichheiten. Göttingen: Schwartz, S. 183-198.
4 Bremer, H., Lange-Vester, A. (Hrsg.)(2013): Soziale Milieus und Wandel der
Sozialstruktur. Die gesellschaftlichen Herausforderungen und die Strategien der
sozialen Gruppen. Wiesbaden: Springer VS.
5 Paseka, A., Hinzke, J.-H. (2014): Der Umgang mit Dilemmasituationen Ein Beitrag zu
Fragen der Professionalität von Lehrpersonen und Lehramtsstudierenden. In: Bonnet,
A., Hericks, U. (Hrsg.): ZISU, S. 14-28.
6 Helsper, W. (2018): Lehrerhabitus. Lehrer zwischen Herkunft, Milieu und Profession.
In: Paseka, A., et al. (Hrsg.): Ungewissheit als Herausforderung für pädagogisches
Handeln. Wiesbaden: Springer VS, S. 105-140.
7 Kramer, R.-T., Pallesen, H. (Hrsg.)(2019): Lehrerhabitus. Theoretische und empirische
Beiträge zu einer Praxeologie des Lehrerberufs. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
8 Lange-Vester, A., Vester, M. (2017): Lehrpersonen, Habitus und soziale Ungleichheit in
schulischen Bildungsprozessen. In: Braun, K.-H., et al. (Hrsg.):
Erziehungswissenschaftliche Reflexion und pädagogisch-politisches Engagement.
Wolfgang Klafki weiterdenken. Wiesbaden: Springer VS, S. 159-183.
9 te Poel, K. (2021): Anerkennung und habituelle (Un-)Passung auf der Ebene der
Schüler*innen-Lehrer*innenbeziehung. Rekonstruktionen entlang der
Schüler*innenperspektive. In: PraxisForschungLehrerinnenBildung. Zeitschrift für Schul-
und Professionsentwicklung, S. 63-79.
10 Sander, T. (2014): Habitussensibilität. Eine neue Anforderung an professionelles
Handeln. Wiesbaden: Springer VS.
Literaturangaben
Aus dem empirischen Material:
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Article
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Verhältnisse der Passung und Unpassung in schulischen Kontexten werden bisher insbesondere im „Schulkulturansatz“ (Böhme, Hummrich & Kramer, 2015, S. 12) in ihrer Anerkennungsbedeutsamkeit betrachtet. Im Fokus stehen dabei vornehmlich Passungsverhältnisse zwischen den Anerkennungsordnungen von Schule bzw. der jeweiligen Schulkultur und den habituellen Prägungen von Schüler*innen. Verhältnisse der habituellen Passung und Unpassung auf der Interaktionsebene zwischen Lehrpersonen und Schüler*innen und damit verbundene anerkennungsrelevante Konsequenzen bilden ein Forschungsdesiderat. Mit den Rekonstruktionen in diesem Artikel wird dieses Desiderat bearbeitet. Ausgehend von Ausschnitten aus Protokollen von bildungsbiographischen Interviews mit (ehemaligen) Schüler*innen werden erzählte Unterrichtssituationen und damit verbundene Erfahrungen der Anerkennung und Nicht-Anerkennung aus Schüler*innensicht in den Blick genommen. Mit der Methode der objektiven Hermeneutik werden habituelle Passungen und Unpassungen zwischen Lehrperson und Schüler*in im Kontext der erzählten Situationen rekonstruiert. Dabei wird gezeigt, inwiefern diese habituellen (Un-)Passungen mit Anerkennungserfahrungen auf Schüler*innenseite verbunden sind und welche bildungsrelevanten Konsequenzen das Zusammenspiel hat. Die Ergebnisse werden nicht nur in ein Verhältnis zur Ebene der Schulkultur gesetzt, sondern auch in ihrer Bildungsgerechtigkeitsrelevanz beleuchtet.