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Zur Pluralität des Diskurses um Professionalisierung und Professionalität im Kontext des Lehrer:innenberufs -Einleitung

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Abstract

Der wissenschaftliche Diskurs um „Professionalität und Professionalisierung von Lehrpersonen“ hat sich in den letzten Jahren weiter ausdifferenziert. Vor diesem Hintergrund gibt der Band einleitend einen Einblick in die Pluralität professionstheoretischer Ansätze, in die Vielfalt von methodischen Zugangsweisen und in das Spektrum beforschter Inhalte. Es folgen zwölf empirische Beiträge zu aktuellen Forschungsprojekten, die im Band nach drei Schwerpunktbereichen geordnet werden: „Professionalisierung von Lehramtsstudierenden in Bezug auf das Praxisfeld Schule“, „Auf die Professionalisierung von Lehramtsstudierenden einwirkende Akteur:innen“ und „Professionalisierung und Professionalität von Lehrpersonen im Schulfeld“. Mit dem Band wird das Anliegen verfolgt, den facettenreichen Diskurs um Professionalisierung und Professionalität studienbasiert anzureichern, eine Meta-Perspektive auf die Vielfalt des Diskurses zu ermöglichen sowie zur Reflexion dieser Vielfalt anzuregen. (DIPF/Orig.)
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Jan-Hendrik Hinzke und Manuela Keller-Schneider
Zur Pluralität des Diskurses um
Professionalisierung und Professionalität im
Kontext des Lehrer:innenberufs – Einleitung
1 Phasen des Professionsdiskurses
Im deutschsprachigen, schulpädagogischen Diskus um Professionalisierung und
Professionalität von (angehenden) Lehrpersonen lassen sich verschiedene Phasen
erkennen. In der Phase professionstheoretischer Perspektivierungen in den 1970er
Jahren kam es zu einer kritischen Sichtung der Rolle von Professionellen (Helsper
et al. 2000, S. 5). Fragen der Beteiligung von Lehrpersonen an hegemonialen Nor-
malisierungs- und Disziplinierungsprozessen sowie ematisierungen von Macht,
Herrschaft und Kontrolle standen im Zentrum. Es schloss sich eine nächste Phase
an, in der ab den 1980er Jahren daran gearbeitet wurde, „die Professionen in ih-
rer Ambivalenz theoretisch zu verorten“ (ebd., S. 6). Nach Helsper et al. (ebd.)
gingen diese Bemühungen „mit einer sich ausdierenzierenden empirischen […]
Forschung zu […] Logiken, Konikten und Problemfoki professionellen Han-
delns einher“. Statt Merkmalskataloge aufzustellen, stand spätestens in den 1990er
Jahren die „Rekonstruktion der Logik der professionellen Tätigkeit als einer spe-
zischen und herausgehobenen Strukturvariante beruichen Handelns“ (ebd.) im
Mittelpunkt des Diskurses.
Aus heutiger Sicht lässt sich konstatieren, dass es seit den 2000er Jahren zu einer
den strukturtheoretischen Ansatz ergänzenden weiteren Ausdierenzierung des
Professionsdiskurses im Kontext des Lehrer:innenberufs gekommen ist. Basierend
auf den Ergebnissen internationaler Leistungsuntersuchungen wie PISA, TIMSS
und IGLU wurde mit der Kompetenzorientierung eine Strömung bedeutsam,
die Eingang in den Diskurs um die Professionalität von Lehrpersonen gefunden
hat. Aus dieser Entwicklung gehen Kontroversen hervor, die insbesondere in
den 2000er Jahren auch öentlich ausgetragen wurden, insbesondere zwischen
Vertreter:innen des kompetenztheoretischen und des strukturtheoretischen An-
satzes (Baumert & Kunter 2006; Helsper 2007).
Aus strukturtheoretischer Perspektive geht es darum, das Lehrer:innenhandeln als
gesteigerte Lebenspraxis zu erforschen, die Krisen von Schüler:innen und sich
darin erönende Bildungsprozesse nicht nur begleiten, sondern auch initiieren
soll (Helsper 2020). In kompetenztheoretischen Ansätzen werden verschiedene
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Modellierungen von professioneller Lehrer:innenkompetenz entwickelt (Blömeke
et al. 2015), wobei Kompetenzen darauf ausgerichtet sind, Herausforderungen
des Lehrer:innenberufs bewältigen zu können (König 2020). Sie lassen sich insge-
samt als berufsbezogene Kompetenz fassen (Blömeke et al. 2015), welche sowohl
das latente Potential, den Prozess, der zur Handlungsentscheidung führt, sowie
die in der Handlung sichtbare Performanz umfasst.
Im berufsbiographischen
Ansatz wird das Lehrer:in-Sein und -Werden in der Auseinandersetzung mit aus
dem Feld hervorgehenden Entwicklungsaufgaben verstanden (Hericks et al. 2022;
Keller-Schneider & Hericks 2014), die sich berufsphasenspezisch konkretisieren
lassen (Keller-Schneider 2021). Aus der beanspruchenden Auseinandersetzung mit
den sich stellenden Anforderungen gehen Erkenntnisse hervor, die zur weiteren
Professionalisierung beitragen. In den letzten Jahren sind weitere Ansätze hinzu-
gekommen, die sich Fragen der Professionalisierung und Professionalität von (an-
gehenden) Lehrpersonen widmen (s. Kap. 2). Gemeinsam ist den Ansätzen, dass
sie vermehrt die Professionalisierung von (angehenden) Lehrpersonen in den Blick
nehmen und dass auch Folgerungen für die Lehrer:innenbildung abgeleitet wer-
den. Dabei wird Professionalisierung als Entwicklung von Professionalität gefasst
(Hericks et al. 2022), während Professionalität ihren Ausdruck darin ndet, den
Anforderungen der Profession nachzukommen (Cramer & Rothland 2021).
Der vorliegende Band nimmt die skizzierte Pluralität von professionstheoretischen
Ansätzen sowie die Vielfalt von methodischen Zugangsweisen und beforschten
Inhalten innerhalb der Professionsforschung zum Ausgangspunkt und präsentiert
aktuelle Ergebnisse empirischer Studien, in denen verschiedene Ansätze und me-
thodische Zugänge zur Erforschung vielfältiger Inhalte genutzt werden. Damit ver-
folgen wir die Anliegen, den facettenreichen Diskurs um Professionalisierung und
Professionalität studienbasiert anzureichern, eine Meta-Perspektive auf die Vielfalt
des Diskurses zu ermöglichen sowie zur Reexion dieser Vielfalt anzuregen. Dazu
wird die Pluralität der Ansätze, der methodischen Zugänge und der behandelten
emen im Diskurs um Lehrer:innenprofessionalität und -professionalisierung in
Kapitel 2 weiter entfaltet. Es schließt sich in Kapitel 3 eine Darstellung der zwölf in
diesem Band versammelten empirischen Beiträge an, ehe die Einleitung in Kapitel
4 mit einem Ausblick und einem Plädoyer für eine plural-reexive Professionsfor-
schung endet.
2 Pluralität der professionstheoretischen Ansätze,
methodischen Zugänge und Forschungsthemen
Der aktuelle Diskurs um Professionalisierung und Professionalität von berufs-
tätigen, aber auch von angehenden Lehrpersonen, d. h. von Studierenden und
Referendar:innen sowie Quereinsteigenden und Personen ohne Lehrdiplom, ist
durch Pluralität in mehreren Dimensionen gekennzeichnet. Mit der Vielfalt an
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professionstheoretischen Ansätzen, an methodischen Zugängen und Forschungs-
themen werden im Folgenden drei dieser Dimensionen fokussiert.
Die Pluralität der professionstheoretischen Ansätze besteht in mehrerlei Hinsicht.
Erstens lassen sich mittlerweile eine Reihe konturierter Ansätze unterscheiden
(Idel et al. 2021). Zu den drei oben ausgeführten Ansätzen strukturtheoretischer,
berufsbiographischer und kompetenztheoretischer Ausrichtung hinzu gekommen
sind neuere praxeologische bzw. praxistheoretische Ansätze, die auf praxeologisch-
wissenssoziologischen (Bohnsack 2020; Bohnsack et al. 2022; Korte et al. 2023),
kultur- und subjektivierungstheoretischen (Bennewitz 2014) oder habitustheore-
tischen (Kramer & Pallesen 2019; Helsper 2018) Prämissen basieren. In diesen
Ansätzen werden Professionalität und Professionalisierung im Horizont sozialer
Praxis, d. h. (habituell) geteilter, impliziter Wissensbestände, in den Blick ge-
nommen. Darüber hinaus nden sich gesundheits- und ressourcentheoretische
Zugänge zum Forschungsfeld (Klusmann & Philipp 2014) sowie Arbeiten im
Bereich des Expertise-Ansatzes (Krauss 2020). Zweitens ist zu beobachten, dass es
zu einer Ausdierenzierung innerhalb der Ansätze gekommen ist bzw. weiterhin
an einer Ausdierenzierung innerhalb der Ansätze gearbeitet wird. Beispielhaft
sei auf den strukturtheoretischen Ansatz verwiesen, innerhalb dessen sich unter-
schiedliche Strömungen abzeichnen (Helsper 2014). Dies lässt erkennen, dass
eine Verortung einer Studie in einem spezischen professionstheoretischen Ansatz
zu vage sein kann und dass verschiedene Akzentuierungen innerhalb der Ansät-
ze vorgenommen werden. Drittens ist zu konstatieren, dass in der empirischen
Forschung Grenzen von Ansätzen überschritten werden, d. h. zur Analyse empi-
risch vorndbarer Phänomene im Bereich der Professionalität und Professionali-
sierung auf Elemente verschiedener Ansätze zurückgegrien wird. Dadurch kann
es zu einer mehrperspektivischen Betrachtung der interessierenden Phänomene
kommen. Beispielsweise hat sich Košinár (2014) Professionalisierungsverläufen
im Referendariat aus einer strukturtheoretisch fundierten, berufsbiographischen
Perspektive genähert. Die Forschungsgruppe um Hericks und Keller-Schneider
hat, dem berufsbiograschen Ansatz folgend, die Wahrnehmung von und den
Umgang mit Entwicklungsaufgaben im Berufseinstieg von Lehrpersonen sowohl
rekonstruktiv als auch stress- und ressourcentheoretisch in den Blick genommen
(Hericks et al. 2018; Keller-Schneider et al. 2019). Zudem liegen mittlerweile ei-
nige Studien vor, die berufsbiographische und/oder strukturtheoretische Konzep-
te in Verbindung mit dem praxeologisch-wissenssoziologischen Ansatz erforschen
(Bonnet & Hericks 2020; Hinzke 2018). Während derartige Verbindungen in
Studien mal mehr, mal weniger reektiert werden, gibt es explizite Bemühungen,
Brückenschläge zwischen insbesondere dem kompetenztheoretischen und dem
strukturtheoretischen Ansatz herzustellen (Combe & Paseka 2012). Ein Beispiel
hierfür stellt das von einer Österreichischen Expertenkommission erarbeitete
EPIK-Domänenmodell der Lehrer:innenprofessionalität dar (Paseka et al. 2011).
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Kompetenzen werden hier zu Kompetenzfeldern, sog. Domänen, erweitert, wo-
bei unter Aufgri der Dualität von structure und agency (Giddens 1997) mit-
gedacht wird, dass sich Kompetenzen in Wechselwirkung mit durch Schule und
die Lehrer:innenbildung geprägten Strukturen entwickeln und entfalten können.
Die Pluralität der methodischen Zugänge lässt sich als Vielfalt der Datenerhe-
bungs- und der Datenauswertungsmethoden in Verbindung mit unterschiedli-
chen methodologischen Prämissen ausdierenzieren. Im empirisch fundierten
Professionsdiskurs im Kontext des Lehrer:innenberufs werden in qualitativen
wie auch in quantitativen Studien verschiedene Methoden der Datenerhebung
genutzt. Diese reichen von Einzelinterviews und Gruppendiskussionen über Fra-
gebogenerhebungen bis hin zu Mitschnitten bzw. Videographien von authen-
tischen Gesprächen und Interaktionen sowie einer Analyse von Zeichnungen,
Fotos und Dokumenten. Zur Datenauswertung kommen vielfältige Methoden
der Sozialforschung zum Einsatz. In einer Pluralität von inhaltsanalytischen Me-
thoden (Kuckartz 2019; Mayring & Frenzl 2019; Schreier 2014) werden über
induktive und deduktive Vorgehensweisen qualitative Daten in ihrer Sicht- sowie
in ihrer Tiefenstruktur durchleuchtet und über qualitative sowie über quanti-
zierende Analysen Befunde erarbeitet. Als rekonstruktive Auswertungsmetho-
den haben sich neben der Narrationsanalyse (Schütze 1983) und der Objektiven
Hermeneutik (Wernet 2009) die Grounded eory-Methodologie (Strauss &
Corbin 2010) und die Dokumentarische Methode (Bohnsack 2021; Nohl 2017)
etabliert. Eine Weiterentwicklung stellt die sequenzanalytische Habitusrekonst-
ruktion (Kramer 2018) dar. Die angeführten Methoden und Verfahren basieren
auf verschiedenen methodologischen Prämissen, die in vorliegenden Studien in
unterschiedler Intensität dargelegt und reektiert werden. Im Bereich qualitativer
Forschung basieren beispielsweise berufsbiographische Interviews auf narrations-
theoretischen Überlegungen, Gruppendiskussionen auf wissenssoziologischen
und Dokumentenanalysen mit der Objektiven Hermeneutik auf strukturtheore-
tischen Annahmen. Im Bereich der quantitativen Professionsforschung wurden
statistische Verfahren weiterentwickelt, die Konstrukte nicht nur mittels manifes-
ter (Eid et al. 2011; Bortz & Schuster 2010), sondern auch über latente Variablen
fassen, um theoretisch hergeleitete Modelle unter Berücksichtigung ihrer Passung
auf die Daten (Muthén & Muthén 2015; Robertson 2016), geclusterte Daten in
ihrer Mehrebenenstruktur zu untersuchen (Lager 2009; Hox 2010) sowie latente
Typen zu identizieren (Oberski 2016).
In Anbetracht der Weiterentwicklung der Methoden und der Steigerung der Kom-
plexität, die viele Methoden in den letzten Jahren erfahren haben, kann eine Spe-
zialisierung und Fokussierung auf einen methodischen Zugang durchaus als sinn-
voll erachtet werden. Parallel dazu sind Bestrebungen zu beobachten, methodische
Grenzen zu überwinden, über mehrere Zugänge und Mixed-Methods-Designs
(Mejeh & Hagenauer 2022) die Erkenntnispotenziale verschiedener Methoden zu
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nutzen (s. bspw. zum forschenden Lernen von Lehramtsstudierenden Paseka et
al. 2022 und Hinzke & Paseka 2023). ematische Überblicksaufsätze in Hand-
büchern geben einen Einblick in die methodische Vielfalt der Erforschung eines
emas, wie bspw. des Berufseinstiegs (Keller-Schneider & Hericks 2022).
Die Pluralität der Forschungsthemen drückt sich in einem breiten Spektrum von
beforschten Inhalten aus. Legt man in den letzten Jahren erschienene Sammelbän-
de in der Reihe „Studien zur Professionsforschung und Lehrer:innenbildung“ zu
Grunde, werden emen wie der Seiten- und Quereinstieg bzw. die Qualikation
in Zeiten des Lehrer:innenmangels (Schauer et al. 2022), die (multiprofessionelle)
Kooperation in Anbetracht von Ganztag und Heterogenität (Kunze et al. 2021)
oder das Verhältnis von fachlicher Bildung und Professionalisierung von Lehrper-
sonen (Hericks et al. 2020; Bachmann et al. 2021) ersichtlich. Schwerpunkte der
letzten Jahre sind weiterhin die Professionalisierung von Studierenden in Praxis-
phasen (Artmann et al. 2018; Reintjes et al. 2021), Reexion und Reexivität in
der Lehrer:innenbildung wie im Berufsleben (Berndt et al. 2018; Reintjes & Kun-
ze 2022); verschiedene Ansätze der Lehrer:innenbildung (Christof et al. 2023),
insbesondere auch kasuistische oder Ansätze forschenden Lernens (Fabel-Lamla
et al. 2020; Basten et al. 2020; Wittek et al. 2021), Praktiken und Orientierungen
in der Lehrer:innenbildung (Leonhard et al. 2018) sowie die Bedeutung von Un-
gewissheit für das Lehrer:innenhandeln (Paseka et al. 2018). Erkennbar wird bei
dieser exemplarischen Auistung, dass emen aufgegrien werden, die sowohl
im Kontext Lehrer:innenbildung, insbesondere im Bereich des Studiums (erste
Phase in Deutschland), als auch im Bereich des Berufsalltags von Lehrpersonen
im Unterricht als Kerngeschäft, in der Kooperation von schulischen Akteur:innen
und im Bereich der Schulentwicklung von Bedeutung sind.
3 Vorstellung der Beiträge des Bandes
Der Band gliedert sich in drei Teile, die jeweils eine spezische Gruppe von
Akteur:innen fokussieren. Im ersten Teil stehen Fragen der Professionalisierung
von Lehramtsstudierenden, im zweiten Akteur:innen der Lehrer:innenbildung an
Hochschulen und Schulen und im dritten Fragen der Professionalisierung und
der Professionalität von Lehrpersonen im Zentrum.
Teil 1:
Professionalisierung von Lehramtsstudierenden in Bezug auf
das Praxisfeld Schule
Herbert Altrichter, Christoph Weber, Katharina Soukup-Altrichter und Johannes
Reitinger befassen sich mit Lerngelegenheiten in Kontexten forschenden Lernens.
Dabei gehen sie den Fragen nach, wie von Studierenden erlebte Lerngelegenhei-
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ten mit der Entwicklung von diagnostischer Kompetenz, Kompetenz im Bereich
Innovieren und berufsbezogener Merkmale zusammenhängen. Präsentiert werden
Ergebnisse der Linzer Längsschnittstudie zur Lehrer:innenbildung, in der Pers-
pektiven BA-Studierender des Sekundarschullehramts mittels Fragebögen unter-
sucht wurden. Dabei wird deutlich, dass die Wahrnehmung forschungsbezogener
Lerngelegenheiten im gesamten Studium Eekte auf verschiedene Dimensionen
professioneller Kompetenz hat. Diskutiert werden Potenzial und Limitation der
durchgeführten Studie, oene Fragen werden gekennzeichnet.
Katharina Heissenberger-Lehofer und Georg Krammer nehmen Lernergebnisse von
Lehramtsstudierenden im Bereich praktikumsintegrierter Praxisforschung in den
Blick. Sie widmen sich der Frage, inwieweit die mehrmalige Durchführung von
Lehrveranstaltungen mit Praxisforschung im Bachelorstudium der Primarstufe
Eekte auf Lernergebnisse Studierender zeigt und ob stabile Bereiche von Lern-
ergebnissen durch Praxisforschung abgeleitet werden können. Dazu wurden BA-
Studierende des Primarstufenlehramts der Pädagogischen Hochschule Steiermark
im Längsschnitt befragt. Die Analysen lassen erkennen, dass sich in Bezug auf pro-
fessionelles, auf die Weiterentwicklung von Praxis bezogenes Lernen keine stabilen
Faktoren von Lernergebnissen zeigen, Forschen hingegen einen übergeordneten
Faktor darstellt. Insofern regen die Studienergebnisse einen dierenzierten Blick
auf die mehrmalige Durchführung forschenden Lernens in Lehramtsstudien an
und werfen ein kritisches Licht auf die Vergleichbarkeit bisheriger Studien.
Jan-Hendrik Hinzke, Vanessa-Patricia Boldt und Alexandra Damm thematisieren
Ungewissheit in Kontexten forschenden Lernens. Sie verfolgen die Fragen, inwie-
fern Studierende beim forschenden Lernen Unsicherheiten erfahren, wie sie damit
umgehen und inwiefern Unsicherheiten auf zugrundeliegende Ungewissheit(en)
verweisen. Datengrundlage bilden Gruppendiskussionen, die im Rahmen des
Forschungsprojekts „Rekonstruktive Längsschnittstudie zu Professionalisierungs-
prozessen im Kontext Forschenden Lernens: ein Standortvergleich“ (ReLieF) mit
MA-Lehramtsstudierenden an den Universitäten Hamburg und Bielefeld geführt
wurden. Als Ergebnis werden zwei Ausprägungen erfahrener Unsicherheit samt
Umgangsweisen mit ebendiesen präsentiert, die abschließend vor der Folie struk-
tureller Ungewissheit und hinsichtlich Professionalisierung und Folgerungen für
die Lehrer:innenbildung diskutiert werden.
Tobias Leonhard befasst sich mit dem Lehrer:in-Werden. Vor dem Hintergrund
des gegenwärtig verbreiteten Lehrer:innenmangels verfolgt er das Anliegen,
eine Beschreibung von Prozessen des Lehrer:in-Werdens zu entwerfen, die pra-
xis- und subjektivierungstheoretische Perspektiven aufgreift. Zur Plausibilisie-
rung rekurriert er auf Unterrichtstranskripte aus dem Schweizer Forschungspro-
jekt „Trajektorien in den Lehrberuf – Adressierungspraktiken und Narrationen
im Studium zum Lehrberuf“ (TriLAN), in dem BA-Studierende – angehende
Kindergärtner:innen und Primarlehrpersonen – ethnographisch begleitet werden.
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Die dargelegten Ergebnisse werden in der Diskussion aufgegrien, um Potenziale
und Grenzen eines Lehrer:in-Werdens im Modus ‚training on the job‘ herauszu-
stellen und oene Fragen zu thematisieren.
Teil 2:
Auf die Professionalisierung von Lehramtsstudierenden
einwirkende Akteur:innen
Doris Wittek entfaltet in ihrem Beitrag die ese von Kasuistik als Ausdruck einer
doppelten Krise der Professionalisierung. Dabei verfolgt sie die Fragen, inwiefern
sich krisenhafte Momente bezüglich fallorientierter Lehrveranstaltungen im Spre-
chen von Lehramtsstudierenden und Lehrenden dokumentieren und inwiefern
diese Krisen ein Professionalisierungspotenzial in wechselseitiger Relation dar-
stellen. Zur Beantwortung werden Gruppendiskussionen mit Studierenden und
mit Lehrenden aus der wissenschaftlichen Begleitstudie des an der Universität
Halle-Wittenberg verorteten Projekts „Kasuistische Lehrerbildung für den inklu-
siven Unterricht“ (KALEI2) herangezogen. Aufgezeigt und zueinander relationiert
werden Grenzerfahrungen beider Personengruppen, die bezüglich Implikationen
für Fragen von Professionalisierung diskutiert werden.
Fabian Dietrich befasst sich mit der Berufskultur im Bereich des Lehrer:innenberufs
und entfaltet die ese einer berufskulturellen Unbestimmtheit: Nicht nur in der
unterrichtlichen Praxis, auch in universitären Konzeptionen des Lehrer:innenberufs
fehle es an einer verbindlichen Bestimmung der beruichen Tätigkeit. Als Daten-
grundlage dient ein an einer deutschen Universität im erziehungswissenschaftli-
chen Teil des Lehramtsstudiums genutzter Praktikumsleitfaden. Die Analyse zeigt
auf, dass die Studierenden vor der Anforderung stehen, selber eine Bedeutung
hinsichtlich der Lehrer:innentätigkeit zu nden bzw. zu schaen. Diskutiert wird
das Potenzial einer solchen berufskulturtheoretischen Perspektivierung im Ver-
hältnis zu professions- und professionalisierungstheoretischen Ansätzen.
Julia Košinár und Anna Laros thematisieren Praxislehrpersonen und zeichnen an-
hand eines Fallbeispiels einen Ausbilder:inhabitus nach. Sie gehen dabei u. a. den
Fragen nach, wie eigene schulische Erfahrungen den Umgang mit (Leistungs-)
Erwartungen und die Rollenausgestaltung als Lehrperson und Praxislehrperson
prägen sowie welche Orientierungen sich im Ausbildungshandeln neuer und er-
fahrener Praxislehrpersonen dokumentieren. Zur Beantwortung rekurrieren sie
auf eine Interviewstudie, die in dem an der Pädagogischen Hochschule Zürich
verorteten Projekt mit dem Kurztitel „Die Praxislehrperson als Lehrerbildner:in“
(PraLeB-S) durchgeführt wurde. Das in längsschnittlicher Perspektive dargelegte
Fallbeispiel erönet Einblicke in ein Spannungsverhältnis zwischen Identitäts-
und Institutionsnormen und dem Habitus und zeigt biographische Prägungen bei
der Ausgestaltung der Aufgabe auf. Während methodische und methodologische
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Aspekte im Verlauf des Beitrags thematisch werden, werden in der abschließenden
Diskussion Implikationen für die Ausbildung von Praxislehrpersonen skizziert.
Teil 3:
Professionalisierung und Professionalität von Lehrpersonen
im Schulfeld
Andreas Bonnet, Elena Bakels und Uwe Hericks beschäftigen sich mit dem Ent-
scheiden, das sie als Kennzeichnen professionellen Lehrer:innenhandelns heraus-
stellen. Sie nähern sich diesem ema an, indem sie sich den Fragen zuwenden,
wie Lehrpersonen zu ihren alltäglichen Handlungsentscheidungen kommen und
wie sie diese permanente Notwendigkeit zum Entscheiden erleben. Dazu berichten
sie erste Ergebnisse aus dem Projekt „Professionalisierung von Lehrpersonen der
Fächer Mathematik und Englisch“ (ProME), in dem Interviews mit Lehrpersonen
aus Deutschland und den USA analysiert werden. Im Ergebnis werden sieben ver-
schiedene Entscheidungsformen vorgestellt, die z. T. bei der gleichen Lehrperson
rekonstruiert wurden. Abschließend ndet sich ein Resümee über die bisherigen
Ergebnisse und ein Ausblick.
Manuela Keller-Schneider und Roger Keller untersuchen anhand von Daten aus
dem stress- und ressourcentheoretisch fundierten Schulentwicklungsprojekt
RUMBA („Ressourcenentwicklung im Umgang mit Berufsanforderungen“),
welche Bedeutung der subjektiv wahrgenommenen Qualität der Schulleitung
zur Stärkung von professionalitätsrelevanten Ressourcen auf individueller und
kollektiver Ebene zukommt. Dazu wurden mittels Fragebogen erhobene Daten
von Lehrpersonen und der Schulleitung ganzer Schuleinheiten im Kanton Zürich
genutzt, die sich für die Mitarbeit im Projekt bewarben, um anhand von zurück-
gespiegelten Ergebnissen an ihrer Schulqualität zu arbeiten. Ergebnisse zeigen,
dass die wahrgenommene Qualität der Schulleitung nicht nur längerfristig für
die Stärkung von Kooperations- und Schulqualität, der sozialen Unterstützung
unter Lehrpersonen sowie für die Berufszufriedenheit und die Belastung durch
organisationale Anforderungen von Bedeutung ist, sondern auch kurzfristig. Die
Studie thematisiert die Rolle der Schulleitung auf kollektiver und individueller
Ebene und diskutiert mögliche Folgerungen für die Qualitätsentwicklung von
Schulleitungen.
Sven Pauling und Till-Sebastian Idel entwerfen eine Heuristik von Ungewissheit in
der Schulentwicklung – ein Handlungsfeld von Lehrpersonen, das bislang gegen-
über pädagogischem Handeln weniger mit Ungewissheit in Verbindung gebracht
worden ist. Dabei rekurrieren sie auf Interviewdaten des in Nordrhein-Westfalen
verorteten Schulversuchs PRIMUS („Primar- und Sekundstufe“). Die Ergebnisse
zeigen, inwiefern Ungewissheit in Schulentwicklungskontexten in gesteigertem
Maße entsteht. Dabei werden verschiedene Bezugsprobleme des professionellen
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Handlungsfeldes Schulentwicklung als Pendants zu pädagogischen Antinomien
sichtbar. In der Diskussion werden Momente der Ungewissheit mit Momenten
der Gewissheit und Vergewisserung relationiert und das Ermöglichungspotenzial
von Ungewissheit hinsichtlich Schulentwicklung aufgezeigt.
Franziska Carl, Dagmar Killus und Maren Plaum leuchten am Beispiel von Peer
Reviews in Schulnetzwerken das Verhältnis von Lehrer:innenprofessionalität und
der Organisation Schule aus. Dabei widmen sie sich den Fragen, in welchem Ver-
hältnis pädagogisches Handeln und organisationsbezogene Aspekte zueinander
stehen und wie die am Peer Review beteiligten Lehrpersonen adressiert werden. Als
Datengrundlage dienen audiograerte Rückmeldegespräche, die im Rahmen von
Schul- und Unterrichtsbesuchen im Schulverbund ‚Blick über den Zaun‘ (BüZ)
stattgefunden haben. Die Ergebnisse zeigen auf, inwiefern die emen und die
Art der Rückmeldungen am Lernen und an der Entwicklung von Schüler:innen
und damit der Gestaltung pädagogischer Praxis ausgerichtet sind – eine Praxis,
die von den Lehrpersonen als Handeln in Organisationen konzipiert wird. In der
Diskussion werden weiterführende Forschungsideen dargelegt.
Julia Häbig und Enikö Zala-Mezö befassen sich mit der Professionalisierung
von Lehrpersonen im Kontext von Schüler:innenpartizipation. Verfolgt wird
dabei die Frage, inwiefern sich anhand des Umgangs mit der Forderung,
Schüler:innenpartizipation umzusetzen, Aussagen über Professionalisierung tref-
fen lassen. Um zu Antworten zu kommen, werden Gruppendiskussionsdaten aus
dem Schweizer Projekt „Partizipative Schulentwicklung – Unterricht mit Schü-
lerinnen und Schülern gestalten“ herangezogen, welches dem Design-Based-Re-
search-Ansatz folgt. Im Ergebnis werden unterschiedliche Orientierungen von
Lehrpersonen präsentiert, die verdeutlichen, dass Lehrpersonen mit der antino-
mischen Anforderung Partizipation auf verschiedene Weise umgehen. Neben
einer Diskussion der Ergebnisse vor dem Hintergrund des aufgeworfenen Profes-
sionalisierungsdiskurses wird abschließend der Beitrag des gewählten methodi-
schen Vorgehens zum Diskurs um Professionalisierung thematisiert.
Mit dem Aufbau des Bandes soll hervorgehoben werden, dass die institutionell
verankerte Lehrer:innenbildung (Teil 2) zumindest konzeptionell als Mittlerin
zwischen den Lehramtsstudierenden in ihrer ersten Phase der Professionalisie-
rung einerseits (Teil 1) und den Lehrpersonen unter Berücksichtigung ihrer Pro-
fessionalität und ihrer andauernden und Weiterentwicklungen begleitenden Pro-
fessionalisierung andererseits (Teil 3) steht. Die dargelegten empirischen Studien
geben Hinweise darauf, inwiefern die Lehrer:innenbildung als Mittlerin betrach-
tet werden kann. Zugleich wird in den Studien erkennbar, vor welchen aktuellen
Herausforderungen Lehramtsstudierende und Lehrpersonen in ihrem Studium
bzw. in ihrem Berufsalltag stehen, wie sie diese wahrnehmen und einschätzen
und wie sie mit diesen umgehen.
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4 Plädoyer für eine plural-reexive Professionsforschung
Der vorliegende Sammelband ist unseres Erachtens ein Beleg für die Fruchtbar-
keit einer aktuell betriebenen vielfältigen Forschung zu Fragen der Professionali-
sierung und Professionalität von (angehenden) Lehrpersonen. Diese Vielfalt zeigt
sich in den drei in Kapitel 2 vorgestellten Dimensionen.
Die Pluralität der professionstheoretischen Ansätze wird zum einen beitragsüber-
greifend sichtbar. Neben der Nutzung kompetenzorientierter (Altrichter et al.,
Heissenberger-Lehofer & Krammer), strukturtheoretischer (Hinzke et al., Wittek,
Dietrich, Pauling & Idel, Häbig & Zala-Mezö) und berufsbiographischer (Košinár
& Laros) Ansätze und Konzepte kommt es zu einer Verwendung stress- und res-
sourcentheoretischer (Keller-Schneider & Keller), praxeologischer und subjekti-
vierungstheoretischer (Leonhard), berufskultureller (Dietrich), systemtheoreti-
scher und pragmatistischer (Bonnet et al.) sowie organisationstheoretischer (Carl
et al.) Ansätze und Konzepte. Zum anderen wird erkennbar, dass einige Beiträge
mehrere theoretische Ansätze nutzen. In der Regel ist zwar ein professionstheoreti-
scher Ansatz dominant, doch wird dieser in der Mehrheit der Beiträge mit anderen
Ansätzen relationiert, etwa wenn strukturtheoretisch verortete emen aus einer
praxeologisch-wissenssoziologischen Perspektive betrachtet werden (Hinzke et al.,
Wittek, Häbig & Zala-Mezö), Gütekriterien von Skalen auch professionalisie-
rungsbezogen in den Blick genommen (Heissenberger-Lehofer & Krammer) und
Aspekte der Schulqualität aus stress- und ressourcentheoretischer sowie gesund-
heitspsychologischer Perspektive beleuchtet werden (Keller-Schneider & Keller)
oder mehr oder minder querliegend habitustheoretische Überlegungen angestellt
werden (etwa Hinzke et al., Košinár & Laros, Bonnet et al.).
Die Pluralität der methodischen Zugänge zeigt sich in verschiedenen Bereichen.
Erstens wird erkennbar, dass in den dargelegten Studien in aller Regel mit einer
zentralen Erhebungsmethode gearbeitet wurde. Fragebogenstudien mit Studie-
renden (Altrichter et al., Heissenberger-Lehofer & Krammer) sowie mit Lehr-
personen und Schulleitungen (Keller-Schneider & Keller) nden sich ebenso wie
Gruppendiskussionen mit Studierenden (Hinzke et al., Wittek), mit Lehrer:in-
nenbildner:innen (Wittek) sowie mit Lehrpersonen (Häbig & Zala-Mezö) und
Interviews mit (Praxis-)Lehrpersonen (Košinár & Laros, Bonnet et al., Pauling &
Idel). Hinzu kommen Mitschnitte authentischer Situationen, konkret von Unter-
richt (Leonhard) und Rückmeldegesprächen unter Lehrpersonen (Carl et al.), so-
wie die Analyse eines Dokuments, konkret eines Praktikumsleitfadens (Dietrich).
Dabei wird ersichtlich, dass die dargelegten Ergebnisse bisweilen aus größeren
Forschungsprojekten stammen, in denen verschiedene Datenerhebungsmethoden
eingesetzt wurden. Bei diesen Projekten lassen sich Grundlagenforschungen von
Begleitforschungen zu Innovationen in der Lehrer:innenbildung und an Schulen
sowie einer Forschung im Design-Based-Research-Format unterscheiden. Zwei-
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Einleitung
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tens wird in den dargelegten Studien in der Regel jeweils eine Datenauswertungs-
methode verwendet. Während in den quantitativen Studien statistische Verfahren
zur Prüfung von Zusammenhangsstrukturen und Unterschieden zum Einsatz
kommen (Altrichter et al., Heissenberger-Lehofer & Krammer, Keller-Schneider
& Keller), nden sich auf qualitativer Seite neben einer inhaltsanalytischen Studie
(Carl et al.) v. a. rekonstruktive Verfahren. Hierzu zählen die Dokumentarische
Methode (Hinzke et al., Wittek, Košinár & Laros, Bonnet et al., Häbig & Zala-
Mezö) und die Objektive Hermeneutik (Dietrich), ebenso eine Perspektivierung
von Subjektivierung in Praktiken (Leonhard). Eine Kombination aus Grounded
eory-Methodologie und Deutungsmusteranalyse wird einmal genutzt (Pauling
& Idel).
Die Pluralität der Forschungsthemen wurde in Kapitel 3 im Zuge der Darstellung
der einzelnen Beiträge bereits sichtbar. Beitragsübergreifend wird erkennbar, dass
Fragen der Professionalisierung und Professionalität von (angehenden) Lehrper-
sonen auf die Beziehung zwischen Individuum bzw. Gruppe und institutionellen
Strukturen verweisen. Professionalisierung wie Professionalität erscheinen so-
wohl als primär individuelle als auch als primär kollektive Phänomene. Sie voll-
ziehen sich in Wechselwirkung mit der institutionalisierten Lehrer:innenbildung
bzw. der institutionalisierten Schulpraxis, teilweise auch in deren Überlagerung
(Hinzke et al., Wittek, Košinár & Laros), sowie auf der kollektiven Ebene von
Schulen insgesamt (Carl et al., Keller-Schneider & Keller). Derartige Beobach-
tungen lassen Fragen nach der Genese und der Gestaltung der Förderung von
Professionalisierung aufkommen, etwa inwiefern in der Lehrer:innenbildung
insgesamt (also Grundausbildung, Weiterbildung, Schulentwicklung) nicht nur
auf der individuellen, sondern auch auf der kollektiven Ebene einer Gruppe an-
gesetzt werden kann und welche Bedeutung organisationalen Strukturen mit den
darin eingelassenen Routinen und Kulturen zukommt.
Hervorheben möchten wir, dass die im Band versammelten Beiträge einen as-
pekthaften Einblick in die aktuelle Professionsforschung bieten und damit ledig-
lich einen Teilbereich dieser Forschung im deutschsprachigen Raum abbilden.
Unsere ese lautet, dass die dargelegte Pluralität von und die Flexibilität im
Umgang mit professionstheoretischen Zugängen sowie eine breite Nutzung von
Forschungsmethoden ertragreich sind, um jene und weitere emen und Gegen-
standsbereiche forschend zu erschließen.
Angesichts einer solchen als erkenntnisgenerierend einzuschätzenden, mehrdi-
mensionalen Pluralität im Diskurs um Professionalität und Professionalisierung
von (angehenden) Lehrpersonen und Schulen insgesamt soll abschließend für eine
plural-reexive Professionsforschung plädiert werden. Angeregt von den in der
Lehrer:innenbildung aktuell diskutierten Konzepten einer ‚multiparadigmatischen
Lehrerbildung‘ (Heinrich et al. 2019) und einer ‚Meta-Reexivität‘ (Cramer et
al. 2019) sprechen wir uns gegen wenig gewinnbringende Auseinandersetzungen
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20 |
Jan-Hendrik Hinzke und Manuela Keller-Schneider
um Deutungshoheit in der Professionsforschung und für eine Forschung aus, die
unter Eingedenk vorhandener Alternativen gegenstandsangemessene Auswahl-
entscheidungen im Forschungsprozess trit und diese Entscheidungen reexiv ein-
holt. Eine auf Vergleichen und Relationierungen basierende Reexion lässt Kontu-
ren von Ansätzen und methodischen Zugängen ebenso erkennen und diskutierbar
machen wie deren jeweiligen Chancen und Grenzen.
Auch wenn in dieser Einleitung analytische Trennungen vorgenommen wurden,
um die Beträge des Bandes nach dierenten zugrundeliegenden Aspekten zu be-
leuchten, so zeigt sich in den Beiträgen, dass und wie professionstheoretische An-
sätze, methodische Zugänge und generierte Ergebnisse in einen mehrdimensiona-
len Verweisungszusammenhang zueinander gestellt werden können. In Anbetracht
der skizzierten Vielfalt der Forschungsmöglichkeiten erscheint es wichtig, sich die-
se Zusammenhänge reexiv bewusst zu machen.
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Autor:innenangaben
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forschung, Institut für Kindheits- und Schulpädagogik an der Justus-Liebig-
Universität Gießen.
Arbeitsschwerpunkte: Lehrer:innenbildungs- und Professionsforschung,
Forschendes Lernen in Studium und Schule, Krisen und Ungewissheit als Lern-
und Bildungsanlässe, Schul- und Unterrichtsentwicklung, Digitalisierung in
schulischen und unterrichtlichen Kontexten, Qualitative Forschungsmethoden
in der Professions- und Schulforschung.
jan-hendrik.hinzke@erziehung.uni-giessen.de
Keller-Schneider, Manuela, Prof. Dr.,
Professorin für Professionsforschung und Lehrer:innenbildung, Pädagogische
Hochschule Zürich.
Arbeitsschwerpunkte: Professionalisierung angehender, berufseinsteigender
und erfahrener Lehrpersonen, Kooperation und Schulentwicklung.
m.keller-schneider@phzh.ch
doi.org/10.35468/6043-01
... Professionalism, on the other hand, refers to meeting the requirements of the profession [29]. Professionalisation and professionalism are understood to be both individual (micro level) and collective (micro and meso level) phenomena that are inextricably intertwined [30]. As an individual phenomenon, professionalism describes the extent to which educators' professional competence is developed to cope with the demands of their profession [31,32]. ...
... Due to the multiplicity of theoretical models [31] and methodological approaches, the discourse on both concepts is multifaceted [30]. Building on Weinert's definition of competence [33], the competence-theoretical approach as one of the most prominent approaches in the German-speaking research tradition defines areas of competence and knowledge dimensions that are constitutive for mastering the tasks and challenges of the teaching profession [34]. ...
... Building on Weinert's definition of competence [33], the competence-theoretical approach as one of the most prominent approaches in the German-speaking research tradition defines areas of competence and knowledge dimensions that are constitutive for mastering the tasks and challenges of the teaching profession [34]. Subsumed under the term "professional competence," these competences are conceptualised as profession-related abilities [31] that encompass the latent potential, the process that leads to the decision to act and the performance as the action itself [30]. The present chapter uses Baumert and Kunter's generic COACTIV model of teachers' professional competence as its theoretical foundation [22]. ...
Chapter
Full-text available
This conceptual chapter discusses how requirements for teacher educator professionalism may be impacted by the integration of Artificial Intelligence (AI) in teacher education. With the aim to continuously facilitate high-quality teacher education, teacher education institutions must evolve in alignment with the rapidly changing landscape of AI and the respective shifting educational needs. Amidst this evolution, we argue that profound AI Literacy and AI-related ethical knowledge constitute two additional and inextricably intertwined knowledge facets of teacher educator professionalism essential for an ethical and effective integration of AI into teaching practices – and thus crucial for high quality teacher education. The paper explores avenues through which these facets of teacher professional competence and quality education can be fostered on the micro, meso and macro levels of institutional education. By consolidating the specific requirements in a framework for teacher educator professionalism in the age of AI, we highlight the necessity for continuous adaptation of teacher education institutions, ongoing multidisciplinary collaboration, and the provision of periodic professional development of educators. Finally, the chapter presents a concrete practical example and future research directions in AI and education with the aim to contribute to the advancement of quality education in the AI era.
Chapter
Full-text available
Die in diesem Beitrag eröffnete Perspektive auf Professionalität bringt empirische Analysen aus den unterschiedlichen Handlungsfeldern Schule, Frühpädagogik und Soziale Arbeit miteinander ins Gespräch. In modernen Gesellschaften steht professionelles Handeln zunehmend vor dem Problem, die bestehende Spannung zwischen der interaktiven Praxis mit der Klientel sowie organisationalen (und gesellschaftlichen) Normen zu bewältigen. Die Bearbeitung dieser Spannung im Sinne einer konstituierenden Rahmung ist Grundlage für die Beurteilung einer beruflichen Praxis als professionalisiert. In einem weiteren Schritt zielen unsere Analysen auf den systematischen Vergleich unterschiedlicher beruflicher Praxen anhand der in ihnen implizierten (diskurs-)ethischen Prinzipien (wie bspw. Macht und Willkür). Diese Differenzierung betrifft zentral auch den Sachbezug und stellt die Grundlage einer normativen Bewertung dieser Praxen dar. Der Beitrag diskutiert Gemeinsamkeiten und Unterschiede der drei Handlungsfelder in Bezug auf ihre jeweilige Organisationsstruktur, implizite (diskurs-)ethische Prinzipien, die Anforderungen an Fachlichkeit sowie auf normative Erwartungen. Schlagworte Praxeologisch-wissenssoziologische Professionsforschung, konstituierende Rah-mung, Diskursethik, Habitus und Norm, konjunktiver Erfahrungsraum Moderne bzw. postmoderne Gesellschaften, die in hohem Maße arbeitsteilig und wissensbasiert organisiert sind, bestehen aus zahlreichen Teilsystemen, in denen beträchtliches inhaltliches und interaktionales Spezialwissen notwendig ist, um sich darin erfolgreich zu bewegen. Der Erwerb dieses Wissens erfordert eine lange und spezialisierte Ausbildung (in der Regel ein Studium) und Praxiserfahrung im jeweiligen Bereich. Eine der zentralen Anforderungen an das professionelle Handeln stellt ihr Umgang mit Ungewissheit und Risiko dar (Evetts 2003, 397)
Book
Full-text available
Welchen Nutzen hat Kooperatives Lernen? Auf welche Widerstände stößt es in der Praxis? Welche Rolle spielen Lehrer*innen dabei? Das Buch beantwortet diese Fragen theoretisch und empirisch. Vier Lehrer*innen wurden über drei Jahre begleitet, wie sie ihren Englischunterricht der Klassenstufen 5, 6 und 7 kooperativ gestalteten. Der Unterricht wurde videographiert. In Interviews erzählten und reflektierten die Lehrer*innen ihre Erfahrungen. Die Entwicklung der Sprachkompetenz der Schüler*innen wurde durch C-Tests erhoben. Dabei erwies sich kooperativer Englischunterricht lehrerzentriertem Englischunterricht als mindestens gleichwertig. Die lehrbuchorientierte Routine des Englischunterrichts und die konkurrenzbezogene Leistungsorientierung des Gymnasiums aber brachten die Lehrer*innen in Konflikte, erschwerten Kooperation und verhinderten einen kommunikativen Englischunterricht.
Book
Full-text available
Professionalisierungsprozesse von Lehrpersonen und pädagogischen Fachkräften in der Aus-, Fort- und Weiterbildung tragen unter Bezugnahme auf wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zur Kompetenzentwicklung bei (Stichwort Kompetenzorientierung). Dieser Band dient dazu, Initiativen insbesondere der österreichischen Bildungsforschung vorzustellen. Die Beiträger*innen richten dabei ihre Forschungsfragen unter anderem an: •strukturelle Bedingungen in der Lehrer*innenbildung mit besonderer Berücksichtigung der Ein- und Umstiege in den Beruf •Lehr- und Lernkonzepte in der Lehrer*innenbildung •Professionalisierungsprozesse und Kompetenzentwicklung in verschiedenen (Aus-)Bildungsphasen der Lehrer*innenbildung •Reflexion aktueller Professionalisierungsdiskurse So werden, von konzeptuellen Überlegungen zur Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften über Professionalisierungsstrategien bis hin zu Evaluierungsaspekten, verschiedene Facetten der Lehrer*innenbildung präsentiert und diskutiert.
Article
Full-text available
Zusammenfassung Forschendes Lernen hat sich als hochschuldidaktisches Konzept nicht nur in Deutschland als eine Möglichkeit etabliert, um der Forderung nach mehr Forschungsorientierung in der Lehrer*innenbildung nachzukommen. Die hohen Erwartungen werden jedoch nur teilweise durch Forschungsbefunde gestützt. Die vorliegende Studie fragt daher danach, ob sich durch Forschendes Lernen Forschungskompetenz und Forschungsinteresse fördern lassen. Dazu wurden Items bzw. Skalen entwickelt und in einer quantitativen Längsschnittstudie an einer deutschen Universität im Rahmen von neun Forschungswerkstätten für Lehramtsstudierende ( n = 144) getestet. In den Forschungswerkstätten wird ein Konzept von Forschendem Lernen umgesetzt, das das Durchlaufen eines vollständigen Forschungsprozesses von ersten Forschungsfragen über Datenerhebung, Datenauswertung bis zur Präsentation an den beteiligten Schulen beinhaltet. Die Ergebnisse zeigen, dass in der Selbsteinschätzung der befragten Studierenden deren Forschungskompetenz angestiegen, gleichzeitig jedoch das Interesse an Forschung gesunken ist. Ursachen und Konsequenzen werden diskutiert.
Article
Der Beitrag befasst sich mit der Erfassung von Orientierungen von Lehramtsstudierenden hinsichtlich eigenen Forschens im Kontext Forschenden Lernens mittels Gruppendiskussionen. Thematisiert wird dabei eine besondere Form des Gruppendiskussionsverfahrens, die ohne externe Diskussionsleitung umgesetzt wurde. Die mit der Dokumentarischen Methode generierten Interpretationsergebnisse weisen zwei typische Orientierungsrahmen aus, die in Relation zu Common Sense-Theorien der Studierenden über Schule und Forschung stehen. Diskutiert wird, was die generierten Ergebnisse zum Diskurs um die Erfassung von Professionalisierung in universitären Kontexten Forschenden Lernens beitragen können sowie welche Potenziale und Grenzen die eingesetzte besondere Form der Gruppendiskussionen mit sich führt.
Chapter
In diesem Beitrag wird Mixed Methods als Forschungsansatz vorgestellt und im Rahmen der Schulforschung diskutiert. Dazu wird in einem ersten Schritt die wissenschaftstheoretische Grundlegung von qualitativer und quantitativer Sozialforschung angerissen, um dann Mixed Methods zu definieren. In einem zweiten Schritt werden die wesentlichen Kernelemente von Mixed Methods dargelegt, um im dritten Teil des Beitrages beispielhaft einige Mixed Methods Studien zu diskutieren. Abschließend werden die Möglichkeiten und Herausforderungen der Mixed Methods Forschung kritisch diskutiert und Entwicklungslinien im Bereich der Schulforschung aufgezeigt.
Chapter
Schule und Unterricht sind das Arbeitsfeld verschiedener in pädagogischer Hinsicht beruflich tätiger Akteurinnen und Akteure. Zu diesen zählen zuallererst die Lehrerinnen und Lehrer, die im Fokus der Schulforschung stehen und deren Aufgaben und Arbeitsplatzmerkmale im vorliegenden Beitrag als Hintergrund für die weitere Auseinandersetzung mit der Profession und dem forschungsbezogenen Diskurs skizziert werden. Die Frage danach, was Lehrpersonen zu Professionellen macht, wird anhand unterschiedlicher professionstheoretischer Perspektiven diskutiert, bevor die Relevanz von Lehrerinnen und Lehrern für den schulischen Erfolg der Schülerinnen und Schüler theoretisch und empirisch nachgezeichnet wird. Im Anschluss werden querliegende Aspekte des bis heute fortwährenden Diskurses um die ‚Lehrerpersönlichkeit‘ aufgeworfen. Schließlich werden weitere, ausgewählte Berufsgruppen mit pädagogischen Aufgaben an der Schule in den Blick genommen (Schulleitungen, Schulsozialarbeit, Schulpsychologie u. a.). Die Zusammenarbeit der pädagogischen Akteure in Schule und Unterricht wird abschließend im Sinne einer inter- oder multiprofessionellen Kooperation behandelt und im Zuge dessen werden die Bedingungen gelingender Kooperation erörtert.
Chapter
Das „Handbuch Lehrerinnen- und Lehrerbildung“ bietet aus fachlicher, fachdidaktischer, bildungswissenschaftlicher und schulpraktischer Perspektive einen umfassenden forschungsbasierten Überblick zu allen Bereichen der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Das von 174 Autorinnen und Autoren erarbeitete Orientierungswissen wird in 107 Beiträgen präsentiert. Ausgehend von den Aufgaben im Lehrerinnen- und Lehrerberuf werden die Geschichte und Entwicklung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung sowie ihre Strukturen, Phasen und Kontexte dargestellt und Qualifikationswege aufgezeigt. Die fachlichen und fachdidaktischen, bildungswissenschaftlichen und schulpraktischen Komponenten der Lehrerinnen- und Lehrerbildung werden beschrieben, der Forschungsstand zur Entwicklung von Lehramtsstudierenden sowie Referendarinnen und Referendaren dargelegt und das bislang begrenzte Wissen zu den Lehrerinnen- und Lehrerbildenden und Entscheidungstragenden erfasst. Das Handbuch richtet sich an Forschende und Lehrende im Bereich der Lehrerinnen- und Lehrerbildung an Hochschulen, Studienseminaren und Ausbildungsschulen sowie der Fort- und Weiterbildung, an Lehramtsstudierende, Referendarinnen und Referendare, Lehrerinnen und Lehrer und die Bildungsadministration.
Chapter
Das „Handbuch Lehrerinnen- und Lehrerbildung“ bietet aus fachlicher, fachdidaktischer, bildungswissenschaftlicher und schulpraktischer Perspektive einen umfassenden forschungsbasierten Überblick zu allen Bereichen der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Das von 174 Autorinnen und Autoren erarbeitete Orientierungswissen wird in 107 Beiträgen präsentiert. Ausgehend von den Aufgaben im Lehrerinnen- und Lehrerberuf werden die Geschichte und Entwicklung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung sowie ihre Strukturen, Phasen und Kontexte dargestellt und Qualifikationswege aufgezeigt. Die fachlichen und fachdidaktischen, bildungswissenschaftlichen und schulpraktischen Komponenten der Lehrerinnen- und Lehrerbildung werden beschrieben, der Forschungsstand zur Entwicklung von Lehramtsstudierenden sowie Referendarinnen und Referendaren dargelegt und das bislang begrenzte Wissen zu den Lehrerinnen- und Lehrerbildenden und Entscheidungstragenden erfasst. Das Handbuch richtet sich an Forschende und Lehrende im Bereich der Lehrerinnen- und Lehrerbildung an Hochschulen, Studienseminaren und Ausbildungsschulen sowie der Fort- und Weiterbildung, an Lehramtsstudierende, Referendarinnen und Referendare, Lehrerinnen und Lehrer und die Bildungsadministration.
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Das „Handbuch Lehrerinnen- und Lehrerbildung“ bietet aus fachlicher, fachdidaktischer, bildungswissenschaftlicher und schulpraktischer Perspektive einen umfassenden forschungsbasierten Überblick zu allen Bereichen der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Das von 174 Autorinnen und Autoren erarbeitete Orientierungswissen wird in 107 Beiträgen präsentiert. Ausgehend von den Aufgaben im Lehrerinnen- und Lehrerberuf werden die Geschichte und Entwicklung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung sowie ihre Strukturen, Phasen und Kontexte dargestellt und Qualifikationswege aufgezeigt. Die fachlichen und fachdidaktischen, bildungswissenschaftlichen und schulpraktischen Komponenten der Lehrerinnen- und Lehrerbildung werden beschrieben, der Forschungsstand zur Entwicklung von Lehramtsstudierenden sowie Referendarinnen und Referendaren dargelegt und das bislang begrenzte Wissen zu den Lehrerinnen- und Lehrerbildenden und Entscheidungstragenden erfasst. Das Handbuch richtet sich an Forschende und Lehrende im Bereich der Lehrerinnen- und Lehrerbildung an Hochschulen, Studienseminaren und Ausbildungsschulen sowie der Fort- und Weiterbildung, an Lehramtsstudierende, Referendarinnen und Referendare, Lehrerinnen und Lehrer und die Bildungsadministration.