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LITERATURBERICHT
https://doi.org/10.1007/s12286-023-00585-5
Zeitschrift für Vergleichende Politikwissenschaft
Flexibel, stabil und effektiv? Zum Stand der Forschung
über Minderheitsregierungen
Maria Thürk · Christian Stecker
Angenommen: 17. November 2023
© The Author(s) 2023
Zusammenfassung Minderheitsregierungen stellen im internationalen Vergleich et-
wa ein Drittel aller Regierungen in etablierten parlamentarischen Demokratien dar.
Insbesondere in den letzten beiden Jahrzehnten lässt sich international ein deut-
licher Anstieg von Minderheitsregierungen feststellen. Während Minderheitsregie-
rungen im deutschen Sprachraum oft kritisch betrachtet werden und üblicherweise
nur als Notlösung in Ausnahmefällen gelten, sind sie in Skandinavien oder Neu-
seeland der reguläre Modus des Regierens. Im vorliegenden Literaturbericht wird
der aktuelle Forschungsstand zum Regieren von Minderheitskabinetten sowohl auf
nationaler als auch auf internationaler Ebene dargelegt. Zunächst wird erörtert, wie
Minderheitsregierungen definiert werden und wo sie häufig anzutreffen sind. An-
schließend beleuchtet der Bericht die Handlungskalküle von Parteien und erläutert,
warum es für sie eine rationale Strategie sein kann, Minderheitsregierungen zu tole-
rieren, anstatt an der Regierung teilzunehmen. Weiterhin werden die institutionellen
und situativen Bedingungen erläutert, unter denen die Bildung von Minderheitsre-
gierungen wahrscheinlicher wird. Es werden auch die verschiedenen Möglichkeiten
aufgezeigt, wie Minderheitsregierungen parlamentarische Mehrheiten für die Durch-
setzung ihres Programms organisieren können. Abschließend wird die Performanz
von Minderheitsregierungen diskutiert, wobei sowohl die Nachteile als auch die
zahlreichen normativen Vorteile beleuchtet werden.
Schlüsselwörter Minderheitsregierungen · Legislativverhalten · Flexibles
Regieren · Politische Parteien
Maria Thürk
Fachbereich Politikwissenschaft, Universität Basel, Basel, Schweiz
E-Mail: maria.thuerk@unibas.ch
Christian Stecker
Institut für Politikwissenschaft, TU Darmstadt, Politikwissenschaft, Deutschland
E-Mail: christian.stecker@tu-darmstadt.de
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M. Thürk, C. Stecker
Flexible, stable and effective? The state of research on minority
governments
Abstract Minority cabinets constitute approximately one third of all governments in
established parliamentary democracies internationally. Notably, the past two decades
have seen a marked rise in the prevalence of minority governments. In Germany,
minority cabinets are often met with skepticism and typically regarded as a contin-
gency measure for exceptional circumstances. In contrast, they are standard practice
in the governmental systems of Scandinavia and New Zealand. This literature review
outlines the current status of both national and international research on governing
under minority cabinets. Initially, it defines minority governments and identifies
where they are commonly established. The review then illuminates the strategic
considerations of political parties, detailing why tolerating a minority government
can be more advantageous than participating in the cabinet. It further explains the
institutional and situational conditions that tend to favor the formation of minority
governments and explores various strategies through which minority governments
secure parliamentary majorities to advance their legislative agendas. Ultimately, the
review assesses the performance of minority governments, highlighting not only the
potential drawbacks but also the manifold normative benefits.
Keywords Minority governments · Legislative behavior · Flexible majorities ·
Political party strategies
1 Einleitung
In parlamentarischen Systemen mit Verhältniswahl kann meist keine einzelne Par-
tei eine absolute Sitzmehrheit im Parlament erringen. Wie regiert werden soll, muss
sich aus den institutionellen Regeln, den Handlungskalkülen und Verhandlungen der
Parteien ergeben. In den meisten Fällen schließen sich Parteien zu Mehrheitskoali-
tionen zusammen. In etwa einem Drittel der Fälle (Döring und Manow 2023) bildet
sich allerdings eine Minderheitsregierung, also ein Kabinett, dass keine absolute
Sitzmehrheit im Parlament kontrolliert. Dieser Literaturbericht fasst die bestehende
Literatur zu verschiedenen Aspekten von Minderheitsregierungen zusammen und
präsentiert einige originäre Daten zu ihrer Verbreitung und ihren verschiedenen
Spielarten.
Wir diskutieren insbesondere die Handlungskalküle sowie die institutionellen und
situativen Hintergrundbedingungen, die Minderheitsregierungen zu einem rationa-
len und plausiblen Ergebnis von Regierungsbildungsprozessen machen können. Wie
Minderheitsregierungen funktionieren, also wie sie legislative Mehrheiten mit (ein-
zelnen) Oppositionsparteien bilden, beschreiben wir im Vergleich mit einem Blick
auf parlamentarische Demokratien und die wenigen Beispiele in deutschen Bun-
desländern. Dabei zeigt sich, dass im Zeitverlauf Minderheitsregierungen häufiger
als Koalition gebildet werden und dass die Kooperation mit Unterstützungspartnern
häufiger formal abgesichert wird. Schließlich resümieren wir die Leistungsbilanz
von Minderheitsregierungen. Wir diskutieren ihre Nachteile, machen aber auch auf
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Flexibel, stabil und effektiv? Zum Stand der Forschung über Minderheitsregierungen
zahlreiche normative und instrumentelle Vorteile aufmerksam, die in der skeptisch
vorgeprägten Debatte über dieses anderswo gängige Regierungsformat in der Bun-
desrepublik häufig aus dem Blick geraten.
2 Definition und Vorkommen von Minderheitsregierungen
Eine Minderheitsregierung wird von einer Partei oder einer Koalition von Parteien
gebildet, die zusammen weniger als die Hälfte (50 %) plus eines der Abgeordne-
tenmandate innehaben und somit keine absolute Mehrheit im Parlament besitzen.
Entlang dieser Definition zeigt Abb. 1mit Hilfe der Datenbank „ParlGov“ (Dö-
ring und Manow 2023) die Verteilung von Kabinettstypen in 30 Demokratien zwi-
schen 1980 und 2023. Minderheitsregierungen erfreuen sich offensichtlich über Zeit
und Länder hinweg unterschiedlicher Beliebtheit. Einerseits fällt auf, dass sich in
Deutschland, Finnland, Malta und Luxemburg bisher keine Minderheitsregierungen
nach Wahlen auf nationaler Ebene gebildet haben. Dagegen sticht die Dominanz
von Minderheitsregierungen in Dänemark, Schweden, Norwegen und Neuseeland
ins Auge. Dass sich Minderheits- und Mehrheitsregierungen auch regelmäßig ab-
wechseln können, illustrieren z.B. Spanien, Litauen oder Kroatien. In jüngerer Zeit
gab es erstmalige Episoden von Minderheitsregierungen im Vereinigten Königreich
(2017–2019), den Niederlanden (2010–2012) und Australien (2010–2013).
Minderheitsregierungen sind im Zeitverlauf häufiger geworden. In den 1980er-
Jahren waren nur etwa 25% aller Regierungen Minderheitsregierungen, in den
2010er Jahren sind es mehr als 33%.
3 Warum bilden sich Minderheitsregierungen? Handlungskalküle,
institutionelle und situative Hintergründe
Minderheitsregierungen mögen auf den ersten Blick als kontraintuitiv oder gar „im-
plausible and undemocratic“ gelten (Laver und Shepsle 1996, S. 262). Vor allem
drängt sich die Frage auf, warum Oppositionsparteien überhaupt eine Minderheits-
regierung akzeptieren und stützen sollten, wenn sie diese Unterstützung doch in ei-
ner Mehrheitskoalition gegen Ämter und exekutive Privilegien eintauschen könnten
(Gamson 1961;Riker1984). Zudem: Wie kann eine Minderheitsregierung überhaupt
funktionieren, wenn doch in der Demokratie Mehrheiten regieren sollten?
Es war das große Verdienst von Kaare Strøm (1990) diese Fragen erstmals um-
fassend zu beantworten und überzeugend darzulegen, dass Minderheitsregierungen
eine plausible und funktionsfähige Regierungsform darstellen. Wir tragen hier neue
und alte Antworten auf die Fragen zusammen, inwiefern die Handlungskalküle von
an vote, office und policy interessierten Parteien in Minderheitsregierungen münden
können und welche institutionellen (z.B. Investiturabstimmungen) und situativen
(z.B: Parteiensystem) Faktoren sie wahrscheinlicher machen.
Zahlreiche Oppositionsparteien in Skandinavien widersprechen dem Diktum des
früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, nach dem Opposition „Mist“ sei,
verzichten auf die Früchte von förmlicher Regierungsteilhabe und stützen dennoch
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M. Thürk, C. Stecker
Ungarn
Tschechische Republik
Spanien
Slowenien
Slowakei
Schweden
Rumänien
Portugal
Polen
Österreich
Norwegen
Niederlande
Neuseeland
Litauen
Lettland
Kroatien
Kanada
Japan
Italien
Island
Irland
Großbritannien
Frankreich
Finnland
Estland
Deutschland
Dänemark
Belgien
Australien
1980
1982
1984
1986
1988
1990
1992
1994
1996
1998
2000
2002
2004
2006
2008
2010
2012
2014
2016
2018
2020
2022
2024
Mehrheitsregierung Minderheitsregierung geschäftsführende Regierung
Abb. 1 Regierungstypen in ausgewählten Ländern 1980–2023. Anmerkung: Übergroße Koalitionen, sol-
che Koalitionen, die mehr Parteien umfassen als für eine parlamentarische Mehrheit notwendig wären, sind
als Mehrheitsregierung klassifiziert. Datenquelle: ParlGov (Döring und Manow 2023)
in unterschiedlichem Umfang eine Minderheitsregierung. Aus welchen Gründen tun
sie dies? Eine Antwort führt über das unity-distinctivenes-Dilemma (Boston und
Bullock 2012). Demnach müssen Regierungspartner einerseits danach streben, hin-
reichend einig zu handeln, um gemeinsam Politik zu gestalten und für getting things
done (Ganghof und Bräuninger 2006) kollektiv von Wählerinnen und Wählern be-
lohnt zu werden. Andererseits müssen Koalitionsparteien darauf achten, von ihren
Regierungspartnern unterscheidbar zu bleiben, um mit Hilfe eines erkennbaren Par-
teilabels für die Wählerschaft attraktiv zu bleiben.
In Mehrheitskoalitionen wird dieses Dilemma zugunsten von unity und auf Kos-
ten von distinctiveness aufgelöst. Auch wenn sich Koalitionsparteien regelmäßig
kommunikativ voneinander abgrenzen (Martin und Vanberg 2008), bilden sie ei-
ne klar erkennbare Handlungs- und Verantwortungseinheit, vor allem, da sie sich
zu vollständig einheitlichem Abstimmen im Parlament verpflichten. Regieren in
Koalitionen macht daher umfassende Kompromisse notwendig, die wiederum das
Profil einer Partei, also ihre distinctiveness schleifen können. Was programmati-
sche Profilschärfe und Wahlerfolge betrifft, sind Mehrheitskoalitionen eben auch
„Verschleißgemeinschaften“ (Koß 2021). Diese costs of ruling sind vielfältig und
vor allem an der Wahlurne umfangreich dokumentiert. In einer Analyse von 971
Wahlen in 74 Ländern zeigt Cuzán (2019), dass Regierungsparteien durchschnitt-
lich 4 % der Stimmen bei der nächsten Wahl einbüßen und bezeichnet dies als law of
shrinking support. Fortunato (2019) zeigt, dass Wählerinnen und Wähler ihrer Partei
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Flexibel, stabil und effektiv? Zum Stand der Forschung über Minderheitsregierungen
besonders dann ihre Stimme entziehen, wenn wenn sie diese als kompromissbereit
in der Regierung wahrnehmen. Klüver und Spoon (2020) und Hjermitslev (2020)
zeigen zudem, dass der Status als Juniorpartner in einer Koalition einen zusätzlichen
elektoralen Malus erzeugt.
Auch Regierungsteilhabe kann also „Mist“ sein und aufgrund der drohenden
elektoralen Bestrafung von Regierungsparteien, so stellte bereits Strøm (1990)fest,
kann es durchaus rational sein, einen Platz in der Opposition anzustreben. Im Jargon
der klassischen Zieltrias: Um ihre vote-Ziele zu erreichen, verzichten Parteien auf
office (Müller und Strøm 2010). Die Anreize auf der Oppositionsbank zu bleiben,
steigen weiter, wenn policy-Ziele auch von dort aus zu erreichen sind. Spieltheo-
retische Modellierungen zeigen, dass mit wachsender policy-Orientierung der Ak-
teure (vis-a-vis einer office-Orientierung) Minderheitsregierungen wahrscheinlicher
werden (Kalandrakis 2015; Bassi 2017; Golder et al. 2012). Mit Blick auf oppo-
sitionelles Mitregieren wurde argumentiert, dass starke Parlamentsausschüsse eine
Arena bereit stellten, von denen aus auch außerhalb der Regierung effektiv Politik
(mit)gestaltet werden kann (Mattson und Strøm 1995). In einer ländervergleichen-
den Studie ergibt sich jedoch keine Korrelation zwischen starken Ausschüssen oder
strukturellen Einflusskanälen für die Opposition mit der Bildung von Minderheits-
regierungen (Field und Martin 2022a). Zudem liegt der Schluss nahe, dass starke
Ausschüsse als Teil der Parlamentsorganisation keine exogenen Faktoren sind, die
Minderheitsregierungen begünstigen, sondern dass sich Parteien starke Ausschüsse
schaffen, wenn sie daran interessiert sind, institutionelle Rahmenbedingungen für
Minderheitsregierungen zu verbessern (McGann 2006, S. 448).
Im Zusammenspiel mit diesen Akteurskalkülen werden auch verschiedene insti-
tutionelle und situative Faktoren als Wegbereiter für Minderheitsregierungen dis-
kutiert. In der Reihe institutioneller Erklärungsfaktoren für Minderheitsregierung
nimmt die Investiturabstimmung, also die Wahl der Regierung, eine prominente
Rolle ein. Bergman (1993) führte die Unterscheidung zwischen negativen und po-
sitiven Parlamentarismus ein. In der ersten Gruppe (z.B. Norwegen, Schweden,
Dänemark) ist das Ausbleiben einer förmlich festgestellten Gegenmehrheit im Par-
lament (z.B. durch Misstrauensvotum) hinreichend dafür, dass eine neue Regierung
die Arbeit aufnehmen kann. Im zweiten Fall (z.B. Deutschland, Belgien, Spanien)
benötigt eine neue Regierung zunächst die explizite Zustimmung einer Parlaments-
mehrheit in einer förmlichen Abstimmung. Positiver Parlamentarismus, so vermu-
tete Bergmann (1993), erschwert die Geburt einer Minderheitsregierung, da vor
einer möglichen themenbezogenen Tolerierung Unterstützungsparteien ihre expli-
zite Zustimmung zur gesamten Regierung öffentlich vertreten müssten. Allerdings
zeigen sich empirisch keine klaren Zusammenhänge, wenn nur dichotom Existenz
oder Fehlen einer Investiturabstimmung berücksichtigt wird. Ein granularer Blick
auf 26 europäische Demokratien seit 1946 identifiziert die Mehrheitshürde bei der
Investitur als maßgeblich. So steigt die Wahrscheinlichkeit für Minderheitsregie-
rungen um 17%, wenn keine absolute sondern nur eine relative Mehrheit in der
Abstimmung für eine Regierung notwendig ist oder gar keine Investiturabstimmung
vorgesehen ist (Cheibub et al. 2021).
Dieses Ergebnis ist für die deutsche Diskussion über Minderheitsregierungen re-
levant. Das Grundgesetz drängt den Bundestag zwar dazu, eine Mehrheitsregierung
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zu bilden, indem es in der ersten und zweiten Stufe vorsieht, dass eine neue Kanz-
lerin die absolute Mehrheit der gesetzlichen Mitglieder des Bundestags auf sich
vereinen muss (Art. 63 GG). In einer dritten Stufe darf jedoch auch ein Minderhei-
tenkanzler mit relativer Mehrheit gewählt werden. Kann dieser chancellor elect eine
konstruktive Regierungsarbeit glaubwürdig in Aussicht stellen – so die herrschende
Meinung der Grundgesetzkommentatoren (Ganghofund Stecker 2015, S. 72) – sollte
der Bundespräsident ihn auch ernennen, anstatt den Bundestag aufzulösen. Interes-
santerweise genießt eine Minderheitenkanzlerin dann einen besonderen Schutz, da
sie im Rahmen des konstruktiven Misstrauensvotums nur von einer größeren, d.h.
absoluten Mehrheit ersetzt werden kann. Entsprechend ist es wichtig, die Nuancen
von Investiturabstimmungen zu verstehen (siehe für den internationalen Länderver-
gleich Rasch et al. 2015). In den deutschen Bundesländern finden sich verschiedene
Ausgestaltungen von Investiturabstimmungen, wobei in den meisten Fällen einfa-
che und relative Investiturmehrheiten hinreichen und Minderheitsregierungen somit
nicht institutionell ausgeschlossen sind (Klecha 2010).
Eine wichtige Hintergrundbedingung bilden Fragmentierung und Polarisierung
des Parteiensystems (Dodd 1976; Warwick 1998; Kalandrakis 2015). Minderheits-
regierungen werden wahrscheinlicher, wenn eine mittige Partei einer fragmentierten
und polarisierten Opposition gegenübersteht. Größere zentristische bzw. Median-
Parteien haben in dieser Situation eine besonders gute Verhandlungsposition (Laver
und Shepsle 1996, S. 66ff.; Crombez 1996), da sie mit Partnern zu ihrer Rechten
und Linken prinzipiell mehrheitsfähig sind, diese Partner sich aber wiederum selbst
nicht gegen die Minderheitsregierung vereinen können oder wollen. Minderheits-
regierungen können dergestalt als Gleichgewichtslösung verstanden werden, da es
keine parlamentarische Mehrheit für eine alternative Regierung gibt (Martin und
Stevenson 2001). Dass Minderheitsregierungen heute häufiger vorkommen, kann
daher auch mit der gewachsenen Fragmentierung und Polarisierung in zahlreichen
parlamentarischen Demokratien zusammenhängen; vor allem in Ländern mit einer
geringen Anzahl von legislativen Veto Punkten (Thürk et al. 2021).
4 Mehrheitsbildung unter Minderheitsregierungen
Um zu regieren, benötigt jede demokratische Regierung in jeder Abstimmung eine
Mehrheit im Parlament. Mehrheitskoalitionen lösen dieses Problem, indem sich ihre
Partner auf eine Regierungsmehrheit für die Dauer einer Legislaturperiode einigen.
Dabei billigen sie sich meist umfassende innerkoalitionäre Vetorechte zu und schlie-
ßen die Opposition in der Regel vollständig von der Mehrheitsbildung aus (Tsebelis
2002; McGann 2006). Die Exekutivkoalition fällt also mit den legislativen Koali-
tionen, die sich im Parlament bilden, zusammen. Minderheitsregierungen können
Mehrheiten auf unterschiedliche Arten organisieren. An einem Ende des Spektrums
stehen formal minority cabinets (Strøm 1990, S. 62), die von einem Partner dauer-
haft gestützt werden.1Sie funktionieren praktisch wie „versteckte Mehrheitsregie-
1Strøm (1990, S. 62) definiert diesen Typ anhand von vier Kriterien: 1) die Unterstützungsvereinbarung
wurde vor der Regierungsbildung verhandelt, 2) ist explizit und umfassend, 3) zielt auf das langfristige
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Flexibel, stabil und effektiv? Zum Stand der Forschung über Minderheitsregierungen
rungen“. Das zwischen 1994 und 2002 in Sachsen-Anhalt praktizierte „Magdeburger
Modell“ kam diesem Typ nah, da das SPD-geführte Minderheitenkabinett (zunächst
mit, dann ohne die Grünen) ausschließlich Mehrheiten mit der PDS bildete (Tho-
mas 2003; Renzsch und Schieren 1997). Auch schwedische Minderheitsregierungen
zählen häufig zu diesem Typ (Bäck und Hellström 2022).
Am anderen Ende des Kontinuums stehen substantive minority governments,die
sich dadurch auszeichnen, dass die Mehrheitsbildung nicht vorab festgelegt ist, son-
dern gegebenenfalls kurzfristiger und flexibler erfolgt. Das rot-grüne Minderheits-
kabinett in Nordrhein-Westfalen kam diesem Typ näher (Vielstädte 2012). Im inter-
nationalen Ländervergleich gelten dänische Minderheitsregierungen als idealtypisch
(Green-Pedersen 2001). Eine Grundvoraussetzungfür diese Art der Gesetzgebung ist
Kooperationswille und die Kompromissfähigkeit der relevanten legislativen Partei-
en. Substantielle Minderheitsregierungen sind zudem dann besonders aussichtsreich,
wenn es mehr als eine realistische Option für Mehrheitsbildung gibt (Ganghof et al.
2019).
Bemerkenswert ist, dass die Flexibilität von Minderheitsregierungen so weit ge-
hen kann, dass sie einen gegen sie gerichteten legislativen Mehrheitswillen exeku-
tieren. So hat eine liberal-konservative Minderheitsregierung in Dänemark zwischen
1982 und 1988 mehr als 100 Abstimmungsniederlagen im von ihr für nachrangig
definierten Thema Außenpolitik akzeptiert (Damgaard und Svenson 1989). Auch in
Schottland tolerierte eine von der Scottish National Party zwischen 2007 und 2011
angeführte Minderheitsregierung Mehrheitsentscheide gegen sich (Cairney 2011,
S. 265; Paun 2009, S. 59).
Abb. 2visualisiert vergleichende Daten zur Klassifizierung von Minderheitsregie-
rungen von Thürk (2022). Sie zeigen, dass formale und substantielle Minderheits-
regierungen nicht nur weit verbreitet sind, sondern auch innerhalb einzelner Länder
abwechselnd vorkommen. Im Zeitverlauf ist dabei eine deutliche Veränderung zu
beobachten. Während Strøm im Jahr 1990 noch registrierte, dass formale Min-
derheitsregierungen selten und eher regional konzentriert auftreten, veranschaulicht
Abb. 2, dass formale Minderheitsregierungen inzwischen in nahezu allen untersuch-
ten Ländern anzutreffen sind, in denen nicht allein Mehrheitsregierungen gebildet
werden.
Zudem hat sich das Format von Minderheitsregierungen über die Zeit deutlich
verändert, wie Abb. 3hervorhebt. Bestanden in den 1970ern die meisten (71%)
Minderheitenkabinette aus einer Partei, dominieren in den 2010ern Minderheitenko-
alitionen (65 %). Zugleich haben sich die Anteile von Minderheitenkabinetten mit
formalen Unterstützungspartnern von 6% in den 1970ern auf 65 % in den 2010ern
erhöht (Thürk und Krauss 2023). Allerdings gibt es zahlreiche, sich teils widerspre-
chende Konzeptualisierungsvorschläge für support parties (Thesen 2016; Bäck und
Bergman 2016), so dass häufig ein genauer Blick in die einzelnen Ländern anzuraten
ist.
Auch führt ein genaues Verständnis von Minderheitsregierungen neben syste-
matischen Faktoren wie Investiturabstimmung oder Polarisierung nur über länder-
Überleben der Regierung und 4) sichert eine parlamentarische Mehrheit unter Einschluss der Unterstüt-
zungspartei.
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Australien
Belgien
Bulgarien
Dänemark
Deutschland
Estland
Finnland
Frankreich
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Grossbritanien
Irland
Island
Italien
Kanada
Kroatien
Lettland
Litauen
Neuseeland
Niederlande
Norwegen
Österreich
Polen
Port ugal
Rumänien
Schweden
Slowakei
Slowenien
Spanien
Tschechische Republik
Ungarn
Anzahl Kabinette
Substantielle Minderheitsregierung Formale Minderheitsregierung Mehrheitskoalition Einparteienmehrheitsregierung
Abb. 2 Regierungstypen in 30 parlamentarischen Demokratien (1980–2023). Anmerkung: Die Daten
basieren auf ParlGov (Döring und Manow 2023) und Thürk (2022) und enden 2023
spezifische Einblicke. Beispielsweise gilt das Zwei-Block-System der Parteien als
Funktionsgarant skandinavischer Minderheitenkabinette (Green-Pedersen und Skjæ-
veland 2020). Die Parteien ordnen sich typischerweise in zwei gegensätzliche Blöcke
ein: den linken oder den rechten, und bekennen sich zur Unterstützung der Spitzen-
kandidatin der größten Partei ihres Blocks. Falls ihr eigener Block stärker ist als der
gegnerische, unterstützen die Parteien häufig die führende Partei bei der Bildung
eines Minderheitskabinetts, ohne formal Teil der Regierung zu sein.
In Neuseeland hat sich nach dem Wechsel von einem Mehrheits- zu einem Ver-
hältniswahlsystem eine besonders innovative und pragmatische Infrastruktur von
support parties herausgebildet, die auch unter der Bezeichnung ,contract parlia-
mentarism‘ (Bale und Bergman 2006b) firmiert. Als wichtiges Instrument dienen
hier confidence and supply agreements, in denen sich die Regierung für die Dauer
einer Legislaturperiode der Unterstützung einer oder mehrerer Oppositionsparteien
versichert (Boston 2009; Boston und Bullock 2012). Diese Abkommen beinhalten
etwa allgemeine Zusagen, die politischen Prioritäten von support parties zu berück-
sichtigen, Vereinbarungen über konkrete Gesetzgebungsprojekte oder Konsultatio-
nen zum Haushaltsplan. Auch in Schweden (Bale und Bergman 2006a), Schottland
(Cairney 2011) und Kanada (Chalmers 2009) finden sich verschiedene Elemente von
contract parliamentarism. Eine bisher einzigartige neuseeländische Erfindung sind
support party ministers. Diese Minister werden zwar in die Exekutive aufgenommen.
Sie sind aber nur in ihrem jeweiligen Geschäftsbereich zur Kabinettsdisziplin ver-
pflichtet und können sonst im Rahmen von agree-to-disagree-Klauseln abweichende
Meinungen in speech & vote vertreten (White 2005).
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Flexibel, stabil und effektiv? Zum Stand der Forschung über Minderheitsregierungen
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1970er 1980er 1990er 2000er 2010er 2020er*
Jahrzehnt
Anzahl Minderheitskabinette
Einparteienregierung Koalition
Einparteienregierung vs. Koalition
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1970er 1980er 1990er 2000er 2010er 2020er*
Jahrzehnt
Anzahl Minderheitskabinette
Keine Vereinbarung Unterstützungsvereinbarung
Formelle Vereinbarung
Abb. 3 Eigenschaften von 206 Minderheitsregierungen in 28 Demokratien (1970–2023). Anmerkung:
Die Daten basieren auf ParlGov (Döring und Manow 2023) und Thürk (2022) und enden 2023
Verschiedene Studien haben die tatsächliche legislative Mehrheitsbildung auf Ab-
stimmungsebene von Minderheitenkabinetten, teils im Vergleich zu Mehrheitskabi-
netten (Louwerse et al. 2017), genauer unter die Lupe genommen. Diese Analysen
sind allerdings noch rar gesät, da das Abstimmungsverhalten außerhalb namentlicher
Abstimmungen oftmals mühsam aus Plenarprotokollen erhoben werden muss. Für
die Niederlande (2010–2012) wurde gezeigt, dass die konservative Minderheitsre-
gierung Rutte I praktisch wie eine Mehrheitskoalition mit der Unterstützungspartei
PVV von Geert Wilders funktionierte, also wenig Varianz in der Zusammensetzung
der legislativen Koalitionen auftrat (Green-Pedersen und Otjes 2019). Betrachtungen
des rot-grünen Minderheitenkabinetts in Nordrhein-Westfalen (2010–2012) zeigen,
dass die meisten legislativen Mehrheiten zwar mit den LINKEN gebildet wurden,
aber auch auf bestimmten Politikfeldern mit CDU und FDP zusammengearbeitet
wurde (Ganghof et al. 2012). Eine Analyse der innovativen Kooperationsformate
die seit 2002 in Neuseeland praktiziert werden zeigt, dass die Regierung Mehrhei-
ten mit support parties in häufig unterschiedlicher Zusammensetzung bildet (Al-
Gaddooa 2023; siehe auch Williams 2012).
In Dänemark variieren legislative Koalitionen stärker. Ein zentrales Instrument
für die Mehrheitsbildung sind hier legislative policy-Abkommen, sogenannte forlig.
Diese schriftlichen und öffentlichen Abkommen werden zwischen Regierungs- und
Oppositionsparteien für die Dauer einer Legislaturperiode (oder gar länger) abge-
schlossen und konzentrieren sich jeweils auf einen bestimmten Politikbereich, z.B.
auf eine Rentenreform oder ein Migrationsabkommen. So können verschiedene par-
teiliche Koalitionen ein stabiles Regieren ermöglichen (Christiansen 2008). Chris-
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M. Thürk, C. Stecker
tiansen und Pedersen (2014) sehen in diesen Abkommen einen rationalen policy-
Tauschhandel zwischen Regierung und Unterstützungsparteien.
Tauschhandel (log-rolls) erklären auch das Rational hinter Minderheitsregierun-
gen in anderen Ländern. So sind beispielsweise spanische Minderheitskabinette ef-
fektiv, weil sie sich von regionalen Parteien unterstützen lassen, welche auf nationa-
ler Ebene einen geringen politischen Gestaltungswillen haben. Gern unterstützen sie
die nationalen Regierungen im Gegenzug für einen Transfer von mehr regionaler Au-
tonomie und finanzielle Unterstützung für ihre Regionen (Field 2016; Heller 2002).
Ähnlich argumentieren Kefford and Weeks (2020) ihrer Analyse Irlands und Austra-
liens: in beiden Fällen haben sich Minderheitsregierungen ihre Zusammenarbeit mit
parteilosen Abgeordneten „erkauft“, indem diese von policy-Zugeständnissen für ih-
re Wahlkreise profitiert haben. Anghel und Thürk (2021) zeigen, dass in Rumänien
eine ethnisch basierte Spielart dieser Strategie auftritt: ethnische Minderheitspartei-
en verhandeln Zugeständnisse für ihre Gruppe und unterstützen im Gegenzug die
nationale Minderheitsregierung.
Wir erinnern uns: Ein Rational von Minderheitsregierungen lag darin, dass sich
Unterstützungsparteien außerhalb des Kabinetts vom elektoralen Fluch einer förm-
lichen Regierungsteilhabe freimachen könnten. Ist diese Hoffnung aber auch empi-
risch berechtigt? Zunächst zeigt eine Studie über 23 Jahre schwedischer Minderheits-
regierungen, dass Unterstützungsparteien ihre Zusammenarbeit mit der Regierung
strategisch über die Legislaturperiode dosieren. Nach und vor einer Wahl – Zeiträu-
me in denen distinctiveness besonders wichtig erscheint – stimmen sie deutlich
seltener mit der Regierung als in der Mitte der Wahlperiode (Müller und König
2021). Die Vermutung strategisch dosierter Unterstützung wird dadurch bekräftigt,
dass die Zustimmung noch einmal geringer ausfällt, wenn es sich um für die Parteien
saliente Themen handelt (Müller 2022).
Allerdings legen verschieden Studien den Schluss nahe, dass support parties der
Verantwortungs- und elektoralen Verschleißgemeinschaft mit der Regierung nicht
gänzlich entrinnen können. Die Auswertung von Wahlumfragen in den Niederlan-
den (2012) ergibt beispielsweise, dass 60 % der niederländischen Befragten die PVV
um Geert Wilders – Unterstützungspartei für das MinderheitenkabinettRutte I – eher
als Kabinetts-, denn als Oppositionspartei wahrnahmen und ihr einen ähnlich hohen
politischen Einfluss zumaßen, wie dem formalen Koalitionspartner (Tromborg et al.
2019, S. 1593). Allerdings nahmen die ebenso befragten dänischen Wählerinnen
und Wähler (2014) die zwei dortigen Unterstützungsparteien eher als Oppositions-
parteien wahr, wenn Sie nicht die Antwortoption „Support Partei“ hatten (siehe auch
Fortunato et al. 2021, S. 12). Eine Studie für Skandinavien (1981–2014) stellt fest,
dass Unterstützungsparteien im Mittel zwar keine Wählerstimmen verlieren, aber
auch keine gewinnen (Thesen 2016). Laut internationalen Umfragen zeigt sich, dass
support parties als „pseudo-Opposition“ eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, ge-
wählt zu werden, wenn die Regierung beliebt ist, aber im umgekehrten Fall auch
abgestraft werden können (Hjermitslev 2023).
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Flexibel, stabil und effektiv? Zum Stand der Forschung über Minderheitsregierungen
5 Zur Leistungsbilanz von Minderheitsregierungen
Minderheitsregierungen haben in der Bundesrepublik eher einen schlechten Ruf. Für
viele gilt nach wie vor Klaus von Beymes dogmatische Feststellung, sie seien ein
unerwünschtes Krisenphänomen (von Beyme 1973). Diese Diagnose scheint jedoch
aus einer Überinterpretation historischer Besonderheiten zu resultieren – die letzten
demokratischen Regierungen der Weimarer Republik waren instabile Minderheits-
regierungen – und lässt einen Blick in die Variationen von Minderheitsregierungen
in etablierten Demokratien vermissen. So sind Minderheitsregierung beispielswei-
se in Ländern besonders häufig anzutreffen, in denen die Demokratiequalität und
Zufriedenheit besonders hoch ist, z.B. in Skandinavien, Kanada oder Neuseeland.
Minderheitsregierungen, so werden wir in diesem Abschnitt diskutieren, haben ver-
schiedene Vor- und Nachteile und mögen unter bestimmten Rahmenbedingungen
besser funktionieren als Mehrheitskoalitionen.
Ein erster Vorteil von Minderheitsregierungen liegt darin, dass sie eher geeignet
sind, demokratische Mehrheitsherrschaft zu verwirklichen als Mehrheitskoalitionen.
Um diese paradox anmutende These nachzuvollziehen, muss man sich vergegen-
wärtigen, dass „Mehrheit“ unterschiedlich verstanden werden kann. „Mehrheit“ in
Mehrheitskoalitionen steht dafür, dass sich Parteien mit einer absoluten Sitzmehrheit
im Parlament zu einem Kartell zusammenschließen und ein großes Kompromisspa-
ket über alle Themenbereiche aushandeln, was typischerweise in Koalitionsverträgen
festgehalten wird (McGann 2006). In diesem Kompromisspaket kommen verschie-
dene Paketdeals und auch einzelne innerkoalitionäre Vetos zum Tragen, so dass
sich mit einem isolierten Blick auf einzelne Themen auch Minderheiten durchsetzen
können. So gibt es verschiedene Beispiele, in denen Mehrheiten im Deutschen Bun-
destag nicht realisiert werden konnten, da sie nur außerhalb des Koalitionskorsetts
erreichbar waren. Beispielsweise scheiterte eine frühere Gleichstellung gleichge-
schlechtlicher Partnerschaften am innerkoalitionären Veto von CDU/CSU in einer
großen und einer schwarz-gelben Koalition (Stecker 2020; Lorenz und Riese 2014).
Andererseits wurden Minderheitenprojekte, wie das von der CSU propagierte Be-
treuungsgeld umgesetzt. „The facade of majority government“, so brachte es der
neuseeländische Politikwissenschaftler Jack Nagel (2012, S. 9) auf den Punkt, „too
often conceals a logrolled reality of minorities rule over specific policies.“ Min-
derheitsregierungen können im Idealfall themenspezifisch, d.h. in jeder Sachfrage
separat, Mehrheiten bilden, da sie sich gerade nicht in einem rigiden Parteienkar-
tell binden. Dies kann vor allem vorteilhaft sein, wenn die Konfliktstruktur in einer
Gesellschaft mehrdimensional ist (Ganghof 2015). Für Ward und Weale (2010)ist
diese majorities rule, also das Bilden themenspezifischer Mehrheiten, koalitionären
Kompromisspaketen normativ überlegen, da sie dem Ziel von politischer Gleichheit
näherkommt. Neben diesem normativen Vorzug, können Minderheitsregierungen
den Handlungsspielraum von Politik erweitern, da alle Präferenzen im Parlament
für die Mehrheitsbildung berücksichtigt werden und nicht die der Opposition, wie
im Fall von Mehrheitskoalitionen, ausgeschlossen werden. Minderheitsregierungen
können daher unter bestimmten Bedingungen sehr effektiv politische Reformpro-
zesse leiten, wie dies beispielsweise in Dänemark beobachtbar war (Green-Pedersen
2001).
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M. Thürk, C. Stecker
Die Art und Weise der Mehrheitsbildung, mit flexiblen oder fixen Gesetzgebungs-
koalitionen, erzeugt wiederum selbst verschiedene Vor- und Nachteile. Bei flexibler
Mehrheitsbildung kann die clarity of responsibility leiden, d.h. es ist es für die Wäh-
ler schwieriger abzuschätzen, welche Parteienkonstellationen nun genau für welche
Entscheidung in welchem Politikfeld verantwortlich sind. Minderheitsregierungen
teilen mit Mehrheitsregierungen ein wichtiges Ziel: sie wollen keine Abstimmungen
verlieren (Thürk 2021). Einerseits können sie dabei versucht sein, Mehrheiten in-
transparent in ministeriellen Hinterzimmern zu bilden. Andererseits können sie dazu
tendieren, sich selbst zu limitieren, indem aussichtslose Gesetzgebungsvorschläge
in der Schublade bleiben (Matthieß 2019). Freilich können für Mehrheitskoalitionen
ähnliche Aussagen getroffen werden.
Analysen der konkreten Gesetzgebungstätigkeit von Minderheitsregierungen zei-
gen eine gemischte Bilanz ihrer Durchsetzungsstärke (Field und Martin 2022b). Ei-
nige Studien attestieren, dass es Minderheitsregierungen gelingt, einen Großteil ihrer
Gesetzesentwürfe durch das Parlament zu bringen (Saiegh 2011). Jedoch sind vor
allem substantielle Minderheitsregierungen dafür anfällig, dass die Opposition für
eigene Anträge Mehrheiten mit weiteren Oppositionsparteien gegen die Regierung
bildet (Thürk 2022). Zuletzt zeigte sich dies in Thüringen, wo die Oppositionspartei
CDU gemeinsam mit FDP und AfD ein Gesetz zur Senkung der Grunderwerb-
steuer gegen die rot-rot-grüne Minderheitsregierung durchsetzte. Mit Blick auf die
Erfüllung von Wahlversprechen (pledge fulfillment) sind keine nennenswerten Un-
terschiede zwischen Minderheits- und Mehrheitsregierungen erkennbar (Thomson
et al. 2017). So konnte für die rot-grüne Minderheitsregierung in NRW gezeigt wer-
den, dass diese eine gleichwertige Leistung bei der Erfüllung von Wahlversprechen
aufweist wie Mehrheitskoalitionen (Matthieß 2019).
Traditionell galten Minderheitsregierungen im Vergleich zu Mehrheitskoalitionen
als instabiler. In einer Untersuchung von 248 Koalitionskabinetten in 15 europäi-
schen Ländern von 1945 bis 1999 zeigt Saalfeld (2007, S. 195), dass Minderheits-
koalitionen ein etwa um 60 % größeres Risiko als Mehrheitskoalitionen aufweisen,
vor dem regulären Ende einer Legislaturperiode zu scheitern. Auch in Mittel- und
Osteuropa finden sich niedrigere Stabilitätswerte für Minderheitsregierungen (Grotz
und Weber 2012, S. 713). Die dort gezeigte geringere Stabilität von Minderheits-
regierungen wird in einem engeren Zusammenhang mit der Art ihrer Mehrheits-
bildung gesehen. Instabilität drohe insbesondere dann, wenn Mehrheiten kurzfris-
tig mit verschiedenen Partnern gefunden werden müssen (Saalfeld 2007, S. 187).
Beispielhaft steht dafür das rot-grüne Minderheitskabinett im Düsseldorfer Landtag,
das sich meist erst nach einem Kabinettsbeschluss anschickte, eine parlamentarische
Mehrheit zu organisieren (Terhorst und Vielstädte 2012). Diese fallweise Mehrheits-
bildung fiel ungünstig damit zusammen, dass den Parteien die Konsequenzen von
Haushaltsabstimmungen nicht bewusst waren und trug 2012 schließlich zum vorzei-
tigen Ende der Minderheitsregierung bei (Vielstädte 2012). Allerdings findet neuere
Forschung, die auch die Rolle von Unterstützungsabkommen berücksichtigt, keine
signifikanten Stabilitätsnachteile von Minderheitsregierungen. Dies gilt besonders,
wenn die Mehrheitsbildung in langfristige Kooperationsvereinbarungen eingebettet
ist, wie im Fall von substantiellen Minderheitsregierungen, die sich ohnehin zum
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Flexibel, stabil und effektiv? Zum Stand der Forschung über Minderheitsregierungen
dominanten Minderheitsregierungstyp zu entwickeln scheinen (Krauss und Thürk
2022; Stecker und Ganghof 2016).
Während die Präferenzen der Bürgerinnen und Bürger gegenüber politischen In-
stitutionen wie z. B. dem Wahlsystem zunehmend gut erforscht sind (z.B. Jankowski
et al. 2019) ist die Studienlage zu Minderheitsregierungen recht dünn. Für Kana-
da zeigt eine Studie, das Bürgerinnen und Bürger weniger normativ als strategisch
über Minderheitsregierungen nachdenken und diese präferieren, wenn ihre favo-
risierte Partei davon profitieren würde (Dufresne und Nevitte 2012). Die Analyse
einer Umfrage vor der Bundestagswahl 2021 bestätigt das unterkühlte Verhältnis der
Deutschen zu Minderheitsregierungen (Matthieß und Stecker 2023). Nur 25% der
Befragten würden eine Minderheitsregierung gegenüber einer Mehrheitsregierung
bevorzugen, wobei keine großen Unterschiede in der erwarteten Leistungsfähigkeit
zwischen Mehrheits- und Minderheitsregierungen bestehen.
Frühe Studien der politischen Ökonomie kamen noch zu dem Schluss, dass unter
Minderheitsregierungen Budgetdefizite entstehen. Begründet wurde dies mit Ver-
weis auf ihre vermeintlich schwächere Verhandlungsmacht und der Notwendigkeit,
parlamentarische Partner mit finanziellen Wohltaten für deren Wählerschaft „ein-
zukaufen“ (Blais et al. 1993; Edin und Ohlsson 1991). Neuere Untersuchungen
bezweifeln jedoch diesen Zusammenhang und finden keine niedrigere Haushaltsdis-
ziplin von Minderheitsregierungen (Potrafke 2021; Haan und Sturm 1994).
6 Fazit und Ausblick
Der vorliegende Literaturbericht hat die aktuelle Literatur zu verschiedenen Aspek-
ten von Minderheitsregierungen zusammengefasst. Wir haben anhand aktueller Da-
ten (Thürk 2022; Döring und Manow 2023) gezeigt, dass Minderheitsregierungen in
parlamentarischen Demokratien häufig und in unterschiedlicher Form vorkommen.
Insbesondere die Einbettung von Minderheitsregierungen in formale Abkommen mit
Unterstützungsparteien – als formale Minderheitsregierungen – ist zuletzt häufiger
zu beobachten. Allerdings zeigt sich, dass auch die support parties dem Fluch des
(Mit)regierens nicht vollends entkommen. Wählerstimmenverluste zu vermeiden,
gilt indes als eine der Hauptmotivationen, warum Parteien auf die Früchte von Re-
gierungsämtern verzichten und Minderheitsregierungen aus der Opposition heraus
unterstützen.
Mit Blick auf die Leistungsbilanz von Minderheitsregierungen haben wir auf ver-
schiedene Vor- und Nachteile dieses Regierungstyps aufmerksam gemacht. Dabei
fiel auf, dass eine grobe Unterscheidung in Minderheits- und Mehrheitsregierungen
oftmals zu kurz greift. Entscheidend ist meist die Frage, wie genau Minderheitsregie-
rungen ausgestaltet sind (Existenz von Unterstützungsabkommen) und welche Hin-
tergrundbedingungen vorliegen (z.B. Verfügbarkeit verschiedener Unterstützungs-
parteien).
Minderheitsregierungen erscheinen vor allem geeignet, in zersplitterten und po-
larisierten Parteiensystemen stabiles Regierungshandeln zu erleichtern. Da sich das
Parteiensystem der Bundesrepublik in diese Richtung gewandelt hat und Mehrheits-
koalitionen an Grenzen stoßen (Klecha 2011), werden hierzulande Minderheitsregie-
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M. Thürk, C. Stecker
rungen auch zunehmend differenziert in der Politikwissenschaft gewürdigt (Niclauß
2017; Grande 2014;Koß2021). Gleichzeitig halten vor allem politische Eliten am
Modell der Mehrheitskoalition fest, obwohl es zunehmend schwieriger zu bilden und
zu managen ist. Minderheitsregierungen werden, wie in Thüringen, nur als Notlö-
sung erwogen (Debes 2021) und nicht nach den Leitlinien einer modernen minority
coalition governance geführt. Dabei bieten die 16 Länder ein günstiges Umfeld,
moderne Minderheitsregierungen zu erproben. Innovative und institutionell abgesi-
cherte Minderheitsregierungen wie in Schweden oder Neuseeland sind bisher leider
nicht in der Bundesrepublik versucht worden.
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