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Zur Bestimmung bruchmechanischer Kennwerte am Piezo-Aktor ---- To the determination of characteristic fracturemechanical values at a piezoelectric actuator

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Risse an oder in dünnen Metallelektroden stellen eine Ausfallursache für Piezo-Aktoren dar. Von Interesse sind daher die das stabile Risswachstum bestimmenden bruchmechanischen Parameter für den Piezokeramik-Elektroden-Grenzflächenriss. Die bruchmechanischen Parameter werden theoretisch und experimentell bestimmt. Die Messung der zu einem Rissfortschritt führenden elektrischen und mechanischen Lasten erfolgt an 4-Punkt Biegeproben. Mit Hilfe der theoretischen Lösung für das Rissspitzenfeld des verallgemeinerten ebenen elektro-mechanischen Problems werden die K-Faktoren definiert. Die Bestimmung der kritischen K-Faktoren erfolgt mittels numerisch berechneter Geometriefunktionen für die 4-Punkt Biegeprobe. Aus dem Rissschließintegral ergibt sich der Zusammenhang zwischen den K-Faktoren und der Energiefreisetzungsrate. ------------ Cracks at thin electrodes are a known failure mode of piezoelectric actuators. For that reason the fracture mechanical parameters determining the stable crack grow for such interfacial cracks are of interest. The fracture mechanical parameters will be determined theoretically and experimentally. The measurement of the critical loads leading to crack growth are performed at 4-point bending specimens. Using the theoretical solution for the near tip crack field of the generalized two-dimensional problem the intensity factors will be defined. The determination of the critical intensity factors results from numerically calculated shape functions for the 4-point bending specimen. The crack closure integral gives the connection between the intensity parameters and the energy release rate.
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ZUR BESTIMMUNG BRUCHMECHANISCHER
KENNWERTE AM PIEZO-AKTOR
C. Häuslera, H. Jelittob, H. Balkea, G. A. Schneiderb
a Technische Universität Dresden, Institut für Festkörpermechanik, D-01062 Dresden
b Technische Universität Hamburg-Harburg, Advanced Ceramics Group, Denickestr. 15, D-21073 Hamburg
Zusammenfassung: Risse an oder in dünnen Metallelektroden stellen eine Ausfall-
ursache für Piezo-Aktoren dar. Von Interesse sind daher die das stabile Risswachs-
tum bestimmenden bruchmechanischen Parameter für den Piezokeramik-Elekt-
roden-Grenzflächenriss. Die bruchmechanischen Parameter werden theoretisch und
experimentell bestimmt. Die Messung der zu einem Rissfortschritt führenden elektri-
schen und mechanischen Lasten erfolgt an 4-Punkt Biegeproben. Mit Hilfe der theo-
retischen Lösung für das Rissspitzenfeld des verallgemeinerten ebenen elektro-
mechanischen Problems werden die K-Faktoren definiert. Die Bestimmung der kriti-
schen K-Faktoren erfolgt mittels numerisch berechneter Geometriefunktionen für die
4-Punkt Biegeprobe. Aus dem Rissschließintegral ergibt sich der Zusammenhang
zwischen den K-Faktoren und der Energiefreisetzungsrate.
Stichwörter: 4-Punkt Biegung, Piezo-Aktor, Grenzflächenriss, K-Faktoren, Energie-
freisetzungsrate
TO THE DETERMINATION OF CHARAKTERISTIC
FRACTUREMECHANICAL VALUES AT A
PIEZOELECTRIC ACTUATOR
Abstract: Cracks at thin electrodes are a known failure mode of piezoelectric actua-
tors. For that reason the fracture mechanical parameters determining the stable
crack grow for such interfacial cracks are of interest. The fracture mechanical pa-
rameters will be determined theoretical and experimental. The measurement of the
critical loads leading to crack grow are performed at 4-point bending specimens. Us-
ing the theoretical solution for the near tip crack field of the generalized two dimen-
sional problem the intensity factors will be defined. The determination of the critical
intensity factors results from numerical calculated shape functions for the 4-point
bending specimen. The crack closure integral gives the connection between the in-
tensity parameters and the energy release rate.
Keywords: 4-point bending, piezoelectric actuator, interfacial crack, intensity pa-
rameters, energy release rate
Einleitung
Piezo- und ferroelektrische Keramiken werden in vielen Gebieten der Technik als
Sensor- und Aktormaterial genutzt. Piezo-Aktoren bestehen dabei u.a. aus mit dün-
nen Metallelektroden versehenen piezokeramischen Schichten die zu einem Stapel
(Multilayer-Aktoren) verbunden sind. Es ist bekannt, dass Risse an oder in den dün-
nen Metallelektroden eine Ausfallursache für die Piezo-Aktoren darstellen. Deswe-
gen sollen die das stabile Risswachstum bestimmenden bruchmechanischen Para-
meter an dem Piezokeramik-Metallelektroden-Grenzflächenriss theoretisch und ex-
perimentell bestimmt werden.
Die Messung der zu einem Rissfortschritt führenden elektrischen und mechani-
schen Lasten erfolgt an 4-Punkt Biegeproben. Zur Herstellung der 4-Punkt Biege-
proben werden handelsübliche Piezo-Aktoren genutzt. Die Anrisse in der Grenzflä-
che entstehen ausgehend von einem Kerb durch statische Belastung der Probe in
einer sehr steifen Biegeapparatur. Die verwendete Biegeapparatur erlaubt ein kon-
trolliertes stabiles Vorantreiben der Grenzflächenrisse.
Da Keramiken spröde Materialien sind, kommt die lineare elektro-mechanische
Bruchmechanik zur Anwendung. Ausgehend von der theoretischen Lösung für das
Rissspitzenfeld des verallgemeinerten ebenen elektro-mechanischen Problems wer-
den die K-Faktoren definiert. Der Zusammenhang zwischen den K-Faktoren und der
Energiefreisetzungsrate folgt aus dem Rissschließintegral.
Die Bestimmung der kritischen K-Faktoren erfolgt mittels Geometriefunktionen für
die 4-Punkt Biegeprobe. Die Geometriefunktionen ergeben sich numerisch aus FEM-
Rechnungen unter Einbeziehung der theoretischen Lösung für das Rissspitzenfeld.
Aus den kritischen K-Faktoren folgt die kritische Energiefreisetzungsrate.
Zur Kontrolle der Ergebnisse dient der Vergleich der im Experiment aus Compli-
ance–Messungen bestimmte Energiefreisetzungsrate und der mittels der K-Faktoren
berechneten Energiefreisetzungsrate.
Probenpräparation, Versuchsanordnung und Messdaten
Die Präparation der 4-Punkt Biegeproben erfolgte aus Piezo-Aktoren mit zwei unter-
schiedlichen PZT-Materialen der Firma Bosch. Einer der Piezo-Aktoren (Typ A) war
gepolt, der andere Piezo-Aktor (Typ B) ungepolt.
Das Präparieren der Biegeproben aus den Aktoren gestaltet sich sehr aufwendig.
Die passiven Bereiche am Rand der Aktoren müssen entfernt werden, damit für das
Experiment Proben mit bereichsweise homogenen Materialeigenschaften vorliegen.
Dazu sind die Proben aus dem aktiven Bereich der Aktoren herauszuarbeiten. Das
Vorliegen bereichsweiser homogener Materialeigenschaften ist eine wesentliche
Voraussetzung für die theoretische Modellierung der Bruchversuche.
Während bei reinen PZT-Proben nach dem Sägen der Stäbchen das Polieren ei-
ner Längsseite für die mikroskopische Beobachtung des Risswachstums genügt,
müssen bei den Aktor-Stäbchen stets alle vier Längsseiten geschliffen und poliert
werden, da infolge des Sägens das Metall der Elektroden an den Seitenflächen des
Aktors verschmiert wird. Beim Anlegen von elektrischer Hochspannung würden die
verschmierten Elektroden Feldinhomogenitäten bzw. elektrische Überschläge er-
zeugen.
Ein weiteres Problem stellt die Identifikation der Polungsrichtung der Piezokera-
miken an der Elektrode mit dem Grenzflächenriss dar. Bei den A-Typ-Aktoren wur-
den daher während der Probenpräparation stets zwei innere Elektroden an denen die
Polung der Piezokeramik bekannt ist mit Vickers-Eindrücken gekennzeichnet, um
nach dem kontrollierten Risswachstum durch Abzählen der Elektroden entscheiden
zu können, ob der Riss in der Grenzfläche einer Plus- oder einer Minus-Elektrode lief
(Variante A und B in Abb. 1).
Aufgrund der von der Firma Bosch zur Verfügung gestellten Aktoren ergeben sich
vielfältige Möglichkeiten der geometrischen Anordnung von Polarisations- und Feld-
richtung. Ein Teil der ungepolten B-Typ-Aktoren wurde längs unter 47,5 kV bei einer
Temperatur von 80°C in einer Richtung gepolt (Variante C in Abbildung 1).
Abbildung 1: Schematische Skizze der Versuchsanordnung
Piezo-
keramik
Metall-
elektrode
Polungs-
richtungen
Richtungen
des E-Feldes
a)
b)
2 µm
Riss
A
)
B)
HV
Piezokeramik
mit Elektroden
C)
D
)
un
g
epolt un
g
epolt
2
F2
F
2
F
2
F
1
x
2
x
Die Erzeugung des Anrisses erfolgte ausgehend von einem Kerb in der 4-Punkt
Biege-Apparatur. Allerdings ist beim Aktortyp A die Bruchzähigkeit innerhalb der
Grenzfläche so gering, dass die in der Probe enthaltene elastische Energie aus-
reicht, die Probe unkontrolliert zu brechen, sobald der Anriss die Grenzfläche er-
reicht. Selbst eine theoretisch unendlich steife Apparatur würde nicht ausreichen, um
den Übergang des Anrisses vom PZT-Vollmaterial in die Grenzfläche kontrolliert
durchführen zu können. Deswegen wurde der Aktortyp A mit einem 1 mm starken
Stahlblech verstärkt und zusätzlich der Anriss durch gezielte Vickerseindrücke auf
der Probenoberfläche in die Grenzfläche gezwungen. Diese Maßnahmen ermöglich-
ten einen kontrollierten Übergang des Anrisses in die Grenzfläche.
Für das Experiment wurde das Stahlblech wieder entfernt, so dass anschließend
der Riss normal und kontrolliert in der Grenzfläche lief.
Die aus dem Experiment gewonnen Messdaten (Kraft, Durchbiegung, Risslänge,
elektrische Spannung, elektrische Ladung) im Moment des stabilen Rissfortschritts
ermöglichen die Bestimmung der kritischen Energiefreisetzungsrate c
G. Diese kann
direkt aus dem Experiment über die mechanischen und piezoelektrischen Complian-
ce sowie einer piezoelektrischen Compliance (diese Enthält den Einfluss der Kopp-
lung von mechanischen und elektrischen Feldern) bestimmt werden. Die Berechnung
der mechanischen und piezoelektrischen Compliance wurde mit einem Modulations-
verfahren realisiert, das dem der Lock-in Technik ähnlich ist. Eine detaillierte Be-
schreibung des experimentellen Verfahrens ist in [1] gegeben. In [1] sind auch die
erforderlichen Korrekturen der Messdaten aufgrund von apparativen Effekten, wie
zum Beispiel der endlichen Compliance der 4-Punkt-Biegeapparatur, beschrieben.
Daneben kann die Energiefreisetzungsrate aus dem Rissschließintegral berech-
net werden, in welches die dem jeweiligen betrachteten Randwertproblem zugeord-
neten K-Faktoren eingehen. Mit Hilfe der kritischen Energiefreisetzungsrate, die für
Grenzflächenrisse im Allgemeinen vom jeweiligen Beanspruchungszustand an der
Rissspitze (ausgedrückt durch die K-Faktoren) abhängt, kann ein Bruchkriterium in
der Form
12
(, ,...)
c
GGKK
=
(1)
angegeben werden.
Die gleichzeitige Bestimmung der Energiefreisetzungsrate direkt aus dem Expe-
riment und über die K-Faktoren mit Hilfe des Rissschließintegrals dient als Kontrolle
der Ergebnisse.
Die Definition der K-Faktoren und die aus dem Rissschließintegral folgende Be-
ziehung zwischen K-Faktoren und Energiefreisetzungsrate wird im Folgenden ange-
geben.
Rissspitzenfelder, K-Faktoren und Energiefreisetzungsrate
Da Keramiken spröde Materialien sind, kommt die lineare elektro-elastische Bruch-
mechanik zur Anwendung. Ebenso wie in der klassischen Bruchmechanik ist es
möglich, eine allgemeine Lösung für die elektrischen und mechanischen Felder an
der Rissspitze anzugeben. Dabei wird ein verallgemeinerter ebener Zustand für die
physikalischen Felder in der Nähe der Rissspitze vorausgesetzt. Das heißt, die Fel-
der hängen nur von den Koordinaten in der Ebene senkrecht zur Rissfront ab. Unter
dieser Voraussetzung lassen sich die Rissspitzenfelder mittels funktionentheoreti-
scher Lösungsmethoden zum Beispiel auf der Grundlage des verallgemeinerten
Strohformalismus herleiten [2].
Die singulären Terme in der Lösung für die Rissspitzenfelder enthalten die K-
Faktoren. Je nach betrachtetem Randwertproblem können die singulären Terme die
übliche 1r-Singularität aufweisen oder von dieser Abweichen, wobei oszillierende
Singularitäten oder stärkere Singularitäten als 1r möglich sind. Daneben sind die
K-Faktoren elektrischer und mechanischer Natur und können im Allgemeinen nicht
mehr den üblichen Rissöffnungsmodi zugeordnet werden.
Zur Herleitung der Rissspitzenfelder für den Piezokeramik-Metallelektroden-
Grenzflächenriss wird der sogenannte Modifizierte Strohformalismus [3,4,5] genutzt.
Außerdem werden die mechanischen Eigenschaften der Metallelektrode vernachläs-
sigt, was aufgrund ihrer im Vergleich zur Höhe der piezokeramischen Schichten ge-
ringen Dicke gerechtfertigt ist (2µm im Vergleich zu 90µm). Weiterhin wird ange-
nommen, dass der Grenzflächenriss nur auf einer Seite der Elektrode wächst. (Diese
Annahme wurde im Nachhinein durch die Bruchversuche bestätigt.)
Bezüglich der elektrischen Randbedingungen an den Rissflanken werden zwei
Varianten unterschieden. Für den sogenannten durchlässigen Riss wird angenom-
men, dass die elektrischen Felder durch den vorhandenen Riss nicht gestört werden.
Für die elektrischen Randbedingungen an den Rissflanken sind Übergangsbedin-
gungen zu formulieren. Speziell ist das elektrische Potential über den Riss hinweg
stetig. Dagegen stellt der sogenannte undurchlässige Riss eine Hindernis für die e-
lektrischen Felder dar. An der Rissflanke auf welcher die Elektrode delaminiert wird
die dielektrische Verschiebung Null gesetzt.
Mit Hilfe der Rissspitzenfelder lassen sich die den Rissproblemen zugeordneten
Feldintensitätsparameter (K-Faktoren) definieren. Für den durchlässigen Grenzflä-
chenriss existieren drei voneinander unabhängige K-Faktoren die durch die mecha-
nischen Spannungen im Ligament bzw. durch die mechanischen Verschiebungen
der Rissflanken festgelegt sind. Da der Riss als elektrisch durchlässig betrachtet
wird, kann das elektrische Feld ungehindert durch den Riss hindurch. Ein elektri-
sches Feld kann die K-Faktoren (und damit einen eventuellen Rissfortschritt) nur in-
direkt über die piezoelektrische Kopplung beeinflussen, wobei hier die Bauteilgeo-
metrie (bzw. die Probengeometrie), die Polungsrichtung der Piezokeramik und even-
tuelle elektrische Feldinhomogenitäten eine entscheidende Rolle spielen.
Beim undurchlässigen Grenzflächenriss gibt es vier voneinander unabhängige K-
Faktoren die durch die mechanischen Spannungen und die dielektrische Verschie-
bung im Ligament bzw. durch die mechanischen Verschiebungen der Rissflanken
und den Sprung des elektrischen Potentials über die Rissflanken hinweg festgelegt
sind. Ein elektrisches Feld hat einen direkten Einfluss auf die K-Faktoren. Falls der
Grenzflächenriss undurchlässig ist, sollte daher im Experiment auch ein entspre-
chender Einfluss des elektrischen Feldes auf den Rissfortschritt zu beobachten sein.
Diese Beobachtung wurde jedoch in den bisherigen Experimenten nicht gemacht,
was auf einen durchlässigen bzw. teildurchlässigen Riss schließen lässt.
Beispielhaft sollen an dieser Stelle die Rissspitzenfelder für den durchlässigen
Riss angegeben werden. Bezüglich der Herleitung und der Rissspitzenfelder für den
undurchlässigen Riss sei auf [5] verwiesen.
()
1
33
21
22 1 1
11
23 1
2
k
i
kk k k k
kk
x
tKKx
x
λ
σ
σ
σπ
==
⎡⎤
== ++
⎢⎥
⎣⎦
∑∑
ww" und (2)
()
3
11
11
23333 1
1
32cosh1232
kk
kkkk
uKK
xx
ux
ii
u
πλπλλ
=
⎡⎤ ⎛⎞
−−
=+ + −
⎢⎥ ⎜ ⎟
++
⎝⎠
⎣⎦
HH " (3)
Die Gleichung (2) wird zur Definition der K-Faktoren
)
,1,2,3
k
Kk= genutzt.
1
1
01
2
lim k
kk
i
x
x
Kt
x
λ
π
= (4)
Die Größen ij
σ
und i
u
()
,1,2,3ij= bezeichnen die mechanischen Spannungen
und die mechanischen Verschiebungen. Mit k
twerden die Koordinaten des Span-
nungsvektors im Raum der Vektoren k
w gekennzeichnet. Die Vektoren k
wcharakte-
risieren die Rissöffnungsmodi und die k
λ
geben die zu dem jeweiligen Rissöffnungs-
modus zugehörigen Typ der Singularität an. In der positiv definiten
()
3,3 -Matrix 33
H
spiegeln sich die mechanischen, elektrischen und piezoelektrischen Eigenschaften
der Piezokeramik wieder.
Die analytischen Lösungen (2) und (3) lassen erkennen, dass die Bestimmung
der Feldintensitätsfaktoren mit Hilfe numerischer Lösungen durch eine lineare Extra-
polation geeignet gewählter Feldgrößen erfolgen kann. Dabei gibt es zwei Wege der
Extrapolation: ein Weg ist die Extrapolation geeignet gewählter Kombinationen von
Ligamentgrößen (mechanische Spannungen und zusätzlich die dielektrische Ver-
schiebung für den undurchlässigen Riss) und der andere Weg enthält die Extrapola-
tion von Flankensprunggrößen (Rissuferverschiebungen und zusätzlich der Sprung
des elektrischen Potentials für den undurchlässigen Riss). Für den durchlässigen
Riss ergibt sich
21
133
11 22
133
23
2
k
T
n
kk iT
nk
x
KKx x
λ
σ
πσ
σ
++=
wH
wHw
" bzw. (5)
()
()
1
11 2
11
33 33 3
12 cosh
12 2
32 k
T
kk
k n
kk iT
nk
u
i
i
KKx u
ixx
u
λ
λλπ
λπ
λ
⎡⎤
+
+
++= ⎢⎥
+−
+⎣⎦
w
wH Hw
" (6)
Hierbei wurden die Orthogonalitätsbeziehungen 33 0
T
nk
wHw bzw. 33 0
T
nk
wHw (nur
für 0
kn
λ
λ
+=) ausgenutzt.
Da die Matrix 33
H positiv definit ist, gilt
)
12
λλλλ
=− = \ und 3
λ
=0. Außerdem
gilt 21
KK=und 21
=ww, wobei der Querstrich die konjugiert komplexe Größe angibt.
Für eine Polung der Piezokeramik in der
)
12
,
x
x-Ebene ist weiterhin
[
]
3001
T=w
und 3
K entspricht dem Modus III K-Faktor.
Aus dem Rissschließintegral
() () ()
11
21 1 22 1 23 1 2 1 1
0031
()
lim ( )
()
a
a
uax
Gxxxuaxdx
uax
σσσ
∆→
∆+
=∆+⎡⎤
⎣⎦
∆+
(7)
folgt der Zusammenhang zwischen den K-Faktoren und der Energiefreisetzungsrate,
wobei die Rissspitzenfelder entsprechend den Gleichungen (2) und (3) einzusetzen
sind [5]. (Mit a ist die Rissverlängerung gekennzeichnet.)
()
)
2
133 33111 333 3333
2
4cosh 8
TT
KK K
G
λπ
++
=+
wH Hw wH Hw (8)
Auswertung der Experimente
Die aus den Experimenten gewonnene Datenmenge ist sehr groß. Infolge des mögli-
chen stabilen Vorantreibens des Grenzflächenrisses können für eine Probe bis zu ca.
80 Messpunkte vorliegen. Die numerischen Berechnung der K-Faktoren mittels der
Methode der finiten Elemente (FEM) für die einzelnen Messpunkte würde jeweils ein
FE-Modell mit entsprechender Risslänge und zugehöriger kritischer Belastung erfor-
dern. Aus den Ergebnissen wären dann mit Hilfe der im vorigen Abschnitt beschrie-
benen Extrapolationsmethode die K-Faktoren zu ermitteln. Dieses Vorgehen ist aber
mit einem inakzeptabel hohen Rechenaufwand verbunden. Deswegen werden nur
für ganz bestimmte Risslängen bei einer Einheitskraft bzw. bei einer elektrischen
Einheitsspannung die entsprechenden K-Faktoren berechnet. Die numerischen Er-
gebnisse dieser Rechungen dienen als Stützstellen für Fit-Funktionen, die den funk-
tionalen Zusammenhang zwischen Risslänge, Belastung und K-Faktor für die jeweils
betrachtet 4-Punkt Biegeprobe wiedergeben. Eine geeignete Normierung der Fit-
Funktionen liefert die Geometriefunktionen für die 4-Punkt Biegeprobe.
Aus dem Superpositionsprinzip (lineare Theorie) ergeben sich die K-Faktoren für
die in den Experimenten gemessenen Wertepaare aus Risslänge und zugehöriger
kritischer mechanischer und elektrischer Last.
Die Umsetzung des eben beschriebenen Vorgehens zur Bestimmung der K-
Faktoren (und der Energiefreisetzungsrate) erfolgte in [6]. Dabei wurde das FE-
System Ansys und die Formelmanipulationssoftware Maple genutzt. Das Vorgehen
in [6] wird aus Abbildung 2 ersichtlich.
Probengeometrie, Randbedingungen, Rissart, Materialparameter
MAPLE
ANSYS
1. parametrisches Modell
2. Lösung des Problems
3. Ergebnisdatei
()
,,
ij i
au
σ
Risslänge a
aa a=+
Ergebnisdatei mit numerisch be-
rechneten Lösungen für verschie-
dene Risslängen
1. 33
H-Matrix
2. Eigenwerte, Eigenvek-
toren ,
kk
λ
w
3. lineare Extrapolation
4. Fit-Funktionen
5. Berechnung von
kc
Kund c
G
Interpretation der Ergebnisse
Messdaten
Abbildung 2: Schema zur Auswertung der Experimente
Ausblick
Zusammenfassend ist festzustellen, dass ein experimenteller und theoretischer
Standpunkt erarbeitet wurde, von dem aus es möglich ist, die Frage nach dem
Bruchkriterium von Rissen unter elektro-mechanischer Last in dem Verbundsystem
Piezokeramik, Elektrode, Piezokeramik zu klären. Ausgehend von diesem Stand-
punkt kann zukünftig die Bestimmung eines Bruchkriteriums für die Piezokeramik-
Elektroden-Grenzflächenrisse und die detaillierte Untersuchung verschiedener expe-
rimentell beobachteter Phänomene erfolgen.
Eine erste Auswertungen experimenteller Daten liegt bereits vor, jedoch sind die
erzielten Ergebnisse noch vorläufiger Natur. Insbesondere weicht die direkt aus dem
Experiment bestimmte Energiefreisetzungsrate noch zu stark von der aus den K-
Faktoren bestimmten Energiefreisetzungsrate ab. Der Grund für diese Abweichung
konnte noch nicht bestimmt werden. Mögliche Fehlerursache ist die Voraussetzung
eines ebenen Verzerrungszustands im gesamten FE-Modell anstatt nur in der Um-
gebung der Rissspitze. Eine weitere Ursache könnten Abweichungen der im Modell
genutzten Materialparameter von den tatsächlichen Materialparametern sein. Des-
wegen sollen hier nur einige noch zu bearbeitende Punkte stichpunktartig aufgelistet
werden. Die Veröffentlichung von Ergebnissen muss in nachfolgenden Arbeiten er-
folgen.
Bessere Anpassung des finiten Element-Modells an die Versuche, eventuell
durch kombinierte 2D/3D Rechnungen, um einen Übergangsbereich vom e-
benen Spannungszustand zum ebenen Verzerrungszustand festlegen zu kön-
nen.
Studium des Einflusses der Materialparameter auf die Genauigkeit der be-
rechneten Energiefreisetzungsrate und Nachgiebigkeiten. Das Aktormaterial
weist andere Materialparameter auf als das Bulkmaterial, was mit den unter-
schiedlichen Herstellungsprozessen für das Bulkmaterial und den Piezo-Aktor
sowie den daraus resultierenden unterschiedlichen Porositäten der Materialien
zu erklären ist. Die Zuverlässigkeit von Experimenten und Modellierung sowie
die daraus gewonnenen Resultate sollen getestet werden.
Einfluss der piezoelektrischen Koppelfaktoren auf das Bruchkriterium.
Modifikation der Vier-Punkt-Biegeapparatur um beliebige Mixed-Mode-
Beanspruchungen erzeugen zu können.
Formulierung eines Bruchkriteriums in Form einer von sogenannten Mixed-
Mode-Winkeln abhängigen Energiefreisetzungsrate [4, 7].
Danksagung
Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die finanzielle Un-
terstützung im Rahmen des Projektes „Rissausbreitung in Grenzflächen zwischen
Piezokeramiken und Metallelektroden bei elektromechanischer Belastung: Experi-
mente und Modellierung“.
Literatur
[1] H. Jelitto, F. Felten und G. A. Schneider: Experimenteller Aufbau zur Messung
der Energiefreisetzungsrate für Risswachstum in PZT unter elektromechani-
scher Last, Berichtsband zur 37. Tagung des DVM-Arbeitskreises Bruchvor-
gänge, TU Hamburg-Harburg, 22./23. Febr. 2005.
[2] Z. Suo, C.-M. Kuo, D. M. Barnett, J. R. Willis: Fracture mechanics for piezo-
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[3] C. Häusler und H. Balke: Der Grenzflächenriss zwischen einer Piezokeramik
und einem Leiter, in: P. Haupt et al. (Hrsg.): Beiträge zur Modellierung und I-
dentifikation, Berichte des Instituts für Mechanik Bd.1, Universität Gesamt-
hochschule Kassel, Seiten 57-66, 2001.
[4] C. Häusler, C.-F. Gao und H. Balke: Collinear and periodic electrode-ceramic
interfacial cracks in piezoelectric bimaterials, J. Appl. Mech., 71(4):486-492,
2004.
[5] C. Häusler und H.Balke: Full form of the near Tipp field for the interface crack
between a piezoelectric material and a thin electrode. Mat. Science Forum,
akzeptiert zur Veröffentlichung, 2005.
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ter elektromechanischer Last, Diplomarbeit TU Dresden, 2004.
[7] J. W. Hutchinson und Z. Suo: Mixed Mode Cracking in Layered Materials, in:
Advances in Applied Mechanics, Vol. 29, 1992.
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Article
Full-text available
The Hilbert problems and their solutions of the near tip field for the permeable and the impermeable electrode-ceramic interfacial cracks are derived with the aid of the modified Stroh formalism. In addition, a linear extrapolation method for numerical calculation of field intensity factors is given. This extrapolation method is based on a special combination of the field quantities.
Article
Full-text available
In 4-Punkt-Biegung wird in längs gepolten und angekerbten PZT-Biegestäbchen ein makroskopischer Riss mit Hilfe einer eigens entwickelten Apparatur kontrolliert getrieben. Zusätzlich zur mechanischen Last wird ein elektrisches Feld parallel bzw. antiparallel zur Polungsrichtung angelegt. Dies stellt eine für die Anwendung von piezo- bzw. ferroelektrischen Keramiken typische Belastung dar. Um die verschiedenen Anteile zur totalen Energiefreisetzungsrate zu bestimmen, werden mit einer speziellen Technik simultan die mechanische sowie die piezoelektrische Compliance (Nachgiebigkeit), als auch die Kapazität der Probe als Funktion der Risslänge aufgenommen. Die Ableitung dieser Größen nach der Rissfläche ermöglicht erstmals die Berechnung sämtlicher Anteile der totalen Energiefreisetzungsrate auf der Basis eines einzelnen Biegebruchversuchs. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Präsentation der Messmethode. ------------ Four-point-bending V-notched specimens of PZT poled parallel to the long axis are fractured under conditions of controlled crack growth in a custom-made device. In addition to the mechanical loading an electric field is applied parallel or anti parallel to the poling direction. This is a typical loading condition for the application of piezo- and ferroelectric ceramics, respectively. To determine the different contributions to the total energy release rate the mechanical and piezoelectric compliance as well as the electrical capacitance of the sample are acquired continuously with a special technique as a function of the crack length. The derivation of the data with respect to the crack surface allows calculating all parts of the total energy release rate on the basis of a single bending experiment for the first time. The main focus here is the presentation of the experimental method.
Article
Field singularities of collinear and collinear periodic interface cracks between an electrode and a piezoelectric matrix are studied in terms of the Stroh formalism for mixed boundary conditions. In contrast to the relevant work done previously on this subject, the problem is solved based on the assumption that the upper and lower planes embedding the electrode consist of two arbitrary piezoelectric materials, and the cracks are assumed to be permeable. The problem is reduced to an interfacial crack problem equivalent to that in purely elastic media. Explicit expressions are presented for the complex potentials and field intensity factors. All the field variables exhibit oscillatory singularities, and their intensities are dependent on the material properties and the applied mechanical loads, but not on the applied electric loads.
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We Study cracks either in piezoelectrics, or on interfaces between piezoelectrics and other materials such as metal electrodes or polymer matrices. The projected applications include ferroelectric actuators operating statically or cyclically, over the major portion of the samples, in the linear regime of the constitutive curve, but the elevated field around defects causes the materials to undergo hysteresis locally. The fracture mechanics viewpoint is adopted—that is, except for a region localized at the crack tip, the materials are taken to be linearly piezoelectric. The problem thus breaks into two subproblems: (i) determining the macroscopic field regarding the crack tip as a physically structureless point, and (ii) considering the hysteresis and other irreversible processes near the crack tip at a relevant microscopic level. The first Subproblem, which prompts a phenomenological fracture theory, receives a thorough investigation in this paper. Griffith's energy accounting is extended to include energy change due to both deformation and polarization. Four modes of square root singularities are identified at the tip of a crack in a homogeneous piezoelectric. A new type of singularity is discovered around interface crack tips. Specifically, the singularities in general form two pairs: and , where ϵ. and k are real numbers depending on the constitutive constants. Also solved is a class of boundary value problems involving many cracks on the interface between half-spaces. Fracture mechanics are established for ferroelectric ceramics under smallscale hysteresis conditions, which facilitates the experimental study of fracture resistance and fatigue crack growth under combined mechanical and electrical loading. Both poled and unpoled fcrroelectrie ceramics are discussed.
Beiträge zur Modellierung und Identifikation
  • C Häusler
  • H Balke
C. Häusler und H. Balke: Der Grenzflächenriss zwischen einer Piezokeramik und einem Leiter, in: P. Haupt et al. (Hrsg.): Beiträge zur Modellierung und Identifikation, Berichte des Instituts für Mechanik Bd.1, Universität Gesamthochschule Kassel, Seiten 57-66, 2001.