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Emotionale und soziale Geografien in der polnischen Literatur: Räume der Reflexion und der Transformation. No. 11: Adel und Bauernschaft im preußisch besetzten Polen im 19. Jahrhundert: Die Thematisierung von sozialer Herkunft und schulischer Bildung in Stanisław Przybyszewskis „Erinnerungen an das literarische Berlin“ (Moi współcześni – Wśród obcych)

Authors:

Abstract

In Weiterentwicklung der „Lebensweltorientierten Didaktik“ (Bröcher, 1997, 2022) und aufbauend auf früheren deutsch-polnischen Projekten (Bröcher und Toczyski, 2021; Toczyski und Broecher, 2021; Toczyski, Broecher und Painter, 2022), soll exemplarisch die polnische Literatur in ihrer Bedeutung für die pädagogische Arbeit mit emotionalen und sozialen Themen erschlossen werden, stellvertretend für andere und weitere Sprachen und Literaturen, die im multikulturellen Deutschland der Gegenwart und anderen Migrationsgesellschaften, etwa den USA, eine Rolle spielen. Kennzeichen der Lebensweltorientierten Didaktik ist traditionsbedingt der subjektzentrierte pädagogische Zugang, durch die Fokussierung auf Lebensthemen und Daseinstechniken der jungen Menschen, eben in ihren diversen Lebensräumen, nun ergänzt durch das Konzept der „emotionalen und sozialen Geografien“ sowie um Konzepte aus dem Bereich „Social and Emotional Development through Literacy Education“. Im nächsten Schritt geht es um das Schaffen von Übergängen in sach– und wissenschaftsorientierte Lernprozesse, etwa in den Bereichen Sprache, Literatur, Soziologie, Philosophie, Psychologie, Geschichte oder Politik. Natürlich müssen literarische Texte altersgemäß und je nach Zielgruppe und Situation ausgewählt und aufbereitet werden. Oftmals sind handlungsorientierte, fächerübergreifende oder kreativ-schöpferische Aneignungs– und Auseinandersetzungsformen denkbar und möglich. Die Poster dieser Serie sollen in der nächsten Zeit in Schulen, Universitäten, in der Weiterbildung und in transformativen Projekten, wo selbstverantwortlich gelernt wird, jenseits von Institutionen (Broecher und Painter, 2023), erprobt werden. Ein einzelnes Poster hat nicht den Anspruch, die inhaltliche Komplexität oder die formale Besonderheit eines Werkes in seiner Gesamtheit zu erfassen. Ich greife stets Einzelthemen heraus, die mir bedeutsam erscheinen. Warum die polnische Literatur? Erstens war die von 1569 bis 1795 bestehende polnisch-litauische Adelsrepublik, die Rzeczpospolita, ein pulsierender Vielvölkerstaat von enormen Ausmaßen, wodurch sich Erkenntnisse für das heutige multikulturelle Deutschland ergeben könnten. Zweitens verschwand Polen durch die Eroberungspolitik Preußens, Österreich-Ungarns und Russlands im Zuge von drei Teilungen (1772, 1793, 1795) für 123 Jahre (bis 1918) vollständig von der Landkarte und überlebte als Nation vor allem auch durch seine Literatur. Drittens: Die Deutschen haben 1939 beim Überfall auf Polen und während der nachfolgenden Besatzungszeit (bis 1941 Besetzung des westlichen Teils Polens und nach der Kriegserklärung gegen Russland auch des östlichen Teils) versucht, die polnische Intelligenz vollständig zu vernichten. Professor_innen wurden verhaftet und interniert, Lehrer_innen erschossen und in polnischen Schulen wurde eine radikale Germanisierungspolitik betrieben. Viertens: 1945 verschob die Sowjetunion, die bis 1941 den östlichen Teil von Polen besetzt hielt, den kompletten polnischen Staat nach Westen, was Vertreibungen und Umsiedlungen mit sich brachte. Auch in der nun folgenden, bis 1989 andauernden, kommunistisch-stalinistischen Zeit war es für die polnische Intelligenz kaum möglich, sich frei zu entfalten. Die Literatur lebte daher teils im Untergrund, teils im Exil fort. Fünftens: Das heutige Polen erscheint zerrissen zwischen europäischer Offenheit und nationaler Abschottung, ein Prozess der nun, nach Jahrzehnten nahezu grenzenloser Offenheit, auch in Deutschland beginnt. Die polnische Literatur hat durch die genannten besonderen historischen Hintergründe immer schon einen sehr stark politischen und gesellschaftlichen Charakter gehabt, viel stärker als es in Deutschland der Fall war und ist. Natürlich geht es bei alldem auch um Emotionen und die Lebensthemen der Menschen, um die Räume, in denen sie leben, um die „emotionalen und sozialen Geografien“ eben, denn diese sind intensiv mit den historischen, politischen und gesellschaftlichen Ereignissen verflochten. Wir haben also etliche Gründe die polnische Literatur zu lesen und aus den Werken polnischer Autor_innen zu lernen, um emotionales und soziales Lernen voranzubringen und unser Verständnis alles Humanen und Gesellschaftlichen zu vertiefen und zu erweitern.
Emotionale und soziale Geografien in der polnischen Literatur:
Räume der Reflexion und der Transformation
Emotionales und soziales Lernen durch literarische Bildung: Entwicklung und Erprobung von Materialien
für Schule, Universität, Weiterbildung und selbstverantwortliches Lernen in transformativen Projekten
No. 11: Adel und Bauernschaft im preußisch besetzten Polen im 19. Jahrhundert: Die Thematisierung von sozialer Herkunft und schulischer
Bildung in Stanisław Przybyszewskis „Erinnerungen an das literarische Berlin(Moi współcześni – Wśród obcych)
Universitätsprofessor Dr. habil. Joachim Bröcher, Europa-Universität Flensburg
Der Autor
Stanisław Przybyszewski, geboren 1868 in Lojewo, Kujawien, damals zu Preußen gehö-
rend; gestorben 1927 in Jaronty, bei Inowrocław, Kujawien, inzwischen wieder zu Polen
gehörend. Przybyszewski war Sohn eines Dorfschullehrers, besuchte zunächst das deutsche
Gymnasium in Thorn (heute Toruń); nach Schwierigkeiten Wechsel zum Gymnasium in
Wongrowitz; Architekturstudium in Berlin, nur kurz, dann Wechsel in die Medizin; am
meisten interessierte ihn die Psychiatrie; 1893 wurde er wegen seines Engagements als Re-
dakteur für die Arbeiterbewegung der Universität verwiesen; Beginn eines Bohème-Lebens
in Berlin; Austausch mit Persönlichkeiten aus Literatur, Kunst und Philosophie; Interessen
an der Philosophie Nietzsches und an Satanismus; 1894 1898 zwischen Berlin und Nor-
wegen gependelt, danach wechselnde Lebensorte, Krakau, wo er zwei Jahre lang die Zeit-
schrift Życie (Leben) herausgab, schließlich Warschau, München und 1919 wieder zurück
nach Polen; wiederum wechselnde Orte und Tätigkeiten. Przybyszewski hatte sechs Kinder
aus drei Beziehungen; er verfasste ein komplexes, für seine Zeit sehr innovatives und teils
provokatives literarisches Werk.
Das Buch
Die polnische Originalfassung von Stanisław Przybyszewskis Lebenserinnerungen ist er-
schienen unter dem Titel
Moi współcześni (meine Zeitgenossen) Wśród obcych (Unter
Fremden)
, im Instytut Wydawniczy, Bibljoteka Polska, in Warschau, 1926. Eine deutsche
Übersetzung erschien mit dem Titel
Ferne komme ich her… Erinnerungen an Berlin und
Krakau,
aufgeteilt in ein erstes Buch:
Unter Fremden
, und ein zweites Buch:
Unter Lands-
leuten,
im Verlag Gustav Kiepenheuer, in Leipzig und Weimar, 1985. Von mir verwendet
wurde die etwas gekürzte Version aus dem Winkler Verlag, München, 1965. Diese ist dort
erschienen unter dem Titel Erinnerungen an das literarische Berlin, ins Deutsche übersetzt
von Klaus Staemmler.
Kontext und Ziel
In Weiterentwicklung der
Lebensweltorientierten Didaktik
(Bröcher, 1997, 2022) und auf-
bauend auf früheren deutsch-polnischen Projekten (Bröcher und Toczyski, 2021; Toczyski
und Broecher, 2021; Toczyski, Broecher und Painter, 2022), soll exemplarisch die polni-
sche Literatur in ihrer Bedeutung für die pädagogische Arbeit mit emotionalen und sozialen
Themen erschlossen werden, stellvertretend für andere und weitere Sprachen und Literatu-
ren, die im multikulturellen Deutschland der Gegenwart und anderen Migrationsgesell-
schaften, etwa den USA, eine Rolle spielen. Kennzeichen der Lebensweltorientierten Di-
daktik ist traditionsbedingt der subjektzentrierte pädagogische Zugang, durch die Fokussie-
rung auf Lebensthemen und Daseinstechniken der jungen Menschen, eben in ihren diversen
Lebensräumen
, nun ergänzt durch das Konzept der
emotionalen und sozialen Geografien
sowie um Konzepte aus dem Bereich
Social and Emotional Development through Literacy
Education
. Im nächsten Schritt geht es um das Schaffen von Übergängen in sach– und wis-
senschaftsorientierte Lernprozesse, etwa in den Bereichen Sprache, Literatur, Soziologie,
Philosophie, Psychologie, Geschichte oder Politik. Natürlich müssen literarische Texte al-
tersgemäß und je nach Zielgruppe und Situation ausgewählt und aufbereitet werden. Oft-
mals sind handlungsorientierte, fächerübergreifende oder kreativ-schöpferische Aneignungs
und Auseinandersetzungsformen denkbar und möglich. Die Poster dieser Serie sollen in
der nächsten Zeit in Schulen, Universitäten, in der Weiterbildung und in
transformativen
Projekten
, wo selbstverantwortlich gelernt wird, jenseits von Institutionen (Broecher und
Painter, 2023), erprobt werden. Ein einzelnes Poster hat nicht den Anspruch, die inhaltliche
Komplexität oder die formale Besonderheit eines Werkes in seiner Gesamtheit zu erfassen.
Ich greife stets Einzelthemen heraus, die mir bedeutsam erscheinen. Kooperations-
partner_innen beim Projekt: Janet F. Painter, Lenoir-Rhyne University, Hickory, NC, USA;
Karolina Walkowska, Berlin und Piotr Toczyski, Maria Grzegorzewska Universität, War-
schau. Laufzeit des Projekts: 1.1.2020 - 31.12.2030.
Warum die polnische Literatur?
Erstens
war die von 1569 bis 1795 bestehende polnisch-litauische Adelsrepublik, die
Rzeczpospolita
, ein pulsierender Vielvölkerstaat von enormen Ausmaßen, wodurch sich Er-
kenntnisse für das heutige multikulturelle Deutschland ergeben könnten.
Zweitens
ver-
schwand Polen durch die Eroberungspolitik Preußens, Österreich-Ungarns und Russlands
im Zuge von drei Teilungen (1772, 1793, 1795) für 123 Jahre (bis 1918) vollständig von
der Landkarte und überlebte als Nation vor allem auch durch seine Literatur.
Drittens
: Die
Deutschen haben 1939 beim Überfall auf Polen und während der nachfolgenden Besat-
zungszeit (bis 1941 Besetzung des westlichen Teils Polens und nach der Kriegserklärung
gegen Russland auch des östlichen Teils) versucht, die polnische Intelligenz vollständig zu
vernichten. Professor_innen wurden verhaftet und interniert, Lehrer_innen erschossen und
in polnischen Schulen wurde eine radikale Germanisierungspolitik betrieben.
Viertens
:
1945 verschob die Sowjetunion, die bis 1941 den östlichen Teil von Polen besetzt hielt, den
kompletten polnischen Staat nach Westen, was Vertreibungen und Umsiedlungen mit sich
brachte. Auch in der nun folgenden, bis 1989 andauernden, kommunistisch-stalinistischen
Zeit war es für die polnische Intelligenz kaum möglich, sich frei zu entfalten. Die Literatur
lebte daher teils im Untergrund, teils im Exil fort.
Fünftens
: Das heutige Polen erscheint
zerrissen zwischen europäischer Offenheit und nationaler Abschottung, ein Prozess der
nun, nach Jahrzehnten nahezu grenzenloser Offenheit, auch in Deutschland beginnt. Die
polnische Literatur hat durch die genannten besonderen historischen Hintergründe immer
schon einen sehr stark politischen und gesellschaftlichen Charakter gehabt, viel stärker als
es in Deutschland der Fall war und ist. Natürlich geht es bei alldem auch um Emotionen
und die Lebensthemen der Menschen, um die Räume, in denen sie leben, um die emotiona-
len und sozialen Geografien eben, denn diese sind intensiv mit den historischen, politischen
und gesellschaftlichen Ereignissen verflochten. Wir haben also etliche Gründe die polni-
sche Literatur zu lesen und aus den Werken polnischer Autor_innen zu lernen, um emotio-
nales und soziales Lernen voranzubringen und unser Verständnis alles Humanen und Ge-
sellschaftlichen zu vertiefen und zu erweitern.
Theoretischer Rahmen
Bilczewski, T., Bill, S. and Popiel, M. (Eds.) (2022).
The Routledge world companion to
Polish literature.
Milton Park, Abingdon, Oxon: Routledge.
Bröcher, J. (2022).
Lebenswelt und Didaktik. Unterricht mit sogenannten „verhaltens-
auffälligen Jugendlichen auf der Basis ihrer (alltags-)ästhetischen Produktionen
(2.
korr. und ergänzte Aufl.). Heidelberg: Universitätsverlag Winter, Download.
Theoretischer Rahmen (Fortsetzung)
Broecher, J. and Painter, J. F. (2023). Transformative community projects in East Germa-
ny‘s rural spaces: Exploring more sustainable forms of learning, working, and living.
Frontiers in Sociology, Vol. 8, 1164293, https://doi.org/10.3389/fsoc.2023.1164293,
Download.
Bröcher, J. und Toczyski, P. (2021). Europäische Lernräume: Pädagogischer Austausch
zwischen Polen und Deutschland zur Zeit des Kalten Krieges. In J. Bröcher,
Anders ler-
nen, arbeiten und leben. Für eine Transformation von Pädagogik und Gesellschaft
(S. 223-
238). Bielefeld: transcript, Download.
Davidson, J., Bondi, L., and Smith, M. (2017).
Emotional geographies
(first release: Ash-
gate Publ., 2005). London, New York: Routledge.
Skórczewski, D. and Polakowska, A. (2020).
Polish literature and national identity. A post-
colonial perspective
. Rochester, NY: University of Rochester Press.
Toczyski, P. i Broecher, J. (2021). Niemiecko-polskie doświadczenie, spotkanie, kontakt i
dialog w europeizacyjnej pedagogice Andrzeja Jaczewskiego i Karla-Josefa Klugego.
Kwartalnik Pedagogiczny, 66
(1), 124-152, Download.
Toczyski, P., Broecher, J., and Painter, J. F. (2022). Pioneers of German-Polish inclusive
exchange: Jaczewski’s and Kluge’s Europeanization in education despite the Iron Curtain.
Prospects: Comparative Journal of Curriculum, Learning, and Assessment, 52
(3-4), 567-
583, Download.
Trojanowska, T., Niżyńska, J., Czapłiński, P., and Polakowska, A. (Eds.) (2019). Being
Poland: A new history of Polish literature and culture since 1918.
Toronto: University of
Toronto Press.
Tussey, J. and Haas, L. (Eds.) (2021).
Handbook of research on supporting social and
emotional development through literacy education
. Hershey, PA: IGI Global u.a.m.
Adel und Bauernschaft im preußisch besetzten Polen im 19. Jahrhundert: Soziale Herkunft
und schulische Bildung
Einmal kam Dybalski nicht wegen eines Berichts oder wegen einer Eingabe; er war heftig
bewegt… „Ich möchte mir einen Rat holen, Herr Kollege… Ich habe in meiner Schule ei-
nen so erstaunlichen begabten Schüler… und er zog ein paar Zeichnungen aus der Ta-
sche… Aber das ist nicht alles… der Lümmel schreibt Gedichte“, er reichte Vater ein Blatt
Papier, „und er hat ein Gedächtnis….“ (35).
„Ja! Das ist wirklich ein ungewöhnliches Talent! Hier muss etwas gefunden werden, hier
muss man helfen. Schade um den Jungen, wenn er nicht vorwärts käme.“… Sie gingen
zum alten Bauern Słabędzki, baten ihn um ein Fuhrwerk und fuhren noch am gleichen
Abend zu Józef Kościelski (36).
Welchen Erfolg meines Vaters und Dybalskis Besuch bei Kościelski hatte, weiß ich nicht.
Ich weiß nur, dass der junge Jan sich im Gymnasium von Inowrazlaw, wohin er getan wur-
de, schrecklich gequält hat. Ach mit wieviel Galle sein Aufenthalt dort von frühester Ju-
gend an durchtränkt gewesen sein muss, das zu verstehen ist nur der imstande, der die da-
maligen Verhältnisse im Posenschen kennt! Zwischen Herrn und Bauer, zwischen Herren-
hof und Bauernkate klaffte derselbe Abgrund wie einst zur Sachsenzeit. Ins Gymnasium
konnte nur der Adel seine Söhne schicken; ein Bauernkind war im Gymnasium ein so un-
erhörtes, unwahrscheinliches Phänomen, dass alle Adelssöhnchen dieses Wundertier mit
jener Verachtung, mit jener Nichtachtung betrachteten, in der man sie von Kind auf sorg-
fältig erzogen hatte: ein Bauer war kein Mensch. Ich war selber Zeuge, wie ein dummer,
vierzehnjähriger Lümmel in Gegenwart seines Vaters, der umfangreiche Güter besaß
„Besitzer“ heißt so ein Herr im früheren preußischen Teilgebiet -, einen alten Kutscher
mehrere Male ins Gesicht schlug, weil er die Pferde etwas zu lose angespannt hatte. Ein
zufriedenes und stolzes Lächeln erblühte auf dem Gesicht des hochmögenden Herren an-
gesichts dieser ritterlichen Tat seines Erben (37).
Und ein einziges Mal schwang ich mich zu einer aggressiven Tat auf: Ich verabreichte
dem Sohn eines Adligen eine Ohrfeige, weil er lauthals verkündigte, man solle das Schul-
geld im Gymnasium um tausend Prozent erhöhen, um dem Bauernpack den Zugang zur
höheren Schule zu versperren, es verpeste diese immer mehr, es sei doch unmöglich, mit
solchem Gesindel auf derselben Bank zu sitzen! (37 f.)
Heut haben sich die Verhältnisse geändert, damals aber um das Jahr 1870, im Posenschen,
als Kasprowicz ein ganz und gar unwahrscheinliches Phänomen war inmitten der gesam-
ten spottenden, verachtenden, höhnenden, zudringlichen Horde flacher, geschniegelter und
gebügelter Adelssöhnchen der Aufenthalt eines Bauerkindes unter ihnen musste eine
schwere Qual, ein überaus schmerzhaftes Martyrium sein! (38)
Welche Riesenkraft musste in dem kleinen Kasprowicz stecken, welch trotziger Stolz,
welch wütendes Verlangen nach Verteidigung seiner Würde, wenn es ihn gelang, seine
Seele vor endgültiger Deformierung zu bewahren… Schon damals musste eine große
Kraft von ihm ausgehen, denn nach wenigen Jahren errang er ein geistiges Übergewicht
über seine Altersgenossen, das auch die verbissensten Bauernfeinde ihm gegenüber macht-
los werden ließ (38).
Impulse zur Reflexion:
Was erfahren wir hier über den Schüler Jan Kasprowicz?
Was unternehmen die beiden Lehrer, um den begabten Jungen zu unterstützen?
Wie ist die Stimmung des Adels was die schulische Bildung der Bauernkinder anbelangt,
im damals preußisch besetzten Polen? Wie und wodurch zeigt sich das?
Welche Haltung nimmt Przybyszewski, selbst Sohn eines Lehrers, hier in diesem Zusam-
menhang ein?
Was wissen Sie bereits über die polnischen Teilungen und die Zeit der Besatzung in dem
Land?
Mit welchen bildungs– und erziehungswissenschaftlich relevanten Konzepten und Theo-
rien lassen sich diese autobiografischen Notizen und Erinnerungen verknüpfen?
veröffentlicht am 15. November 2023
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