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Michael Hecht
Ahnenproben in der frühneuzeitlichen
Funeralkultur
Medien undIntermedialitäten
Der niedersächsische RechtsgelehrteRudolph Friedrich Telgmannstellte in einer
historisch-juristischen Abhandlungaus dem Jahr1733 fest:
Letztlich gereicht es auch dem Verstorbenen nach dem Tode zum Ruhm und äusserlichen
Ehren[,] auseinem solchen edlen Geschlechteentsprossen [zu] seyn, dessen Genealogie einen
zahlbaren Catalogum ebenbürtiger Vorfahren in sich fasset,und also in längstverflossene
Secula zurück weichet. Denn bey Solemnen Traur-Begängnissen pflegt theils zum Staat,theils
zur guten Erinnerungedes edlen Herrkommens der adeliche Leichnam mit acht,amge-
wöhnligsten mit sechszehen, und bisweilen gar mit zwey und dreißigAhnen, oder vielmehr
mit derenSchild und Helmen ausgezieret zu werden, nachdem es entweder die Gewohnheit
eines jeden Orts mit sich bringet,oder die nachgelassene Familie zu einem solchen Vorrath zu
gelangen weiß¹.
Zweck der Schrift,aus der diese Bemerkungstammt,war eine Darlegung der Ge-
schichte und der rechtlichen Bedeutung der „Ahnen-Zahl“,vornehmlichinden
Landen des HeiligenRömischenReichs, wobei Telgmann neben den im engeren
Sinn juristischen Funktionendes Ahnenbeweises auch aufden Nutzen „per in-
directum“einer Kenntnis der Ahnen verwies².Die zitierten Sätze machen in
knapper Form aufdrei grundsätzliche Dingeaufmerksam: Zum einen spielten ge-
nealogische Informationen im Rahmen frühneuzeitlicher Funeralkultur eine
wichtigeRolle; die Zurschaustellung der Vorfahren diente nicht nur der individu-
ellen Hervorhebung „edlen Herkommens“,sondern war auch Teil der überindivi-
duellen Repräsentation vonStandesgemäßheit und Status im Bestattungswesen
(„zum Staat“). Zum anderen wurden genealogische Informationen dazu vielfach in
heraldischeFormen übersetzt und dann als Wappen präsentiert(„mit deren Schild
und Helmen“). Zum dritten verwiesman im Funeralwesen nicht allein aufeine
langeKette vonAhnen im väterlichen „Stamm“,sondern aufdie Gesamtheit der
Vorfahren in mehreren Generationen („acht, …sechszehen …zwey und dreißig
1Rudolph F. Telgmann,Commentatio juris publici romano-germanici. Von der Ahnen-Zahl, Deren
Uhrsprung, Wie auch vormahligenund heutigenNutzen fürnemlichimHeil. RömischenReiche
teutscher Nation, Hannover 1733,S.261 f.
2Ebd., S. 259.
Open Access. ©2023 bei den Autorinnen und Autoren,publiziert von De Gruyter. Dieses Werk ist
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https://doi.org/10.1515/9783110793093-010
Ahnen“), also jenen genealogischen Modus,der gewöhnlich als Ahnenprobe be-
zeichnet wird.
Die genealogisch-heraldische Imprägnierung des frühneuzeitlichen Bestat-
tungswesens und der Grabmalgestaltungist in der historischenwie der kunsthis-
torischen Forschung oftmalsthematisiert worden,wenn auch vorwiegend mit Blick
aufeinzelne Ereignisse bzw. Monumente sowie mit dem Ziel, entsprechende Pro-
gramme zu beschreiben und in ihrer genealogischen Aussagezu„entschlüsseln“³.
Im Sinne des kommunikations- undwissensgeschichtlichen Ansatzes des vorlie-
genden Bandessoll im Folgenden das ThemainRichtung eines Erkenntnisinteresses
weiterentwickelt werden, das aufdie Bedingungender Präsentation vongenealo-
gischen Informationen in der Funeralkultur zielt.Dazu soll in einem erstenSchritt
die Bedeutung vonAhnenprobeninder frühneuzeitlichen (Adels‐)Gesellschaft re-
kapituliertwerden. Anschließend sind verschiedene mediale Formen,indenen
Genealogie im Funeralwesen Verwendung fand, vorzustellen. Abschließend soll der
Fragenachgegangenwerden, wie das benötigtegenealogische Wissen entstand und
welche Bedeutung Abhängigkeiten und gegenseitigeBezugnahmen der einzelnen
Medien dabei besaßen. Aufdiese Weise kommen Konstruktion, Darstellungund
Rezeption vonHerkunftsinformationen als untrennbar miteinander verbundenen
Elemente eines Prozesses der (Re‐)Produktion vongenealogischem Wisseninden
Blick⁴.
3Grundsätzlichere Überlegungenfinden sich bei Kilian Heck, Genealogie als Monument und Ar-
gument.Der Beitrag dynastischer Wappen zur politischen Raumbildungder Neuzeit,München 2002
(Kunstwissenschaftliche Studien 98); ders./Bernhard Jahn (Hrsg.), Genealogie als Denkformin
Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Tübingen 2000.
4Der Aufsatz fußt aufverschiedenen eigenen Überlegungenzur Genealogie als Forschungsfeld im
Allgemeinen und zur vormodernen Ahnenprobe im Speziellen,auf die hier in ersterLinie sum-
marisch verwiesen werden soll: Michael Hecht,Genealogie zwischen Grundwissenschaft,populärer
Praxis und Forschungsgegenstand: interdisziplinäre Perspektiven, in: Étienne Doublier/Daniela
Schulz/Dominik Trump (Hrsg.), Die Historischen Grundwissenschaften heute. Tradition –Metho-
dische Vielfalt –Neuorientierung, Köln/Weimar/Wien 2021,S.73–93;Elizabeth Harding/ders., Ah-
nenproben als soziale Phänomene des Spätmittelaltersund der Frühen Neuzeit.Eine Einführung,
in: Dies.(Hrsg.), Die Ahnenprobe in der Vormoderne. Selektion –Initiation –Repräsentation,
Münster 2011 (Symbolische Kommunikationund gesellschaftlicheWertesysteme 37),S.9–83;ders.,
Ahnenproben in der Funeralkultur der Frühen Neuzeit,in: Annales de l’Est 62 (2012), S. 161–183;
ders., Repräsentationen vonVerwandtschaft.Stammbäume und Ahnentafeln vomMittelalter bis
zum 21.Jahrhundert,in: Thomas Brakmann/Bettina Joergens (Hrsg.), Familie? Blutsverwandtschaft,
Hausgemeinschaftund Genealogie. Beiträge zum 8. Detmolder Sommergespräch,Essen 2014 (Ver-
öffentlichungen des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen 51),S.41–82.
214 Michael Hecht
IAhnenproben in der Frühen Neuzeit
Als Ahnenprobe bezeichnet man den Nachweis der standesgemäßen Abstammung
einer Person.Gewöhnlich erstreckt er sich nicht nur aufdie väterlichen Ahnen,
sondern aufalle Vorfahren des Probanden bis zu einer bestimmten Generation, also
aufseine vier Großeltern, acht Urgroßeltern, 16 Ururgroßeltern usw.; kennzeich-
nend ist ausdiesem Grund einestrengregelmäßige Anordnung,die auseiner ste-
tigen Verdopplung der Anzahl der berücksichtigten Vorfahren in jeder Generation
erwächst.Mit der Gesamtzahl der in der ältesten Generation repräsentierten Ahnen
bezeichnet man gewöhnlich die Art der Probe, also etwa eine bis zu den Urur-
großeltern reichende Aufstellung als Sechzehn-Ahnenprobe oder Sechzehnerprobe.
Im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit dientensolche Ahnenproben
als mehroder wenigerformalisierte Nachweisverfahren in verschiedenenKon-
texten der ständischen Abgrenzung, etwa der Distinktion des „alten Adels“gegen-
über Neuadligen oder der von „ehrbaren“Handwerksmeistern gegenüber „unehr-
lichen“Handwerkern⁵.Bereits im 15.Jahrhundert legten etliche süd- und
westdeutscheTurnierordnungenfest,dass kein Ritter an einem Turnier teilnehmen
dürfe,wenn nicht alle vier Großeltern ausadligen und turnierfähigen Familien
stammten. Zahlreiche Adelsgenossenschaften und Hoforden nahmen nur solche
Mitglieder auf, welche die gleichen Kriterien erfüllten. Noch strikter wurde in
vielen kirchlichen Institutionen das Kriterium der Abstammung gewichtet.Den
Nachweis von „stiftsfähigen“,das heißt altadligenund inländischen Großeltern oder
Urgroßeltern musste in der Regel jeder leisten, der Kanoniker in einem Domkapitel
im HeiligenRömischenReich werden wollte –nur wenigeInstitutionen verzichte-
ten dauerhaft aufeine solche Vorschrift.Der bereits im 14. Jahrhundert anzutref-
fende Ahnennachweis wurde in den folgenden Jahrhunderten zumeist weiter ver-
schärft.Sowaren im 17.und 18. Jahrhundert die Domherren fast immer gezwungen,
die Abstammung von16oder 32 adligen Ahnen zu beweisen. Auch andere kirchliche
Institutionen, zum Beispiel einigeKlöster und Damenstifte,folgten diesem Beispiel.
Anteil an den reichen kirchlichen Pfründen hattenauf diese Weise nur bestimmte,
regional verankerteadligeFamilienverbände, die in ihrem Heiratsverhalten auf
„Ebenbürtigkeit“achteten und das Wissenumihre „stiftsmäßige“Abstammung
5Ausführliche Nachweise der Literatur und Forschungsdiskussionen zu einzelnen empirischen
Anwendungsfeldern der Ahnenprobe finden sich bei Harding/Hecht, Ahnenproben. Die folgenden
Nachweise beschränken sich aufeinigezentrale sowie neu erschienene Arbeiten.
Ahnenproben in der frühneuzeitlichen Funeralkultur 215
konservierten, um sich vonBürgerlichen und nobilitierten Aufsteigern abzugren-
zen⁶.
Auch die großen Ritterorden, vorallem der Deutsche Orden sowieder Johan-
niter-bzw.Malteser-Orden,verlangten vonneuen Mitgliedern eineAhnenprobe⁷.In
den regionalen ritterschaftlichen Korporationen, die in den einzelnen Fürstentü-
mern des Reichs aufden Landtagen die Adelskurien bildeten, wurden häufig seit
dem 17.Jahrhundert Ahnennachweise als Voraussetzung für die Mitgliedschaft
verlangt. Die politische Vertretung des Landes gegenüber dem Fürsten war aufdiese
Weise aufeine kleine und exklusive Gruppe beschränkt⁸.Aber nicht nur innerhalb
des Adels, auch in den Städten wurden Ahnenproben benötigt: Für die Erlangung
des Bürgerrechts oder den Eintritt in bestimmte Zünfte musste zuweilen eine
eheliche, „ehrliche“und deutsche Abstammung über mehrereGenerationen
nachgewiesen werden;zudem transferierten städtische Patriziergesellschaften und
kirchliche Institutionen mitunter adligeAhnennachweise in andere ständische
Gruppen,umauch hier Exklusivitätsbarrieren mit Verweis aufeine „vornehme“
Herkunft aufzurichten⁹.
Ahnenproben stellten komplexegenealogische Probleme dar.Sie erforderten
vonden Aspiranten bzw.Probanden nicht nur die vollständigeKenntnis über Ab-
6Vgl. Ute Küppers-Braun, „Allermassender teutsche Adel allezeit aufdas mütterliche Geschlecht
fürnehmlich […]gesehen“.Ahnenproben des hohen Adels in Dom- und kaiserlich-freiweltlichen
Damenstiften,in: Harding/Hecht (Hrsg.), Ahnenprobe, S. 175–189;Heike Düselder, „… ein artigauf-
enthaltvor ein frölein“.Die Bedeutungder Klöster und Stifte für den Adel, seine Familienorgani-
sation und Statussicherung, in: Hans Otte(Hrsg.), Evangelisches Klosterleben. Studien zur Ge-
schichteder evangelischen Klöster und Stifte in Niedersachsen, Göttingen2013 (Studien zur
KirchengeschichteNiedersachsens46), S. 219–236; OliverAuge, Zur Bedeutungvon Ahnentafeln für
den Adel der frühen Neuzeit.Das Beispiel Brockdorff, in: Nordelbingen81(2012), S. 7–26.
7Vgl. Moritz Trebeljahr,Adel in vier Vierteln. Die Ahnenprobe im Johanniterorden aufMalta in der
Vormoderne, in: Harding/Hecht (Hrsg.), Ahnenprobe, S. 333–349;Jozef Mertens,Ridder van de Duitse
Orde worden. Pretendenten en toetredingsvoorwarden tussen adellijkefamiliestrategie en Biesense
balijepolitiek, 1500–1800,in: Ders.(Hrsg.), Adel, ridderordeenerfgoed in het land van Mass en Rijn,
Bilzen 2012 (Bijdragen tot de geschiedenis van de Duitse Ordeindebalije Biesen 10), S. 77–155;Anne
Brogini/Germain Butaud, Prouversanoblesse de nom et d’armes.Fonctionnement et enjeux de des
procès provençaux de l’ordre de Malte (XVe–XVIIIesiècles), in: Cahiers de la Méditerranée 97 (2018),
S. 47–72.Die Transnationalitätder Ritterorden verweist darauf, dass Ahnenproben –entgegen
verbreiteter Vorstellungen –nicht aufdas HeiligeRömische Reich beschränkt,sondern in unter-
schiedlichenFormen in vielen europäischen Ländern bzw. Adelsgesellschaften anzutreffen waren.
8Vgl. Elizabeth Harding, Landtag und Adligkeit.Ständische Repräsentationspraxis der Ritter-
schaften vonOsnabrück, Münster und Ravensberg1650bis 1800,Münster 2011 (Westfalen in der
Vormoderne 10); Andreas Müller,Die Ritterschaft im Herzogtum Westfalen 1651–1803.Aufschwö-
rung, innereStruktur und Prosopographie, Münster 2017 (Veröffentlichungender Historischen
Kommission für Westfalen N.F. 34).
9Vgl. Harding/Hecht,Ahnenproben, S. 23–25.
216 Michael Hecht
stammungsfolgen(Filiationen) in den väterlichen und mütterlichen Herkunftsli-
nien über mehrereGenerationen, sondern auch das Wissen über die ständische
Verortungder Vorfahren bzw. der Familien (Geschlechter), ausdenen diese ent-
stammten. Solche Informationen waren in der frühneuzeitlichen Gesellschaft,die
gerade erst begann, Trauungenund Kindstaufen systematisch in Kirchenbüchern
festzuhalten, selbst in adligen Kreisen nicht immer ohne Weiteres zu erlangen.
Daher war es in den Aufnahmeverfahren, die eine Ahnenprobe erforderten, in der
Regel nicht nötig,urkundliche Belegefür die einzelnen Abstammungsinformatio-
nen beizubringen. Vielmehrreichte es meistaus, ein genealogisches Schema zur
Vorfahrenschaft (Ahnentafel) oder auch nur eine Übersicht zur ältestengeforderten
Generation (z. B. alle acht Urgroßeltern) einzureichen unddiese Tafel im Rahmen
einer rituellen Aufschwörung vonStandesgenossen eidlich bestätigen zu lassen. Die
Eingebundenheit der Probanden in soziale Netzwerkeund die Möglichkeit,auf
prestigeträchtigeAdjuranten zurückgreifen zu können, deren Urteil vonden Auf-
nahmeinstitutionen nicht in Zweifel gezogen wurde, besaßen somit oft eine größere
Bedeutung als der (nach heutigemMaßstab) quellengestützte Beleg verwandt-
schaftlicher Verbindung¹⁰.Gleichwohl stellten die eingereichten und in „Auf-
schwörungsbüchern“gesammelten Tafeln für die jeweiligenEinrichtungen einen
großen Wert dar; sie wurden in der Regel sorgsam archiviert,für späteregenea-
logische (Zweifels‐)Fälle als Quellen herangezogen und üben bis heute aufgrund
ihrer meist repräsentativenGestaltungeine nicht unbeträchtlicheFaszination
aus¹¹.
Ahnenproben als Organisations-und Darstellungstypen genealogischer Bezie-
hungen unterscheiden sich in einigen grundsätzlichen Merkmalen vomStamm-
baum, der bekanntesten Visualisierungs-und Denkfigur vonVerwandtschaft seit
dem späten Mittelalter¹².Während der Stammbaum eine Repräsentation des Ge-
10 Zur Bedeutungder Aufschwörungenals Verfahren und Rituale vgl. auch Elizabeth Harding,
Warum der Adel seine Ahnen über die Schwelle trägt. Zur Symbolik ritterschaftlicher Aufschwö-
rungen, in: Dies./Natalie Krentz (Hrsg.), Symbolik in Zeiten vonKrise und gesellschaftlichem Um-
bruch. Darstellung und Wahrnehmungvormoderner OrdnungimWandel,Münster 2011 (Symbo-
lische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme 33), S. 131–152.
11 Vgl. exemplarisch PeterMarmein/Thomas Scharf-Wrede (Hrsg.), Kircheund Adel in Nord-
deutschland. Das Aufschwörungsbuch des Hildesheimer Domkapitels, Regensburg2011 (Quellen
und Studien zur Geschichte und Kunst im Bistum Hildesheim 3); GerhardSeibold, Ein Auf-
schwörbuch des Wormser Domkapitels, in: Herold-JahrbuchN.F.20(2015), S. 141–229; Ingrid Männl,
„Massenunser Geschlecht als Ritter-und Thumstifftmäßig …hinlänglich bekant“.ZuAnlage und
Revision der Johanniteraufschwörungstafeln, in: Herold-Jahrbuch N.F. 20 (2015), S. 93–127.
12 Vgl. auch Kilian Heck, Ahnentafel und Stammbaum. Zwei genealogische Modelle und ihre
mnemotechnische Aufrüstungbei frühneuzeitlichen Dynastien, in: JörgJ.Berns/Wolfgang Neuber
(Hrsg.), Seelenmaschinen. Gattungstraditionen, Funktionen und Leistungsgrenzen der Mnemo-
Ahnenproben in der frühneuzeitlichen Funeralkultur 217
schlechts bzw. der Dynastie bildete, also die Größe und das Alter eines Kollektivs
betonteund –ausgehendvon einem oft hervorgehobenen „Stammvater“oder
„Spitzenahn“–chronologisch vorwärts zu lesen war,stellte die Ahnenprobe die
konkrete Person einer jeweiligenJetztzeit ins Zentrumund war vondort aus
rückwärts zu erschließen¹³.Ahnenproben waren somit individuell, einzigartigfür
jeden Probanden –bzw. lediglich identisch für leibliche Geschwister. Zugleich
ordneten sie das Individuum in mehrereKollektiveein, denn letztlich waren nicht
konkrete Personen in der Ahnentafel vonInteresse, sondern deren Zugehörigkeit zu
als standesgemäß empfundenen Familien oder Dynastien. Aus diesem Grund
spielten Wappen in der Darstellung vonAhnenproben eine so herausgehobene
Rolle, denn das heraldische Zeichen symbolisierte den „genealogischen Körper“des
Vorfahren, es verwies über eine individuelle Stelle in der Ahnentafel sinnbildlich
aufüberindividuelle Zusammenhängeund quasi mitgedachte genealogische Ket-
ten¹⁴.Das macht verständlich, warum Ahnenproben und Aufschwörungstafeln
häufig aufdie Darstellung konkreter Filiationen verzichtetenund sich mit der
Präsentation vonacht,16oder 32 Wappen (als Ausweis der ältesten nachzuwei-
senden Vorfahrengeneration) begnügten. In der Verbindungdieser einzelnen
Wappen stellte die Ahnenprobe Beziehungen zwischen den durch sie repräsen-
tierten Geschlechtern dar und konstruierteeineverwandtschaftliche und ständi-
sche Gemeinschaft vonFamilien, die in der Darstellungsform ihrerHistorizität
enthoben war¹⁵.
Das hier angedeutete Zusammenspielvon Individualität,Dynastizität und
Transdynastizität machte Ahnenproben nicht nur zu einem (wissens‐)geschichtlich
anspruchsvollem Phänomen, sondern kann sicher auch als ein Schlüsselzur Er-
klärung des Erfolgs der Ahnenprobe als genealogische Repräsentationsform gelten.
Denn Ahnenproben fanden in der Frühen Neuzeit nicht nur dort Verwendung,wo
techniken vomspäten Mittelalter bis zum Beginn der Moderne, Wien 2000,S.253–284; Volker Bauer,
Wurzel, Stamm, Krone. Fürstliche Genealogie in frühneuzeitlichen Druckwerken, Wiesbaden 2013
(Ausstellungskatalogeder Herzog-August-Bibliothek 97); Hecht, Repräsentationen.
13 Trotz dieser Unterschiede wurden auch Ahnentafeln in der Frühen Neuzeit vielfach in Baum-
form oder mit arboresker Symbolik dargestellt und daher ebenfalls als „Stammbäume“bezeichnet,
was auch heutenoch vielfach Anlass für Begriffsverwirrunggibt.
14 Zum Wappen als genealogisches (Körper‐)Medium vgl. in diesem ZusammenhangWalter Seitter,
Das Wappen als Zweitkörper und Körperzeichen, in: Dietmar Kamper/Christoph Wulf (Hrsg.), Die
Wiederkehr des Körpers,Frankfurt a. M.1982, S. 299–312; Hans Belting,Wappen und Porträt.Zwei
Medien des Körpers,in: Ders., Bild-Anthropologe.Entwürfe für eine Bildwissenschaft, München
32006,S.115–142.
15 Vgl. dazu auch Kilian Heck, Das Fundament der Machtbehauptung. Die Ahnentafel als genea-
logische Grundstruktur der Neuzeit,in: SigridWeigel(Hrsg.), Genealogie und Genetik. Schnittstellen
zwischen Biologie und Kulturgeschichte, Berlin 2002,S.45–56.
218 Michael Hecht
es in förmlichen Nachweisverfahren um die Qualifikation zu einem Amt oder den
Eintrittineine exklusive Gemeinschaft ging.Vielmehrwurden Ahnenproben als
Mittel der genealogisch-ständischen Repräsentation in zahlreichen Zusammen-
hängen genutzt.Sie finden sich als Verzierung an Architekturelementen von
Schlössernund Bürgerhäusern sowie im Ausstattungsprogramm vonFest-und
Ahnensälen. Gerade in der hochadligen Hofkultur in den Jahrzehnten um 1600
fandenAhnenproben in Form vonPorträtahnentafeln, Wandgemälden oder Wap-
penteppichen vermehrt Verwendung¹⁶.Bildnisse und Bildnisserien wurden ebenso
mit heraldischen Ahnenproben der Dargestellten ausgeschmückt wie Truhen,
Schränke und andere Gebrauchsgegenstände mit den Ahnenwappen der Besit-
zer*innen oder Stifter*innen. Auf diese Weise wurden Ahnenproben in großem Stil
auch für solche Personen aufgestellt, die niemals Zulassungsverfahren mit dem
Nachweis der Vorfahren durchlaufen mussten. Die Ubiquität des Prinzips ,Ahnen-
probeʻim hohen und niederen Adel wie auch im (gehobenen) Bürgertum führte
indes dazu, dass genealogisches Wisseninder Frühen Neuzeit stetigbenötigt wurde
und entsprechende Informationen immer wieder (re‐)produziert,aktualisiert und
für konkrete Probanden zusammengesetzt werden mussten.
II Ahnenproben in der frühneuzeitlichen
Funeralkultur
Die noch heute wahrnehmbar weitesteVerbreitunghat die Leitidee ,Ahnenprobeʻ
in der frühneuzeitlichen Funeralkultur,das heißt im Bestattungswesen und im
materialisierten Totengedenken gefunden. Die individuell aufden Verstorbenen
verweisende Darstellung,die den Ausweis vonStandesgemäßheit über kollaterale
Verwandtschaftsnetze auch gleichzeitig für die Nachkommen sicherte, mag diese
Attraktivität der Ahnenprobe erklären, die weit mehrals der Stammbaum zum
genealogisch-ikonografischen Standard der Funeralrepräsentation avancierte. Da-
bei sind verschiedene Medien zu unterscheiden, die gleichwohl über zahlreiche
Berührungspunkte und Schnittstellen verfügen.
16 Zahlreiche Beispiele hierfür wie für das Folgende bei Harding/Hecht, Ahnenproben, S.44–72.Für
einigefrühe Beispiel vgl. Kilian Heck, Ahnen formen den Raum. Genealogische Dispositive in der
Architektur des 15.Jahrhunderts, in: Dietrich Boschung/Julian Jachmann (Hrsg.), Diagrammatik der
Architektur,München 2013,S.268–306.Zum zuletzt gut untersuchten württembergischen Hofvgl.
Hermann Ehmer,Die Ahnenprobe Herzog Christophs vonWürttemberginder Schlosskirche in
Stuttgart,in: ZWLG70(2011), S. 253–263; SönkeLorenz, Graf EberhardimBart und seine Ahnen-
probe. Zur Herrschaftsrepräsentation der Grafen vonWürttembergimSpiegel der Heraldik, in:
ZWLG71(2012),S.83–106.
Ahnenproben in der frühneuzeitlichen Funeralkultur 219
Zunächst kam den Ahnenproben eineFunktion im Begräbniszeremoniell zu.
Da in der FrühenNeuzeit vorallem –aber nicht ausschließlich –im fürstlichen Adel
Bestattungen mit prachtvollen und häufig mehrerehundert Personen umfassenden
Leichprozessionen einhergingen und das Begräbnis zu den zentralenRitualen
ständisch-herrschaftlicher Selbstvergewisserung gehörte, waren hier umfangreiche
Möglichkeiten einer heraldisch-genealogischen Repräsentation gegeben¹⁷.Die ein-
gangs zitierte Passageaus Telgmanns Buch zur Bedeutung der „Ahnen-Zahl“hat in
diesem Zusammenhang aufdie Ausschmückungdes Sargesbzw.des Trauerzuges
mit den Ahnenwappen des Verstorbenen verwiesen. Über die genauen Umsetzun-
gendieser Praktikeninkonkreten Begräbnisfeiern informieren Zeremonialbe-
richte sowie Akten, die im Kontext der Bestattungen in den höfischen Verwaltungen
entstanden sind¹⁸.Die Quellen belegen, dass häufig die Ahnenwappen aufeinzelnen
FahnenimBegräbniszugmitgeführt wurden, wobeiwichtigeBeamte, Offiziere oder
adligeDienstleute des Verstorbenen als Fahnenträger auftraten. Es konnte auch
sein, dass die Ahnenwappen direkt aufdem Sargoder aufder den Sargschmü-
ckenden Decke angebracht wurden.Die über den Särgengetragenen Baldachine
sowie die Decken der den Leichenzugbegleitenden Pferde waren ebenfalls beliebte
Orte zur Anbringung vonAhnenproben.
Nicht selten lässt sich eine Kombination der genannten Repräsentationsformen
beobachten. Als beispielsweise im Januar 1584 Graf GeorgErnst vonHenneberg-
Schleusingen (1511–1583) im thüringischen Maßfeld beigesetzt wurde, schmückte
ein schwarzes Samttuch den durch die Straßen getragenen Zinnsarg. Auf dem Tuch
waren ein weißes Kreuz sowie die Wappen der 16 Ururgroßeltern des Verstorbenen
angebracht.Neben dem Sarggingen aufjeder Seite vier Adlige, vondenen „jeder 2
17 Als Beispiele bereits untersuchter Bestattungszeremonien: Ellinor Brandtner,Die Funeralkultur
der albertinischen Sekundogenituren im 17.und 18. Jahrhundert,in: Vinzenz Czech (Hrsg.), Fürsten
ohne Land. Höfische Pracht in den sächsischen Sekundogenituren Weißenfels, Merseburgund Zeitz,
Berlin 2009,S.143–171;Sabine Maehnert,Fürstliche Beisetzungsfeierlichkeitenim17. Jahrhundert in
der ResidenzstadtCelle des Fürstentums Braunschweig-Lüneburg, in: Heiko Laß (Hrsg.), Hofund
Medien im Spannungsfeld vondynastischer Tradition und politischerInnovation zwischen 1648
und 1714.Celle und die Residenzen im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation, München 2009,
S. 45–56;Heike Karg,Das Leichenbegängnis des Heinrich Posthumus Reuß 1636 –ein Höhepunkt des
protestantischen Funus,Kassel 2010 (Kasseler Studien zur Funeralkultur17). Vgl. zudem die Beiträge
in Mark Hengerer(Hrsg.), Macht und Memoria. Begräbniskultureuropäischer Oberschichten in der
Frühen Neuzeit,Köln 2005.
18 Vgl. exemplarischzur heraldischen Begleitungdes Beerdigungszugesfür Graf Anton II. von
Oldenburg-Delmenhorst (1550–1619) Niedersächsisches LandesarchivOldenburg, Slg200 Best.287
Nr.22. Zum Zusammenhangdieser Anordnungenmit genealogischen Druckschriften sowie den
Ahnenproben an älterenGrabdenkmälern vgl. auch JörgenWelp, Der Wappenschmuck der Grab-
platten Graf Antons I. vonOldenburgund Delmenhorst und Gräfin Sophias in der OldenburgerSt.-
Lamberti-Kirche, in: OldenburgerJahrbuch 113 (2013), S. 29–42.
220 Michael Hecht
brennende schwartze Fackeln mit zweyenSchilden“trug, an denen ebenfalls die
Wappen der 16 Ahnen hingen¹⁹.Auch bei der pompösen Beisetzung HerzogJohann
Friedrichs vonBraunschweig-Lüneburg(1625–1679)Anfang 1680 in Hannover war
die Sargdecke mit 16 Ahnenwappen geschmückt.Die doppelteAnzahlanAhnen-
wappen, also die Generation der Urururgroßeltern des Verstorbenen symbolisie-
rend, wurde aufdem Baldachin über der fürstlichen Leiche angebracht.Die den
Sargbegleitenden Adligen trugenindiesem FallFackeln mit den Einzelfeldern des
großen herzoglichen Wappenschildes,wie einezeitgenössische bildliche Darstel-
lungdes Ereignisses ausweist (Abb. 1)²⁰.
Es erscheint bemerkenswert,dass nicht nur deutscheAdligeund Fürsten aufdiese
Weise an ihre Vorfahren erinnern ließen. In Funeralprozessionen für Mitglieder
des englischen Königshauses und Angehörigedes englischen Hofadels wurden im 17.
und 18. Jahrhundert zum Teil Banner mit den Wappen der Ahnen mitgeführt,be-
sonders ostentativbeispielsweise anlässlich der Beerdigung des Großkanzlers John
19 Die Beschreibungdes Leichenzugesfindet sich bei Johann S. Müller,Des Chur-und Fürstlichen
Hauses Sachsen, Ernestin- und Albertinischer Linie, Annales vonAnno 1400 bis 1700,Weimar 1700,
S. 185f.
20 Vgl. JohannG.Lange,Justa funebria serenissimo principi Joanni FridericoBrunsuicensium et
Luneburge,Rinteln 1685.
Abb.1:Leichenzug Johann Friedrichs vonBraunschweig-Lüneburg,in: Johann G. Lange, Justafuneb-
ria serenissimo principiJoanni FridericoBrunsuicensiumetLuneburge, Rinteln 1685.
Ahnenproben in der frühneuzeitlichen Funeralkultur 221
Leslie, Duke of Rothes, im Jahr 1681²¹.Als der ehemaligeschwedische Feldherr
Lennart Torstensson, Graf vonOrtala (1603–1651) in der Stockholmer Riddar-
holmskyrkan zu Grabegetragen wurde, hielt man neben dem Sargdie 16 Ahnen-
wappen des Verstorbenen in die Höhe²².Ein besonders eindrückliches Beispiel ist
nicht zuletzt die Begräbnisprozession anlässlich der Beisetzungsfeierlichkeiten für
HerzogKarl III. vonLothringen (1543–1608)inNancy.Teil einer immensenheral-
dischen Prachtentfaltung waren auch hier Träger vonBannernmit den Wappen der
väterlichen und mütterlichen Vorfahren des Herzogs²³.
In all den genannten Fällenspielten neben den dynastischen Traditionen (bei
Telgmann: „die Gewohnheit eines jedenOrts“²⁴)auch spezifische Repräsentati-
onsbedürfnisse, die sich auspolitischen und verwandtschaftlichen Rahmenbedin-
gungen ergaben, für die Opulenz der Trauerfeierlichkeiten und damit auch für den
Umfang der genealogischen Visualisierungsstrategien eine Rolle. Schließlich lag
gerade in den Ahnenprobendas Potenzial, aufBeziehungen zu anderen mächtigen
Dynastien zu verweisen und diese im Zeremoniell symbolisch zu vergegenwärtigen.
Am Beispieldes genannten Grafen GeorgErnst vonHenneberg-Schleusingen lässt
sich dies anschaulich zeigen: Während der Verstorbene einem Adelshaus angehörte,
das an der unteren Grenze des hohen Reichsadels rangierte und sich ständig gegen
einen drohenden Statusverlust zur Wehr setzen musste,wurden in der Begräb-
nisprozession auch die Wappen des habsburgischen Kaiserhauses sowie der kur-
fürstlichen Dynastien Sachsen undBrandenburggezeigt,daGeorgErnsts Urgroß-
21 Vgl. Stephan Slater,Wappen, Schilde, Helme. Eine farbigillustrierteEinführungindie Heraldik,
Wien 2009,S.40–43.Inanderen Prozessionen fand hingegen nur eine Repräsentation der patrili-
nearen Abstammung statt,wennauch mit mehreren Wappenbannern. Zu allgemeinen Aspekten
der englischen Adelsbegräbnisse vgl. Jennifer Woodward, The Theatre of Death. The Ritual Mana-
gement of Royal Funerals in RenaissanceEngland 1570–1625,Woodbridge 1997; Elizabeth Goldring,
The Funeral of Sir Philip Sidney and the Politics of Elizabethan Festival, in: Dies./J.R.Mulryne
(Hrsg.), Court Festivals of the European Renaissance. Art,Politics and Performance, Aldershot2002,
S. 199–224; Michael Schaich, The Funerals of the British Monarchy,in: Ders.(Hrsg.), Monarchyand
Religion. The Transformation of Royal Culture in Eighteenth-Century Europe, Oxford2007(Studies of
the German Historical InstituteLondon), S. 421–450.
22 Vgl. die Beschreibung des Leichenbegängnisses in Johann C. Lünig, Theatrum ceremoniale his-
torico-politicum, oder Historisch- und Politischer Schau-Platz Aller Ceremonien, welche So wohl an
europäischen Höfen als auch sonsten bey vielen illustren Fällen beobachtet worden, Teil 2, Leipzig
1720,hier S. 561.
23 Vgl. PauletteChoné, L’enterrement d’un ducdeLorraine àNancy. Présence, présentation et
représentation dans les planches de la „Pompe funèbredeCharles III“1608 et leurs légendes,in: Jörg
J. Berns/Thomas Rahn (Hrsg.), Zeremoniell als höfische Ästhetik in Spätmittelalter und Früher
Neuzeit,Tübingen 1995(Frühe Neuzeit 25), S. 174–182;Philippe Martin (Hrsg.), La Pompe funèbrede
Charles III 1608, Metz 2008.
24 Vgl. bei Anm. 1.
222 Michael Hecht
eltern mütterlicherseits diesen Herrscherhäusern entstammten²⁵.Die Präsentation
vonAhnenproben diente in solchen Fällen nicht nur der Betonungdes „edlen
Herkommens“des Beizusetzenden, sondern lag auch im Interesse der noch le-
benden Verwandten, Nachkommen bzw.Erben des Verstorbenen, die gewöhnlich
am Trauerzugteilnahmen und die unschwer verständlichen BotschaftenimMe-
dium des heraldischen Zeichensystems an die höfische Öffentlichkeit kommuni-
zierten²⁶.
Das Wissenüber die Verwendung vonAhnenwappen im Rahmen des Be-
gräbniszeremoniells stammt nicht nur ausInstruktionen und Augenzeugenbe-
richten, sondern auch ausgedruckten Funeralschriften. Diese erschienen an vielen
Fürstenhöfen im 17.und 18. Jahrhundert in prachtvoller Gestaltung, oft im Groß-
folioformat und üppig illustriert mit zahlreichenHolzschnitten und Kupferstichen.
Mitunter übertraf der Aufwand der Herstellungsolcher Funeralwerkesogar den
Aufwand, der für die eigentlichen Beisetzungsfeierlichkeiten getriebenwurde. Es
handelt sich bei diesen Schriften somit um Repräsentationen zweiter Ordnung,die
nicht zwangsläufig ein ‚realistisches‘Abbild des Begräbniszeremoniells vermittel-
ten, sondern die als ein eigenständiges Repräsentationsmedium adliger Funeral-
kultur anzusehensind²⁷.Auch die Anfertigung und Gestaltungsolcher Funeral-
schriften stand häufig in Verbindungmit den jeweils aktuellen politisch-
dynastischen Bestrebungen. So drückten sich in den Darstellungen, die im An-
schluss an die Beisetzung des bereits genannten Herzogs Johann Friedrich von
Braunschweig-LüneburginHannover erschienen, die machtpolitischen Ambitionen
des Nachfolgers, Herzog Ernst August (1629–1698), aus. Dabei ging es nicht nur um
25 Die Großelternvon GeorgErnst waren Markgraf Albrecht Achilles vonBrandenburg(1414–1486)
und Anna geb. Herzogin vonSachsen (1437–1512); die Mutter der Anna war Margarethe vonÖster-
reich.Zur Positionierungder Grafen vonHenneberginnerhalb des Reichsadels und zu ihren Be-
mühungenumgenealogische Repräsentation vgl. auch Vinzenz Czech, Legitimation und Reprä-
sentation. Zum Selbstverständnisthüringisch-sächsischer Reichsgrafen in der frühen Neuzeit,
Berlin 2003 (Schriften zur Residenzkultur 2);Verena Kessel/JohannesMötsch, Die Grafen von
Henneberg. Eine illustrierteGenealogie von1567, Frankfurt a. M. 2003;Jan Witowski, Grafen,
Fürsten, gefürsteteGrafen. Der Rang bei den Grafen vonHenneberginSpätmittelalter und Früher
Neuzeit,in: Jahrbuch des Hennebergisch-Fränkischen Geschichtsvereins 33 (2019), S. 93–128.
26 Zu Bedeutungsebenen des Hofzeremoniells vgl. auch in Kirsten Dickhaut/Jörn Steigerwald/Birgit
Wagner (Hrsg.), Soziale und ästhetische Praxis der höfischen Fest-Kultur im 16.und 17.Jahrhundert,
Wiesbaden 2009 (Culturae 1); BarbaraStollberg-Rilinger, Rituale, Frankfurt a.M./New York 22019
(Historische Einführungen16).
27 Vgl. Jill Bepler,Ansichten eines Staatsbegräbnisses.Funeralwerke und Diarien als Quelle zere-
monieller Praxis, in: Berns/Rahn (Hrsg.), Zeremoniell, S. 183–197; GeorgesFréchet,Formes et fonc-
tions des livres de Pompes funèbres,in: Jean Balsamo (Hrsg.), Les Funérailles àlaRenaissance,
Genève2002, S. 199–223; Maja Schmidt, Tod und Herrschaft.Fürstliches Funeralwesen der Frühen
Neuzeit in Thüringen, Erfurt 2002.
Ahnenproben in der frühneuzeitlichen Funeralkultur 223
die Exponierung des neuen Herrschers innerhalbder eigenen, weit verzweigten
Dynastie, sondern auch um das Ziel der Erlangungder Kurfürstenwürde für die
hannoversche Linie der Welfen²⁸.Hintergrund der äußerst prachtvollen Gestaltung
des „Monumentum Sepulcrale“,einer nach der Beisetzung vonLandgraf Moritz von
Hessen-Kassel (1572–1632) entstandenen Funeralschrift,war hingegen die Rivalität
zwischenden beiden –in Darmstadt und Kassel ansässigen –Linien des Land-
grafenhauses und der damit verbundene Kampf um die Vorherrschaft innerhalb
der hessischen Dynastie²⁹.
Solche Entstehungshintergründe waren vonEinfluss aufdie Gestaltungder
ikonografischen und heraldischen Programme innerhalbder Funeralwerke. Die
Ausstattungder Schriften mit großformatigenStammbäumen, Familienporträts
und dynastisch-politischen Symbolen sollteauf die Größe, Macht und Kontinuität
des geehrten Herrscherhauses verweisen.Indiesem Zusammenhang spielteauch
die Abbildungvon Ahnenproben eine wichtigeRolle, die vielfach nicht nur inner-
halb der Darstellung des Leichenzuges, sondern auch in zusätzlichen Illustrationen
erscheinen. Das „Monumentum Sepulcrale“beinhaltet beispielsweise eineauf-
wendiggearbeiteteDruckgrafik, aufwelcher die Abstammung des Landgrafen
Moritzvon seinen32Urururgroßeltern veranschaulicht ist und die somit die Her-
kunft ausdiversen königlichen, kurfürstlichen und herzoglichen Dynastien unter
Beweis stellt³⁰.Die ausAnlass des Begräbnisses vonHerzog Wilhelm IV.von Sach-
sen-Weimar (1598–1662) gedruckte Funeralschrift enthältdie Darstellungeiner
Sechzehn-Ahnenprobe, die mit dem Porträt des Verstorbenen aufeiner Pyramide
präsentiertwird (Abb. 2)³¹.
Doch nicht nur fürstlichen Geschlechtern bot sich die Möglichkeit,inFune-
ralschriften aufdie Abstammung in den väterlichen und mütterlichen Linienzu
verweisen, auch städtische Bürger, Gelehrteund Adligenutzten hierfürdie Gattung
der gedrucktenLeichenpredigt. Im 16.Jahrhundert entwickelte sich vorallem bei
den protestantischen Oberschichten der Brauch, die am Grab gehaltene Rede dru-
cken zu lassen und an Hinterbliebene, Verwandte und Freunde zu verteilen. Im
28 Vgl. auch Armin Reese, Die Rolle der Historie beim Aufstieg des Welfenhauses 1680–1714, Hil-
desheim 1967(Quellen und Darstellungenzur GeschichteNiedersachsens 71); Hans-GeorgAschoff,
Die Welfen. Von der Reformation bis 1918, Stuttgart2010,S.142–157.
29 Vgl. Jill Bepler,Das MonumentumSepulcrale. Ein Funeralwerk im Dienstedynastischer Selbst-
darstellung, in: Heiner Borggrefe (Hrsg.), Moritz der Gelehrte. Ein Renaissancefürst in Europa,
Eurasburg1997, S. 413–417.
30 Abbildung dieser Ahnenprobe u. a. bei Hecht,Ahnenproben, S. 170.
31 GeorgNeumark, Christ-Fürstliches Traur-Gedächtnüß über das höchstselige Absterben …des …
Herrn Wilhelms des Vierdten, Hertzogs zu Sachsen …,Weimar 1666;vgl. zum Kontext auch Schmidt,
Tod, S. 55.
224 Michael Hecht
Gegensatz zum fürstlichen Funeralwerk, das durch außergewöhnliche Opulenz zu
beeindrucken suchte und daher den Regeln einer höfischen Ökonomie folgte, waren
die oft schlichten Drucke der Leichenpredigten ein frühneuzeitliches Massenphä-
nomen, wovon noch heute Zehntausende erhaltene Exemplare zeugen³².
Zu den Bestandteilen der gedruckten Leichenpredigten gehörten unter ande-
rem die eigentliche Predigt,ein Lebenslaufdes Verstorbenen („Personalia“)sowie
Trauer-und Trostgedichte (Epicedien), die vonAngehörigen oder Freunden beige-
steuert wurden. Die Informationen zum Lebenslaufbasiertenauf den Angaben,die
direkt bei der Bestattungsredeverlesen worden waren, konnten aber auch zu sehr
langen Ausarbeitungen erweitert werden. Häufig nutzte mandie Gelegenheit, um
Abb.2:GeorgNeumark, Christ-Fürstliches Traur-Gedächtnüß uber dashöchstselige Absterben …des
…Herrn Wilhelmsdes Vierdten, Hertzogs zu Sachsen, Weimar 1666.
32 Vgl. HeikeDüselder,Leichenpredigt, in: EdN 7(2008), Sp. 821–823; Rudolf Lenz (Hrsg.), Lei-
chenpredigten als Quelle historischer Wissenschaften, 4Bde., Köln/Wien 1975–2004.
Ahnenproben in der frühneuzeitlichen Funeralkultur 225
ausführliche Nachrichten zu den Vorfahren des Verstorbenen einzustreuen³³.Nicht
selten entstandendabei kompletteAhnenproben bis zur Generation aller Urgroß-
eltern und darüberhinaus. Allerdings erwies es sich häufig als sehr sperrig und
unübersichtlich, alle Vorfahren im fortlaufenden Text aufzuzählen,wie das Beispiel
der Leichenpredigt aufdie 1661gestorbene Anna geb. vonEinsiedel, Ehefrau des
kursächsischen Kammerjunkers Otto Pflugk, veranschaulichen kann:
Ihr Herr Vater ist gewesen der weyland Wol-Edel-Geborne, Gestrenge und Veste Herr Hans
Haubold vonEinsidel, uff Syra und Hopffegarten. Ihr Groß-HerrVater vomVater der weyland
Wol-Edel-Geborne, Gestrenge und Veste Herr Abraham vonEinsidel uff Syra, Lobschütz und
Hopffgarten. IhreFrauGroß-Mutter vomVater die Wol-Edle, Viel-Ehr-und Tugendreiche Frau
Anna vonEinsiedel, geborne vonKönneritz, aussm Hause Lobschütz. Ihr älter Herr Vater vom
Vater der weyland Wol-Edel-Geborne, Gestrenge und VesteHerr Heinrich vonEinsidel ….Ihre
ältereFrauMutter vomVater die weyland Wol-Edle, Viel-Ehr-und Tugendreiche Frau Elisabeth
vonHaugwitz, aussm Hause Kleberg. Ihr älter Herr Vater vonder Frau Grosse-Mutter vom
Vater der weyland Wol-Edel-Geborne, Gestrenge und VesteHerr Erasmus vonKönneritz ….
Ihreälter Frau Mutter vonder Frau Grosse-Mutter vomVater die weyland Wol-Edle, Viel-Ehr-
und Tugendreiche Frau Emerentia vonKönneritz, geborne vonGabelentz, aussm Hause
WindischeLeuba. IhreFrauMutter war die weyland Wol-Edle, Viel-Ehr-und Tugendreiche
Frau Margaretha vonEinsidel, geborne vonStarschedel, aussm Hause Borna. Ihr Herr Groß-
Vater vonder Frau Mutter der weyland Hoch Edel-Geborne, Gestrenge und VesteHerr Inno-
cens vonStarschedel, uff Borna und Melbitz ….IhreFrauGrosse-Mutter vonder Frau Mutter
die weyland Wol-Edle, Viel-Ehr-und Tugendreiche Frau Maria vonStarschedel, geborne von
Schleinitz, aussm Hause Schleinitz. Ihr älter Herr Vatervon Herrn Groß-Vater an der Frau
Mutter Seiten der weyland Wol-Edel-Geborne, Gestrengeund Veste Herr Heinrich von
Starschedel ….Ihre ältereFrauMutter vonGroß-Vater an der Frau Mutter Seiten die Wol-Edle,
Viel-Ehr-und Tugendreiche Frau Sara vonStarschedel, geborne vonHaugwitz. Ihr älter Herr
Vater vonder Frau Groß-Mutter an der Frau Mutter Seiten der Wol-Edel-Geborne, Gestrenge
und VesteHerr Dietrich vonSchleinitz uff Schleinitz. IhreältereFrauMutter vonder Frau
Grosse-Mutter an der Frau Mutter Seiten die Wol-Edle,Viel-Ehr-und Tugendreiche Frau Ursula
vonStarschedel, geborne vonSchönberg.Unschwer wäre diß ihr uhraltes,aus Frey-Herrlichen
Fund Hoch-AdelichenGeblüth herkommendes unverrucktes AdelichesGeschlecht und An-
kommen weiter hinaus zu führen …³⁴.
Diese Unübersichtlichkeit führte dazu, dass mitunter zusätzlich zur narrativen
Ahnenaufzählunggrafische Übersichten eingefügt wurden, wieesbeispielsweise
33 Dass bereits in der Rede am Grab auch den Ahnen gedacht wurde, führt Telgmann,Commen-
tatio, S. 262aus: „Nachgehends recensiret die über den entblaßtenCörper abgefaßte Lebens-Be-
schreibung alle diese Ahnen öffentlich, und übergibt der Nachweltzur Beurteilung, vonwas für
einer Gütedes Verstorbenen Geschlecht gewesen sey.“
34 GotthardBartzsch, Christliche Leich-Predigt …Beyder Christlichen,Hoch-Adelichen und Vol-
ckreichen Leichenbestattung, Der weilandWol-Edel-Gebornen, Viel-Ehr-und TugendgelobtenFr.
Annen, gebornen vonEinsidel, ausdem Hause Syra …,Dresden 1661.
226 Michael Hecht
bei der 1669gedruckten Leichenpredigt aufdie Lüneburger Bürgermeistersfrau
Richel Dorothea Laffert geb. Stöterogge (1639–1668) geschah(Abb. 3)³⁵.Insbesondere
adligeFamilien nutzten zum Teil die teurereVariante, gesonderte Kupferstiche mit
den Ahnenproben der Verstorbenen in die Leichenpredigt einzubinden (Abb. 4).
Eine andere Möglichkeit bestand darin, die Leichenpredigt mit einem Porträt zu
schmücken, das durch die Ahnenwappen flankiert wurde. Auch die Darstellung von
„CastraDoloris“,Grabdenkmälern oder Särgenmit Ahnenwappen spiegelt die
Praxis, in frühneuzeitlichen Leichenpredigten Ahnenproben in grafisch aufwen-
diger Form zu präsentieren.
War das Begräbniszeremoniell ein Ereignis, das durch die Präsenz der Zeichen
wirkte, so hielten die Funeralschriften die gewünschten Informationen für folgende
Generationen fest, allerdings räumlich vomVerstorbenen getrennt.Die ephemeren
35 Zur Erinnerungskultur der LüneburgerOberschichten vgl. auch MichaelHecht,Patriziatsbil-
dungals kommunikativerProzess.Die Salzstädte Lüneburg, Halle und Werl in Spätmittelalter und
Früher Neuzeit, Köln 2010 (StädteforschungA79).
Abb.3:Leichenpredigt Richel DorotheaLaffertgeb.Stöterogge,in: Peter Rhebinder, Visio Apocalyp-
tica …Zum Christlichen Ehren-Gedächtniß. Der Weiland Wol-Edlen undHoch-Tugendreichen Frawen,
Fr.Richel Dorothea,gebornen Stöteroggen, Lüneburg 1669.
Ahnenproben in der frühneuzeitlichen Funeralkultur 227
Ahnenproben aufBannernund Sargdecken verschwanden meist nach der Bestat-
tung.Lediglich die aufden Särgenbzw.SarkophagenangebrachtenAhnenwappen
überdauertendie Zeit, ohne allerdings ein größeres Publikumzuerreichen, da sie
in Erbbegräbnissen bzw.Grüften eingelassen oder eingemauertwurden und in der
Regel nicht öffentlich sichtbar waren³⁶.Die Erinnerung an den Toteninräumlicher
Abb.4:Ahnenprobe in der Leichenpredigt auf HartwigPassow,in: Joachim Walther,Christliche Un-
terrichtung von Auffrichtiger Ampts-Trew, …in einer Leich-Sermon zu betrachten auffgegeben Als
des …Herrn Hartwich Passown …Leichnamb …beygesetzet, Lübeck 1645.
36 Zu Ahnenwappen aufSärgenund Sarkophagenvgl.exemplarischMarian Czerner,Wappen auf
den Sarkophagender HerzoginAnna und des Herzogs Ernst Bogislawvon Croy,in: Baltische Studien
N.F. 75 (1989), S. 85–103;IngaBrinkmann, Prunksarkophageals Medium herrschaftlicher Reprä-
sentation um 1700.Die Beispiele in Celle, Berlin und Wien, in: Laß (Hrsg.), Hof, S. 57–70.
228 Michael Hecht
Nähe zum Begräbnisort übernahmen die meist an oder in den Kirchen errichteten
Grabdenkmäler (Grabsteine, Epitaphien), die als „Repräsentationsform einer sakral
legitimierten Ständeordnung“par excellencegelten können³⁷.Die an ihnen ange-
brachten Ahnenproben zeugenheute noch am deutlichsten vonder frühneuzeitli-
chen Bedeutung und der großen Verbreitungder Ahnenprobe als genealogische
Repräsentationsform³⁸.
Seit dem ausgehenden 14.Jahrhundert wurde es zunächst in Süddeutschland,
bald aber auch in anderenRegionenüblich, aufden Grabsteinen der Angehörigen
des Ritteradels nicht nur das Wappen des Verstorbenen, sondern auch weitere
Wappen abzubilden, die sich aufdie Vorfahren (oder die Vorfahren der Ehepartner)
in der väterlichen und mütterlichen Linie bezogen. Diese Neuerung war Folge einer
gewandelten verwandtschaftlichen Selbstvergewisserung der adligen Geschlechter
sowie einer gestiegenen Hochschätzung der Heiratsverbindungenmit mindestens
ebenbürtigen Familien³⁹.Dochwar die Anordnungder Ahnenwappen zunächst
noch recht uneinheitlich und folgte keinem universalen Muster.Erstallmählich
setzte sich der Standard durch, alle Ahnenwappen einer vollständigen Ahnenprobe
(also vier,acht,16oder 32)ineiner Ordnunganzubringen, welche die verwandt-
schaftliche Nähe der repräsentierten Vorfahren zum Verstorbenen dokumentierte.
Auf diese Weise konnteein Grabdenkmal im Prinzip wie eine heraldische Ah-
nentafel (bzw.deren oberste Reihe)gelesen und entschlüsseltwerden. Zwischen 16.
und 18. Jahrhundert ließensowohl hochadligeDynastien als auch niederadlige
37 Ruth Slenczka, Alteuropaals Kunstepoche? Ein Versuch am Beispiel alteuropäischer Grabmo-
numente, in: Christian Jaser/Ute Lotz-Heumann/Matthias Pohlig(Hrsg.), Alteuropa –Vormoderne –
Neue Zeit.Epochen und Dynamiken der europäischen Geschichte, Berlin 2012 (ZHF Beiheft 46),
S. 225–243, hier S. 235.
38 Aus der Fülle an Literatur zu Grabmälern vgl. exemplarisch Thomas Winkelbauer/TomášKnoz,
Geschlecht und Geschichte. Grablegen, Grabdenkmälerund Wappenzyklen als Quellen für das
historisch-genealogische Denken des österreichischen Adels im 16.und 17.Jahrhundert,in: Joachim
Bahlcke/Arno Strohmeyer (Hrsg.), Die Konstruktion der Vergangenheit.Geschichtsdenken, Traditi-
onsbildungund Selbstdarstellung im frühneuzeitlichen Ostmitteleuropa, Berlin 2002 (ZHF Beiheft
29), S. 129–177; Michel Margue (Hrsg.), Sépulture, mort et représentation du pouvoir au moyen âge,
Luxembourg2006 (Publications de la Section Historique de l’Institut Grand-Ducal de Luxembourg
118).
39 Karl F. Leonhardt, Spätgotische Grabdenkmälerdes Salzachgebietes.Ein Beitrag zur Geschichte
der Altbayrischen Plastik, Leipzig 1913;Joseph Morsel, La noblesse dans la mort.Sociogenèse fu-
néraire du groupe nobiliaire en Franconie, XIVe–XVIe siècles,in: Olivier Dumoulin/Françoise
Thelamon (Hrsg.), Autour des morts.Mémoireetidentité, Rouen 2001 (Publications de l’Université
de Rouen 296), S. 387–408;Harald Drös,Zur Heraldik fränkischer Adelsgrabmäler,in: Peter Schiffer
(Hrsg.), Zum ewigen Gedächtnis, Stuttgart 2003 (Forschungenaus Württembergisch-Franken 50),
S. 63–85.
Ahnenproben in der frühneuzeitlichen Funeralkultur 229
Geschlechtersowie, allerdings seltener,Angehörigebürgerlicher Familien Ahnen-
proben aufGrabsteinen und Epitaphien anbringen⁴⁰.
Ein frühes Beispiel für die Nutzung einer elaborierten Ahnenprobe im Hoch-
adel ist das um 1500 geschaffene Grabmalder Herzogin Maria vonBurgund (1457–
1482) in der Liebfrauenkirche in Brügge. Es zeigt in kunstvoll gestalteten Wappen-
darstellungen aufder einen Seite die Abstammung ihresVaters,Karls des Kühnen
vonBurgund, vondessen 16 Ahnen, aufder anderenSeite die Abstammung ihrer
Mutter,Isabelle de Bourbon, vonderen 16 Ahnen⁴¹.Ist bei diesem Grabdenkmal die
Ahnenprobe nur ein –wenn auch wichtiger –Teil einer ikonografisch komplexen
Gesamtkomposition, so beschränken sich andere Grabplatten und Epitaphien, zum
Beispiel das der Herzogin Helene vonMecklenburg, geb. Pfalzgräfin vonSimmern
(1493–1524), fast ausschließlichauf eineheraldische Repräsentation der Vorfahren
(Abb. 5). Auch bei Grabsteinen mit figürlichen Darstellungen,die im niederen Adel
insbesondereim16. und 17.Jahrhundert vielerortsmit großer stilistischer Ähn-
lichkeit angefertigt wurden, trifft man sehr häufig aufdie Zurschaustellungvon
acht oder 16 Ahnenwappen der Verstorbenen (Abb. 6)⁴².
III Wissensgenerierung undIntermedialität
Ahnenproben in frühneuzeitlichen Leichenpredigten und aufGrabdenkmälern
wurden oftals genealogische Quellenbehandelt,mit deren Hilfe sich Abstam-
mungsinformationen erschließen lassen.Sie dientenindiesem Sinne vielfach als
40 Beispiele ausverschiedenen Gruppen bei Harding/Hecht,Ahnenproben, S. 41–55.Die (meist
kunsthistorische) Forschungsliteratur zu frühneuzeitlichen Grabdenkmälern ist kaum noch zu
überschauen, verwiesen sei hier lediglich aufAndreaBaresel-Brand, Grabdenkmäler nordeuro-
päischer Fürstenhäuser im Zeitalter der Renaissance1550–1650,Kiel 2007 (Bau+Kunst 9); Oliver
Meys,Memoria und Bekenntnis.Die Grabdenkmälerevangelischer Landesherren im HeiligenRö-
mischen Reich Deutscher Nation im Zeitalter der Konfessionalisierung, Regensburg2009;Inga
Brinkmann, Grabdenkmäler, Grablegen und Begräbniswesen des lutherischen Adels. Adelige Fu-
neralrepräsentation im Spannungsfeld vonKontinuität und Wandel, Berlin 2010.
41 Ann M. Roberts,The Chronology and Political Significanceofthe Tomb of Mary of Burgundy, in:
The Art Bulletin 71 (1989), S. 376–400.Das Grabdenkmal gehört in den Kontext der habsburgischen
genealogisch-historischen Erinnerungspolitik im Umfeld Kaiser MaximiliansI., vgl. dazu Beate
Kellner,Formen des Kulturtransfers am HofKaiser MaximiliansI.Muster genealogischer Herr-
schaftslegitimation, in: UdoFriedrich/Matthias Müller/Karl-Heinz Spieß (Hrsg.), Kulturtransfer am
Fürstenhof. Höfische Austauschprozesseund ihreMedien im Zeitalter Kaiser MaximiliansI., Berlin
2013 (Studien zur Residenzkultur 9), S. 52–103.
42 Zu diesem Grabmalstyp und der „Auflösung“der heraldischen Ahnenproben vgl. exemplarisch
Michael Hecht,Die Ahnenwappen aufdem Grabstein des Volrad vonKrosigkimMerseburgerDom,
in: Sachsen und Anhalt21(1998), S. 183–204.
230 Michael Hecht
Grundlagefür die Erstellung vonStammtafeln undAhnenlisten⁴³.Fallstudien zur
„Richtigkeit“der Darstellungen offenbarten zuweilen den Befund, dass Grabdenk-
Abb.5:Epitaph der Herzogin Helene vonMecklenburg (Schwerin). ©Michael Hecht.
43 Für das Interesse der Genealogie an Leichenpredigten vgl. Fritz Roth, Restlose Auswertungenvon
Leichenpredigten und Personalschriften für genealogische und kulturhistorische Zwecke,10Bde.,
Boppard1959–1980;für die Grabdenkmäler sei lediglich exemplarisch verwiesen aufTheodor
Niederquell, Zur Auflösungheraldischer Ahnenproben, in: Genealogie 11/12 (1962/63), S. 306–311;
Hans Mahrenholtz, Die Heraldik als Helfer bei der Ermittlungvon Ahnen. Erläutert an Beispielen
niedersächsischer Adelsfamilien, in: Der Herold 25 (1982), S. 109–132.
Ahnenproben in der frühneuzeitlichen Funeralkultur 231
mäler nicht immer „korrekt“die Ahnen auswiesen, entweder –so ließe sich ver-
muten –weil die Familien nicht über ausreichende Kenntnisse verfügten, alle Ur-
urgroßeltern namentlich zu ermitteln, oder weil manbewusst täuschte, um be-
stimmte „problematische“Vorfahren durch „bessere“(d. h. unzweifelhaft
ebenbürtige) Wappen zu ersetzen⁴⁴.Ansolchen Beobachtungen wird deutlich, dass
es für die Familien bei der Anfertigungder heraldisch-genealogischen Programme
für Grabdenkmäler große Spielräume gab, denn durch das Fehlen einer externen
Abb.6:Grabmäler von Claus vonReden (Hameln) und Volrad vonKrosigk (Merseburg). ©Michael
Hecht.
44 Als Beispiele seien genannt: Hermann Ehmer,Die Ahnenprobe der Gräfin Dorothea vonWert-
heim geb. vonRieneck aufihrem Grabmal in Grünsfeld, in: Mainfränkisches Jahrbuch für Ge-
schichteund Kunst 41 (1989), S. 169–182;Hermann Kügler,Eine „falsche“Ahnenprobe im Ulmer
Münster,in: Südwestdeutsche Blätter für Familien- und Wappenkunde 21 (1994), S. 1–14 und 163f.
232 Michael Hecht
Prüfung oder Kontrolle konnten die Monumente auch als Medien genutzt werden,
um bestimmte Herkunftsinformationen, die die Hinterbliebenen erinnert wissen
wollten, zu erfinden, zu perpetuieren und damit den sozialen Aufstieg einer Familie
abzusichern⁴⁵.KritischeStimmen in der Beurteilung des Quellenwertes vonfune-
ralen Ahnenproben sind daher schon im 18. Jahrhundert geäußert worden⁴⁶.
Statt allerdings solche Ahnenproben lediglich nacheiner vomheutigen
Kenntnisstand ausbeurteilten „Korrektheit“zu befragen und damit im Zweifelsfall
anachronistische Bewertungsmaßstäbe anzulegen, scheint es sinnvoll, zunächst
einen Schrittzurückzugehen und die Fragenach den epistemologischen, medialen
und technischen Bedingungenfür die Generierung genealogischen Wissens zu
stellen. Wie wurden die benötigten Informationen erlangt,wie wurden sie verar-
beitet und wie wirkten sie in einem intermedialen Kommunikationsraumander
Erzeugung genealogischer Wissensordnungenmit?Ein entsprechendes wissensge-
schichtliches Erkenntnisinteresse im Bereich der Genealogie ist in jüngerer Zeit
vermehrt formuliert worden⁴⁷,allerdings fehlt es im hier interessierendenBereich
der frühneuzeitlichen Funeralkultur noch an detaillierten Studien zu diesem The-
menkomplex. Insofern sollen die folgenden Bemerkungenzunächst einigeempiri-
sche Beobachtungenmit allgemeinen Überlegungen zusammenführen, um ein zu-
künftig noch intensiverzubeackerndes Forschungsfeld zu markieren.
Zunächst ist noch einmal zu betonen, dass im Bereich der Funeralkultur in
großem Maße genealogische Informationen benötigt wieproduziert wurden,dass
die hier vorgestellten Medien der Präsentation vonAhnenproben aber durch
45 Vgl. exemplarisch GerdDethlefs,Erfundene Ahnen. Ein neuadligerZweigder Familie Lethmate
–oder:vom Sinn der Ahnenprobe, in: Der Märker 61 (2012),S.49–59.
46 Etwabei Johann G. Estor,Practische Anleitungzur Anenprobe, so bei den Teutschen Erz-und
Hochstiften, Ritterorden und Ganerbschaften gewönlich, Marburg1750,S.456: „Wenn iederzeit die
Kunst bei den Leichen beobachtet würde, so hätteder ausden Grabsteinen und den aufdem Sarge
gebrauchten Wapen hergehohlte Beweis der Abstammungkeinen Anstand. Allein man verfähret
disfalls seltennach der Kunst,derowegen ist der daher genommene Beweis nicht schlüssig.“Zu
Estor und seinem Werk vgl. zuletzt Elizabeth Harding,NegotiatingGenealogy in Eighteenth Century
Germany. Academic Claims and the Limits of Proving Nobility in Johann GeorgEstor’sPractische
anleitungzur ANENPROBE (1750), in: Jost Eickmeyer/Markus Friedrich/Volker Bauer (Hrsg.), Gene-
alogical Knowledge in the Making. Tools,Practices,and EvidenceinEarlyModern Europe, Berlin
2019 (Cultures and Practices of Knowledge in History 1), S. 127–144. Auch Johann O. Salver, Proben des
hohen Teutschen Reichs Adels oder Sammlungen alter Denkmäler,Grabsteinen, Wappen, Inn- und
Urschriften, Würzburg1775, S. 175f., beklagteuneinheitliche Methoden der Darstellungvon Ah-
nenwappen aufGrabmonumenten.
47 Vgl. Markus Friedrich, Genealogy as Archive-DrivenResearch Enterprise in EarlyModern Eu-
rope, in: Osiris 32 (2017), S. 65–84;Eickmeyer/Friedrich/Bauer (Hrsg.), Knowledge;sowie Michael
Hecht/Elisabeth Timm (Hrsg.), Genealogie in der Moderne.Akteure –Praktiken –Perspektiven,
Berlin 2023 (Cultures and Practices of Knowledge in History 7).
Ahnenproben in der frühneuzeitlichen Funeralkultur 233
zahlreiche Unterschiede gekennzeichnet waren, die in der Bereitstellung, in der
Visibilität,inder Lesbarkeit und in der Dauerhaftigkeit der Informationen lagen,
damit auch zugleich in ihrer Kredibilität und in ihren Rezeptionspotenzialen.
Gleichzeitigist davonauszugehen, dass sich diese Medien gegenseitigbeeinflussten,
dass sie aufeinander Bezugnahmen und Referenzsysteme ausbildeten. Der Druck
einer Leichenpredigtmit den aufgelisteten Vorfahrenreihen konnteals Grundlage
dienen, wenn kurze Zeit später ein Grabstein mit einer heraldischen Ahnenprobe
zu gestalten war (sofern neben den Namen auch Kenntnisse über die Wappen der
Ahnenfamilien vorhanden waren); ein Grabstein konntewiederum eineQuelle
sein, wenn in einer späteren Generation das Abstammungswissen für eine Fune-
ralschrift oder ein Epitaph benötigtwurde. Solche Kommunikations- und Rezepti-
onsprozesse sind im Einzelfallnicht immer leicht nachzuweisen, auch scheint es
verfehlt,davonauszugehen, dass sich durch sie genealogisches Wissenimmer
weiter „verfestigte“,sondern ein solches Wissen blieb vielfach fluide, offen für
Korrekturen, Neuinterpretationen und Weiterentwicklungen.
Damit verbundenist die grundsätzliche Frage, woher die Auftraggeber und
Gestalter das Wissen bezogen, das für die genealogische Ausstattung der Leich-
prozessionen, Funeralschriftenund Grabdenkmäler verwendet wurde. Denn es
war,selbst innerhalb des Hochadels,keinesfalls unproblematisch, solche Informa-
tionen zusammenzutragen. Nachdem beispielsweise HerzogHeinrich V. von
Mecklenburg(1479–1552) das Epitaph für seine verstorbene Frau Helene (Abb. 5) in
der NürnbergerWerkstatt des Peter Vischer bestellthatte, musste er kurze Zeit
später einen Änderungsauftrag hinsichtlichder „Visirung der Wapen“kommuni-
zieren, da bei der ursprünglichen Bestellung „etwas geirret wurden“war⁴⁸.Auch
die großangelegten genealogischen Programme, die HerzogUlrich vonMecklen-
burg-Güstrow (1527–1603) seit den 1570er Jahrenfür seine engere Familie in Güstrow
und für die entfernter verwandte Äbtissin Ursula vonMecklenburg(1510–1586) in
der Klosterkirche Ribnitzgestalten ließ, konnten nicht einfach ausden vorOrt
zugänglichen Archiven erarbeitet werden. Der mit den diesbezüglichen Forschun-
genbeauftragte Rostocker GelehrteDavid Chytraeus (1530–1600) teilte etwa dem
Herzogmit,dass er den Namen einer Ahnfrauaus der Markgrafschaft Baden „al-
hier nicht zu erkunden weiß, biß mir etwa durch ein speierschen Boten an einen
Marggrafischen Raht zu schreiben gelegenheit furfellet“⁴⁹.Recherchen an anderen
48 Zitate ausden Schreiben des Herzogs,hier nach Carl Teske, Das Epitaph der HerzoginHelene zu
Mecklenburg, geb. Pfalzgräfin bei Rhein, im Dome zu Schwerin, in: Der Deutsche Herold 22 (1891),
S. 65–70,hier S. 68.
49 Zitiert nach dem edierten Schriftwechsel ausdem Jahr 1590bei GeorgC.F.Lisch, Ueber des
Herzogs Ulrich vonMeklenburg-Güstrow Bestrebungenfür Kunst und Wissenschaft,in: Jahrbücher
des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde 35 (1870), S. 3–44,hier S. 43.Zum
234 Michael Hecht
Höfen waren somit unumgänglich. Chytraeus war auch dafür verantwortlich, dass
nach dem Todder Herzogin Elisabeth vonMecklenburg(1524–1586) die Ahnenprobe
ausdem bereits fertiggestellten Grabdenkmal in Güstrow in den Druck überführt
wurde, um bei der Begräbnisfeier verlesen und später mit der Leichenpredigt zu-
sammengebundenwerden zu können. Zudem regteeran, dass der „Frewlein Vrsula
16 Ahnen, …die zu Ribnitz bey dem begräbniß, wiewol schier gantz vnleserlich,
ausgehawen“seien, „mit schöner groben liter [Lettern] vff ein patent gedruckt
neben den ausgehawenen angehefftetoder auff ein bret geleimpt“werden sollten,
um die Informationen so besser lesen (und gegebenenfalls weiterverwenden)zu
können⁵⁰.
Nachrichten über transdynastischeErkundungenzufürstlichen Ahnen, vor
allem zu den mütterlichen Vorfahren, gibt es auch ausanderen Fürstenhäusern. Als
beispielsweise Landgräfin Magdalena vonHessen (1552–1587), eine geborene Gräfin
zur Lippe, in Darmstadt gestorben war,bat man am Hof in Detmold um ausführliche
Informationen zu den Ahnen der Verstorbenen. Dies setzte vielfältige For-
schungsaktivitäteninGang, deren Ergebnisse dann sowohl in Hessen als auch in
Lippe spätereVerwendung fanden⁵¹.Noch im 17.Jahrhundert sind ähnliche An-
fragen bezeugt.Sowandte sich Landgraf GeorgII. vonHessen-Darmstadt (1605–
1661) 1626 an die FürstenChristian I. vonAnhalt-Bernburg(1568–1630)und Johann
Casimir vonAnhalt-Dessau(1596–1660) mit der Bitte, ihm die „umb gewißer,und
zwar erhöhblicher ursache willen“benötigten 64 Ahnen seiner AhnfrauMarkgräfin
Elisabeth vonBrandenburg, geb. Fürstin vonAnhalt (1563–1607) zuzusenden –of-
fenbarging es um die Anfertigungeiner Funeralschrift für Georgs jüngst verstor-
benen Vater,Landgraf Ludwig(1577–1626)⁵².Der BernburgerFürst sah sich jedoch
Kontext vgl. auch Carsten Neumann, David Chytraeus und die Kunst am Hofe HerzigUlrichs von
Mecklenburg, in: Karl-Heinz Glaser/Steffen Stuth (Hrsg.). David Chytraeus (1530–1600). Norddeut-
scher HumanismusinEuropa. Zum Wirkendes Kr aichgauer Gelehrten, Ubstadt-Weiher 2000,S.45–
64;ders., Die Renaissancekunst am Hofe Herzog Ulrichs vonMecklenburg, Kiel 2009 (Bau+Kunst 15).
50 Zit. nach Lisch, Bestrebungen, S. 34.
51 Vgl. Otfried Praetorius, Die 32 Ahnenwappen des Landgrafen GeorgI.und seiner erstenGattin
Magdalena vonder Lippe aufderenGrabmal, in: Volk und Scholle 9(1931), S. 189–193; Ottfried
Neubecker,Die Ahnenwappen Landgraf Georgs I. vonHessen und seiner erstenGemahlin Magda-
lena zur Lippe aufderen Grabmal von1589 in der StadtkirchezuDarmstadt, in: AHG N.F. 25 (1955),
S. 40–51;Peter Veddeler,Die Deutungder Ahnenwappen am Grabmal Bernhards VII. zur Lippe in
Blomberg, in: Lippische Mitteilungen43(1974), S. 19–32.
52 LASA, Z4V, 224Nr. 1f,die ZitateBl. 15 und 22.Die prächtig(auch mit Ahnentafeln und anderen
genealogischen Übersichten) ausgestatteteFuneralschrift,deren Erarbeitungwohlden Anlass für
die Bemühungenbildete, erschien unterdem Titel „Ehren Gedechtnus Dess Durchleuchtigen
Hochgebornen Fürsten unnd Herren Herrn Ludwigen Landgraven zu Hessen Graven zu Catze-
nelnbogenDietz Zigenhain und Nidda“,Marburgo.J.(ca. 1628).
Ahnenproben in der frühneuzeitlichen Funeralkultur 235
außer Stande, die Ahnen Elisabeths –es handelt sich immerhin um seine leibliche
Schwester,deren Ahnenprobe mit der seinen identisch war –zu benennen, und so
delegierte er die Sache an seinen Dessauer Neffen in der Hoffnung,dass dieser die
gewünschten Informationen beschaffenkönne. Fürst Johann Casimir musste den
Darmstädter Landgrafen jedoch ebenfalls vertrösten, da sein Archivar Crispianus
Körner, „unter deßen Direction und Handen diese und dergleichen Sachen gewe-
sen“,kürzlich gestorben sei, und reichtedie Angelegenheit noch einmal weiter,
diesmal an die Grafen vonBarby,aus deren Familie die Mutter der Elisabeth
stammte. Erst einigeMonate später konnten nach Mithilfe verschiedener Ver-
wandter und Gelehrter die erbetenen Informationen –zumindest teilweise –nach
Darmstadtübermitteltwerden⁵³.
Interessant sind auch die Zusammenhänge, die sich auseinem Schreiben Fürst
Christians II. vonAnhalt-Bernburg(1599–1656) an seinen Cousin Johann Casimir von
Anhalt-Dessauaus dem Jahr 1640ergaben. Demnachhatte nach dem Tod des
Markgrafen Sigismund vonBrandenburg(1592–1640) die Kurfürstin Elisabeth
Charlotte vonBrandenburg (1597–1660) vonEleonore Marie vonMecklenburg-
Güstrow (1600–1657), einer geborenen Fürstin vonAnhalt-Bernburg, die Übersen-
dung einer anhaltischen Ahnenprobe erbeten, die für „Markgraff Siegismundtszue
Brandenburgsehliger L[ieb]d[en] Leichbegängnis“benötigtwurde⁵⁴.Hintergrund
war auch hier die Mutter des verstorbenen Brandenburgers, Elisabeth, geb. Anhalt
–ebenjene Fürstin, deren Ahnenprobe einigeJahre zuvor in Darmstadt verlangt
worden war.Offenbar fehltedem Dessauer Fürst aber erneutdas Personal, die
Aufgabe umzusetzen; der BernburgerVerwandte drängtejedenfallsmehrfach mit
dem Hinweis,essei nicht opportun, die persönlich geäußerte Bitte der Kurfürstin zu
ignorieren. Schließlich gabder ehemaligeArchivar Heinrich Salmuth (1592–1660)
den Tipp, dass die benötigten Ahnen „zu Dessauimarchivo selbsten oder dem
grünen gewölbeuber dem cammin, in einer langen grossen taffel geschrieben und
gerissen, und uff weisse leinwant uffgepapt,zubefinden“seien, wo man sie bequem
kopieren könne⁵⁵.
53 LASA, Z4V, 224Nr. 1f,Bl. 8f.
54 LASA, Z44, A18a Nr.16, Bl. 1f.Eine gedruckteFuneralschrift zu der in Königsbergstattgefun-
denen Beerdigungdes Markgrafen ist nicht bekannt.
55 LASA, Z44, A18a Nr.16, Bl. 6. Eine Geschichtedes fürstlichen Archivwesens in Anhaltim
17.Jahrhundert ist ein Desiderat,einigeHinweisebei Andreas Erb, Das Anhaltische Gesamt-Archiv.
Ein bedeutendes Quellencorpus zur Reformationund Konfessionalisierung, in: Heiner Lück/Wolf-
gang Breul (Hrsg.), Staat,Kircheund GesellschaftAnhalts im Zeitalter der Konfessionalisierung,
Leipzig 2015,S.93–112.
236 Michael Hecht
Ausblick
Die hier angeführten Beispiele machen daraufaufmerksam, dass es zwischenden
Höfen und Adelshäusern wiederholteAustauschprozesse zu konkreten Ahnenpro-
ben gab, die bei der Generierung vongenealogischem Wissenfür Medien der Fu-
neralkultur (und darüberhinaus) einenicht unwichtigeRolle spielten. Dabei waren
es nicht nur Gelehrte, die zu diesen Fragen korrespondierten, sondern auch die
Fürsten selbst –und wohl nicht selten die Fürstinnen, die als interdynastische
Schnittstellen auch in anderenBereichen der Verwandtschaftspolitik aktivwur-
den⁵⁶.Eswäre sicher lohnenswert,solche Austauschprozesse zukünftig systemati-
scher zu erforschen, im Übrigen nicht nur für den fürstlichen, sondern auch für den
niederen Adel. Erst aufder Grundlagesolcher Untersuchungen ließe sich genauer
spezifizieren, welchen Einfluss der Bereich der Funeralkulturfür die Entstehung
genealogischer Wissensbestände ausübte und wie intermediale Bezugnahmenund
Referenzen –auch langfristig –wirksam wurden. WeitereForschungsfragen ließen
sich dann anfügen, etwa: Welche Nachhaltigkeit besaß das genealogische Wissen
und wie wirkten die Prozesse seiner Generierung an der Genese distinkter stän-
discher Gruppen mit?WelcheVeränderungen in der Beschaffung genealogischer
Informationen lassen sich beobachten, seit ab der zweiten Hälfte des 17.Jahrhun-
derts immer mehr universalgenealogische Überblickswerke mit Ahnentafelsamm-
lungenganz verschiedenerProbanden im Druck erschienen, die ihrerseits oftmals
selbst aufden Angaben ausden jeweiligenFamilien und aufder Auswertung von
Grabsteinen und Epitaphien beruhten⁵⁷?Eine vertiefende Beantwortungsolcher
Fragen kann –so ist hoffentlich deutlich geworden –dabei helfen, die Spezifik der
Produktion genealogischer Wissensordnungeninder Frühen Neuzeit besser zu
verstehen.
56 Vgl. dazu Michaela Hohkamp, Eine Tantefür alle Fälle. Tanten-Nichten-Beziehungenund ihre
Bedeutungfür die reichsfürstliche Gesellschaftder Frühen Neuzeit,in: Margareth Lanzinger/Edith
Saurer (Hrsg.), Politiken der Verwandtschaft.Beziehungsnetze, Geschlecht und Recht,Göttingen
2007,S.147–169; dies., Leibliche Schwestern und Schwägerinnen in der frühneuzeitlichen Fürsten-
gesellschaftdes Heiligen Römischen Reiches,in: L’Homme 28 (2017), S. 15–33.
57 Zu nennen wären insbesondereGabriel Bucelin, Germania Topo-Chrono-Stemmato-Graphica
Sacra Et Profana, 4Tle., Ulm 1655–1678;Philipp J. Spener,Theatrum NobilitatisEuropeae, 4Bde.,
Frankfurt a. M. 1668–1678;Damian Hartardvon und zu Hattstein, Die Hoheit des teutschen Reichs-
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Ahnenproben in der frühneuzeitlichen Funeralkultur 237
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