Article

Menschenbild und Inkongruenz: Zur Konvergenz von Selbstaktualisierungstendenz und Aktualisierungstendenz in der Psychotherapie

Authors:
To read the full-text of this research, you can request a copy directly from the author.

Abstract

Wenn Selbstaktualisierungs- und Aktualisierungstendenz nicht übereinstimmen, ergeben sich Spannungszustände und innere Konfusionen, was Personen dazu veranlassen kann, eine Psychotherapie zu beginnen. Es stellt sich die Frage, durch welche Psychotherapieverfahren Inkongruenzen überhaupt thematisiert und allenfalls auch angegangen werden. Um in dieser Übersichtsarbeit Anhaltspunkte für eine erste Antwort zu finden, werden zunächst die Menschenbilder der Kognitiven Verhaltenstherapie und der Humanistischen Psychotherapie einander gegenübergestellt und Pioniere der Inkongruenztheorie angeführt, die zu einem humanistischen Verständnis der Inkongruenz beigetragen haben. Aus der Untersuchung geht hervor, dass sich an sogenannten Wendepunkten der Therapie zwar kaum je die Diskrepanz zwischen wahrgenommenem Selbst und organismischer Erfahrung sprunghaft in bleibende Kongruenz verschiebt, doch durch die Wahrnehmung der Inkongruenz dieselbe überhaupt erst bearbeitet und allmählich reduziert werden kann.

No full-text available

Request Full-text Paper PDF

To read the full-text of this research,
you can request a copy directly from the author.

ResearchGate has not been able to resolve any citations for this publication.
Article
Es wird die These vertreten, daß die Empathie in der klientenzentrierten Psychotherapie eine hermeneutische Funktion erfüllen muß. Dementsprechend beinhaltet das empathische Verstehen des Therapeuten mehr als das anfängliche Selbstverstehen des Klienten. Hermeneutik wird hier im Sinn von Gadamer verstanden. Hermeneutische Empathie versucht demnach in der Begegnung mit unvollständigem Klienten-Erleben dessen Ganzheit und Stimmigkeit aufzufinden. Im Empathieverständnis von Rogers und im Konzept der Wiederherstellung von Gendlin deutet sich diese hermeneutische Dimension an. Im Sinn der Theorie der zwischenmenschlichen Beziehungen von Rogers bieten vor allem die kongruenten nicht-akzeptierenden und nicht-verstehenden Reaktionen des Therapeuten den hermeneutischen Schlüssel zum Verstehen der Inkongruenz des Klienten. Ein Paradigma für die Entwicklung dieses Verstehens bietet Lorenzers Konzept des szenischen Verstehens bzw. m.E. die interaktionelle Orientierung von van Kessel & van der Linden.Die konkrete Umsetzung der hermeneutischen Empathie in der klientenzentrierten Therapie wird in Form von sich vertiefenden Schritten beschrieben. Zunächst muß der Therapeut seine wirklichen Reaktionen auf den Klienten genau wahrnehmen. Die nicht-verstehenden und nicht-akzeptierenden Reaktionen verweisen dabei am meisten auf die Inkongruenzen des Klienten. Unter Einbezug einer lebensgeschichtlichen Perspektive kann im weiteren die Entstehung, Not-wendigkeit und identitätsstützende Weiterentwicklung der Inkongruenz im Leben des Klienten intuitiv erschlossen werden. Im Fall von Inkongruenzen, die klassische psychische Störungen mit sich bringen, wird hermeneutisches Verstehen erst ermöglicht durch einfühlendes Wissen vom Wesen und der Entstehung solcher Störungen. Abschließend wird noch auf inkongruente Therapeutenreaktionen eingegangen. Diese verweisen nicht auf den Klienten, sondern sollten den Therapeuten zu einem adäquateren Selbstverstehen anregen. Erst dann ist er in der Lage, kongruent auf den Klienten zu reagieren. Die Hervorhebung der kongruenten nicht-akzeptierenden und nicht-verstehenden Therapeutenreaktionen soll hingegen deutlich machen, daß klientenzentrierte Empathie oberflächlich und unwirksam bliebe, wenn nicht auch ihre hermeneutische Dimension gesehen und umgesetzt wird.
Article
In diesem Beitrag wird ein Modell zur prozessualen Inkongruenz-Diagnostik (PID) vorgestellt, mit dessen Hilfe Verstehenshypothesen, die in der therapeutischen Arbeit entstehen, systematisch ins Inkongruenzmodell eingeordnet werden können. Inkongruenz wird dabei als dynamischer Prozess definiert. Da der Therapiefortschritt mit der Zunahme des empathischen Verstehens korrespondiert, stellen verlaufsdiagnostische Hypothesen über die Inkongruenzdynamik Fixpunkte in unübersichtlichen und schwierigen Therapieverläufen dar. Diagnosen über die Inkongruenzdynamik können empathisch-hermeneutisch aus der eigenen Resonanz in der Beziehung sowie aus den Symptomen, Verhaltensweisen, Narrativen und Selbst-Narrativen der Patienten oder Patientinnen erschlossen werden. Sie sind Grundlage für die Entwicklung von prozessfördernden und Selbstkonzept-stabilisierenden Interventionsstrategien. Durch prozessuale Inkongruenz-Diagnosen lässt sich der konkrete Therapieprozess chronologisch beschreiben. Dadurch ergeben sich außerdem Möglichkeiten für ein meta-empathisches Verstehen aufgrund des Prozessverlaufs selbst.
Article
Im vorliegenden Artikel versucht der Autor, eine mögliche geistesgeschichtliche Voraussetzung des Personzentrierten Ansatzes zu skizzieren. Er geht dabei seiner Beobachtung nach, dass es bei maßgeblichen philosophischen Strömungen, von denen sich Rogers prägen ließ, Bezugnahmen auf das Denken Schopenhauers gibt. So sei es, neben allen Unterschieden in anderen Hinsichten, zu bemerkenswerten Übereinstimmungen zwischen Schopenhauer und Rogers gekommen, wo es um eine grundlegende doppelte Struktur der menschlichen Wirklichkeit und mögliche Zugänge zu ihr geht. Schopenhauers zwei Wirklichkeitsebenen „Wille“ und „Vorstellung“ finden sich demnach in Rogers’ theoretischen Annahmen von „Aktualisierungstendenz“ (bzw. einer „Formativen Tendenz“) und „Selbstkonzept“ wieder. Hat Rogers also, wohl ohne maßgeblich Schopenhauer selbst rezipiert zu haben, Teile seiner Philosophie wieder zusammengeführt, die von an ihn anschließenden Strömungen vereinseitigt worden waren? Damit hätte er eine Theorie geschaffen, die in ihrer Grundfigur an diejenige Schopenhauers angelehnt ist, und die sich durch ihre Offenheit für zweifundamental verschiedene Gesichtspunkte auszeichnet. Ihnen entsprechen demnach als Verstehenszugänge Empathie und Empirie – auf die ihr in der Psychotherapie zuordenbaren Bereiche ließe sich dann auch die Philosophie Schopenhauers klärend befragen. Denn „Verwirrung entsteht nur dann, wenn es nicht klar ist, um welchen Typ von Wissen es sich im speziellen Falle handelt.“ (Rogers, s. u.)
Article
Die These, dass Schopenhauers und Roger’s Theorien strukturell ähnlich aufgebaut sind, wird hinsichtlich des Selbst erörtert. In praktisch-therapeutischer Hinsicht stellt sich die Frage, welche Konsequenzen sich aus den Konstituenten in beiden Theorien ergeben. In der Folge wird auch Gendlins Theorie angeführt und der Stellenwert des Focusing als Synthese im vorliegenden Kontext thematisiert.
Article
Welchen Schritt hat das Kind in seinem Bewusstsein vollzogen, wenn es mit ca. 2–3 Jahren erstmals „Ich“ sagt, und was symbolisiert es damit? Diese Frage untersucht der Autor anhand der These, dass sich das Kind mit dem ersten „Ich“ seines unmittelbaren Erlebens als einheitlicher Organismus gewahr geworden ist. Nachdem sich das Kleinkind bereits zuvor im Selbst-Bild als Einheit entdeckt hätte, habe es nun auch ein Bewusstsein für sein unmittelbares Dasein gewonnen, also eine „Theory of Organism“ hervorgebracht. Diese Sichtweise lässt die „Theory of Mind“, die das Kind laut aktueller Entwicklungspsychologie in diesem Alter gebildet hätte, in einem umfassenderen Licht erscheinen.Von diesem entwicklungspsychologisch-phänomenologischen Ausgangspunkt her leitet der Autor einen Ich-Begriff für die personzentrierte Theorie ab, den er vom Begriff des Selbstkonzepts absetzt: Auf der Ebene des Ich, das dem Organismus ent-spricht, redet demnach ein Mensch nicht über sich, sondern er spricht aus sich heraus. Die sich daraus ergebende Anforderung an die therapeutische Praxis, auch auf einen deutungsbzw. bezeichnungsfreien Raum für den Ausdruck von Klientinnen zu achten, ist ein weiteres wichtiges Thema des Artikels.
Focusing in der Beziehung
  • L Korbei
Korbei, L. (2017). Focusing in der Beziehung. Ein Vermächtnis Eugene T. Gendlins. Person, 21(2), 95-97.
Leben -Werk -Wirkung (S . 46-55)
  • Adorno Handbuch
Adorno Handbuch. Leben -Werk -Wirkung (S. 46-55). J. B. Metzler.
München: Reinhardt . (Orig . ersch . 1959: A theory of therapy, personality, and interpersonal relationships, as developed in the client-centered framework
  • C R Rogers
Rogers, C. R. (1959/2009). Eine Theorie der Psychotherapie, der Persönlichkeit und der zwischenmenschlichen Beziehung. München: Reinhardt. (Orig. ersch. 1959: A theory of therapy, personality, and interpersonal relationships, as developed in the client-centered framework. In: S. Koch (ed.). Psychology. A study of science. Vol. III: Formulations of the person and the social context (p. 184-256). McGraw Hill.
Handbuch der Gesprächspsychotherapie als Inkhongruenzbehandlung
  • G .-W Speierer
Speierer, G.-W. (1994). Das differentielle Inkongruenzmodell (DIM). Handbuch der Gesprächspsychotherapie als Inkhongruenzbehandlung. Asanger.