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Rationalisierung der Jugendfürsorge : die Herausbildung neuer Steuerungsformen des Sozialen zu Beginn des 20. Jahrunderts

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Abstract

Kernstück der vorliegenden Arbeit bilden sieben Jugendfürsorgefälle aus dem Archivbestand der Amtsvormundschaft der Stadt Zürich, die sich über den Zugriff der "rationellen Jugendfürsorge" in die Geschichte eingeschrieben haben. Die fürsorgerischen Tätigkeiten haben sich in einer unüberschaubaren Masse von Dokumenten niedergeschlagen, die das Gedächtnis des gewöhnlichen Lebens bilden, für das im ausgehenden 19. Jahrhundert eine neue Regie entstand, die den Menschen das Gesicht der "Verwahrlosung" zuteilte. Von diesem Zeitpunkt an bezog sich soziale Ungleichheit nicht mehr auf den unterschiedlichen Gebrauch der Freiheit und Verantwortlichkeit, sondern markierte eine Differenz im Grad der Gesellschaftlichkeit, wobei der sozialen Arbeit die Aufgabe zukam, die Ursachen und Bedingungenn der Minderwertigkeit der Individuen erkennbar zu machen und die Rassenhygiene die Auswahl derjenigen treffen konnte, deren Förderung für das Gedeihen der Gesellschaft erwünscht war. Die Verwaltung und Frührung der "Verwahrlosung" bildete die Legitimationsbasis für umfassende Strategien und Technologien der Führung der Menschen und der Regierung des Sozialen. Über das Verwahrlosungsdispositiv konnte die Frage des individuellen Zustandes mit der Frage nach dem Leben der Bevölkerung verbunden werden und damit wurde das Wissen, das sich in der Mischzone des Sozialen um die "Verwahrlosung" gebildet hatte, zu einem Einsatz für politische Interventionen. In den neuen Fürsorgepraktiken zeigt sich nicht einfach das Verschwinden einer Machtform, wie Uwe Uhlendorff und Nadja Ramsauer unterstellen, sondern deren Transformation in eine andere. Was heute rückbildend als sozialpädagogische Praxis gefasst wird, ist in der Schweiz weniger aus der Pädagogik hervorgegangen, als aus einem Konglomerat disziplinärer und beruflicher Zusammenhänge, in denen der Pädagogik zunächst eine untergeordnete Rolle zukam. Die akademische Fundierung der sozialen Arbeit, ihre Konzeption als sekundäre Profession scheiterte und führte zur Verengung der sozialen Arbeit auf die soziale Hilfsarbeit und damit auch zu einer Überbewertung der Rolle der bürgerlichen Frau für die Herausbidlung der sozialen Arbeit.
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... 5 A systematic research programme in the area of residential care was established (Christen et al., 1984, p. 507), with diverse studies exploring the history of children's homes and institutions (Alzinger & Remi et al., 1987;Keller, 1988), and focusing on socio-pedagogical institutions and welfare practices (Chmelik, 1978;Hochuli Freund, 1999). Subsequently, scholars of history and education carried out research on various topics, such as the emergence of youth welfare and the practices of child removal in the city of Zurich between 1900 and 1945 (Ramsauer, 2000); child welfare and residential care in the city of Zurich from the seventeenth to the first half of the nineteenth century, and the establishment of the orphanage from the context of poor relief (Crespo, 2001); the history of special education in German-speaking Switzerland (1800-1950) (Wolfisberg, 2002); and the strategies of legitimation based on the concept of Verwahrlosung in youth welfare (Wilhelm, 2005). ...
Article
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What form does Social Work take in Switzerland, and what are the current discourses? This article aims to trace academic and political developments in the analysis of coercive care in Switzerland. In a spirit of scientific self-observation, it will also reflect critically on the role of Social Work as a force of normalization and of the imposition of norms, as well as contextualizing it within current discourses. Looking back into the past makes it possible to expose arbitrary welfare practices that have violated people's integrity; at the same time, it can reveal processes of professionalization and, linked with these, the development of work methods. The problems confronting Social Work have to do with the tension self-determination and external control, and interventions in the lives of those affected require a particularly high level of legitimation.
Chapter
Familienbilder spielen als implizite Vorstellungen in der sozialpädagogischen Arbeit mit Familien eine besondere Rolle. Das Konzept des Familienbildes bezeichnet das Gesamtfeld familienbezogener Vorstellungen, Orientierungen und Deutungen. Auf der Grundlage ausgewählter Forschungsbefunde zeigt der Artikel die Wirksamkeit familienbezogener Vorstellungen in der sozialpädagogischen Praxis auf. In einem konzeptuellen Zugang wird verdeutlicht, wie die Bezugnahme auf den Begriff des Familienbildes es ermöglicht, diese eher impliziten als expliziten Wissensbestände hinsichtlich ihrer handlungsleitenden, orientierungsgebenden, legitimierenden und identitätsstiftenden Funktionen zu fassen. Dabei wird auch unterstrichen, dass mit dem Begriff des Familienbildes die spezifische Qualität familienbezogener Wissensbestände als mentale Bilder, also anschauliche Vorstellungen, systematische Beachtung findet. Familienbilder beziehen sich in ihrer Genese auf Familienleitbilder, ein Zusammenhang, der gerade im Prozess der Institutionalisierung und Entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe weitreichende Folgen hatte. Dies zeigt sich insbesondere im nach wie vor sichtbaren Rekurs auf Elemente des Leitbilds der bürgerlichen Familie und in der starken Zurechnung der Verantwortung für Probleme von Kindern und Jugendlichen an die Eltern. Die normative Ausrichtung an diesen Modellen prägt die Zugänge zu Familien im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe bis heute.
Thesis
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Thema der Master Thesis ist die Anstaltsversorgung von sog. Schwachsinnigen in der deutschsprachigen Schweiz im Zeitraum von 1925 und 1945. Auf Basis eines sozialkonstruktivistischen Modells von Behinderung wurden primär Fachzeitschriften mittels eines diskurs- und dispositivanalytischen Verfahrens untersucht. Auf der Ebene der Fachdiskurse wurden die Schwachsinnigen als eine Kontrastgruppe zum vernunftbegabten, bürgerlich-modernen Subjekt problematisiert: Die Schwachsinnigen seien infolge einer defizitären Verstandestätigkeit lebenslang unfähig zur eigenverantwortlichen, „vernünftigen“ Einordnung in die moderne Gesellschaft. Einerseits sei mit dem Schwachsinn ein konstitutionelles Schutzbedürfnis verbunden. Andererseits müsse die Gesellschaft vor den Schwachsinnigen geschützt werden, da sie lebenslang ihren Trieben und Affekten verhaftet bleiben würden und zudem die Gefahr einer „Degeneration des Volkskörpers“ durch die Fortpflanzung der erbkranken Schwachsinnigen bestehe. Um das mit dem Schwachsinn verbundene Gefährdungspotential zu kontrollieren, wurden umfassende und segregierende Versorgungsstrukturen im Rahmen des Sozialstaates gefordert. Diese sollten insbesondere dazu dienen, „Kräftereste“ nutzbar zu machen und damit unter den Schwachsinnigen ein Höchstmass an sozialer Brauchbarkeit zu erreichen. Im Bereich von Pädagogik und Fürsorge dominierten paternalistische Paradigmen, welche umfassende Eingriffe in die Selbstbestimmung legitimierten. Mit den Anstalten wurden materielle Sonderterritorien gebildet, im Rahmen derer die Adressatinnen und Adressaten von ihrem Herkunftsmilieu isoliert werden sollten. Dadurch sollte einerseits ein verdichteter pädagogischer Zugriff auf die Zöglinge ermöglicht werden. Andererseits sollte dem angeblich ungeordneten, triebverhafteten Wesen der Zöglinge eine durch rigide Tagesstrukturen sowie einheitliche Verhaltenserwartungen haltgebende und dadurch entwicklungsförderliche Lebenswelt entgegengestellt werden.
Chapter
Im Frühling 1936 soll sich die folgende Unterhaltung zwischen zwei Schulkindern zugetragen haben. Auf die Frage, ob sie gerne bei ihrer Lehrerin zur Schule ginge, antwortete die Schülerin B.: „Natürlich!“ Auf die Nachfrage „Warum?“ erwiderte sie: „Weil sie so gescheit ist!“ Der Schüler A. habe ihr daraufhin „etwas verächtlich“ entgegnet: „,Pah, das müssen alle Lehrer sein! Unserer ist gerade so gescheit wie deine Lehrerin!‘ – B.: ,Das vielleicht schon! Aber Kranke gesund machen, das können die Anderen alle nicht, das kann nur mein Fräulein!‘“ Die siebenjährige Schülerin besuchte seit Herbst 1935 eine sogenannte Beobachtungsklasse in Basel.
Chapter
Als 1929 in Basel ein neues Schulgesetz angenommen wurde, hatte es nicht nur „langer Vorbereitungsjahre“ bedurft, sondern auch die „parlamentarische Verabschiedung des Gesetzes“ hatte sich hingezogen: Das Erziehungsdepartement hatte schon 1920 einen „fertigen Entwurf“ präsentiert (Hauser 1930, S. V). Offiziell wurden mit dem neuen Gesetz nur gerade zwei „Reformen“ verfolgt. Zum einen wurden nämlich, wie der Vorsteher des Erziehungsdepartements, Fritz Hauser, hervorhob, „durchgreifende organisatorische Änderungen“ vorgenommen (Hauser 1930, S. V), die jedoch in so unterschiedlichen Massnahmen wie der Einführung neuer,Sorten‘ von Gymnasien (eines Realgymnasiums mit Latein und Englisch, eines mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweigs) oder der Schaffung obligatorischer „Fortbildungskurse für schulentlassene Jugendliche, die noch keine Lehre“ begonnen hatten (Stirnimann 2000, S. 390), bestanden.