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G 3777
Fochzeitschrift
des BDP
Oktober 1999
24. Johrgong
REPORT PSYCHOTOGIE 10. q9
Originulio
i
Psychodiugnostik *
Körperkontokte und
sexÜelle Kontokte im
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Zeitschrift des Berufsverbondes
Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V.
)ie vorhandenen Beobachtungen, Er-
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'rä$tr Kultmitglieder aus ganz normalen, Junktio-
[a) Empirisc.he Fors.chungsbeitlcige zu.yyt.ögl.i-
-t ( chen Prridisposition einer Sekten-/Kultmit-
u gliedschaft sind international kaumvorhan-
Zusommenf ussunseinerempirischenStudieT;;7#"iltrl}:K':#!ilfrflnffif :l
lag. Durch die hiervorliegendeArbeit sollte
eruiertwerdm, ob es so etwas wie eine Beitritßdß-
position nun tatscichlich gibt und wenn j a - wel-
che Fahoren dafiir verantwortlich s ein ldnnten.
DieterRohmann
Alle Daten der hicr durchgeflihrten Ur.rtersuchung
stammten von Familien, die sich n-rit dcr Bitte um Be-
ratung an den Autor wandten, weil jerveils ein odcr
mehrere Angehörige sich zu einem Kultbeitf itt ent-
schlossen l.ratten.
Die Basis dieser Untersuchung stelltc cin halbstan-
dardisicrter, anamnestischer Fragebogen dar, der je-
weils vor der ersten persönlichen Begegnung an die
betroffenen Familien, Ehepartner undioder Freunde
geschickt rvurde. Ziel dieses Fragebo-eens war, mög-
lichst ausführliche Inlormationcn übcr die Biographie
des Kultn-ritglieds zu erhalten, um eine effektive Be-
ratuns durchführen zu können.
Es'handelte sich also un-r Frcmdbeurteilungen in
Form einer schriftlichen Befragung. Die so zustan-
de gekon,menen quantitativen und qualitativen Da-
tcn bezogcn sich auf insgesamt 110 Probanden imAl-
tcr von 12 bis 50 Jahren. Dies ist zumindest für die
BRD - die bisher größte Stichprobe zu diesemThema.
Folgende Schwerpunkte sollten genauer untersucht
werden: Der Familienhintergrund und die Per-
sönlichkeit von Kultmitgliedern sowie die situatio-
nalen Bedingungen und die psychischeVerfassung
unmittelbar vor dcm Kultbeitritt.
Die wichtigsten Ergebnisse lauten:
o Der Großteil dcr Personen war vor ihrem Kultbei-
tritt alleinstehend imAitervon 21 bis 25 .Iahren, stammt
aus der Mittel- bzw. gehobenen Mittelsciricht und
ist in einer Kleinstadt bzw. in ländlicher Umge-
bung, zusammen mit mehrcrer.r Geschwistern aufge-
wachsen (in der gesamten Stichprobe befanden sich
erstaunlicherwcise nur drei Einzelkinder). Das Aus-
bildungsniveau warverhältnismäßig hoch. Die Eltern
rvaren meist verheiratet.
o Dic meisten der Personen litten vor ihrem KLrltbei-
tritt glcichzeitig unter mehreren belastenden Erfah-
rungen. So erfuhr die Mehrzahl'u'on ihnen einen dys-
funktionalen Familienhintergrund und sah sich un-
764 ReportPsychologicl0igg
mittelbar vor dem Eintritt schwierigen Lebenssitua-
tionen ausgesetzt.
o Nur bei einem geringen Anteil der Personen lag eine
Psychopathologie vor.
o Annähernd die Hälfte der Stichprobe wurde als al-
truistisch, sensibel und einsam beschrieben. Nur ein
Vierlel wurde als naiv, labil, introvertiert, idealistisch
und/oder als nicht selbstbewußt bezeichnet.
. Für etwas mehr als die Hälfte der Kultmitglieder
war (nach eigenen Angaben) der Wunsch nach einer
verbindlichen Lehre/Ideologie ausschlaggebend flir
den Beitritt. Nur wenige nannten Selbstverwirklichung
oder Unzufriedenheit als Beweggrund.
o Geschlechtsspezifische Unterschiede konnten nach-
gewiesen werden. So stammten weibliche Kultmit-
glieder verrnehrt aus Kleinstädten, evangelischen Fa-
milien mit entsprechend weniger Kirchenbesuchen.
Ihre Familiensituation erlebten sie als belastender und
die Kommunikation als eingeschränkter. Während die
Frauen mit ihrer Lebenssituation unzufriedener wa-
ren, wurden die männlichen Kultmitglieder vermehrt
als introvertiert beschrieben. Weiterhin interessierten
sich mehr männliche Kultmitgtieder für die Lehre/
Ideologie der jeweiligen Gruppierung.
o Weiterhin ist es gelungen, das Profil von drei Kult-
kategorien darzustellen: christlich-fundamentalisti-
sche C ruppen, Gwubewegungen und Psychokulte/Eso-
terikbewegungen.
Im folgenden soll das Profil dieser drei Kultkate-
gorien näher dargestellt werden. Das Alter derer, die
einem christlich-fundamentalistischen Kult beitra-
ten, war vorwiegend zwischen 21 und 25 Jahren.
Bei der Mehrzahl fanden in der Vergangenheit re-
gelmäßig Kirchenbesuche statt. Sie wuchsen häufi-
ger in Familien mit geringer kommunikativer Kom-
petenz auf. AIs Eintrittsgründe nannten sie öfter den
Wunsch nach Gemeinschaft, nach einer verbindlichen
Lehre und nach mehr Lebenssinn.
Bei derGruppe der Gurubewegungen wardas Ein-
trittsalter zwischen I 6 trnd 20 Jahre. Die Mitglieder wa-
ren häufiger männlich rurd Erstgeborene. Sie besuch-
ten vorwiegend das Gymnasium, schlossen es jedoch
nicht mit dem Abitur ab. Kirchenbesuche fanden regel-
mäßig statt. Es wurde weniger von belastenden Fami-
liensituationen und verrnehrt von guter kommunikati-
ver Kompetenz innerhalb der Herkunft sfamilie berich-
tet. Sie wurden weder als altruistisch, noch als depres-
siv bezeichnet und galten eher als introvertiert. Sie
waren nach eigenenAngaben aufder Suche nach einer
verbindlichen Lehre und weniger nach Lebenssinn.
In die Gruppe der sogenannten Psychokulte und
der esoterischen Bewegungen fand.der Eintritt etwas
später statt, nämlich zwischen26 und 30 Jahren. In
dieser Kategorie waren vorwiegend Frauen anzutref-
fen. Sie kamen häufiger aus Scheidungsfamilien und
kannten keinen regelmäßigen Kirchenbesuch. Sie er-
lebten vermehrt belastende Familiensituationen und
sie litten unmittelbar vor ihrem Kultbeitritt unter be-
ruflichen bzw. schulischen Problemen. Sie wurden
als nicht introvertierte, aber egoistische Persönlich-
keiten beschrieben. Sie gaben weder eine Suche nach
Gemeinschaft noch das Beidürfrris nach einer verbind-
hchen Lehre als beitrittsrelevant an.
Mit diesen Ergebnissenkonnte zum einen ein erster
Einblick in ein noch weitgehend unerforschtes Gebiet
gewonnen, zum anderen ein weiterer Beitragzur
Klärung der Spezifik biographischer und lebensthe-
matischer Hintergründe, die eventuell prädisponierend
für eine Kultrnitgliedschaft sind, erbracht werden.
Die durch diese Untersuchung deutlich geworde-
ne Komplexität eines Beitritts sollte darüber hinaus
auch in der Arbeit mii Kultmitgliedern/Kultausstei-
gern und deren Angehörigen berücksichtigt werden.
Es sollte gleichermaßen beiden Seiten Beachtung ge-
schenkt werden - nicht nur dem Kult und seiner inter-
nen Dymamik: der Person und ihren individuellen Be-
dürfnissen auf der einen Seite sowie demjeweiligen
Kult und seinen Angeboten auf der anderen Seite
dem ,,Schlüssel" und dem ,,schloß".
nen Belastungsdruck in den verschiedenen Le-
bensbereichen - und der subjektiven Valenz.
die diesen Begebenheiten zugeschrieben wurde -
begegneten diese Personen mit einem Kultbei-
tritt, der vordergnindig sicherlich Erleichterung
versprach. P
Dieter Rohmann; Psvchologie-Studium in Eichstätt,
Diplom l999.Anfang der 80er Jahrc arbeitete er in
einem Projekt für rvestlicheAussteiger in Goa/Indien mit
Drogenabhängigen und psl,chisch gestörten N{enschen.
Seit 1984 ist er freiberullich im Bereich totalitärer Be-
rlegungen, sogenannter Sekten/Kulte aufklärend und
beratend tätig.Von 1984 bis 1987 begleitete er das da-
mals einzi ge Kult-Rehabilitationszentrum (,,Johannes-
hof e.!'.") bei Bonn. 199,1 wurde er in das Beratungsgre-
mium für die,,ÄFF Nelvs" derAmerican Family Foun-
dation berufen. Anfang I 999 lvar er an der konzeptio-
nellen Mitarbeit lür Europas neues Kult-Rehabilitati-
onszentrum (,,Odenw'älderWohnhof e.\i)" beteiligt.
Nähere Informationen sind im Internet abzurufen:
http ://wrvw'.germany.net/teilnehmer I I 0 I I 82260/index.htm
Bei Interesse kann die Studie gegen einen Unkosten-
beitrag von D\l 42,- (incl. Porto) direkt beim Autor an-
geforderl n crden.
Anschrift: Dieter Rohmann, Schlierseestrasse 52b, 8 1 539
München, e-mail: rohmann@ germanynet.de
rP
Die Ergebnisse dieser Studie machen u. a. deut-
lich, daß sich Menschen mit entsprechender
Lebensgeschichte vermehrt auch bestimmten
Kultkategorien ansch I icßen.
ZumTeil liegenprädisponierende Faktoren für
einen Kultbeitritt vor. Allerdings wird auch deut-
lich, daß der Grund für einen Beitritt nicht auf nur
einige wenige, prägnante Faktoreu zurückzufüh-
ren ist, sondern daß jeder Kultbeitritt als multi-
kausales Gefüge verstanden werden sollte.
So konnte nachgewicscn rverden. daß die Mehr-
zahl der Personen unmittelbar vor ihrem Beitritt
mehrere zeitgleiche und scheinbar unlösbare Pro-
bleme zu bewältigen hatten (2.8. innerhalb der
Familie, in ilxer Beziehung, in der Schuie und/oder
im Beruf). Dem dadurch vermehrt vorhande-
Ethics for Psychologists:
A Handbook
Ronald D. Francis, Senior Reseorch
Fellow in Psychology, Monosh University,
Austrolio.
"[The Author] has successfully combined a
clear account of conceptual and
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case examples ... I lool< forward to using
the book as a resource for both teaching
and for professional practice."
lngrid Lunt, President of EFPPA
Ethics for Psychologists is a
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To order or for a catalogue please contact:
The British Psychological Society
48 Princess Road East
Leicester LE I 7DR, UK.
Tel:+44 116254 9568 Facsimile:+44 116247 0787