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Zusammenfassung Dieser Praxisbericht der Zeitschrift Gruppe. Interaktion. Organisation. (GIO) stellt dar, wie die Prospektive Kompetenzanalyse in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) eingesetzt wurde, um die Einführung von Augmented Reality Systemen zu begleiten und damit einhergehende Kompetenzveränderungen aufzuzeigen. Der Einsatz neuer Technologien, wie Augmented Reality Systeme, stellt eine tiefgreifende Veränderung für Unternehmen dar, welche nicht nur mit einem intensiven arbeitsbezogenen Lernprozess einhergeht, sondern auch das Kompetenzprofil von Arbeitstätigkeit grundlegend verändern kann. Dies ist insbesondere in KMUs herausfordernd, wo vergleichsweise nur wenig personelle Ressourcen zur Verfügung stehen diese Prozesse zu begleiten. Eine Möglichkeit diese arbeitsbezogene Veränderung erfolgreich zu bewältigen besteht darin wissenschaftlich fundierte Methoden einzusetzen, welche bereits vorab präzise Abschätzungen der sich verändernden Kompetenzen ermöglichen können, sodass der Schulungsbedarf und die Handlungsempfehlungen bereits vor der Technologieeinführung erarbeitet werden können. Eine solche Methode ist die Prospektive Kompetenzanalyse. Im Rahmen dieses Praxisberichts skizzieren wir die Umsetzung der Prospektive Kompetenzanalyse in einem Verbundprojekt, in welchem ein audiovisuelles Assistenzsystem auf Basis eines Augmented Reality Systems für verschiedene Anwendungsszenarien in drei KMUs entwickelt wurde. Zusätzlich beschreiben und reflektieren wir eine methodische Anpassung der Prospektive Kompetenzanalyse, die den Einsatz des quantitativen Verfahrens auch bei KMUs ermöglicht.
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HAUPTBEITRÄGE - THEMENTEIL
https://doi.org/10.1007/s11612-023-00701-9
Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für angewandte Organisationspsychologie (2023) 54:301–310
Welche Kompetenzen benötigen Mitarbeitende für den Einsatz von
Augmented Reality in Logistik und Produktion?
Ein Praxisbericht zur Prospektiven Kompetenzanalyse (ProKA) in drei KMUs
Julian Schulte1,3 · Anna-Lena Kato-Beiderwieden1·GünterW.Maier
1,2
Angenommen: 5. Juli 2023 / Online publiziert: 15. August 2023
© Der/die Autor(en) 2023
Zusammenfassung
Dieser Praxisbericht der Zeitschrift Gruppe. Interaktion. Organisation. (GIO) stellt dar, wie die Prospektive Kompetenzana-
lyse in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) eingesetzt wurde, um die Einführung von Augmented Reality Systemen
zu begleiten und damit einhergehende Kompetenzveränderungen aufzuzeigen. Der Einsatz neuer Technologien, wie Aug-
mented Reality Systeme, stellt eine tiefgreifende Veränderung für Unternehmen dar, welche nicht nur mit einem intensiven
arbeitsbezogenen Lernprozess einhergeht, sondern auch das Kompetenzprofil von Arbeitstätigkeit grundlegend verändern
kann. Dies ist insbesondere in KMUs herausfordernd, wo vergleichsweise nur wenig personelle Ressourcen zur Verfügung
stehen diese Prozesse zu begleiten. Eine Möglichkeit diese arbeitsbezogene Veränderung erfolgreich zu bewältigen besteht
darin wissenschaftlich fundierte Methoden einzusetzen, welche bereits vorab präzise Abschätzungen der sich verändernden
Kompetenzen ermöglichen können, sodass der Schulungsbedarf und die Handlungsempfehlungen bereits vor der Techno-
logieeinführung erarbeitet werden können. Eine solche Methode ist die Prospektive Kompetenzanalyse. Im Rahmen dieses
Praxisberichts skizzieren wir die Umsetzung der Prospektive Kompetenzanalyse in einem Verbundprojekt, in welchem ein
audiovisuelles Assistenzsystem auf Basis eines Augmented Reality Systems für verschiedene Anwendungsszenarien in
drei KMUs entwickelt wurde. Zusätzlich beschreiben und reflektieren wir eine methodische Anpassung der Prospektive
Kompetenzanalyse, die den Einsatz des quantitativen Verfahrens auch bei KMUs ermöglicht.
Schlüsselwörter Augmented Reality · Assistenzsystem · Kompetenzen · KMU
Julian Schulte
julian.schulte@uni-bielefeld.de
1Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft, Abteilung
für Psychologie, Arbeits- und Organisationspsychologie,
Universität Bielefeld, Universitätsstraße 25, 33615 Bielefeld,
Deutschland
2Research Institute for Cognition and Robotics (CoR-Lab),
Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland
3Dezernat Personal und Organisation, Abteilung
Personalentwicklung Wissenschaft, Gesundheitsmanagement
und Familienservice, Universität Bielefeld, Universitätsstraße
25, 33615 Bielefeld, Deutschland
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302 J. Schulte et al.
What competencies do employees need for the use of augmented reality in logistics and production?
A report on practice of the Prospective Competence Analysis (ProCA) in three SMEs
Abstract
This practical report from the journal Gruppe. Interaktion. Organisation. (GIO) presents how the prospective competence
analysis was used in small and medium-sized enterprises (SMEs) to accompany the introduction of augmented reality
systems and to highlight associated competence changes. The use of new technologies, such as augmented reality systems,
represents a profound change for companies, which is not only accompanied by an intensive work-related learning process,
but can also fundamentally change the competence profile of the work itself. This is particularly challenging in small and
medium-sized enterprises (SMEs), where few human resources are available to accompany these processes. One way to
successfully manage this work-related change is to use scientifically based methods that can provide precise estimates of
the changing competencies in advance, so that training needs and recommendations for action can be developed before
the technology is introduced. One such method is Prospective Competence Analysis. In this practical report, we outline
the implementation of Prospective Competence Analysis in a collaborative project in which an audiovisual assistance
system based on an augmented reality system was developed for various application scenarios in three SMEs. In addition,
we describe and reflect on a methodological adaptation of Prospective Competence Analysis that enables the use of the
quantitative method also in SMEs.
Keywords Augmented reality · Assistance system · Competences · SMEs
1 Einleitung
Die Digitalisierung als Megatrend erfasst alle gesellschaft-
lichen Bereiche und damit auch die Arbeitswelt (Kauf-
feld und Maier 2020; Maier et al. 2020). Im Mittelpunkt
stehen dabei digitale Informationstechnologien, die zuneh-
mend neben dem experimentellen wissenschaftlichen Kon-
text auch in der Praxis von Industrie und Wirtschaft ei-
ne Rolle spielen (Bottani und Vignali 2019). Mit einer
zunehmenden Bedeutung im Anwendungskontext der Ar-
beitswelt wächst aber auch der Druck auf alle Akteure am
Markt mit der Entwicklung „Schritt zu halten“. In der In-
dustrie bedeutet dies, dass auch kleine und mittlere Unter-
nehmen (KMU) diesem Druck ausgesetzt sind. Besonders
interessant für KMUs sind dabei Informationstechnologien,
die nicht nur in der Wertschöpfung selbst eine Rolle spie-
len, sondern auch neue Möglichkeiten des arbeitsbezogenen
Lernens und Anlernens am Arbeitsplatz selbst eröffnen. Da-
zu gehören auch Augmented Reality (AR) Systeme, welche
die Wahrnehmung um zusätzliche meist visuelle und auditi-
ve Informationen anreichern. Mit der Microsoft HoloLens 2
wird beispielweise eine AR-Brille angeboten, die sich ne-
ben der Forschung und Entwicklung auch direkt an poten-
zielle Kunden wendet (Microsoft Corporation 2019). Die
HoloLens 2 wird dabei im Arbeitskontext selbst, sowie in
der Bildung und Fortbildung eingesetzt und findet vorwie-
gend in der Medizin (z. B. Operationsassistenz) und Tech-
nik (z.B. Anleitung zum Nachrüsten von Maschinen in der
Industrie) Anwendung (Park et al. 2021). Diese neuen In-
formationstechnologien erfüllen somit eine Doppelfunktion
im Anlernen und der Unterstützung bei Arbeitstätigkeiten
und können dadurch die operative, wie auch die strategische
Ausrichtung nachhaltig unterstützen. Gerade für KMUs mit
kleinen Belegschaften und oftmals wenig Möglichkeiten für
Produktionsstillstände für Schulungsmaßnamen oder auf-
wändige Pilotierungsphasen stellen diese Technologien ei-
ne Möglichkeit dar, Organisations- und Arbeitsabläufe zu
optimieren und Mitarbeitende am Arbeitsplatz anzulernen.
Gleichzeitig verfügen KMUs aber über verhältnismäßig we-
nige Ressourcen für die Begleitung der Technologieeinfüh-
rung und sind durch eine kleine Belegschaft im besonderen
Maße anfällig für personelle Fluktuationen, was zusätzli-
che Hemmnisse für eine Technologieeinführung sein kön-
nen (Astor et al. 2016;Warschatetal.2015). Demnach sind
ein potenzielles Scheitern der Technologieeinführung oder
eine Ablehnung der neuen Technologie durch die Beschäf-
tigten zu vermeiden und sich anbahnende Probleme sollten
so früh wie möglich identifiziert werden. Daher ist es von
zentraler Bedeutung, dass die Technologieeinführung auf
beiden Ebenen technischer und personeller erfolgreich
geplant und umgesetzt wird (Schlicher et al. 2020,2022b).
Für die technische Umsetzung stellt die DIN EN ISO
9241-210 Menschzentrierte Gestaltung interaktiver Syste-
me“ ein Rahmenmodell für die Entwicklung und Umset-
zung neuer Informationstechnologien wie AR-Systeme dar
(Deutsches Institut für Normung e.V. 2019). Während für
die technische Umsetzung also ein Referenzrahmen besteht,
gibt es wenig Anhaltspunkte für den Einfluss dieser inter-
aktiven Systeme auf die Arbeitsgestaltung. Dabei ist anzu-
nehmen, dass sich im Zuge der Einführung dieser Systeme
die arbeitsgestalterischen Änderungen auch auf die benö-
tigten Kompetenzen der Mitarbeitenden auswirkt. So spie-
len Programmierungskenntnissen als Kompetenz branchen-
und qualifikationsübergreifend eine immer wichtigere Rolle
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Welche Kompetenzen benötigen Mitarbeitende für den Einsatz von Augmented Reality in Logistik und Produktion? 303
(Oberländer et al. 2020). Diese Veränderungen der Kompe-
tenzen erstrecken sich auf das gesamte Erwerbsleben und
reichen von wissensintensiven Arbeitsplätzen bis hin zu In-
dustriearbeitsplätzen (Murawski und Bick 2017).
Erfolgt keine Anpassung durch Schulungen oder arbeits-
platznahe Weiterqualifikation, so können unzureichende
Kompetenzen und Qualifikationen hingegen zu niedrigerer
Arbeitszufriedenheit, einer niedrigeren Organisationalen
Bindung und höheren Kündigungsabsichten (Sim und Lee
2018), sowie geringerem Wohlbefinden und schlechterer
Gesundheit führen (Schaufeli und Taris 2014;vander
Doef und Maes 1998). Nicht zuletzt deshalb wird die
Berücksichtigung der zukünftigen Anforderungen in der
DIN 33430 (Deutsches Institut für Normung e. V. 2002)
gefordert, um die sich verändernden erforderlichen Kom-
petenzen zu adressieren und negative Folgen zu mildern.
Eine Antizipation des Kompetenzprofils hat sich auch
für die Einführung von AR-Technologien wie Datenbril-
len in der Praxis als hilfreich erwiesen um z. B. durch
die Einbindung der Mitarbeitenden Vorurteile und Ängste
abzubauen (Paruzel et al. 2020). Um eine möglichst effek-
tive Technologieeinführung und Personalentwicklung für
KMUs im Kontext sich verändernder Arbeitsbedingungen
zu ermöglichen, ist es daher wünschenswert neben ei-
ner menschenzentrierten technischen Umsetzung zukünftig
erforderliche Kompetenzen bereits prospektiv zu erfassen
und Handlungsempfehlungen für die praktische Umsetzung
(z.B. konkrete Schulungsbedarfe) abzuleiten.
Eine Möglichkeit diese arbeitsbezogenen Veränderungen
der Kompetenzen erfolgreich zu adressieren, besteht da-
rin, wissenschaftlich fundierte Methoden einzusetzen, wel-
che bereits vorab präzise Abschätzungen der sich verän-
dernden Kompetenzen ermöglichen, um Ängste und Wi-
derstände abzubauen und einen erfolgreichen Beitrag zum
Change-Management zu liefern. Eine solche Methode ist
die Prospektive Kompetenzanalyse (ProKA; Kato-Beider-
wieden et al. 2021), welche bereits erfolgreich in Unter-
nehmen eingesetzt wurde (Schlicher et al. 2022a). Die Pro-
KA besteht dabei aus drei Schritten. Im ersten Schritt wer-
den mittels teilstandardisierter Interviews und Arbeitsplatz-
begehungen arbeitsrelevante Kompetenzen identifiziert, ge-
clustert und von Mitarbeitenden bzw. Stelleninhaber*innen
nach ihrer Relevanz gewichtet. Im zweiten Schritt wird die
zukünftige Arbeitssituation z. B. mittels Workshops identi-
fiziert und die Kompetenzen für diese zukünftige Arbeitssi-
tuation von den Mitarbeitenden erneut gewichtet. Im dritten
Schritt werden die beiden gewichteten Kompetenzprofile
der Arbeitssituationen verglichen und Maßnahmen abgelei-
tet. Der prospektive Ansatz durch die Ermittlung eines un-
ternehmens- oder arbeitsplatzspezifischen Kompetenzpro-
fils ermöglicht im Vergleich zu anderen Verfahren bereits
im Vorfeld eine präzise Abschätzung des zukünftigen Ar-
beitsplatzes (Kato-Beiderwieden et al. 2021). Die Abstrak-
tionsebene der Kompetenzen wird dabei so gewählt, dass
diese auch zukünftige Arbeitsplatzveränderungen adäquat
erfassen können und mit ähnlichen Tätigkeiten vergleich-
bar sind, wie dies in der Forschung zur Arbeitsplatzge-
staltung üblich ist (Morgeson und Humphrey 2006). Der
Einbezug von Mitarbeitenden und Führungskräften ermög-
licht ein umfassendes Profil aller relevanten Kompetenzen.
Durch den Abgleich des jetzigen und des zukünftigen Kom-
petenzprofils können systematisch Verzerrung durch eine
zu starke Fokussierung auf die Veränderungen alleine re-
duziert werden (vgl. Schuler und Höft 2004), sodass der
ganze Arbeitsplatz beurteilt wird. Eine grafische Übersicht
des Vorgehens der ProKA, wie sie auch in diesem Praxis-
bericht umgesetzt wurde, findet sich im Artikel von Kato-
Beiderwieden et al. (2021).
Bisher ist jedoch der Einsatz einer solchen prospektiven
Methode für Arbeitsplätze mit kleinen Fallzahlen nicht un-
tersucht worden, wenngleich dies gerade für KMUs mit ei-
nem hohen Innovationspotential für neue Informationstech-
nologien (Astor et al. 2016) als notwendig erscheint. Perso-
nelle und finanzielle Risiken sind zwei der fünf größten Bar-
rieren für Innovationen in KMUs (Horváth und Szabó 2019)
sodass diese im besonderen Maße von einem prospektiven
Ansatz profitieren, um diese Barrieren zu überwinden, in-
dem potenzielle Risiken vorab besser abgeschätzt und so-
mit minimiert werden können. Bisher gibt es jedoch noch
kein Konzept oder Praxiserfahrung für die Auswertung von
Kleinststichproben mit einem prospektiven Verfahren (Ka-
to-Beiderwieden et al. 2021). Es erscheint daher aus Sicht
einer innovativen forschungsnahen Praxis heraus sinnvoll,
Lösungen zu erarbeiten, sodass diese zukünftig leichter in
KMUs umgesetzt werden können. Eine grafische Übersicht
dieser Anpassungen findet sich in Abb. 3.ImRahmendie-
ser Fallanalyse skizzieren wir daher den Einsatz und die
erfolgreiche Adaptation der ProKA in KMUs als Teil ei-
nes Verbundprojektes (Audiovisuelle Unterstützung durch
ein kognitives und mobiles Assistenzsystem für die moder-
ne Arbeitswelt (AVIKOM)), in dem ein audiovisuelles AR-
Assistenzsystem für verschiedene Anwendungsszenarien in
KMUs entwickelt wurde (Neumann et al. 2020). Parallel zur
technischen Entwicklung wurde die ProKA eingesetzt, um
zukünftig erforderliche Kompetenzen für die erfolgreiche
Ausführung beruflicher Tätigkeiten in den verschiedenen
Szenarien zu erfassen, sodass Handlungsempfehlungen ab-
geleitet werden können. Abweichend zu dem von den Au-
tor*innen der ProKA skizzierten Vorgehen zur Erarbeitung
einer Vision der möglichen Arbeitsplatzveränderung,wurde
in diesem Projekt der gegenwärtige Entwicklungsstand des
AR-Assistenzsystems genutzt, sodass tatsächlich zu erwar-
tende Arbeitsplatzveränderungen abgebildet werden konn-
ten. Diese Ergebnisse der ProKA wurden über mehrere
KMUs des Verbundprojektes hinweg zusammengefasst, um
das Verfahren auch mit wenigen beteiligten Mitarbeitenden
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304 J. Schulte et al.
umsetzen zu können. Zusätzlich beschreiben und reflek-
tieren wir eine methodische Anpassung der ProKA, die
eine kosten- und zeiteffektive Ableitung von Handlungs-
empfehlungen durch unternehmensübergreifendes kollegia-
les Feedback ermöglicht und somit einen Transfer der Er-
gebnisse in die Praxis unterstützt. Dieser Beitrag skizziert
somit eine mögliche praktische Umsetzung zur Kompetenz-
ermittlung und Handlungsempfehlungen für KMUs für die
Einführung neuer Informationstechnologien.
2 Methode
2.1 Projektumsetzung zur Entwicklung des
audiovisuellen AR-Assistenzsystems
Das Ziel des Verbundprojektes war es, zwei bisher entwi-
ckelte Assistenzsysteme ein visuelles AR-Assistenzsys-
tems zur Handlungsunterstützung (Essig et al. 2016) und
eines auditiven Assistenzsystems mit aktiver Geräuschun-
terdrückung (Fromme et al. 2015;Waßmuth2015)–für
den industriellen Anwendungskontext weiterzuentwickeln
und beide Systeme zusammen einzusetzen (für Detail sie-
he Neumann et al. 2020). Als Plattform wurde dabei die
HoloLens 2 von Microsoft genutzt (Microsoft Corporation
2019).
Die praktische Umsetzung orientierte sich an den Monta-
ge- und Logistikprozessen von drei KMUs als Industriepart-
ner mit jeweils einem konkreten Anwendungsbezug. Diese
waren 1) die Optimierung der Auftragsabwicklung durch
die Anbindung des Assistenzsystems an das Warenwirt-
schaftssystem, 2) Nutzung des Assistenzsystems zur simul-
tanen Kommissionierung und Verpackung mehrerer Ersatz-
teilaufträge und 3) Erhöhung der Arbeitssicherheit durch
mittels des Assistenzsystems bei der Montage von Produk-
ten mit Losgröße eins. Aus diesen drei Anwendungsbezü-
gen wurden je KMU zwei konkrete Anwendungsszenarien
des audiovisuellen AR-Systems abgeleitet, wobei die An-
wendungsszenarien bei zwei KMUs gleich waren, sodass
es vier Anwendungsszenarien gab. Diese waren Auftrag
annehmen, sowie das Montieren oder Maschine rüsten für
zwei KMUs und das Prüfen/Kontrolle vornehmen und Lo-
gistik für ein KMU.
Neben einer menschenzentrierten Gestaltung und tech-
nischen Umsetzung nach DIN EN ISO 9241-210 (Deut-
sches Institut für Normung e. V. 2019) wurde die ProKA
begleitend umgesetzt, um auch die Veränderungen der Ar-
beitsplätze durch die Technologieeinführung zu erfassen,
zu quantifizieren und geeignete Handlungskonzepte für die
beteiligten KMUs zu erarbeiten.
2.2 Prospektive Kompetenzanalyse (ProKA)
2.2.1 Phase 1 Analyse der jetzigen Situation
Die erste Phase der ProKA zur jetzigen Situation umfasst
drei Teilabschnitte 1) Identifikation von Kompetenzen,
2) Clusterung der Kompetenzen und 3) Gewichtung der
Kompetenzen (Kato-Beiderwieden et al. 2021). Zur Iden-
tifikation der Kompetenzen wurden zuerst gemäß den
Autor*innen der ProKA teilstandardisierte Interviews mit
stellenrelevanten Stakeholdern (z.B. Stelleninhaber*innen,
die jeweiligen Führungskräfte) geführt. Auf diese Weise
soll ein möglichst präzises und umfassendes Bild der Ar-
beitstätigkeit und der benötigen Qualifikationen gewonnen
werden. Um dies zu erreichen, umfassten die Interviews
die fünf Themenblöcken: 1) Arbeitsaufgaben, 2) tätigkeits-
relevante Qualifikationen, 3) wichtige Arbeitssituationen,
4) kritische Arbeitssituationen, sowie 5) Einsatzmöglich-
keiten und Wünsche an das audiovisuelle Assistenzsystem.
Der Interviewleitfaden orientierte sich an dem Task-Ana-
lysis-Tool zur Ermittlung der Anforderungen (Koch und
Westhoff 2019). Ziel des Task-Analysis-Tools ist es mittels
dieser Interviews Informationen zu den Zielen, Aufgaben
und Verantwortlichkeiten, den KSAs (Knowledge, Skills
and Abilities), sowie erfolgsentscheidenden gegenwärtigen
und zukunftsorientierten Situationen und Verhaltensweisen
(Critical Incidents) zu erhalten. Eine Frage des Interview-
leitfadens beispielsweise war: Welches Fachwissen sollte
man haben, um erfolgreich die gestellten Aufgaben zu
erledigen?
Befragt wurden insgesamt n= 10 Stelleninhaber*innen in
den Unternehmen, sowie insgesamt n= 3 Beschäftigte (ei-
ne Person je Unternehmen) mit einer Führungs- oder Ver-
waltungsfunktion mit vergleichbaren Aufgaben. Auf diese
Weise wurden die Informationen über die Arbeitsplätze ge-
sammelt, in welcher das audiovisuelle Assistenzsystem ein-
gesetzt werden soll. Darüber hinaus wurden noch n= 3 teil-
standardisierte Expert*inneninterviews mit den Entwick-
ler*innen des Assistenzsystems zur geplanten Machbarkeit
und Umsetzung in den Unternehmen geführt. Diese Ex-
pert*inneninterviews sollten zusätzlich sicherstellen, dass
durch die Einführung des AR-Assistenzsystems keine neu-
en Kompetenzen benötigt werden, die nicht bereits erhoben
wurden bzw. die noch zu ergänzen sind. Die Interviews
sind als Tonspuren aufgenommen worden und wurden im
Anschluss von einem Projektmitarbeiter, der nicht die In-
terviews geführt hat oder an der Clusterung beteiligt war,
transkribiert.
In einem zweiten Schritt wurde eine Clusterung der Ant-
worten nach ihrer Ähnlichkeit vorgenommen und benötigte
Kompetenzen für den Arbeitsplatz aus diesen Antworten
formuliert. Diese Clusterung erfolgte von zwei Expertin-
nen (Master-Abschluss) in der Durchführung von Arbeits-
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Welche Kompetenzen benötigen Mitarbeitende für den Einsatz von Augmented Reality in Logistik und Produktion? 305
Tab. 1 Übersicht der Mittelwerte der Kompetenzprofile in den Anwendungsszenarien der KMUs Vergleich der aktuellen Arbeitssituation und
der zukünftigen Arbeitssituation unter Verwendung des AR-Assistenzsystems
KMU A
(n=3)
B
(n=3)
C
(n=3)
Anwendungsszenario 121234
AR-System Ohne Mit Ohne Mit Ohne Mit Ohne Mit Ohne Mit Ohne Mit
Werkzeuge bedienen 0,3 2,3 1,7 3,7 0,3 1,3 3,7 2,8 1,3 0,7 1,7 0,7
Teile montieren 0,7 2,0 1,3 2,7 0,3 1,3 3,7 2,5 1,7 1,7 1,7 2,0
Messen 1,3 2,7 2,3 2,3 0,3 2,5 4,0 3,0 3,0 1,7 2,3 2,0
Software bedienen 1,3 1,3 2,3 2,7 2,7 3,3 2,7 1,8 3,7 2,3 3,7 3,7
Einfache/Kleine Geräte bedienen 0,0 1,3 2,0 2,0 0,7 2,3 3,0 1,8 2,3 1,0 3,0 2,3
Maschinen programmieren 1,0 1,0 3,0 2,0 2,7 2,8 4,0 3,0 1,0 1,3 1,3 1,7
Maschinen rüsten 1,0 1,0 3,7 2,3 0,3 1,0 4,0 3,5 0,3 1,0 0,3 1,7
Maschinen bedienen 1,0 1,0 3,7 2,7 0,0 1,8 4,0 3,5 1,0 0,3 2,0 1,3
Maschinen und Geräte warten 0,3 1,7 2,7 2,3 0,0 1,0 2,7 2,3 1,3 0,7 1,3 1,0
Fachwissen 3,0 2,7 2,7 1,7 2,7 2,5 4,0 2,8 2,3 2,3 3,3 3,3
Erfahrungswissen 2,3 1,3 2,7 2,0 2,3 2,0 2,7 2,3 3,3 2,3 3,3 2,7
Arbeiten nach Vorgaben 1,3 3,3 3,0 2,3 1,7 2,3 4,0 2,8 2,3 3,3 3,7 3,3
Aufmerksamkeit 3,0 3,7 2,3 2,7 3,3 2,0 4,0 2,0 3,3 2,0 4,0 2,7
Merkfähigkeit 3,0 2,7 1,7 2,3 3,3 2,5 2,7 3,3 3,0 3,7 3,7 3,0
Räumliche Orientierung 1,0 1,3 2,0 1,7 2,3 3,0 1,3 1,0 3,3 3,7 3,7 3,3
Räumliches Vorstellungsvermögen 0,3 1,3 2,0 2,3 2,3 2,8 3,7 2,0 3,0 3,0 3,0 3,7
Prüfen 1,3 1,7 2,3 2,7 1,0 3,3 4,0 3,5 3,3 3,0 3,0 3,0
Dokumentieren 0,7 1,7 2,3 3,0 2,3 2,5 3,0 3,3 3,0 3,0 3,3 3,7
Sorgfältig arbeiten 0,3 2,7 2,0 4,0 1,7 2,0 4,0 2,8 3,7 3,0 3,7 3,3
Zeitmanagement 1,7 2,7 2,3 4,0 1,3 2,0 3,0 2,0 2,7 2,7 3,0 2,3
Entscheidungsfähigkeit 2,0 1,7 2,3 2,0 2,7 2,5 3,3 2,0 3,0 2,0 2,7 2,0
Planungsfähigkeit 3,0 2,3 3,0 2,3 3,3 2,8 3,7 3,0 3,0 2,3 2,7 2,0
Probleme/Fehler erkennen 3,0 3,3 2,7 3,7 2,7 2,5 4,0 2,8 3,3 3,7 2,3 3,3
Probleme lösen 1,0 2,3 2,0 3,0 1,7 2,5 4,0 3,0 2,3 3,0 2,7 3,0
Eigeninitiative 1,7 3,5 2,7 2,3 2,3 2,0 3,0 2,5 2,7 2,0 2,3 2,0
Lernbereitschaft 2,3 2,3 2,3 3,0 2,7 2,8 2,7 2,5 2,7 3,0 3,3 2,7
Anpassungsfähigkeit 2,0 2,0 2,3 2,0 3,0 2,0 3,0 2,3 2,7 2,0 3,3 3,0
Mit Zeitdruck umgehen 2,7 2,3 3,0 2,7 1,7 1,3 2,7 1,5 3,0 2,3 3,0 3,0
Mit Anforderungen umgehen 2,3 1,3 2,7 1,7 1,7 1,5 1,7 2,5 3,0 2,3 2,7 3,0
Mit Kritik umgehen 1,0 2,7 2,7 2,0 2,0 1,3 3,3 1,0 2,0 2,0 2,0 2,3
Konfliktlösefähigkeit 1,0 2,3 3,0 2,3 2,0 1,0 3,3 1,3 2,3 2,7 2,7 2,3
Lehrfähigkeit 1,0 2,3 2,3 2,7 2,7 1,8 4,0 3,3 3,0 2,3 2,7 2,7
Kommunikation über „virtuelle“
Kanäle
1,7 1,0 2,3 1,3 1,0 3,3 1,3 2,3 1,7 2,3 2,3 2,3
Adressatengerecht kommunizieren 1,7 1,0 1,7 1,7 2,0 3,0 2,3 2,0 1,7 2,0 2,0 2,3
Absprachen treffen 2,7 2,3 2,0 2,0 2,3 3,0 2,3 3,3 2,3 1,7 2,7 2,3
Eigene Fehler kommunizieren 2,0 3,3 2,7 2,0 3,0 3,5 3,0 1,8 3,0 2,7 3,0 2,7
Feedback geben 2,0 2,7 1,0 2,7 2,0 2,8 2,0 2,3 2,7 3,7 2,3 2,0
Hilfsbereit sein 2,0 3,0 2,0 2,7 2,7 2,0 3,3 1,5 3,3 2,3 3,0 2,3
Um Unterstützung bitten 3,0 2,7 2,0 2,7 2,3 2,3 3,0 2,8 2,3 3,0 2,7 2,7
Feinmotorik 0,7 3,0 2,7 2,0 1,0 2,0 3,7 1,8 1,7 2,0 2,3 2,0
Selbstkorrektur 1,3 3,0 2,0 2,7 1,7 2,5 4,0 2,0 2,0 2,7 2,7 2,3
Abstraktionsfähigkeit 2,0 2,7 2,3 2,3 2,7 2,8 3,3 3,0 1,3 2,7 1,3 2,3
Frustrationstoleranz 1,3 2,3 2,3 2,5 2,3 1,3 3,7 1,0 2,3 1,3 2,3 2,3
Anwendungsszenarien: 1Auftrag annehmen, 2Maschine Rüsten/Werkstück montieren, 3Prüfen/Kontrolle vornehmen, 4Logistik
Skalenwerte: 0„sehr unwichtig“, 1„eher unwichtig“, 2„mittel“, 3„eher wichtig“, 4„sehr wichtig“
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306 J. Schulte et al.
Abb. 1 Veränderung des Kom-
petenzprofils durch die Einfüh-
rung des audiovisuellen AR-
Assistenzsystems (AVIKOM).
(Ausschnitt des Kompetenzpro-
fils eines KMU für die Arbeits-
tätigkeiten des Anwendungssze-
narios „Prüfen und Kontrolle
vornehmen“, welches durch das
audiovisuellen AR-Assistenz-
systems zukünftig unterstützt
werden soll. Ausschnitt zeigt
die Bereiche physiologische und
kognitive Voraussetzungen. Ver-
gleich aktueller und zukünftiger
Kompetenzen. 0sehr unwichtig,
1eher unwichtig, 2mittel, 3eher
wichtig, 4sehr wichtig) 0
1
2
3
4
aktuell mit AVIKOM
platzanalysen. Auf diese Weise wurden induktiv 43 Kompe-
tenzen über alle Unternehmen und Stellen hinweg abgelei-
tet (vgl. Tab. 1). Die Einteilung der Kompetenzen erfolgte
nach Koch und Westhoff (2019) nach den kognitiven, so-
zialen, motivationalen und emotionalen Voraussetzungen,
wobei durch die Interviewergebnisse zusätzlich die Kate-
gorie physische Voraussetzungen aufgenommen wurde, um
die handwerklich-motorischen Aspekte der Tätigkeiten ad-
äquat adressieren zu können.
Im Anschluss wurden von n= 9 weiteren Mitarbeitenden
(n= 3 je Unternehmen) zu je zwei konkreten Arbeits-
situationen (Anwendungsszenarien) die Wichtigkeit der
43 Kompetenzen mittels einer 5-stufigen Likert-Skala mit
den Skalenpunkten „sehr unwichtig“, „eher unwichtig“,
„mittel“, „eher wichtig“ und „sehr wichtig“ beurteilt. Die
Anwendungsszenarien waren dabei die konkreten Situatio-
nen, in denen das audiovisuelle Assistenzsystem für die
jeweiligen Unternehmen zum Einsatz kommen soll. Die Er-
gebnisse finden sich in Tab. 1, sowie eine grafische Darstel-
lung eines Anwendungsszenarios für eine KMU in Abb. 1
dargestellt. Die Ergebnisse sind somit eine Gewichtung der
aktuell relevanten Kompetenzen der Arbeitsszenarien vor
der Systemeinführung. Die Befragung wurde mittels einer
anonymen Paper-Pencil-Befragung durchgeführt, um eine
offene und ehrliche Beurteilung zu ermöglichen (Paruzel
et al. 2020).
2.2.2 Phase 2 prospektive Analyse der zukünftigen
Situation
Die zweite Phase der ProKA umfasst ebenfalls drei Schrit-
te: 1) Die Erfassung der zukünftigen Situation, 2) die Be-
schreibung der zukünftigen Situation und eine anschließen-
de 3) Gewichtung der zukünftigen Kompetenzen (Kato-
Beiderwieden et al. 2021). Die ProKA sieht für die Erfas-
sung der zukünftigen Situation Workshops vor, in denen Vi-
gnetten (Beschreibung von hypothetischen Situationen) für
die zukünftige Arbeitssituation erstellt werden. Ein solches
Vorgehen durch Befragungen von Expert*innen und Stel-
leninhaber*innen ist ein etabliertes Vorgehen zur Abschät-
zung von zukünftigen Arbeitsplatzentwicklungen (Kauffeld
et al. 2022). Es wird jedoch ebenso empfohlen das Vor-
gehen unternehmens- und situationsspezifisch anzupassen
(Kato-Beiderwieden et al. 2021). Durch die parallel statt-
findende Entwicklung des audiovisuellen Assistenzsystems
wurde der geplante Einsatz in den Unternehmen mittels
der Business Process Model and Notation (BPMN; Ob-
ject Management Group 2014) spezifiziert und es wurden
im Rahmen des Projektes Diagramme der Firmenprozesse
für die konkreten Anwendungsszenarien erarbeitet, die als
Grundlage für die Vignetten genutzt wurden (vgl. Abb. 2).
Entsprechend der Empfehlungen für realitätsnahe Vignet-
ten (Aguinis und Bradley 2014) wurden unsere Vignetten
sowohl von den Entwickler*innen des Systems in Hinblick
auf die tatsächliche praktische Umsetzung, sowie von den
Führungskräften der Unternehmen in Hinblick auf die Nütz-
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Welche Kompetenzen benötigen Mitarbeitende für den Einsatz von Augmented Reality in Logistik und Produktion? 307
BPMN Vignette
Das System unterstützt Sie bei der Rüstung und der
Montage eines neuen Kugelhahns oder einer Absperrklappe
mittels Einblendung benötigter Teile. Ebenfalls können Sie
als Einblendung ein Bild sehen, wie der Antrieb positioniert
sein soll. Danach leitet Sie das System durch die einzelnen
Montageschritte, wie das Aufschrauben der Abdeckung vom
Antrieb und dem Einsetzen der Federn. Dabei werden Ihnen
bei den einzelnen Arbeitsschritten Bilder oder 3-D
Animationen als Hilfestellung eingeblendet.
Abb. 2 BPMN und Vignette des Anwendungsszenarios „Montieren oder Maschine rüsten“. (Links: vereinfachte und anonymisierte BPMN Darstel-
lung der Montage eines Kugelhahns/einer Absperrklappe. Rechts: Anonymisierte Vignette der zukünftigen Unterstützung durch das audiovisuelle
Assistenzsystem)
lichkeit und Realitätsnähe geprüft. Auf diese Weise wur-
de somit in einem zweiten Schritt die zukünftige Situati-
on durch die Einführung des audiovisuellen AR-Systems
erfasst. In Abb. 2ist die anonymisierte Vignette für ein
Anwendungsszenario, sowie die zugehörige anonymisierte
und vereinfachte BPMN dargestellt. Es wurden für jedes
Unternehmen zwei Vignetten erstellt, die für die geplanten
zwei Anwendungsszenarien je KMU den Einsatz und die
damit einhergehenden Veränderungen durch das audiovisu-
elle AR-Assistenzsystem realitätsnah darstellen.
In einem dritten Schritt sind anschließend von den Mit-
arbeitenden erneut die 43 Kompetenzen in Hinblick auf ihre
Wichtigkeit für die zukünftigen Arbeitssituationen beurteilt
worden. Auf diese Weise wurden für jedes Unternehmen
zwei Anforderungsprofile der Kompetenzen für die gegen-
wärtigen und zukünftigen Arbeitstätigkeiten erstellt (vgl.
Abb. 1und Tab. 1).
2.2.3 Phase 3 Abgleich der zukünftigen mit der jetzigen
Situation
Die aus der zweiten Phase resultierenden Ergebnisse wur-
den in einer dritten Phase an die jeweiligen Unternehmen
individuell zurückgespiegelt. Mit den Führungskräften wur-
den daraus Handlungsempfehlungen und Schulungsbedarfe
in Expert*innengesprächen erarbeitet, sowie Strategien
entwickelt diese praxisnah umzusetzen. So ergaben sich
beispielsweise für das Unternehmen aus Abb. 1die größten
Veränderungen bei den kognitiven Voraussetzungen der
Kompetenzen für das Prüfen und Kontrolle vornehmen
durch die Einführung des audiovisuelle AR-Assistenzsys-
tems. Die Wichtigkeit der drei Kompetenzen Messen, Soft-
ware bedienen und einfache/kleine Geräte bedienen nahm
in diesen Bereichen am meisten ab. Entscheidungsfähigkeit
und Planungsfähigkeit erfuhren ebenso eine, wenn auch
geringere, Abnahme. Während erstere drei Kompetenzen
von den Führungskräften des Unternehmens als Entlastung
durch Informationsbereitstellung des Assistenzsystems ge-
wertet wurde, so sollten die letzteren beiden Kompetenzen
unverändert bleiben. Es wurde daraus ein Schulungsbedarf
für die korrekte Nutzung des Assistenzsystems abgeleitet,
um Vorurteile abzubauen, dass das System bei korrekter
Nutzung die Handlungsmöglichkeiten einschränken wird.
2.3 Erweiterung der ProKA für
Handlungsempfehlungen
Wir haben für die Ermittlung der Handlungsempfehlun-
gen und Schulungsbedarfe ein zyklisches Vorgehen in der
ProKA erprobt. Dabei sind die anonymisierten Ergebnis-
se für die Schulungsbedarfe der drei Unternehmen jeweils
an ein weiteres KMU des Verbundprojektes weitergeleitet
worden (Abb. 3). Diese wurden vom zweiten Unterneh-
men kritisch kommentiert und Hinweise zur Umsetzung
gegeben. Die Rückmeldung stellt eine Form der kollegia-
len Beratung dar (Kaesler 2019) und zeichnet sich durch
eine klare Struktur und einem ökonomischen Vorgehen aus
(Scholer 2013). Anschließend sind diese Gesamtergebnis-
se mit dem Feedback jeweils an das dritte KMU weiter-
gegeben und auch von diesem kommentiert. Abschließend
wurden diese Ergebnisse aus der doppelten Feedbackschlei-
fe dem Ausgangsunternehmen zurückgemeldet. Gegenüber
gemeinsamen Workshops mit allen beteiligten KMUs sollte
das neue Vorgehen durch die Anonymität einerseits einen
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308 J. Schulte et al.
Abb. 3 Übersicht des Einsatzes der ProKA zur Ermittlung zukünftiger Kompetenzen durch die Einführung des audiovisuellen AR-Assistenzsys-
tems und die Planung der Umsetzung. (Links: der Einsatz der ProKA. Rechts: Ergänzung der dritten Phase um zusätzliche kollegiale Rückmeldung
der geplanten unternehmensspezifischen Umsetzungsmaßnahmen)
breiteren übergreifenden Austausch und eine Übertragung
der Ideen ermöglichen, aber auch andererseits eine indivi-
duellere Umsetzung gewährleisten. Zusätzlich ermöglicht
dieses Vorgehen auch einen unternehmensübergreifenden
Austausch, da durch einheitliche Kompetenzen ein gleiches
Verständnis von Arbeitsinhalten geschaffen werden kann
und gleichzeitig auf die Preisgabe von sensiblen Informa-
tionen wie Firmenprozesse und Abläufe verzichtet werden
kann.
3Fazit
In diesem Artikel haben wir ein mögliches Vorgehen mit-
tels wissenschaftlich fundierter Methoden skizziert, um ei-
ne Technologieeinführung in KMUs zu begleiten und da-
mit einhergehende Veränderungen der Kompetenzprofile zu
erfassen, um so bereits in der Entwicklungsphase das Ab-
leiten von Schulungs- und Handlungsbedarfen zu ermögli-
chen. Der Fokus dieses Beitrags liegt dabei auf KMUs und
Arbeitsplätze mit nur wenig Beschäftigten, die oftmals mit
ausschließlich quantitativen Methoden nur schwer zu erfas-
sen sind. Unser Ziel war es für die Veränderung dieser Ar-
beitsplätze eine Vereinheitlichung, Vergleichbarkeit und ein
standardisiertes Vorgehen unter dem Einsatz etablierter Me-
thoden zu entwickeln, sodass für zukünftige Forschungsvor-
haben und Technologieeinführungen auch KMUs adäquat
erfasst und adressiert werden können.
Das hier beschriebene Vorgehen stellt dabei nur eine
Möglichkeit dar und es bedarf weiterer empirischer Unter-
suchungen der Wirksamkeit insbesondere durch größere
Forschungs- oder Interessensverbünde. Das zusätzliche zy-
klische Vorgehen bei der Beurteilung der Handlungsbedarfe
benötigt weiterer Forschung, z.B. bezüglich des Aufwandes
und Mehrwertes seitens der KMUs, da keine systematische
Evaluation vorgenommen wurde. Der Beitrag ist daher als
Ideenimpuls für zukünftige Technologieeinführungen und
deren wissenschaftliche Begleitung zu verstehen.
Förderung Diese Forschung wurde als Teil des Verbundprojektes
AVIKOM im Rahmen der Förderlinie Zukunft der Arbeit: Mittel-
stand innovativ und sozial durch das Bundesministerium für Bildung
und Forschung (BMBF) und dem Europäischen Sozialfonds (ESF)
gefördert (Förderkennzeichen 02L17C600).
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DEAL.
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zung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in
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Julian Schulte arbeitet im Ge-
sundheitsmanagement der Univer-
sität Bielefeld. Von 2017 bis 2022
war er wissenschaftlicher Mitar-
beiter am Lehrstuhl der Arbeits-
und Organisationspsychologie der
Universität Bielefeld bei Prof. Dr.
Maier. Seine Forschungsinteressen
liegen in den Bereichen der psychi-
schen Belastung am Arbeitsplatz,
Gesundheitsförderung und Präven-
tion an Hochschulen sowie der Ar-
beitsgestaltung an digitalisierten
Arbeitsplätzen und neuen Arbeits-
formen insbesondere Crowdsour-
cing.
Anna-Lena Kato-Beiderwieden
ist seit 2017 wissenschaftliche Mit-
arbeiterin am Lehrstuhl für Arbeits-
und Organisationspsychologie der
Universität Bielefeld bei Prof. Dr.
Maier. Dort arbeitete sie in ver-
schiedenen Forschungsprojekten
zur Einführung von digitalisierten
Technologien in Unternehmen mit.
Ihre Forschungsinteressen umfas-
sen Kreativität und Motivation so-
wie Kompetenzanforderungen und
Arbeitsgestaltung an digitalisierten
Arbeitsplätzen.
Prof. Dr. Günter W. Maier ist
Professor am Lehrstuhl für Ar-
beits- und Organisationspsycho-
logie der Universität Bielefeld.
Seine Forschungsinteressen liegen
in den Bereichen Gerechtigkeit in
der Mensch-Maschine-Interaktion,
Qualifizierungsbedarf, Führung und
Gestaltung von Arbeit in der digita-
len Transformation sowie Kreativi-
tät.
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Progressing digitalization and technological changes triggered by COVID-19 lockdowns means for organizations that new technologies need to be implemented in shorter time periods. The implementation of new technologies in the workplace poses various change demands on employees. Organizations try to counteract these effects by providing change support in the form of for example training or participation options. However, to date, it is unclear how change demands develop a detrimental effect and whether change support can buffer this relation due to which working mechanisms, and whether the effectiveness of support measures can be increased by matching them to specific change demands. Based on the integrative framework of social support theory, which draws on the job demands-resources model and self-determination theory, we hypothesize that change demands can be most effectively addressed through matching change support. In three consecutive experimental vignette studies (N1 = 89, N2 = 134, N3 = 138) of dependently employed samples, we analyzed the interaction of change demands and change support on attitude to change, satisfaction with the change process, and behavioral intention to use by manipulating the degree of demand (high vs. low) and provided support (high vs. low) and by conducting moderated mediation analyses, and integrated the results meta-analytically. The results show that change demands have a detrimental effect on technology implementation outcomes. In one of the three studies we confirmed a moderating effect of change support. The relation was mediated by perceived frustration, but the mediating effect of psychological need satisfaction was inconclusive. Based on our results, we discuss that the research on matching support requires the evaluation of the personal relevance of the support receiver to increase the chance of achieving a match.
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Since Microsoft HoloLens first appeared in 2016, HoloLens has been used in various industries, over the past five years. This study aims to review academic papers on the applications of HoloLens in several industries. A review was performed to summarize the results of 44 papers (dated between January 2016 and December 2020) and to outline the research trends of applying HoloLens to different industries. This study determined that HoloLens is employed in medical and surgical aids and systems, medical education and simulation, industrial engineering, architecture, civil engineering and other engineering fields. The findings of this study contribute towards classifying the current uses of HoloLens in various industries and identifying the types of visualization techniques and functions.
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Zusammenfassung Dieser Beitrag in der Zeitschrift Gruppe. Interaktion. Organisation. (GIO) stellt die Prospektive Kompetenzanalyse (ProKA) vor. Ziel der Methode ist es, zukünftig erforderliche Kompetenzen für die erfolgreiche Ausführung einer beruflichen Tätigkeit prospektiv zu erfassen, um die Auswirkungen anstehender organisationaler Veränderungen proaktiv in die Personalentwicklung einbeziehen zu können. Dazu wurden validierte Methoden der Kompetenzermittlung kombiniert und um einen prospektiven Ansatz erweitert. So entstand eine umfassende Methode, die ein evidenzbasiertes, theoriegeleitetes Vorgehen gewährleistet. Bei der Prospektiven Kompetenzanalyse werden in drei Phasen zunächst die derzeit benötigten Kompetenzen erfasst und in ihrer Wichtigkeit bewertet, um eine Vergleichsbasis zu erhalten. Anschließend wird mit verschiedenen Techniken eine Vision der zukünftigen Arbeitssituation in einer Vignette beschrieben, um zu bewerten, welche Kompetenzen zukünftig wichtig werden. Abschließend wird die Wichtigkeit derzeitiger und zukünftiger Kompetenzen verglichen, um anforderungsgerechte Maßnahmen für die Qualifizierung der Beschäftigten abzuleiten. Die Prospektive Kompetenzanalyse wurde in mehreren Praxisprojekten validiert und erprobt. In diesem Beitrag werden neben den theoretischen Grundlagen und den Gütekriterien der Prospektiven Kompetenzanalyse, deren Ablauf sowie praktische Einsatz- bzw. Nutzungsmöglichkeiten dargestellt.
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Die Digitalisierung wirkt sich als Megatrend auf alle gesellschaftlichen Bereiche aus und durchdringt auch auf die Arbeitswelt (vgl. z. B. Maier et al. 2020). Neue, digitale Informationstechnologien eröffnen neue Chancen und stellen gleichzeitig neue Anforderungen an Individuen, Gruppen und Organisationen. Die Art und Weise wie Menschen zusammenarbeiten befindet sich ebenso im Wandel wie Arbeitszeiten, -orte und -räume. Die Beschäftigten erhalten zunehmend visuelle oder auditive Unterstützung durch Remote Support Systeme (z. B. Bentler et al. im Druck) oder intelligente Assistenzsysteme (z. B. Neumann et al. 2020). In Zukunft werden sie verstärkt mit teilautonomen Robotern direkt interagieren können (Steil und Maier 2017). Betroffen sind fast alle Bereiche in Unternehmen, von der Auftragsannahme, über die Produktentwicklung und Planung, bis zu Produktion und Logistik (vgl. z. B. Bansmann et al. 2019; Schlicher et al. im Druck). Die technischen Systeme passen sich an die Menschen an und treffen immer mehr Entscheidungen selbstständig (Töniges et al. 2017), von denen die Beschäftigten betroffen sind (Ötting und Maier 2018). Gearbeitet wird in einer vernetzen Welt rund um die Uhr von unterschiedlichen Orten (vgl. Kauffeld et al. 2016). Der Mensch nutzt dabei digitale Technologien aktiv, um zu arbeiten und sich mit anderen Menschen zu vernetzen. Vernetzt sind zunehmend auch Maschinen und Produktionssysteme. Im Wechselspiel aus Mensch, Technik und Organisation in soziotechnischen Systemen ergeben sich neue Herausforderungen. Technologien ermöglichen beispielsweise neue Organisationsstrukturen und -prozesse, die wieder mit neuen Rollen und Anforderungen auf Seiten der Beschäftigten einhergehen. Damit ergibt sich die Möglichkeit, „Arbeit“ neu zu denken, systematische, menschenzentrierte Arbeitsgestaltung zu betreiben (Mlekus et al. 2020) und das Verständnis von Demokratie im Unternehmen weiterzuentwickeln (Singe und Tietel 2019). Die Anforderungen an die Beschäftigten können sich durch die Einführung digitaler Technologien ändern, teilweise in den bisherigen beruflichen Kompetenzfeldern (Mlekus und Maier 2019), teilweise treten neue berufliche Kompetenzen in den Mittelpunkt (Oberländer et al. 2020; Kauffeld und Paulsen 2018, Kauffeld 2016). In sich wandelnden Systemen müssen Menschen lernen und sich neuen Bedingungen anpassen. Die Betroffenen sollten auch bei der Einführung aktiv beteiligt werden, so dass der Einsatz der neuen Technologien gelingen kann (vgl. z. B. Bentler et al. 2019; Mlekus et al. 2018; Paruzel et al. 2020). Gelingt dies nicht, entsteht schnell eine Überforderung mit der Gefahr gesundheitlicher Risiken. Doch Menschen sind keineswegs nur ein passives Element im soziotechnischen System. Menschen gestalten aktiv die Nutzung und Einbindung von Technologien und so auch Arbeitsbedingungen mit.
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Dieses interdisziplinäre Handbuch richtet sich an alle, die den digitalen Wandel, der im Zusammenhang mit der vierten industriellen Revolution (Industrie 4.0) diskutiert wird, in Betrieben, Verwaltungen und der Gesellschaft besser verstehen und aktiv gestalten möchten. Die Beiträge veranschaulichen die Perspektiven unterschiedlicher Disziplinen oder Interessensgruppen auf die Folgen der Digitalisierung im Arbeitsleben für Mensch, Organisation und Gesellschaft. Das Werk schlägt eine Brücke von aktuellen Forschungsergebnissen hin zu praktischen Umsetzungshinweisen. Im Zentrum stehen drei Fragen zur Digitalisierung des Arbeitslebens, und zwar woran man sich bei der Gestaltung orientieren, wie die Transformation gestaltet werden und worauf sich die Digitalisierung auswirken kann. Beispielthemen dieser 3 Bereiche: 1. Gestaltungskriterien: • sichere und gesundheitsförderliche Gestaltung der digitalen Arbeitswelt • arbeitsrechtliche Aspekte • psychologische Arbeitsgestaltung digitaler Arbeitswelten 2. Art und Weise des Wandels von analogen zu digitalen Arbeitswelten: • Chancen für gesundheitsorientierte Arbeitsgestaltung durch körpernahe und tragbare Sensorik • neue Aufgabenverteilung durch kollaborative Roboter • im Rahmen der Mitbestimmung Prozesse durch proaktive betriebliche Interessensvertretung gestalten 3. Konsequenzen: • Auswirkungen auf die Beschäftigungsstrukturen und das Privatleben • Möglichkeiten für die Inklusion älterer Menschen oder Menschen mit Behinderung Zielgruppen Anwender/innen und Entwickler/innen digitaler Technologien, Führungskräfte, Personalleiter/innen und Entscheidungsträger/innen in Unternehmen, Verbänden und der Politik Zu den Herausgebern Prof. Dr. Günter W. Maier leitet den Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Bielefeld. Prof. Dr. Gregor Engels leitet den Lehrstuhl für Datenbanken und Informationssysteme der Universität Paderborn. Prof. Dr. Eckhard Steffen ist Geschäftsführer des PACE (Paderborn Center for Advanced Studies) und leitet die Arbeitsgruppe für "Discrete Mathematics/Graph Theory" der Universität Paderborn.
Chapter
Um den Innovationen durch die Digitalisierung, also der Einführung intelligenter und vernetzter Systeme, zu begegnen, werden Unternehmen viele Anpassungen vornehmen müssen. Die professionelle Begleitung dieser Veränderung kann innerhalb eines Change Management Prozesses erfolgen. Im Folgenden werden dazu aus den Lehren der bisherigen Computerisierung des Arbeitslebens und entlang der zeitlichen Strukturierung eines Einführungsprojekts ein Durchführungsmodell des Change Managements abgeleitet und vorgestellt. Des Weiteren wird auf Erfolgsfaktoren des Change Managements im Kontext der Digitalisierung eingegangen und daraus Handlungsempfehlungen für die Gestaltung eines Change-Management-Prozesses abgeleitet. Anschließend werden ausgewählte Diagnostikinstrumente des Veränderungsbedarfs vorgestellt. Schließlich werden in einem Fazit der weitere Handlungs- und Forschungsbedarf aufgezeigt.
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Digitization and connectivity are hot topics for nearly every company today; numerous new technologies offer diverse options. In this project, a specific technology − smart glasses − was implemented in a manufacturing company. The implementation process was innovative, as the employees’ perspective was taken into account from the beginning, rather than solely designing the technological aspects and involving the users after decisions were taken. Employees involved with the new technology were surveyed to take into account the employees’ expectations and fears regarding work design characteristics. This allowed us to customize features of the smart glasses, adapt the work organization, and inform employees about unclear points concerning the implementation process. Moreover, the competencies required for future work were analyzed using a comprehensive work analysis method. We report the results of two quantitative studies and summarize the lessons learned from this project, which can serve as a guideline for other companies.
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In today's organisations and politics, there is a growing awareness of the gap between existing and needed digital competencies of the workforce to master the challenges of the digitalised future at work. Nevertheless, no comprehensive framework or definition of digital competencies at work has been proposed so far. Our aim is to offer a holistic view and broaden the scope of the concept of digital competencies, thereby focussing on applications at work. We combine diverse methods to integrate different perspectives on digital competencies. By conducting an extensive literature review about definitions and frameworks of digital competencies that might be applicable at work, we provide an overview of the current state of the art in research on digital competencies. Additionally, eleven half-structured interviews based on the critical incidents technique (CIT) were conducted to gain insights into the perspectives of professionals with expertise in digitalisation processes and digital competencies. Subsequently, researchers with different educational backgrounds clustered the results from both approaches and agreed on twenty-five dimensions that constitute digital competencies for white-collar workers with office jobs, encompassing a large variety of knowledge, skills, and abilities. The results of this research indicate that even though there is overlapping content, each perspective adds unique content to the concept of digital competencies at work. By creating a coherent and detailed framework and a definition, our research enhances the applicability of professional learning and development of digital competencies at work.