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Digitale Resilienz in der Mediennutzung. Berichtsband 2: Qualitative Tiefeninterviews

Authors:

Abstract

Wie gehen wir mit der Krise um, mit den Krisen? Wie können wir trotz Krisen hoffnungsfroh, zuversichtlich und robust bleiben. Und vor allem: Wie können wir stark bleiben, körperlich und seelisch? Digitale Kommunikation und Nachrichten nehmen seit vielen Jahren besonders in Krisenzeiten einen höheren Stellenwert in der Bevölkerung ein – auch die Pandemie hat die Nachfrage nach digitalen Medieninhalten massiv verstärkt. Smartphone & Co. machen uns ständig erreichbar – auch für belastende Krisen-News: Nahezu pausenlos werden Nutzende sozialer Medien und Nachrichten-Apps mit Hiobsbotschaften konfrontiert. Das VOCER Institut für Digitale Resilienz interessieren seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 Besonderheiten und Fallstricke der digitalen Mediennutzung in Krisenzeiten. In unserer breit angelegten Studie zur „Digitalen Resilienz in der Mediennutzung“ haben wir untersucht, wie sich die digitale Mediennutzung auf das psychische Wohlbefinden der Deutschen auswirkt und wie sie sich vor einer digitalen Total-Überlastung („News-Burnout“) konkret schützen und sich eine Robustheit und Souveränität bewahren können. In Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa wurde zwischen dem 25. Oktober bis 15. November 2021 eine Repräsentativbefragung von deutschsprachigen Personen ab 14 Jahren in deutschen Privathaushalten durchgeführt. Als Erhebungsmethode diente eine computergestützte Telefonbefragung anhand eines strukturierten Fragebogens, an der 1.001 Personen teilnahmen, davon 935 Internetnutzende. (Berichtsband 1) Im Anschluss wurden zusätzlich mehr als 50 qualitative Intensivinterviews mit Teilnehmenden der Repräsentativbefragung geführt und digitale Medientagebücher angefertigt. (Berichtsband 2)
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Digitale Resilienz
in der Mediennutzung
Berichtsband zur qualitativen Befragung von Internetnutzer:innen:
Bewertung digitaler Medieninhalte aus Nutzendenperspektive –
Wahrnehmungsmuster und Selektionsstrategien
Autoren:
Dr. Leif Kramp (kramp@uni-bremen.de)
Dr. Stephan Weichert (weichert@vocer.org)
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Kramp, Leif; Weichert, Stephan (2022): Digitale Resilienz in der Mediennutzung. Berichtsband zur qualitativen Befragung von Internetnutzer:innen: Bewertung digi-
taler Medieninhalte aus NutzendenperspektiveWahrnehmungsmuster und Selektionsstrategien.
Erscheinungsdatum: 1. September 2022
VOCER Institut für Digitale Resilienz, Hamburg
Das gemeinnützige VOCER Institut für Digitale Resilienz befasst sich seit 2021 unter den Vorzeichen der digitalen Transformation besonders mit individuellen,
organisationalen und gesellschaftlichen Herausforderungen in Krisensituationen. Mitgegründet von Alexander von Streit und Stephan Weichert befähigt das Institut
durch einen ganzheitlichen Bildungs- und Beratungsansatz Menschen und Organisationen, im digitalen Medienwandel zu bestehen und widerstandsfähiger zu
werden. Es bietet in diesem Umfeld eine Medienakademie sowie unterschiedliche Workshops und Veranstaltungen an, in denen konkrete Strategien für eine resili-
ente Unternehmenskultur erarbeitet werden. Mehr unter: https://digitale-resilienz.org
Das VOCER Institut für Digitale Resilienz bedankt sich für eine Förderung durch den Wort & Bild Verlag, Baierbrunn.
Die Autoren: Dr. Leif Kramp ist Forschungskoordinator des Zentrums für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung (ZeMKI) der Universität Bremen;
Dr. Stephan Weichert ist Medien- und Kommunikationswissenschaftler und Mitgründer des VOCER Instituts für Digitale Resilienz.
Projekt „Digitale Resilienz in der Mediennutzung“
In einer Grundlagenstudie des gemeinnützigen VOCER Instituts r Digitale Resilienz untersuchen die Medienforscher Leif Kramp (ZeMKI, Universität Bremen) und
Stephan Weichert (Institut für Digitale Resilienz, Hamburg), wie deutsche Mediennutzende ihre Resilienz in Bezug auf ihr digitales Medienhandeln steigern können:
Zunächst wurde in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa eine Repräsentativbefragung durchgeführt. Der Berichtsband wurde im Juli 2022
veröffentlicht. Anschließend wurden aus den 1.001 Befragten anschließend 53 Personen ausgewählt, um mit ihnen qualitative Tiefeninterviews zu führen. Hierbei
lag der Schwerpunkt auf Aspekten des persönlichen Wohlbefindens und der Kenntlichkeit journalistischer Inhalte sowie auf den unterschiedlichen Coping-Strate-
gien hinsichtlich ihrer Nutzung digitaler Medien im Allgemeinen und sozialer Netzwerke im Besonderen.
Verlag
VOCER Institut für Digitale Resilienz
Postfach 20 14 54 | 20204 Hamburg / Germany
info@digitale-resilienz.org | www.digitale-resilienz.org
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Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort: Medien-Taktung und Widerstandskraft in der digitalen Moderne ................. 5
2. Einführung: Eingriffe in das persönliche Medienhandeln .............................................. 7
3. Steckbriefe .................................................................................................................. 10
4. Tabellarische Übersicht nach Untersuchungskategorie ............................................. 33
5. Auszüge aus den Medientagebüchern ausgewählter Befragter ................................. 59
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1. Vorwort: Medien-Taktung und Widerstandskraft in der digitalen Moderne
Pausenlose Push-Mitteilungen von Freunden und Familie, polarisie-
rende Debatten und Hass-Postings bei Facebook, YouTube & Co., per-
manente Videokonferenzen und E-Mails am Wochenende vom Chef so-
wie eine Krisen-News nach der nächsten: Das digitale Medienzeitalter
steckt voller Stressoren, die unseren Alltag nicht vereinfachen, sondern
beschwerlich machen. Ob im Berufs- oder Privatleben: Vielen Men-
schen macht ihre Digitalnutzung gesundheitlich zu schaffen: Sie sind
unzufrieden, überfordert und zeigen Erschöpfungssymptome. Was au-
ßen vor bleibt, sind digitale Auszeiten und regelmäßige Pausen, in de-
nen sie Abstand von ihrem Medienhandeln gewinnen.
Krisen unterstützen diese Tendenz zum digitalen Overkill und machen
psychische Belastungen erst sichtbar oder verstärken diese. Dabei ist
es keineswegs schlecht, wenn Menschen „auch mal abschalten“. Aber
es zeigt sich ein Dilemma vor allem für Medienschaffende: Im Licht
der sich abzeichnenden WeltkrisenUkraine-Krieg, Pandemie und Kli-
makatastrophe kommen nicht nur unterschiedliche Sorgen und Ur-
ängste zum Vorschein; bei vielen der für die vorliegende Studie befrag-
ten Personen führt ein Selbstschutzmechanismus dazu, dass sie sich
den Nachrichten entziehen, zum Teil komplett. Dieses Phänomen be-
zeichnen wir als „News Burnout“: Viele Menschen haben das Gefühl,
angesichts der sich überschlagenden Krisen „ausgebrannt“ zu sein:
Das führt in bisher nie dagewesenem Ausmaß zu einer Vermei-
dungshaltung digitaler Medien, die sich in unterschiedlicher Ausprä-
gung mit Begriffen wie News Avoidance, News Fatigue und News Sha-
ming beschreiben lässt.
Im konkreten Medienhandeln bedeutet das: Digitale Medien aller Art
werden von bestimmten Nutzer:innen deutlich weniger oder nur noch
zu reinen Unterhaltungszwecken bzw. zur Ablenkung (Eskapismus,
Gratifikation) gebraucht oder konsequenterweise sogar ganz gemie-
den. Für etablierte Medienangebote im Journalismus wird aber genau
das zum Problem: Das gesamte Nachrichten- und Informationsverhal-
ten der Bevölkerung driftet zunehmend in Richtung soziale Medien ab
oder verlagert sich in private Chat-Kanäle und Foren (z.B. Telegram-
und WhatsApp-Gruppen), wo sehr häufig Desinformation, Mutmaßun-
gen und „Fake News“ geteilt werden. Dort werden qualifizierte Informa-
tionen von den Nutzenden mitunter nicht erkannt oder mit ungeprüften
Quellen verwechselt.
Diesem Dilemma öffentliche Sichtbarkeit zu geben und auf empirischer
Basis eine Lösung zu finden, ist unser wichtiges Anliegen: Wir glauben,
dass eine breite Diskussion über die Insuffizienz und Unzulänglich-
keiten digitaler Mediennutzung einschließlich möglicher Defizite
und Sollbruchstellen in der journalistischen Berichterstattung zu ei-
nem gesunden demokratischen Selbstverständnis gehört. Der vorlie-
gende zweite Ergebnisbericht knüpft nahtlos an den ersten Berichts-
band unserer Studie zur „Digitalen Resilienz in der Mediennutzung“ an.
Mit beiden Veröffentlichungen wollen wir zum selbstbestimmten Um-
gang mit Smartphone, Social Media und Internet aufrufen und unserem
Konzept der „Digitalen Resilienz“ zu dem gesellschaftlichen Stellenwert
verhelfen, den es verdient.
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Zugrunde liegt unserer ganzheitlichen Betrachtung eine menschen-
zentrierte Perspektive zum besseren Verständnis der allgegenwärtigen
Digitalisierung. Anspruch ist es darüber aufzuklären, wie uns angesichts
von Desinformation, Suchtpotenzial und verwahrlosten Diskursen im
Netz eine stabile Balance zwischen Online- und Offline-Welt gelingen
und unsere Gesellschaft resilienter werden kann.
Wir danken den Befragten für ihre weitreichende Gesprächsbereit-
schaft im Dienst unserer Grundlagenforschung: Ohne ihre Offenheit,
den teilweise sehr vertrauensvollen Einblicken in ihre beruflichen und
privaten Erfahrungswelten und ihre konstruktiven Vorschläge im Rah-
men unserer Tiefeninterviews wäre diese Auswertung weitaus weniger
ergiebig und in Bezug auf die uns interessierenden Fragestellungen
auch erheblich weniger greifbar und anschaulich geraten.
Bremen/ Hamburg, August 2022
Leif Kramp/ Stephan Weichert
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2. Einführung: Eingriffe in das persönliche Medienhandeln
Für viele Menschen in Deutschland stellen die sich überlappenden Kri-
sen wie die nicht enden wollende Corona-Pandemie, die globale Klima-
krise und nicht zuletzt der Krieg in der Ukraine eine psychische Belas-
tung dar. Im zweiten Modul der Studie „Digitale Resilienz in der Me-
diennutzung“ haben wir Tiefeninterviews mit Teilnehmenden der im
ersten Modul der mit Forsa durchgeführten repräsentativen Bevölke-
rungsbefragung geführt, deren Ergebnisse hiermit in Form einer Zwi-
schenauswertung vorgelegt werden.
Der vorliegende Ergebnisbericht umfasst neben einer kurzen Einfüh-
rung insgesamt zehn Steckbriefe von Befragten unterschiedlicher Al-
tersgruppen, eine tabellarische Übersicht der Ergebnisse weiterer Tie-
feninterviews nach Leitfadenkategorien sowie eine Zwischenauswer-
tung von digitalen Medientagebüchern, die von einigen Befragten im
Verlauf einer beispielhaften Woche geführt worden sind. Die Dauer der
telefonisch geführten Tiefeninterviews variierte zwischen 30 und 60 Mi-
nuten.
So berichtet der 22-jährige Jura-Student Paul, er habe seine Medien-
nutzung seit dem Krieg in der Ukraine stark zurückgefahren, regelmä-
ßige Nutzungsrituale wie den täglichen Abruf der „Tagesschau“-App
sogar „komplett eingestellt“: Zu groß sei seine Angst vor einem Dritten
Weltkrieg und den humanitären Folgen (vgl. Kap. 2). Wie ihm geht es
auch vielen anderen Menschen, die nach zwei Jahren Pandemie-Be-
richterstattung des Nachrichtengeschehens überdrüssig und müde
werden: Die amerikanische Medienwissenschaft hat für deren Folgen
den Begriff der „News Fatigue“ gefunden, also Nachrichtemüdigkeit,
die sich im schlimmsten Fall zu einem echten „News Burnout“ aus-
wachsen kann. Das ist der Fall, wenn die Nachrichtenlage sowohl das
persönliche Wohlbefinden als auch die psychische Widerstandskraft
von Nutzern so sehr beeinträchtigen, dass viele von ihnen einfach ganz
abschalten. Auch wir können nachweisen, dass es vielen Deutschen so
ergeht: Sie fühlen sich vom Nachrichtengeschehen emotional „erschla-
gen“ und wenden sich ab, weil ihre persönliche Coping-Kompetenz,
also ihre Widerstandskraft (Resilienz) im Umgang mit digitalen Me-
dien, merklich nachlässt.
Digitale „guilty pleasures“
Es stellt sich heraus, dass Deutschland, was die digitale Mediennut-
zung angeht, regelrecht zwiegespalten ist: Gerade in der jetzigen welt-
politischen Lage sind neue Handlungsqualitäten gefragt, vor allem was
die Selbstbestimmtheit im Umgang mit digitalen Medien und die In-
formationsüberfrachtung vieler Menschen angehen. Zentrale Erkennt-
nisse liefert die Untersuchung hinsichtlich der Souveränität der Nutzung
digitaler Medien, insbesondere bei den am häufigsten genutzten sozia-
len Netzwerken Facebook, Instagram, TikTok und
YouTube sowie Messenger-Diensten wie Telegram oder WhatsApp:
Denn nicht nur Student Paul beklagt ein wachsendes Unwohlsein „we-
gen der Fülle an unterschiedlichen Themen“, auch andere von uns be-
fragte Personen im Alter von Anfang 20 bis weit jenseits der 70 berich-
ten von emotionalen Abhängigkeiten aufgrund ihres teils massiven täg-
lichen Internet-Konsums und der ständigen digitalen Verfügbarkeit.
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Einigen der Befragten geht es nach dem ausgiebigen Konsum sozia-
ler Netzwerke nach eigenen Angaben „schlechter als vorher“, man-
che berichten von depressiven Verstimmungen, andere wiederum
zwingen sich zu festen digitalen Auszeiten. Ein kleiner Teil gibt zu, dass
sie wie Paul zunehmend feststellen, „den ganzen Tag am Handy zu
hängen“, ohne zu wissen warum. Sie versuchen daher, ihre digitale Me-
dienzeit generell runterzufahren oder bewusster zu gestalten, um sich
selbst zu kontrollieren oder sich mit einfachen Tricks zu behelfen:
„Wenn ich fahrig werde, bringe ich mein Handy in den Keller und hole
es erst nach 30 Minuten als bewussten Akt wieder nach oben“, sagt die
31-jährige Finanzbeamtin Kerstin aus Hessen. Das Smartphone abends
nach einem ausgefüllten (digitalen) Arbeitstag nicht mehr zu nutzen, es
auch dezidiert vom Schlafplatz oder vom familiären Esstisch zu entfer-
nen und es bei Spaziergängen einfach zu Hause zu lassen: Solche
simplen Eingriffe in das persönliche Medienhandeln sind unter den
Befragten mittlerweile weit verbreitet, um die eigene Resilienz zu stei-
gern.
Auch wenn wir im Hinblick auf die aktive Einteilung von Medienzeit
ein souveränes Nutzungsverhalten feststellen können, gelingt es längst
nicht allen, sich von ihren digitalen „guilty pleasures“, also heimliche
Vergnügen, zu befreien: „Ich schaue mir regelmäßig die Statistik auf
meinem Smartphone an und wundere mich, wie sehr ich doch am
Handy hänge“, sagt die 24-jährige Studentin Pia, die sich sehr wohl ih-
rer digitalen Abhängigkeiten bewusst ist. Gerade Messenger-Dienste
wie das ebenfalls zum Tech-Konzern Meta gehörende WhatsApp sind
im sozialen Umfeld von Pia wie bei vielen unserer Befragten das Haupt-
kommunikationsinstrument. Auch Instagram nutze sie gern, das sei in-
spirierend, TikTok mache Spaß, doch sei das Videoportal insgesamt ein
Zeitfresser. Seit dieser Erkenntnis versuche sie aktiv, auf den Plattfor-
men Beauty- und Fitness-Influencer zu meidenauch für Pia eine prä-
ventive Schutzmaßnahme.
„WhatsApp ist schon manchmal nervig: Ständig achten alle auf den Ha-
ken, ob ich ihre Nachricht schon gelesen habe, und erwarten eine Ant-
wort. Ich möchte mir lieber einige Gedanken machen, bevor ich ant-
worte“, sagt Marcel, ein 28-jähriger Jurist aus Nordrhein-Westfalen, der
mit dieser Unzufriedenheit über die digitalen Übergriffigkeiten und dem
zeitlichen Druck zu antworten nicht allein dasteht. Den nur schwerlich
zu realisierenden Wunsch nach selbstbestimmter Entschleunigung be-
stätigen viele der Befragten.
Resiliente Medien brauchen resilientes Publikum
In Konturen zeichnet sich in unserer Studie deutlich ab, dass die digitale
Medienvielfalt mit einer gewissen Hilflosigkeit und Ohnmacht daher-
kommt: Es ist nicht die Diskursfreudigkeit, die unsere Befragten in den
sozialen Netzwerken stört. Sondern die unverblümte Ausdrucksweise
mancher Zeitgenossen und auch die Risiken, einer Falschinformation
auf den Leim zu gehen: Hass und Hetze werden als Geißel der Digitali-
sierung gesehen, weil sie eine gesamtgesellschaftliche Spaltung in
atemberaubender Geschwindigkeit vorantreiben.
Im Lichte der anhaltenden Krisen stellt sich für uns die Frage, wie pro-
fessionelle Medien zu einer Stärkung der Widerstandskraft auf Nutzer-
seite beitragen. Schon aus ureigenem Antrieb, Reichweiten für Nach-
richtenangebote zu steigern, braucht es journalistische Strategien,
um die Bevölkerung sicher durch die digitale Aufmerksam-
keitsökonomie zu geleiten.
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Letztlich bedeutet Resilienz daher auch: Suche nach Lösungswegen.
Damit sich in den Redaktionen Unsicherheit und Verlustängste ver-
flüchtigen, ist eine gewisse Risikobereitschaft willkommen. Nur so ge-
lingt es, dass sich Journalisten den radikalen Anforderungen stellen, die
der Wandel des Medienkonsums mit sich bringt. Robuster denken und
handeln bedeutet für die Medienbranche, Digitalnutzende besser zu
verstehen und von ihnen zu lernen.
Wer in schwierigen Zeiten erstarken will, findet also in der Verände-
rungsbereitschaft ausreichend Stamina nur eben nicht um jeden
Preis: Ein resilienter Journalismus braucht ein resilientes Publikum und
darf deshalb weder in alte Muster zurückfallen noch sollte er das Neue
unkritisch umarmen. Die Bevölkerung in der Krise umfassend zu infor-
mieren bedeutet, ihr Fähigkeiten mit auf den Weg zu geben, die sie
kompetenter im Umgang mit der Digitalisierung machen. Und diese
Mündigkeit, die wir Digitale Resilienz nennen, ist im Hier und Jetzt ge-
fragt.
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3. Steckbriefe
*
Im Folgenden stellen wir zehn der Befragten in beispielhaften Steck-
briefen vor, deren Medienkonsum von jeweils unterschiedlichen Belas-
tungen und Überforderungen durch digitale Mediennutzung, aber auch
von gezielten Bewältigungsstrategien im Umgang mit Krisen zeugt. Sie
stammen aus allen Landesteilen Deutschlands, repräsentieren unter-
schiedliche Alters- und Zielgruppen, haben einen unterschiedlichen Bil-
dungshintergrund und ermöglichen einen tiefen Einblick in die Nut-
zungs- und Verarbeitungsmuster von digitalen Medien in Krisen-
zeiten.
Darüber hinaus liefern Sie uns wichtige Anhaltspunkte zur wissen-
schaftlich fundierten Erarbeitung einer Strategie zur Resilienzsteige-
rung für digitale Mediennutzer:innen. Die beschriebenen Personen,
deren Namen wir selbstredend geändert haben, wurden aus knapp 60
Probanden im Rahmen unserer qualitativen Befragung ausgewählt. In
den rund 35- bis 70-minütigen Gesprächen wurde besonderer Wert ge-
legt auf eine vertrauliche Gesprächsatmosphäre von Interviewten und
Interviewern. Die in den anonymisierten Steckbriefen zur Sprache kom-
menden Themen unterliegen daher nicht nur der strengsten Vertraulich-
keit, sondern sind soweit dies vertretbar war durch Originalzitate der
Befragten kenntlich geblieben. Alle der Befragten haben Ihr Einver-
ständnis gegeben, dass diese Informationen zum Zwecke der wissen-
schaftlichen Weiterverarbeitung aufgezeichnet und genutzt werden
dürfen.
*
Alle Namen geändert.
Vielen der Befragten war es wichtig, dass im Zusammenhang mit digi-
taler Mediennutzung „etwas getan wird“und zwar individuell und in-
stitutionell gesprochen. Vor allem diejenigen, die sich in ihrer digitalen
Mediennutzung teilweise oder größtenteils überfordert fühlen, sehen
sich mit dieser digitalen Überforderung allein gelassen, tauschen
sichwenn überhauptnur noch im engeren Freundes- und Familien-
kreis darüber aus und entwickeln zuweilen trickreiche Strategien, um
sich selbst in ihren digitalen Medienkonsum „zu überlisten“.
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STECKBRIEF 1:
Paul, 22 Jahre alt, Student (7. Semester Jura) aus Rostock
Emotionale Belastung
durch digitale Medien:
sehr hoch
Haltung gegenüber
digitalen Medien:
reflektiert
Bewältigungsstrategie:
Selbstbestimmte Medienzeit
Digitale Medienaffinität:
Fokus auf öffentlich-rechtliche Me-
dien, Instagram, WhatsApp
Für viele Menschen in Deutschland stellt der Krieg in der Ukraine eine
psychische Belastung dar. Der 22-jährige Jura-Student Paul berichtet,
er habe seine Mediennutzung seit dem Krieg stark zurückgefahren, re-
gelmäßige Nutzungsrituale wie den täglichen Abruf der „Tagesschau“-
App sogar „komplett eingestellt“: Zu groß sei seine Angst vor einem
Dritten Weltkrieg und den humanitären Folgen. „Ich möchte mir das
nicht mehr antun“, sagt Paul, den seit Beginn der Pandemie die Sorge
umtreibt, in seiner Studentenbude in Rostock weit weg von seinem
Elternhausvöllig zu vereinsamen: „Seit Corona fehlt mir die Nähe zu
den Menscheneine richtige Umarmung wäre mal wieder schön.“
Vor allem junge Menschen wie Paul informieren sich über das Krisen-
geschehen hauptsächlich in den digitalen Medien. Wenn er sagt, dass
er mit „der Berichterstattung über die weltpolitische Lage derzeit über-
fordert“ sei, bebt Pauls Stimme. Der junge Mann ist hoch gebildet, in
seiner Kommune politisch aktiv und das, was man einen digitalen Viel-
konsumenten nennt: Er nutzt normalerweise mehrere journalistische
Online-Angebote gleichzeitig, etwa das der FAZ und der „Ostsee Zei-
tung“. Er sei auch „größter Fan öffentlich-rechtlicher Angebote“ wie
„Tagesschau“ oder Deutschlandfunk, die er ausschließlich über die Me-
diatheken abruft. Paul besitzt weder Radio noch Fernsehgerät, sondern
nutzt für alles Handy und Laptop. Er achtet in seinem digitalen Medien-
nutzungsverhalten sehr auf die Vertrauenswürdigkeit der Informations-
quelle: In der Hochphase der Pandemie hat er deshalb keine Mühen
gescheut, sich aus erster Hand zu informieren und regelmäßig das vom
Robert-Koch-Institut herausgegebene „Epidemiologische Bulletin“
konsultiert.
Aber seit einigen Wochen ist Paul medial vollkommen ausgepowert:
Corona, Ukraine-Krieg, Migration, Energiekrise, soziale Polarisierung,
wirtschaftliche Ungleichheit, Existenznöteunsere Gesellschaft befin-
det sich in einem permanenten Ausnahmezustand, wir taumeln von ei-
ner Krise in die nächste. Wie viele andere Bundesbürger ist Paul mit
dieser Negativitätsspirale, die sich in der weltweiten Nachrichtenlage
widerspiegelt, hoffnungslos überfordert. Sein psychisches Unwohlsein
und das andauernde Erschöpfungsgefühl bis hin zu seiner Angst vor
Vereinsamung werden von den Dynamiken der Berichterstattung zu-
sätzlich getriggert.
Weil er sich das Kriegsgeschehen „nicht mehr anschauen kann“ hat
Paul seinen generellen Medienkonsum radikal eingeschränktund da-
mit die Nutzung von journalistischen Nachrichtenangeboten. Seit Wo-
chen nutzt er digitale Medien wie Instagram, WhatsApp und alle paar
Tage auch YouTube nicht aus Informationsgründen, sondern fast aus-
schließlich zu Eskapismuszwecken, indem er sich „irgendeinen
Quatsch anschaut“, weil er sich unterhalten, ablenken lassen möchte.
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Student Paul beklagt ein wachsendes Unwohlsein „wegen der Fülle an
unterschiedlichen Themen“, er berichtet von emotionalen Abhängigkei-
ten aufgrund seines teils massiven täglichen Internet-Konsums und der
ständigen digitalen Verfügbarkeit. Ihm geht es nach dem ausgiebigen
Konsum sozialer Netzwerke wie Instagram Reels nach eigenen Anga-
ben „schlechter als vorher“, er berichtet zudem von depressiven Ver-
stimmungen und zwingt sich selbst zu festen digitalen Auszeiten.
Paul muss zunehmend feststellen, dass er „den ganzen Tag am Handy
hängt“, ohne genau zu wissen warum. Er versuche daher, seine digitale
Medienzeit generell runterzufahren oder bewusster zu gestalten, um
sich selbst zu kontrollieren oder sich mit einfachen Tricks zu behelfen.
Eine der einfachsten Coping-Strategien, die Paul umsetzt, ist der Ver-
zicht auf digitalen Datenverkehr, und zwar bewusst: Paul nutzt das
WLAN nur, wenn er zu Hause ist was im Umkehrschluss bedeutet,
dass wenn er unterwegs ist, keinen mobilen Datenverkehr zulässt und
folglich auch keine digitale Medieninhalte. Selbst im Studium loggt er
sich absichtlich nicht in das WLAN seiner Hochschule ein.
Auch wenn ihm die Kommunikation via WhatsApp leicht von der Hand
geht und ihm der Austausch mit seinen Freunden nach eigener Aussage
„gut tut“, räumt Paul zugleich ein, dass er die digitale Mediennutzung
insgesamt als „anstrengend“ und „unbefriedigend“ empfindet: Zu tun
hat das zum einen mit der Debattenkultur im Netz, in der Paul mitunter
den respektvollen Umgang miteinander vermisst; zum anderen erkennt
er auf der individuellen Ebene, dass sich viele junge Erwachsene in sei-
nem Umfeldanders als erin ihrer digitalen Mediennutzung nicht im
Griff haben und sich „darin verlieren“, manche auch „in etwas reinstei-
gern“.
Er selbst nutze „Insta nur, wenn mir langweilig ist“. Eine Stunde am Tag
sei genug, es könne aber auch sein, dass er tagelang nicht auf Social
Media unterwegs istmit einer von ihm sehr genau reflektierten wich-
tigen Einschränkung: „Wenn Du wie jetzt in der Ukraine-Krise kein Insta
hast, bekommst Du nichts mit“, sagt er und bezieht sich auf die Aufrufe
zu den friedlichen Studierendenproteste in seiner Studienstadt
Rostock.
Die allgemeine Angst, aber auch die Überforderung, die viele Menschen
aufgrund der Berichterstattung über den Krieg umtreibt, artet wie bei
Paul in einer Nachrichtenvermeidung aus: „Ich möchte mir das nicht
mehr anschauen“, sagt er und ist selbst ein wenig überrascht darüber,
dass diese Vermeidung im schlimmsten Falle auch bedeutet, dass er
sich zuweilen gar nicht mehr oder nicht genug über die allgemeine
Nachrichtenlage informiert.
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STECKBRIEF 2:
Tim, 36 Jahre alt, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich
Sozialwesen, Hessen
sehr hoch, v.a. im Privaten
offen und kritisch-konstruktiv
reflektierte und resiliente Mediennut-
zung (Pausen, Auszeiten etc.)
übergreifend sehr hoch, u.a. weil be-
ruflich „allgegenwärtig“
„Reflektion“ ist das Zauberwort, das Tim einfällt, wenn er sich nach
exzessiver Mediennutzung besser fühlen will oder wenn ihn andere ge-
nervt haben, wie sein Bruder, der ihm häufig WhatsApp-Belanglosig-
keiten am laufenden Band schickt, manchmal nur Halbsätze. Das
stresst Tim am ehesten, seine „Neigung, es zu ignorieren“, mache es
jedoch nicht besser: In solchen Fällen schiebe er die Kommunikation
erstmal von sich weg und warte, bis sich seine Ressourcen regeneriert
haben, um sich damit zu beschäftigen. Außerdem glaubt er, es sei
wichtig, mit den Kommunikationspartnern zu kommunizieren. Seinem
Bruder schreibt er dann zum Beispiel zurück: „Mach mal ein bisschen
piano!“
Sehr selten folgte dieser Modus des Socialisings einem echten Zweck
Tim nennt das „Kommunikation um des Kommunizierens willen“, die
nicht etwa das Ziel verfolgt, „etwas auszumachen“, „etwas zu bespre-
chen“ oder „auf etwas hinzuweisen“. Aus seiner Sicht gehe es in den
Chats meist um Banales. Allein das Wissen, dass ganz viele Menschen
sehr schnell über Messenger-Dienste antworten (und auch vom Adres-
saten eine schnelle Antwort erwarten) würden, belastet Tim schwer:
Das Gefühl zu haben, dass dieser Zustand digitaler Kommunikation
ewig anhält, dass das „ab jetzt immer so ist“ und „nicht mehr weniger
wird“, induziert bei Tim sehr großen Stress, sorgt bei ihm für emotionale
Überforderung und psychisches Unwohlsein.
Dass digitale Medieninhalte ständig und überall verfügbar sind, findet
Tim allerdings gut und steht dem auch positiv gegenüber: „Man kann
es nicht mehr anders denken“, sagt er. Allerdings sieht er neben der
Chance, über soziale Netzwerke in Kontakt mit anderenetwa Bekann-
ten aus der Schulzeit zu stehen, auch das Risiko einer Radikalisie-
rungstendenz in der Gesellschaft: Corona habe die Tendenz zur sozia-
len Spaltung begünstigt, glaubt Tim. Desinformationen (Fake News)
hätten das Problem um die fehlende Medienkompetenz und die Zuord-
nung von Quellen verschärftund soziale Netzwerke hätten „einen gro-
ßen Anteil daran“. Ihm selbst sei aufgefallen, wie fern er sich den Men-
schen fühle, die dort seit Corona posten.
In seiner eigenen digitalen Medienblase versucht der Sozialforscher da-
her, sich bei den sozialen Netzwerken darauf zu beschränken sich an-
zuschauen, was andere posten. Das gilt sowohl für Facebook als auch
für Instagram, die er beide seit einigen Jahren nur noch „beiläufig“
sprich dreimal pro Woche konsumiert („Likes, aber keine Posts“).
Twitter nutze er hingegen zum „akademischen twittern“, wenn er was
zu seinem Verbundprojekt mitzuteilen hat. Und bei YouTube schaue er
sich hingegen „Lösungsvideos“ von Influencern oder von Jan Böhmer-
mann an. (Sein persönliches Faible ist eine Skat-App und ein Skat-Po-
dcast.)
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Am meisten stresst ihn der Messenger-Dienst WhatsApp, den er mit
Abstand am häufigsten privat nutzt, mitunter auch Signal und Telegram:
Die permanente Kommunikationsbereitschaft könne „Freizeit-Stress“
bei ihm auslösen. Vor allem in den WhatsApp-Gruppen, in denen er
Mitglied ist, könne „die Masse an Nachrichten stressig sein“, sagt Tim.
Diese „Allgegenwart“, das häufige Klingeln beim Eintreffen neuer Nach-
richten oder die Forderung der Großeltern, dass mal „wieder neue Fo-
tos von der Kleinen kommen“ könnten, überfordern ihn. Die darin lie-
gende Ambivalenz ist dem jungen Wissenschaftler bewusst: Erreichbar
zu sein aus Angst, nichts zu verpassen („FOMO“), aber gleichzeitig mit
der digitalen Überforderung zu kämpfen das ist ein Problem, mit dem
gerade viele jüngere Menschen zu tun haben.
Auch im Job sitzt Tim „ständig am Rechner“, digitale Medien sind dort
für ihn „allgegenwärtig“. Er versucht deshalb, tagsüberwo es nur geht
„bildschirmfreie Zeiten“ einzurichten, etwa wenn er Zeit mit seinem
zweijährigen Kind oder seiner Partnerin verbringt. „Bewusste Pausen“
einplanen, „Auszeiten“ mit sich vereinbaren und die digitale Medienzeit
zwischen Arbeit- und Privatleben gut einteilen, ist dem 36-Jährigen
wichtig geworden. Eine weitere Maßnahme ist die gezielte Auswahl von
Angeboten und Inhalten: Als Haupt-Medienkanäle und Informations-
quellen benennt er Netflix und Spotify sowie die „Tagesschau“ und die
„Hessische Niedersächsische Allgemeine“ Zeitung, mitunter liest er die
„Taz“.
Die Glaubwürdigkeit von Informationen stuft er nicht erst seit Corona
mindestens als „schwerer“ ein, „weil die Suche gezielt sein muss, um
nicht in den Strudel der schnellen und einfachen Lösungen und Be-
schreibungen zu kommen.“ Generell falle es (ihm) im Informations-
Durcheinander schwer, „Einordnungen zu treffen“, auch habe die „Me-
dienkritik zugenommen“. Deshalb setzt er stark auf journalistische Mar-
ken, siehe oben, denen er vertraut. Ansonsten hilft ihm Google oder
Ecosia bei der Überprüfungsrecherche.
Als Statistiker achtet Tim mit methodischem Blick „extrem“ auf die
Quellenlage, insbesondere auf journalistische Quellen oder Original-
quellen und deren Offenlegung, um sich „seine eigene Interpretation zu
ziehen“. Dabei ist ihm die Trennung von Meinung und Information wich-
tig, ebenso lehnt er „gefärbte Berichterstattung“ und Übertreibungen,
wie sie etwa im Boulevardjournalismus üblich sind, generell abwenn-
gleich er einräumt, empfänglich für „Name Dropping“ im Journalismus
zu sein.
Für Tim ist professionelle Berichterstattung der „Ausgangspunkt, um
sich selbst ein Bild zu machen“. Im Journalismus erkennt er die Funk-
tion, Diskurse anzuregen, Erkenntnisse über Themen zu liefern, Macht
in Gesellschaft und Politik zu kontrollieren. Allerdings stören ihn die kur-
zen Halbwertszeiten in den Medien, auch dass Themen gar nicht (erst)
stattfinden und andere „verebben“Beispiele: NSU-Prozess, die Dis-
kussion um Pflegekräfte oder der Abzug aus Afghanistan. Anderseits
findet er gut, dass im Internet kompakte Informationen schnell aufge-
nommen werden können. Mit „Clickbaiting vs. Schnelligkeit“ beschreibt
er das Grundproblemund wünscht sich von ersterem in Zukunft we-
niger, um journalistische Angebote noch zielgerichteter nutzen zu kön-
nen.
Zu seinen größten Ängsten gehören derzeit der Krieg in der Ukraine und
seine Folgen, vor allem die damit verbundene Unsicherheit mit Blick in
die Zukunft und die fehlende Planbarkeit hinsichtlich des Verlaufs. Er
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fühle sich zwar nicht konkret bedroht, aber die sozialen Auswirkungen
seien nicht absehbar. In seinem persönlichen Umfeld gibt ihm vor allem
seine zweijährige Tochter Kraft und das tige Grundvertrauen, dass
„es uns gut geht und auch in Zukunft gut gehen wird“. Wie das aussehe,
das sei aber unsicher.
In der aktuellen Nachrichtenlage habe er bei sich anfangs einen erhöh-
ten Medienkonsum festgestellt, der jetzt gleichbleibend sei. Dennoch
habe er bei sich eine „Abstumpfung“ festgestellt, allerdings resultiere
diese nicht in einer Nachrichtenvermeidung.
STECKBRIEF 3:
Anne, 45 Jahre alt, Krankenpflegerin (angestellt) aus Thüringen
hoch
kritisch
kommunikative Grenzziehung
keine
Anne ist bekennende Digitalskeptikerin und digitale Wenignutzerin. Ihr
Handy ist „im Beruf immer mit dabei“, nach der Arbeit und am Wochen-
ende schaltet sie aber ihre digitalen Endgeräte aus, um selbst abzu-
schalten. Sie ist stark „genervt“ von der ständigen Erreichbarkeit in ih-
rem Job. Es mache sie „schon fertig“, wenn Chef, Patientinnen und
Wohnschwerstern sie permanent anrufen, ihr WhatsApp-Nachrichten
oder Emails schicken. Das Gefühl, nicht in Ruhe gelassen zu werden
und keine Freiheit mehr zu haben, wird dadurch verstärkt, dass es „zu
Hause so weitergeht“wenn sie nicht selbst das Smartphone abschal-
tet, um nach der Arbeit mit dem Hund im Wald für zwei Stunden die
Ruhe zu genießen. Soziale Netzwerke oder Streamingdienste lehnt sie
ab, weil sie bei ihr Stress, Wut oder ein Genervtsein hervorrufen. Sie
nutzt nur Google News zur gezielten Informationssuche. Gelegentlich
skypet sie mit einer entfernt lebenden Freundin und empfindet diesen
Austausch als „angenehm“. Am meisten Sorgen bereitet Anne der Um-
gang ihrer Pflegekinder mit digitalen Medien: Im fehlenden Einfluss auf
die permanente Erreichbarkeitauch innerhalb des Schulsystemser-
kennt sie ein Dilemma. „Die Kinder hängen ständig davor, geben zu viel
im Internet preis und sie sehen sich nur noch am Handy“, sagt sie und
findet soziale Netzwerke daher „eigentlich überflüssig“.
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Anne glaubt, dass es inzwischen „viel zu viele“ digitale Medieninhalte
gibt und „dass es immer mehr werden“. Sie heißt es nicht für gut, dass
dieses „Zuviel“ der Mediennutzung bei ihr Stress und Unwohlsein aus-
löst. Dem begegnet sie damit, dass sie „innehalten und tief Luft holen
muss“ oder einfach „das Handy 30 Minuten beiseitelegt“ und irgendet-
was liest. In puncto Glaubwürdigkeit hält Anne die Informationssuche
im Internet vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie für schwierig,
aus ihrer Sicht hat „der Staat dazu beigetragen“, dass Informationen in
Bezug auf das Impfgeschehen unvollständig waren. Anne ist kritisch bei
der Bewertung von Informationen aus dem Netz: „Man darf nicht alles
glauben“, erklärt sie und man müsse „genau hinschauen“, wo Informa-
tionen herkommen.
Wenn sie skeptisch ist, was die Glaubwürdigkeit einer Informations-
quelle angeht, macht Anne sich die Mühe und schaut auch andere
Quellen an, um sie miteinander zu vergleichen: „Wenn alle das Gleiche
berichten, muss es ja stimmen“, sagt sie mit Blick auf deutsche Fern-
sehsender. Andererseits kritisiert sie am Journalismus genau dies: Dass
Nachrichten nach ihrem Eindruck zu gleichförmig sind und mitunter die
Gegenseite Beispiel Russland in der Ukraine-Krise nicht zu Wort
kommt und nur eine Seite gehört werde. Bei aller Skepsis schätzt sie
am professionellen Journalismus die Ehrlichkeit und „jede Menge Ar-
beit“, die Reporter in Krisen- und Kriegsgebieten leisten. Insgesamt
wünscht sie sich mehr „Ausgewogenheit“ von digitalen journalistischen
Angeboten und „nicht immer dasselbe“.
Die Corona-Pandemie ruft bei Anne negative Gefühle hervor: Für sie ist
Corona „beängstigend“, sagt sie, und meint dies auf die Impflicht be-
zogen. Um ihren Optimismus nicht zu verlieren, orientiert sie sich vor
allem an ihrer Familie und unterhält sich sehr häufig mit Patienten, die
„das alles schonmal erlebt haben“ (Ukraine-Krieg). Bei der Krisenbe-
richterstattung in den Nachrichten schaltet sie dafür schonmal „eher
ab“. Anne sagt, dass vor allem den Kindern die Krise „richtig erklärt
werden muss“.
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STECKBRIEF 4:
Kai, 46 Jahre alt, Bankangestellter (Online-Banking für Firmen-
kunden) aus Baden-Württemberg
Emotionale Belastung durch
digitale Medien:
gering
Haltung gegenüber digitalen
Medien:
sehr skeptisch
Bewältigungsstrategie:
Abgrenzung, Abwendung
Digitale Medienaffinität:
Fokus auf Netflix,
YouTube, WhatsApp
Kai ist weder Querdenker noch Lügenpresse-Skandierer soweit
würde man in der Charakterisierung seines (digitalen) Mediennutzungs-
verhaltens nicht gehen wollen. Aber als aufmerksamer Zuhörer merkt
man ihm seine Enttäuschung an, wenn es um Medien und Journalismus
geht: Er hat ein großes Misstrauen und Vorbehalte gegenüber journa-
listischen Angeboten, aber auch gegenüber sozialen digitalen Medien,
vor allem gegenüber Facebook. Wenn es Bundesbürger:innen geben
sollte, die nicht mehr für journalistische Angebote zurückzugewinnen
sind, ist wahrscheinlich Kai ihr Prototyp.
Der Bankangestellte aus Baden-Württemberg arbeitet im Online-Ban-
king für Firmenkunden und gehört damit keiner sozialen Schicht an, die
über ein schlechtes Einkommen verfügt. Als jahrelanger Ex-Abonnent
der „Süddeutschen Zeitung“ und ehemaliger „begeisterter Nachrich-
tenkonsument“ kann der Familienvater auch nicht als medial ungebildet
gelten. Aber im Informationsverhalten gibt es eine strikte Beschränkung
auf vier Medienkanäle: Streaming (Netflix, Amazon Prime), Messenger-
Dienste (ausschließlich WhatsApp), YouTube und die sozialen Netz-
werke TikTok und Instagramdas sind die Angebote, über die Kai in-
zwischen ausschließlich Informationen und Nachrichten bezieht.
Dieses Ensemble mag für einen 46-Jährigen verwundern, jedoch folgt
die Abwendung von klassischen Medien und die Zuwendung zu diesem
beschränkten digitalen Medienangebot zwei klaren Motiven: Einerseits
nutzt er digitale Kanäle, um unterhalten zu werden. Andererseits miss-
traut er den meisten fast allen anderenInformationsangeboten, nicht
nur im Netz, wie er nicht müde wird zu betonen.
Wie gestaltet Kai seinen Internet-Konsum? Es gibt neben dem berufli-
chen Alltag im Privaten keine digitale Medienzeiteinteilung, aber ein ri-
tualisiertes abendliches Einschaltverhalten bei Streaming-Diensten wie
Netflix und Amazon Prime (analoges Fernsehen schaut die Familie nicht
mehr). Gezielt werden auch TikTok, YouTube und Instagram vor allem
zu Unterhaltungszwecken genutzt sowie eine Nachrichten-App („Nach-
richtenrepublik“) mehr nicht. Im Haushalt von Kai gibt es einige
strenge Regeln, was den Medienverzicht angeht: Bei Familientreffen,
beim Abendbrot oder am Wochenende beschäftigen sich er und seine
Familie analog, einschließlich einer Social Media Auszeit.
Beruflich hingegen hat Kai ununterbrochen mit digitalen Geräten, etli-
chen Mails und digitalen Inhalten zu tun: Als Online-Banker ist er in das
Geschäft der Firmenkunden von vormittags bis spätabends involviert,
weshalb er den Internet-Konsum auch privat stark eingeschränkt hat,
wie er sagt. Ein weiterer triftiger Grund: Dass digitale Medien über kurz
oder lang psychisch abhängig und sogar krank machen können, hat Kai
im engsten Umfeld und an sich selbst „auch beobachten können“. Das
starke „Gefühl, etwas zu verpassen“ hat bei Kai eine solche Zwangs-
handlung ausgelöst, dass er sich von Facebook entwöhnen musste und
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die Nutzung des sozialen Netzwerkes zunächst stark eingeschränkt
und schließlich seinen Account gelöscht hat. Er erzählt, dass „es früher,
als alles anfing, schön und nett war, Nachrichten und Bilder von Freun-
den zu teilen und deren Posts zu liken, aber irgendwann nahm das
Überhandund man fühlte sich irgendwie gezwungen, immer wieder
nachzuschauen, dass man nichts verpasste.“ Entsprechend habe ihn
die Nutzung von Facebook immer wieder stark aufgewühlt und ge-
stresst. Das ging auch anderen in seinem Freundeskreis so.
Tempi passati: Heute fühlen sich Kai und seine Frau besser, seit sie sich
von Facebook losgesagt haben. Stattdessen nutzen sie TikTok und In-
stagram zur Entspannung, weil man, wie er sagt, hier „auf nichts rea-
gieren muss“. Die beiden sozialen Netzwerke werden zur reinen Unter-
haltung genutzt, Nachrichten werden keine abgerufen. An der Schnitt-
stelle zu Informationsinhalten nutzt Kai sehr regelmäßig
YouTube. Er ist ein Fan von „7 vs. Wild“, eine unabhängig produzierte
Reality-Show, die Männer bei Survival-Trainings im deutschen Laub-
wald begleitet. Solche Formate hält Kai für „sehr innovativ“ und freut
sich, dass sie ähnlich wie klassisches Fernsehen funktionieren. Ange-
nehm ist für Kai auch die Nutzung von WhatsApp (und etwas seltener
Telegram), die er allerdings ausschließlich im familiären Kontext und mit
seinen Freunden zur Kommunikation und Kontakterhaltung einsetzt.
Auch eine Amazon Alexa mit Kamera steht in Kais Haushalt, die gele-
gentlich zur Bildtelefonie genutzt wird. Im beruflichen Umfeld sieht das
digitale Medienrepertoire noch etwas anders aus: Vor allem seit Corona
gehören hier auch Videokonferenzen (Webex, Teams, Goto) zum „täg-
lich Brot“ sowie weitere Konferenz- und Kommunikationstechnik, die
Kai als „zermürbend und stressig“ empfindet.
Kai hält es für wahr, dass soziale Netzwerke zur Spaltung der deut-
schen Gesellschaft beitragen, weil es „viele Menschen gibt, die sich
hinter ihren Profilen verstecken, um ihre Ansichten ungefiltert durchsi-
ckern zu lassen und ihre radikalen Meinungen mit einer politischen Ab-
sicht zu verbreiten“. Das gelte für alle digitalen Angebote wie
YouTube und WhatsApp, die er selbst häufig nutzt. Und was ist der
Nutzen für die Gesellschaft? Kai sieht nicht nur Risiko, sondern auch
Positives: „Informationen schnell, unkompliziert und ungefiltert austau-
schen zu können“. Dass das Internet eine Medaille mit zwei Seiten ist,
zeigt sich an seiner ständigen Verfügbarkeit, die Kai „ganz gut“ findet.
Er weiß aber, dass es guttut, wenn man mal „keinen Empfang hat“ und
sich eine „digitale Auszeit“ nehmen kann. Aus eigener Erfahrung kennt
Kai auch nur einen Weg, als er sich zu gestresst fühlte und sich Unruhe
breit machte aus Sorge, er könne etwas verpassen: „aussteigen“. Auch
wenn sein Facebook-Ausstieg mit anfänglichen „Entzugserscheinun-
gen“ einher ging ist er froh, dass er seinen Account gelöscht hat.
Kai ist „kein Freund von Infos aus dem Internet“. Er schätzt die gesi-
cherte Informationssuche generell als schwierig ein, vor allem in sozia-
len Medien, allerdings hat er auch große Vorbehalte gegenüber klassi-
schen Nachrichten, vor allem gegenüber öffentlich-rechtlichen Medien-
angeboten. Stattdessen holt er sich Informationen über Corona lieber
aus erster Hand, und zwar im Freundeskreis, in dem es „viele Ärzte
gibt“. Entsprechend skeptisch ist er, was die Herkunft von Informatio-
nen im Netz angeht: „Neutrale Informationen gibt es nicht“, glaubt Kai,
„jeder polarisiert, jeder behauptet, was er will.“
Dementsprechend weiß Kai selten, woher Infos im Netz stammenund
hat auch keine Lust, diese durch Gegenrecherche zu überprüfen. Viel-
mehr wendet er sich an seine Freunde, um im Falle von Corona
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deren Glaubwürdigkeit zu prüfen. Bei Dingen, die Kai wirklich interes-
sieren, sieht es anders aus: Wenn er auf Nachrichten über eine politi-
sche Beschlusslage stößt, macht er sich die Mühe, diese mit den Auf-
zeichnungen der Debatten auf dem YouTube-eigenen Kanal des Deut-
schen Bundestags abzugleichen. Er schaut sich diese teils in voller
Länge an, um sich davon zu überzeugen, „wer was gesagt hat“. Er gibt
zu, dass er „häufiger YouTube konsultiert“, um sich ein eigenes Bild zu
machen.
Von Falschinformationen hat sich Kai nach eigener Einschätzung noch
nie ins Bockshorn jagen lassen, auch wenn er mitunter schon auf sol-
che gestoßen ist. Insgesamt ist er skeptisch, was ungeprüfte Informa-
tionen angeht, aber auch bezogen auf die professionelle Berichterstat-
tung: „Journalismus hatte früher für mich eine ganz hohe Bedeutung“,
sagt Kai, „damals war ich begeisterter Nachrichtenleser, bis mir meh-
rere Sachen aufgefallen sind, die eben nicht so sind, wie sie dargestellt
wurden. Und das hat seit 2015 enorme Ausmaße angenommen. Da-
raufhin haben wir unser Abo der ‚Süddeutschen Zeitung‘ gekündigt.“
Die Berichterstattung sei mit der Flüchtlingskrise 2015 für ihn „unerträg-
lich geworden“. Für ihn ist klar: „Das, was man draußen in der Realität
erlebt hat, hatte nichts mit dem zu tun, was die Journalisten verbreitet
haben.“ Und das sei für ihn „sehr sehr ärgerlich“ gewesen, ein „ein-
schneidendes Erlebnis“.
Seine Kritik richtet sich vor allem gegen die Berichterstattung über An-
gela Merkel und die damaligen Entscheidungen der Bundesregierung
in der Migrationspolitik, die Kais Empfinden nach zu unkritisch begleitet
wurden: „Das läuft bis heute, wenn man sich die Zeitschriften an-
schaut“, sagt Kai. Diese Phase hat Kai seitens der Politik als „Bevor-
mundung“ erlebt, die durch die professionellen Medien zu unkritisch
hingenommen wurde: „Lügenpresse würde ich das nicht nennen, das
würde zu weit gehen. Aber wenn man viele Informationen weglässt, das
bewegt die Menschen einfach zum Nachdenken.“ Demnach kann er
„zurzeit nichts Gutes an der Berichterstattung finden“. Die Ärzte und
Banker im Bekannten- und Freundeskreis sähen das „auch so, und die
sind damit sehr unzufrieden“.
Was würde er sich vom Journalismus im Netz wünschen? „Eine freie
unpolitische Presse, die einfach neutral berichterstatten kann, also
ohne zu polarisieren, ohne diese elende Doppelmoral, die da an den
Tag gelegt wird, also: die einen dürfen, die anderen dürfen nichtdas
ist furchtbar, das kann sich kein Mensch mehr anhören.“ Großen Ärger
in Bezug auf Corona verspürt Kai in Bezug auf die Bevormundung und
die „Unfähigkeit der Politik“, wie er sagt. Das sei „kein Glanzstück“, be-
ruflich wie privat: „Das ist schlimm.“ Trotzdem sagt er: „Wir sind sehr
optimistische Menschen, wir würden uns als Realisten sehen, für uns
ist es wichtig, dass wir uns eine eigene Meinung bilden können“, sagt
Kai. „Wenn die Berichte so kommen, und Politiker schreien so, dann
muss man sich selbst eine Meinung bilden und das Hirn mal einschal-
ten.“ Dabei orientieren sich Kai und seine Frau an Freunden und Fami-
lie: „Das ist im Freundeskreis ja nicht so wie in den sozialen Medien, wo
jeder seinen Standort oder seinen Standpunkt verteidigt bis aufs Blut,
sondern man kann vernünftig miteinander reden, dann bekommt man
neue Einsichten oder kann andere überzeugen also so läuft es am
besten.“
Seit dem Krieg in der Ukraine nutzt er digitale Medien weder mehr noch
weniger. Anfangs sei es noch mehr gewesen, aber „mich wundert auch
hier wieder die einseitige Berichterstattung, Opfer haben wahrschein-
lich nur die Russen, das ist eigenartig, das kann ich so nicht glauben.
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Tatsächlich habe ich mir mal die Mühe gemacht und habe gegoogelt
‚Verluste der ukrainischen Armee‘, tatsächlich ist dazu nicht eine ein-
zige Zahl zu findeneigenartig. Damit will ich nicht sagen, dass Putin
im Recht istganz im Gegenteilaber einfach eine ausgewogene Be-
richterstattung, die gibt es einfach nicht. Das muss man so sagen, also
ich habe jedenfalls keine Zahl finden können. Sowas gefällt mir nicht.“
STECKBRIEF 5:
Harald, 54 Jahre alt, Reparaturelektriker (angestellt) aus Bayern
gering
funktional orientiert
je nach Bedarf gezielt ignorieren und
nutzen
selbstbestimmte vielseitige Nutzung
Harald ist digitaler Gelegenheitsnutzer und weiß seine Medienzeit über
den Tag verteilt sinnvoll für unterschiedliche Zwecke einzusetzen. In der
Regel ergebe sich die digitale Mediennutzung für ihn von selbst: zwi-
schendurch mit dem Smartphone, abends nach der beruflichen Ar-
beitszeit dann meist mit dem iPad. Digitale Medienangebote nutzte er
gezielt, „so wie es sich gibt“: E-Mails beruflich, Netflix und Spotify via
Familien-Lizenz, WhatsApp im Freundeskreis. Darüber erhält er auch
Links von Bekannten, Freunden und Arbeitskollegen zu interessanten
Informationsquellen. Bei Twitter folgt er bestimmten Menschen, um
sich über aktuelle Themen zu informieren, „weil die bedeutend schneller
sind als die Mainstream-Medien.“
Seine Haltung gegenüber dem digitalen Medienangebot erscheint funk-
tional differenziert und diszipliniert: Während der Arbeitszeit und bei ge-
meinsamen Treffen mit Freunden verzichtet er bewusst auf die Nutzung
des Smartphones Computer bedient er bei der Arbeit allenfalls, um
Bestellungen einzugeben oder dienstliche Termine in den digitalen Ka-
lender einzutragen. Hier hat er Zugang zum Intranet, Internet und zu
seinem E-Mail-Postfach. Daheim bevorzugt er Smartphone und Tablet
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für den digitalen Medienkonsum, den Desktop-Computer dagegen für
längere Schreibarbeiten.
Er selbst beschreibt sich als „ganz entspannt“ hinsichtlich der Nutzung
sozialer Netzwerke wie Facebook oder Instagram und Messenger-
diensten wie WhatsApp, auch deshalb weil er seine Hinwendung zu den
Diensten klar regelt: Bei Facebook schaut er allenfalls vierteljährlich
nach Nachrichten von alten Schulfreunden und entfernteren Bekann-
ten, und wenn die Gruppenkommunikation bei WhatsApp zu schrill
oder dynamisch wird, stelle er das Handy einfach leise oder trete aus
der betreffenden Gruppe aus: „Im Verein haben wir festgelegt, die
Gruppenchats nur für wichtige Informationen zu nutzen.“ Auch wenn
ihn die vielen Direktnachrichten zum Teil auf die Nerven gefallen seien,
habe er dies mittlerweile im Griff und empfinde den Austausch via
WhatsApp als „praktisch“wie so vieles am digitalen Medienangebot.
So überwiege auch bei YouTube der Nutzen: Anleitungen aus dem
Heimwerker- oder fachlichen Handwerkermetier sind von ihm gern und
regelmäßig genutzte Inhalte.
Eine soziale Spaltung und Polarisierung in der (deutschen) Gesellschaft
durch soziale Netzwerke im Internet hält er für „grundsätzlich schon
möglich“. Generell sieht er einen „allgemeinen Werteverfall“ in der Ge-
sellschaft, der sich vor allem darin ausdrücke, dass es heutzutage of-
fenbar leicht sei, über jemanden zu schimpfen, der einem nicht gegen-
überstehe. Einen realistischen Nutzen haben Social-Media-Plattformen
aus seiner Sicht vorrangig für die Selbstdarstellung von Influencer:in-
nen, „die ja zum Teil gut davon leben können“. Aber insgesamt profi-
tiere die Gesellschaft vor allem von der Vielfalt an Informationen, die
durch Social Media zur Verfügung stünden. Eine Welt ohne die ständige
Verfügbarkeit von digitalen Medieninhalten sei für ihn kaum vorstellbar:
„Wie soll es noch anders sein?“ Die Entwicklung könne ja schwerlich
zurückgedreht werden. Sorgen bereite ihm, dass vor allem „junge Leute
stark gefährdet“ seien, „dass es ihnen zu viel wird.“ Speziell Kinder
seien in Gefahr: „Es gibt nicht nur Gutes im Netz.“ Sein eigenes Smart-
phone sei „nahezu immer auf lautlos“ gestellt: „Gerade wenn ich unter
Leuten bin, mag ich nicht, dass es läutet. Ich will mich nicht knechten
lassen von dem Teil.“ Und wenn es ihm trotzdem zu viel wird, lässt er
sein Handy einfach zu Hause.
Harald hat eine insgesamt vorsichtige Haltung gegenüber Informatio-
nen entwickelt, die im Internet veröffentlicht und geteilt werden. Speziell
in der Corona-Pandemie habe sich gezeigt, dass sich „auch viel Ge-
gensätzliches zu den Mainstream-Medien“ im Netz finden lasse. Be-
sonders kritisch sei er eingestellt gegenüber Informationen, die ihn über
WhatsApp erreichen: Hier würden manches Mal „schnell geschossene
Postings“ zirkulieren, da gelte es vorsichtig zu sein. Insgesamt sei es
manchmal mühselig, glaubwürdige Informationen im Internet zu finden,
„aber machbar“. Er ertappe sich häufig dabei, skeptisch gegenüber In-
formationen aus dem Internet zu sein. Ein wichtiges Glaubwürdig-
keitskriterium für ihn: wenn ein Inhalt von verschiedenen Redaktionen
geprüft und die Information dadurch gesichert sei. Konkret suche er
meist über Google, um einen Überblick über die Bewertungslage zu be-
kommen. Da sehe er, ob verschiedene Quellen zum selben Ergebnis
kommen. Gleichwohl ahnt er: „Mit Sicherheit sind mir schon öfter Fal-
schinformationen untergekommen. Journalismus bedeutet für ihn: „un-
abhängig recherchierte, unparteiische und unvoreingenommene“ Be-
richterstattung. Diese sei aber leider schon über die vergangenen Jahr-
zehnte „etwas verroht“. Mittlerweile fehlte häufig die Übersicht, er finde
sich zum Teil schwer zurecht im Informationsangebot, aber so sei es
halt mit gewachsenen Strukturen.
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Die aktuellen Krisen durch Corona-Pandemie und Krieg in der Ukraine
belasten Harald psychisch sehr. Auch fühle er sich verunsichert ange-
sichts eines „Hin und Her von Politik und Medien“: „gestern so, heute
so“. Orientierung findet er primär im Familien- und näheren Freundes-
kreis. Aber auch dort herrschen mitunter verschiedene und auch ge-
gensätzliche Meinung vor. Die Folge: „Bei WhatsApp diskutiere ich
nicht.“ Diskussionen über Textnachrichten seien ihm zu mühselig. Aber
auch in der Face-to-Face-Kommunikation meide er den Konflikt mit
Freunden anderer Auffassung. Angesichts des Kriegsgeschehens in
Osteuropa hat seine digitale Informationsnutzung zugenommen: Auch
wenn er die Möglichkeit schätzt, im Internet auf „zusätzliche Meinun-
gen“ zur vorherrschenden Berichterstattung zu stoßen, sieht er die Be-
richterstattung über Krisenereignisse übergreifend als zu einseitig und
dominant, wodurch andere relevante Themen (wie aktuell die Corona-
Pandemie oder die Flüchtlingssituation im Mittelmeer) vernachlässigt
würden: „Es ist immer nur ein Thema absolut vorrangig. Im Internet
finde ich auch vernachlässigte Themen.“
STECKBRIEF 6:
Norbert, 56 Jahre alt, Geschäftsführer eines sozialen Dienstleis-
tungsunternehmens (selbstständig) aus Trier, Rheinland-Pfalz
Gering (früher: sehr hoch)
sehr kritisch
schützt sich durch gezielte
inhaltliche Auswahl
als Selbstständiger „always on“
„Machen kann ich eh nix“, sagt Norbert, der ein soziales Dienstleis-
tungsunternehmen in Trier leitet: Der aus Hamburg stammende Unter-
nehmer blickt hilflos und zugleich etwas konsterniert auf die anhaltende
Krisenberichterstattung über den Krieg in der Ukraine. Bei sich selbst
hatte er schon nach einer kurzen Phase des gesteigerten Interesses an
den Kriegsnachrichten einen „News Burnout“ diagnostizierteine Ent-
fremdung gegenüber jeglichen Medienangeboten, nicht nur über den
Krieg. Inzwischen, sagt er, habe sich das wieder halbwegs auf einem
„Normalniveau“ eingependelt. Aber zeitweise wurde ihm eben alles zu
viel, so dass er seinen Nachrichtenkonsum von einem Tag auf den an-
deren ganz abgestellt hat.
Norbert ist Zweckoptimist, weil er wisse, dass man manche Dinge eben
nicht ändernnne – und zugleich ist er zuversichtlich, weil gerade die
Deutschen in der Corona-Pandemie gezeigt hätten, was sie medizi-
nisch draufhaben, indem ein Mainzer Unternehmen einen Impfstoff ge-
gen die Pandemie entwickelt hat. Bei allem Optimismus hat er Angst,
dass Mitglieder aus einer Familievor allem seine Mutterwegen der
Pandemie gesundheitlich zu Schaden kommen. Mit Corona hat er auch
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als Chef des Dienstleistungsunternehmens immer mal wieder zu tun,
wenn es um arbeitsrechtliche Fragen und gesundheitliche Belange
geht.
In puncto Journalismus ist Norbert zwiegespalten: Zum einen hält er
professionelle Berichterstattung für sehr wichtig. Dieser habe für ihn ei-
nen hohen Stellenwert, weil er als Vierte Gewalt den Regierungsalltag
kontrollieren solle. Zum anderen erkennt der Unternehmer auch „Effekt-
und Sensationshascherei“ sowie „überhöhte Darstellungen“ in der jour-
nalistischen Berichterstattung im Internet. Die ständige Verfügbarkeit
digitaler Informationen„das gab‘s früher nicht“hält er für einen gro-
ßen Vorteil, vor allem auch den Zugriff auf internationale Websites. Ge-
nerell plädiert Norbert für mehr Zurückhaltung im Journalismus, um ne-
gative „Verstärker-Effekte“ zu vermeiden. Auch die Kostenstruktur hält
er für nicht optimal: Damit er journalistische Angebote häufiger nutzen
würde, müssten sie weniger Kosten. Auch „Werbung geht mir auf den
Keks“, sagt er.
Im Umgang mit Falschinformationen verhält sich Norbert äußerst medi-
enkompetent: Zwar ist er schon einmal auf eine Falschinformation (Fake
News) in sozialen Netzwerken hereingefallen, was ihn „im Nachhinein
sehr geärgert“ hat; allerdings we er „im Allgemeinen schon“, woher
Informationen im Internet stammten, die er konsumiert. Norbert über-
prüft diese auch immer dann,meist per Google-Suche mit dem Zu-
satz „Fake“ wenn „ihm etwas komisch erscheint“: In solchen Fällen
gleicht er diese Informationen mit den offiziellen (staatlichen) Stellen im
Netz ab, oder er orientiert sich an der Berichterstattung bekannter jour-
nalistischer Marken im Fernsehen und Radio, etwa der „Spiegel“ oder
den öffentlich-rechtlichen.
Ohnehin schenkt Norbert den bekannten Medienmarken großes Ver-
trauen, hier findet er gezielt Informationen, nach denen er sucht. Spä-
testens seit Corona, aber auch schon vorher war er sehr kritisch im Hin-
blick auf die Herkunft und Glaubwürdigkeit von Informationen im Inter-
net. Zusammen hängt das mit seinem ebenso kritischen Blick auf sozi-
ale Netzwerke: Zwar sieht er „natürlich“ einen Nutzen darin, dass Men-
schen in Kontakt bleibenzum Beispiel alte Schulkameradenund er
erkennt einen Mehrwert, dass es Heiratsanträge per Mail gebe, oder
(ältere) Leute Fotos von ihrem Garten posten könnten. Diese Vorteile
weiß er als ehemaliger US-Austauschschüler zu schätzen. Allerdings
sieht er auch die reale Gefahr der sozialen Polarisierung: Norbert glaubt,
dass die Spaltung durch soziale Netzwerke vorangetrieben und beför-
dert wird, nicht zuletzt, weil „die Hemmschwelle dort sinkt“ und es eine
allgemeine „Tendenz zum Expertentum“ gebe, also jeder „alles weiß
und es in die Welt raushauen muss“: Norbert nennt das Meinungsbil-
dung „Innerhalb von Sekunden“, die nichts mit aktivem Informieren zu
tun habe. Seine Schlussfolgerung: Dass digitale Medieninhalte ständig
verfügbar sind, ist aus seiner Sicht nur so lange gut, wie „man demo-
kratiefähig ist“.
Wenn die digitale Meinungsbildung bei ihm Stress erzeuge, äußere sich
das in „hohem Blutdruck“. Für einen solchen Fall, der auch schon häu-
figer vorkam, „drehe ich durch dann würde ich am liebsten sofort mein
Handy in die Mosel werfen“. Getan hat er das allerdings bisher noch
nie, sondern stattdessen seinen Ärger, den bei ihm Ungerechtigkeiten
aller Art auslösen könnten, heruntergeschluckt. Wie schützt er sich da-
vor? Norbert hat sich eine Menge Gegenreaktionen zusammengestellt:
Normalerweise atmet er erstmal durch und überlegt, bevor er auf irgen-
detwas reagiert. Er hat auch schon drastische Schritte gewählt, indem
er Freundschaften einfach „abgestellt“ hatund damit meint er auch
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reale Beziehungen zu Freunden. Auch helfe ihm die Selbsterkenntnis,
dass er mitunter wehr- und hilflos ist: „Ich weiß, dass ich nichts dage-
gen ausrichten kann.“
Vor einigen Jahren machte Norbert, der damals in der Flüchtlingshilfe
engagiert war, vor allem negative Erfahrungen mit dem sozialen Netz-
werk Facebook, „da ging es los“, sagt er heute: 2016 war er selbst viel
auf Facebook unterwegs, hat sich weitgehend aus den damaligen De-
batten rausgehalten, aber „zu viel rechtes Zeug gelesen“. Durch seine
Auslandskontakte als ehemaliger Austauschschüler in den USA und
Kanada stieß er seinerzeit auf viele Menschendarunter auch ehema-
lige Mitstudierende, die Donald Trump verehrten und im Zusammen-
hang mit der Flüchtlingskrise von „Umvolkung“ und dergleichen spra-
chen. Er erkannte seine amerikanischen Freunde nicht wieder. „Das ist
schlimm, du musst was tun“, dachte sich Norbert und zog die Reißleine:
Seinen Facebook Account ließ er fortan verwaisen, nutzt ihn nur noch
sporadisch.
Nicht verwunderlich ist deshalb, dass Norbert seine gesamten Aktivitä-
ten in sozialen Netzwerken ab diesem Zeitpunkt nahezu komplett ein-
gestellt hat: Lediglich bei Facebook ist er ganz selten unterwegs, und
das Treiben dort verfolgt er meist mit „Abscheu“ und „Entsetzen“. An-
dere NetzwerkeTwitter, LinkedIn, TikTok oder Instagram „interes-
sieren ihn alle nicht“. Lediglich bei YouTube schaut sich der passio-
nierte Modellflieger hin und wieder Fachinformationen und Anleitungen
an. Zu seinen sonst genutzten digitalen Anwendungen gehören noch
eine App für Teile-Verwaltung von Modellflugzeugen und Ebay-Klein-
anzeigen zum Kauf von Ersatzteilen. Bei den Messenger-Diensten ist
es WhatsApp und ganz selten Facebook-Messenger, mit deren Hilfe
er sich unter Kollegen und Freunden austauscht und dieser Art der
Kommunikation eher neutral gegenübersteht, wobei ihn die Weiterlei-
tungen von Nachrichten teilweise „nerven“.
Norbert ist einer, den seine emotionalen Erfahrungen mit sozialen Me-
dien einigeauch schmerzhafteErkenntnisse beschert haben. Trotz-
dem hat der Unternehmer bis dato keine festgelegte Medienzeit oder
Nutzungsdauer, vielmehr ist schon aus beruflichen Gründen „das
Handy ständig und andauernd dabei“. Lediglich bei Sport-Aktivitäten,
beim privaten Essen und Treffen mit Freunden lässt er es der Höflich-
keit halberin seiner Jackentasche stecken. Gelehrt hat den 56-jähri-
gen Wahl-Trierer auch, dass er im Internet „nicht wahllos browsen“,
sondern eine gezielte und „sehr genaue Auswahl“ an Inhalten und Quel-
len treffen müsse.
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STECKBRIEF 7:
Helmut, 58 Jahre alt, Bankangestellter aus Hessen (Teilzeit 80%)
Emotionale Belastung
durch digitale Medien:
mittel
Haltung gegenüber
digitalen Medien:
skeptisch
Bewältigungsstrategie:
souveräne Medienzeit
Digitale Medienaffinität:
Fokus auf öffentlich-rechtliche
Medien und WhatsApp
Helmut sind digitale Auszeiten und aktiv gestaltete Medienzeit sehr
wichtig: Das zeigt sich nicht nur im selbstbestimmten Umgang mit dem
Smartphone („ich mache das Handy aus, wenn ich es will“), sondern
auch in seiner (selbst-)bewussten Reflexion von Medieninhalten und In-
formationsquellen.
Helmut sieht es inzwischen nicht mehr ein, dass er immer für alle digital
erreichbar ist: Dem 58-jährigen Bankangestellten aus Hessen ist es
wichtig, dass Freunde und Kollegen wissen, dass er seine digitalen Zu-
gänge regelmäßig „bewusst ausschaltet“. So gibt es auch im Hause
des Familienvaters einen strikten Handy-Verzicht beim Abendbrottisch;
auch sagt Helmut, „wenn ich draußen unterwegs bin, lege ich das
Handy weg“. Das hat auch damit zu tun, dass er als Banker den „gan-
zen Tag mit Emails beschäftigt ist“, was ihn zuweilen stresst. Zu Hause
möchte er am liebsten nicht mehr erreicht werden, schon gar nicht von
Kollegen und der Firma, sondern seine Ruhe haben. Nichtsdestotrotz
erkennt Helmut an, dass Handy und Tablet auch in seinem Umfeld zum
„täglichen Begleiter“ werden.
Privat nutzt er diese digitalen Endgeräte vor allem, um sich etwa bei
kicker.de oder fußball.de über aktuelle Sportergebnisse zu informieren.
Auch sonst sucht Helmut gezielt digitale Medienangebote aus den öf-
fentlich-rechtlichen Mediathekenetwa bei ARD, ZDF oder Arteher-
aus und legt seine Inhalte /Quellen zuvor fest. Ebenso wichtig ist ihm
zu betonen, dass er „auf bestimmte Dienste nicht mehr zugreift“, auch
weil er mit ihnen schlechte Erfahrung gemacht hat. Dazu zählt der
Messenger-Dienst Telegram, der zuletzt unter anderem wegen dubio-
ser Falschmeldungen in Verruf geraten ist.
Helmut ist einer der wenigen (auch in seinem Alter), die kein soziales
Netzwerk nutzen: Facebook, Instagram und andere Netzwerke sind für
ihn tabu, daran hat er kein Interesse gleichwohl er ihnen zugesteht,
dass sie den sozialen Austausch fördern können und Freunden und Be-
kannten helfen, Kontakt miteinander zu halten, auf dem Laufenden zu
bleiben, schöne Momente (z.B. von Reisen) zu teilen. Die Vorteile eines
kontinuierlichen Austauschs werden jedoch getrübt, wenn er den Ein-
druck hat, dass Leute ihr „Handy nicht mehr aus der Hand legen“: So
beschreibt er einen privaten Abend mit Banker-Kollegen aus Japan, die
beim Abendendessen in persönlichen Gesprächen nicht das Handy
weglegten. Helmut und seine Ehefrau empfanden diese Situation als
respektlos und unhöflich.
Dass Menschen immer wieder und jederzeit reflexartig zum Handy grei-
fen, bringt aus seiner Sicht erhebliche Nachteile in der Kommunikation
mit sich, allerdings nutzt Helmut selbst regelmäßig die Messenger-
Dienste WhatsApp und Signal, vor allem um die Chat- und Gruppen-
Chat-Funktion mit seiner Wander- und Tanzgruppe zu nutzen und sich
auszutauschen. Dagegen ist der Mail-Kontakt im Beruf für ihn (teil-
weise) mit Stress verbunden, weil er oft von deren Anzahl überwältigt
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
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ist mitunter kommt er mit deren Beantwortung nicht hinterher, und
arbeitet dann nur die Mails von oben nach unten ab, die er schaffen
kann. Das Gefühl im Job etwas Wichtiges zu verpassen, hat er deshalb
nicht, zumal er sich klar macht, dass „Mehrarbeit immer da ist“ und er
in Teilzeit-Rolle mit 80 Prozent „das Boot nicht allein retten kann“,
heißt: Helmut zieht klare Grenzen, wann er Feierabend hat.
Weil Helmut keine sozialen Netzwerke nutzt, rufen dieseaußer seiner
oben genannten Haltungkeine sonderlichen emotionalen Reaktionen
hervor. Außer dass er beim gelegentlichen Anschauen von
YouTube-Videos „Freude“ empfindet, wenn er Informationen zu priva-
ten Hobbies recherchiert. Auch WhatsApp und der Messenger-Dienst
Threema rufen bei ihm positive Reaktionen hervor, weil er diese im ent-
spannten Rahmen nutzt. Bei Signal sieht er eine Einschränkung: weil
nicht immer die Technik reibungslos läuft, beurteilt er die Nutzung des
Messenger-Diensteseingeschränkt positiv“. Alle anderen AppsMu-
sik, Kalender, Cloud-Dienste und sonstige private Mail-Clients sind
mit angenehmen Gefühlen verbunden, weil er diese selbstbestimmt und
auch im privaten Rahmen nutzt.
Bei der Glaubwürdigkeit von Informationen ist Helmut sehr vorsichtig
geworden, ganz besonders mit Bezug zur Corona-Pandemie: Er fand
es bisher „nicht einfach, die jeweils aktuellen Bestimmungen herauszu-
finden“. Während er Mails und WhatsApp- und Telegram-Nachrichten
von Kollegen und Freunden durchweg kritisch gegenübersteht und in
diesen im Hinblick auf den Informations- und Wahrheitsgehalt gele-
gentlich Widersprüche erkennt, vertraut er den öffentlich-rechtlichen
Medien voll und ganz konkret nennt er die Angebote von hessen-
schau.de, tagesschau.de und heute.de (sowie spiegel.de). Skeptisch
äußert er sich demgegenüber zu bild.de (das würde er „nie nutzen“).
Eine wichtige Bemerkung macht Helmut noch zur Frage, inwieweit so-
ziale Netzwerke eine Spaltung der Gesellschaft befördern. Er sagt, „was
wäre gewesen, wenn es die während Corona nicht gegeben hätte“. Ju-
gendlichen hätten „die sozialen Medien sehr geholfen, in Kontakt zu
bleiben“nur über sie sei der Austausch möglich gewesen. Persönliche
Erfahrungen habe er damit jedoch nicht gemacht.
Wir wollen von Helmut wissen, ob er weiß, woher die Informationen
stammen, die ihm präsentiert werden: „Manches klicke ich erst gar
nicht an“, meint er und führt gefälschte Statistiken als Beispiel an. Er ist
dann skeptisch, wenn die Informationen keine Angaben enthalten,
wann, wo und wie sie entstanden sindallerdings gibt er auch zu, dass
die Glaubwürdigkeit von Informationen schwer zu überprüfen ist. Inso-
fern ist Helmuts Haltung kohärent, wenn er auch hier vor allem den öf-
fentlich-rechtlichen Medien vertraut. Um gesicherte Informationen im
Internet zu finden, sucht er schonmal per Google, sagte aber, dass man
mitunter sehr lange braucht, bis man das Gesuchte gefunden hat. Da-
ran, dass er Falschinformationen einmal auf den Leim gegangen ist,
kann er sich nicht erinnern. Gefallen findet Helmut an Podcasts („finde
ich gut“), zugleich wünscht er sich auch, dass es mehr unabhängige
journalistische Plattformen gibt, auf denen man nach Inhalten gezielt
suchen kann.
Auf die Frage, welche Bedeutung Journalismus für ihn hat, antwortet
Helmut, dass die professionelle Berichterstattung eine „hohe Bedeu-
tung“ für ihn und er vor dem Journalistenberuf „hohen Respekt“ habe
von diesem aufgeklärten Selbstverständnis zeugt, wenn er anmerkt,
dass die Pressefreiheit z.B. in Polen und Rumänien im Vergleich zu
Deutschland durchaus eingeschränkt ist. Dort, so glaubt er, „geht es
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27
abwärts“, weil in solchen Ländern freie Medien durch Staatspropa-
ganda ersetzt würden.
Sorge oder Wut verbindet Helmut nicht mit dem aktuellen Krisenge-
schehen: Er vertraut dabei sehr auf seinen Hausarzt, der ihn eingehend
berät, und er versucht dabei, eine positive Grundhaltung zu bewahren,
auch wenn es momentan so gibt er zu ganz schön viel ist. So ist
auch nachvollziehbar, dass Helmut derzeit „eher weniger“ Nachrichten
konsumiert, da er glaubt, „genug mitzubekommen“.
STECKBRIEF 8:
Melanie, 65 Jahre alt, Medizinische Fachangestellte (in Rente)
aus Niedersachsen
hoch
Skepsis gegenüber der
Glaubwürdigkeit des Internets
Medienvermeidung
punktuell, vor allem zur
wechselseitigen Kommunikation
Melanie ist Ehefrau, Mutter und Großmutter und ist in ihrer digitalen
Mediennutzung auch durch diese Rollen geprägt: Digitale Endgeräte
zur Mediennutzung sind in ihrem Alltag zwar vorhanden, sie fügen sich
allerdings in ein festes Set an Routinen und Gewohnheiten des familiä-
ren Zusammenlebens ein, die nicht primär durch eine digitale Medi-
ensozialisation gekennzeichnet sind: „Wir gehören zu einer nicht mehr
ganz jungen Generation.“ Sie lebt gemeinsam mit ihrem Ehemann in
Cuxhaven an der niedersächsischen Nordseeküste, fährt gerne in den
Kreuzfahrturlaub, geht regelmäßig saunen und spazieren. Das Internet
besucht sie dagegen bewusst nur alle zwei Tage, schon um mit ihrem
Laptop per Online-Banking ihren Kontostand im Auge zu behalten. Per
WhatsApp tauscht sie sich mit Freunden aus, aber viel seltener und un-
regelmäßiglieber greife sie zum Telefon und spreche direkt mit ihren
sozialen Kontakten. Regelmäßiger kommt der eBook Reader zum Ein-
satz, der als einziges Gerät auch mit den in den Urlaub darf, abgesehen
vom Smartphone wegen der Erreichbarkeit für die Kinder und zum Fo-
tografieren. Informationen über das aktuelle Tagesgeschehen erhält sie
in der Regel aus dem Radio („das läuft den ganzen Tag“) und abends
über den TV-Nachrichtenkanal ntv.
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
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Das Smartphone ist für Melanie kein Dreh- und Angelpunkt, gleichwohl
ein Alleskönner, dessen digitale Leistungsfähigkeit sie aber nicht aus-
reizt. Sie ärgert sich vielmehr über die Gewohnheiten anderer, die das
Handy selbst in der Sauna nicht aus der Hand legen könnten. Digitales
fügt sich ein in den Alltag von Melanie und ihrem Mann, es spielt aber
keine hervorgehobene Rolle. Tochter und Schwiegersohn sowie Sohn
und Schwiegertochter nehmen Rücksicht und weisen selbst ihre Mutter
manchmal darauf hin, dass sie doch das Handy weglegen solledabei
wolle sie ihnen doch nur ein Urlaubsfoto zeigen. Die gegenseitige Rück-
sichtnahme empfindet Melanie nicht als Bürde, sondern als Glück:
„Früher gab es so etwas ja auch nicht.“ Entsprechend sind selbst bei
vollem Haus mit den Familien ihrer Kinder digitale Medien kaum prä-
sent. Melanie selbst nutzt nur selten YouTube, um „schnell mal reinzu-
gucken“ und Backrezepte zu finden.
WhatsApp empfindet sie als nützlich für Verabredungen mit Freundin-
nen oder ihren Kindern und begegnet der App mit Ausgeglichenheit.
Videotelefonie per FaceTime mache sie glücklich, „dass es so etwas
gibt“, weil sie darüber mit ihren Enkelkindern in gefühlt nahem Kontakt
bleiben kann. E-Mail erfüllten ihre Zwecke, die Musik-App auf dem
Smartphone entspannt und unterhält sie, die Kamerafunktion beschert
ihr glückliche Momente, weil sie die aufgenommenen Bilder stets bei
sich tragen kann; nur der Kalender auf dem Handy stresst sie bisweilen,
so dass sie sich beim Friseur ihre Termine lieber aufschreiben lässt.
Soziale Netzwerke nutzt Melanie keine, auch deshalb, weil sie es als
„schrecklich“ empfindet, „dass sich Leute so anfeinden“, die auf sozi-
alen Netzwerkplattformen im Internet miteinander kommunizieren. Sie
habe kaum noch Hoffnung, dass das Problem der Verwahrlosung der
öffentlichen Kommunikationskultur in Sozialen Medien in den Griff zu
bekommen sei: „Man bekommt das nicht mehr auf die Reihe.“ Was ein-
mal im Netz sei, könne nicht mehr zurückgenommen werden. „Wenn
wir nur eine Zeitung hätten wie früher, dann wären nicht alle so verrückt
drauf. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Heute ist es nur noch
ein ständiges Hin und Hereinfach nur schrecklich.“
Informationen aus dem Internet hält Melanie generell nicht für glaub-
würdig. Sie habe eine sehr kritische Haltung gegenüber der Herkunft
von Informationen im Netz. Google sei zu präsent: „Jeder kann seine
Meinung reinschreiben. Solche Informationen verschwinden nicht, son-
dern kommen immer wieder.“ In der Regel könne sie selbst nicht über-
prüfen, woher die Informationen stammen. Sie vertraue bei gesund-
heitsrelevanten Themen auf ihre medizinische Vorbildung. Sollte die
Skepsis zu stark sein, wende sie sich ab. Nur wenige Informationsquel-
len genießen ihr Vertrauen, wie die Nachrichtenredaktion des Fernseh-
senders ntv, weil dort richtig recherchiert werde. Im Zweifel frage sie
aber lieber auch per WhatsApp in ihrem Freundeskreis nach Mei-
nungen wichtig sei, dass sie nicht nur eine Person frage, sondern
mehrere, auch die eigenen Kinder. Bezüglich der Corona-Pandemie
habe sie sich vor allem bei ehemaligen Kolleg:innen kundig gemacht.
Generell bringe sie die Berichterstattung über die Krisen der Gegenwart
manche Nacht um ihren Schlaf: Sie liege dann lange im Bett und grü-
bele. Ihre Großeltern hätten zwei Kriege erlebt, diese Erinnerungen wür-
den nun wieder hervorgeholt. Melanie sorgt sich um ihre Kinder und
Enkelkinder, weil die allgegenwärtigen Bilder des Krieges sie belaste-
ten. Sie rate ihnen deshalb, sich bei schönem Wetter abzulenken. Sie
selber mache lange Spaziergänge, genieße die Sonne, treffe sich mit
Freundin, gehe mit ihrem Mann essen, um das positive Denken nicht zu
verlernen.
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Journalismus müsse, „wenn etwas passiert, vernünftig recherchieren,
in wahren Worten rüberbringen und zwar für Menschen, die man errei-
chen möchte“. Die aktuelle Krisenberichterstattung sei in weiten Teilen
„schrecklich“, weil „reißerisch“, wenn Bilder gezeigt werden, „bei denen
Schwangere auf Tragen weggebracht werden“. Ähnliche belastende
Bilder habe sie aus Intensivstationen in Bezug auf Corona wahrgenom-
men. Es sei schon alles schlimm genug, der Journalismus solle es nicht
noch schlimmer machen, indem das Unheil weidlich gezeigt werde:
„Journalismus im Internet soll mir verstehen helfen, was genau passiert
ist, einordnen und kommentieren, aber weniger Übertreibungen, bitte
auf dem Teppich bleiben. Man hört ja auch so zu.“ Ihre Familie biete ihr
die nötige Orientierung sie sei dahingehend „ganz ganz wichtig“
aber auch der Glaube habe seinen Wert: „Ein bisschen religiös ange-
haucht bin ich schon.“ In der aktuellen Krisensituation nutzt Melanie
weniger digitale Informationsangebote, die sie zu sehr seelisch belas-
teten: „Ich höre mir keine Nachrichten an und nix. Lasst mich in Ruhe
mit dem Kram. Ich gehe jetzt einige Stunden in die Sauna.“
STECKBRIEF 9:
Agnes, 74 Jahre alt, seit 2008 Rentnerin aus Niedersachsen
(ehemalige Physiotherapeutin in der Psychiatrie)
Emotionale Belastung
durch digitale Medien:
gering
Haltung gegenüber
digitalen Medien:
sehr kritisch
Bewältigungsstrategie:
ausgewogene Lebensweise
Digitale Medienaffinität:
Fokus auf Print-Medien (SZ, FAZ, Der
Spiegel) und WhatsApp
Als Rentnerin, die viele Jahrzehnte als Physiotherapeutin in einer Psy-
chiatrie arbeitete, ist Agnes in Bezug auf digitale Medien sehr bestimmt,
ihre Haltung würde man sogar als „abgeklärt“ bezeichnen: In der Psy-
chiatrie kam sie schon vor mehr als zehn Jahren in Kontakt mit den
psychischen Folgen digitaler Medien. Sie hatte dort vor allem mit
Borderline-Patienten zu tun, deren Handynutzung einen Verstärkeref-
fekt auf ihre psychischen Leiden hatte, vor allem Depression und Sucht-
verhalten.
Vor dem Hintergrund dieser langjährigen Erfahrungen bringt Agnes eine
große Skepsis gegenüber allen nicht-journalistischen Inhalten im Inter-
net mitindem sie diese kaum nutzt und sich zumindest die Nutzungs-
zeitenvor allem abends fest einteilt. Wenn das Internet selten ge-
nutzt wird, dann selbstbestimmt. Agnes konsumiert digitale Inhalte im
Netz, wenn Sie „Sachen nachguckt, die sie interessieren“. Dann sucht
sie über Google nach allem möglichen, was sie gezielt recherchieren
möchte, bemüht dazu auch mehrere und unterschiedliche Quellen, um
diese im Zweifel zu prüfen.
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Auch digitale Auszeiten und Situationen ohne Handy gibt es im Haus-
halt von Agnes, nämlich dort, wo es „gesellschaftlich unangenehm“
werden könnte, zum Beispiel „wenn Besuch da ist“ oder „während des
Essens“. Wenn Sie mit dem Hund nach draußen Gassi geht, bleibt das
Handy ebenfalls zu Hause.
Agnes stresst die digitale Medienzeit nicht. Aber sie sieht natürlich täg-
lich, inwiefern digitale Endgeräte und Medien im Alltag ihrer Familie eine
sehr große Rolle spielen und diesen auch beeinfluss und strukturieren.
Sie selbst kommuniziert mit ihren Kindern, Enkelkindern und ihrem
Mann über unterschiedliche Whats-App-Gruppen, und das auch sehr
regelmäßig (etwa dreimal pro Woche). Andere Messenger-Dienste nutzt
sie ebenso wenig wie soziale Netzwerke. Gleichwohl hat sie zu Face-
book, Instagram & Co. eine dezidierte Meinung: Einerseits hat sie gro-
ßes Vertrauen in ihre Söhne, Töchter und Enkelkinder, dass diese ver-
trauensvoll digitale Medien nutzen. Andererseits erkennt sie im wach-
senden Einfluss des Handys eine Herausforderung für die Medienpä-
dagogik.
Ihr Blick auf digitale Medien ist also überaus kritisch. Die ältere Dame,
die sich für belesen und sehr gebildet hält (und in unserem Gespräch
auch diesen selbstbewussten Eindruck vermittelt), hat nach eigener
Aussage zeitlebens nur positive Erfahrungen mit digitalen Medien ge-
macht: Ob WhatsApp, Google, Emails (fünf pro Tag)all das ist für sie
selbst erfreulicher und täglicher Zeitvertreib im Privaten, durch den sie
Kontakt zu anderen pflegt und etwa auch ihren Hobbies nachgehen
kann.
Ernst wird das Gespräch mit Agnes, als es um die These der gesell-
schaftlichen Polarisierung durch soziale Netzwerke geht: Sie glaubt,
dass das stimme und wählt deutliche Worte, wenn sie sagt, dass „nur
dumme Menschen auf etwas hereinfallen, das gerade Trend ist“. Im
Gegensatz zu früher, so sagt sie, würde heute einem „der größte
Schwachsinn vorgesetzt“. Sie spielt damit vor allem auf die ungefilter-
ten Informationen an, die sich über soziale Netzwerke verbreiten. Dass
diese trotzdem so populär sind, erklärt sich Agnes so: „Der Mensch ist
ein Herdentier und durch die sozialen Netzwerke fühlt er sich anderen
Menschen zugehörig.“ Deshalb akzeptiert sie auch die Verfügbarkeit
digitaler Medienes sei ihr „egal“, sagt sie, auch weil bei ihr digitale
Mediennutzung keinen Stress erzeugt, allenfalls: Langeweile. Sie meint,
sie brauche daher auch keine Methode, „um sich besser zu fühlen“.
Kontakt zu Desinformation hatte Agnes bisher keine, jedenfalls nicht,
dass sie wüsste. Sie hat davon nur aus zweiter Hand gehört und betont,
dass sie seit Jahren die „Süddeutsche Zeitung“ und die FAZ abonniert
hat und gelegentlich den „Spiegel“ liest, um auf dem Laufenden zu
bleiben. Deshalb ist sie sich hundertprozentig sicher, dass sie „beurtei-
len kann, was glaubwürdig ist“ im Netz und woher im Zweifel Informa-
tionen stammen: So ist die 74-jährige bei fragwürdigen Überschriften
überaus skeptisch und hat dazu eine Methode der Überprüfungs-
recherche entwickelt, indem sie so lange über unterschiedliche Stich-
worte im Internet weitersucht (via Google!), bis sie mehrere Quellen auf
Plausibilität vergleichen kann und sich einen Eindruck verschafft, ob
diese Informationen kohärent sind. Sie gleicht ihr individuelles Recher-
chewissen etwa mit dem ab, „was neulich in der FAZ stand“.
Es nimmt kaum Wunder, dass für Agnes die professionelle Berichter-
stattung eine „hohe Bedeutung“ in der Gesellschaft einnimmt: Sie hält
Journalist:innen für „kompetente und integere Menschen“, denen man
vertrauen kann: „Natürlich können auch die sich mal irren“, sagt sie,
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
31
„aber das ist was anderes, als die Leute bewusst hinters Licht zu füh-
ren“. Eine Schwachstelle journalistischer Angebote im Netz erkennt sie
nicht, vielmehr benennt sie deren Schnelligkeit und die Interaktivität als
Vorteile.
„Ich würde mir wünschen, dass es mehr Leute gibt, die denken können
und weniger Halbgebildete, wie sie sich häufig im Internet herumtrei-
ben.“ Darin drückt sich ihr größtes Unbehagen und zugleich Agnes
größter Wunsch aus, wenn es um die Verbesserung des Informations-
angebots im Netz geht.
Bei der Frage nach ihrer persönlichen Grundhaltung in der Corona-Pan-
demie betont Agnes, dass „es reicht“. Pandemien habe es zwar immer
schon gegeben, aber trotzdem ist sie dessen überdrüssig und appelliert
daran, den Optimismus nicht zu verlieren. Sie sei „immer schon Opti-
mistin gewesen“, sagte sie, „Gelassenheit ist gerade in dieser Phase
wichtig“. Die Lebenserfahrung einer 74-Jährigen drückt sich auch darin
aus, dass sie betont, es habe „schon immer Schlimmes und Gutes ge-
geben“. Auch der Ukraine-Krieg löst bei ihr keine veränderte Medien-
nutzung ausdie sei „gleichgeblieben“.
Der Krieg erinnere sie an die Erzählungen ihrer Eltern über die Schre-
cken des Dritten Reichs: „Es ist zum Heulen, dass es nicht einmal Frie-
den auf der Welt geben kann. Warum muss es immer solche Putins
geben, es ist zum Kotzen.“ Daher wünscht sie sich, dass der Konflikt
aufhört: „Ich bin alt, ich werd’s überleben, aber ich habe Kinder und
will, dass die auch in Frieden und Freiheit leben können.“
STECKBRIEF 10:
Friede, 75 Jahre alt, Rentnerin Schleswig-Holstein (ehemalige
Taxifahrerin und Büroangestellte)
eher gering
skeptisch bis misstrauisch
Verzicht
sehr gering
Friede hat ein bewegtes Berufsleben hinter sich: Nach zwei Lehren war
sie als Bürokraft angestellt, fuhr viele Jahre lang Taxi und hat Antiqui-
täten verkauft. Die rüstige Rentnerin aus Lübeck verzichtet fast kom-
plett auf digitale Medien und ist deshalb, was deren Nutzung angeht,
sehr resilient: WhatsApp nutzt sie nur gelegentlich, um mit Freunden
und Verwandtschaft Nachrichten auszutauschen, eBay selten, um Bü-
cher zu verkaufen, mitunter auch Wikipedia und Googlewobei sie den
„Millionen Einträgen“ der Suchmaschine nicht ganz über den Weg traut.
Für Friede hat die geringe Internet-Nutzung einen zentralen Grund: Sie
glaubt, dass soziale Netzwerke den Menschen „viel zu viel Lebenszeit“
nehmen und das meiste „überflüssig ist“. Außerdem hält sie Hasskom-
mentare und anderen „Unsinn“ für „eine gefährliche Sache“, vor allem
in den neuen Bundesländern will sie dadurch eine soziale Spaltung be-
obachtet haben; sie könne der Polarisierungsthese daher „nur zustim-
men“. Ihr Bruder in Kanada habe ähnliches beobachtet.
Ihr Misstrauen überträgt sie allerdings auch auf die klassischen Medien
und beurteilt vor allem die Informationssuche seit Corona als „zwei-
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
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schneidig“: Ob das alles so hundertprozentig stimme, was im Fernse-
hen berichtet werde, bezweifelt sie. Generell sei ihre Skepsis seit
Corona gestiegen, was die Herkunft von Informationen im Internet an-
geht. Sie sei „sehr vorsichtig“ geworden, ist allerdings unfähig, die In-
formationen zu überprüfen. Lediglich versuche sie Informationen, die
sie interessieren, im Internet zu googlen.
Dem Journalismus steht Friede skeptisch gegenüber, der Beruf hat für
sie „wenig“ Bedeutung. Sie und ihr Mann hätten die „Lübecker Nach-
richten“, eine regionale Tageszeitung, abonniert. Aber sie versuche,
sich eine unabhängigere Meinung zu bilden, ihr Mann habe einen
„ziemlich klugen Kopf“, mit ihm unterhalte sie sich und beide versuch-
ten, „irgendwas Vernünftiges aus dem ganzen Wust zu machen“. Selbst
bei der Zeitung zweifelt sie eine neutrale Berichterstattung an: Journa-
lismus sei aus ihrer Sicht sehr subjektiv gefärbt“, es kursierten „zu viele
Meinungen“, und es gebe „Tatsachen, die Lübeck betreffen, über die
falsch berichtet“ werdevieles „stimme einfach nicht“.
Sie unterstellt den Lokaljournalisten dabei „Versehen“ oder „mangelnde
Recherche“„wie auch immer“, sagt sie. Ihr Mann, der jahrelang in der
Stadtverwaltung gearbeitet habe, wisse schließlich, was hinter den Ku-
lissen ablaufe: „Das unterscheidet sich von dem, was man vorgesetzt
bekommt.“ Obwohl es Versuche gebe, im Internet authentisch zu be-
richten, können sie „nicht beurteilen, wie die [Journalisten] ihre Arbeit
machen, etwa die Fernsehberichte über das Kriegsgeschehen“.
Ihre Gefühle zu den aktuellen Krisen beschreibt Friede als „unbehag-
lich, weil der Verrückte aus Russland viele Waffen hat, um Menschen in
den Tod zu schicken“. Der Krieg in der Ukraine habe „Auswirkungen
auf die ganze Welt.“ Um ihren Optimismus generell nicht verlieren, hilft
ihr eine „stabile Psyche“. Allerdings räumt sie ein, dass sie „heute Nacht
wieder Alpträume“ gehabt hätte und sich die Nachrichten nicht zu häu-
fig anschauen könne: „Ich halte das nicht aus“, sagt Friede besorgt. Der
Grund: „Man fühlt sich so hilflos!“
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
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4. Tabellarische Übersicht nach Untersuchungskategorie
In dieser Übersicht werdenaufgeteilt in neun Kategoriendie soziodemografischen Angaben sowie die unterschiedlichen Ausprägungen digitaler
Mediennutzung dargestellt. Es handelt sich um die beispielhafte Untersuchungskategorien, die wir für besonders aussagekräftig in Bezug auf die
Indikation digitaler Überforderungs- und Erschöpfungssymptome sowie die Notwendigkeiten zur Erarbeitung digitaler Resilienzstrategien halten.
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Paul
22
Jura-Student
(7. Semester)
Mecklen-
burg-Vor-
pommern
(Rostock)
Sehr hohe Belastung
durch digitale Medien
mit suizidalen Tenden-
zen (Eingeständnis:
„Mir geht es schlechter
als vorher“); war vor al-
lem durch Instagram-
Nutzung mit sich unzu-
frieden und überfor-
dert, „wegen der Fülle
an unterschiedlichen
Dingen“; soziale Ver-
stimmung; Austausch
über E-Mail ist dage-
gen nicht mit negativen
Emotionen verknüpft
(„Austausch tut mir
gut“); allerdings FOMO
Angst
Sehr hoch, zeigt
deutliche Abhängig-
keits- und Sucht-
symptome (Selbster-
kenntnis „Ich hänge
den ganzen Tag am
Handy, warum habe
ich das gemacht?“),
Reflektion: „Manche
haben sich total im
Griff, manche verlie-
ren sich“, „man kann
sich in schlechte Ge-
fühle reinsteigern“
Starke Selbstkontrolle
und radikale Ein-
schränkung des Medi-
enkonsums: Nutzt In-
ternet-Inhalte nur zu
Hause. D.h. wenn er
kein WLAN hat, nutzt
er keine Datenübertra-
gung, auch nicht an
der Uni; gezielte Nut-
zung und Suche nach
Informationen. „Social
Media Abstinenz“: ta-
gelang nicht präsent
sein bis hin zur Vermei-
dung von digitalen Me-
dien wegen Überforde-
rung
Skepsis, wem man
Glauben schenken
kann: „Fan der öffent-
lich-rechtlichen Media-
theken“, sonst: DLF,
Tagesschau, RKI, FAZ,
„Ostsee Zeitung“,
„Spiegel“, „Focus“ etc.
Wünscht sich res-
pektvollere Diskurse
auch im Hinblick
auf Corona. Einsam-
keit, fehlende Nähe
machen ihm zu
schaffen, wenig in
der Natur und Sport
Problematik, das im
Netz jeder was schrei-
ben kann, deshalb Jour-
nalismus für ihn wichtig.
Reagiert aber aufgrund
negativer News mit
Nachrichtenvermeidung
bis hin zum News Burn-
out.
Alter
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
34
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Johnny
22
IT-Consultant
(angestellt)
Nieder-
sachsen
Erkennt bei sich nega-
tive Erfahrungen eher
weniger, benennt aber
den „Overflow“ als
Problem der Medien-
nutzung (v.a. Reddit
und YouTube), hat oft
die „Zeit vergessen“
beim Endlos-Scrollen
(Doom-Scrolling), hält
ständige Verfügbarkeit
füreher schädigend“
und „Instant Gratifika-
tion regt Faulheit an
man kann sich nichts
mehr merken“, Nut-
zung „macht abhän-
gig“; hält Google und
Facebook für Kon-
zerne, die Daten sam-
meln für Experimente,
„um Leute zu manipu-
lieren“, indem sie de-
ren Neigungen verstär-
ken (auch Machtmiss-
brauch)
Versucht zu Hause,
im Urlaub und auch
sonst im privaten Be-
reich digitale Medien
komplett zu meiden,
da er beruflich non-
stop in Kontakt mit
Emails und Tele-Sys-
temen kommt; seine
präferiert genutzten
MedienReddit und
YouTubesorgen
bei ihm gelegentlich
für „depressive Ver-
stimmungen“ („Was
läuft alles schief in
der Welt?“); „Depres-
sionen, die vom End-
los-Scrolling kom-
men, werden alltägli-
cher“, hält Methoden
von Facebook,
Google & Co für
„peinlich suchterre-
gend“ (interessiert
sich für Psychologie)
Besitzt seit zwei Jahren
kein Smartphone mehr
(wegen Datenschutz
und Datensicherheit),
hat es „nicht ge-
braucht“, benutzt vor-
rangig Laptop und
schaltet präventiv ab:
„Computer abschal-
ten“; alle Geräte aus-
schalten für einen Tag
oder ganzes Wochen-
ende
Mit Nachrichten be-
fasst er sich „nicht so
sehr“, erkennt vertrau-
enswürdige Quellen an
den „Autoren“ oder
aus „Erfahrung“; achtet
auch auf URLs und
Verlinkung auf/ durch
seriöse Websites
Es geht ihm nicht
gut, hat aber keine
Angst und macht
sich keine Sorgen
um sich selbst; Inte-
resse an wissen-
schaftlichen Themen
gestiegen: „Wie funk-
tionieren Dinge tech-
nisch?“; skeptisch,
ob man Dinge für
„bare Münzen neh-
men sollte“
J. hält er für „an sich
wichtig“, findet proble-
matisch, dass aus „Pro-
fitmotiven gehandelt
wird“, wünscht sich,
dass nicht nur Negatives
berichtet wird; findet
gut, dass objektiv be-
richtet wird, „was auf der
Welt passiert“; große
Skepsis gegenüber Bou-
levardmedien
Alter
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
35
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Ruben
23
Schüler Fach-
oberschule/
Wirtschafts-
schule
Bayern
Gestresst durch stän-
dige Erreichbarkeit und
Erwartungsdruck der
Anderen
Intensiv über das
Smartphone soziali-
siert und Integration
in den Alltag (u.a. da-
heim kein Fernseher),
reflektiert Bildschirm-
zeit (erfasst über das
Smartphone), breite
Social Media-Nut-
zung
Auszeit vom Smart-
phone („Flugmodus“)
Freiheit des Journalis-
mus sehr wichtig, ho-
hes Vertrauen in deut-
sche (Lokal-)Zeitungen
Starke psychische
Belastung (Depres-
sion), starke Orientie-
rung an großem Bru-
der
Journalistische Inhalte
sollten immer als erste
Treffer von Suchmaschi-
nen angezeigt werden
Pia
24
Studentin (So-
ziale Arbeit)
Thüringen
Emotionale Überforde-
rung, aufgerieben
Hoch, starke Präsenz
digitaler Medienan-
gebote (v.a. Social
Media) im Alltag
Bewusstes Meiden be-
stimmter Social-Media-
Angebote, Fokus auf
die eigene Nutzungs-
statistik
Aufgeschlossen, aber
auch kritisch, Falschin-
formationen machen
sie wütend
Wünscht sich eine
baldige Überwin-
dung, nimmt die
Pandemie ernst, mei-
det Nachrichten zum
Thema
Persönlichere und au-
thentischere Ansprache
Noem
25
Wissenschaftli-
cher Mitarbeiter
(Maschinenbau)
Sachsen
Entspannt, aber frus-
triert, wenn Mediennut-
zung ihm Zeit stiehlt
Hoch, beruflicher Fo-
kus auf Sicherheits-
aspekte in der digita-
len Informationstech-
nologie („Ich liebe
Spam“), privat pas-
sive Mediennutzung
Schlafen gehen, eige-
nes Handeln hinterfra-
gen: „Was ist schiefge-
gangen?“
Konstant kritisch: „Es
gibt nicht die vertrau-
enswürdige Quelle,
sondern nur Leute, die
sich mehr Mühe geben
als andere.“
Lässt ihn „alles rela-
tiv kalt“, kein wissen-
schaftlicher Konsens,
häufiger Austausch
mit anderen Men-
schen, versucht ihre
Perspektive zu ver-
stehen, tendiert mal
in die eine, mal in die
andere Richtung
Mehr Quellentranspa-
renz, an Wissenschat
orientieren
Alter
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36
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Ken
26
Zahnarzt
Nordrhein-
Westfalen
Suchtgefahr, psychi-
sche Unausgeglichen-
heit, kann nicht klar
denken, tendenziell im-
mer stärkere Nutzung,
depressive Verstim-
mung
Digitale Mediennut-
zung wenig reflek-
tiert, privat haupt-
sächlich Streaming
zur Unterhaltung, be-
ruflich Fachinformati-
onen
Schwierig, aus dem
Zustand herauszukom-
men, Laufen und da-
nach Meditation, Stär-
kung der Selbstdiszip-
lin, Verzicht üben
Online-Informationen
bezieht hauptsächlich
über das Content-
Netzwerk „funk“ von
ARD und ZDF
Gleichgültig gegen-
über Pandemie („ab-
solut egal“), Interesse
an Achtsamkeits-
übungen und Sport,
beschreibt sich als
„selbstverliebt“ und
„anpassungsfähigen
Menschen“
Beschäftigt sich „sehr
sehr wenig mit Nachrich-
ten“, kein Interesse für
Politik, keine Erwartung
gegenüber Journalismus
Marcel
28
Jurist im öffent-
lichen Dienst
Nordrhein-
Westfalen
Kaum, aber geballte
Krisenberichterstattung
belastet emotional
Hoch, v.a. beruflich,
privat viel Instagram,
YouTube, Spotify,
auch Smartwatch
Bewusste Reduzierung
der Smartphone Nut-
zung
Journalistische Medien
für die eigene Informa-
tionsnutzung essenzi-
ell, im Digitalen zu viel
Reißerisches
Angst um ältere Fa-
milienmitglieder we-
gen Vorerkrankun-
gen, bestürzt über
radikale Corona-
Leugner
Weniger Populismus,
Qualitätssicherung
Kerstin
31
Finanzbeamtin
Hessen
Sozialer Druck, etwas
posten zu müssen,
Nervenbelastung
(„werde fahrig“),
möchte das Handy
weglegen, kann es
aber nicht, Belastung
durch Kriegsberichter-
stattung
Nutzt eine Reihe von
klassischen digitalen
Nachrichtenmedien
inkl. Push und Live-
Ticker, auch Print-
Lokalzeitung (nicht e-
Paper)
Das Handy möglichst
weit weg (in den Keller)
bringen, sich selbst
überlisten, starke Re-
duzierung des Nach-
richtenkonsums
Wichtige Vertrauens-
instanz, schätzt die
Vielfalt und Auswahl-
möglichkeit an Infor-
mationsquellen
Hält sich bez. Ge-
sundheitsthemen an
staatliche Informati-
onsangebote
Empfehlungsalgorithmen
sollten verbessert wer-
den
Alter
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37
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Thomas
32
Ingenieur (an-
gestellt), früher
Wissenschaftler
Bayern
Fühlt sich emotional
stabil und wenig ge-
stresst; Verständnis
dafür, dass Handy-
Nutzung in manchen
Bereichen untersagt
wird, hat selbst aber
„keine Probleme da-
mit“; Ausnahme: In der
Pandemie fand er den
permanenten Info-
Fluss alssehr belas-
tend“ (Informationsver-
meidung)
Hoch, er findet Ver-
fügbarkeit sinnvoll
und gut; hat beruflich
viel mit Mails und Vi-
deokonferenzen zu
tun, ist aber privat
fast nur bei Insta-
gram, ganz selten bei
Facebook unter-
wegs; findet vor al-
lem WhatsApp- und
Telegram-Gruppen
zuweilen „anstren-
gend“
Findet Beschränkun-
gen wenig sinnvoll,
sucht selbst gezielt
nach Angeboten und
Inhalten (Tagesschau-
App, Netflix, Amazon
Prime, YouTube, jour-
nalistische Websites);
mit Freunden bleibt
das Handy aus, bei
Messenger-Diensten
sind Nachrichten/ Re-
aktionen stumm ge-
schaltet
Überaus kritischer Ge-
samteindruck von In-
formationen, glaubt,
dass viele Quellen in
Netz „mit Vorsicht zu
genießen sind“, ver-
traut aber journalisti-
schen Angeboten und
Medienmarken; ist
auch bereit, Infos
nachzuprüfen entwe-
der via Google oder Ei-
genrecherchen; sieht
auch das grundsätzli-
che Problem, dass
über soziale Netz-
werke, Menschen „ge-
zielt beeinflusst werden
können“ (Polarisierung)
Hat sehr wenige ne-
gative Gefühle, sieht
aber Einschränkun-
gen des öffentlichen
Lebens (Lieferketten
etc.), er sieht auch
Vorteile:Zwangs-Di-
gitalisierunghat
Deutschland voran-
gebracht; konsumiert
seit Corona eher
mehr Nachrichten
„Extrem hoher Stellen-
wert“ von Journalismus:
Vielfalt der Berichterstat-
tung, freie Meinungsäu-
ßerung, solide Quellen
und Recherchen sind
wichtig für Demokratie
Alter
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
38
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Bernhard
33
Luftfahrt (ange-
stellt, Manage-
ment)
Rheinland-
Pfalz
Keine Stresssymptome
und in letzter Zeit we-
nige schlechte Erfah-
rungen gemacht, weil
frühe Erkenntnis, dass
Social Media Nutzung
„zu flach“ ist und v.a.
bei Facebook zu (95%
nur Mist angezeigt
wird“, deshalb vor fünf
Jahren abgemeldet
Handy immer griffbe-
reit, durchgehender
digitaler Konsum be-
ruflich und privat;
echter Mehrwert wird
in unterschiedlichen
YouTube-Kanälen
(u.a. Funk) gesehen,
v.a. auf längeren Au-
tofahrten; TikTok fin-
det B. „nach und
nach interessanter“
Keine feste Einteilung
von Medienzeit, aber
gezielte Auswahl von
Quellen und Inhalten
(Stern, Zeit.de, Bild.de,
MSN, historische
Stoffe bei YouTube);
Handy-Verzicht, wenn
er mit seiner kleinen
Tochter zusammen ist
Sehr „vorsichtig“, be-
sonders nach Corona
gezielte Suche im Netz
nach Informationen;
Nachteil: „man findet
viel, was man nicht fin-
den möchte“, ist gewillt
und geübt Double-
Checks zu machen
(Plausibilitäts-Checks);
vertraut staatlichen
Stellen und öffentlich-
rechtlichem Rundfunk
Ist grundsätzlich po-
sitiv eingestellt: „Mir
und meiner Familie
geht es sehr gut“,
eher gesteigertes
Nachrichteninteresse
seit Ukraine-Krieg
(„Wut auf Putin“); ist
überzeigt, dass das
Internet „voll von Fal-
schinformationen ist“
Hat sehr hohe Bedeu-
tung, „weil es nur noch
ehr wenig guten Journa-
lismus gibt“ (Stichwort
Pressefreiheit); ihn stört,
wenn Leute von den Me-
dien „an den Pranger
gestellt werden“, es
muss die Unschuldsver-
mutung gelten, unge-
rechtfertigte Anschuldi-
gungen seitens Journa-
listen seien ein „absolu-
tes No-Go“, kann für
Menschen brandmar-
kend und existenzver-
nichtend sein; wünscht
sich bessere Suchfunkti-
onen, die gezielteres Su-
chen erleichtern; findet
gut, dass man sich Infor-
mationen selbst aussu-
chen kann (anders noch
als im analogen Zeitalter)
Tim
36
Wissenschaftli-
cher Mitarbeiter
Hessen
Sehr hoch, vor allem
induziert durch Push-
Nachrichten von Mess-
enger-Dienste im Pri-
vatbereich
Sehr hoch durch re-
gelmäßige Nutzung
journalistischer An-
gebote und digitaler
Medien im berufli-
chen Alltag
Reflektion des eigenen
Medienhandelns, Kom-
munikation mit Kom-
munikationspartnern
sowie Planung (und
Einhaltung) bewusster
Pausen und Auszeiten
im privaten Medienge-
brauch
Kritisch-konstruktive
Haltung gegenüber In-
formationen im Inter-
net. Souveräner Um-
gang mit Info-Suche
und Gegen-Recherche
bzw. Quellen-Prüfung
Info-Suche und Ein-
ordnungen unter
Corona-Bedingungen
generell schwieriger
geworden, erkennt
bei sich nicht unbe-
dingt Gesundheitsri-
siko, vertraut auf gu-
ten Ausgang
Ausgangspunkt, um
sich selbst ein Bild zu
machen“; Funktionen:
Diskurse anregen, Er-
kenntnisse über Themen
liefern, Macht in Gesell-
schaft und Politik kon-
trollieren; Verbesserung:
weniger Clickbaiting,
größeres Interesse für
„verebbte“ Nachrichten
Alter
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Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Silke
37
Mitarbeiterin im
Procurement
(Bedarfspla-
nung, ange-
stellt)
Bayern
Wechselnd, vor allem
im Privaten von Neu-
gier und Spaß/ Freude
motivierte Nutzungs-
muster, kennt zugleich
aber auch Phasen
emotionaler Belastung
„Permanente“ digi-
tale Mediennutzung
sowohl privat und
beruflich, wenig ge-
zielte Suche nach
Quellen
Erlegt sich selbst eine
„Nutzungssperre“ auf,
wenn es zu viel wird
und sorgt bei sich für
einen „kalten Entzug“
Kritisch: Sieht das Für
und Wider der digitalen
Medienwelt; hält Face-
book & Co. für nicht
glaubwürdige Quellen,
konzentriert sich statt-
dessen auf Websites
namhafter journalisti-
scher Medienmarken;
in Bezug auf Informati-
onen prüft sie im Zwei-
fel (über Google Re-
cherche) selbst die
Quellen nach und de-
ren Herkunft, versucht
Indizien zu finden, ob
Informationen stimmen
Für S. „ein großes
Thema, das jeder in
sich trägt“: Sorgt
sich um eigene Ge-
sundheit, hat Angst
und Misstrauen ge-
genüber Info-Politik;
konsumiert seit
Corona nicht mehr
so viele Medien, ver-
sucht bewusster mit
Medienkonsum um-
zugehen; interessiert
an Lösungen der Po-
litik, „damit es besser
wird“
Glaubt, dass „nur durch
den Journalismus gesi-
cherte Informationen in
die Welt gelangen kön-
nen“, hohe Wertschät-
zung journalistischer Ar-
beit, erkennt aber Prob-
lem darin, dass heute
„jeder publizieren kann“
Meik
37
CAD-Konstruk-
teur, Vater von
4 Kindern (6, 7,
9, 17)
Nieder-
sachsen
Unklar, wirkt desinte-
ressiert und emotions-
los, gibt aber zu, mit
Filterblasen ein Prob-
lem zu haben
Wenignutzer, vor al-
lem YouTube (DIY-
Videos), der sich
nicht von „Links ver-
führen lassen will“,
nutzt regelmäßig
WhatsApp Gruppen
für Sport-Verabre-
dungen
Sieht Gefangensein in
Filterblasen als Prob-
lem; interessiert ihn,
muss sich aber zwin-
gen aufzuhören; keine
Links und Verweise
mehr öffnen (macht
sich klar: „Ich brauche
das nicht im Leben“)
Relativ emotionslos
und wirkt desinteres-
siert, kaum Bereit-
schaft zum Gespräch/
für Reflexion in der Be-
fragung
Besorgt-pessimis-
tisch, befürchtet, das
der Krieg schlimmer
wird und uns ein
Massaker bevorsteht
„Der eine so, der andere
so“: zu viele Meinungen
und Unklarheit, welche
Motive hinter Berichter-
stattung stehen
Smilla
38
Lokaljournalis-
tin
Sachsen-
Anhalt
Toxische Kommunika-
tion im Netz belastet
stark
Hoch, schon beruf-
lich breite Nutzung
digitaler Angebote
„Erdung“ durch Ge-
spräche mit Freundin,
innerlich Abstand ge-
winnen zu Unbekann-
ten
Journalismus gesell-
schaftlich sehr bedeut-
sam, besonders sachli-
che Medien, die unter-
schiedliche Meinungen
abbilden, aber auch
Streitkultur fördern
Frustration, weil es
nicht vorangehe. Men-
schen verhielten sich
wie kleine Kinder, las-
sen sich nicht impfen.
Grundhaltung orien-
tiert am katholischen
Glauben, selbstbezo-
gene Ausgeglichenheit
Mehr Zeit für journalisti-
sches Personal zur Pro-
duktion, aber auch für
Nutzende zur Beschäfti-
gung und Aneignung
Alter
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40
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Ana
39
Elternzeit (frü-
her Sachbear-
beiterin im Ver-
kauf, jetzt Neu-
orientierung; 2
Kleinkinder,
verheiratet)
Nordrhein-
Westfalen,
stammt
aus Polen
(Migrati-
onshinter-
grund)
Handy-Nutzung löst
Stress undein
schlechtes Gewissen
beim Spiel mit den Kin-
dern aus“; fühlt sich
durch Hassrede im
Netz gegängelt und
bedroht („Man wird so-
fort als Verschwö-
rungstheoretiker abge-
stempelt“, „Worte wer-
den im Munde ver-
dreht“), ein Austausch
ist ihrer Erfahrung nach
(in Zeiten von Corona)
unmöglich: Bei Face-
book nicht erwünscht,
Dinge zu hinterfragen,
sondern durch Mode-
rationen gleich ge-
löscht; verspürt nach
Nutzung sozialer Me-
dienleichte depres-
sive Verstimmung“,
verzweifelt angesichts
der schönen heilen
Welt von Influencern
(Aussage nach dem
Motto: Man selbst hat
versagt“); fragt sich da-
her: „Macht es Sinn,
bekannten Leuten zu-
zugucken?“
Nutz Instagram re-
gelmäßig, Facebook
nur noch selten.
Sonst nur Messen-
ger-Dienste mit
Freunden und Ver-
wandten. Sieht Vor-
und Nachteile digita-
ler Mediennutzung:
Einerseits schnelle
Verfügbarkeit, ande-
rerseits immerwäh-
rende Verführbarkeit,
„alle paar Sekunden
aufs Handy zu
schauen“, ständig
und überall erreich-
bar zu sein; sieht
trotz den Vorteilen
bei Instagram (Backi-
deen und Erzie-
hungstipps: „Drehen
meine Kinder
durch?“) vor allem
auch Nachteile, hat
u.a. bei Facebook
„ziemlich krasse Er-
fahrungen gemacht“:
Keine konstruktive
Diskussion möglich,
eigene Kommentare
hat sie später bereut
Möchte Medienkon-
sum verringern: Ob-
wohl sie es sich fest
vornimmt (z.B. beim
Fernsehen, Essen),
fehlen ihr passende
Strategienimmerhin
hat sie ihr Handy laut-
los gestellt; Ehemann
hat als Reaktion bereits
Facebook gelöscht, sie
überlegt es aktuell
auch, den Account auf-
zugeben
Legt Wert auf Infos von
Fachleuten und über-
prüft per Google-Re-
cherche selbst Glaub-
würdigkeit von Infor-
mationen, zum Beispiel
Paul Ehrlich Institut
oder Quellen von der
Stadt/ Bundesland;
achtet grundsätzlich
auf seriöse Quellen
Panik und Depres-
sion: „Wir bekommen
aktuell nur schlechte
Nachrichten“; Sorge
um Kinder und Fami-
lie; ist von Informati-
onssuche generell
„sehr enttäuscht“.
Weniger „Panikmache“
durch Medien (Pandemie
und Krieg), dafür über
„bestimmte Themen be-
richten aus verschiede-
nen Blickwinkeln“. Fak-
ten liefern, damit sich die
Menschen eine Meinung
bilden können; versteh
nicht, warum esSchutz
vor russischer Propa-
gandabraucht: warum
sind russische Medien
verboten?
Alter
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41
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Christoph
40
Hallenkoordina-
tor (Luftfahrt)
Niedersa-
chen
WhatsApp-Nachrichten
verärgern ihn manch-
mal, Telegram-Kom-
munikation stimmt sor-
genvoll, Krisenbericht-
erstattung macht ihn
verrückt/belastet psy-
chisch
Fest in den Tagesab-
lauf integrierte digi-
tale Angebote (Infor-
mation, Unterhal-
tung, Kommunika-
tion), aber keine sozi-
alen Netzwerke
Regelmäßig das
Smartphone weglegen
(aus dem Blick), be-
wusste Auszeiten im
Garten
Klassische Nachrich-
tenagenbote (lokale
Tageszeitung, Die Zeit)
im Digitalen „super
wichtig“
Angst um die eige-
nen Kinder, besorgt,
verzichtet auf Reisen,
bleiben zu Hause, lo-
kale Anbindungen
wichtig
Weniger Alerts, Live-Ti-
cker, Status-Updates,
bessere Kompatibilität
mit hergebrachten Medi-
ennutzungsgewohnhei-
ten (Ausdrucke)
Ulrike
42
Bürokraft in ei-
nem Schiff-
fahrtsunterneh-
men (angestellt)
Nieder-
sachsen
Stellt pauschal wenig
Stress / Unwohlsein
bei sich fest, aber seit
Ukraine hohe Belas-
tung erkennbar: „Die
vielen Sondersendun-
gen ziehen mich run-
ter“, kann „Dauerbe-
schallung nach ein
paar Tagen nicht mehr
ertragen“
Findet digitale Ver-
fügbarkeit „prak-
tisch“, aber auch
problematisch, dass
man den Nachrichten
„nicht entkommen
kann“; hat im Job
fast ständig mit
Computer und Vi-
deo-Telefonie zu tun;
privat: Facebook,
WhatsApp und Net-
flix
Eindeutig weniger Me-
dienkonsum nach der
Ukraine, starke Regle-
mentierung durch zeit-
liche Beschränkung,
hat für sich beschlos-
sen: „Nur einmal am
Tag Nachrichten, an-
sonsten schalte ich
ab“; wischt Infos am
Handy „einfach weg“;
ansonsten Handy-freie
Zonen, z.B. mit Freun-
den, Kindern und beim
Essen
Misstraut sozialen Me-
dien und sieht Infos im
Netz „ziemlich kri-
tisch“, vertraut offiziel-
len Seiten (BMWi, RKI
etc.), ansonsten aktive
gezielte Suche und
Überprüfung via
Google
Sorge um eigene Ge-
sundheit und psychi-
sche Belastung
durch Corona und
Ukraine Krieg
Glaubt, dass „jemand
fundiert recherchieren
muss“, aber es gibt
schwarze Schafe in der
Branche“, die einseitig
berichten; wünscht sich
mehr vor Ort Berichter-
stattung statt Hörensa-
gen
Finja
44
Kfz-Mechanike-
rin
Depart-
ment Mo-
sel
Psychischer Stress
durch viele WhatsApp-
Nachrichten unter-
schiedlicher Personen,
Erwartungsdruck in-
stantaner Reaktion
E-Mail als Haupt-
kommunikationsmit-
tel, andere Angebote
vornehmlich zur Un-
terhaltung (Hinter-
grundmusik von
YouTube) und geziel-
ter Informationssu-
che via Google
(Sachbücher)
Smartphone ausschal-
ten, Spaziergänge
„ohne alles“, aber mit
einem alten nicht-inter-
netfähigen Handy
Vertrauen in „bekannte
Verlage“ und Angebote
wie tagesschau.de,
Journalismus als Quali-
tätsinstanz gegenüber
unzuverlässigen Quel-
len im Netz, die Hoax-
Meldungen verbreiten
Ständige Hinter-
grundangst vor einer
Infektion mit Corona-
Virus, gesteigert
durch Wegfall von
Beschränkungen
Mehr Fachinformationen,
mehr Details für Men-
schen, die etwas ganz
genau wissen möchten
Alter
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42
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Anne
45
Krankenpflege-
rin (angestellt)
Thüringen
Übermäßig hoch: Ana
ist 8-9 Stunden im Job
„ständig erreichbar“,
das „macht einen
schon fertig“. Hat das
Gefühl von Unfreiheit,
weil der Handy-Terror
zu „Hause weitergeht“,
von WhatsApp ist sie
„genervt, weil sie nicht
in Ruhe gelassen
wird“; auch Mails lösen
bei ihr Stress, Genervt-
sein und Wut aus („zu
viel“); auch die digitale
Nutzung ihrer Kinder
(10 und 14 Jahre) stellt
sie vor eine emotionale
Herausforderung: Sie
beschreibt die - not-
wendige - Erreichbar-
keit durch die Schule
und die Dauernutzung
der Kinder als „Di-
lemma, weil die Kinder
dauernd am Handy
hängen und sie keinen
Einfluss darauf hat
Handy immer dabei,
nur am Wochenende
ausgestellt - das ist
ihr „heilig“, nimmt
keine Auswahl von
Quellen und Inhalten
vor, ist bei Social
Media nicht vertre-
ten; nutzt ansonsten
nur Mails und
WhatsApp, auch im
privaten Austausch;
hält Facebook,
TikTok & Co. für „ei-
gentlich überflüssig“,
die „Kinder sehen
sich nur am Handy“
und „geben im Inter-
net viel preis“
Nach exzessiver Handy
Nutzung geht Ana erst-
mal „zwei Stunden in
den Wald spazieren“,
um runterzukommen;
durchgehende selbst-
kritische Reflektion des
eigenen Medienhan-
delns und das ihrer
Kinder. Hält die stän-
dige Verfügbarkeit für
„viel zu viel“ und
glaubt, „es wird immer
mehr“; wenn sie Stress
hat, hält sie inne und
„holt tief Luft“; um sich
besser zu fühlen, legt
sie 30 Minuten das
Handy weg und liest
ein Buch
Skeptisch: Glaubt nicht
alles, was ihr im Netz
angeboten wird; rät
sich selbst und ande-
ren dazu, „genauer hin-
zuschauen“ und Infos
über Google News zu
hinterfragen bzw. zu
überprüfen; orientiert
sich ansonsten an (öf-
fentlich-rechtlichen)
Nachrichtensendern
Seit Corona seisehr
viel Information un-
terwegs“, der Staat
habe dazu beigetra-
gen; hält Diskussion
über Impflicht für
„beängstigend“;
schaltet seitdem eher
ab und hat Mühe da-
mit, ihre Kinder auf-
zuklären bzw. ihnen
„alles richtig erklä-
ren“ zu müssen (Ein-
ordnung)
Hält viel von der Ehrlich-
keit in den professionel-
len Medien, bleibt aber
skeptisch, weil die „Ge-
genseite oft zu wenig
gehört wird“ und „nur
eine Seite gezeigt wird“;
erkennt im Journalismus
„jede Menge Arbeit“; vor
allem von Reportern in
Krisen- und Kriegsgebie-
ten; insgesamt fehlt ihr
die Ausgewogenheit, es
solle „nicht immer das-
selbe“ berichtet werden
Alter
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Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Kai
46
Bankangestell-
ter (Online-
Banking für Fir-
menkunden)
Baden-
Württem-
berg
Fühlt sich durch digi-
tale Medien gehetzt,
verspürt Unruhe, hat
aber „Angst morgens
und abends was zu
verpassen“; trotz
Zwang „tut es gut, kei-
nen Handy-Empfang
zu haben
Hat beruflich unun-
terbrochen mit digi-
talen Medien zu tun
(„täglich Brot“: EC-
Geräte), nutzt wenig
Facebook, aber re-
gelmäßig Instagram
und TikTok zur Un-
terhaltung, Telegram
und WhatsApp zur
Kommunikation mit
seinen privaten Netz-
werken, massive Y-
ouTube-Nutzung
Durch digitales Arbei-
ten möchte K. das Di-
gitale im Privaten stark
einschränken. Gezielte
Suche von Infos.
Macht sich die Mühe,
im YouTube-Kanal des
Deutschen Bundesta-
ges zu konsultieren, ob
die Berichterstattung
stimmig ist; hat bei
großem Stress eigene
SM-Accounts gesperrt
oder gelöscht (seine
Empfehlung: „Ausstei-
gen“)
„Kein Freund von Infos
aus dem Netz“;
Kritsch-skeptische
Würdigung der Infor-
mationsmedien:
wünscht sichfreie un-
politische Presse“;
mehr Neutralität, weni-
ger Polarisierung (Dop-
pelmoral), nutzt aber
wenig journalistische
Angebote
„Jeder kann behaup-
ten, was er will“: K.
fehlt eine neutrale
Berichterstattung:
Ärger wegen „Unfä-
higkeit der Politik“,
statt über Medien bil-
det er sich lieber
seine eigene Mei-
nung, informiert sich
im Freundes- / Fami-
lienkreis
Hatte früher hohe Be-
deutung für ihn, er war
„begeisterter Nachrich-
tenleser“; seit Flücht-
lingskrise 2015 empfin-
det er Berichterstattung
als bevormundend, reali-
tätsfremd und einseitig.
Alter
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44
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Torsten
47
IT-Fachkraft
(angestellt)
Rheinland-
Pfalz
Hat nicht das Gefühl,
dass ihn digitale Me-
dien krank machen,
sondern nutzt sie nach
dem Motto „Wenn es
zu viel wird, höre ich
auf“; mitunter hat er
keine Lust mehr auf di-
gitale Nachrichten;
Nonstop mit digitalen
Medien befasstim
Job, aber auch pri-
vat, vor allem mit Un-
ternehmens-IT und
Office -Anwendun-
gen; nutzt gezielt di-
gitale News-Quellen,
z.B. Spiegel, Welt
und Google News
Feed: digitale Verfüg-
barkeit wird grund-
sätzlich positiv ein-
geschätzt: „Man
braucht es und nutzt
es“
Nutzt keinerlei Social
Media, sein Facebook-
Profil ist verwaist; ihm
sträuben sich die
Haarebei manchen
User-Kommentaren:
„kaputte Leute mit
schrägen Meinungen“;
hält sich selbst für ei-
nen „souveränen Nut-
zer“ (kein Stress, keine
Überlastungssymp-
tome); litt durch frühen
Tod der Tochter unter
Lebenskrise und Burn-
out; Ukraine-Krieg be-
obachtet er fast nur
noch „aus dem Augen-
winkel“, nimmt sich
„den Luxus raus, sich
gar nicht mehr zu infor-
mieren, wenn er aus-
schaltet“ (digitale Ab-
nutzungseffekte und
auch Selbstschutz-
funktion)
Glaubt, dass soziale
Netzwerke zur Verro-
hung der Gesellschaft
beitragen, es passieren
dort „unmenschliche
Dinge, weil die Perso-
nen nicht physisch prä-
sent sind („Dinge sind
schnell gesagt und
werden auch schnell
wieder vergessen“); ist
auch den Medien ge-
genüber skeptisch, de-
nen er vertrauen kann;
vertraut eher auf
Bauchgefühl und Ins-
tinkt, macht aber auch
Plausibilitäts-Checks
Ist überrascht, wie
viele Menschen Infor-
mationen zur Pande-
mie „einfach glau-
ben“: „Wir haben so
viele Alu-Hutträger
unter uns“; liest ver-
schiedene Berichte
und überprüft diese
aktiv; verlässt sich
auf Qualitätsmedien
(Spiegel, FAZ; Welt);
grundsätzlich meint
er: „Politiker haben
das gar nicht so
schlecht gemacht“
Klare Trennung von Mei-
nung und Kommentar,
sonst droht Glaubwür-
digkeitsverlust; hält
Journalismus für sehr
sensibles Feld: einerseits
Kontrollorgan der Politik
(freie Presse); anderer-
seits Missbrauchsgefahr
(falsche Dinge beschrei-
ben und Leute belan-
gen): misst dem J. des-
halb hohe Verantwor-
tung bei; findet Spiegel-
Autor Sascha Lobo
problematisch; hält
Paywalls für zu teuer
und unattraktiv
Meinhard
47
Einkäufer Elekt-
rotechnik
Baden-
Württem-
berg
Nervenbelastung durch
Zeitdruck, Erwartungen
anderer bei der Kom-
munikation
Zielgerichtet auf ein-
zelne Informations-
und Unterhaltungs-
angebote sowie
Kommunikations-
dienste fokussiert,
kaum Social Media
Smartphone in die
Schublade legen
Schätzt bestimmte
klassische Nachrich-
tenmedien sehr (SZ,
Zeit, Spiegel, Nachrich-
tenagenturen), sucht
aber i.d.R. über Google
Starke psychische
Belastung aus Angst
um die eigenen Kin-
der, Perspektivlosig-
keit, wenig Solidarität
in der Gesellschaft
Möchte sich zu 100%
auf fundierte und richtige
Inhalte verlassen können
Alter
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
45
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Sybille
48
Erzieherin
Hamburg
Sozialer Druck bei Di-
rect Messaging, aber
auch durch Push-Be-
nachrichtigungen, Kri-
senberichterstattung
kann krank machen
Keine sozialen Netz-
werke (kritische Hal-
tung), häufige
Google-Nutzung zu
Informationszwe-
cken, E-Mails, Unter-
haltung über Netflix,
Amazon Prime, Spo-
tify, Kommunikation
über WhatsApp
Möglichst viel Online-
Mediennutzung redu-
zieren, auch TV (am
Wochenende, im Ur-
laub), mit Familie (Ehe-
mann und Kindern) et-
was anderes unterneh-
men, auf schöne Ge-
danken kommen
Journalismus sehr
wichtig. Lehnt
YouTube ab aus Miss-
trauen vor Informati-
onsquellen
Sorge vor sozialen
und psychischen Fol-
gen der Corona-
Schutzmaßnahmen
gerade unter Kin-
dern. Starke Orientie-
rung an der eigenen
Familie und der Wis-
senschaft
Seriosität, an die Hand
genommen werden von
jemandem, der die
Handwerkzeuge be-
herrscht
Thomas
52
Projektleiter
Baubranche
(angestellt)
Bayern
Psychische Belastung
durch Zeitverlust und
das Gefühl, nicht mehr
selbstbestimmt zu sein
Hoch, Social Media-
Nutzung häufig bei-
läufig (auch Handy-
spiele, Facebook),
empfindet digitale
Angebote als sehr
komfortabel
Selbstdisziplin klappt
nur mäßig, Übernut-
zung fällt meist zu spät
auf
Hält sich an tages-
schau.de und spie-
gel.de, darüber hinaus
durchaus skeptisch
hinsichtlich einer mög-
lichen Agenda
Resigniert, hat sich
mit Pandemie abge-
funden, starke Orien-
tierung an Wissen-
schaft und medizini-
schen Erkenntnissen
Häufigeres Verlinken/Re-
ferenzieren, mehr Hinter-
grundberichterstattung
Anke
52
Kaufmännische
Angestellte
(Baumpflege)
Hessen
Aggressivität durch In-
tensivnutzung digitaler
Medien (keine sozialen
Netzwerke)
WhatsApp als Haupt-
kommunikationsmit-
tel, Netflix, Amazon
Prime und öffentlich-
rechtliche Mediathe-
ken zur Unterhaltung,
starker Nutzungsan-
stieg durch Krank-
schreibung
Am Geschirr oder Mö-
beln abreagieren
Hält sich an eine Reihe
aus ihrer Sicht zuver-
lässiger Online-Quellen
wie Spiegel, FAZ.net,
ADAC und Deutsche
Krebshilfe
Informiert sich über
Gesundheitsthemen
v.a. über staatliche
Online-Quellen
Mehr Sorgfalt und mehr
Sachlichkeit, weniger
reißerische Berichter-
stattung
Alter
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46
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Torsten
54
Diplom-Ingeni-
eur (angestellt)
Baden-
Württem-
berg
Stress durch ständige
Erreichbarkeit, die im
Beruf wie im Privaten
vorausgesetzt wird
Viel Bewegtbild über
YouTube und öffent-
lich-rechtliche Medi-
atheken, digitale
Tools wie Kalender,
E-Mails, Musik, Ka-
mera werden rege
genutzt
Bestimmte Gruppen-
kommunikation auf
„stumm“ schalten
(WhatsApp), Spazie-
rengehen, etwas ande-
res machen, das nichts
mit digitalen Medien zu
tun hat
Verlass auf seriösen
Journalismus. In Nut-
zerkommentaren nicht
„ganz der Ton, den ich
mir für den gesell-
schaftlichen Umgang
miteinander wünsche.“
Sorge um gesell-
schaftliche und auch
familiäre Spaltung
durch unterschiedli-
che Sichtweisen auf
den Umgang mit der
Pandemie, mehr Fo-
kus auf ethische Fra-
gen, soziales Mitei-
nander stärken
Inhalte noch genauer
nach persönlichen Vor-
lieben anbieten („Killer-
Feature“)
Edda
54
Versicherungs-
angestellte
Baden-
Württem-
berg
Facebook-Profil wurde
gehackt, seitdem Zu-
rückhaltung, kein
Stress
Gezielte Informa-
tionsnutzung
(Google, RTL News-
App) oder Unterhal-
tungsnutzung (Mu-
sikvideos auf Y-
ouTube), WhatsApp
und verschiedene
Tools (Kalender, Ka-
mera, Schrittzähler,
Corona-App)
Früh am Abend werden
digitale Geräte ausge-
schaltet, viel Zeit mit
Familie oder vom Fern-
sehen berieseln lassen
(kein Streaming)
Hohes Vertrauen in
journalistische Ange-
bote
Angst um die Mutter,
verantwortungsvolles
Handeln, interessiert
sich für medizini-
sches Wissen (auch
am Rande beruflich)
Möchte gezielter und ef-
fektiver über das Smart-
phone informiert wer-
den, ohne es ständig
nutzen zu müssen
Harald
54
Reparaturelekt-
riker (angestellt)
Bayern
Entspannt
Gezielte Zwischen-
durch-Nutzung, we-
nig Social Media, vor
allem Wissensaneig-
nung (YouTube) und
Kommunikation (Vi-
deotelefonie mit
Tochter im Ausland),
E-Mail, benutzt auch
Smartwatch für ge-
sundheitliche Motiva-
tion
Smartphone nahezu
immer auf lautlos ge-
stellt und in der Ta-
sche, selbstbestimmte
Nutzung, im Zweifel zu
Hause lassen
Schätzt unparteiische
und unvoreingenom-
mene Angebote mit
verschiedenen Meinun-
gen
Große psychische
Belastung, Verunsi-
cherung, wem zu
glauben ist („gestern
so, heute so“), be-
klagt unterschiedli-
che Meinungen in-
nerhalb der Familie
und dem näheren
Freundeskreis
Mehr Übersicht herstel-
len, damit sich Nutzende
besser zurechtfinden,
breiter berichten (nicht
nur ein dominanter Er-
eignisfokus)
Alter
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Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Pamela
54
Erzieherin
Baden-
Württem-
berg
Genervt von vielen E-
Mails und politischen
Kanälen auf Telegram
Gering, möchte
YouTube boykottie-
ren, weil häufig
„mainstreamkritische
Videos“ gelöscht
würden, nutzt es
aber doch gern,
sonst eher fernsehaf-
fin, seltene Tele-
gram-Nutzung
Gerät abschalten oder
sich etwas Schönes
anschauen
Hält nichts von
„Mainstreammedien“
(Öffentliche-Rechtliche,
Regionalzeitung) und
den von ihnen verbrei-
teten „Horror-Meldun-
gen“ und „Angstma-
cherei“, Journalist:in-
nen dürften nicht mehr
ausgeglichen berich-
ten.
Sehr einseitige Infor-
mationslage online:
„Man kann kaum
noch etwas glau-
ben.“ Google zeige
nur sehr einge-
schränkte Sucher-
gebnisse an. Macht
sich Sorgen um den
Zustand der Welt,
fühlt sich im Wider-
stand. In der Selbst-
beschreibung „sehr
spirituell und natur-
verbunden“.
Wieder mehr Recherche,
ausgeglicheneres Mei-
nungsbild, nicht zu viel
Agenturmaterial über-
nehmen
Andreas
54
Berufssoldat
Nieder-
sachsen
Genervt von digitaler
Parallelkommunikation,
sonst wenig negative
Erfahrungen, sieht sich
psychisch gefestigt,
versucht das auch den
beiden Söhnen zu ver-
mitteln („positive Ab-
hängigkeit“ von digita-
len Medienangeboten)
Hoch, nutzt digitale
Medien sowohl be-
ruflich als auch zur
Information und zum
Zeitvertreib, soziale
Netzwerke vielseitig
und oft, auch ver-
schiedene Direct
Messengers, meist
über Smartphone
und Tablet
Kurzzeitigen Ärger her-
unterschlucken
Schätzt das Internet als
Nachschlagewerk,
Journalismus „ganz
wichtig“, nutzt mehrere
Nachrichtenquellen, di-
gitales Abo
Würde sich mehr Dif-
ferenzierung wün-
schen, orientiert sich
stark an der Familie
und dem persönli-
chen Umfeld, „Nie-
mand hat die Wahr-
heit gepachtet.“
Mehr Kompetenzen bei
der verständlichen Ver-
mittlung komplizierter
Sachverhalte in einer im-
mer komplizierteren Welt
(„auch einfache Men-
schen mitnehmen“)
Alter
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48
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Kerstin
55
Medizinische
Dokumentarin
(angestellt)
Hessen
Ist emotional sehr be-
lastet, weil ihr soziale
Kontakte durch Home-
office fehlen (keine
Flurgespräche, Kaffee-
pausen, Aufenthalts-
raum etc.), ist gestresst
durch viele Emails, es
entstehen viele Miss-
verständnisse, „Emoti-
onen bleiben auf der
Strecke“ (face to face);
hat selbst keine Nega-
tiverfahrungen mit
Social Media gemacht,
weil sie keine nutzt, hat
aber beobachtet, dass
diese sozialen Abhän-
gigkeiten erzeugen
(fremdgesteuert zu
sein)
Sitzt fast den ganzen
Tag vor dem Schirm
(Office und Teams),
seit 2 Jahren im
Homeoffice), nutzt
keine sozialen Netz-
werke (nur ab und zu
YouTube), ist Abon-
nentin von FR,Gie-
ßener Allgemeine“,
nutzt ARD-Media-
thek, Messenger-
Dienste (Signal, Tele-
gram) und GMX
Nutzt Handy nur im
Wohnzimmer, sonst
nirgendwo im Haus
und unterwegs („mobi-
les Büro“ für Mails
etc.), ist überzeigt,
dass sie sich eine
„Grenze setzen muss“
und die digitale Medi-
ennutzung „für sich re-
geln musste“. Motto:
„Das Internet ist gut,
aber in Maaßen“
Ist unsicher in Bezug
auf Faktenorientierung
im Netz („es gibt viele
Fake News“), verlässt
sich daher auf offizielle
Quellen (Tagesschau,
Hessenschau, FR etc.),
Das „Ausgeliefert-
sein“ ist schlimm für
sie; Pandemie sei
„schon schlimm ge-
nug, aber der Krieg
macht Angst“ (Angst
vor Drittem Welt-
krieg)
Weniger Lagerdenken,
mehr Meinungsvielfalt;
vertraut auf den freien
Journalismus“; legt gro-
ßen Wert auf Unabhän-
gigkeit, weil sie „infor-
miert werden möchte,
was in der Welt los ist“
ABER: manche Men-
schen werden in den
Medien/ vom Journalis-
mus zu sehrgehypt
(Demonstranten von
Montags-Demos)
Alter
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49
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Norbert
56
Geschäftsfüh-
rer eines sozia-
len Dienstleis-
tungsunterneh-
mens
Rheinland-
Pfalz
Teilweise genervt von
dauernden Messenger-
Weiterleitungen, war
vor einigen Jahren sehr
geschockt über
Rechtsruck in sozialen
Netzwerken (Face-
book) und zog sich aus
„Abscheu“ daraufhin
ganz davon zurück;
wenn er Ungerechtig-
keiten im Netz erkennt,
geht „sein Blutdruck
hoch“, „dann drehe ich
durch“ („ich weiß, dass
ich nichts dagegen
ausrichten kann“)
Das Handy ist immer
dabei, als Selbst-
ständiger ist Norbert
fast immer online
und ständig erreich-
bar; Verfügbarkeit
findet er gut, solange
„man demokratiefä-
hig ist“; nutzt keine
sozialen Netzwerke
(mehr), sondern
sucht gezielt nach In-
fos im Netz bei offizi-
ellen Stellen, konsu-
miert gelegentlich
auch YouTube (Hob-
bies)
Schützt sich selbst: In-
zwischen trifft N. eine
„sehr genaue Aus-
wahl“, browst nicht
mehr wahllos im Netz
herum (was er früher
gemacht hat) und hat
sich von Facebook
quasiabgemeldet“,
nutzt andere soziale
Netzwerke gar nicht;
hat auch Freundschaf-
tenabgestellt“, weiß
aber, dass er mitunter
hilflos ist
Litt unter News Burn-
out; hat sich zu Beginn
des Ukraine-Kriegs erst
sehr informiert, danach
keine Infos mehr bezo-
gen (Hilflosigkeit: „Ma-
chen kann ich eh nix“),
jetzt wieder Normalni-
veau. Weiß im Regel-
fall, woher die Infos
kommen, die er konsu-
miert, ist aber generell
kritisch und konsultiert
häufiger offizielle Stel-
len oder sucht gezielt
bei Medienmarken
Angst, dass jemand
im familiären Umfeld
zu Schaden kommt,
vor allem die ältere
Mutter; bleibt den-
noch optimistisch, da
„man manche Dinge
nicht ändern kann“.
Ist stolz, dass ein
Unternehmen aus
Mainz einen Impfstoff
entwickelt hat
Sehr hoher Stellenwert:
Hohe Wertschätzung
und Vertrauen gegen-
über Journalismus als
Kontrollinstanz, Zu-
spruch auch für deren
professionelle Arbeit,
aber: wünscht sich weni-
ger Werbung und andere
Kostenstruktur, teilweise
auch weniger überhöhte
und zugespitzte Darstel-
lungen („Sensationsha-
scherei“); mehr Zurück-
haltung, da vermuteter
Verstärker-Effekt
Heiner
56
Technischer
Baubegleiter in
der Telekom-
munikation (an-
gestellt)
Baden-
Württem-
berg
Verärgerung über Atta-
cken wegen abwei-
chender Meinung und
anonyme Kommentie-
rung im Internet
ARD-/ZDF-Mediathe-
ken, nur hin und wie-
der YouTube für Un-
terhaltung und Infor-
mation sowie
WhatsApp und E-
Mail
Ausschalten
Hohe Wertschätzung
der lokalen Tageszei-
tung (im Alter noch ge-
stiegen)
Nach wie vor nega-
tive Gefühle, weil
dem Virus freien Lauf
gelassen wird, Orien-
tierung an experti-
schem Fachwissen
Authentisch und ausge-
glichen in der Abbildung
von Meinungen, um
Kompromisse finden zu
können
Ines
57
Maschinenbau-
konstrukteurin
Sachsen
Stress durch
WhatsApp-Nutzung
und Nicht-Nutzung
(Fear of Missing Out:
FOMO), psychische
Belastung durch
schlechte Nachrichten
Keine sozialen Netz-
werke, viel wechsel-
seitige Online-Kom-
munikation
(WhatsApp, E-Mail)
Innerhalb der Familie
gibt es klare Medien-
nutzungsregeln, zeit-
weise bewusste Ver-
meidung/Ausblenden
von Nachrichten
Hohe Fehlertoleranz:
Wichtig, dass es Jour-
nalismus gebe, aber
nicht, dass immer alles
im Detail stimme.
Wenig Sorge um sich
selbst, aber um die
Psyche der Kinder.
Sieht sich als opti-
mistischen Men-
schen, im Alltag we-
nig tangiert
Mehr kostenlose Ange-
bote (ohne Einbußen bei
Qualität und Publikums-
orientierung)
Alter
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50
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Helmut
58
Bankangestell-
ter (angestellt,
Teilzeit)
Hessen
Will nicht immer mobil
erreichbar sein, ist
selbstbestimmt („ich
mache das Handy an,
wenn ich es will“): er-
kennt großen Nachteil
in Social Media, weil
man „immer wieder
hingreift und zugreift“;
Problem: „Immer das
Handy in der Hand“;
angesichts der Anzahl
an Mails empfindet er
Stress, hat Angst, was
zu verpassen (im Job)
Konzentriert sich auf
öffentlich-rechtliche
Angebote von ARD;
ZDF und Arte (Medi-
atheken), ist ansons-
ten den ganzen Tag
mit Emails beschäf-
tigt, Sport-Website
sind sein „täglicher
Begleiter“ (Sport: ki-
cker.de, fußball.de);
nutzt aus Prinzip kein
Instagram oder Face-
book, aber
YouTube und die
Messenger
WhatsApp und Sig-
nal für Wander- und
Turngruppen; Tele-
gram wegen zu vie-
len negativen Nach-
richten weggelassen
„Bewusst ausschal-
ten“, nur einmal am
Tag Nachrichten se-
hen/ lesen statt dau-
ernd auf Dienste zuzu-
greifen. Draußen unter-
wegs ist das Handy
tabu, auch bei Abend-
essen und Freizeit bzw.
Familie; alles andere
empfindet H. als „res-
pektlos“ und „unhöf-
lich“; macht sich im
Job bewusst, dass er
nicht alleine Mehrarbeit
stemmen kann („ich
kann das Boot nicht al-
lein retten“); grenzt
sich ab, gibt Verant-
wortung ab, „arbeitet
Mails nur noch von
oben nach unten ab“,
der Rest bleibt liegen,
wenn Feierabend
Kritisch: Misstraut
„Bild“ und Telegram.
Orientiert sich an den
Websites von „Hessen-
schau“, „Spiegel“, „Ta-
gesschau“ oder
„Heute“; scannt über
GMX Schlagzeilen und
Nachrichten des Ta-
ges; „ich vertraue nicht
auf Mails von Kolle-
gen“; H. vermutet viele
gefälschte Statistiken
im Netz („manches kli-
cke ich gar nicht erst
an“), vieles ist für H.
„schwer zu überprü-
fen“, weil Angaben feh-
len (wann? wo? wie?);
mag Podcasts
Nicht einfach, die
„aktuellen Bestim-
mungen herauszufin-
den“, großes Ver-
trauen in öffentlich-
rechtliche Medien.
Herausforderung:
„Widersprüchlichkei-
ten erkennen“. Social
Media: „Was wäre
gewesen, wenn es
Corona nicht gege-
ben hätte“, fragt H.:
Jugendlichen habe
es geholfen in Kon-
takt zu bleiben, weil
Austausch über sozi-
ale Netzwerke mög-
lich. Vertraut bei der
eigenen Gesundheit
auf seinen Hausarzt
Hohe Bedeutung und
Respekt, aber „es geht
abwärts“ mit dem freien
Journalismus in Polen
und Rumänien, dort er-
kennt H. keine Presse-
freiheit mehr, sondern
Staatspropaganda;
wünscht sich generell
mehr Nutzwert vom J.
Alter
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51
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Hans-Rolf
59
Software-Ent-
wickler (selbst-
ständig)
Berlin
Nach eigenen Angaben
sehr gering, er selbst
und seine Familie hät-
ten keine Probleme da-
mit; beobachtet das
Treiben in sozialen
Netzwerken allerdings
mit großer Sorge („ra-
dikales Abdriften“, Bil-
dung von „Sinn-Ge-
meinschaften“ neuer
sozialer Realitäten)
Hohe Affinität durch
seinen Beruf, wo di-
gitale Medien „unab-
lässig“ eine Rolle
spielen; im Privaten
ebenfalls hohe Nut-
zung, zugleich aus-
geprägte Resilienz in
Bezug auf Social Me-
dia (kompletter Ver-
zicht) sowie gezielte
Auswahl von Inhalten
Sehr reflektiert, aber
kein Verfechter von di-
gitaler Medienzeit, weil
er glaubt, alles gut im
Griff zu haben; keine
Orte und Situationen,
wo auf Digitales ver-
zichtet wird, jedoch
sehr bewusster inhaltli-
cher Konsum und vor-
herige Festlegung von
Quellen / Angeboten
Sehr kritische Reflek-
tion und Auswahl bzw.
sorgfältige Prüfung von
verlässlichen Quellen
im Internet via Google.
Beobachtet Existenz
von vielen „Unsinns-
Kanälen“ im Netz,
sorgt sich um seine
eigene Gesundheit,
findet Halt bei Freun-
den und Familie
J. hat große Bedeutung
für ihn, weil er Informati-
onen „leicht zugänglich“
mache. Vertraut generell
Medien- und Zeitungs-
marken sowie Wikipedia.
Beobachtet „merkwür-
dige Meinungen“ (nicht
nur bezogen auf Internet)
im Journalismus: An-
sonsten findet er nichts
wirklich gut, hat aber
keine konkreten Erwar-
tungen bezüglich einer
Verbesserung
Ingo
59
Senior Consul-
tant in der
Energiewirt-
schaft (ange-
stellt)
Nordrhein-
Westfalen
Verärgerung durch Po-
larisierung der Online-
Kommunikation und
fehlender Objektivität
in der Berichterstat-
tung und auf Social
Media
Starker Berufsfokus,
keine sozialen Netz-
werke aufgrund unin-
teressanter Informati-
onen und emotiona-
ler Attacken
Abschalten, etwas an-
deres machen
Sehr kritisch, professi-
onelle Berichterstat-
tung „fürchterlich“, ten-
denziös, subjektiv,
emotionalisierend
Geplagt von Konflik-
ten in Familie und
Freundeskreis durch
unterschiedliche
Sichtweisen auf die
Pandemie und Ge-
sundheitsrisiken
Objektivität, weniger se-
lektiv berichten
Senta
59
Mitarbeiterin
Landwirtschaft-
licher Familien-
betrieb
Nordrhein-
Westfalen
Gering, da kaum (sozi-
ale) digitale Medien ge-
nutzt werden, gele-
gentlich YouTube für
Videos und WhatsApp-
Gruppen zur Kommu-
nikation mit Familie/
Freunden
Eher gering, da fast
ausschließlich privat
genutzt und beruflich
kaum; hält Instagram
und Facebook für
überflüssigund
„nicht relevant“; nutzt
gelegentlich T-Online
„Immer an das Gute
glauben“, Religion ist
ein wichtiger Anker für
Grundvertrauen; sie
hält sich für einen bo-
denständigen Men-
schen, bei dem digitale
Medien keinen Stress
und kein Unwohlsein
erzeugen
Begrüßt Schnelligkeit,
ist aber gegenüber al-
len Quellen skeptisch;
hält Nachprüfungu.a.
via Googlefür selbst-
verständlich („man
schlägt halt nach“)
Sie findet das Krisen-
geschehen
„schlimm“, hatte an-
fänglich sehr große
Angst, jetzt erlebt sie
bei sich eine „Ab-
stumpfung“
Findet Orientierung an
Fakten wichtig, aber
keine Erwartungen
Alter
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52
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Martina
59
Verwaltungsan-
gestellte im öf-
fentlichen
Dienst
Sachsen
Direktkommunikation
über WhatsApp nervt
v.a. in Ruhephasen, E-
Mails belasten durch
Ungeduld der Kommu-
nikationspartner:innen;
Krisenberichterstattung
belastet, kann dadurch
nur schlecht schlafen
Beruflich intensive
Nutzung, privat zu
festen Zeiten nach
Feierabend, auch
Social Media insge-
samt
In den Garten gehen,
tief Luft holen
Journalismus als hohes
Gut, um die Menschen
aufzuklären
Mittlerweile etwas
abgestumpft, fühlt
sich handlungsfähig,
folgt den Impf- und
Verhaltensgeboten,
hält aber nichts von
den meisten staatli-
chen Vorgaben
Fokussierter Überblicke
und Orientierung schaf-
fen, weniger häufig
Nachrichten mit hoher
Frequenz „einhämmern“
Hans-
Martin
61
Pensionierter
Kriminalbeam-
ter
Sachsen-
Anhalt
Kaum, konträre Mei-
nungen nerven zum
Teil, generell sehr posi-
tive Einstellung
Hoch, Intensivnutzer
von Informations- als
auch Unterhaltungs-
und Social Media-
Angeboten
Abschalten/ Verzicht
Vertrauen in etablierte
Nachrichtenmedien,
aber durchaus sehr kri-
tisch
Orientierung an Wis-
senschaft, aber ge-
nerell negative Ge-
fühlslage über
„Schwindelei“ bzw.
unklaren Angaben
zur Wirksamkeit von
Impfstoffen
Mehr Quellentranspa-
renz und Ausgewogen-
heit, Dinge klar benen-
nen
Winfried
61
Rentner (ehem.
Unternehmens-
berater im Ver-
sicherungsbe-
reich)
Hessen
Selbst keine, aber be-
ruflicher Burnout. Kin-
der psychisch belastet
am Ende der Schulzeit
und in der Ausbildung
(Mobbing, Fake News)
Hoch, viele gesund-
heitsrelevante Ange-
bote (Schlaftracking,
Gymnastik-Videos),
nutzt zur Informati-
onssuche Metasuch-
maschine
Abschalten, Atemtech-
niken
Journalismus extrem
wichtig, regelmäßige
Nutzung von 6-7 On-
line-Quellen (von SZ
bis wissenschaft.de),
sehr kritisch gegenüber
unbekannten Quellen:
„Wenn ich noch kriti-
scher wäre, müsste ich
digitale Angebote au-
ßenvorlassen.“
Überaus interessiert
an Gesundheitsthe-
men, hinsichtlich
Corona geimpft und
nach überstandener
Covid-19-Infektion
entspannter.
Wünscht sich mehr
Informationen aus
Ärzteschaft und
Krankenhäusern
Mehr weltweite Kollabo-
rationsnetzwerke im
Journalismus, v.a. im
Bereich der Wissen-
schaft
Alter
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
53
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Gerda
63
Musikschulleh-
rerin
Nordrhein-
Westfalen
Algorithmisches Prinzip
„nervt tierisch“ durch
einseitige Information,
fühlt sich in Schub-
lade(n) gesteckt, fühlt
sich nicht gehört
Informationssuche
bei Google-Alternati-
ven, bis auf LinkedIn
kein Social Media, ei-
nige Tools wie Video-
telefonie (Jitsi), E-
Mail und Kamera, re-
flektiert intensiv die
IT-Sicherheit
Abschalten (bei Video-
konferenzen auch das
Bild), Privatheit schüt-
zen
Vertrauen in klassische
Nachrichtenangebote
wie Focus, Spiegel,
FAZ, Welt, Zeit in Ab-
grenzung zu vielen
Netzquellen, wo „jeder
reinschreiben“ könne
Entspannt, durch Di-
gitaltechnologie
kaum Einschränkun-
gen für soziale Kon-
takte und kulturelle
Erlebnisse (z.B. Kon-
zerte)
Mehr ausführlichere In-
formationen vor
Paywalls
Melanie
65
Rentnerin (ehe-
mals Kranken-
schwester)
Nieder-
sachsen
Psychisch belastend,
dass sich Menschen
im Internet anfeinden,
Grübeln im Bett auf-
grund negativer Nach-
richtenlage, Sorge um
Kinder und Enkelkinder
angesichts der Bericht-
erstattung über den
Ukraine-Krieg
Niedrig, seltene Nut-
zung (max. jeden
zweiten Tag), keine
sozialen Netzwerke,
hin und wieder
WhatsApp, einzelne
Tools (Videotelefonie,
E-Mail, Kalender,
Musik, Smartphone-
Kamera)
Lange Spaziergänge,
Sonne genießen, mit
Freunden treffen, Es-
sen gehen oder für ei-
nige Stunden in die
Sauna, positiv denken
Bewertet das Internet
als solches als nicht
glaubwürdig.
Fühlt sich einge-
schränkter, Angst um
die Kinder, starke Fa-
milienorientierung
Hohe Anforderung an
sorgfältige Recherche,
weniger Übertreibungen
(„auf dem Teppich blei-
ben“)
Herta
65
Rentnerin
(Rechtsan-
waltssekretärin)
Mecklen-
burg-Vor-
pommern
Probleme und Konflikte
in der Berichterstat-
tung „schlagen ein wie
ein Blitz“, stoßen Ge-
dankenkarussell an,
findet nachts nicht zur
Ruhe
Keine sozialen Netz-
werke, viel
WhatsApp, etwas
YouTube-Tutorials,
nachschlagen bei
Wikipedia
Ausschalten, meidet
Nachrichten, über-
springt Newsletter im
E-Mail-Postfach
Möglichst breit aus
verschiedenen Quellen
informieren, meist Zu-
gang über Google
Desillusioniert von
Impfmüdigkeit vieler
Menschen, in Sorge
um Familie und
Freunde, eher vor-
sichtig angesichts
gesundheitlicher Ri-
siken, hält sich an
Gesundheitsinforma-
tionen
Weniger geballter Ereig-
nisfokus, mehr umfas-
sende und einordnende
Übersichtsinformationen
Alter
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
54
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Johannes
65
Rentner (Mau-
rer)
Nieder-
sachsen
Genervt durch „Über-
maß“ an Berichterstat-
tung über Krisen und
Konflikte; psychische
Belastung durch Um-
gang der Tochter mit
digitalen Medien (stän-
dig Blick aufs Handy,
während sie den Kin-
derwagen schiebt).
Gezielte Information
zu Hobbythemen, all-
gemeine Interessen
und Nachrichten;
auch Freizeitgestal-
tung mittels Musik
und Filmen über Net-
flix, Amazon Prime
und Disney Plus;
auch Direct Mes-
saging, Health-App
Abschalten, Stille hilft
Kritisch, „permanentes
einseitiges Dauerfeuer“
von öffentlich-rechtli-
chen Medien; Soziale
Medien seien breiter
aufgestellt, Vorsicht vor
„Blasenbildung“, alles
hinterfragen, fühlt sich
durch andere Nutzer-
kommentare nicht al-
lein mit seiner Meinung
Ambivalent: „Ich
halte mich an die
Mitte. Die Wahrheit
liegt irgendwo zwi-
schen Bundesge-
sundheitsminister
und Querdenkern.“
Wütend über staatli-
che Beschränkungen
Journalismus sollte sich
nicht gemein machen,
Kommentarfunktion ein
Segen
Ingrid
65
Rentnerin (PTA)
Hessen
Sieht für sich klares
Suchtpotenzial, psy-
chisch belastet durch
Krisenereignisse und
das toxische Kommu-
nikationsverhalten an-
derer Internetnutzender
Auf Facebook und
(durch FB-Links) auf
YouTube fokussiert,
auch WhatsApp (Fa-
milie, schreibt lieber
als telefonieren), Zwi-
schendurch-Nutzung
In den Garten gehen,
sich mit dem Hund be-
schäftigen oder das
Thema wechseln
Solide und informative
Berichterstattung wich-
tig im Kampf gegen
Desinformation
Unvernunft vieler
Menschen findet sie
„schrecklich“,
Corona-Leugner
„furchtbar“, Kritik an
der Leichtfertigkeit
der Lockerungen, die
neue Mutationen er-
zeugten
Stärker die Hintergründe
beleuchten, Informatio-
nen aus erster Hand wie
z.B. von Hilfsorganisati-
onen
Birgit
69
Selbständig
(Bildung)
Nieder-
sachsen
Gestresst durch
schlechte digitale
Technikversorgung im
Lebensumfeld
Eher funktionale Nut-
zung für Bankge-
schäfte, Kommunika-
tion (WhatsApp, Fa-
cebook Messenger),
(lokale) Informationen
(Facebook-Gruppen)
Dreimal tief durchat-
men
Hohe Relevanzzu-
schreibung für klassi-
sche Nachrichtenme-
dien, hört vor allem Ra-
dio, sieht sich als
„Nachrichtenjunkie“
Kritisiert Unüber-
sichtlichkeit der Re-
geln, Überblick verlo-
ren, beschreibt sich
als Impfbefürworter
und in sich selbst ru-
hend
Ausgeprägte Zufrieden-
heit
Alter
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
55
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Friedrich
74
Rentner (ehem.
selbständiger
Grafikdesigner)
Branden-
burg
E-Mail belastend we-
gen Menge und Zeit-
druck
Stark auf analoge
und audiovisuelle
Angebote fokussiert
(Tageszeitung, TV,
YouTube, Spotify),
keine sozialen Netz-
werke, nur WhatsApp
Auf analoge Medien
ausweichen, An-
schlusskommunikation
meiden (nicht mit Ehe-
frau über Krisen disku-
tieren)
Nur eingeschränkte
Repräsentation der
Wirklichkeit, dominan-
tes Meinungsbild
Mittlerweile Skepsis
gegenüber Pande-
mie, fühlt sich nicht
umfassend infor-
miert, lehnt Impfun-
gen ab
Wünscht sich eindeuti-
gere Informationen über
Krankheits- und Todes-
fälle
Agnes
74
Rentnerin (frü-
her Physiothe-
rapeutin in der
Psychiatrie)
Nieder-
sachsen
Hat in ihrer sehr gerin-
gen digitalen Medien-
nutzugStruktur und
Langeweile“, fühlt sich
deshalb selten bzw.
nicht gestresst. Er-
kennt allerdings, dass
soziale Netzwerke zur
sozialen Spaltung bei-
tragen können
(„dumme Menschen
fallen auf etwas herein,
das Trend ist“); hält es
für problematisch,
dass einem bei Face-
book, Instagram & Co
mitunter „der größte
Schwachsinn ungefil-
tert vorgesetzt wird“
Ihr ist egal, dass digi-
tale Inhalte immer
und überall verfügbar
sind; nutzt täglich nur
Mails und dreimal
pro Woche
WhatsApp-Gruppen
mit Mann, Kindern
und Enkelkindern,
die für sie deshalb
mit positivem Erle-
ben verbunden sind;
sonst kaum digitale
Mediennutzung
Glaubt immun zu sein
gegen digitalen Stress;
nimmt sich abends
Auszeiten oder „wenn
Besuch da ist“ sowie
„beim Essen“, da sonst
„gesellschaftlich unan-
genehm; Handy bleibt
zu Hause, „wenn sie
mit dem Hund draußen
ist“. Vertraut bei Ihren
Kindern auf „vertrau-
ensvollen Umgang“;
kennt aus ihrer Praxis
aber auch viele Patien-
ten in der Psychiatrie
mit Suchtverhalten,
Borderline und Depres-
sionhier hatten sozi-
ale Netzwerke oftmals
„Verstärker-Effekt“
Guckt nur Sachen im
Netz nach, die sie inte-
ressieren, aber „goo-
gelt so ziemlich alles“;
hält sich für sehr bele-
sen, überprüft Informa-
tionen, recherchiert
selbst nach (u.a. digita-
ler Plausibilitäts-Check)
Hatte vielfach das
Gefühl „jetzt reicht
es“; rät zu Gelassen-
heit (es gab immer
schon Pandemien“,
„Es gibt in der Welt
immer Schlimmes
und Gutes“); legt viel
Wert auf Qualitätsin-
halte (hat SZ, FAZ
und Spiegel im Abo)
liest zuweilen
„Times“
Hält Journalisten für
kompetente und inte-
gere Menschen, J. hat
deshalb für sie hohe Be-
deutung, als störend
empfindet sie die Über-
schriften und wünscht
sich mehr Interaktivität
von Medien
Alter
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56
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Winfried
74
Rentner (ehe-
maliger Lehrer)
Sachsen
„Keine Probleme“, sehr
geringsieht aber Ge-
fahr in der „Übernut-
zung“ und im Realitäts-
verlust durch soziale
Netzwerke
Internet-Nutzung
liegt bei weniger als
2 Stunden am Tag:
Facebook wird nur in
der Familie per Grup-
pen-Chat genutzt,
WhatsApp im Be-
kanntenkreis, um In-
fos auszutauschen,
YouTube wird ganz
selten genutzt
Versucht „so oft wie
möglich“ auf digitale
Medien zu verzichten
und soziale Medien auf
das Privatleben zu be-
schränken
Sehr kritisch und Skep-
tiker: „man kann den
Angaben nicht trauen“;
stellt digitale Informati-
onen / Medien unter
Manipulationsverdacht
Beschrieben wird
eine große „Hilflosig-
keit“, weil man kei-
nen Einfluss auf das
Geschehen nehmen
könne; es helfe da-
her, manches in der
Berichterstattung
auszublenden und
das Gespräch mit
Freunden und Fami-
lie zu suchen
Große Erwartungshal-
tung gegenüber der Be-
deutung journalistischer
Angebote: gute Recher-
che, „Respekt und Ehr-
lichkeit“, neutrale Infor-
mationenJournalismus
sei wichtig, „wenn er
richtig betrieben wird“.
Kritik: es werde zu viel
eigene Meinung darge-
stellt und oftmals wie-
derhole sich die Bericht-
erstattung
Friede
75
Rentnerin (ehe-
malige Taxifah-
rerin und Büro-
angestellte)
Schleswig-
Holstein
Eher gering, weil Friede
kaum mit digitalen Me-
dien in Kontakt kommt
Sehr gering: Aus-
schließliche und sehr
seltene Nutzung von
WhatsApp, Ebay
oder Wikipedia und
Google
Genereller Verzicht so-
wie der Austausch mit
ihrem Ehemann über
Nachrichtenlage, ins-
besondere Corona und
Ukraine Krieg
Skeptisch gegenüber
Journalismus nicht nur
digital, sondern auch in
klassischen Medien;
misstraut der neutralen
professionellen Be-
richterstattung im Lo-
kalen, u.a. auch Lokal-
zeitung
Erlebt Informationen
und Nachrichten zu
Corona als „zwei-
schneidig“ein
„Wust“, aus dem sie
irgendetwas Vernünf-
tiges zu machen ver-
sucht
Sie wünscht sich mehr
authentische Berichter-
stattung und Transpa-
renz journalistischer Ar-
beit (z.B. Recherche und
Produktion)
Alter
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
57
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Inge
78
Rentnerin (frü-
her Meisterin
der ländlichen
Wirtschaft,
selbstständig)
Nordrhein-
Westfalen
Findet die ständige
Verfügbarkeit des In-
ternets als negativ, weil
„einem das Denken
abgenommen“ werde;
hält Beeinflussung im
Wahlverhalten der
Menschen für „nicht
okay“, sie stört vor al-
lem das Smartphone-
bezogene Kommunika-
tionsverhalten im Kreis
der Familie („ich hasse
es, wenn ich mich un-
terhalte und da jemand
sitzt und mit dem
Smartphone rumdad-
deltda lege ich gro-
ßen Wert drauf“)
Trifft auf Smartphone
vor allem durch ihre
Kinder/ Enkelkinder
und familiäre Begeg-
nungen, in ihrem
Umfeldihre Freun-
dinnen - nutzt kaum/
selten jemand das
digitale Medien / In-
ternet-fähige Smart-
phones (außer
WhatsApp, das „ma-
che ich mit“): hier an-
genehmen Gefühle
wegen Austausch
von Bildern und Ur-
laubsfotos etc.; Mails
nutzt sie selten oder
nur bei Bedarf; er-
kennt keinen Mehr-
wert in den sozialen
Netzwerken
Keine festen Zeiten
oder Orte für Digitales,
verzichtet „an allen
möglichen Orten“ auf
Smartphone; empfin-
det Handy-Nutzung oft
als gesprächshem-
mend, glaubt dass es
„gewisse Regeln zur
Mediennutzung zu
Hause braucht“; disku-
tiert Probleme oft aus,
hält ältere Menschen
wie sich für „abge-
stumpft“; kirchlich en-
gagiert, sucht mitunter
Ausgleich im Ehrenamt
Schaut genau drauf
und hin, vertraut öf-
fentlich-rechtlichen
Medien sehr, googelt
manchmal Informatio-
nen nach
„Schwammige“ Infor-
mationslage, blickt
„nach dem ganzen
Hickhack nicht mehr
durch“; findet die ge-
samte Lage als „zer-
redet“, viel Unüber-
sichtlichkeit, zu viele
Meinungen präsent
in den digitalen Me-
dien; hat Angst vor
dem nächsten Welt-
krieg.
Steht gutem Journalis-
mus „sehr positiv gegen-
über“, erwartet aber we-
niger Meinung, sondern
mehr neutrale Berichte;
empfindet manche Argu-
mentation „von unten
durch die Brust ins
Auge“ (wenig Klarheit);
guckt sich gezielt Sa-
chen im Fernsehen an;
schaut gerne „Markus
Lanz“, findet bei „Anne
Will“ und „Plasberg“ mit-
unter „dusselige Fra-
gen“; Erwartung: nicht
immer alles wiederholen,
kann penetrantes Nach-
fragen nicht leiden, „es
muss auch beim Nein
bleiben“
Alter
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
58
Vorname
(geänder t)
Beruf
Bundes-
land
Emotionale Belastung
durch digitale Medien
Digitale
Medienaffinität
Bewältigungs-
strategie
Haltung gegenüber
Informationsmedien
Perspektive auf die
Corona-Pandemie /
Gesundheitsrisiken
Erwartungen an
journalistische
Angebote
Joseph
86
Rentner (früher
im „Staatsap-
parat“ tätig)
Sachsen
Mittel bis hoch; nach
eigenen Angaben hat
Joseph „Kontakte, die
eine Belastung darstel-
len“ und stellt die
Glaubwürdigkeit von
Inhalten bei sozialen
Medien generell infrage
(„Es geht um die Mani-
pulation von Men-
schen“: merkantile In-
teressen der Tech-
Konzerne)
Gering, genutzt wird
nur WhatsApp, dabei
spielt der Messen-
ger-Dienst eine
große Rolle, um sich
u.a. mit Freunden
über Probleme aus-
zutauschen
Gezielte Nicht-Nutzung
bzw. Nutzung nur nach
Bedarf, aber keine
„feste Linie“
Sehrvorsichtig“, kann
Informationslage häufig
nur „schwer beurteilen“
auch in Bezug auf
klassische Medien
„Einseitige Berichter-
stattung“ hält J. für
problematisches
gebe aktuell viele
Kriege in der Welt,
nicht nur den in der
Ukraine; er selbst hat
Angst wegen der In-
flation und Gesund-
heit seiner Familie
„Ketzerische Auffas-
sung“: Grundanliegen an
den J. sei der Wahrheits-
gehalt und sachliche In-
formationen. „Guter
Journalismus müsste ein
hohes Maß an Wahrheit
besitzen, weil die Ver-
antwortung der Journa-
listen gegenüber der Be-
völkerung besteht, die
Wahrheit als Verpflich-
tung zu sagen“ – aller-
dings sehe er immerglei-
ches Bildmaterial („Irre-
führung“)
Alter
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
59
5. Auszüge aus den Medientagebüchern ausgewählter Befragter
Tim, 36 Jahre, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Sozialwesen aus
Hessen
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
60
GEFÜHL BEI DER NUTZUNG?
Clickanddragintheplotareatozoomin
07 12 18 00 06 1 2 18 00 06 12 18 00 0 6 12 18 00 06 12 18 0 0 06 12 18
Thu, 16. Jun Friday, 17. June Sat, 18. Jun Sun, 19. Jun Mon, 20. Jun Tue, 21. Jun
schuldig
orientierungslos
leer
schlapp
aufgekratzt
überfordert
gebildet
bestärkt
bestätigt
glücklich
motiviert
fröhlich
gut informiert
inspiriert
zufrieden
unzufrieden
Zoom 1m 3m 6m YTD 1y All Jun 16, 2022 Jun 21, 2022
18. Jun 20. Jun
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
61
Winfried, 61 Jahre, Rentner (ehemaliger Unternehmensberater im
Versicherungsbereich) aus Hessen
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
62
GEFÜHL BEI DER NUTZUNG?
Clickanddragintheplotareatozoomin
12 18 00 06 12 18 00 06 12 18 0 0 06 12 18 00 06 12 18 00 06 12 18 00 06 12 18
F Sat, 2. Apr Sun, 3. Apr Mon, 4. Apr Tue, 5. Apr Wed, 6. Apr Thu, 7. Apr
schuldig
orientierungslos
leer
schlapp
aufgekratzt
überfordert
gebildet
bestärkt
bestätigt
glücklich
motiviert
fröhlich
gut informiert
inspiriert
zufrieden
unzufrieden
Zoom 1m 3m 6m YTD 1y All Apr 1, 2022 Apr 7, 2022
3. Apr 5. Apr 7. Apr
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
63
Marcel, 28 Jahre, Jurist im öffentlichen Dienst aus Nordrhein-Westfalen
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
64
GEFÜHL BEI DER NUTZUNG?
Clickanddragintheplotareatozoomin
12 18 00 0 6 12 18 00 0 6 12 18 00 06 12 18 00 06 12 18 00 06 12 18 00 06 12 18
M Tue, 19. Apr Wed, 20. Apr T hu, 21. Apr Fri, 22. Apr Sat, 23. Apr Sun, 24. Apr
schuldig
orientierungslos
leer
schlapp
aufgekratzt
überfordert
gebildet
bestärkt
bestätigt
glücklich
motiviert
fröhlich
gut informiert
inspiriert
zufrieden
unzufrieden
Zoom 1m 3m 6m YTD 1y All Apr 18, 2022 Apr 24, 2022
20. Apr 22. Apr 24. Apr
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
65
Christoph, 40 Jahre, Hallenkoordinator (Luftfahrt) aus Niedersachsen
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
66
GEFÜHL BEI DER NUTZUNG?
Clickanddragintheplotareatozoomin
06 12 18 0 0 06 12 18 0 0 06 12 18 0 0 06 12 18 0 0 06 12 18 0 0 06 12 18 0 0 06 12
T Fri, 18. Mar Sat, 19. Mar Sun, 20. Mar Mon, 21. Mar T ue, 22. Mar Wed, 23. Mar
schuldig
orientierungslos
leer
schlapp
aufgekratzt
überfordert
gebildet
bestärkt
bestätigt
glücklich
motiviert
fröhlich
gut informiert
inspiriert
zufrieden
Zoom 1m 3m 6m YTD 1y All Mar 17, 2022 Mar 23, 2022
18. Mar 20. Mar 22. Mar
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
67
Noem, 25, wissenschaftlicher Mitarbeiter (Maschinenbau) aus Sachsen
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
68
GEFÜHL BEI DER NUTZUNG?
Clickanddragintheplotareatozoomin
12 18 00 06 12 18 00 0 6 12 18 00 06 12 18 00 06 12 18 0 0 06 12 18 00 06 12
T Fri, 18. Mar Sat, 19. Mar Sun, 20. Mar Mon, 21. Mar Tue, 22. Mar Wed, 23. Mar
schuldig
orientierungslos
leer
schlapp
aufgekratzt
überfordert
gebildet
bestärkt
bestätigt
glücklich
motiviert
fröhlich
gut informiert
inspiriert
zufrieden
Zoom 1m 3m 6m YTD 1y All Mar 17, 2022 Mar 23, 2022
18. Mar 20. Mar 22. Mar
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
69
Ines, 57 Jahre, Maschinenbaukonstrukteurin aus Sachsen
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
70
GEFÜHL BEI DER NUTZUNG?
Clickanddragintheplotareatozoomin
19 00 06 1 2 18 00 06 1 2 18 00 0 6 12 18 00 0 6 12 18 00 0 6 12 18 00 06 12 18
W Thu, 31. Mar Fri, 1. Apr Sat, 2. Apr Sun, 3. Apr Mon, 4. Apr T ue, 5. Apr
schuldig
orientierungslos
leer
schlapp
aufgekratzt
überfordert
gebildet
bestärkt
bestätigt
glücklich
motiviert
fröhlich
gut informiert
inspiriert
zufrieden
unzufrieden
Zoom 1m 3m 6m YTD 1y All Mar 30, 2022 Apr 5, 2022
1. Apr 3. Apr 5. Apr
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
71
Ingo, 59 Jahre, Senior Consultant in der Energiewirtschaft (angestellt)
aus Nordrhein-Westfalen
© VOCER Institut für Digitale Resilienz 2021-2022
72
GEFÜHL BEI DER NUTZUNG?
Clickanddragintheplotareatozoomin
08 12 18 00 06 12 18 00 06 12 18 00 06 12 18 00 06 12 18 00 06 1 2
T Friday, 1. April Sat, 2. Apr Sunday, 3. April Mon, 4. Apr Tue, 5. Apr
schuldig
orientierungslos
leer
schlapp
aufgekratzt
überfordert
gebildet
bestärkt
bestätigt
glücklich
motiviert
fröhlich
gut informiert
inspiriert
zufrieden
unzufrieden
Zoom 1m 3m 6 m YTD 1y All Mar 31, 2022 Apr 5, 2022
4. Apr
© VOCER Institut r Digitale Resilienz 2021-2022
73
Dialog fördern
Krisen bewältigen
Gemeinwohl stärken
kontakt@digitale-resilienz.org
www.digitale-resilienz.org
Autoren:
Dr. Leif Kramp
ZeMKI, Zentrum für Medien-, Kommunikations-
und Informationsforschung, Universität Bremen
E-Mail: kramp@uni-bremen.de
Dr. Stephan Weichert
VOCER Institut für Digitale Resilienz, Hamburg
E-Mail: weichert@vocer.org
Herausgegeben im September 2022 vom
VOCER Institut für Digitale Resilienz
c/o Verein für Medien- und Journalismuskritik e.V.
Postfach 201454
20204 Hamburg
Vereinsregister: Amtsgericht Hamburg VR 20584
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer: DE304756572
Vertreten durch den Sprecher des Vereinsvorstands: Dr. Stephan Weichert
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