Content uploaded by Christoph Dockweiler
Author content
All content in this area was uploaded by Christoph Dockweiler on Mar 30, 2023
Content may be subject to copyright.
Cohnen, Christian, Ricarda Knäble, Karina Ilskens, Leona Aschentrup, Uwe Sander, Christoph Dockweiler, und Kamil J. Wrona. 2023. «Toxi-
sche Vid eospielkultur. Massnahme n bei sexueller Be lästigung in Online-S pielen aus der Sicht von Be troffenen: eine quali tative Untersu-
chung». MedienPädagogik (Occasional Papers): 51–72. https://doi.org/10.21240/mpaed/00/2023.03.30.X.
ISSN 1424-3636www.medienpaed.com
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
This work is licensed under a Creative Commons
Attribution 4.0 International License
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
Toxische Videospielkultur
Massnahmen bei sexueller Belästigung in Online-Spielen aus der Sicht von
Betroffenen: eine qualitative Untersuchung
Christian Cohnen1 , Ricarda Knäble1 , Karina Ilskens1, 2, Leona Aschentrup2 , Uwe
Sander1 , Christoph Dockweiler3 und Kamil J. Wrona2
1 Universität Bielefeld
2 Fachhochschule Bielefeld
5 Universität Siegen
Zusammenfassung
Der Beitrag widmet sich den Erfahrungen von Spieler:innen mit sexueller Belästigung in
Online-Spielen und entsprechenden Hilfesystemen. Dazu wird der Forschungsfrage nach-
gegangen, wie verfügbare Angebote und Massnahmen der Spielhersteller:innen sowie
externe Beratungs- und Hilfesysteme von betroffenen Spielenden wahrgenommen wer-
den. Gleichzeitig wird beleuchtet, welche Rolle das soziale Umfeld im Zuge einer eventuel-
len Inanspruchnahme spielt. Darüber hinaus wird elaboriert, welche Anforderungen sich
auf Grundlage dieser Erfahrungen in Bezug auf die (Weiter-)Entwicklung von Hilfsange-
boten ergeben. Zur Beantwortung des Forschungsanliegens wurden sieben Spielerinnen,
die bereits Erfahrungen mit sexueller Belästigung in Online-Multiplayer-Spielen gemacht
haben, in semistrukturierten Interviews befragt. Die Interviews wurden mittels qualitati-
ver Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet. Die Studienergebnisse liefern Erkenntnis-
se zur Wahrnehmung respektive Aufnahme und Verarbeitung von Informationen durch
Spieler:innen zu bestehenden Hilfesystemen in Multiplayer-Online-Spielen. Es wird ein
Beitrag zur Weiterentwicklung bestehender Hilfesysteme in Onlinewelten sowie zum Aus-
bau zusätzlicher Präventions-, Unterstützungs- und Beratungsmöglichkeiten geleistet.
Die Untersuchung zeigt vor allem, dass weiterhin grosser Handlungsbedarf hinsichtlich
präventiver Massnahmen sowie seitens der Akteure wie Spielhersteller:innen und Politik
bestehen. Zu dessen Klärung wird auch die Durchführung weiterer Studien notwendig
sein.
52
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
Toxic Gaming. Interventions for Sexual Harassment in Online Games from the View-
point of Victims: A Qualitative Study
Abstract
This research is about the experiences of players with sexual harassment in online
games and corresponding help systems. For this purpose, the study examines how the
existing offers and measures of the game manufacturers as well as external counseling
and help systems are experienced by affected players. At the same time, the role of the
social environment is examined and the requirements for the development of help offers
resulting from these experiences are elaborated. To answer the research question, seven
players who had already experienced sexual harassm ent in online multiplayer games were
questioned in semi-structured interviews. The interviews were analyzed using qualitative
content analysis by Mayring. The study results provide insights into gamersʼ perceptions
of existing help systems in multiplayer online games. Moreover, a contribution for further
development of existing help systems in online worlds as well as for the expansion of
additional prevention, support and counseling options is given. In particular, this study
shows there is still a great need for action with regard to preventive activities. However,
there is a need for more action on the part of stakeholders such as game manufacturers
and politicians, which also requires further studies to be conducted.
1. Hintergrund
1.1 Problemdimensionierung und Forschungsstand
Computerspiele zählen allgemein zu einer der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen
(Ledder 2016). Laut GfK-Consumer Panel traf das im Jahr 2020 auf etwa 34,3 Milli-
onen Menschen in Deutschland zu und somit auf fast jede zweite Person (VddGB
2020). Im Jahr 2020 war der Anteil weiblicher und männlicher Gamer mit 52% (männ-
lich) zu 48% (weiblich) nahezu ausgeglichen (VddGB 2020). Trotzdem werden Com-
puterspiele in der Öffentlichkeit primär dem männlichen Geschlecht zugeschrieben
(Cote 2017; Ledder 2016; VddGB 2020). Ursächlich hierfür sind u. a. Spielcharaktere,
die auf das männliche Geschlecht ausgerichtet sind, eine Unterrepräsentation weib-
licher Charaktere sowie die Ausgrenzung weiblicher Spielender (Burnay, Bushman,
und Larøi 2019; Choe, Doh, und Ha 2020; Cote 2017; Ivory 2006; Lopez-Fernandez et
al. 2019). Allgemein zeigen Studien, dass vor allem Frauen, ethnische Minderheiten
sowie Spielende aus der LGBTQIA+-Community in diesen Spielwelten Belästigungen
ausgesetzt sind (Beres et al. 2021).
53
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
Als sexuelle Belästigung wird vorliegend jede Handlung mit sexuellem Bezug ver-
standen, die unerwünscht ist und Spieler:innen auf der Grundlage ihres Geschlechts
herabwürdigt. Dazu zählen sexistische Witze, sexistische Beleidigungen sowie un-
gewollte Annäherungsversuche. Im Kontext von Online-Spielen kann sich diese in
verbaler, textbasierter oder visueller Form manifestieren. Unter Online-Spielen wer-
den in dieser Arbeit sämtliche Videospiele gefasst, die während des Spielens auf
die Infrastruktur des Internets zugreifen und innerhalb des Spiels Kommunikation
mit anderen Personen ermöglichen. Häufig sind dabei vor allem Frauen speziell von
sexueller Belästigung betroffen, aber auch Kinder und Jugendliche sind gefährdet
(Choe, Doh, und Ha 2020; Lopez-Fernandez et al. 2019; Sobieraj 2018; Tang und Fox
2016). Sexuelle Belästigung kann verstanden werden als
«jede unerwünschte sexuelle Avance oder vergleichbare Handlung, welche
sich gegen das Geschlecht einer Person richtet, einschließlich anzüglicher
oder diskriminierender Bemerkungen und sexueller Nötigung» (Pina, Gannon,
und Saunders 2009).
Generell gelten toxische Verhaltensweisen wie Einschüchterung, Beschämung
und Diskreditierung als Strategien des digitalen Sexismus (Sobieraj 2018). Unter To-
xizität sollen in dieser Arbeit sämtliche unverschämten, aggressiven und entwürdi-
genden Einstellungen und Verhaltensweisen verstanden werden. In Anlehnung an
die semantische Bedeutung des Begriffs entsteht demnach ein «vergiftetes» Umfeld
(dazu auch Salminen et al. 2020). Dabei wird diese Form der Belästigung sowohl im
Offline- als auch im Online-Kontext am häufigsten von Männern gegenüber Frau-
en verübt (Henry und Powell 2018; Pina, Gannon, und Saunders 2009). In Bezug auf
das Geschlechterverhältnis stellt Bourdieu ähnliche, sich unablässig reproduzieren-
de Vorgänge ausserhalb der Spielwelt fest (vgl. 2005, 65). Obwohl die «männliche
Herrschaft» im jüngsten Wandel grosse Teile «ihrer unmittelbaren Selbstverständ-
lichkeit» verliert, besteht sie als unsichtbare Struktur fort (ebd., 100, 184). Folgen
der Belästigungen sind zum Beispiel das Meiden bestimmter Spiele, die Reduktion
sozialer Interaktion und Gefühle der Isolation (ADL 2020; Cote 2017; Fox und Tang
2017). Eine Studie aus dem Jahr 2019 weist zudem darauf hin, dass zehn Prozent der
Befragten als Folge der sexuellen Belästigung depressive und/oder suizidale Gedan-
ken haben (ADL 2020). Allerdings stellt die Studie auch dar, dass nur fünf Prozent
nach Vorfällen der Belästigung die Polizei kontaktieren (ebd.).
Insgesamt können fünf Strategien konstatiert werden, die den Einfluss von
Belästigungen auf den Spielspass gering halten sollen (Beres et al. 2021). Diesen
Strategien sind der Ausstieg aus dem Online-Spiel, die Vermeidung des Spielens mit
Fremden, die Tarnung des Geschlechts, der Einsatz eigener Fähigkeiten und Erfah-
rungen im Hinblick auf sexuelle Belästigung sowie das Annehmen einer aggressi-
ven Persönlichkeit (Beres et al. 2021). Auch in anderen Studien wird auf ähnliche
54
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
Bewältigungsstrategien hingewiesen (Choe, Doh, und Ha 2020; Cote 2017; Fox und
Tang 2017; Lopez-Fernandez et al. 2019). In einer weiteren Studie sind zudem 62%
der Befragten der Meinung, dass die Unternehmen für mehr Sicherheit bezüglich der
Belästigungen zuständig sind (ADL 2020).
Fox und Tang (2017) weisen ausserdem darauf hin, dass die Reaktionen der Vi-
deospielindustrie auf sexuelle Belästigung als wichtige Einflussfaktoren dahinge-
hend angesehen werden, ob weibliche Spielerinnen weiter am Spiel teilnehmen
(Fox und Tang 2017). Allerdings zeigt sich, dass bereits bestehende Meldesysteme
häufig nicht von den Betroffenen genutzt werden, da Zweifel an deren Effektivität
bestehen (ADL 2020; Beres et al. 2021; Choe, Doh, und Ha 2020). Präventive Pro-
gramme zu sexueller Belästigung werden zwar gefordert; bereitgestellt werden bis-
her allerdings nur wenige Angebote (Burnay, Bushman, und Larøi 2019; Diehl, Glaser
und Bohner 2014). Dabei können beispielsweise Diehl et al. (2014) in ihrer Studie die
Wirksamkeit solcher präventiven Strategien im Kontext von sexueller Belästigung
bestätigen.
1.2 Zielsetzung und Desiderat
Trotz der beschriebenen Prävalenz und den teils schwerwiegenden Folgen für die
Betroffenen steht die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema der
Belästigung, insbesondere der sexuellen Belästigung in Online-Spielen, erst am
Anfang ihrer Entwicklung (Letter et al. 2017). Dieser Beitrag widmet sich daher der
beschriebenen Forschungslücke zum Thema der sexuellen Belästigung in Video-
spielen. Vor diesem Hintergrund sind im vorliegenden Beitrag folgende Fragenstel-
lungen forschungsleitend:
a. Wie werden Unterstützung und Massnahmen des sozialen Umfelds, der
Spielhersteller:innen sowie externen Beratungs- und Hilfesysteme von Spielen-
den wahrgenommen, die sexuelle Belästigung in Multiplayer-Games erlebt ha-
ben?
b. Welche Anforderungen ergeben sich auf Grundlage dieser Erfahrungen in Bezug
auf die (Weiter-)Entwicklung von Hilfsangeboten?
2. Methodisches Vorgehen
2.1 Studiendesign
Zur Untersuchung des Forschungsgegenstands wurde ein qualitativer Forschungs-
ansatz gewählt. Hierdurch sollen Erkenntnisse zum Forschungsgegenstand durch
konkrete subjektive Beobachtungen und Erfahrungen aus den einzelnen Befragten
55
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
gewonnen werden (Bryman 2012; Flick 2019; Mey und Ruppel 2018; Wichmann 2019).
Da im Rahmen des Forschungsvorhabens subjektive Wahrnehmungen und Erfah-
rungen der Befragten bezüglich sexueller Belästigung in Multiplayer-Games unter-
sucht wurden, wurde die qualitative Methode des semi-strukturierten Leitfadenin-
terviews ausgewählt. Die Methode ermöglicht einen offenen und flexiblen Umgang
mit dem Interviewleitfaden, sodass auch Nachfragen und vertiefende Themen be-
handelt werden können (Bryman 2012; Loosen 2016).
2.2 Rekrutierung und Stichprobe
Für das Forschungsvorhaben wurden Personen rekrutiert, die Erfahrungen im Spie-
len von Multiplayer-Games haben und mindestens 18 Jahre alt sind. Ein weiteres
Einschlusskriterium bestand darin, dass die Spieler:innen Erfahrungen mit sexuel-
ler Belästigung beim Spielen von Multiplayer-Games gemacht haben. Personen, die
aufgrund von Erfahrungen mit sexueller Belästigung in psychologischer Behandlung
sind oder waren, wurden ausgeschlossen.
Die Rekrutierung wurde auf sozialen Plattformen wie Facebook, Instagram, You-
Tube, Twitch und Twitter vorgenommen. Ebenfalls fand die Rekrutierung durch E-
Mail-Verteiler verschiedener Fakultäten der Universität Bielefeld sowie durch Foren
statt. Interessierte wurden durch einen Link auf einen Online-Fragebogen weiterge-
leitet, der die Einschlusskriterien der Teilnahme überprüft hat. Sie erhielten ferner
ein Dokument mit Teilnehmendeninformationen. Insgesamt durchliefen 19 Perso-
nen den Online-Fragebogen. Aufgrund der definierten Teilnahmekriterien konnten
hiervon sieben Personen in die Studie eingeschlossen werden. Die sieben Teilneh-
menden waren alle weiblich und im Alter von 22 bis 34 Jahren.
2.3 Leitfaden und Erhebung
Der Interviewleitfaden (siehe Anhang) enthielt zunächst eine kurze Begrüssung. Im
ersten Fragenblock wurde die allgemeine Erfahrung der Befragten mit dem Spielen
von Multiplayer-Games, im zweiten Fragenblock die aktuelle Spielesituation bespro-
chen. Der dritte Block behandelte die Bedeutung (im Sinne von Belang) und die Art
(im Sinne von Verhalten) des Zusammenspielens. Im darauffolgenden Block wurden
die Interviewten über ihre Erfahrungen und ihren Umgang mit sexueller Belästigung
im Spiel befragt. Block fünf behandelte die Eigenverantwortung und den Umgang
der Befragten mit den Mitspieler:innen. Die Bedürfnisse der befragten Spieler:innen
im Spiel sowie die Problembekämpfung der sexuellen Belästigung wurden im sechs-
ten Frageblock thematisiert. Die eigene Hilfsbereitschaft im Spiel wurde im Frage-
block acht besprochen, während der letzte Frageblock eine Möglichkeit für offene
Fragen der Interviewten bot.
56
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
Die Erhebung fand vom 03.01.2021 bis zum 26.06.2021 statt. Die Gespräche
wurden als Einzelinterviews telefonisch oder per Jitsi meet – einer verschlüsselten
Open Source Software, die Gespräche per Webbrowser ohne vorherige Installation
ermöglicht – geführt. Dadurch konnten Anonymität und Sicherheit der Teilnehmen-
den gewährleistet werden. Es erfolgte ausschliesslich eine Audioaufnahme der In-
terviews mit anschliessender Transkription. Die Audioaufnahmen und Transkripte
wurden nach erfolgter inhaltsanalytischer Auswertung gelöscht.
2.4 Datenaufbereitung und -auswertung
Die Datenaufbereitung fand entlang der Vorgaben für qualitative Inhaltsanalysen
nach Mayring (Mayring 2015; Mayring und Fenzl 2019; Mey und Ruppel 2018) statt.
Dabei wurde die zusammenfassende Inhaltsanalyse gewählt, welche sich für eine
induktive Kategorienbildung eignet. Zunächst wurden mithilfe der Strukturierung
deduktiv aus den Fragestellungen Hauptkategorien gebildet (vgl. Mayring 2015, 97;
Mayring und Gläser-Zikuda 2008, 11). Im Anschluss wurden über die zusammenfas-
sende Inhaltsanalyse anhand des Materials induktiv weitere Unterkategorien gebil-
det (vgl. Mayring & Gläser-Zikuda, ebd.). Tabelle 1 sind die gebildeten Kategorien
und Unterkategorien mit entsprechender Definition zu entnehmen.
Kategorienbezeichnung* Kategoriendefinition
OK: Grundlegende Bedürfnisse an
das Spielerlebnis
Bedürfnisse, die aus Sicht von Spieler:innen unbedingt vom
Spiel erfüllt werden sollten.
OK: Wahrnehmung bestehender
Unterstützungssysteme
Subjektive Eindrücke zu bestehenden Unterstützungssyste-
men, die Spieler:innen im Fall sexueller Belästigung helfen
könnten.
UK: Unterstützung durch das
persönliche soziale Umfeld
Erfahrungen von Unterstützung durch das persönliche sozi-
ale Umfeld bei sexueller Belästigung im Spiel. Das persönli-
che soziale Umfeld setzt sich dabei zusammen aus Familie,
Freund:innen, Partner:innen und weiteren sozialen Zusam-
menschlüssen (z. B. Gilden oder Mitspieler:innen).
UK: Unterstützung durch An-
gebote und Massnahmen der
Spielhersteller:innen
Erfahrungen mit Hilfesystemen von Spielherstellerinnen
und -herstellern.
UK: Unterstützung durch externe
Beratungs- und Hilfssysteme
Erfahrungen mit Unterstützung in Form von Beratungs- und
Hilfemassnahmen, die von professionellen Einrichtungen
angeboten werden, die nicht unmittelbar mit dem Spiel in
Kontakt stehen.
OK: Anforderungen an die Spiel-
welt im Kontext von sexueller
Belästigung im Spiel
Anforderungen von Spieler:innen bezüglich des Umgangs
mit sexueller Belästigung im Spiel.
57
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
Kategorienbezeichnung* Kategoriendefinition
UK: Anforderungen an die Gesell-
schaft & Community
Forderungen von Spieler:innen an die
Spieler:innencommunity bezüglich des Umgangs von sexu-
eller Belästigung im Spiel.
UK: Anforderungen an die
Spielhersteller:innen
Forderungen von Spieler:innen an Spielhersteller:innen
bezüglich des Umgangs von sexueller Belästigung im Spiel.
Legende: OK = Oberkategorie
UK = Unterkategorie
Tab. 1: Kategorien und Unterkategorien mit Definitionen.
Zunächst erfolgte bei der Interpretation der Ergebnisse eine Zusammenfassung
und Strukturierung des Materials mithilfe der Erstellung eines Kategoriensystems.
Dabei wurden aus den Aussagen Oberkategorien gebildet, welche wiederum in de-
tailliertere Unterkategorien eingeteilt wurden. Nach Erstellung des Kategoriensys-
tems erfolgte eine Rücküberprüfung am Ausgangsmaterial (Lopez-Fernandez et al.
2019; Mayring 2015; Mayring und Fenzl 2019).
2.5 Einhaltung ethischer Richtlinien
Die Ethikkommission der Universität Bielefeld hat das Forschungsvorhaben nach
den ethischen Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Psychologie e.V. und des
Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. geprüft und für
ethisch unbedenklich befunden. Der Antrag ist unter Nummer 2021-170 hinterlegt.
3. Studienergebnisse
Auf Grundlage der Erkenntnisse aus den Interviews werden im Folgenden die wahr-
genommene Unterstützung des sozialen Umfelds, der Spielhersteller:innen sowie
externer Beratungs- und Hilfesysteme als zentrale Ansatzpunkte präventiver Arbeit
dargestellt. Im Anschluss werden Anforderungen der Befragten im Umgang mit se-
xueller Belästigung im Rahmen von Präventionsmöglichkeiten beschrieben.
3.1 Kategorie: Grundlegende Erwartungen an das Spielerlebnis
Für die Befragten ist das Spielen mit dem Bedürfnis nach Spass und Entspannung
verbunden (I3 A121, I6 A84):
«Weil ich weiß, egal wie gut du spielst, der beste Pro-Player wird trotzdem
beleidigt und ich hab noch ganz andere Probleme in meinem Leben (lacht) ja
da muss League nicht auch noch eins werden (lacht) und ich möchte wirklich
spielen, um abzuschalten, Spaß mit Freunden zu haben» (I3 A95).
58
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
Dabei fordern sie eine sichere Umgebung ein, um dies zu ermöglichen (I1 A45, I2
A110):
«ich findʼs halt schlimm, wenn das keine sichere Umgebung ist für Jugendli-
che oder für Leute, die vielleicht schon sexuelle äh Übergriffe erfahren haben
im echten Leben, die sich da so safe place suchen und dann werden sie dort
so angesprochen» (I1 A45).
Nicht zuletzt besteht das grosse Bedürfnis, Zeit mit Peers und/ oder Familienmit-
gliedern zu verbringen (I1 A30-32; I2 A20; I3 A121; I4 A33-35):
«Das Einzige, das mir schon wichtig ist, ist dass ich mit meiner Schwester hin
und wieder zusammenspiele. Die wohnt recht weit weg und das ist dann so
unsere Möglichkeit, Zeit miteinander zu verbringen» (I1 A30).
3.2 Kategorie: Wahrnehmung bestehender Unterstützungssysteme
3.2.1 Unterkategorie: Unterstützung durch das persönliche soziale Umfeld
Den Teilnehmerinnen bekannte Mitspieler:innen erfüllen in diesem Kontext wich-
tige Funktionen: Zum einen wird ihre Vertrautheit und davon abgeleitet die Sicher-
heit in Bezug auf zu erwartendes Verhalten geschätzt (I2 A118; I4 A133; I7 A24). Zum
anderen reagierten mitspielende Freund:innen bei Belästigungsfällen im Spiel und
verteidigten die angegriffene Person (I3 A67, I5 A177):
«Also meistens ähm reagi / tun sie gegensteuern (lacht) also schreiben dann
was blödes zurück ähm oder wir ignorierenʼs halt komplett / also das Gleiche,
beziehungsweise (lacht) es ist eigentlich bei uns schon normal, dass wenn
einer von unseren premades doof angemacht wurde oder beleidigt wurde,
dass dann die gesamte Gruppe ihn auch gebündelt reportet, weil wir einfach
hoffen, dass wenn 2/3/4 Reports über eine Person eingehen, dass dann auch
ein bisschen mehr passiert» (I3 A67).
Ausserdem werden Spieler:innen in der Auseinandersetzung mit der Thematik
als Gesprächspartner:innen bevorzugt, da diese die Problematik nach Angaben der
Teilnehmenden eher erfassen als Nicht-Spielende (I1 A81; I3 A87; I6 A116):
«Weil ich die Menschen kenne und ich weiß, wie die reagieren. Und wenn ich
weiß, sie würden nicht gut reagieren, wäre ich nicht mit ihnen befreundet» (I2
A118).
59
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
3.2.2 Unterkategorie: Unterstützung durch Angebote und Massnahmen der
Spielehersteller:innen
Das Material lässt den Schluss zu, dass neben dem sozialen Umfeld insbesondere
den Spielhersteller:innen selbst eine wichtige Rolle im Umgang mit sexueller Beläs-
tigung in Online-Spielen sowie deren Prävention zufällt. Die Unterstützungsangebo-
te von Hersteller:innen werden jedoch häufig als unzureichend eingestuft (I1 A42; I2
A69; I5 A163-165; I7 A56). Ein zentraler Kritikpunkt ist dabei die fehlende Rückmel-
dung auf eingereichte Reports sexueller Belästigung:
«Entsprechend meiner vielen Reports kommt da sehr, sehr wenig Feedback
von League of Legends zurück, ja und wie gesagt, wenn, dann kann ich es
nicht zuordnen» (I3 A65),
Oft bleibt eine Rückmeldung auf berichtete Vorfälle aus (I2 A71; I3 A60; I5 A147-
149). Im selteneren Vorkommnis, dass die Erstellerinnen des Reports doch Feedback
erhalten, beschränken sich die damit einhergehenden Aussagen häufig auf compu-
tergenerierte Mitteilungen mit der Meldung, dass sich der eingereichte Fall in Bear-
beitung befinde (ebd.). Etwaige Konsequenzen der Reports blieben aus oder seien
nicht zuzuordnen (I1 A42; I2 A122; I7 A48). Durch diese mangelnde Rückmeldung be-
stehe Unsicherheit darüber, ob der Fall bearbeitet werde, «[…] ob es ankommt, ob
es jemand liest und ob irgendwas passiert» (I2 A69).
Auch potenziell erfolgte Massnahmen, wie beispielsweise ein Spielausschluss,
werden als unzureichend eingestuft (I7 A48). Einen der Gründe dafür stelle das ein-
fache Erstellen eines neuen Charakters/Accounts dar, wodurch der Ausschluss vom
Spiel umgangen werden kann (I4 A153; I5 A163). Zwar gingen Errungenschaften da-
bei verloren, die Täter:innen haben dadurch allerdings die Möglichkeit, unmittelbar
weiterzuspielen (I4 A159). Für eine Teilnehmerin hat diese Erfahrung mit dem Hilfe-
system daher einen «[…] bitteren Nachgeschmack» (I4 A163).
Eine weitere Massnahme der Spielhersteller:innen, die von den Befragten ge-
nutzt wird, sei die Möglichkeit, Nutzer zu blockieren (I1 A45; I3 A57; I5 A139; I6 A84).
Die Kommunikation von und mit blockierten Spieler:innen sei eingeschränkt (I3
A57). Teilnehmerin I2 berichtet dazu von den Erfahrungen, die eine Freundin in ei-
nem Fall von Stalking erlebt habe:
«Jedes Mal, wenn sie ihn ignoriert, dann hat er sich einen neuen Charakter
erstellt» (I1 A45).
Mit diesem neuen Charakter könne er die Betroffene immer wieder kontaktieren
(ebd.).
60
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
3.2.3 Unterkategorie: Unterstützung durch externe Beratungs- und Hilfssysteme
Keine der interviewten Personen habe bisher Erfahrungen mit externen Beratungs-
und Hilfemassnahmen gesammelt:
«Aber jetzt ʼne Institution aufgesucht habe ich jetzt nicht. Also ich wüsste
jetzt auch ganz ehrlich auch gar nicht, wo. Ich wüsste jetzt nicht, ob es ʼne
Institution in dieser Richtung gibt» (I6 A110).
Einer Teilnehmerin sei die Existenz solcher Hilfestrukturen vollkommen unbe-
kannt, sie würde aber, wenn sie nicht mit den Folgen einer Belästigung zurechtkä-
me, eine Inanspruchnahme in Betracht ziehen:
«Wenn ich jetzt vielleicht jemand wäre, der sagen würde ‹boah, ich kommʼ
damit gar nicht klar, dass ich in einem Spiel angemacht wurde›, dann würde
ich vielleicht rumfragen, ob es was gibt.» (I6 A114)
Ähnlich sieht es eine weitere Teilnehmerin (I3), welche erklärt:
«Solange es bei diesen oberflächlichen Beleidigungen bleibt, hatte ich da bis-
her nicht irgendwie den Grund, mich noch an jemanden zu wenden» (A115).
Für I4 gibt allein das Wissen über die Existenz einer solchen Stelle Sicherheit:
«Hatte ich bis jetzt noch keinen Kontakt, aber ich weiß, dass es solche Stellen
gibt und auch das Wissen allein schon gibt Sicherheit» (A167).
3.3 Kategorie: Anforderungen an die Spielwelt im Kontext von sexueller Belästigung
im Spiel
3.3.1 Unterkategorie: Anforderungen an die Gesellschaft & Community
Im Umgang mit sexueller Belästigung in Online-Spielen sowie in deren dieser for-
dern die Befragten, die Thematik stärker öffentlich zu machen und mehr Bewusst-
sein dafür zu schaffen (I2 A126, I5 A267). Dadurch sollten Menschen, die unter sol-
chen Einflüssen leiden, ermutigt werden, sich zu verteidigen:
«Aber so macht man das Problem auch öffentlicher und vielleicht verteidigen
auch die Leute dann besser ähm die Leute, die darunter leiden, wenn sie das
mitbekommen, wenn sie wissen wie oder den Mut haben, was zu sagen oder
zu schreiben (lacht) man muss ja nicht immer was sagen, man kann auch was
schreiben» (I5 A267).
Insbesondere junge und emotional vorbelastete Personen sollten den Inter-
viewten zufolge besonders geschützt werden (dazu auch I2 A126, I5 A203):
61
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
«Ich findʼs halt schlimm, wenn das keine sichere Umgebung ist für Jugendli-
che oder für Leute, die vielleicht schon sexuelle äh Übergriffe erfahren haben
im echten Leben, die sich da so safe place suchen und dann werden sie dort
so angesprochen» (I1 A45).
Ein Vorschlag in diesem Zusammenhang lautet: Handlungskompetenzen bei
jungen Spielenden zu schaffen, um sie auf etwaig belastende Situationen vorzube-
reiten und mögliche Lösungswege anzubieten (I2 A108, I5 A321-323):
«Die Kinder und Jugendlichen zocken jetzt ja auch immer früher und immer
mehr Sachen, wo man halt im Voicechat ist oder schreiben kann. Dass da viel-
leicht einfach schon früher Aufklärung stattfindet, […] es gibt ja auch genug
Medienpädagogen, die dann an Schulen sind, dass man sowas vielleicht mal
thematisiert. Dass man sich vielleicht extern Experten ranholt, die man da ʼn
bisschen schulen kann und dann versuchen, das weiterzugeben» (I2 A108).
Zudem ist es den Teilnehmerinnen sehr wichtig, Respekt gegenüber ihren
Mitspieler:innen zu wahren (I2 A81, I3 A77, I4 A95, I5 A207, I7 A56). Dabei scheint es
für die Interviewten keinen Unterschied zu machen, ob sie sich im realen oder im
virtuellen Kontext einer anderen Person befinden:
«[…] ich würd ja auch nicht auf der Strasse zu jemandem hingehen und sagen,
weil du jetzt ne rote Hose anhast ähm oder irgendwie n kurzen Rock trägst
oder so würde ich dich jetzt ins nächste Gebüsch ziehen / also […] ja / macht
für mich halt keinen Sinn warum das im Netz dann so / so ausartet» (I2 A81).
3.3.2 Unterkategorie: Anforderungen an die Spielhersteller:innen
Von mehreren Teilnehmerinnen wird der Wunsch nach einem Live-Chat in dem ein
Support angesprochen wird (I1 A69, I2 A69, I3 83, I5 A265). Dadurch versprechen sich
die Befragten direktes Feedback und das Gefühl, dass sich tatsächlich jemand um
ihr Anliegen kümmert (I3 A44). Ausserdem ermögliche es dem Support, potenzielle
Rückfragen zu stellen und dadurch ein tieferes Verständnis der Situation zu erhalten
(I2 A96-98). Im Zweifelsfall könne der Support auch eine Ansprechperson für Fälle
von Belästigungen sein, die die Spieler:innen emotional belasten (I3 A83).
Neben der Forderung nach einer verbesserten Rückmeldung hinsichtlich zu er-
wartender Folgen für die Täter:innen wird auch die Art der Bestrafung infrage ge-
stellt. So ist für einige die richtige Härte der Bestrafung schwer einzuschätzen (I1
A55), während andere strengere Massnahmen fordern (I5 A163). Zudem bestehen
Zweifel, ob ein Ausschluss vom Spiel überhaupt nachhaltig etwas am Verhalten der
Täter ändern könne (I7 A48).
62
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
Für eine der befragten Personen besteht Unklarheit, ob das Weiterverarbeiten
und Verfolgen der dokumentierten Belästigungsfälle seitens der Hersteller:innen
überhaupt angestrebt wird:
«Ob die wirklich bemüht sind ähm sowas, wie sexuelle Beleidigung oder Se-
xismus zu unterbinden ODER, ob sie jetzt mal ganz böse unterstellt einfach
nur die Möglichkeit eines Report-Buttons anbieten, damit einer da ist und
man nicht sagen kann sie machen nichts» (I5 A50).
4. Diskussion
4.1 Ergebnisdiskussion
Die Ergebnisse zeigen, dass das Spielen von Computerspielen zunächst vorrangig
mit dem Bedürfnis nach Spass und Gemeinschaft verbunden ist. Dabei gilt eine si-
chere Spielumgebung, in der sich alle gleichermassen frei bewegen und äussern
können, grundsätzlich als Voraussetzung für ein positives Spielerlebnis. Allerdings
sehen sich einige Spielerinnen während des Online-Spiels mit sexueller Belästigung
konfrontiert, sodass die sichere Umgebung für ein freies und unbeschwertes Spie-
len gefährdet wird. Im Fall der sexuellen Belästigung benennen die Befragten der
Studie unterschiedliche Hilfesysteme, die Betroffenen in einer solchen Situation
Unterstützung bieten können. Zu diesen Hilfesystemen zählen zum einen Angebote
innerhalb des Spiels, die von den Spielhersteller:innen selbst angeboten werden,
zum anderen das persönliche soziale Umfeld der Spieler:innen sowie externe Bera-
tungs- und Hilfesysteme.
Obwohl Spielehersteller:innen massgeblich selbst dafür zuständig sind, mehr Si-
cherheit in Bezug auf Belästigungen in ihren Spielen zu bieten (ADL 2020), zeigt sich
anhand der Ergebnisse der vorliegenden Studie, dass die hier angebotenen Hilfe-
systeme infolge fehlender Rückmeldungen und Unterstützung negativ wahrgenom-
men werden. Ähnliche Ergebnisse zeigen Choe et al. (2020) auf, die im Rahmen ihrer
Studie berichten, dass Meldesysteme – aufgrund eines Misstrauens bezüglich der
Effizienz dieser Systeme – im Fall von Belästigungen oft nicht genutzt werden (Choe,
Doh, und Ha 2020). Darüber hinaus weisen die Ergebnisse dieser Studie darauf hin,
dass die angebotenen Massnahmen und Angebote häufig als unzureichend wahr-
genommen werden. Dieser Mangel an Hilfestrukturen in Online-Spielen erschwert
die Umsetzung präventiver Massnahmen und erfordert in Zusammenarbeit mit den
Spielhersteller:innen eine Überarbeitung, durch die der Schutz der psychischen Ge-
sundheit von Spielenden eher gewährleistet wird.
63
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
Demgegenüber spielt das persönliche soziale Umfeld eine entscheidende und
wesentliche Rolle im Umgang mit sexueller Belästigung in Online-Spielen. Dabei
werden sowohl Freund:innen sowie Mitspielerinnen und Mitspieler innerhalb des
Spiels als auch Familie sowie Freundinnen und Freunde ausserhalb des Spiels als
wichtige Unterstützungspersonen und Gesprächspartner:innen angesehen. Die so-
ziale Unterstützung wirkt bei Erfahrungen sexueller Belästigung oder sexueller Ge-
walt als protektiver Faktor zur Bewältigung des Erlebten (Schellong 2014).
Neben der Unterstützung durch das soziale Umfeld werden auch externe Be-
ratungs- und Hilfesysteme in dieser Studie als mögliche Anlaufstelle angesehen.
Jedoch ist keine der Befragten bisher in Kontakt mit einer solchen Organisation
getreten. Wanek und Schreiner-Kürten (2021) weisen darauf hin, dass z. B. Selbst-
hilfegruppen für Opfer sexueller Belästigung keine Förderung durch die gesetzli-
che Krankenversicherung erhalten. Dies stellt eventuell ein Hindernis für die Inan-
spruchnahme von Hilfeleistungen dar (Wanek und Schreiner-Kürten 2021). Weitere
mögliche Erklärungsansätze für die fehlende Inanspruchnahme könnten fehlende
niederschwellige Kontaktmöglichkeiten oder Scham sein.
Grundsätzlich ist es aus Sicht der Betroffenen im Rahmen präventiver Arbeit
essenziell, ein Bewusstsein für sexuelle Belästigung in Online-Spielen zu schaf-
fen. Neben der Forderung der Befragten, die Aufmerksamkeit für das Thema in der
Bevölkerung zu erhöhen, argumentieren Choe et al. (2020) auf Basis ihrer Studie
zu Erfahrungen südkoreanischer Jugendlicher mit Sexismus und deren Bewälti-
gung in Online-Spielen, dass sowohl bei den Spielhersteller:innen als auch bei den
Spieler:innen selbst ein aktives Bewusstsein gegenüber sexueller Belästigung ge-
schaffen und sexistisches Verhalten von beiden Parteien beobachtet werden soll.
Parallel dazu fordern die befragten Personen, die selbst Teil der Spiel-Commu-
nity sind, dass dort respektvoll miteinander umgegangen sowie Rücksicht aufein-
ander genommen werden soll. Eine ähnliche Forderung stellt Brehm (2013), in der
sie die Spieler:innen dazu anhält, das eigene toxische Verhalten zu unterbinden und
darüber hinaus schädliches Verhalten anderer zu melden.
An Verbesserungen vonseiten der Spielhersteller:innen im Umgang mit sexuel-
ler Belästigung wünschen sich die Befragten dieser Studie eine Verbesserung und
Erweiterung der bestehenden Hilfesysteme, durch z. B. direktes Feedback bei Mel-
dung eines Vorfalls sowie den Ausbau des Hilfe- und Präventionssystems durch die
Bereitstellung direkter Ansprechpersonen. Die Einstellung von moderierenden Per-
sonen aufseiten der Spielhersteller:innen, die als Ansprechpartner:innen bei Situa-
tionen sexueller Belästigung und als Beobachtende des Verhaltens fungieren, wird
von Beres et al. (2021) ebenfalls als Möglichkeit angesehen, um eine sichere Spiel-
umgebung zu schaffen und so das Vertrauen in die bestehenden Meldesysteme wie-
derherzustellen (ebd.).
64
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
Schliesslich erwarten die Befragten der Studie als weitere präventive Massnah-
me zur Verhinderung sexueller B elästigung, dass strengere Regeln für die Täter:innen
im Spiel etabliert werden, um entsprechendes Verhalten langfristig verhindern zu
können. Zusammenfassend liefern die Ergebnisse Erkenntnisse über grundlegende
Bedürfnisse der Teilnehmenden am Spielerlebnis sowie über ihre Wahrnehmung be-
stehender Hilfesysteme im Fall sexueller Belästigung in Multiplayer Online-Games.
Weiterhin dienen die Ergebnisse einer Weiterentwicklung bestehender Hilfesysteme
in Online-Spielen und dem Ausbau zusätzlicher Präventions-, Unterstützungs- und
Beratungsmöglichkeiten. Folglich besteht erheblicher Handlungsbedarf im Kontext
präventiver Massnahmen.
4.2 Methodendiskussion
Die vorliegende Untersuchung unterliegt verschiedenen Limitationen. Zunächst er-
gaben sich Schwierigkeiten bei der Rekrutierung der Studienteilnehmenden. Diese
fand von November 2020 bis Juni 2021 statt, bis sieben Personen für die Teilnahme
an der Studie gewonnen waren. Ein Hindernis im Rahmen der Rekrutierung stellt die
hohe Sensibilität der Thematik dar. Mit stigmatisierten Gruppen in Kontakt zu treten
sowie mit ihnen eine Beziehung aufzubauen, um diese als Forschungsteilnehmende
zu gewinnen, gestaltet sich auch nach Barratt und Maddox (2016) als schwierig.
Eine weitere Limitation liegt darin, dass alle Teilnehmenden an unserer Studie
weiblich waren, sodass Verzerrungen der Ergebnisse nicht auszuschliessen sind.
Ebenfalls geben die Ergebnisse lediglich die subjektiven Sichtweisen und Erfahrun-
gen der Befragten wieder und können nicht als allgemeingültig betrachtet werden.
Allerdings verfolgt diese Arbeit einen qualitativen Ansatz, sodass generalisierende
Aussagen auch nicht das Ziel des Forschungsvorhabens darstellten.
Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass die Interviews aufgrund der COVID-
19-Pandemie ausschliesslich telefonisch oder durch eine verschlüsselte Open Sour-
ce Software durchgeführt wurden. Dadurch bleiben Mimik und Gestik der Befragten
unsichtbar, sodass aufgrund dieser Einschränkung Fehlinterpretationen möglich
sind (Misoch 2019). Ebenfalls kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Befrag-
ten die Fragen der Interviewer:innen unterschiedlich interpretiert oder falsch ver-
standen haben. Allerdings haben qualitative Interviews in telefonischer Form ihre
Daseinsberechtigung, solange die Durchführung kritisch beleuchtet sowie dieser
technische Aspekt in der Datenauswertung berücksichtigt wird. Die telefonische
Durchführung eignet sich somit für Personen, die schwer erreichbar sind, anonym
sein wollen oder nicht gesehen werden möchten. Ebenfalls eignen sich qualitati-
ve Interviews in telefonischer Form für Personen, bei denen ein realer Kontakt mit
dem Interviewer oder der Interviewerin gefährlich sein könnte (ebd.). Dadurch er-
hält man die Möglichkeit, das Interview von einem gesicherten Ort aus zu führen.
65
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
Gleichzeitig erleichtert die visuelle Anonymität den Befragten, «über mögliche inti-
me oder gegebenenfalls stigmatisierende und abweichende Verhaltensweisen oder
Kognitionen zu sprechen» (ebd., 171).
Eine weitere mögliche Limitation bezieht sich auf mögliche Antworten, welche
als sozial erwünscht gesehen werden. Das sozial erwünschte Antwortverhalten tritt
besonders in Untersuchungen wie der vorliegenden auf, in welchen negativ konno-
tierte oder kontroverse Eigenschaften sowie Konzepte untersucht werden (Beres et
al. 2021).
Zu diesem Forschungsstand gestaltete sich die Ermittlung quantitativer und
systematischer Übersichtsarbeiten, die nicht nur den aktuellen Forschungsstand
wiedergeben, sondern auch die jeweils gefundenen Ergebnisse in Relation zuein-
ander setzen, aufgrund einer überschaubaren Forschungslage mit grösstenteils
qualitativ ausgerichteten Studien als schwierig. Grundsätzlich scheint die Thematik
wenig erforscht zu sein.
Abschliessend sei darauf hingewiesen, dass weitere potenzielle Einflussfakto-
ren (Spielgenres, Spiele-Plattformen, aber auch Bildungsgrad der Spieler:innen, der
Einfluss der Corona-Pandemie etc.) in dieser Untersuchung nicht explizit untersucht
wurden, aber durchaus einen Einfluss auf die Toxizität der Spielkultur und eventuel-
ler Gegenmassnahmen haben können.
5. Fazit für die Praxis
Die Ergebnisse der Studie liefern Erkenntnisse über grundlegende Bedürfnisse von
Spieler:innen im Hinblick auf das Spielerlebnis sowie über ihre Wahrnehmung be-
stehender Hilfesysteme in Multiplayer Online-Games. Weiterhin leistet der Artikel
einen Beitrag zur Weiterentwicklung bestehender Hilfesysteme in Spielen und zum
Ausbau zusätzlicher Präventions-, Unterstützungs-, Interventions- und Beratungs-
möglichkeiten. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass externe Beratungs- und
Hilfemöglichkeiten bestehen, hierzu aber u. a. Anpassungsbedarf notwendig ist,
zumal sich die meisten Angebote nach unseren Recherchen explizit an Kinder und
Jugendliche sowie deren Eltern richten, seltener aber an junge Erwachsene. Anlauf-
stellen bei Betroffenheit sind u. a. aktiv-gegen-digitale-gewalt.de, hilfetelefon.de
oder staerker-als-gewalt.de.
Es konnte aufgezeigt werden, dass trotz vorhandener Interventionen noch er-
heblicher Handlungsbedarf besteht, gleichzeitig aber die Erfassung der Problema-
tik mit vielschichtigen Herausforderungen verbunden ist. Insgesamt ergeben sich
daraus die nachstehenden Handlungsempfehlungen für die Praxis: Aufgrund der
grösser werdenden Spieler:innencommunity und des fehlenden Bewusstseins in
der Gesellschaft für die Problematik sexueller Belästigung in Online-Spielen sollten
66
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
zukünftige Präventionsmassnahmen u. a. den Fokus auf die Sensibilisierung und
Aufklärung der Gesellschaft legen. In diesem Zusammenhang gilt es auch, die Zivil-
courage in Onlinewelten zu stärken.
Zudem ist der Ausbau weiterer Hilfestrukturen erforderlich, z. B. in bereits be-
stehenden Institutionen, die sich mit der Thematik sexueller Belästigung beschäf-
tigen. Besonders Spielhersteller:innen sollten in den Fokus des Ausbaus von prä-
ventiven und gesundheitsförderlichen Massnahmen gerückt und zur Verantwortung
gezogen sowie mithilfe politischer Vorgaben dazu angehalten werden, eine sichere
und gesunde Spielumgebung für alle zu ermöglichen. Dazu sollten präventive Ange-
bote frühzeitig ansetzen. Diese könnten zum einen Verhaltensmaximen in Online-
Welten bereitstellen und den Spieler:innen zum anderen Handlungskompetenzen
im Umgang mit sexueller Belästigung online näherbringen. Im Zusammenhang mit
der aufgezeigten Relevanz der Community ist zusätzlich die Einbeziehung von An-
sätzen des Peer Involvements empfehlenswert (Backes und Lieb 2015).
Auch bedarf es infolge von psychischer Belastung und deren potenzieller Folgen
für die psychische Gesundheit der Spieler:innen einer stärker präventiven und ge-
sundheitsförderlichen Perspektive in Forschung und Praxis. Weiterhin sollte bereits
im Vorfeld seitens der Spielhersteller:innen klar kommuniziert werden, welche Ver-
haltensweisen erwünscht und welche nicht tolerierbar sind. In schwerwiegenden
Fällen von Belästigung sollten entsprechend Sanktionen erfolgen, um sich als Her-
stellerfirma klar gegen derartiges Verhalten zu positionieren. Hierbei sollten auch
Report-Prozesse für Spielende transparent und nachvollziehbar gestaltet werden.
Dies könnte z. B. durch den direkten Kontakt mit einer realen Person des Spiel-
Supports ermöglicht werden. Diese Person sollte im Idealfall selbst auch Spielerin
oder Spieler sein, um die Problematik vollständig erfassen und im Bedarfsfall an zu-
ständige Stellen verweisen zu können. Zusätzlich könnten mithilfe von asynchroner
digitaler Beratung niedrigschwellige Angebote umsetzbar werden. Wissenschaftli-
che Untersuchungen konnten hierzu eine ähnliche Wirksamkeit wie in Face-to-Face-
Settings feststellen (Hartmann-Strauss 2020). Nicht zuletzt durch die aufgezeigte
multidimensionale Komplexität der Thematik kann diese Herausforderung nur mit
Bestrebungen unter Einbezug aller Beteiligten erfolgen.
Neben alledem sollte weiterführende Forschung über quantitative Analysen hin-
aus auch Feldforschungen und konstruktivistische Methoden in Erwägung ziehen,
um den Einfluss subjektiver Vorinterpretationen der Realität minimieren zu können
(dazu auch Fox und Tang 2016). Zukünftige Studien sollten zudem auch potenzielle
Einflussfaktoren wie Spielegenre, Spiele-Plattform, aber zum Beispiel auch den Bil-
dungsgrad der Spieler:innen berücksichtigen.
67
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
Autorenbeiträge
CC, RK KI, CD und KJW konzipierten die Studie und CC, RK KI führten diese durch. CC,
RK, KI analysierten und interpretierten die Daten. Alle Autorinnen und Autoren ver-
fassten gemeinsam das Manuskript, prüften die Inhalte gegenseitig und stimmten
der Endfassung zur Einreichung zu. KJW überwachte den gesamten Prozessablauf in
der Rolle als Projekthauptverantwortlicher und Seniorautor.
Literatur
Anti-Defamation League (ADL). 2020. «Free to Play? Hate, Harassment and Positive Social
Experiences in Online Games 2020: Hate, Harassment and Positive Social Experiences in
Online Games 2020». https://www.adl.org/media/15349/download.
Backes, Herbert, und Christiane Lieb. 2015. «Peer Education». https://leitbegriffe.bzga.de/
alphabetisches-verzeichnis/peer-education/.
Barratt, Monica J., und Alexia Maddox. 2016. «Active engagement with stigmatised com-
munities through digital ethnography». Qualitative Research 16 (6): 701–19. https://doi.
org/10.1177/1468794116648766.
Beres, Nicole A ., Julian Frommel, Elizabeth Reid, Regan L. Mandr yk, und Madison Klarkowski.
2021. «Donʼt You Know That Youʼre Toxic: Normalization of Toxicity in Online Gaming».
In Proceedings of the 2021 CHI Conference on Human Factors in Computing Systems, her-
ausgegeben von Yoshifumi Kitamura, Aaron Quigley, Katherine Isbister, Takeo Igarashi,
Pernille Bjørn und Steven Drucker, 1–15. New York, NY, USA: ACM.
Bourdieu, Pierre. 2005. Die männliche Herrschaft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Brehm, Audrey L. 2013. «Navigating the feminine in massively multiplayer online games:
gender in World of Warcraft». Frontiers in psychology 4:903. https://doi.org/10.3389/
fpsyg.2013.00903.
Bryman, Alan. 2012. Social research methods. 4. Aufl. Oxford: Oxford Univ. Press.
Burnay, Jonathan, Brad J. Bushman, und Frank Larøi. 2019. «Effects of sexualized video
games on online sexual harassment». Aggressive behavior 45 (2): 214–23. https://doi.
org/10.1002/ab.21811.
Choe, Kwisoon, Sun-Jae Doh, und Jeongmin Ha. 2020. «Adolescentsʼ Experiences and Coping
with Sexism Affect both Female and Male Online Gamers in South Korea». Sex Roles 83 (1):
43–53. https://doi.org/10.1007/s11199-019-01094-0.
Cote, Amanda C. 2017. «‹I Can Defend Myself›». Games and Culture 12 (2): 136–55. https://doi.
org/10.1177/1555412015587603.
Diehl, Charlot te, Tina Glaser, und Gerd Bohner. 2014. «Face the consequen ces: Learning about
victimʼs suffering reduces sexual harassment myth acceptance and menʼs likelihood to
sexually harass». Aggressive behavior 40 (6): 489–503. https://doi.org/10.1002/ab.21553.
68
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
Flick, Uwe. 2019. «Gütekriterien qualitativer Sozialforschung». In Handbuch Methoden der
empirischen Sozialforschung, herausgegeben von N. Baur und J. Blasius, 473–88. Wiesba-
den: Springer VS. https://doi.org /10.1007/978-3-658-21308-4_33.
Fox, Jesse, und Wai Yen Tang. 2017. «Womenʼs experiences with general and sexual ha-
rassment in online video games: Rumination, organizational responsiveness, with-
drawal, and coping strategies». New Media & Society 19 (8): 1290–1307. https://doi.
org/10.1177/1461444816635778.
Hartmann-Strauss, Susanna. 2020. Videotherapie und Videosupervision: Praxishandbuch für
Psychotherapie und Beratung Online. Psychotherapie. Berlin, Heidelberg: Springer. htt-
ps://doi.org/10.1007/978-3-662-62091-5.
Henry, Nicola, und Anastasia Powell. 2018. «Technology-Facilitated Sexual Violence: A Litera-
ture Review of Empirical Research». Trauma, violence & abuse 19 (2): 195–208. https://doi.
org/10.1177/1524838016650189.
Ivory, James D. 2006. «Still a Manʼs Game: Gender Representation in Online Reviews of Vi-
deo Games». Mass Communication and Society 9 (1): 103–14. https://doi.org/10.1207/
s15327825mcs0901_6.
Ledder, Simon. 2016. «Computerspiele». In Handbuch Medien- und Informationsethik, heraus-
gegeben von Jes sica Heesen, 269–74. Stuttgar t: J.B. Metzler. https://doi.org/10.1007/978-
3-476-05394-7_36.
Letter, J. de, T. van Rooij, und J. van Looy. 2017. «Determinants of harassment in online mul-
tiplayer games». Presented at the 67th Annual ICA Conference: Inter ventions: Commu-
nication Research and Practice, San Diego, United States. http://hdl.handle.net/1854/
LU-8510816.
Loosen, Wiebke. 2016. «Das Leitfadeninterview – eine unterschätzte Methode». In Handbuch
nicht standardisierte Methoden in der Kommunikationswissenschaft. Bd. 6, herausgegeben
von Stefanie Averbeck-Lietz und Michael Meyen, 139–55. Wiesbaden: Springer Fachmedi-
en. https://doi.org/10.1007/978-3-658-01656-2_9.
Lopez-Fernandez, Olatz, A. Jess Williams, Mark D. Griffiths, und Daria J. Kuss. 2019. «Female
Gaming, Gaming Addiction, and the Role of Women Within Gaming Culture: A Narrative
Literature Review». Frontiers in psychiatry 10 Article 454: 1-14. https://doi.org/10.3389/
fpsyt.2019.00454.
Mayring, Philipp. 2015. Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken. 12., überarb.
Aufl. Weinheim: Beltz.
Mayring, Philipp und Thomas Fenzl. 2019. «Qualitative Inhaltsanalyse». In Handbuch Metho-
den der empirischen Sozialforschung, herausgegeben von N. Baur und J. Blasius, 633–48.
Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21308-4_42.
Mey, Günter, und Paul Sebastian Ruppel. 2018. «Qualitative Forschung». In Sozialpsychologie
und Sozialtheorie, herausgegeben von Oliver Decker, 205–44. Wiesbaden: Springer. htt-
ps://doi.org/10.1007/978-3-531-19564-3_14.
Misoch, Sabina. 2019. Qualitative Interviews. 2., erweiterte und aktualisierte Auflage. De
Gruyter Studium. Berlin, Boston: De Gruyter Oldenbourg.
69
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
Pina, Afroditi, Theresa A. Gannon, und Benjamin Saunders. 2009. «An overview of the litera-
ture on sexual harassment: Perpetrator, theory, and treatment issues». Aggression and
Violent Behavior 14 (2): 126–38. https://doi.org/10.1016/j.avb.2009.01.002.
Salminen, Joni, Sercan Sengün, Juan Corporan, Soon-gyo Jung, und Bernard J. Jansen.
2020. «Topic-Driven Toxicity: Exploring the Relationship between Online Toxicity and
News Topics». https://doi.org/10.1371/journal.pone.0228723.
Schellong, Julia. 2014. «Akutintervention nach sexueller Gewalt». PiD – Psychotherapie im
Dialog 15 (01): 61–63. https://doi.org/10.1055/S-0034-1370820.
Sobieraj, Sarah. 2018. «Bitch, slut, skank, cunt: patterned resistance to womenʼs visibility in
digital publics». Information, Communication & Society 21 (11): 1700–1714. https://doi.org
/10.1080/1369118X.2017.1348535.
Tang, Wai Yen, und Jesse Fox. 2016. «Menʼs Harassment Behavior in Online Video Games:
Personality Traits and Game Factors». Aggressive behavior 42 (6): 513–21. https://doi.
org/10.1002/ab.21646.
Verband der deutschen Games-Branche e.V. (VddGB) 2020. «Jahresreport der deutschen
Games-Branche 2020». https://www.game.de/wp-content/uploads/2020/08/game-Jah-
resreport-2020.pdf.
Wanek, Volker, und Karin Schreiner-Kürten. 2021. «Bedeutung und Rolle der Krankenkassen
in der Prävention und Gesundheitsförderung». In Prävention und Gesundheitsförderung,
herausgegeben von Tiemann M. und M. Mohokum, 139–57. Springer Reference Pflege –
Therapie – Gesundheit. Berlin, Heidelberg: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-
62426-5_9.
Wichmann, Angela. 2019. Quantitative und Qualitative Forschung im Vergleich. Berlin, Heidel-
berg: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-59817-7.
Fördererhinweis
Gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-
Westfalen (MKW NRW). Die alleinige Verantwortung für die Inhalte liegt bei den
Autor:innen.
70
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
Anhang: Interviewleitfaden
Begrüssung & Einstieg in das Interview
– Hey! Kannst du mich gut verstehen? Wie gehtʼs dir? Schön, dass du Zeit gefunden
hast!
– Mein Name ist [Name des Interviewers] und ich würde gerne im Rahmen des Se-
minars «Toxische Gaming-Kultur» meines Masterstudiums (Public Health) ein
Interview zum Thema sexueller Belästigung in Multiplayer Games mit dir durch-
führen.
– Ich werde dich gleich bitten, mir etwas über unterschiedliche Situationen zu
erzählen. Es kommt dabei auf dein eigenes Erleben und deine eigene Wahrneh-
mung an, es gibt also kein Richtig oder Falsch. Insgesamt wird das Interview ca.
30 min dauern.
– Das Interview wird ausschliesslich im Rahmen des Forschungsprojektes und
in anonymisierter Form verwendet und deine Daten werden anschliessend ge-
löscht.
Block 1: Gaminghistorie und Spielerfahrung
– Wie bist du zum Videospielen gekommen?
– Wie ist deine Erfahrung mit Multiplayer Games? Erzähl mir doch bitte ein biss-
chen davon.
Block 2: aktuelle Spielsituation
– Welche Titel spielst du derzeit am häufigsten? Was ist dein aktuelles Lieblings-
spiel?
– Erzähl mir doch bitte etwas zu deinem derzeitigen Umgang mit Videospielen.
– Wie intensiv spielst du Multiplayer Games?
– Hat sich dein Spielverhalten durch Corona verändert? Wenn ja, inwiefern?
Block 3: Soziale Kontakte im Spiel
– Wie wichtig ist es für dich, während des Spielens mit Anderen Kontakt zu haben?
Spielst du in einem Team/Zusammenschluss/einer Gilde?
– Welche Bedeutung hat das Spielen in einer Gilde/einem Zusammenschluss für
dich?
– Welche Rolle übernimmst du in solchen Zusammenschlüssen?
– Gibt es eine Klasse, die du hauptsächlich in solchen Gemeinschaften spielst?
Block 4: Sexuelle Belästigung im Spiel
– Wie du sicherlich bereits dem Eingangsschreiben entnommen hast, befassen wir
uns mit dem Thema der sexuellen Belästigung in Multiplayer Games. Welche Er-
fahrungen hast du bisher in diesem Zusammenhang gemacht?
71
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
– Wie oft ist es vorgekommen, dass du sexuell belästigst wurdest oder eine se-
xuelle Belästigung mitbekommen hast?
– Gibt es deiner Meinung nach Auslöser, die diese Situation begünstigt haben
könnten?
– Wie hast du in der Situation reagiert?
– Hast du Jemanden kontaktiert? (rechtliche Schritte eingeleitet? Anzeige er-
stattet?)
– Hast du Jemanden gemeldet?
– Falls Online-Support des Spiels nicht genutzt wurde: Welche Hindernisse gibt es,
die dich davon abhalten, die sexuelle Belästigung dem Support zu melden?
– Wie haben/hat deine (festen) Mitspieler/ deine Gilde/ dein Team reagiert?
– Wie nimmst du den Einfluss der Mitspieler/ Gilde/ des Teams auf das Problem der
sexuellen Belästigung im Spiel wahr?
Block 5: Eigenverantwortung und Umgang mit Mitspielern
– Respektierst du die persönlichen Grenzen deiner Mitspieler?
– Findest du es online weniger wichtig, auf persönliche Grenzen Rücksicht zu
nehmen?
– Gab es Situationen, in denen du dich rückblickend anders verhalten hättest?
Block 6: Bedürfnisse und Problembekämpfung
– Was hättest du dir in der Situation gewünscht?
– Was würdest du dir von Spieleentwicklern wünschen?
– Was hättest du dir von deinen Mitspielern/ deiner Gilde/ deinem Team ge-
wünscht?
– Was hättest du dir von dir selbst gewünscht?
– Hast du mit jemandem aus deinem sozialen Umfeld darüber gesprochen?
– Welche Hilfestellungen hätten den Umgang mit dieser Situation für dich erleich-
tern können?
– z. B. im technischen Bereich? (spielintern: Filter, Moderation etc.)
– z. B. im professionellen Bereich? (externe Beratung etc.)
– z. B. im sozialen Bereich? (Gilde, Team, Freundeskreis etc.)
– Inwiefern hatte diese Erfahrung Einfluss für dich online?
– Spielst du dadurch anders?
– Hat sich dein Verhalten in deiner Gilde/ deinem Team verändert?
– Hast du infolge der Belästigung das Spiel oder den Account gelöscht oder die
Gilde verlassen?
– Inwiefern hatte diese Erfahrung Einfluss für dich ausserhalb der Spielwelt?
– Welchen Einfluss hatte die Erfahrung auf dein Verhalten ausserhalb des
Spiels?
72
C. Cohnen, R . Knäble, K. Ilskens, L . Aschentrup, U. Sander, C. Dockweiler und K. J. Wrona
Pädagogik
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung
Medien
www.medienpaed.com > 30.03.2023
– Hat sich der Umgang mit deinem sozialen Umfeld durch die Erfahrungen in
der virtuellen Welt ausserhalb des Spiels verändert?
Block 7: Eigene Hilfsbereitschaft im Spiel
– Welche Möglichkeiten würdest du nutzen/ nutzt du, wenn jemand sexuell beläs-
tigt wird?
– Hast du (möglicherweise unbewusst) mitgemacht? Hast du die Situation igno-
riert? Hast du dich hilflos gefühlt? Hast du geholfen?
– Was konkret kann man als Mitspieler tun?
– Meldung beim Support?
– Anschreiben der belästigten Person und/oder den Täter?
– Verlassen der Gilde aus Solidarität mit der belästigten Person?
Block 8: Ausblick und offene Fragen
– Jetzt haben wir uns lange mit dem Thema befasst. Gibt es noch weitere Anmer-
kungen oder Anregungen, die wir im Interview noch nicht angesprochen haben?
– Hast du noch Fragen zu irgendeinem Bereich?
– Über ein solches Thema so offen zu reden ist sicher nicht leicht. Wie geht es dir
jetzt damit?
Verabschiedung
– Vielen Dank noch einmal für das Interview und deine Zeit. Solltest du noch weite-
re Rückfragen haben, melde dich gerne bei uns. Einen schönen Tag wünsche ich
dir. Vielen Dank für deine Offenheit!