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Digitale Kommunikation, Beratung
und Beziehungsgestaltung im Kon-
text der Kinder- und Jugendhilfe
EXPERTISE
Prof. Emily M. Engelhardt
Digitale Kommunikation, Beratung und Beziehungsgestal-
tung im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe
EXPERTISE
Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz gGmbH (ism)
Flachsmarktstraße 9, 55116 Mainz
www.ism-mz.de
Impressum
Prof. Emily M. Engelhardt
Digitale Kommunikation, Beratung und Beziehungsgestaltung im Kontext der Kinder-
und Jugendhilfe
Mainz 2023
Erstellt im Rahmen des Projekts „JAdigital. Digitalisierung in der Kinder- und Jugend-
hilfe konzeptionell gestalten“, gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (BMFSFJ).
Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz gGmbH (ism)
Flachsmarktstraße 9
55116 Mainz
06131 24041 0
www.ism-mz.de
Inhalt
1. Einleitung 6
2. Ausgangslage 6
3. Mediatisierte und digitalisierte Alltagswelten 7
3.1 Digitalisierung – Ein Begriff mit vielen Facetten 8
3.1.1 Digitaler Wandel vs. Digitale Transformation 9
3.1.2 Digitalität 10
3.2 Mediatisierung 10
3.3 Fakten und Daten zur Mediennutzung 11
3.4 Kommunikationsphänomene im Netz 13
4. Besonderheiten von Onlinekommunikation und Beziehungs-
gestaltung online 13
4.1 Verschiedene Formen von Onlinekommunikation und ihre
Besonderheiten 14
4.1.1 Schriftliche Kommunikation online 14
4.1.2 Mündliche Kommunikation online 15
4.2 Beziehungsgestaltung online 17
5. Onlineberatung als etabliertes Angebot (der Kinder- und Jugendhilfe) 18
5.1 Was ist Onlineberatung? 18
5.2 Medien der Onlineberatung 19
5.2.1 Mailberatung 20
5.2.2 Chatberatung 21
5.2.3 Forenberatung 21
5.2.4 Videoberatung 22
5.2.5 Messengerberatung 23
5.3 Formen der Onlineberatung und Angebotsformate 24
5.3.1 Beratung durch Fachkräfte 24
5.3.2 Beratung durch Peers 24
5.3.3 Online-Selbsthilfe 25
5.3.4 Virtuelle Beratungsstellen im Netz 25
5.3.5 Onlineberatung als Ergänzung zur Präsenzberatung 25
5.3.6 Blended Counseling 26
6. Fachliche Voraussetzungen für die Onlineberatung in der Kinder- und
Jugendhilfe 26
6.1 Notwendige Kompetenzen für die Durchführung von Onlineberatung 27
6.2 Umgang mit schwierigen Gesprächen und Krisensituationen 28
6.2.1 Selbstverletzendes Verhalten 28
6.2.2 Essstörungen 29
6.2.3 Suizidalität 29
6.3 Instrumente zur Qualitätssicherung 30
6.3.1 Supervision und Intervision 31
6.3.2 Umgang mit Klient:innen-Feedback 31
7. Organisatorische und technische Voraussetzungen 32
7.1.1 Finanzierung 32
7.1.2 Software, technische Ausstattung/Hardware 32
7.1.3 Dokumentation 34
7.1.4 Erreichbarkeit 34
8. Fachliche Einschätzung zur Bedeutung digitaler Kommunikations- und
Beratungsangebote in der Kinder- und Jugendhilfe 35
8.1 Praxisbeispiele 35
8.1.1 BKE Eltern- und Jugendberatung 36
8.1.2 U25 Peer-to-Peer-Beratung zur Suizidprävention 36
8.2 Zielgruppenspezifische Aspekte 37
8.2.1 Bedarfsgerechte Medienwahl 37
8.2.2 Zugangsmöglichkeiten/Teilhabe/Ressourcen 38
8.3 Veröffentlichungen/Forschungsergebnisse/Evaluationen 39
8.4 Zukunftsaufgaben & abschließende Empfehlungen 40
9. Literatur 42
6
Einleitung
1. Einleitung
Die vorliegende Expertise beschäftigt sich mit der Thematik ‚Digitale Kommunikation,
Beratung und Beziehungsgestaltung im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe‘. Sie ist
entstanden vor dem Hintergrund des BMFSFJ geförderten Projekts ‚JAdigital. Digitali-
sierung in der Kinder- und Jugendhilfe konzeptionell gestalten‘, welches das Institut für
Sozialpädagogische Forschung Mainz gGmbH (ism) in Kooperation mit dem Institut für
Sozial- und Organisationspädagogik der Stiftung Universität Hildesheim (Prof. Dr.
Wolfgang Schröer) und dem Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht
(DIJuF) durchführt. Im Rahmen des Projekts sollen Digitalisierungsentwicklungen in der
Kinder- und Jugendhilfe systematisch identifiziert und damit verbundene Chancen, Ri-
siken und neue Herausforderungen kritisch reflektiert werden.
Diese Expertise soll einen Beitrag hierzu leisten und fokussiert auf Wunsch der Auf-
traggeber:innen auf fünf zentrale Aspekte: Nach einer kurzen Beschreibung der Aus-
gangslage in Kapitel eins, erfolgt im zweiten Kapitel eine Einordung der wichtigsten
Begrifflichkeiten im Kontext von Digitalisierung. Zudem werden Zahlen zur Mediennut-
zung sowie besondere Kommunikationsphänomene im Netz dargestellt. Der Begriff der
digitalen Kommunikation wird im dritten Kapitel sodann genauer beleuchtet, indem un-
terschiedliche Kommunikationsformen und deren Besonderheiten beschrieben werden.
Das vierte Kapitel fokussiert auf das Thema Onlineberatung. Hierzu werden die in der
Onlineberatung eingesetzten Medien, aber auch unterschiedliche Formen sowie not-
wendige Kompetenzen zur Durchführung von Onlineberatung vorgestellt. Ebenso wird
auf die Herausforderungen sowie Instrumente der Qualitätssicherung eingegangen.
Welche organisatorischen und technischen Voraussetzungen für die datensichere Kom-
munikation mit und Beratung von Adressat:innen vorliegen müssen, wird im fünften
Kapitel dargestellt. Im letzten Kapitel erfolgt abschließend eine fachliche Einschätzung
zur Bedeutung digitaler Kommunikations- und Beratungsangebote im Kontext der Kin-
der- und Jugendhilfe. Anhand von Praxisbeispielen werden bestehende Erfahrungen
erläutert und zukünftige Entwicklungen beschrieben.
2. Ausgangslage
Im deutschsprachigen Raum können wir auf eine über 25-jährige Praxis der Onlinebe-
ratung zurückschauen. Bereits 1995 hat die Telefonseelsorge als erster Anbieter für
psychosoziale Beratungsanliegen damit begonnen, Ratsuchende über das Internet zu
7
Mediatisierte und digitalisierte Alltagswelten
beraten und zu begleiten. Auch für den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe liegen be-
reits seit über 20 Jahren umfangreiche Praxiserfahrungen vor. Als Leuchtturmprojekt
kann hierbei die 1999 gegründete ‚kids-hotline‘ gesehen werden. Das Angebot wurde
von Studierenden der Katholischen Stiftungsfachhochschule München, Abt. Benedikt-
beuern ins Leben gerufen und entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zu einem aus-
differenzierten Onlineberatungsangebot, das bis 2014 in Trägerschaft des Kinderschutz
e. V. München Beratung im Netz angeboten hat. Kurze Zeit später wurde mit der BKE-
Eltern- und Jugendberatung ein bundesweit gefördertes Angebot gestartet. Im Bereich
der Sexualberatung wurde ebenfalls Anfang der 2000er Jahre das Angebot ‚sexundso‘
der pro familia ins Leben gerufen. Ebenso hat der Deutsche Caritasverband mit seinem
Onlineberatungsangebot in diesem Zeitraum begonnen, Jugendliche und Erwachsene
online zu beraten.
Die Kinder- und Jugendhilfe steht vor neuen Herausforderungen, die vor dem Hinter-
grund der Digitalisierung entstehen. Nadia Kutscher beschreibt diese Herausforderun-
gen in zahlreichen Publikationen
1
und geht hierbei unter anderem auf Aspekte digitaler
Ungleichheit oder die Bedeutung von Internet und digitalen Medien für junge Menschen
mit Fluchthintergrund ein. An dieser Stelle soll auch auf den 14. Kinder- und Jugend-
bericht
2
aus dem Jahr 2013 hingewiesen werden, in dem sich Alexandra Klein in einem
Beitrag mit dem ‚Umgang der Kinder- und Jugendhilfe mit verstärkter Mediennutzung
am Beispiel Online-Beratung‘ befasst. Im Bericht werden unter anderem Nutzer:innen-
zahlen, Zugangs- und Nutzungsbarrieren, aber auch neue Herausforderungen wie digi-
tale soziale Netzwerke beschrieben. Auch wenn ebendiese Veröffentlichung bereits vor
zehn Jahre verfasst wurde, besitzen viele der darin aufgeführten Erkenntnisse noch
heute Gültigkeit.
3. Mediatisierte und digitalisierte
Alltagswelten
Der erste Abschnitt gibt einen Überblick über die Begriffe Mediatisierung und Digitali-
sierung. Es erfolgt zudem der Versuch einer differenzierten Einordnung verschiedener
1
Kutscher, N. (2020): Digitalisierung in der Sozialen Arbeit im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe. In:
Jugendhilfe, H. 5/2020, Jg. 58, S. 477-483; Kutscher, N. (2020): Digitalisierung in der Kinder- und Jugend-
hilfe. In: Das Jugendamt. Zeitschrift für Jugendhilfe und Familienrecht, H. 7-8/2020, S. 346-350; Kreß, L.-
M./Kutscher, N. (2019): Digitale Elternarbeit in der Jugendhilfe mit Geflüchteten. In: Unsere Jugend
2/2019, S. 69-78 u. a.
2
Online verfügbar: https://www.dji.de/fileadmin/user_upload/bibs/14-KJB-Expertis-Klein.pdf (19.02.2023)
8
Mediatisierte und digitalisierte Alltagswelten
verwandter Aspekte in der Dimension der häufig als Containerbegriff verwendeten Di-
gitalisierung. Außerdem werden Fakten und Daten zur Mediennutzung vorgestellt, die
verdeutlichen sollen, welche Rolle unterschiedliche digitale Medien im Alltag, insbe-
sondere von Kindern und Jugendlichen, spielen. Abschließend werden Kommunikati-
onsphänomene und ihre Implikationen für die sozialpädagogische und soziale Arbeit
mit Kindern und Jugendlichen vorgestellt.
3.1 Digitalisierung – Ein Begriff mit vielen Facetten
Kaum ein Begriff wird in so vielen unterschiedlichen Kontexten genutzt wie der Begriff
der Digitalisierung. Gemeinsam mit Themen wie Klimaschutz, Energiewende oder neue
Verkehrskonzepte gehört das Thema Digitalisierung zu einer der größten aktuellen und
zukünftigen Herausforderungen. Sei es bei der Frage, wie durch die Digitalisierung Ar-
beitsplätze verschwinden, neue geschaffen und Prozesse beschleunigt oder klimage-
rechter gestaltet werden können. Oder bei der Beschäftigung mit Themen wie Robotik,
Künstlicher Intelligenz und deren ethischen Aspekte. Während in wirtschaftlichen und
technologischen Arbeitsfeldern die Digitalisierung bereits recht weit vorangeschritten
ist, findet eine Auseinandersetzung mit Auswirkungen der Digitalisierung oder der Nut-
zung digitaler Technologien beziehungsweise der Einführung digitaler Prozesse in der
Sozialwirtschaft bislang eher schleppend statt. Nicht zuletzt, da die Sozialwirtschaft
dem Thema viele Jahre eher mit Skepsis begegnete und vor allem negative Auswirkun-
gen befürchtete, die zum Beispiel zu einer Minderung der Angebotsqualität zugunsten
einer Profitmaximierung führen würden (vgl. Zink & Weber 2021). Zu einer ähnlichen
Bewertung kommen auch die Autor:innen des Reports der Bank für Sozialwirtschaft,
die zudem feststellen, dass das Thema Digitalisierung vor allem auch deshalb nur un-
zureichend vorankommt, da die spezifischen Finanzierungsstrukturen der Sozialwirt-
schaft, aber auch die nicht ausreichende digitale Qualifikation der Fachkräfte als brem-
sende Faktoren wirken. Zudem gibt es in dem Großteil der sozialen Organisationen
keine explizit verantwortliche Stelle für das Thema Digitalisierung, sondern meistens
muss dies als ein Thema von vielen von der Geschäftsleitung mit vorangetrieben wer-
den (Bank für Sozialwirtschaft AG 2020).
Bei allen Diskussionen fällt jedoch ein Aspekt auf: Die Bandbreite der Nutzung unter-
schiedlicher Begrifflichkeiten, um zu beschreiben, dass sich unsere Welt durch ‚Digita-
les‘ verändert, ist groß. Der Begriff der Digitalisierung wird dabei häufig unscharf ver-
wendet. Einfach formuliert bezeichnet Digitalisierung zunächst nichts anderes als die
Umwandlung von analogen Dingen oder Prozessen in digitale Dinge oder Prozesse
(vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz o. J.). So wurde beispielsweise
9
Mediatisierte und digitalisierte Alltagswelten
aus analoger Fotografie mit Filmrolle und Fotopapier Digitalfotografie, die oftmals nur
noch auf digitalen Speichermedien zur Verfügung steht. Oder aus analogen Büchern
wurden E-Books, die auf E-Readern mit schier unbegrenzter Speicherkapazität die Mit-
nahme ganzer Bibliotheken ermöglicht.
Digitalisierung wird heute aber ebenso häufig als Beschreibung für einen gesellschaft-
lich stattfindenden Wandel verwendet (vgl. Boes 2022). Um etwas mehr Trennschärfe
herzustellen und damit auch Dynamiken zu beschreiben, die unter dem Containerbegriff
der Digitalisierung gefasst werden, soll im Folgenden die Vorstellung der drei zentralen
Begriffe „Digitaler Wandel“, „Digitale Transformation“ und „Digitalität“ erfolgen.
3.1.1 Digitaler Wandel vs. Digitale Transformation
Die beiden Begriffe ‚Digitaler Wandel‘ und ‚Digitale Transformation‘ werden häufig sy-
nonym verwendet. Es ergibt jedoch Sinn, diese beiden Begriffe etwas differenzierter zu
betrachten, um eine Unterscheidung vorzunehmen. Eine erste Unterscheidung kann
zwischen den Begriffen ‚Wandel‘ und ‚Transformation‘ gemacht werden. Hierbei ist es
hilfreich sich an den englischen Begriffen ‚change‘ und ‚transformation‘ zu orientieren.
Während ‚change‘ eine einmalige Veränderung beschreibt, die in der Regel auch durch
einen Beginn und ein Ende gekennzeichnet ist, zielt ‚transformation‘ auf einen länger-
fristigen Prozess ab.
Im Kontext von Digitalisierung erleben wir einen Kulturwandel, bei dem immer häufiger
digitale Dinge zum Einsatz kommen und alte Praktiken ablösen (Nassehi 2019). Der
digitale Wandel
beschreibt nach diesem Verständnis die Einführung einer neuen Tech-
nologie (zum Beispiel von der CD zu Musik-Streamingdiensten) oder die Umstellung
eines bisher analog durchgeführten Prozesses auf einen digitalen (zum Beispiel von te-
lefonischen Terminbuchungen in einer ärztlichen Praxis, bei denen ein Termin von einer
Fachkraft in einen papierhaften Kalender eingetragen wird hin zu der Online-Termin-
buchung, die Patient:innen selbst vornehmen können und bei der sie eine automatisierte
Mail zur Erinnerung vor dem Termin erhalten).
Der Begriff der
digitalen Transformation
beschreibt jedoch noch mehr als nur die Um-
stellung oder einmalige Veränderung von einer Sache zu einer anderen. Es geht viel-
mehr um die Beschreibung eines tiefgreifenden und kontinuierlichen Prozesses der
Weiterentwicklung digitaler Technologien. Hierbei werden in Unterscheidung zum Di-
gitalen Wandel die Auswirkungen dieser steten Entwicklungen auf Wirtschaft und Ge-
sellschaft wie auch die nachhaltige Veränderung dieser mit in den Blick genommen. Um
es noch stärker zu pointieren könnte man sagen, dass die digitale Transformation als
ein bewusst intendierter Veränderungsprozess verstanden werden kann (der zwar auch
10
Mediatisierte und digitalisierte Alltagswelten
zu nicht beabsichtigten Folgen führen kann) und zu einer grundlegenden Veränderung
bisheriger wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Praktiken führt (vgl. Friesike & Spron-
del 2022).
3.1.2 Digitalität
Diese Verinnerlichung neuer sozialer und kultureller Praktiken, die durch digitale Dinge
hervorgebracht werden, beschreibt der Begriff der
Digitalität
. Weinhardt (2022) spricht
von „Digitalität als Vollzug von Alltagskultur mit und durch digitale Dinge“ (S. 5) und
bezieht sich damit auch auf Stalder (2019), der eine ‚Kultur der Digitalität‘ postuliert,
die sich durch die drei Aspekte Referenzialität, Gemeinschaftlichkeit und Algorithmizität
auszeichnet. Etwas einfacher ausgedrückt ließe sich sagen, dass
Digitalität
unser
selbstverständliches, alltägliches Handeln mit digitalen Dingen als ein Ergebnis der
fortschreitenden Digitalisierung unserer Alltagswelt beschreibt.
Die Differenzierung des etwas sperrigen und unscharfen Begriffs der Digitalisierung in
die drei Sphären digitaler Wandel, digitale Transformation und Digitalität soll verdeut-
lichen, dass insbesondere im Hinblick auf die Entwicklungen im sozialen Sektor genau
hingeschaut werden muss. Wo hat sich bereits digitaler Wandel vollzogen, wo findet
aber auch ein transformativer Prozess statt? Welchen Grad der Digitalität haben Fach-
kräfte in der Sozialen Arbeit bereits erreicht und welche Auswirkungen hat dies auf ihre
Handlungspraktiken mit Adressat:innen? Auf diese Aspekte wird an späterer Stelle die-
ser Publikation noch einmal eingegangen.
3.2 Mediatisierung
Ein weiterer grundlegender Begriff, der im Zusammenhang mit dem Aspekt der Digita-
lisierung zu nennen ist, ist die Mediatisierung. Krotz (2008) beschreibt Mediatisierung
als einen Metaprozess, der sich dadurch auszeichnet, dass unsere alltäglichen kommu-
nikativen Praktiken inzwischen immer mehr medial durchdrungen sind. Dieser Prozess
hat durch die fortschreitende Digitalisierung an Fahrt aufgenommen und so prognosti-
zierte Krotz schon vor 15 Jahren, dass sich „Kultur und Gesellschaft, Identität und Alltag
der Menschen verändern“ (ebd., S. 53) werden. Für die Soziale Arbeit haben sich vor
11
Mediatisierte und digitalisierte Alltagswelten
allem Kutscher, Ley und Seelmeyer mit den Auswirkungen der Mediatisierung auf Ad-
ressat:innen wie auch Professionelle befasst und hierzu 2015 einen wegweisenden
Herausgeberband veröffentlicht
3
.
Der Prozess der Mediatisierung ist jedoch keinesfalls aus der Digitalisierung hervorge-
gangen, sondern beschreibt, wie sich unsere Gesellschaft und unser kommunikatives
Handeln ganz grundsätzlich durch Medien immer wieder verändert und weiterentwi-
ckelt hat. Unger (2022) beschreibt so auch treffend: „Digitalisierung ist […] ein weiteres
Stadium im dynamischen Prozess der Mediatisierung, der im Kontext weiterer Metapro-
zesse zu sehen ist“ (S. 57).
Der Begriff der Mediatisierung führt jedoch zu einem für das Thema dieser Publikation
wichtigen Aspekt, nämlich dem kommunikativen Handeln durch und mit digitalen Me-
dien. Hierzu ist es hilfreich einmal zu betrachten, welche Medien von welchen Alters-
gruppen wie genutzt werden. Darauf wird im folgenden Abschnitt eingegangen.
3.3 Fakten und Daten zur Mediennutzung
Regelmäßig wird in unterschiedlichen teils jährlich vorgenommenen repräsentativen
Befragungen das Mediennutzungsverhalten der deutschen Bevölkerung untersucht. An
dieser Stelle werden Zahlen der ARD/ZDF Onlinestudie, sowie der KIM- und JIM-Studie
vorgestellt. Letztere untersuchen explizit die Mediennutzung von Kindern und Jugend-
lichen. Alle drei Studien erscheinen seit Ende der 1990er Jahre jährlich und zeigen ein-
drücklich die Entwicklungen in der Mediennutzung auf. Hierbei sei auch insbesondere
auf die Studien während der ersten zwei Jahre der Covid-Pandemie in den Jahren 2020
und 2021 hingewiesen. Aufgrund der Kontaktbeschränkungen und eingeschränkten
Freizeitmöglichkeiten hat die Nutzung unterschiedlicher digitaler (Kommunikations-
)Medien und Dienste noch einmal deutlich zugenommen.
Laut der im November 2022 veröffentlichten ARD/ZDF Onlinestudie nutzen 95 Prozent
der deutschsprachigen Bevölkerung das Internet, 80 Prozent davon täglich. In der Al-
tersgruppe der 14-29-jährigen wird ein Wert von 99 Prozent erreicht, die täglich online
sind. Ebenso ist in dieser Altersgruppe die mediale Internetnutzung (Video, Audio, Text)
mit 97 Prozent am höchsten. Konsumiert werden vor allem Musik- und Video-
streamingdienste wie Netflix, Spotify und Prime Video bzw. Amazon Music. Im Bereich
der Kommunikation liegt nach wie vor WhatsApp als beliebtester Messenger deutlich
3
Kutscher, N., Ley, T., Seelmeyer, U. (Hrsg.) (2015): Mediatisierung (in) der Sozialen Arbeit. Hohengehren:
Schneider Verlag
12
Mediatisierte und digitalisierte Alltagswelten
auf Platz 1. Die Kommunikation via Messenger erreicht in den Altersgruppen 14-29
Jahre (99 Prozent) und 30-49 Jahre (95 Prozent) fast gleich hohe Werte (vgl. ARD/ZDF
OnlineStudie 2022).
Die JIM-Studie untersucht bei der Mediennutzung der Jugendlichen unter anderem die
verfügbaren Geräte in der Gruppe der 12-19-jährigen. Hier wird deutlich, dass diese
Altersgruppe vor allem ein Handy oder Smartphone zur Verfügung hat und dieses am
meisten Nutzung gegenüber anderen (digitalen und analogen) Medien erfährt. Im Ver-
gleich zu den Jahren 2020 und 2021 hat die tägliche Onlinenutzung im Jahr 2022 etwas
abgenommen und entspricht in etwa dem Wert vor der Pandemie. Als wichtigste Apps
für Jugendliche werden WhatsApp, Instagram, TikTok und YouTube genannt, wobei
TikTok im Vergleich zum Vorjahr einige Prozent dazugewinnen konnte und YouTube
vier Prozent verloren hat. In allen jugendlichen Altersgruppen dominiert jedoch die Nut-
zung von WhatsApp (vgl. JIM-Studie 2022).
Die letzte KIM-Studie wurde im Jahr 2020 durchgeführt und untersucht die Mediennut-
zung von Kindern der Altersgruppe 6-13 Jahre. Während in dieser Altersgruppe beson-
ders bei den Jüngeren der Medienkonsum und die Verfügbarkeit von Geräten noch stär-
ker durch die Eltern reglementiert wird, wird dennoch deutlich, dass auch Kinder bereits
vielfältige Erfahrungen mit digitalen Medien machen. In 99 Prozent der Haushalte steht
zudem ein Internetzugang zur Verfügung. 50 Prozent der Kinder besitzen ein eigenes
Smartphone oder Handy, welches sie vor allem zum Spielen, aber auch zum Senden
und Empfangen von Nachrichten nutzen (vgl. KIM-Studie 2020).
Deutlich wird an diesen Zahlen, dass sowohl Kinder als auch Jugendliche und Erwach-
sene das Internet regelmäßig nutzen, wenngleich die Nutzungsschwerpunkte variieren.
Gemeinsam ist allen, dass sie die Kommunikationsmedien des Internets, allen voran die
Kommunikation via Messenger in großer Breite und Regelmäßigkeit nutzen. In den Stu-
dien größtenteils unberücksichtigt bleiben jedoch Aspekte sozialer Ungleichheit im
Netz, die nach wie vor eine wichtige Rolle spielen. So unterscheiden sich Nutzungs-
praktiken und zur Verfügung stehende Ressourcen durchaus signifikant (vgl. Kutscher
2019). Die Auswirkungen, die diese digitale Ungleichheit im Kontext digitaler Kommu-
nikations- und Beratungsangebote im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe haben kann,
wird in den folgenden Abschnitten wieder aufgegriffen.
13
Besonderheiten von Onlinekommunikation und Beziehungsgestaltung online
3.4 Kommunikationsphänomene im Netz
Im Internet zeigen sich einige medienspezifische Phänomene, die sich nicht zuletzt häu-
fig vor dem Hintergrund von Massenkommunikation und einem hohen Grad an Anony-
mität abspielen. Hierzu gehören Phänomene wie Online-Dating, Sexting, Hate-Speech,
Cybermobbing, Shit Storms oder Candy Storms sowie die Mobilisierung großer Grup-
pen, um beispielsweise Spenden zu sammeln oder um gesellschaftliche und politische
Themen aktiv voranzutreiben. Als Beispiel für letzteres sei ‚Fridays for Future‘ genannt.
Die inzwischen globale Bewegung konnte sich vor allem deshalb innerhalb kürzester
Zeit weltweit verbreiten und organisieren, weil über das Netz relativ einfach und kos-
tengünstig Massen mobilisiert, Informationen und Erfahrungen geteilt, Standpunkte
diskutiert und Statements verbreitet werden konnten.
Diese Phänomene konnten sich vor allem Anfang der 2000er Jahr mit dem Aufkommen
des Web2.0 etablieren, da sich die Internetnutzung vom reinen Konsum von Inhalten
stärker zur aktiven Partizipation und der Erstellung eigener Inhalte entwickelte. Mit die-
ser Phase ab 2003 und der wachsenden Bedeutung von Social Media hat auch die Kom-
munikation im Netz eine Transformation erfahren (vgl. Engelhardt 2021, S. 58ff.).
4. Besonderheiten von
Onlinekommunikation und
Beziehungsgestaltung online
Dieses Kapitel zeigt die verschiedenen Formen von Onlinekommunikation und deren
zugrundeliegende Besonderheiten auf. Es erfolgt eine Differenzierung zwischen schrift-
lichen und mündlichen Kommunikationsformen, die jeweils synchron oder asynchron
stattfinden können. Vor- und Nachteile von Onlinekommunikationssettings im Kontext
Sozialer Arbeit werden sowohl aus Adressat:innen- als auch Professionellen-Perspek-
tive beschrieben. Abschließend werden die sich daraus ergebenden Herausforderun-
gen für eine gelungene Beziehungsgestaltung in unterschiedlichen Onlinesettings dis-
kutiert.
14
Besonderheiten von Onlinekommunikation und Beziehungsgestaltung online
4.1 Verschiedene Formen von Onlinekommunikation
und ihre Besonderheiten
Onlinekommunikation findet vor allem schriftbasiert statt. In der Entstehungsge-
schichte des Internets hatte dies vor allem pragmatische Gründe: Durch die geringe Da-
tengröße von Schrift ließen sich Nachrichten überhaupt erst versenden, da noch keine
globalen Netzwerkstrukturen und mit entsprechend großer Bandbreite ausgestattete
Leitungen zur Verfügung standen. Eine Situation, wie sie sogar heute noch in einigen
ländlichen und infrastrukturell schlecht ausgebauten Regionen vorzufinden ist (vgl.
Zentrale Informationsstelle des Bundes, o. J.).
So findet auch heute noch ein großer Teil der Kommunikation schriftbasiert statt, was
sich nicht zuletzt darin abbildet, dass weltweit jährlich über 300 Mrd. E-Mails versendet
werden (Statista 2022, o. S.). In den letzten Jahren hat deutschlandweit die Kommuni-
kation via Videotelefonie stark zugenommen. Besonders während der Corona-Pande-
mie) wurde im privaten, wie auch im beruflichen Kontext sehr viel über Videokonferenz-
systeme oder die Videofunktion in Messengern kommuniziert. Dies hatte auch deutliche
Auswirkungen auf die Onlineberatung, worauf an späterer Stelle im Text noch einmal
eingegangen wird (s. Kapitel IV Abschnitt 3).
4.1.1 Schriftliche Kommunikation online
Schriftliche Kommunikation zeichnet sich im Unterschied zur Face-to-Face-Kommuni-
kation in einem gemeinsamen Präsenzsetting vor allem durch Kanalreduktion aus. Die
Möglichkeit die Kommunikation durch Körpersignale wie Mimik und Gestik anzureichern
und diese beim Gegenüber wahrzunehmen, fällt in der schriftlichen Kommunikation
weg. Ein einfacher Satz kann dadurch viele Bedeutungen haben und liegt im Interpre-
tationsraum der empfangenden Person. So entstehen im schriftlichen Austausch leich-
ter Missverständnisse, die nicht immer aufgeklärt werden können. Diese Missverständ-
nisse entstehen nicht nur durch die Schriftlichkeit, sondern auch durch die häufig asyn-
chrone Form der Kommunikation, die besonders beim Schreiben von E-Mails zum Tra-
gen kommt. Im fast synchronen schriftlichen Kontakt im Textchat kann direkt nachge-
fragt oder kommentiert werden, wenn etwas unklar ist, sodass Missverständnisse in
der Regel schneller auffallen und thematisiert werden können.
Mit dem Aufkommen der Messengerkommunikation hat sich auch die schriftliche Kom-
munikation noch einmal stark verändert. Während die ersten E-Mails wie Briefe ver-
fasst wurden, ist die Kommunikation im Messenger durch weitere Kommunikate ange-
reichert. Beißwenger (2020) spricht von ‚textformen-basierter Interaktion‘ und verweist
15
Besonderheiten von Onlinekommunikation und Beziehungsgestaltung online
auf die „vielfältige[n] Möglichkeiten der multimodalen Gestaltung von Kommunikation“
(S. 304) im Messenger hin. Denn so können neben Texten auch Fotos, Emojis, GIFs,
Videos zur Gestaltung der Kommunikation etc. versendet werden. Da ein beachtlicher
Anteil unserer privaten Kommunikation inzwischen via Messenger stattfindet, ist davon
auszugehen, dass dies auch Auswirkungen auf die Onlineberatung haben wird. Bislang
bieten jedoch nur wenige Beratungsstellen ein explizites Beratungsangebot via Mess-
enger an (z. B. Krisenchat.de).
4.1.2 Mündliche Kommunikation online
Neben der schriftlichen Onlinekommunikation wird ebenso mündlich über das Internet
kommuniziert. Genaugenommen gehört hierzu auch die telefonische Kommunikation,
die inzwischen häufig als Internettelefonie stattfindet. Im Rahmen dieser Expertise wird
das Thema ‚Telefonberatung` jedoch bewusst ausgeklammert, da die Telefonberatung
in Deutschland über das Angebot der Telefonseelsorge bereits seit über 50 Jahren ein
etabliertes Angebot zur Verfügung stellt.
Der Fokus soll an dieser Stelle auf zwei Formen der mündlichen Kommunikation online
liegen: der Videokommunikation als eine synchrone und in der Regel im Dialog stattfin-
dende Form des Gesprächs sowie der Versendung von Audionachrichten als asyn-
chrone Form.
Die Videokommunikation scheint auf den ersten Blick nah an den Eigenschaften eines
Face-to-Face-Gesprächs in der Präsenz zu sein. Beim genaueren Hinschauen wird je-
doch schnell deutlich, dass die Videokommunikation über einige Besonderheiten ver-
fügt. So kann die technische Vermittlung des Gesprächs (in der Regel über ein Video-
konferenzsystem) bereits zu einigen Störungen führen, wenn beispielsweise Bild- und
Tonübertragung nicht stabil laufen. Ebenso können plötzliche Gesprächsabbrüche auf-
treten, wenn die Verbindung abbricht. Die Kommunikation im Videosetting ist zudem
von einer gewissen Kanalreduktion betroffen, da nur die Teile der Kommunikation an
das Gegenüber übertragen werden, die von der Kamera und vom Mikrofon aufgezeich-
net werden. Es ist so zum Beispiel meistens nicht erkennbar, ob das Gegenüber nervös
mit den Füßen wippt, im Rollstuhl sitzt oder sich in einer lauten Umgebung befindet, da
das Mikrofon jederzeit stummgeschaltet werden kann.
Auch die Art der Gesprächsführung verändert sich im Videosetting, was vor allem in
Mehrpersonensettings deutlich wird: Wenn beispielsweise die direkte namentliche An-
sprache einzelner Gesprächsteilnehmer:innen nötig wird und nicht über eine Geste oder
einen Blickkontakt das Wort erteilt werden kann. Die Einschränkung beim Thema Blick-
16
Besonderheiten von Onlinekommunikation und Beziehungsgestaltung online
kontakt bedeutet auch, dass kein Augenkontakt möglich ist: Man schaut entweder di-
rekt in die Kamera, was beim Gegenüber ein Gefühl des direkt Angesehenwerdens er-
zeugen kann oder aber auf das Videobild des Gegenübers am eigenen Bildschirm, was
für die andere Seite wiederum den Eindruck eines Herabschauens vermitteln kann.
Gleichwohl steckt in diesem vermeintlichen Nachteil für manche Menschen ein Vorteil:
Es besteht die Möglichkeit jemanden direkt und frontal anzuschauen, ohne der Person
tatsächlich in die Augen schauen zu müssen.
Während die Kommunikation im Video im Vergleich zur kopräsenten Begegnung in der
Präsenz durch einige Einschränkungen gekennzeichnet ist, taucht ein weiteres Phäno-
men auf, das Fragen der Raumkonstitution betrifft. Begegnen sich zwei Personen in ei-
ner Videokonferenz, so tauchen drei Räume auf: Der jeweilige Raum, in dem sich die
Gesprächspartner:innen physisch aufhalten und ein dritter Raum – der virtuelle Raum –
des Videokonferenzsystems. Weinhardt (2022) weist in diesem Zusammenhang für die
Beratung darauf hin: „Dass sich Berater:innen und Adressat:innen in einer gemeinsa-
men videografischen Inszenierung befinden, in der sich z. B. über Objektivbrennweite
der Webcam, gewählten Bildausschnitt, Körperpositionierung, Displaygröße sowie
Auflösung und Flüssigkeit der bertragung ein gemeinsames Raumerleben konstitu-
iert, das wesentlich darüber entscheidet, ob Videoberatung als wechselseitige Guck-
kastenbühne, Panopticon oder (beispielsweise durch natürlich wirkende Sichtachsen)
gemeinsames, immersives Tun erlebt wird“ (S. 8).
Bei der zweiten hier zu thematisierenden Form mündlicher Onlinekommunikation ver-
hält es sich ganz anders. Beim Aufzeichnen und Versenden von Audio-Nachrichten fin-
det abermals eine Kanalreduktion statt, da lediglich die Stimme, aber keine visuellen
Reize übermittelt werden. Allein im Jahr 2020 wurden laut Facebook (heute Meta) 100
Milliarden Sprachnachrichten weltweit pro Tag per WhatsApp verschickt (vgl. Singh
2020). Dies können sehr kurze, aber auch minutenlange Aufzeichnungen sein, die einer
Person oder mehreren Empfänger:innen zur Verfügung gestellt werden. Sprachnach-
richten können auf dem eigenen Gerät gespeichert und immer wieder angehört werden
und ermöglichen es so, Kommunikationsinhalten einen erweiterten Interpretationsrah-
men zu geben: Durch die Übertragung der Stimme werden z. B. Gefühlsregungen der
sendenden Person wahrnehmbar. Ebenso ergibt sich so eine Möglichkeit von mündli-
cher Kommunikation ohne direktes Gegenüber und damit auch ohne Unterbrechung.
Nachrichten können zu jeder Tageszeit verschickt und auch zeitversetzt abgehört und
beantwortet werden.
Es wird deutlich, dass alle Formen der Onlinekommunikation sich durch bestimmte Be-
sonderheiten charakterisieren, die als vor- und nachteilig empfunden werden können.
17
Besonderheiten von Onlinekommunikation und Beziehungsgestaltung online
Unabhängig davon bedarf es unterschiedlicher Kompetenzen der Kommunikator:innen,
wenn sie in den jeweiligen kommunikativen Settings agieren. Insbesondere für profes-
sionelle (Beratungs-)Kommunikation sind deshalb einige Herausforderungen zu bewäl-
tigen.
4.2 Beziehungsgestaltung online
Diese Herausforderungen betreffen vor allen den Aspekt der Beziehungsgestaltung.
Eine tragfähige Beziehung ist für jede Form des professionellen Kontakts mit Klient:in-
nen unabdingbar und stellt die Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit dar. Wäh-
rend in der Face-to-Face-Begegnung ein großer Teil der Beziehungskommunikation
durch Gesten und Mimik geradezu nebenbei gestaltet werden kann, bedarf es in den
unterschiedlichen Onlinesettings den bewussten Einsatz von vertrauensbildenden und
beziehungsgestaltenden Maßnahmen.
So muss es im schriftlichen Kontakt gelingen, aufmerksames und zugewandtes Zuhö-
ren sowie Empathie und Wertschätzung zu vermitteln. Im Gespräch geschieht dies oft
über einen Blick oder eine Geste, im Onlinekontakt müssen diese Aspekte nun ver-
schriftlicht werden. Dies kann z.B. durch Spiegeln der wahrgenommenen Emotionen,
Gefühle und Stimmungen erfolgen. Und auch im Videosetting müssen die Gesprächs-
partner:innen bewusst (z. B. durch ein in die Kamera Blicken oder das Einnehmen einer
bestimmten Sitzposition) vor der Kamera vermitteln, dass sie trotz der räumlichen Dis-
tanz in Kontakt und aufmerksam bei den Klient:innen sind. Beim Versand von Sprach-
nachrichten kommt der Stimmfarbe und Sprechgeschwindigkeit eine besondere Bedeu-
tung zu.
Diese Aspekte der Beziehungsgestaltung in Onlinesettings erleben viele Fachkräfte als
besondere Herausforderung. Manche halten eine Beziehungsgestaltung über diesen
Weg gar für unmöglich. Gleichwohl zeigen jahrelange Erfahrungen aus der Onlinebe-
ratung, dass das Gestalten von tragfähigen Beziehungen online durchaus möglich ist.
Und auch Klient:innen melden zurück, dass sie sich den Beratungsfachkräften nah ge-
nug, sich verstanden und angenommen fühlen (vgl. Hintenberger 2021; Stieler 2022).
18
Onlineberatung als etabliertes Angebot (der Kinder- und Jugendhilfe)
5. Onlineberatung als etabliertes Angebot
(der Kinder- und Jugendhilfe)
In diesem Abschnitt wird die Onlineberatung als psychosoziales Beratungsangebot im
Internet vorgestellt. Neben einer begrifflichen Einordnung und Abgrenzung zu anderen
Formen des Onlinekontaktes mit Klient:innen werden vor allem die verschiedenen Me-
dien der Onlineberatung vorgestellt. Hierbei wird auf die Besonderheiten des sich an-
hand der Wahl der Medien ergebenden kommunikativen Onlinesettings eingegangen.
Einzel- sowie Mehrpersonensettings werden ebenso thematisiert wie die Möglichkeit,
durch bestimmte Medienformen einen hohen Grad an Anonymität in der Beratung zu
ermöglichen.
Im zweiten Teil des Kapitels werden verschiedene Formen der Onlineberatung vorge-
stellt. Es wird unterschieden zwischen der Beratung durch Fachkräfte, der (in einer so-
zialen Einrichtung eingebetteten) Peer-to-Peer-Beratung sowie dem informellen/nicht
professionell begleiteten Beratungssetting der Online-Selbsthilfe.
Außerdem werden Angebotsformate wie virtuelle Beratungsstellen im Netz bzw. An-
gebote, die an physische Beratungsstellen (Präsenzberatung) angebunden sind, vorge-
stellt. Hierbei wird insbesondere in den Blick genommen, welche konzeptionelle Ver-
ortung der Onlineberatung zukommt, d. h. ob sie als Zusatz- oder integriertes Angebot
(Blended Counseling) verstanden wird.
5.1 Was ist Onlineberatung?
Der Begriff der Onlineberatung hat sich vor allem im Kontext Sozialer Arbeit etablieren
können, während in anderen Arbeitsfeldern beispielsweise von E-Coaching oder E-
Mental-Health gesprochen wird. Während der Corona-Pandemie wurde Onlinebera-
tung häufig synonym für Videoberatung verwendet, wenngleich die historische Her-
kunft des Begriffs vor allem auf schriftbasierte Praktiken fokussiert. Eine der ersten dif-
ferenzierten Definitionen von Onlineberatung wurde bereits 2003 von der Kommission
Fortbildung Online-Beratung (KFOB) der Föderation der Schweizer Psychologinnen
und Psychologen (FSP) vorgenommen. Demnach ist „Psychologische Online-Beratung
[…] eine aktive, helfende Begegnung resp.
Beziehung zwischen einem/einer Ratsuchenden und einer/einem psychologischen Be-
raterIn. Sie findet virtuell im Internet mittels dessen spezifischen Kommunikationsfor-
19
Onlineberatung als etabliertes Angebot (der Kinder- und Jugendhilfe)
men (E-Mail, Chat, Forum etc.) statt, wobei die KlientInnen Ort und Zeitpunkt der Prob-
lemformulierungen selber [sic!] bestimmen“ (Andermatt et al. 2003, S. 2). Hier wird
deutlich, dass es bei ‚Beratung‘ um mehr als nur einen kommunikativen Akt geht, son-
dern ein unterstützender und helfender Charakter hinzukommt.
Engelhardt & Storch haben bereits 2013 den Versuch unternommen, eine möglichst
umfassende Definition von Onlineberatung vorzunehmen und fassen hierunter alle For-
men der Beratung, „die auf die Infrastruktur des Internets angewiesen sind, um den
Prozess der Beratung zu gestalten und die sowohl synchron/asynchron textgebunden
(Forum, Einzelberatung, Chat) als auch synchron und textungebunden via Videochat,
Avataren oder Internettelefonie stattfinden können. Ebenso sind Mischformen denkbar,
wenn im Videochat nebenbei geschrieben werden kann oder beim Einsatz von Avataren
über das Mikrofon gesprochen wird“ (S. 4f.). Diese Definition ließe sich insofern erwei-
tern, dass sich die Praktiken der Onlineberatung vor allem an den technologischen Ent-
wicklungen (zum Beispiel dem Aufkommen von Messengern) und den damit verbunde-
nen neuen kommunikativen Praktiken der Adressat:innen orientieren und weiterentwi-
ckeln.
Deutlich abzugrenzen ist Onlineberatung von anderen Kontaktformen, die mit Hilfe di-
gitaler Medien realisiert werden. Es geht bei Onlineberatung nicht um die Nutzung einer
E-Mail, um eine Terminabsprache zu treffen oder das Zusenden eines Links per Mess-
enger, um ein Formular zur Verfügung zu stellen. Ebenso stellt eine statische FAQ-Seite
auf einer Webseite keine Onlineberatung dar. Aktuell beschäftigt viele Expert:innen die
Frage, welche Rolle Chatbots in Zukunft in der psychosozialen Onlineberatung spielen
werden. Mit der momentan stark diskutierten Software ChatGPT stellen sich neue Fra-
gen auch für die Beratung. Gleichwohl kann hier definitorisch weiterhin eine Abgren-
zung erfolgen: Denn auch wenn Chatbots und KI in Zukunft mit großer Sicherheit auch
enorme Auswirkungen auf die Soziale Arbeit haben werden, so zeichnet sich Onlinebe-
ratung nach wie vor dadurch aus, dass mindestens zwei Menschen in einem kommuni-
kativen und auf passgenaue Unterstützung ausgerichteten Prozess miteinander stehen.
5.2 Medien der Onlineberatung
In der Onlineberatung haben sich im Laufe der letzten 25 Jahre vor allem die schriftba-
sierten Formen der Mail-, Chat- und Forenberatung etabliert. Die Videoberatung ist
während der Corona-Pandemie als vermeintliche Innovation eingeführt worden und
konnte sich trotz der zuvor vorhandenen starken Ablehnung dieses Mediums durch die
Fachkräfte einer großen Verbreitung erfreuen (vgl. Weinhardt 2022). Noch wenig im
20
Onlineberatung als etabliertes Angebot (der Kinder- und Jugendhilfe)
Einsatz sind Messenger in der Beratung, gleichwohl findet ein kommunikativer Aus-
tausch mit Klient:innen inzwischen recht häufig statt, wenn es um organisatorische The-
men oder kurze Absprachen miteinander geht. Im Folgenden werden die verschiedenen
Medien der Onlineberatung und einige Implikationen für ihren Einsatz vorgestellt.
5.2.1 Mailberatung
Die Mailberatung ist die erste Form der Onlineberatung, die überhaupt in Deutschland
praktiziert wurde. Mitte der 1990er Jahre, als das Internet auch in Privathaushalten Ein-
zug hielt, begannen Ratsuchende auch auf diesem Weg Kontakt zu Beratungsstellen
aufzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt fand die Kommunikation in der Regel auch tatsäch-
lich über unterschiedlichste Mailprovider statt. Da sich aber relativ schnell Fragen des
Datenschutzes und der Vertraulichkeit von Gesprächsinhalten stellten, entwickelten
Beratungsstellen mit Hilfe von Softwareunternehmen sichere Lösungen. Wenn heute
von professioneller Mailberatung die Rede ist, findet die Beratung auf einer webbasier-
ten Plattform statt, auf der sich Beratende und Ratsuchende einloggen und dort über
geschützte Postfächer miteinander in einem mailähnlichen Kontakt stehen können.
Die Beratung per Mail erfordert unterschiedliche Kompetenzen, die bereits im Kapitel 2
angedeutet werden. Beratenden muss es gelingen aus einem Text ein Beratungsanlie-
gen herauszulesen, ‚gute‘ Rückfragen zu stellen, schriftlich Impulse zu geben und dabei
auch noch empathisch und zugewandt in Beziehung zu gehen. So stößt diese Form der
Beratung auch an Grenzen, wenn es um diagnostische Fragestellungen geht, für die die
Textform zu wenige Einschätzungskriterien liefert.
Für Ratsuchende stellt die Mailberatung vor allem die Möglichkeit einer sehr anonymen
Form der Beratung dar. Bei den meisten Angeboten registrieren sich die Ratsuchenden
mit einem Pseudonym und können dann mit einer Beratungsfachkraft in den Austausch
treten. So wird die Mailberatung auch als besonders niedrigschwellig beschrieben.
Gleichwohl stellen sich den Ratsuchenden auch einige Hürden: Sie müssen zum einen
in der Lage sein, sich schriftlich auszudrücken und zum anderen auch die Fähigkeit be-
sitzen, bereits eine selbstreflexive Leistung zu vollbringen, wenn sie ihr Anliegen ver-
schriftlichen und ihre Themen im Text so aufbereiten, dass sie möglichst gut von einer
anderen Person nachvollzogen werden können. In dieser Herausforderung steckt aber
auch eine der größten Chancen der textbasierten Onlineberatung: Das Sortieren und
Aufschreiben von Gedanken und Gefühlen schafft für viele Menschen bereits einen Teil
der Selbstklärung. Ein weiterer Pluspunkt der Mailberatung ist die Möglichkeit Themen
dann zu adressieren und wegzuschicken (Katharsiseffekt), wenn sie den Ratsuchenden
unter den Nägeln brennen. Es bedarf keiner Wartezeiten wie bei einem Präsenztermin,
da eine Mail jederzeit abgeschickt werden kann.
21
Onlineberatung als etabliertes Angebot (der Kinder- und Jugendhilfe)
5.2.2 Chatberatung
Die Chatberatung zeichnet sich vor allem durch die Möglichkeit dialogisch miteinander
in Kontakt zu sein aus. Der Chat ist ein verschriftlichtes Gespräch, weshalb für die Chat-
beratung auch das Motto ‚Schreib wie du sprichst‘ (vgl. Oraliteralität) gilt. Auch im Chat
können Ratsuchende anonym bleiben, stehen aber in einem direkten Austausch mit der
Beratungsfachkraft, was beiden die Möglichkeit zu direkten Nachfragen und dem
(schnelleren) Aufdecken von Missverständnissen bietet. Diese besondere Form der
Kommunikation, in der auch Inszenierungen von Mündlichkeit auftauchen, bringt aber
auch Herausforderungen mit sich. So sind Abkürzungen, Sprachcodes und der Einsatz
von Emojis im Chat nicht immer für beide Seiten klar verständlich. Es bedarf daher der
Fähigkeit, Unklarheiten direkt anzusprechen und sich Erklärungen einzuholen bezie-
hungsweise im Vorfeld einige Besonderheiten der Netzsprache kennen zu lernen.
Der Chat kann im Gegensatz zur Mailberatung im Eins-zu-Eins-Kontakt, aber auch im
Mehrpersonensetting stattfinden. Onlineberatungs-Chatangebote werden in vielfälti-
gen Formen angeboten, wie zum Beispiel als
- Erstkontakt in Form eines auch außerhalb klassischer Beratungsstellen-Öff-
nungszeiten verfügbaren Sofort-Chats (wie beispielsweise beim Angebot der
Hilfetelefon ‚Schwangere in Not‘ oder Hilfetelefon ‚Gewalt gegen Frauen‘).
- Expert:innen-Chats mit Fachexpert:innen zu einem bestimmten Thema
- Gruppen-Chats mit festen oder wechselnden Teilnehmer:innen
- Themen-Chats mit Anmeldung und fest terminiert
So kommen den Beratungsfachkräften in den verschiedenen Formen auch unterschied-
liche Aufgaben zu, die sich in einem Spannungsfeld von Moderation und Beratung be-
finden. Insbesondere im Mehrpersonensetting ist es wichtig, dass alle Gesprächs-
partner:innen im Blick behalten werden und zu Wort kommen. Da anders als im Face-
to-Face-Setting ein Sprecher:innenwechsel nicht über einen Blick oder eine Geste ein-
geleitet werden kann, ist es umso wichtiger, dass die Beratungsfachkraft durch aktiv
moderierendes Eingreifen das Gespräch steuert.
5.2.3 Forenberatung
Zu den ersten Angebotsformen der Onlineberatung zählt die Beratung in (öffentlichen)
Foren. Diese Form der Beratung findet wie die Mailberatung zeitversetzt statt, da Rat-
suchende jederzeit im Forum schreiben können und Antworten nicht direkt erfolgen
müssen. Eine wesentliche Besonderheit der Forenberatung ist der partizipative Charak-
ter, da andere Ratsuchende oder auch einfach nur interessierte Nutzer:innen können auf
22
Onlineberatung als etabliertes Angebot (der Kinder- und Jugendhilfe)
Beiträge von Ratsuchenden antworten können. Diese Form der Peer-to-Peer-Unter-
stützung zeichnet sich durch eine Beratung auf Augenhöhe ab. Es geht im Forum vor
allem um emotionale und soziale Unterstützung. Die Fachkräfte haben bei der Foren-
beratung vor allem eine Aufsichtsfunktion, die die Einhaltung der Forenregeln betrifft,
verantworten aber auch eine Kontrolle und ggf. Richtigstellung von Inhalten. Gleichzei-
tig müssen die Fachkräfte mit der Herausforderung umgehen, dass sie nicht alleine eine
ratsuchende Person beraten, sondern mehr oder weniger professionelle Co-Berater:in-
nen aus der Forengemeinde an ihrer Seite sind. Dies führt im besten Fall zu guten Sy-
nergie-Effekten, wenn andere Forennutzer:innen mit unterstützenden Beiträgen oder
eigenen Erfahrungen den Prozess bereichern.
5.2.4 Videoberatung
Die Videoberatung spielte in klassischen Beratungsfeldern der Sozialen Arbeit bis zum
Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 nahezu keine Rolle. Mit Beginn der Kon-
taktbeschränkungen erlebte sie innerhalb kürzester Zeit eine große Verbreitung. So gibt
es bislang auch kaum systematisch aufbereitete Ergebnisse zu den Erfahrungen des
Einsatzes der Videoberatung. Erste Untersuchungen hinsichtlich der Bereitschaft Vide-
oberatung durchzuführen, liegen beispielsweise für den Bereich der Schwangerschafts-
beratung vor (vgl. Böhm & Wienholz 2022). Ebenso wurde für den Bereich der Video-
therapie von der Bundespsychotherapeutenkammer eine Studie zur Videobehandlung
vorgelegt (vgl. BPtK 2020). Diese und ähnliche Untersuchungen fokussieren vor allem
auf die Seite der Fachkräfte und deren Einstellung zur Nutzung des Videosettings für
Beratung und/oder Therapie. Unklar bleibt nach wie vor, welche Perspektive die Ratsu-
chenden auf dieses Format haben. Andeutungsweise zeigt sich in einer Studie des In-
stituts für E-Beratung, dass im Bereich der Schwangerenberatung das Videosetting vor
allem für Adressat:innen im ländlichen Raum eine gute Lösung zu sein scheint, um Mo-
bilitätshindernisse zu überwinden oder fehlende Kinderbetreuung zu kompensieren
(vgl. Bradl & Lehmann 2022).
Aus der bisherigen Praxis bekannt ist jedoch eine große Bandbreite an Erfahrungen, die
sich auf Seiten der Fachkräfte zwischen Faszination und Skepsis bewegen. Im Video-
setting fällt die Möglichkeit der vollständigen Anonymität weg, da durch die Übertra-
gung von Bild und Ton mehr Informationen vermittelt werden. Im Vergleich zu den in-
zwischen etablierten schriftlichen Kommunikationsformen stellt die Videokommunika-
tion viele Menschen vor technische Herausforderungen, die bewältigt werden müssen.
Neben der notwendigen Ausstattung (funktionierende Kamera, Mikrofon) bedarf die Vi-
deoverbindung einer weitaus größeren Netzwerkbandbreite. Allein deshalb scheiterten
23
Onlineberatung als etabliertes Angebot (der Kinder- und Jugendhilfe)
in manchen Regionen die Versuche, Klient:innen via Video zu beraten, da die Internet-
leitungen keine stabile Übertragung ermöglichten. Im Videosetting kann ebenfalls im
Eins-zu-Eins-Kontakt oder in Mehrpersonensettings gearbeitet werden Hierbei können
spezifische Konstellationen auftreten, z. B. telefonisch zugeschaltete Personen erhal-
ten weniger Informationen als die per Video zugeschalteten Gesprächsteilnehmer:in-
nen. Ebenso kann die Beratung in hybriden Settings stattfinden, bei denen einige Ge-
sprächsteilnehmer:innen gemeinsam in einem physischen Raum vor der Kamera sitzen
und weitere Personen an getrennten Orten einzeln zugeschaltet sind. Gerade bei letz-
teren Varianten bedarf es besonders guter Absprachen und klarer Kommunikationsre-
geln, um Verschiebungen im Beziehungsgefüge so gut wie möglich vorzubeugen.
Im Videosetting können zudem analoge, aber vor allem auch digitale Tools zum Einsatz
kommen. So können mit einer zweiten Kamera Materialien, Figuren oder Flipcharts ge-
zeigt und genutzt werden, aber auch digitale Systembretter oder virtuelle Pinnwände
zum Einsatz kommen.
5.2.5 Messengerberatung
Die Beratung via Messenger bietet eine Vielzahl von Chancen und Möglichkeiten, die
gleichzeitig aber auch größere Herausforderungen darstellen können. Der Messenger
kann alle bisher genannten Formen der Onlineberatung in sich bündeln und um weitere
Ausdrucksformen ergänzen. So kann im Messenger wie bei der Mail oder im Forum zeit-
versetzt kommuniziert und/oder in Gruppen kommuniziert werden. Es kann aber auch
wie im Chat zeitgleich hin- und hergeschrieben werden. Die meisten Messenger verfü-
gen auch über die Möglichkeit, aus der App heraus einen Videocall zu starten und letzt-
lich auch einen Audiocall durchzuführen, also eine telefonische Beratung zu machen.
Hinzu kommt die Möglichkeit, Sprachnachrichten oder Videos aufzuzeichnen und zu
versenden, die wiederum zeitversetzt empfangen und abgespielt werden können. Im
Messenger werden alle Kommunikationsformen in einer Art ‚Beratungsstream‘ doku-
mentiert und können so jederzeit wieder aufgerufen und damit auch die Beratungsbe-
ziehung aktualisiert werden.
Herausforderungen stellen sich beim Messenger (wie in allen anderen Formen auch)
nicht nur hinsichtlich der Auswahl einer aus Datenschutzperspektive geeigneten App,
sondern vor allem hinsichtlich der Prozess- und Arbeitsorganisation. Denn die Kommu-
nikation via Messenger suggeriert eine Dauererreichbarkeit, die von Fachkräften in der
Regel nicht gewährleistet werden kann oder soll – wichtig sind klare Absprachen mit
den Klient:innen, wie Reaktionszeiten gestaltet werden und zu welchem Zweck der
Messenger genutzt werden kann (vgl. Engelhardt & Piekorz 2022).
24
Onlineberatung als etabliertes Angebot (der Kinder- und Jugendhilfe)
5.3 Formen der Onlineberatung und
Angebotsformate
Onlineberatungsangebote finden in vielfältigen Formen und Angebotsformaten statt,
die im Folgenden anhand einiger Beispiele beschrieben werden. Konkrete Beispiele, wie
diese Formate von unterschiedlichen Trägern umgesetzt werden, sind im Kapitel 5 auf-
geführt.
5.3.1 Beratung durch Fachkräfte
Die inzwischen häufigste Form ist die Beratung durch Fachkräfte. Hierbei bestehen in
sozialen Einrichtungen oftmals aber noch große Unterschiede in der konkreten Umset-
zung. Während sich mancherorts eine ganze Einrichtung dazu entscheidet, in der On-
lineberatung tätig zu sein, gibt es andere Einrichtungen, bei denen ein:e Kollege:in die-
sen Part übernimmt und dabei manchmal einem gewissen Rechtfertigungs- oder Erklä-
rungsdruck unterliegt, wenn Kolleg:innen etwa nicht nachvollziehen können, warum
das Lesen und Verfassen einer Beratungsmail auch mal eine Stunde Zeit in Anspruch
nehmen kann.
Hier müssen Einrichtungen entscheiden, ob sie eine grundlegende Neufassung ihres
bisherigen Beratungsangebot durch die Einführung einer Onlineberatung betreiben
möchten oder der Onlineberatung einen ‚Exotenstatus‘ zuschreiben und daher auch die
Kapazitäten nicht auf alle Fachkräfte verteilen.
5.3.2 Beratung durch Peers
Die Beratung durch Peers zeichnet sich durch eine besondere Form der Beratung auf
Augenhöhe aus, die damit einhergehend auch eine hohe Akzeptanz bei Ratsuchenden
herstellt. Bei der Peer-to-Peer-Beratung online werden in der Regel ehrenamtlich Tä-
tige für die Onlineberatung qualifiziert, beraten jedoch vor dem Hintergrund ihres eige-
nen Erfahrungshorizontes und vermitteln bei Bedarf an professionelle Beratungsfach-
kräfte. Wichtig bei dieser konzeptionellen Umsetzung ist eine Begleitung durch Fach-
kräfte, die unterstützend tätig sind und für fachliche Fragen zur Verfügung stehen.
Gleichzeitig profitieren auch die beteiligten Peer-Berater:innen von dieser Aufgabe, in-
dem sie neue Kompetenzen entwickeln (vgl. Engelhardt 2010).
25
Onlineberatung als etabliertes Angebot (der Kinder- und Jugendhilfe)
5.3.3 Online-Selbsthilfe
Online-Selbsthilfeangebote waren ein wichtiger Schritt bei der Entstehung der profes-
sionellen Onlineberatung. Denn schon einige Zeit bevor die sozialen Einrichtungen in
den Onlineberatungsmarkt eingestiegen sind, haben sich im Netz Gleichbetroffene in
Foren gegenseitig Unterstützung und Beratung gegeben. Auch heute noch existieren
Online-Selbsthilfeforen, die jedoch auch teils kritisch betrachtet werden müssen. So
bezeichnen sich auch sogenannte ‚Pro-Ana‘-Foren als Selbsthilfeangebote – de facto
glorifizieren sie das Thema Anorexie und anstatt Betroffene dabei zu unterstützen diese
zu bewältigen, animieren sie diese die Anorexie durch toxische Vorschläge und ‚Con-
tests‘ weiterzuentwickeln. Gerade für jüngere Internetnutzer:innen können solche Fo-
ren, die als eingeschworene Communities auftreten und durchaus auch Zugangsbe-
schränkungen haben, einen hohen Anziehungswert haben.
5.3.4 Virtuelle Beratungsstellen im Netz
Als virtuelle Beratungsstellen im Netz werden professionelle Angebote bezeichnet, de-
ren Beratungsangebot ausschließlich online stattfindet. Hierbei steht vor allem das
Thema Anonymität im Vordergrund, da nicht vorgesehen ist, dass sich Berater:in und
Klient:in zu irgendeinem Zeitpunkt in Präsenz treffen oder telefonisch miteinander in
Kontakt treten. Dementsprechend sind häufig auch die Berater:innen anonym und
schreiben die Beiträge unter einem Pseudonym, sind jedoch als Fachkräfte der Einrich-
tung für die Klient:innen klar gekennzeichnet. Der Vorteil an dieser Angebotsform ist,
dass die Beratung als noch niedrigschwelliger empfunden wird, da die Beratungsbe-
ziehung zunächst weniger verbindlich gestaltet werden kann.
5.3.5 Onlineberatung als Ergänzung zur Präsenzberatung
Sehr häufig entscheiden sich Einrichtungen, die Onlineberatung als ein ergänzendes
Angebot zur Präsenzberatung zu konzipieren. Hierbei liegt häufig eine Aufteilung in Ar-
beits- und Aufgabenbereichen vor, wie schon im Abschnitt ‚Beratung durch Fachkräfte‘
beschrieben. So ist es in diesen Angeboten in der Regel auch nicht vorgesehen, dass
die Ratsuchenden bei der gleichen Fachkraft, mit der sie online in Kontakt stehen, in die
Präsenzberatung gehen. Häufig wird bei dieser Angebotsform die Onlineberatung als
Eintrittstür in die Präsenzberatung gesehen und dementsprechend im Kontakt mit den
Klient:innen darauf hingewirkt, dass nach wenigen Onlinekontakten ein Telefonat
und/oder ein Besuch in der Beratungsstelle stattfindet.
26
Fachliche Voraussetzungen für die Onlineberatung in der Kinder- und Jugendhilfe
5.3.6 Blended Counseling
Blended Counseling beschreibt ein Beratungskonzept, bei dem es um die „systemati-
sche, konzeptionell fundierte und passgenaue Kombination verschiedener digitaler und
analoger Kommunikationskanäle [
besser: Kommunikationssettings, Anm. der Autorin
]
in der Beratung“ (Hörmann et al. 2019, S. 23) geht. Somit grenzt sich Blended Coun-
seling klar von allen anderen Formen ab, indem ein Fokus auf die Verbindung von Prä-
senz- und Distanzberatung in unterschiedlichsten kommunikativen Settings gelegt wird
und hierbei am Beratungsprozess entlang entschieden wird, welches Setting gewählt
wird. Die Online- und Offline-Kontakte entstehen nicht beliebig, sondern werden aktiv
von der Beratungsfachkraft im Sinne der Prozessverantwortlichkeit gesteuert und in
Abstimmung mit der ratsuchenden Person gestaltet. Die Einführung von Blended
Counseling bedarf einer Konzeption, bei der alle Fachkräfte der Einrichtung mit einbe-
zogen und fachlich qualifiziert werden (vgl. Hörmann & Engelhardt 2022). Es zeichnet
sich ab, dass sich Konzepte dieser Art in den nächsten Jahren bei vielen großen Trägern
etablieren werden. Der Deutsche Caritasverband hat hier eine Vorreiterrolle übernom-
men und das Thema in vielfältigen Projekten und Arbeitsgruppen bereits seit einigen
Jahren vorangetrieben. (siehe hierzu auch die ‚Arbeitshilfen für die Erweiterung digitaler
Beratungskompetenz in der Sozialen Arbeit‘ aus dem Projekt ‚Let’s help online‘ unter
https://www.caritas-bayern.de/unsere-themen/europa/lets-help-online/lets-help-on-
line)
6. Fachliche Voraussetzungen für die
Onlineberatung in der Kinder- und
Jugendhilfe
Um Onlineberatung fachlich qualitativ anzubieten und durchzuführen, bedarf es spezi-
fischer Kompetenzen. Diese werden im Folgenden vorgestellt. Hierbei werden die für
die unterschiedlichen Kommunikationsmedien notwendigen Fähigkeiten beschrieben
und exemplarisch erläutert. In einem weiteren Abschnitt wird auf den Umgang mit her-
ausfordernden Gesprächssituationen und möglichen Grenzen von Onlineberatung ein-
gegangen. Hierbei liegt ein Fokus auf dem Jugendalter. Abschließend wird das Thema
der Qualitätssicherung in den Blick genommen und anhand der Dimensionen der fach-
lichen Unterstützung durch Supervision und Intervision sowie des Umgangs mit Kli-
ent:innenfeedback beschrieben.
27
Fachliche Voraussetzungen für die Onlineberatung in der Kinder- und Jugendhilfe
6.1 Notwendige Kompetenzen für die Durchführung
von Onlineberatung
Je nach Angebotsform und eingesetzter Medien in der Onlineberatung müssen Bera-
ter:innen über unterschiedliche Kompetenzen verfügen. Während im schriftlichen Kon-
text vor allem Methodiken zum Lesen und Erfassen von Texten sowie Schreibtechniken
im Vordergrund stehen, bedarf es bei der videogestützten Beratung der Fähigkeit, tech-
nische Tools zu bedienen und Gesprächstechniken ins Onlinesetting zu übertragen.
Bereits 2011 entwickelte ein Arbeitskreis an der Technischen Hochschule Nürnberg
gemeinsam mit verschiedenen großen Trägern der Onlineberatung (wie dem Deut-
schen Caritasverband, der pro familia und der Bundeskonferenz der Erziehungsbera-
tungsstellen) ein Grundcurriculum für die Onlineberatung
4
. Dieses Curriculum darf nach
wie vor als Basis für die Ausbildung und Qualifizierung von Onlineberater:innen be-
trachtet werden, wenngleich in den letzten zwölf Jahren durch die technologischen
Weiterentwicklungen und das Aufkommen der Videoberatung in den letzten drei Jah-
ren einige Ergänzungen vorgenommen wurden. Die Grundlage des Curriculums, näm-
lich eine Aufteilung in drei wesentliche Kompetenzbereiche, ist nach wie vor gültig. So
müssen Onlineberater:innen über Medienkompetenz, Methodenkompetenz und Daten-
schutz-/Softwarekompetenz verfügen. Dies bedeutet, dass Onlineberater:innen in der
Lage sein müssen, die Medien bedarfsgerecht auszuwählen und mit den Anforderun-
gen des jeweiligen Kommunikationssettings umgehen zu können. Außerdem müssen
sie in der Lage sein, Beratungsmethoden (die in der Regel in der Präsenzberatung er-
lernt und erprobt wurden) auf das Onlinesetting zu übertragen beziehungsweise Gren-
zen der Anwendbarkeit zu erkennen. Gleichzeitig gilt es neue, onlineberatungsspezifi-
sche Methoden (wie z. B. kreative Schreibtechniken oder die Nutzung von digitalen
Tools wie dem Online-Systembrett
5
) anwenden zu können (wie. Nicht zuletzt müssen
Onlineberater:innen für Themen des Datenschutzes sensibilisiert sein und wissen, wel-
che Maßnahmen sie einerseits persönlich umsetzen können und andererseits, wie durch
den Einsatz einer spezifischen Beratungssoftware die Vertraulichkeit von Gesprächen
gewahrt werden kann. Diese Aspekte finden sich etwas dezidierter aufgeschlüsselt
auch in den Anerkennungs-Standards der Deutschsprachigen Gesellschaft für psycho-
soziale Onlineberatung (DGOB) e. V., dem einzigen deutschsprachigen Fachverband für
Online-beratung:
4
Siehe hierzu Reindl, R. (2015): Psychosoziale Onlineberatung – von der praktischen zur geprüften Qualität.
E-Beratungsjournal, 11 (1), S. 55–68
5
Siehe hierzu z. B. https://www.online-systembrett.com oder für eine Vielzahl unterschiedlicher Onlinebe-
ratungsmethoden https://coachingspace.net
28
Fachliche Voraussetzungen für die Onlineberatung in der Kinder- und Jugendhilfe
a) Kenntnis medien-theoretischer Konzepte telemedial vermittelter Kommunika-
tion und Beratung;
b) Lesekompetenz, d. h. die Fähigkeit, die bei der Rezeption geschriebener Texte
sich einstellenden imaginativen Zugaben zu erkennen und deren Wirkung zu
analysieren und die imaginativen Zugaben im eigenen Kontext zu verorten
(schriftbezogene Selbstreflexivität);
c) Schreibkompetenz, d.h. die Fähigkeit, Texte in einer Weise zu gestalten, die Zu-
wendung vermittelt, bei gleichzeitiger Einhaltung der gebotenen professionel-
len Distanz;
d) Kenntnis der Unterschiede zwischen Präsenzkommunikation und telemedial
vermittelter Kommunikation;
e) Kenntnisse telemedialer Settings (z.B. webgestützte 1:1-Beratung (so genannte
WebMail-Beratung), Einzel- und Gruppen-Chat, Diskussionsforen, audiovisu-
elle Settings/ Videoberatung);
f) Technische Grundkenntnisse, die zur Umsetzung der technisch-organisatori-
schen Anforderungen an eine sichere elektronische Kommunikation befähigen;
g) Datenschutzrechtliche Grundkenntnisse, vor allem im Zusammenhang mit dem
Betrieb einer Website, auf der Online-Beratung angeboten wird;
h) Kenntnisse, wie datenschutzrechtliche und strafrechtliche sowie berufsrechtli-
che Auflagen bei der Ausübung der Online-Beratung zusammenspielen. (DGOB
2020, S. 3f).
6.2 Umgang mit schwierigen Gesprächen und
Krisensituationen
In allen Beratungssettings, ob online oder in Präsenz, sind Krisengespräche herausfor-
dernd. Gerade im Kontext der Jugendberatung tauchen immer wieder Beratungsan-
lässe und Themen auf, die durch unterschiedlichste Krisensituationen hervorgerufen
werden. Hier soll im Folgenden auf drei ‚schwierige‘ Gesprächsanlässe im Kontext der
Onlineberatung eingegangen und Herausforderungen aber auch Potentiale dargestellt
werden.
6.2.1 Selbstverletzendes Verhalten
Selbstverletzendes Verhalten tritt vor allem im Jugendalter auf. Laut einer Forschungs-
gruppe der Universitäten und Universitätskliniken in Heidelberg, Karlsruhe,
Landau/Koblenz, Mannheim, Neuruppin und Ulm, verletzt sich etwa jede:r dritte Ju-
gendliche zumindest einmalig selbst (siehe STAR-Projekt: www.star-projekt.de). Das
29
Fachliche Voraussetzungen für die Onlineberatung in der Kinder- und Jugendhilfe
Thema ist für die Betroffenen in der Regel mit großem Leidensdruck und Scham besetzt.
Die Möglichkeit, sich zunächst anonym an eine Beratungsstelle zu wenden, stellt für
viele junge Menschen hierbei eine große Chance da. Gerade bei einer asynchronen Form
der Onlineberatung per Mail besteht für die Klient:innen die Möglichkeit, das Tempo der
Beratung mitzubestimmen und auch die Themen mitzusteuern. Dieser Zugewinn an Au-
tonomie und Handlungsmöglichkeiten schafft für die Ratsuchenden Kontrollmöglich-
keiten und Sicherheit, die positiv auf den Beratungsprozess wirken. Zu ähnlichen Zwi-
schenergebnissen kommt auch die Studie des STAR-Projekts, das neben der Möglich-
keit Onlineberatung in Chats mit Fachkräften und anderen Betroffenen wahrzunehmen
auch Informationen und Übungen für die Ratsuchenden bereitstellt (vgl. BMBF 2022,
o. S.).
6.2.2 Essstörungen
Ein ebenfalls im Jugendalter häufig auftauchendes Störungsbild sind unterschiedliche
Formen der Essstörungen. Auch bei diesem Themenkomplex fällt es Ratsuchenden oft-
mals schwer, direkt in eine Präsenzberatungsstelle zu gehen oder gar ein therapeuti-
sches Angebot wahrzunehmen. Auch hier bietet die anonyme Onlineberatung eine
niedrigschwellige Form der Kontaktaufnahme. So findet sich in der Selbstbeschreibung
des Onlineberatungsangebots von Waage e. V. Folgendes: „Unsere Online-Beratung
kann eine Orientierung, ein erster Schritt, eine emotionale Entlastung, eine Begleitung
oder ein Handlungswegweiser sein. Sie ist ein sicherer Raum für Ihre Fragen, Gedanken
und Gefühle rund um das Thema Essstörungen.“ (siehe https://essstoerungen-on-
lineberatung.de/angebote-fuer-betroffene/). Oftmals bieten Angebote dieser Art nicht
nur für Betroffene eine Kontaktmöglichkeit, sondern wenden sich auch an Angehörige,
die Unterstützungsbedarf haben.
6.2.3 Suizidalität
Beim Themenkomplex Suizidalität werden viele Beratende am stärksten gefordert. Die
Vorstellung dann auch noch auf Distanz mit der betroffenen Person in Kontakt zu ste-
hen und mit eingeschränkten Möglichkeiten der Wahrnehmung und des ‚Zugriffs‘ auf
die Person umgehen zu müssen, setzt einige Beratende unter Stress. Hier hilft schon
ein Perspektivwechsel: Es ist davon auszugehen, dass für Ratsuchende, die sich suizidal
fühlen und ihre Gedanken und Gefühle dazu online äußern, gerade die Distanz (und ggf.
Anonymität) zur beratenden Person, diese Offenheit ermöglicht.
Ein Mensch ist online nicht ‚suizidaler‘ als offline, aber er traut sich vielleicht direkter
darüber (schriftlich) zu sprechen. Und das Darüber-Sprechen ist in einer suizidalen Krise
30
Fachliche Voraussetzungen für die Onlineberatung in der Kinder- und Jugendhilfe
häufig der Schlüssel, um eine Zuspitzung und eine tatsächliche Durchführung eines Su-
izides zu verhindern. Die Onlineberatung bietet hier durchaus einen Mehrwert, da sie
vor allem eine stabilisierende Wirkung haben kann (vgl. Weinhardt, 2010) und Ratsu-
chenden in den verschiedenen Onlinesettings einen kurzfristigen und niedrigschwelli-
gen Zugang zur Beratung ermöglicht. Besonders in der Mailberatung zeigt sich am Bei-
spiel des Angebots U25 des Deutschen Caritasverbandes (https://www.u25-deutsch-
land.de), dass die zeitversetzte Kommunikation einen suizidpräventiven Charakter ha-
ben kann.
Neben den hier herausgehoben ‚schwierigen‘ Gesprächssituationen muss sicherlich Be-
achtung finden, dass jede Beratungsfachkraft zu einer individuellen Einschätzung
kommt, was sie als besonders herausfordernd erlebt oder wo sie Grenzen ihrer Kom-
petenzen erkennt. Für die Arbeit in Onlinesettings ist jedoch besonders hervorzuheben,
dass aufgrund der Kanalreduktion und der damit eingeschränkten Möglichkeiten zu ei-
ner ganzheitlicheren Wahrnehmung des Gegenübers schneller Unsicherheiten entste-
hen können. So werden im Onlinesetting in der Regel früher Grenzen wahrgenommen
und beschrieben, als es im Präsenzsetting der Fall ist. Dies gilt nicht zuletzt, da im Prä-
senzsetting oftmals die Möglichkeit besteht, in Krisensituationen schnell eine weitere
Fachkraft aus der Einrichtung hinzuzuziehen.
Insofern bedarf es neben der individuellen Auseinandersetzung mit Grenzen und der
Vermittlung von Online-Kriseninterventionskenntnissen vor allem auch geregelter ein-
richtungsspezifischer Prozessabläufe, um im Falle einer Krise vorbereitet zu sein.
6.3 Instrumente zur Qualitätssicherung
Wie in allen Arbeitsbereichen der Sozialen Arbeit spielt das Thema Qualitätssicherung
auch in der Onlineberatung eine wichtige Rolle (vgl. Reindl 2015; Engelhardt 2013).
Hierbei können einige Besonderheiten ausgemacht werden. Gerade in den schriftba-
sierten Beratungsformen besteht im Rahmen von Supervision und Intervision die Mög-
lichkeit, nicht nur die subjektiven Erfahrungsberichte in Form einer Fallvorstellung zu
bearbeiten, sondern mit konkreten Beratungstexten in einen Reflexionsprozess einzu-
steigen (vgl. Engelhardt 2020; 2019a; 2014).
Ebenso ist anzunehmen, dass Feedback an die Beratungsfachkraft im schriftlichen und
ggf. sogar anonymen Kontakt leichter fällt und damit auch direkter ausfällt. Für Bera-
tende ist dies insofern nicht immer leicht, da sich hier auch Grenzüberschreitungen zei-
gen können, wenn Ratsuchende negatives Feedback mit großer Emotionalität und in
einem unangemessenen Stil vortragen.
31
Fachliche Voraussetzungen für die Onlineberatung in der Kinder- und Jugendhilfe
6.3.1 Supervision und Intervision
Im Rahmen von Supervision- oder Intervisionstreffen kann anhand von (anonymisier-
ten) Beratungsfällen aus der Mail-, Chat- oder Forenberatung ein ganzer Beratungs-
prozess rekonstruiert werden. Im Gegensatz zu einer schriftlichen Dokumentation eines
Gesprächs, liegt hier der Prozess Eins-zu-Eins im Wortlaut der Schreibenden vor. Das
gemeinsame Nachlesen von Beratungskontakten bietet die Chance, dass neue Per-
spektiven einbezogen werden können und auch im Rahmen der Textinterpretation neue
Handlungsansätze für die Beratungsfachkraft entwickelt werden können.
Im Rahmen von Supervision ist es wichtig, dass der:die Supervisor:in über grundle-
gende Onlineberatungskompetenzen verfügt und in der Lage ist nachzuvollziehen, wel-
che Besonderheiten im Beratungsprozess settingbedingt auftauchen können. Eine wei-
tere Chance besteht darin, dass die Supervision online stattfinden kann. Für die Super-
visand:innen besteht so die Möglichkeit einer doppelten Reflexion: Sie können ihren Be-
ratungsfall einbringen und erleben selbst, wie eine Beratung im Onlinesetting als Un-
terstützung suchende Person abläuft (vgl. Engelhardt 2019a; 2020).
6.3.2 Umgang mit Klient:innen-Feedback
Viele Onlineberatungsangebote schaffen für die Ratsuchenden die Möglichkeit in un-
terschiedlichen Formen Feedback zu geben. Dies kann über ein Kontaktformular oder
einen spezifisch ausgeschriebenen Forenbereich geschehen oder aber über eine stan-
dardisierte Abfrage, die zum Ende des Beratungsprozesses der ratsuchenden Person
zur Verfügung gestellt wird (vgl. Reindl 2016).
Gleichzeitig ist es auch Aufgabe der Fachkraft, in regelmäßigen Abständen mit der rat-
suchenden Peron aus einer Metaperspektive auf den bisherigen Beratungsverlauf zu
schauen. So können wertvolle Rückmeldungen unmittelbar in den Prozess einfließen
und genutzt werden. Berater:innen müssen somit die Kompetenz besitzen auch mit
schriftlichem Feedback konstruktiv umzugehen und zum Beispiel beim Schreiben einer
Mailantwort eine Struktur zu finden, die einerseits den Beratungsbedarf der ratsuchen-
den Person behandelt, aber auch auf Stimmungen und Wünsche entsprechend eingeht
(vgl. Engelhardt 2021).
32
Organisatorische und technische Voraussetzungen
7. Organisatorische und technische
Voraussetzungen
Neben den fachlichen Kompetenzen bedarf es bei professionellen Angeboten der On-
lineberatung auch einiger wichtiger organisatorischer wie auch technischer Vorausset-
zungen. Hierbei spielt die noch immer uneinheitlich geklärte Frage der Finanzierung von
Onlineberatungskontakten eine wichtige Rolle. Aber auch Aspekte der Wahl einer ge-
eigneten Software, die Datenschutz und vertrauliche Kommunikation gewährleistet so-
wie der Ausstattung mit internetfähigen Geräten (zum Beispiel Dienst-Smartphones
zur Sicherstellung der Trennung privater und dienstlicher Kommunikation) werden the-
matisiert. Abschließend geht es auch um Fragen der Dokumentation(spflicht) sowie der
Erreichbarkeit, wie zum Beispiel dem Arbeiten im Homeoffice oder zu ungewöhnlichen
Zeiten.
7.1.1 Finanzierung
Nach wie vor unzureichend geklärt ist die Finanzierung von Onlineberatungskontakten
und -angeboten. Im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe, aber auch in nahezu allen an-
deren Bereichen, sind in der Regel nur Präsenzkontakte und Telefonate abrechenbar.
Ein weiteres Problem zeigt sich in der grundsätzlichen Finanzierungsstruktur Sozialer
Arbeit und der Kopplung an Gebietskörperschaften. Gerade bei Angeboten, die eine
anonyme Onlineberatung ermöglichen, taucht schnell die Frage der Zuständigkeit auf,
da sich das Internet eben nicht an solche Grenzen hält (vgl. Reindl & Engelhardt 2021).
Während der Corona-Pandemie wurde vielerorts die Möglichkeit geschaffen, auch Vi-
deoberatungskontakte abzurechnen. Diese Regelung wurde teils aber auch wieder zu-
rückgenommen, als Kontakte in Präsenz wieder möglich wurden. Die Frage, wie bei-
spielsweise Mailkontakte abgerechnet werden können, ist zumeist nach wie vor unklar.
Hier besteht ein dringender Klärungsbedarf, der in letzter Instanz den Klient:innen
Wahlfreiheit und Mitbestimmung bei der Auswahl des Beratungssettings ermöglicht
und dem ‚Primat der Präsenz‘ zeitgemäße Alternativen gegenüberstellt.
7.1.2 Software, technische Ausstattung/Hardware
Um Onlineberatung fachlich sachgerecht durchzuführen, bedarf es neben den bereits
benannten onlineberatungsspezifischen Kompetenzen auch entsprechende technische
Voraussetzungen. Hierzu gehört die Verwendung einer geeigneten Software, um die
Onlineberatungskontakte zu gestalten und sicherzustellen, dass sowohl die Daten der
Klient:innen, als auch die Inhalte der Gespräche geschützt sind und DSGVO-konform
33
Organisatorische und technische Voraussetzungen
verarbeitet werden. Konkret bedeutet dies, dass für die schriftbasierte Beratung Soft-
warelösungen gewählt werden, bei der im Gegensatz zu einer normalen E-Mail die Da-
ten SSL-verschlüsselt übertragen werden. Bei einer Software für die Videoberatung
sollte auf Anbieter zurückgegriffen werden, die eine Peer-to-Peer-Verbindung, also di-
rekt zwischen den Geräten der Gesprächsteilnehmer:innen, herstellen. Nur so kann si-
chergestellt werden, dass Dritte den Datenstrom nicht mitlesen oder speichern können.
Sowohl für die schriftbasierte Beratung als auch für die Videoberatung gibt es seit ei-
nigen Jahren mehrere etablierte Anbieter auf dem Markt. Exemplarisch sollen hier die
die Anbieter AygoNet und Assisto (Mail, Chat, Videoberatung) genannt werden, bei de-
nen Kund:innen einzelne Module für die Onlineberatung per Lizenz erwerben können.
Bei der Nutzung dieser Software wird sichergestellt, dass weder auf Seiten der Kli-
ent:innen noch auf Seiten der Beratenden Daten auf den genutzten Geräten gespeichert
werden. Vielmehr melden sich beide Seiten auf einer Webseite an und greifen dort auf
ihre Postfächer zu. Die Kommunikation findet somit ausschließlich webbasiert statt und
die Kommunikationsdaten werden auf DSGVO-konformen Servern verschlüsselt für ei-
nen festgelegten Zeitraum gespeichert.
Bei der Nutzung eines Messengers muss zudem beachtet werden, dass die Klient:innen
ihr Smartphone ggf. nicht per Zugangscode absichern und so Dritte beim Öffnen des
Messengers auf den Geräten der Klient:innen auf vertrauliche Gesprächsinhalte zugrei-
fen können. Für die Beratenden ist es ratsam, eine webbasierte Version des Messengers
zu nutzen und sich bei der Nutzung an- bzw. abzumelden und dies auch den Ratsu-
chenden zu empfehlen.
Für die Videoberatung hat die kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) eine Liste zer-
tifizierter Videodienstanbieter veröffentlicht, die regelmäßig aktualisiert wird und online
abgerufen werden kann – unter: https://www.kbv.de/html/videosprechstunde.php
Klient:innen sollten in jedem Fall für das Thema Datenschutz und -sicherheit vor Beginn
der Beratung sensibilisiert werden. Zudem müssen sie ggf. technische Unterstützung
von der Beratungsfachkraft, zum Beispiel beim Anlegen eines Beratungsaccounts, er-
halten. Beratungsfachkräften kommt somit auch eine medienpädagogische Funktion zu,
wenn sie Klient:innen damit digitale Teilhabe ermöglichen.
Neben der Softwareausstattung braucht es je nach Onlineberatungsform auch eine ent-
sprechende technische Ausstattung. Für die schriftliche Onlineberatung genügen hier
in der Regel ein internetfähiger Rechner sowie ein einfacher Internetzugang. Bei der
Videoberatung sind die Anforderungen bereits höher, da zudem eine hochauflösende
34
Organisatorische und technische Voraussetzungen
Webcam, ein Mikrofon und ggf. Kopfhörer/Headset sowie eine entsprechende Beleuch-
tung Voraussetzung sind. Ebenso muss die Internetleitung eine hohe Bandbreite haben,
um einen möglichst störungsfreien Ablauf gewährleisten zu können.
Für die Klient:innen gelten ähnliche Voraussetzungen, wenngleich von Ihnen beispiels-
weise keine professionelle Ausleuchtung der eigenen Person erwartet werden kann.
Hier stößt die Videoberatung teilweise an Grenzen, da Klient:innen nicht zwangsläufig
über neue Laptops mit integrierter Webcam u. Ä. verfügen. Gleichwohl kann das Smart-
phone mit – in der Regel – guter Kamera und Headset zum Einsatz kommen.
7.1.3 Dokumentation
Das Thema Dokumentationspflicht spielt in vielen Arbeitsfeldern der Kinder- und Ju-
gendhilfe eine wichtige Rolle. In der Regel verwenden Einrichtungen hierfür bereits eine
entsprechende Dokumentationssoftware, die auch zur Datenübermittlung an den Kos-
tenträger verwendet wird. So müssen Onlineberatungskontakte häufig ein weiteres
Mal dokumentiert werden, auch wenn zum Beispiel in der Mailberatung der Kontakt
bereits entsprechend vorliegt und mit Zeitstempel und Wort-für-Wort-Inhalt vorliegt.
Dies kann zu einem zeitlichen Mehraufwand führen, berührt möglicherweise aber auch
Fragen des Datenschutzes. Zudem kann es zu weiteren Schwierigkeiten in der Doku-
mentation kommen, wenn die genutzte Dokumentations-Software durch vorgegebene
Eingabefelder eine Dokumentation von Online-Kontakten nicht vorsieht (siehe hier auch
Thema ‚Finanzierung‘).
7.1.4 Erreichbarkeit
Ein Onlineberatungsangebot ist in der Regel grundsätzlich rund um die Uhr und täglich
im Netz aufrufbar. Gleichwohl muss hinsichtlich der Verfügbarkeit des Angebots (z. B.
beim Chat) und den Reaktionszeiten der Beratungsfachkräfte (z. B. bei der Mail- und
Forenberatung) differenziert werden. Eine Mail kann beispielsweise auch sonntag-
nachts um 2:00 Uhr an die Beratungsstelle adressiert werden, wird aber vermutlich erst
am nächsten Arbeitstag beantwortet werden. Als allgemeiner Qualitätsstandard für die
schriftliche Onlineberatung hat sich eine Reaktionszeit im Erstkontakt von 24-48 Stun-
den etabliert. Bei der Videoberatung wird die Terminvergabe in der Regel über die Ein-
richtung erfolgen, sofern es nicht eine spontane Videosprechstunde gibt, der die Rat-
suchenden einfach beitreten können.
Wichtig ist daher auch, dass die Einrichtungen auf ihrer Webseite zur Onlineberatung
darauf hinweisen, dass das Angebot nicht als Krisenhotline genutzt werden kann und
35
Fachliche Einschätzung zur Bedeutung digitaler Kommunikations- und
Beratungsangebote in der Kinder- und Jugendhilfe
ggf. auf entsprechende andere Anbieter (zum Beispiel Telefonseelsorge, Krisennot-
dienst) verweisen.
8. Fachliche Einschätzung zur Bedeutung
digitaler Kommunikations- und
Beratungsangebote in der Kinder- und
Jugendhilfe
Das letzte Kapitel bietet eine fachliche Einschätzung zur Bedeutung digitaler Kommu-
nikations- und Beratungsangebote in der Kinder- und Jugendhilfe. Hierbei wird auf ei-
nige Praxisbeispiele eingegangen und es werden zielgruppenspezifische Aspekte der
Medienwahl sowie der digitalen Teilhabe beleuchtet. Es werden einige Forschungsbe-
funde sowie noch zu füllende Forschungslücken vorgestellt. Abschließend werden Zu-
kunftsaufgaben für das Themenfeld aufgezeigt und Empfehlungen zur Weiterentwick-
lung der digitalen Kommunikation und Beratung im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe
gegeben.
8.1 Praxisbeispiele
Im Folgenden sollen zwei Praxisbeispiele die Einsatzmöglichkeiten und Chancen von
Onlineberatung im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe skizzieren. Hierfür wird zum
einen das Angebot der BKE-Jugendberatung vorgestellt, das deutschlandweit eines der
größten Onlineberatungsangebote für Kinder und Jugendliche darstellt und nach einem
Modellprojekt im Jahr 2000 seit dem Jahr 2005 in einer gemeinsamen Finanzierung der
16 Bundesländer betrieben wird. Dieses Angebot kann damit auch als ein Leuchtturm-
projekt der Onlineberatung durch qualifizierte Fachkräfte bezeichnet werden. Die BKE-
Onlineberatung wird zudem regelmäßig wissenschaftlich evaluiert und begleitet.
(Siehe hierzu: https://www.e-beratungsinstitut.de/projekte/bke/)
Zum anderen wird die Peer-to-Peer-Beratung [U25] vorgestellt. Auch bei diesem An-
gebot handelt es sich um eine etablierte Onlineberatung, die bereits seit mehr als 20
Jahren erfolgreich junge Menschen in Krisen berät und seit 2012 unter Trägerschaft des
Deutschen Caritasverbands steht. Das Angebot wurde mehrfach ausgezeichnet und
wird ebenfalls regelmäßig wissenschaftlich evaluiert. Aktuell führt das Institut für Psy-
36
Fachliche Einschätzung zur Bedeutung digitaler Kommunikations- und
Beratungsangebote in der Kinder- und Jugendhilfe
chologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg eine Längsschnittstu-
die zur Wirksamkeit der Online-Peer-Suizidpräventionsberatung durch. (Siehe hierzu:
https://www.lsdiagnostik.phil.uni-erlangen.de/evaluation_online_suizidpraevention)
8.1.1 BKE Eltern- und Jugendberatung
Die BKE Eltern- und Jugendberatung (erreichbar unter: https://www.bke-beratung.de )
bietet bereits seit fast 20 Jahren Onlineberatung per Forum, Mail und (Gruppen-)Chat
an. Die Beratung erfolgt kostenlos und datensicher durch ausgebildete Fachkräfte aus
Familien- und Erziehungsberatungsstellen. Es gibt regelmäßige Chat-Sprechstunden-
termine, die über die Webseite angekündigt werden und den Nutzer:innen auch spon-
tan den Kontakt mit einer Fachkraft ermöglichen. Auf der Webseite:
https://www.bke.de/fachinfos/onlineberatung können sowohl die Konzeption der On-
lineberatung als auch einige Jahresberichte der letzten Jahre eingesehen werden. Dem-
nach übernimmt das Angebot folgende Leistungen des Achten Sozialgesetzbuch (SGB
VIII) wahr:
§ 8 Abs. 3 Beratung von Kindern und Jugendlichen ohne Kenntnis der Personensor-
geberechtigten
§ 16 Abs. 1 Allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie
§ 16 Abs. 2 Beratung in allgemeinen Fragen der Erziehung und Entwicklung junger
Menschen
§ 17 Abs. 1 Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung
§ 18 Abs. 1 Beratung bei der Ausübung der Personensorge
§ 28 Erziehungsberatung
§ 41 Hilfe für junge Volljährige, Nachbetreuung
Bei der BKE Eltern- bzw. Jugendberatung, die in zwei Angeboten als getrennte Web-
seiten im Netz platziert sind, beraten die Fachkräfte anonym und ortsunabhängig. Ein
Kontakt mit der Fachkraft in Präsenz ist somit konzeptionell nicht vorgesehen. Es han-
delt sich somit um den Angebotstyp ‚Virtuelle Beratungsstelle‘.
8.1.2 U25 Peer-to-Peer-Beratung zur Suizidprävention
Das Angebot von U25 Deutschland richtet sich an junge Menschen unter 25 Jahren, die
sich in Suizidgefahr befinden. Die Beratung erfolgt ausschließlich als Mailberatung und
wird von speziell hierfür ausgebildeten ehrenamtlich tätigen Gleichaltrigen durchge-
führt. Diese werden im Hintergrund von hauptamtlichen pädagogischen Fachkräften
begleitet und erhalten regelmäßig fachliche Anleitung, Schulungen und Supervision.
Da die Peer-Berater:innen vor Ort begleitet und betreut werden, hat U25 insgesamt 11
37
Fachliche Einschätzung zur Bedeutung digitaler Kommunikations- und
Beratungsangebote in der Kinder- und Jugendhilfe
Standorte in Deutschland. Träger des Angebots ist der Deutsche Caritasverband. Das
Angebot ist über https://www.u25-deutschland.de erreichbar. Auch bei dem Angebot
U25 handelt es sich um eine virtuelle Beratungsstelle, die sich jedoch zudem durch den
Peer-to-Peer-Beratungsansatz auszeichnet und gerade bei dem Thema Suizid(präven-
tion) eine hohe Akzeptanz bei den Ratsuchenden erreicht (vgl. Hildebrand et al. 2020).
8.2 Zielgruppenspezifische Aspekte
Bei der Konzeption eines Onlineberatungsangebot im Bereich der Kinder- und Jugend-
hilfe müssen einige zielgruppenspezifische Aspekte beachtet werden. Hierzu gehört zu-
nächst eine bedarfsgerechte Auswahl der Kommunikationsmedien. Ebenso muss Be-
achtung finden, dass nicht alle potenziell ratsuchenden Menschen über gleiche Zu-
gangsmöglichkeiten verfügen. Dies betrifft Aspekte der digitalen Teilhabe, die sich an-
hand unterschiedlicher Ressourcen kennzeichnen. Im Folgenden sollen einige Hinweise
hierzu erfolgen.
8.2.1 Bedarfsgerechte Medienwahl
Bei der Auswahl der geeigneten Medien, um die Onlineberatung zu realisieren, sollte
vor allem eine Klient:innenperspektive eingenommen werden. Die weit verbreitete Vi-
deoberatungspraxis während der Pandemie hat auch gezeigt, dass dieses Medium für
viele Klient:innen aus unterschiedlichen Gründen weniger geeignet, wenn nicht sogar
komplett ungeeignet ist (vgl. Bradl & Lehmann 2022). Hier spiegeln sich nicht zuletzt
Phänomene digitaler Ungleichheit wider, wenn Adressat:innen abhängig von ihrem kul-
turellem Kapital mangelnde technologische Kenntnisse zur Nutzung eines solchen An-
gebots haben und/oder kaum oder keinen Zugang zu den hierfür notwendigen Medien
und dem Internet haben (vgl. Kutscher 2019).
Hilfreich ist es, beim Einnehmen der Klient:innenperspektive zu fragen, welche Medien
die Zielgruppe bevorzugt nutzt und welche Geräte etc. dazu zur Verfügung stehen.
Hierzu können auch aktuelle Nutzungsstudien (siehe Kapitel I.3) herangezogen werden,
aber vor allem auch Klient:innen selbst befragt werden. Ebenso sollten die Fachkräfte
sensibel auf Kontaktangebote von Klient:innen reagieren, wenn zum Beispiel die Frage
auftaucht, ob man auch mal schnell eine Nachricht per WhatsApp senden könne oder
Ähnliches.
Sollten die Fachkräfte Widerstände bei der Auswahl bestimmter Medien wahrnehmen,
ist es wichtig in einem gemeinsamen Prozess kritisch zu hinterfragen, welche Bedenken
38
Fachliche Einschätzung zur Bedeutung digitaler Kommunikations- und
Beratungsangebote in der Kinder- und Jugendhilfe
ggf. vorliegen. Häufig sind die Sorge, die technischen Voraussetzungen nicht zu beherr-
schen, die Beziehungsgestaltung nicht ausreichend zu meistern und/oder die Befürch-
tung dauernd erreichbar zu sein, hier im Vordergrund. Für diese Aspekte müssen ge-
meinsame Lösungen entwickelt und Arbeitsstandards formuliert werden.
8.2.2 Zugangsmöglichkeiten/Teilhabe/Ressourcen
Während die Welt immer digitaler wird und allerhand Medien unsere Alltagswelt
durchdringen, sollte nicht unterschätzt werden, dass viele Menschen keinen oder nur
eingeschränkten Zugang zum Netz und damit auch zu einer Onlineberatung haben. Kut-
scher (2019) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es innerhalb der Medi-
ennutzung zu Ungleichheiten kommt, „die auf der ungleichen Verfügbarkeit von ökono-
mischem, kulturellem und sozialem Kapital (Bourdieu, 1983) als prägenden Faktoren
für Präferenzen, habituelle Fähigkeiten und strukturelle Möglichkeiten in der Medien-
nutzung beruhen“ (ebd., S. 381). Zu ähnlichen Befunden kommt Beranek (2021), die
das Thema ‚Algorithmisierung‘ im Kontext digitaler Ungleichheit thematisiert und auf
Ungleichheiten vor dem Hintergrund technologisch-struktureller Aspekte (‚zero-level-
digital divide‘) hinweist.
Soziale Teilhabe und digitale Teilhabe sind inzwischen untrennbar miteinander verbun-
den. Insofern bleibt es auch eine Aufgabe der Sozialen Arbeit, Teilhabe zu ermöglichen
und Adressat:innen mit Kompetenzen auszustatten, die sie befähigen auch digitale An-
gebote in Anspruch zu nehmen. Dazu gehört ebenso die Ermöglichung von Zugang zu
digitalen Medien und dem Internet. Ein Beispiel, um solche Zugangsmöglichkeiten für
vulnerable oder benachteiligte Gruppen zu schaffen, ist das Projekt STellaR der Uni-
versität Trier und FH Bielefeld. Hierbei werden Videoberatungsräume zur Verfügung
gestellt, die von Menschen genutzt werden können, die in ihrem individuellen Umfeld
nicht über die entsprechenden Möglichkeiten verfügen (Mehr dazu unter:
https://www.uni-trier.de/universitaet/fachbereiche-faecher/fachbereich-i/faecher-und-
institute/erziehungs-und-bildungswissenschaften/erziehungswissenschaft/abteilun-
gen/sozialpaedagogik-i/forschung/stellar).
39
Fachliche Einschätzung zur Bedeutung digitaler Kommunikations- und
Beratungsangebote in der Kinder- und Jugendhilfe
8.3 Veröffentlichungen/Forschungsergebnisse/Evalu
ationen
In unterschiedlichen Studien konnte in den vergangenen Jahren gezeigt werden, dass
Onlineberatung für ratsuchende Menschen Vorteile bringt und wirksam erscheint. Ei-
chenberg & Küsel
6
haben 2016 den Forschungsstand zur Wirksamkeit und Wirkweise
von Online-Beratung und Online-Therapie zusammengefasst.
Häufig scheint die Möglichkeit, niedrigschwellig und anonym Kontakt aufnehmen zu
können, hierbei eine wichtige Rolle zu spielen. Dies zeigen u. a. eine aktuelle Evaluation
des Jugendfinanzcoachings des Caritasverbands für die Diözese Hildesheim
7
sowie eine
2020 abgeschlossene Studie von Hildebrand et al.
8
, die das Angebot U25 untersucht
haben.
Bereits 2013 hat Klein das Thema ‚Umgang der Kinder- und Jugendhilfe mit verstärkter
Mediennutzung am Beispiel Online-Beratung‘ im Rahmen des 14. Kinder- und Jugend-
berichts
9
ausgeführt. Und 2019 haben Kupfer & Mayer sich mit der Frage beschäftigt,
welche Möglichkeiten ‚Blended Counseling‘ in der Kinder- und Jugendhilfe
10
bieten
könnte.
Ebenso wird das Thema ‚Digitalisierung‘ in der Kinder- und Jugendhilfe breit diskutiert
und im Rahmen von Fachtagen und trägerübergreifenden Arbeitsgruppen thematisiert.
Dies ist sicherlich auch auf die Notwendigkeit, während der Corona-Pandemie die Di-
gitalisierung in der Sozialen Arbeit schneller voranzutreiben zurückzuführen. Und wäh-
rend der Pandemie wurde so viel Onlineberatung durchgeführt wie nie zuvor (vgl.
Buschle & Meyer 2020; Weinhardt 2022; Stieler et al. 2022).
Gleichwohl zeigt sich auf Seiten der Fachkräfte nach wie vor eine eher skeptische bis
ablehnende Haltung. So lehnen Fachkräfte das Online-Setting eher ab (vgl. Römer &
6
https://www.resonanzen-journal.org/index.php/resonanzen/article/view/391 (13.1.2023)
7
https://www.caritas-dicvhildesheim.de/aktuelles/presse/studie-belegt-ueberschuldete-junge-menschen-
finden-im-jugendfinanzcoaching-schnell-hilfe-f14dbf3f-a7 (13.1.2023)
8
https://www.lsdiagnostik.phil.uni-erlangen.de/django-files/cms/pool/Abschlussbericht_Evaluie-
rungU25_final.pdf (13.1.2023)
9
https://www.dji.de/fileadmin/user_upload/bibs/14-KJB-Expertise-Klein.pdf (13.1.2023)
10
https://www.researchgate.net/publication/337583253_Digitalisierung_der_Beratung_Onlinebera-
tung_fur_Kinder_und_Jugendliche_und_die_Frage_nach_Moglichkeiten_des_Blended_Coun-
seling_in_der_Kinder-_und_JugendhilfeDigitization_of_counseling_Online_counselin (13.1.2023)
40
Fachliche Einschätzung zur Bedeutung digitaler Kommunikations- und
Beratungsangebote in der Kinder- und Jugendhilfe
Mundelsee 2021) oder sehen es als Notlösung (vgl. Lehmann 2021). Dies mag auch
darin begründet liegen, dass in den Studiengängen der Sozialen Arbeit das Thema ‚Di-
gitalität‘ bislang noch unzureichend behandelt wird und angehende Fachkräfte vor al-
lem auf das Arbeiten im Präsenzsetting vorbereitet werden. Studiengänge wie der
‚Master Soziale Arbeit, Forschung und Digitalisierung‘ an der Hochschule München oder
der ‚Master Digitalisierung in der Sozialen Arbeit‘ der Dualen Hochschule Baden-Würt-
temberg sind aktuell noch die Ausnahme. Das Projekt ‚#DigitaleSoA studieren‘ der
HAW Hamburg untersucht aktuell die curriculare Verankerung digitaler Kompetenzen
im Studium der Sozialen Arbeit (siehe: https://digitalesoastudieren.de). Es bleibt zu hof-
fen, dass die Ergebnisse dieses Projekts wichtige Erkenntnisse für die Weiterentwick-
lung der Studiencurricula liefern.
8.4 Zukunftsaufgaben & abschließende
Empfehlungen
Die Thematik der ‚Digitalen Kommunikation, Beratung und Beziehungsgestaltung im
Kontext der Kinder- und Jugendhilfe‘ lässt sich aus unterschiedlichen Perspektiven be-
trachten. Hier soll abschließend auf zwei Punkte eingegangen werden. Zum einen hat
sich in der Praxis und Forschung der letzten über 20 Jahre zum Thema ‚Onlineberatung‘
gezeigt, dass Angebote dieser Art sich durch eine besondere Niedrigschwelligkeit aus-
zeichnen. Gleichzeitig darf nicht außer Acht gelassen werden, dass je nach Kommuni-
kationsform im jeweiligen Onlineberatungsangebot auch Exklusionsmechanismen wir-
ken und manche Menschen gar keinen Zugang zum Internet oder der Onlineberatung
haben (vgl. Klein 2008; Engelhardt 2019b). Ende der 1990er und Anfang der 2000er
Jahre durften Onlineberatungsangebote so auch als eine echte Innovation im Sozialsek-
tor gesehen werden. Weinhardt (2022) bemerkt jedoch, dass die während der Corona-
Pandemie oftmals als Innovation gepriesene Einführung der Videoberatung keinesfalls
als solche gesehen werden könne. Vielmehr habe sich die Soziale Arbeit bereits vor-
handener Alltagspraktiken bedient und diese für die Beratung genutzt (ebd.). Er be-
schreibt damit ein Dilemma der Sozialen Arbeit: Für die Entwicklung und Umsetzung
echter Innovationen im Bereich der Digitalisierung liegen oftmals weder (strukturelle)
Möglichkeiten, noch (finanzielle) Mittel vor. Insofern liegt eher ein Nachholbedarf vor,
als dass im Jahr 2023 von einer großen Innovation gesprochen werden kann, wenn sich
Träger der Kinder- und Jugendhilfe entscheiden, mit ihren Adressat:innen auch online
zu kommunizieren oder Beratung anzubieten.
Zum anderen steht fest, dass sich die Digitalisierung und Mediatisierung unserer All-
tagswelt nicht aufhalten lassen wird. Insofern geht es auch nicht mehr um die Frage,
41
Fachliche Einschätzung zur Bedeutung digitaler Kommunikations- und
Beratungsangebote in der Kinder- und Jugendhilfe
ob die Kinder- und Jugendhilfe hierauf reagieren muss, sondern nur noch um die Frage,
wie. Die Möglichkeiten, mit Adressat:innen über digitale Medien zu kommunizieren und
Beratungs- bzw. Begleitungsprozesse zu realisieren oder in Form von ‚Blended Coun-
seling‘ digitale Settings zu integrieren, sollten wahrgenommen werden. Nur so kann
sichergestellt werden, dass sich Soziale Arbeit weiterhin an der Lebenswelt ihrer Ad-
ressat:innen orientiert und auch auf allgemeine gesellschaftliche Veränderungen rea-
giert. Insbesondere junge Heranwachsende gehören zu einer besonders vulnerablen
Gruppe, für die niedrigschwellige Online-Angebote einen wichtigen Zugang zu Unter-
stützung darstellen.
Damit eine solche Transformation gelingen kann, bedarf es zunächst der Qualifizierung
sozialpädagogischer Fachkräfte, um für die Möglichkeiten und Grenzen zu sensibilisie-
ren und die notwendigen Kompetenzen zur Umsetzung zu vermitteln. Gefragt ist ferner
die Bereitschaft und Initiative der Führungskräfte, das Thema in den Organisationen
voranzutreiben und Spielräume zu schaffen, in denen neue Konzepte erprobt und eva-
luiert werden können. Ebenso bedarf es der Klärung von Finanzierungsfragen sowie
von Fragen der Arbeitsorganisation und technischen Ausstattung.
Nicht zuletzt darf die Seite der Adressat:innen nicht aus dem Blick geraten. Während
einige über die entsprechenden Ressourcen und Fähigkeiten verfügen, um digital teil-
zuhaben, müssen andere diese erst gewinnen. Hier ist es eine wichtige Aufgabe der
Sozialen Arbeit im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe, in den unterschiedlichen Ar-
beitskontexten auch medienpädagogische Angebote zu machen und die Adressat:innen
‚mitzunehmen‘.
Gelingt die digitale Transformation in der Kinder- und Jugendhilfe in den nächsten Jah-
ren nicht, muss davon ausgegangen werden, dass bestimmte Adressat:innen in Zukunft
nicht erreicht werden und Angebote nicht wahrnehmen können. Insofern sollte auch in
der Kinder- und Jugendhilfe in den nächsten Jahren ein Fokus auf dieses Thema gelegt
und es sollten entsprechende Angebote entwickelt werden.
42
Literatur
9. Literatur
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Boes, A. (2022): Umbruch erleben. Bidt Deutsch. Online verfügbar:
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Böhm, M., & Wienholz, S. (2022). Schwangerschaftsberatungsstellen im pandemiebe-
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43
Literatur
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