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e-beratungsjournal.net
Zeitschrift für Onlineberatung und
computervermittelte Kommunikation
ISSN 1816 - 7632
18. Jahrgang (2022)
Heft 2, Artikel 1
https://doi.org/10.48341/kk6e-ak13
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Konzeptionelle und methodische Ansatzpunkte der
Videoberatung in Bildung, Beruf und Beschäftigung
Matthias Rübner
Zusammenfassung
Seit Beginn der Corona-Pandemie hat die Videoberatung in zahlreichen Handlungsfeldern
personenbezogener Beratung an Bedeutung gewonnen. Viele Beratungseinrichtungen führten zum
ersten Mal ein Beratungsangebot per Video ein, es wurden kurzfristig neue Zugänge erprobt,
Erfahrungen gesammelt und Lösungen gefunden. Inzwischen wird die Praxis der Videoberatung von
einer wachsenden Fachöffentlichkeit und wissenschaftlichen Reflexion begleitet. In diesen Prozess
zunehmender Professionalisierung reiht sich der vorliegende Beitrag ein und möchte zur begrifflichen
Schärfung und methodischen Weiterentwicklung der Videoberatung beitragen. Neben einschlägiger
Fachliteratur wird dabei auf Feldbeobachtungen in der Berufs- und Beschäftigungsberatung der
Bundesagentur für Arbeit (Deutschland) zurückgegriffen. Im ersten Teil werden zunächst neun
zentrale Gesichtspunkte der Videoberatung umrissen. Im zweiten Teil werden vor dem Hintergrund
ihrer weiteren Spezialisierung konkrete, vornehmlich methodische Fragen und Ansatzpunkte für das
Handlungsfeld der Beratung in Bildung, Beruf und Beschäftigung behandelt. In einem kurzen Ausblick
werden schließlich mögliche Entwicklungs- und Forschungsperspektiven angesprochen.
Schlüsselwörter
Onlineberatung, Videoberatung, Präsenzberatung, Beratung in Bildung, Beruf und Beschäftigung
Abstract
Since the beginning of the Corona pandemic, video counseling has gained importance in numerous
fields of personal counseling. Many counseling institutions introduced video counseling services for
the first time. New approaches were tested at short notice, experience gained, and solutions found.
In the meantime, the practice of video counseling is accompanied by a growing professional
community and scientific reflection. This article is part of this process of increasing professionalization
and contributes to the further conceptual clarification and methodological development of video
counseling. In addition to relevant literature, this work draws on field observations in the career and
employment counseling service of the Federal Employment Agency (Germany). In the first part, nine
key aspects of video counseling are outlined. The second part discusses concrete, primarily
methodological questions and approaches for counseling in education, career and employment.
Finally, in a short outlook, possible development and research perspectives are addressed.
Keywords
Online counseling, video counseling, face-to-face counseling, counseling in education, career and
employment
Autor
Prof. Dr. Matthias Rübner
- Professor für Integrationsmanagement (Schwerpunkte: Berufliche Beratung und
Fallmanagement) an der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (Mannheim)
- Soziologe, Trainer für Case Management (DGCC)
- Kontakt: matthias.ruebner@hdba.de
- Web: http://www.hdba.de/hochschule/organisation/lehrende/profil-ruebner
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1. Einleitung
Bis vor Kurzem stand die Videoberatung noch im Schatten der Aufmerksamkeit –
sie passte nicht in den etablierten Dreiklang von Präsenz-, Telefon- und
vorwiegend schriftbasierter Onlineberatung. Spätestens seit der Corona-Pandemie
hat sich das geändert. Aktuelle Befragungen zeigen, dass die Videoberatung in
zahlreichen Handlungsfeldern – u. a. in Medizin, Psychotherapie, psycho-sozialer
Beratung, Laufbahnberatung, Beschäftigungsförderung – an Bedeutung gewonnen
hat. Viele Fachkräfte und Beratungsstellen führten im Zuge der Corona-Pandemie
nun erstmalig ihre Beratung auch im Videoformat durch (Cedefop, 2020; nfb,
2021; Stieler, Lipot & Lehmann, 2022).
Aufgrund der Breite und Geschwindigkeit, mit der sich dieser Prozess vollzogen
hat, sind bereits nach zwei Jahren erste Anzeichen einer Institutionalisierung zu
erkennen. Nach Kühne (2009), der ein Phasenmodell zunehmender
Institutionalisierung für die Onlineberatung beschrieben hat, können dazu u. a.
eine Zunahme an systematischer Beobachtung und Reflexion des Arbeitsgebietes,
best practice-Beispiele, erste Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen,
gesetzliche Regelungen und Selbstverpflichtungen gezählt werden. So wurden seit
2020 in mehreren Mitgliederbefragungen, explorativen Studien, konzeptionellen
und methodischen Beiträgen die Vor- und Nachteile der Videoberatung ausgelotet,
Praxiserfahrungen systematisiert und Handlungsempfehlungen aller Art entwickelt
(Eybisch-Klimpel, 2022; Engelhardt & Engels, 2021; nfb, 2021; Silfverberg 2020,
2021). Erste gesetzliche Regelungen existieren in Deutschland beispielsweise in
der öffentlichen Arbeitsförderung, wo die hierfür zuständige Bundesagentur für
Arbeit seit 1.1.2022 dazu verpflichtet ist, von Arbeitslosigkeit bedrohten Menschen
eine Beratung auch per Videotelefonie anzubieten [1].
Der vorliegende Artikel reiht sich in diesen Prozess zunehmender
Institutionalisierung und Professionalisierung ein und möchte zur begrifflichen
Schärfung und methodischen Weiterentwicklung der Videoberatung beitragen. Die
hier vorgestellten Überlegungen basieren im Wesentlichen auf zwei Quellen: der
einschlägigen Fachliteratur und eigenen Feldbeobachtungen. Die
Feldbeobachtungen wurden mit dem Ziel durchgeführt, eine praxisorientierte
Handreichung zur Videoberatung in der Bundesagentur für Arbeit zu erstellen.
Zwischen Juli und September 2021 wurden hierzu 26 Videoberatungen an sechs
Standorten der Bundesagentur für Arbeit mit der Methode der nicht aktiv
teilnehmenden Beobachtung dokumentiert. Darunter waren Gespräche mit jungen
Berufswähler*innen, beruflichen Rehabilitand*innen, von Arbeitslosigkeit
bedrohten sowie von (Langzeit-)Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen. Für alle
Gespräche lag das Einverständnis der Beteiligten zur Beobachtung und
Dokumentation vor. Zum Einsatz kam ein teilstrukturierter Erhebungsbogen mit
acht Beobachtungs-kategorien (u. a. zur Gestaltung des Ablaufs der
Videoberatung, zum Einsatz von Tools, zur Beziehungsgestaltung, zur Gestik,
Mimik und Stimme) sowie einigen Rahmendaten (Zielgruppe, Gesprächsdauer,
Anzahl Beteiligter, Erst- oder Folgegespräch). Unmittelbar nach dem
Beratungstermin erfolgte ein Kurzinterview mit der Fachkraft (u. a. zur
prozentualen Nutzung der Videoberatung, zu wahrgenommenen Unterschieden
zwischen Präsenz- und Videoberatung und bei Bedarf auch zu Aspekten des gerade
beobachteten Gesprächs). Abschließend wurde ein internes Debriefing anhand von
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fünf Leitfragen (u. a. Was hat gut funktioniert? Konnten technisch bedingte
Störungen oder Einschränkungen beobachtet werden?) durchgeführt. Nach
Abschluss der Erhebungsphase wurden die Ergebnisse inhaltsanalytisch
systematisiert [2]. Der vorliegende Beitrag fasst die hieraus gewonnenen
Erkenntnisse und Schlussfolgerungen unter Einbeziehung der Fachliteratur aus
einer anwendungsorientierten Perspektive zusammen. Zunächst werden die
zentralen Voraussetzungen, Merkmale und Gestaltungsoptionen der
Videoberatung anhand von neun Gesichtspunkten herausgearbeitet. Im daran
anschließenden Teil werden konkrete methodische Ansatzpunkte der
Videoberatung für das Handlungsfeld der Beratung in Bildung, Beruf und
Beschäftigung (3B-Beratung) beschrieben.
2. Gesichtspunkte der Videoberatung
Grundsätzlich ist die Videoberatung zur Familie der Onlineberatung zu rechnen,
deren gemeinsames Kennzeichen es ist, dass der Kommunikationsprozess durch
den Einsatz digitaler Medien gestaltet wird (DGOB, 2020; Engelhardt, 2019).
Gleichwohl wird zur Einordnung und als Vergleichsmaßstab eher die Präsenz- als
die Onlineberatung herangezogen. Davon ausgehend, werden im Folgenden neun
Gesichtspunkte der Videoberatung unterschieden (vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1: Gesichtspunkte der Videoberatung
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Quelle: Eigene Darstellung
Mediale Reichhaltigkeit
Wie in der Fachliteratur immer wieder hervorgehoben (Engelhardt & Gerner, 2017;
Silfverberg, 2020), stellt die mediale Reichhaltigkeit ein zentrales Kennzeichen der
Videoberatung dar. Anknüpfend an Daft, Lengel und Trevino (1987) kann die
Reichhaltigkeit eines Mediums anhand von vier Kriterien bestimmt werden: 1. der
Rückmeldegeschwindigkeit (feedback), 2. der Anzahl der Kommunikationskanäle
(multiple cues), 3. der Vielfalt der vermittelten Sprache (language variety) und 4.
der Möglichkeit als unmittelbar präsente Person wahrgenommen zu werden
(personal focus). Werden diese Kriterien auf die Videoberatung übertragen, lässt
sich sagen, dass
1. durch die nahezu synchrone Signalübertragung ein unmittelbares Reagieren
aufeinander, ein direktes Feedback im Kommunikationsprozess möglich ist;
2. sowohl auditive als auch visuelle Signale übertragen werden
(Videokommunikation als Hybridmedium);
3. neben den gesprochenen Worten auch nonverbale Signale (Mimik, Gestik)
und Pausen in der Kommunikation wahrgenommen werden können;
4. die telepräsenten Personen in einem sozialen Kontext (Büro, Zuhause)
erlebbar sind.
Mithilfe des Videoübertragungssystems werden also Kommunikationsbedingungen
geschaffen, die denen der Präsenzberatung in vielen Punkten sehr ähnlich sind.
Damit verbunden ist die Annahme, dass sich die im Präsenzkontakt erworbenen
Beratungskompetenzen gut auf das Kommunikationssetting der Videoberatung
übertragen lassen (Engelhardt & Engels, 2021; Knatz & Dodier, 2021). Eine
Gleichsetzung von Präsenz- und Videoberatung ist damit allerdings nicht gemeint.
Ortsunabhängige Erreichbarkeit
In der Videoberatung entfällt – in der Regel für die Ratsuchenden – der
Anreiseweg, ohne das auf eine persönliche Beratung via Bild und Ton verzichtet
werden müsste. Das Beratungsangebot der jeweiligen Einrichtung wird damit
ortsunabhängiger und für Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen besser oder
überhaupt erst erreichbar. Typische Beispiele für solche Lebenslagen sind
häusliche Betreuungspflichten, bestehende Arbeitsverhältnisse, lange
Anfahrtswege und gesundheitliche Einschränkungen. Darüber hinaus können
Ausfallzeiten reduziert und die Kontinuität des Beratungs- und
Betreuungsprozesses auch unter veränderten Lebensbedingungen
aufrechterhalten werden. Flächendeckend angeboten, können damit die
Teilhabemöglichkeiten an Beratungsdienstleistungen weiter erhöht werden.
Technische Voraussetzungen
Zu den elementaren Voraussetzungen eine Videoberatung gehören eine adäquate
technische Ausstattung und Infrastruktur. Beratungsanbieter müssen dafür Sorge
tragen, ein möglichst browser- und geräteunabhängiges Videokonferenzsystem
sowie eine datenschutzkonforme Verschlüsselungstechnologie zur Verfügung zu
stellen (hierzu ausführlich Wenzel, Jaschke & Engelhardt, 2020). Viele
Beratungseinrichtungen standen vor der Herausforderung, eine
anforderungsgerechte Ausstattung zu beschaffen, weil diese (noch) nicht zur
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gleichen Selbstverständlichkeit gehörte wie Büro, Telefon oder PC (nfb, 2021;
CEDEFOP, 2020). Demgegenüber sind die technischen Voraussetzungen für die
Teilnahme an einer Videoberatung in den Privathaushalten insgesamt als besser
einzustufen. Laut Daten des statistischen Bundesamtes (2021a) verfügen 92%
aller Haushalte über einen Internetzugang, 88% über einen Computer und 86%
über ein Smartphone. Vor allem in der Anlaufphase ist aber gesondert zu prüfen,
ob die Voraussetzungen regional und einzelfallbezogen auch wirklich vorhanden
sind (Netzabdeckung, verfügbares Datenvolumen etc.).
Digitales Know-how
Über das technische Equipment hinaus müssen sowohl Beratende als auch
Ratsuchende in der Lage sein, die für die Videoberatung benötigten Geräte zu
bedienen, die erforderlichen Prozessschritte einzuleiten und auf technische
Störungen adäquat zu reagieren (Troubleshooting). Wird Ratsuchenden eine
Videoberatung angeboten, ist weiterhin zu fragen, ob diese sich das technische
Handling und die Umsetzung der erforderlichen Schritte auch zutrauen. Während
die regelmäßige private Nutzung des Internets von Personen zwischen 10-64
Jahren bei nahe 100% liegt (99% bei Erwerbstätigen, 94% bei Arbeitslosen –
Statistisches Bundesamt, 2021b), können einschlägige Erfahrungen mit der
Videotelefonie keineswegs so selbstverständlich vorausgesetzt werden, auch wenn
die Corona-Pandemie hier zu einer deutlichen Verbreitung der Nutzung in
Bereichen wie Bildung, Arbeit und Freizeitgestaltung geführt hat. Vor diesem
Hintergrund sind Supportstrukturen wichtig, damit das Angebot der Videoberatung
nicht nur von technikaffinen Personen (early adopters), sondern einem möglichst
breiten Adressatenkreis wahrgenommen werden kann. Insoweit kann über die
zunehmende Verbreitung und Nutzung von Videoberatung auch ein Beitrag zur
Reduzierung der digitalen Kluft (digital gap) und zur Förderung von digitaler
Teilhabe geleistet werden.
Organisatorische Anforderungen
Mit den technischen Voraussetzungen eng verknüpft sind organisatorische
Anforderungen. Für die Beratungseinrichtung geht es u. a. um
Anschaffungskosten, Qualifizierungsbedarf der Mitarbeiter*innen, die Eröffnung
von Experimentierräumen, internes und externes Marketing sowie die Integration
der Videoberatung in ein kohärentes Angebotskonzept (Blended Counseling):
Welchen Stellenwert soll die Videoberatung im Verhältnis zu den anderen
Beratungsangeboten der Einrichtung einnehmen? Soll sie auf bestimmte Anliegen
oder Zielgruppen beschränkt werden? Wie können Beratende und Ratsuchende
gleichermaßen mitgenommen werden? So stellen Greenhalgh, Wherton, Shaw und
Morrison (2020) – hier mit Blick auf Einrichtungen im Gesundheitssektor – fest:
„Organisational case studies have shown that introducing video consultations is a
complex change that disrupts long established processes and routines. […]. We
must be clear that the change is not merely installing or using new technology but
introducing and sustaining major changes to a complex system” (S. 1). So dürfte
sich auch die Verschränkung von Online- und Präsenzangeboten zu einer immer
anspruchsvoller werdenden Aufgabe von Beratungseinrichtungen entwickeln.
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Interaktion mit audiovisuellen Geräten
Die mediale Reichhaltigkeit der Videoberatung wird durch den Einsatz
audiovisueller Ein- und Ausgabegeräte ermöglicht (Kamera, Mikrofon, Monitor,
Lautsprecher, Kopfhörer). Hinzu kommen – mindestens für die Beratenden –
weitere Bedienelemente wie Tastatur und Maus. Diese Geräte müssen miteinander
verbunden und korrekt eingestellt werden (digitales Know-how). Zugleich schaffen
die Geräte aber auch Kommunikationsbedingungen, auf die sich die Beteiligten in
der Beratung einstellen müssen. So ist im Vergleich zur Präsenzberatung über
weite Strecken eine stärkere Fokussierung des Beratungssettings erforderlich, um
via Kamera und Monitor kommunizieren zu können – vom Raumausschnitt über
die Beleuchtung bis zur Sitzposition und dem Blickkontakt. Das eigene Handeln
findet für beide Seiten als „Liveübertragung“ vor laufender Kamera statt und ist
zusätzlich durch das je eigene Videobild beobachtbar. Auch kann es eine
Umstellung bedeuten, in der Beratung durchgängig vor dem Computer zu sitzen
und nicht gemeinsam am Beratungstisch. Videoberatung bedeutet insoweit auch
Bildschirmarbeit. Die Kommunikationsbedingungen der Videoberatung und ihre
mediale Reichhaltigkeit erfordern eine hohe Konzentration und werden häufig als
anstrengender wahrgenommen (Haun et al., 2020; Silfverberg, 2021). Wie auch
die eigene Feldbeobachtung bestätigt hat, erleben viele Beratende durch dieses
Videosetting zunächst eine gewisse Hemmschwelle und verhalten sich im Hinblick
auf ihre kommunikativen Möglichkeiten eher zurückhaltend. Entsprechend hoch ist
der Bedarf, die eigene tele-mediale Präsenz zu erproben und zu
professionalisieren. Die entscheidenden Schlüssel, um mehr Sicherheit zu
gewinnen, sind: eigenes Ausprobieren, kollegialer Austausch und Weiterbildung.
Dabei gilt es nicht nur die eigene Perspektive als Berater*in, sondern auch die der
Ratsuchenden einzunehmen (Engelhardt & Engels, 2021). Während erstere einen
professionellen Zugang zum Videoformat gewinnen müssen, geht es für letztere
immer auch darum, sich vor Kamera und Monitor als betroffene Person möglichst
authentisch äußern und präsentieren zu können und zu wollen.
Räumliches Setting
Während der Videoberatung befinden sich die Teilnehmenden an unterschiedlichen
Orten, erhalten aber zugleich einen Einblick in das räumliche Setting der jeweils
anderen Person. An die Stelle des „körperlichen Raum-Erlebens“ (Jawor-Jussen &
Meier, 2021, S. 476) tritt die digitale Kopräsenz zwischen räumlich Abwesenden.
Während sich die Beratenden zumeist in ihrem Büro aufhalten, befinden sich die
Ratsuchenden in ihrer häuslichen Umgebung. Damit fällt die „Raumhoheit“ der
Beratungseinrichtung weg, in öffentlichen Einrichtungen auch das gesamte
behördliche Umfeld (Gebäude, Kundenleitsystem, Wartebereich). Ratsuchende
können sich in ihren vertrauten „vier Wänden“ bewegen, selbst entscheiden, wo
sie sitzen wollen, was sie um sich herum benötigen (Getränke, Tisch etc.), welchen
Ausschnitt ihrer Privatsphäre sie den Beratenden präsentieren wollen; auch die
gewählte Kleidung kann legerer und bequemer ausfallen. Zudem verfügen beide
Parteien über ihr je eigenes digitales Endgerät und nicht nur – wie im
Präsenzkontakt – die Beratungsperson. Darüber hinaus kann das häusliche Umfeld
selbst Beratungsanlässe und Ansatzpunkte generieren, die in einem
Beratungsbüro so nicht unbedingt möglich wären. Das räumliche Setting der
Videoberatung weist also eine Reihe von Spezifika auf, die es grundsätzlich und
anlassbezogen zu reflektieren gilt, um die damit verbundenen Möglichkeiten
auszuloten, aber auch Grenzen zu berücksichtigen (vgl. Abschnitt 3.4.3).
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Integrierte Tools
Jedes Videokonferenzsystem beinhaltet eine Reihe von Tools, die in der Beratung
eingesetzt werden können und gegenüber anderen Beratungsformen spezifische
Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Zum Standard gehören die Möglichkeit, den
eigenen Bildschirm zu teilen, die Chatfunktion zum Austausch von Informationen
und der Einsatz von Visualisierungswerkzeugen. Die Tools eröffnen je nach Anlass
und Schwerpunkt der Beratung eine Vielzahl an Möglichkeiten (vgl. Abschnitt 3.4.).
Variable Gesprächsformate
In der Videokommunikation ist es auf einfache Weise möglich, weitere
Gesprächsteilnehmende einzubeziehen, d. h. das klassische 1:1-Format zu
verlassen und in einen Videokonferenzmodus umzuschalten. Multiprofessionelle
Beratungssettings, Fall- und Netzwerkkonferenzen sind so einfacher umsetzbar,
der Zeitaufwand für alle Beteiligten ist geringer und lässt sich besser kalkulieren.
Zudem können Familienangehörige oder andere Begleitpersonen, die sich an
unterschiedlichen Orten befinden, mit Einverständnis der Ratsuchenden, zu einem
gemeinsamen Beratungstermin eingeladen werden. Die einladende
Beratungsperson übernimmt dann auch eine moderierende Funktion und
vereinbart gegebenenfalls bestimmte Kommunikationsregeln (Wortmeldung über
Chat, Stummschaltung Mikro, Redezeiten etc.). Auch hybride Formate sind
realisierbar, etwa durch eine (temporäre) Zuschaltung einer dritten Partei im
Rahmen eines Präsenzkontakts.
3. Methodische Ansatzpunkte in der 3B-Beratung
In diesem Abschnitt werden Ansatzpunkte beschrieben, wie die Videoberatung im
Lichte der dargestellten Gesichtspunkte ausgestaltet werden kann. Im ersten
Schritt geht es um vorbereitende Elemente zur Teilnahme an einer Videoberatung
und die Frage, in welchen Lebenslagen Ratsuchende besonders von einer solchen
Beratung profitieren können. Im zweiten Schritt wird die immer wieder gestellte
Frage der Beziehungsqualität im digitalen Setting angesprochen. Im dritten Schritt
stehen neben dem Einstieg und Abschluss vor allem Gestaltungsmöglichkeiten der
Videoberatung im Vordergrund. Die Praxisbeispiele gehen auf die eingangs
beschriebene Feldbeobachtung in der beruflichen und beschäftigungsorientierten
Beratung der Bundesagentur für Arbeit zurück, lassen sich aber auch auf andere
Anwendungsfelder übertragen und erweitern.
3.1 Voraussetzungen und Zielgruppen
Die Anbahnung einer Videoberatung ist gerade in der Einführungsphase etwas
aufwändiger als ein Telefontermin, denn je nach Initiative und Anlass müssen im
Vorfeld einige Fragen geklärt werden. Als grundsätzlich klärungsbedürftig stufen
die von uns befragten Fachkräfte folgende Punkte ein:
- Sind die Ratsuchenden für eine Beratung per Video offen? Hierzu gehört in
der Regel auch die Bereitschaft, sich am Bildschirm zeigen zu wollen.
- Sind die erforderlichen technischen Voraussetzungen vorhanden? Hierzu
gehören vor allem ein videofähiges Endgerät (PC, Tablet, Smartphone), ein
aktueller Browser, eine gültige E-Mail-Adresse, eine schnelle
Internetverbindung und ein ausreichendes Datenvolumen.
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- Ist ein ausreichendes digitales Grundverständnis vorhanden? Hierbei kann
es sinnvoll sein, Supportstrukturen vorzuhalten (z. B. eine Einweisung im
Rahmen einer Präsenzberatung, einfach aufgebaute, gegebenenfalls
mehrsprachige Anleitungen und Lernvideos).
- Haben die Ratsuchenden zu Hause die Möglichkeit, Privatsphäre
herzustellen? Nicht nur aus Gründen des Datenschutzes, sondern auch für
die Möglichkeit des freien und ungestörten Sprechens ist es wichtig, dass
die Beratung in einem geschützten Raum stattfinden kann. Im Zweifelsfall
ist dieser Punkt auch während der Beratung anzusprechen.
Die Klärung dieser Punkte kann bei der Anmeldung zu einem Beratungstermin, in
einem vorangegangenen Beratungsgespräch, teilweise aber auch durch
automatisierte Prozesse (z. B. technisches Geräte-Checkup) und Checklisten auf
der Homepage der Beratungseinrichtung erfolgen. Bei Vorliegen der genannten
Voraussetzungen ist der potentielle Adressatenkreis für die Teilnahme an einer
Videoberatung breit gefächert (Kaps, Oschmiansky, Popp & Reiter, 2022;
Oschmiansky, Kaps, Popp & Reiter, 2021).
Basierend auf den eigenen Feldbeobachtungen und den eben zitierten Studien
konnten aber auch Lebenslagen identifiziert werden, in denen Menschen von den
Vorteilen einer Videoberatung besonders profitieren. Die folgende Aufzählung ist
nicht abschließend zu verstehen, kann aber dabei helfen, den Adressatenkreis für
die Videoberatung weiter auszubauen.
- Wohnort in ländlich geprägten Regionen: Ratsuchende mit langen
Anfahrtswegen bzw. schlechter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr
können durch einen Videotermin Zeit und Fahrtkosten sparen.
Beratungseinrichtungen mit einem ländlich geprägten Einzugsgebiet können
hier für ihre Ratsuchenden einen Mehrwert schaffen.
- Betreuung von Kindern oder Angehörigen: Bei der Betreuung von kleinen
Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen kann die Wahrnehmung eines
Vor-Ort-Termins mit größerem organisatorischem Aufwand verbunden sein
und ein Videotermin eine Erleichterung darstellen. Auch Terminabsagen
können vermieden werden (z. B. bei Erkrankung eines Kindes).
- Erwerbstätige Personen: Für erwerbstätige Personen kann eine
Videoberatung einen deutlichen Flexibilitäts- und Zeitgewinn bedeuten,
gleiches gilt für junge Menschen in einer Ausbildung oder Fördermaßnahme.
- Auslandsaufenthalt: Personen, die sich vorübergehend im Ausland
aufhalten, z. B. im Rahmen eines Freiwilligen Europäischen Jahres,
Auslandspraktikums oder einer Beschäftigung, können ohne größeren
Aufwand das Angebot einer Beratungseinrichtung in ihrem Heimatland in
Anspruch nehmen.
- Gesundheitliche Einschränkungen: Wenn der Weg zum Beratungstermin
aufgrund von körperlichen Einschränkungen (vorübergehend) nicht oder nur
sehr beschwerlich angetreten werden kann, stellt die Videoberatung eine
gute Alternative dar. Bei hörbeeinträchtigten Menschen ist eine leichtere
Hinzuziehung von Gebärdensprachdolmetscher*innen möglich. Auch für
Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen kann die Wahrnehmung
eines Vor-Ort-Termins zu einer größeren Herausforderung werden und das
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ergänzende Angebot per Video entlastend wirken. Schließlich kann auch bei
einer häuslichen Quarantäne ein Beratungstermin wahrgenommen werden.
- Aufenthalt in stationären Einrichtungen: Personen, die sich vorübergehend
in stationären Einrichtungen wie Reha-Kliniken oder Strafvollzugsanstalten
aufhalten und vor der Wiedereingliederung stehen, haben nicht immer die
Möglichkeit, ein Beratungsangebot vor Ort wahrzunehmen. Auch wenn diese
Fallkonstellation aus eigener Anschauung noch nicht beobachtet wurde,
könnte das über die Telefonberatung hinaus erweiterte Angebot per Video
einen Mehrwert bedeuten.
Keine Bestätigung konnte dafür gefunden werden, dass die Zielgruppe der
Jugendlichen für die Videoberatung besonders in Frage kommt, hier ist vielmehr
nach Alter, Haushaltshintergrund und Schulform zu unterscheiden; eine gute
Eignung konnte vor allem bei Schüler*innen der gymnasialen Oberstufe und
Studierenden festgestellt werden (Oschmiansky et al., 2021).
3.2 Beziehungsebene und Vertrauensverhältnis
Beratende in Bildung, Beruf und Beschäftigung sind es gewohnt, den Aufbau einer
guten Gesprächsatmosphäre und eines tragfähigen Vertrauensverhältnisses mit
einer persönlichen Begegnung unter physisch Anwesenden gleichzusetzen (zum
Primat der Kopräsenz Thiery & Kreller, 2021). So ging ein Teil der Beratenden in
der Bundesagentur für Arbeit (hier vor allem in der Berufsberatung von
Jugendlichen und in der Grundsicherung für Arbeitsuchende) davon aus, dass das
eigentliche Vertrauensverhältnis zunächst in einem Präsenzkontakt hergestellt
werden muss (Kaps et al., 2022; Oschmiansky et al., 2021). Zudem wird – bei
unterstelltem „Goldstandard der Präsenzberatung“ – auf die Kanalreduktion der
Videoberatung hingewiesen, die einen globalen Gesamteindruck der ratsuchenden
Person erschweren würde. So stellt sich die grundsätzliche Frage, wie es um die
Beziehungsqualität in der Videoberatung bestellt ist: Bleibt die Begegnung hier nur
oberflächig, flüchtig und virtuell? Was sagt die Forschung zur Beziehungsqualität
und Gesprächsatmosphäre in der Videoberatung?
Wie wir aus anderen Lebensbereichen wissen, bedeutet eine Kanalreduktion nicht
automatisch einen Qualitätsverlust, sie kann auch zu einer erhöhten Fokussierung,
Aufmerksamkeit und Sensitivität führen, z. B. im Hinblick darauf, ob eine Person
angespannt oder nervös ist, auch wenn der „wippende Fuß“ und die
„zusammengekneteten Hände“ nicht zu sehen sind. Zudem sind psychomotorische
Hinweise häufig redundant, d. h. sie zeigen sich auch auf anderen Wegen (der
Stimme, dem Blick, der Körperhaltung). Auch können bestimmte Sinneseindrücke
wie ein unangenehmer Körpergeruch den Beratungsprozess durchaus stören
(Hartmann-Strauss, 2020). Schließlich kann eine Kanalreduktion auch dazu
beitragen, sich überhaupt an eine Beratungsstelle zu wenden und über persönliche
Sorgen und Probleme zu sprechen.
Immer wieder wird auf die Störanfälligkeit der Kommunikation per Video
hingewiesen. Tatsächlich wird in allen Machbarkeitsstudien zur Videoberatung –
nicht nur im Handlungsfeld der 3B-Beratung – darauf hingewiesen, dass technische
Störungen vorkommen (Jung, 2016; Kaps et al., 2022; Silfverberg, 2021).
Gleichzeitig wird in keiner Studie explizit berichtet, dass daraus ein nachhaltiger
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negativer Einfluss auf den Beratungsprozess zu beobachten gewesen sei – dies
konnte auch in der eigenen Feldbeobachtung so bestätigt werden. Ein solcher
Befund kann zunächst einmal entlasten. Viele technische Störungen, die vor oder
während einer Videoberatung entstehen, sind wiederkehrend und bekannt.
Beratende können sich hierfür eine Sammlung von Szenarien mit entsprechenden
Lösungen anlegen und diese im kollegialen Austausch ergänzen. In diesem
Zusammenhang erscheint auch die im Rahmen der Feldbeobachtung berichtete
Erfahrung einer Berufsberaterin der Bundesagentur für Arbeit instruktiv, wonach
sich durch das gemeinsame „Problem lösen” und „miteinander über die Technik
lachen” eine größere Nähe einstellte und das gegenseitige Vertrauen gestärkt
wurde.
Wissenschaftliche Vergleichsstudien zur Präsenz- und Videoberatung liegen derzeit
vor allem für den Bereich der Psychotherapie vor (für eine deutschsprachige
Übersicht Haun et al., 2020). Charakteristisch für psychotherapeutische
Behandlungen sind zum einen komplexe psychische Problemlagen, zum anderen
die Bedeutung der Beziehungsebene (therapeutic alliance). Insoweit können
Vergleichsstudien in diesem Bereich zumindest das grundsätzliche Potential des
Videoformats für die Gestaltung anspruchsvoller personenbezogener
Beratungsprozesse ausloten. Im Hinblick auf den Behandlungserfolg konnten
zwischen Videokonsultation und konventioneller Präsenzbehandlung keine
bedeutsamen Unterschiede festgestellt werden (Berryhill et al. 2019; Backhaus et
al., 2012). Auch die Beziehungsqualität wird von den befragten Klient*innen
zumeist als hoch eingeschätzt und von einem „Gefühl von Präsenz“ berichtet
(Simpson & Reid, 2014). In einigen Studien fallen die Einschätzungen der
Therapeut*innen etwas kritischer aus (Norwood et al, 2018), gleichzeitig wird aber
auch deutlich, dass sich diese Einschätzungen über die Zeit ändern können (Haun
et al., 2020).
Insgesamt lässt sich also feststellen, dass das Videoformat nicht zu einem
nachweisbaren Qualitätsverlust führt oder positiv ausgedrückt: Auch in der
Videoberatung können eine tragfähige, vertrauensbasierte Arbeitsbeziehung
aufgebaut und gute Ergebnisse erzielt werden. Vor diesem Hintergrund kann auch
einem „psychologischen Missgeschick“ begegnet werden, bei dem die
Gesprächsteilnehmenden sich gleich zu Beginn einer Videoberatung darauf
einigen, dass das Gespräch „ja nicht so gut sein kann, wie in echt“ und beide ihre
Erwartungen an den Beratungstermin reduzieren und nun versuchen, „gute Miene
zum bösen Spiel“ zu machen (Hartmann-Strauss, 2020, S. 63).
Grundsätzlich – so hat die eigene Feldbeobachtung gezeigt – stehen den
Beratenden im Videosetting die gleichen Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung,
um eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung aufzubauen. Dazu gehören eine offene,
zugewandte und respektvolle Haltung gegenüber den Ratsuchenden, Transparenz
über das eigene Handeln, das Bemühen um Kongruenz, die Ermutigung zur
Ansprache virulenter Themen, eine dialogische Gesprächsführung, Lob und
Anerkennung. Auch konnte die Eignung der Videoberatung für komplexe,
persönlich schwierige und sensible Themen immer wieder festgestellt werden.
„Insofern ist wohl nicht eine allgemeine Sensibilität eines Themas für die Frage
ausschlaggebend, ob zu diesem auch per VK [Videokommunikation – Anmerkung
Verf.] beraten werden kann, sondern der Grad des Vertrauens, der zwischen
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Kundin bzw. Kunde und Fachkraft besteht – und in manchen Fällen auch der
Leidensdruck oder eine akute Krisensituation, aus der die Person keinen Ausweg
sieht“ (Kaps et al., 2022, S. 52). Auch das vertraute häusliche Umfeld kann dazu
beitragen, dass Ratsuchende offener, entspannter und lockerer sind (gerade in
einem behördlichen Kontext; vgl. Abschnitt 3.4.3).
3.3 Gesprächseinstieg und Gesprächsabschluss
Beratungsgespräche werden durch Einstiegs- und Abschlussaktivitäten gerahmt.
Auf diese Weise wird die persönliche Begegnung zwischen
Gesprächsteilnehmenden angebahnt und abgeschlossen. Diese Aspekte gelten
auch für die Videoberatung. Das Ankommen und die Begrüßung erfolgen dabei
unter den Rahmenbedingungen digitaler Kopräsenz. Hierzu eignen sich
Gesprächsimpulse und Fragen, die das spezifische Videosetting mit einbeziehen:
- Positive Verstärkung: „Schön, dass Sie da sind und es mit der Einwahl
geklappt hat“, „… dass Sie sich für die Videoberatung entschieden haben.“
- Technisches Checkup: „Können Sie mich gut sehen und hören?“ „Sind Sie
mit einem Handy oder Computer eingewählt?“
- Privatsphäre: „Können Sie ungestört sprechen?“ „Sind noch weitere
Personen im Raum?“
Auf Grundlage der beschriebenen Feldbeobachtung und eigenen Studien zur
Präsenzberatung in der Berufsberatung der Bundesagentur für Arbeit vor der
Corona-Pandemie (Rübner, 2021) lässt sich für den weiteren Gesprächsverlauf und
die einzelnen Phasen der Beratung mit aller Vorsicht sagen, dass keine
bedeutsamen Unterschiede zur Präsenzberatung beobachtet werden konnten,
auch die aus der Forschung bekannte Varianz der Beratungsstile – von eher
direktiv bis reflexiv – war gut zu beobachten. Wie die Feldbeobachtung nahezu
durchgängig zeigte, wurde das Gespräch mit einer Klärung von Beratungsanlass
und -anliegen begonnen und einer anschließenden Standortbestimmung
fortgesetzt. Zu den weiteren Gesprächsphasen gehörten u. a. die Besprechung von
Lösungsansätzen sowie die Planung und Vereinbarung nächster Schritte (ähnlich
Silfverberg, 2021). Mit Blick auf den Gesprächsabschluss, bei dem es um die
Beendigung des Beratungsgesprächs auf der Sach- und Beziehungsebene geht,
sind die Besonderheiten im Videoformat vor allem darin zu sehen, dass die
Beratung mit einem „Klick und weg” beendet werden kann. Damit dieser Übergang
nicht zu abrupt ausfällt, kann mit Hilfe einer kurzen Metakommunikation über die
Videoberatung ein wertschätzender Ausstieg und Übergang in den Alltag erfolgen,
auch kann das Interesse an weiteren Terminen im Videoformat ausgelotet werden.
Gerade wenn die Videoberatung erstmalig stattgefunden hat, ist dies zu
empfehlen.
3.4 Gestaltungsoptionen, Methoden und Tools
In ihrem lesenswerten Praxishandbuch zur Videotherapie stellt Hartmann-Strauss
(2020, S. 80 f.) eine interessante These auf, wenn sie schreibt: „Nahezu alle
Techniken, die vor Ort durchgeführt werden können, lassen sich auch in der
Videotherapie einsetzen. Die Hemmung, das zu tun, liegt meist am unvertrauten
Format und nicht an Limitationen der Interventionen selbst.“ So konnten im
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Rahmen der eigenen Feldbeobachtung viele vertraute Techniken wie
Erzählaufforderung, offene und zirkuläre Fragen, Zusammenfassungen, Lob und
aktives Zuhören beobachtet werden. Die Beratenden gaben an, dass sie hierbei
keinen Unterschied zum Präsenzkontakt wahrnehmen würden. Mit zunehmender
Sicherheit und Übung kann so schrittweise das eigene Methodenrepertoire in den
digitalen Raum übertragen werden. Bei den etwas aufwendigeren
Gestaltungsmöglichkeiten zeigte sich allerdings noch eine größere Zurückhaltung.
Daher werden hier einige Optionen vorgestellt, mit deren Hilfe das Potential der
Videoberatung weiter ausgeschöpft werden kann.
3.4.1 Visualisierung im Videoformat
Die freie und spontane Visualisierung ist in der Videoberatung nicht ganz so einfach
möglich wie im Präsenzkontakt (Silfverberg, 2021). So verlangt beispielsweise der
souveräne Einsatz des Whiteboards im Vorfeld einiges an Übung. Will man während
der Beratung auf Papier und Stift angefertigte Zeichnungen oder Mitschriften
zeigen bzw. Ratsuchende am Prozess der Erstellung teilhaben lassen, ist entweder
eine zusätzliche Dokumentenkamera erforderlich oder ein etwas flexiblerer Einsatz
der eigenen Kamera gefragt (Eybisch-Klimpel, 2022). Der Einsatz digitalisierter
Vorlagen, Karten und Schaubilder ist da schon etwas einfacher, gerade für den
Einstieg. Diese können entweder selbst erstellt oder aus Templates gängiger
Softwareprogramme bezogen werden (in Whiteboard-Apps sind meist
verschiedene Vorlagen integriert und für eigene Zwecke modifizierbar). Drei
einfache, in der beruflichen Beratung häufig genutzte Methoden (Rübner & Höft,
2021) sollen hier beispielhaft für den Einsatz im Videosetting genannt werden.
- Skalierungstechnik: Mithilfe einer Skala können sowohl eine
Selbsteinschätzung als auch Entwicklungsschritte visualisiert werden. In der
lösungsorientierten Beratung wird die Skalierungstechnik häufig mit dem
Ziel eingesetzt, verfestigte Denkmuster aufzubrechen und einen Blick für
(kleine) Unterschiede und Veränderungen zu fördern. Eine Visualisierung
mit Hilfe des geteilten Bildschirms bietet sich an, wenn das angesprochene
Thema weiter vertieft werden soll. Auf diese Weise kann die Skala als gut
sichtbare Referenz stehen bleiben und mögliche Veränderungen, z. B. mit
unterschiedlich farblichen Punkten, abgebildet werden.
- Pro-Contra-Liste: Wenn es um die Abwägung von Vor- und Nachteilen
beruflicher Optionen geht oder eine Entscheidungsfindung ansteht, wird in
der beruflichen Beratung häufig dazu angeregt, die verschiedenen
Argumente, Gefühlsreaktionen und Positionen aufzuschreiben und zu
evaluieren. Hierzu kommen offene Listen oder teilstrukturierte Arbeitsbögen
(z. B. Vor- und Nachteile für mich selbst, … für andere) zum Einsatz, die in
der Videoberatung mit Hilfe des Whiteboards eingeblendet und gemeinsam
bearbeitet werden können. Reflexionsprozesse dieser Art können in einer
Videoberatung begonnen, über Hausaufgaben (mit Visualisierungsauftrag)
weitergeführt und bei einem Folgetermin eingeblendet und ausgewertet
werden.
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- Schaubilder zur Standortbestimmung: Mit Hilfe von Schaubildern können
z. B. die zentralen Facetten und Einflussgrößen im Berufswahlprozess
visualisiert und mit den Ratsuchenden besprochen werden (für ein Beispiel
Rübner & Höft, 2021): Wo liegen Stärken? Wo ist Handlungsbedarf? Was
soll im heutigen Gespräch, was im Anschluss bearbeitet werden? Im Laufe
der Beratung kann darauf immer wieder Bezug genommen werden, z. B. in
der abschließenden Phase der Bewertung des Erreichten und der Planung
von Aktivitäten. Neben eher grafischen Darstellungen (etwa in Form eines
Flussdiagramms) können auch stärker bildhafte Darstellungen gewählt
werden (Engelhardt & Engels, 2021).
3.4.2 Gestaltungsmedium „geteilter Bildschirm“
In der Videoberatung kann der Bildschirm auf vielfältige Weise eingesetzt werden,
d. h. er dient nicht nur als Projektionsfläche für die Übertragung des eigenen
Videobildes, sondern auch als aktives Gestaltungsmedium in der Beratung (auch
Shared Screen oder Desktopsharing genannt). Auf Basis der eigenen
Feldbeobachtung können zwei typische Anwendungsfelder unterschieden werden,
die im Beratungsprozess auch miteinander kombinierbar sind.
- Erschließung von Recherchemöglichkeiten und Informationen aus dem
Internet: Die Bildschirmfreigabe wird in der 3B-Beratung häufig dazu
genutzt, um Ratsuchenden im Internet verfügbare Informationen und
Recherchemöglichkeiten zugänglich zu machen und diese in den weiteren
Beratungsprozess einzubeziehen. Es konnte beobachtet werden, dass
einzelne Informationsportale oder Jobbörsen hinsichtlich des Aufbaus und
der Funktionsweise erläutert und anschließend für exemplarische
Suchanfragen genutzt wurden. Teilweise wurden Fragen, die nicht
unmittelbar beantwortet werden konnten, durch das Aufrufen der
entsprechenden Seite recherchiert, etwa wenn es um Ansprechpersonen
oder Serviceangebote externer Beratungsstellen, Hochschulen oder
Freiwilligendienste ging.
- Gemeinsames Sichten und Bearbeiten von Dokumenten, Vorlagen und
Profilen: Hier bietet das Videoformat zahlreiche Möglichkeiten. In der 3B-
Beratung kann dazu beispielsweise ein Bewerbungsunterlagencheck
gehören. Aber auch andere Dokumente können geteilt und besprochen
werden (z. B. Schul- und Arbeitszeugnisse, Bescheide, Antragsformulare
und Infoflyer). Je nach Beratungsbedarf können über das geteilte Dokument
Fragen direkt gestellt, Sachverhalte erklärt, Formulierungshilfen beim
Ausfüllen von Formularen gegeben oder sogar ein Brief oder eine E-Mail für
Ratsuchende vorbereitet werden. Häufiger zu beobachten war auch die
gemeinsame Erstellung eines Bewerber- bzw. Stärkenprofils in einer
Jobbörse (hier meist jener der Bundesagentur für Arbeit).
Nicht selten wählen sich Ratsuchende per Smartphone in die Videoberatung ein.
In diesem Fall sollte sichergestellt werden, dass die geteilten Seiten gut sichtbar
sind, gegebenenfalls ist die Bildschirmfreigabe auch abzukürzen bzw. die Auswahl
der gezeigten Seiten und Anwendungen zu begrenzen. In einigen der beobachteten
Gespräche haben Ratsuchende ihr Handydisplay mit einem größeren Bildschirm
gekoppelt (z. B. einem internetfähigen Fernseher). Häufig standen die Beratenden
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aber auch schon im Vorfeld mit ihren Ratsuchenden in Kontakt, sodass die
Möglichkeit bestand, darauf hinzuweisen, dass für eine gemeinsame Arbeit am
Bildschirm am besten ein PC oder Tablet zur Einwahl genutzt werden sollte.
Zuweilen konnte beobachtet werden, dass Beratende nach dem Teilen einer
Internetseite selbst in eine Art „Präsentationsmodus“ gerutscht sind (hoher
Redeanteile, längere Infoblöcke) und „auf der anderen Seite“ die Gefahr bestand,
in einen damit korrespondierenden passiven „Fernsehmodus” (Jung, 2016, S. 63)
überzugehen. Wie auch im Präsenzkontakt ist es hier empfehlenswert,
Informationen durch Fragen zu flankieren, um zum Mitdenken anzuregen bzw. um
die Relevanz und Anschlussfähigkeit der Informationen für die andere Person
abzusichern.
3.4.3 Häusliches Setting
Eine Besonderheit der Videoberatung liegt darin, dass sich die Ratsuchenden
während des Gesprächs in der Regel in ihrem häuslichen Umfeld aufhalten.
Dadurch können sich Situationen, Gelegenheiten und Gestaltungsoptionen
ergeben, die im Präsenzkontakt nicht oder nicht auf diese Weise möglich sind. Es
können Dokumente oder Gegenstände herbeigeholt und gezeigt werden, der
verfügbare Raum genutzt werden, unterschiedliche Verhaltensweisen zwischen der
Präsenz- und Videoberatung beobachtet oder Themen behandelt werden, die in
der Beratungseinrichtung so nicht unbedingt zur Sprache gekommen wären.
Hierzu einige Beispiele aus der beobachteten Praxis.
- Künstlerisches Interesse: In einer über Video stattfindenden Berufsberatung
ging es um die Frage, worin die Ratsuchende ihre größten beruflichen
Interessen sehen würde – die Beraterin hatte hierzu das bekannte RIASEC-
Hexagon mit den sechs Interessendimensionen von John L. Holland
eingeblendet. Die Ratsuchende wählte den Bereich „künstlerisch-kreativ“ als
sehr wichtig für sich aus, woraufhin die Beraterin wissen wollte, was sie mit
diesem Interessenschwerpunkt verbinden würde. Die Ratsuchende sagte,
dazu müsse sie etwas holen und zeigte anschließend – mit einigem Stolz –
verschiedene selbsterstellte Exponate (Skulpturen) in die Kamera, die
teilweise über einen Meter maßen und zugleich die intensive Beschäftigung
mit der Materie dokumentierten.
- Schuldenberg: In einer Videoberatung mit einem männlichen
Ratsuchenden, der seit einigen Monaten Grundsicherungsleistungen bezog,
bemerkte die Beraterin, dass ihr Gesprächspartner zunehmend abgelenkter
wirkte. Eigentlich sollten Fragen der beruflichen Weiterbildung im
Mittelpunkt des Gesprächs stehen. Darauf angesprochen, antwortete der
Ratsuchende mit einigem Zögern, dass er die ganze Zeit auf den vor ihm
liegenden Stapel mit ungeöffneter Post starren würde, alles Mahnungen und
Rechnungen. Die Beraterin bot an, über dieses Thema zu sprechen. Der
Ratsuchende zeigte die Briefe in die Kamera und sagte, dass er sich für seine
Verschuldung schäme, es aber nicht schaffe, die Briefe zu öffnen. Man kam
überein, hier und jetzt damit anzufangen und die Briefe nach Dringlichkeit
zu sortieren. Zudem wurden weitere Schritte und Beratungsangebote
besprochen. Für den Ratsuchenden war dies ein erster wichtiger Schritt.
- Wohnraum: Vor dem Erfahrungshintergrund, dass Ratsuchende häufig ihr
Smartphone in der Videoberatung nutzen, plädiert Engelhardt (2022) dafür,
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auch den Wohnraum in die Beratung mit einzubeziehen, etwa indem eine
Methode wie die Time-Line nicht am Display, sondern im Raum umgesetzt
wird (ähnlich Hartmann-Strauss, 2020). Ob und in welchem Umfang die
Wohnung bzw. der Wohnraum in die Beratung einbezogen werden kann und
sollte, ist im Vorfeld abzustimmen und vorzubereiten (bei öffentlichen
Beratungseinrichtungen sind unter Umständen gesetzliche Restriktionen zu
beachten).
An diesen und anderen Beispielen (Kinder, Partner oder Haustiere kommen ins
Bild, Einblicke in die häusliche Einrichtung) wird deutlich, dass sich die
Videoberatung an der Nahtstelle zur besonders geschützten Privatsphäre der
Ratsuchenden bewegt und eine Beschäftigung mit Grenzen und möglichen
Grenzverletzungen voraussetzt. Der gewollt oder ungewollt gewährte Einblick in
die Lebenswelt der anderen Person kann dabei auch zur Quelle von Fehlschlüssen
und vorschneller Urteilsbildung werden. Ein an der Wand hängendes Poster mit
einem abgebildeten Ferrari kann beispielsweise vieles bedeuten, wie Kühne (2021,
S. 86) anmerkt. Auch hat ein privates Interesse hinter der professionellen Haltung
zurückzustehen.
Nicht alle Ratsuchenden können in ihrer häuslichen Umgebung ungezwungen und
ungestört kommunizieren und in einigen Fällen ermöglicht erst das
Beratungszimmer den notwendigen Grad der Vertraulichkeit und Offenheit. Auch
kann das Verlassen der eigenen vier Wände und das Aufsuchen der Beratungsstelle
mit allen damit verbundenen Vorbereitungen ein wichtiges Aktivierungselement im
Alltag darstellen. Umgekehrt gibt es aber auch verschiedene Lebenslagen, in denen
die ortsunabhängige Erreichbarkeit der Videoberatung einen entscheidenden
Vorteil darstellt. Niedrigschwelligkeit ergibt sich hier aus einem an
unterschiedlichen Lebens- und Bedarfslagen angepassten Beratungsangebot
(Wenzel, 2013).
4. Ausblick
Die Corona-Pandemie hat der Verbreitung der Videoberatung einen deutlichen
Anschub gegeben (Stieler, Lipot & Lehmann, 2022). Für viele Beratungsstellen
wird sich nach dieser dynamischen Einführungsphase aber auch die Frage stellen,
ob und inwieweit die Videoberatung Teil ihres Regelangebots werden soll. Welchen
Stellenwert sie in den einzelnen Handlungsfeldern personenbezogener Beratung
künftig einnehmen wird, ist noch offen und wird sicherlich differenziert zu
betrachten sein. Wie gut es gelingen wird, von der Pionierphase in jene der
annähernden Institutionalisierung überzugehen (Kühne, 2009), hängt von
zahlreichen Faktoren ab: von technischen Entwicklungen, organisatorischen
Entscheidungen, Investitionen in Aus- und Weiterbildung, Präferenzen der
Beratenden und Ratsuchenden und nicht zuletzt von einem lebhaften Fachdiskurs
und einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den verschiedenen Facetten
der Onlineberatung.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt dürften vor allem explorative Studien gefragt sein,
in denen das Forschungsfeld weiter sondiert, Trends identifiziert und
Handlungsempfehlungen erarbeitet werden. Mögliche Forschungsfragen könnten
lauten: Welche Institutionalisierungspfade werden in den verschiedenen
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Handlungsfeldern personenbezogener Beratung eingeschlagen? Welche
Kombinationen aus Präsenz-, Video- und anderen digitalen Formaten etablieren
sich? Welche Faktoren tragen zu einer erfolgreichen Implementation bei? Welche
Aneignungsstrategien, aber auch Resistenzen bilden Beratende in der
Auseinandersetzung mit dem digitalen Kommunikationsmedium aus? Wie beraten
und verhalten sich Beratende und Ratsuchende in unterschiedlichen Settings
(Video-/ Präsenzformat)? Wie wird die Videoberatung (im Vergleich mit anderen
Beratungsformen) von Ratsuchenden und Beratenden über die Zeit und mit Blick
auf wichtige Parameter wie Eignung für bestimmte Zielgruppen und Bedarfslagen,
Beziehungsqualität und Beratungserfolg bewertet? Welche neuen
Gestaltungsmöglichkeiten kristallisieren sich – auch mit der Weiterentwicklung
technischer Möglichkeiten – heraus (z. B. unter Einbindung von Messenger-
Diensten – Engelhardt & Piekorz, 2022)? Darüber hinaus sind weitere
konzeptionelle und erfahrungsbasierte Beiträge wünschenswert, in denen das
Potential der Videoberatung für verschiedene Anwendungsfelder weiter
herausgearbeitet wird.
Anmerkungen
[1] Seit Anfang 2022 führt die Bundesagentur für Arbeit, die in Deutschland u. a. für die Beratung
und Vermittlung von Jugendlichen, Erwerbspersonen und arbeitslosen Menschen zuständig ist, die
Videokommunikation seit dem Jahr 2022 schrittweise als ergänzendes Regelangebot ein
(Bundesagentur für Arbeit, 2022). Insgesamt dürfte damit ein deutlicher Schub in der Verbreitung
der Videoberatung in der Berufs- und Beschäftigungsberatung in Deutschland verbunden sein.
[2] Weitere Erkenntnisse wurden durch die beobachtende Teilnahme an Workshops zur Einführung
der Videokommunikation in der Bundesagentur für Arbeit gesammelt. Diese sind vor allem in die
organisations- und technikbezogenen Gesichtspunkte der Videoberatung in Abschnitt 2 eingeflossen.
Ein besonderer Dank geht in diesem Zusammenhang an Andrea Pintschka-Vögeli, die als
Projektmitarbeiterin am Prozess der Erhebung und Auswertung maßgeblich beteiligt war.
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