Die vorliegende Untersuchung entwickelt sich aus der grundlegenden Fragestellung, ob mediale Artikulation, die sich als bewusste Explikation individueller implizit-qualitativer Erfahrungen in symbolischen Medien auszeichnet, nicht nur aus der anthropologischen bzw. bildungstheoretischen Perspektive, sondern auch aus einer machttheoretischen Perspektive interpretiert werden kann. Um diese Fragestellung zu diskutieren, werden zentrale Begriffe wie neoliberale Gouvernementalität, Selbsttechnologien aus den Spätwerken Foucaults und Aufmerksamkeitsökonomie, mediale neoliberal-gouvernementale Selbsttechnologien aus den Arbeiten von G. Franck, H. Bublitz und A. Reckwitz thematisiert. Aus dieser theoretischen Arbeit wird die zentrale These der vorliegenden Untersuchung formuliert, dass mediale Artikulation als Form der medialen neoliberal-gouvernementalen Selbsttechnologie verstanden wird. Für die empirische Überprüfung dieser formulierten zentralen These wird ein konkretes Forschungsthema ausgewählt, in diesem Fall die sogenannte „Aegyo-Inszenierung“, die man als bewusste Inszenierung des Selbst als eine niedliche bzw. kindliche Person versteht. Daraufhin werden 198 Profilbilder auf Facebook mit dem Aegyo-Repertoire von Pädagogik-Studierenden an einer südkoreanischen Universität nach dem Geschlecht des Abgebildeten klassifiziert und miteinander verglichen. Für die Geltungsüberprüfung werden sie zusätzlich mit den öffentlichen Pressefotografien weiblicher, südkoreanischer Prominenter verglichen. Durch diese empirische Untersuchung mit der Bildanalyse bzw. dem -vergleich kann resultiert werden, dass mediale Artikulation am Beispiel von Profilbildern auf Facebook als Form der medialen neoliberal-gouvernementalen Selbsttechnologie verstanden werden kann, damit jede der Abgebildeten mithilfe der Aegyo-Inszenierung soziale Aufmerksamkeit von anderen Personen im medialen Raum erregt. Dabei fungiert der Körper des jeweiligen Abgebildeten für die Aegyo-Inszenierung als Humankapital, um soziale Aufmerksamkeit zu erlangen. Zusätzlich kann aus dieser empirischen Untersuchung noch eine weitere These der vorliegenden Untersuchung formuliert werden, dass das Aegyo-Phänomen in Südkorea als ein Beispiel der ökonomisierten Transformation der tradierten idealen Weiblichkeit verstanden wird. Im Prozess der Modernisierung der südkoreanischen Gesellschaft fungieren Schwäche, Passivität, Gehorsamkeit, Niedlichkeit usw., welche jeweils als ideale Weiblichkeit in der traditionellen konfuzianischen Gesellschaft galten, immer weniger als Geschlechternorm, sondern vielmehr als Mittel für die Herstellung sozialer Aufmerksamkeit. In diesem Kontext inszenieren die weiblichen Abgebildeten sich selbst aus eigenem Antrieb als ideale Frau – nicht für die Erfüllung der tradierten Geschlechternorm, sondern um soziale Aufmerksamkeit zu erzeugen.