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KI-gestützte Personalgewinnung Erfolgsfaktoren für die KI-gestützte Personalgewinnung von Fach-und Führungskräften bei öffentlichen Arbeitgebern

Authors:
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KI-gestützte
Personalgewinnung
Erfolgsfaktoren für die KI-gestützte
Personalgewinnung von Fach- und Führungskräften
bei öffentlichen Arbeitgebern
Inhalt
Executive Summary 3
Vorwort von Ingbert Liebing 5
Vorwort von Dr. Tobias Bringmann 7
Vorwort von Prof. Dr. Ulf Papenfuß 9
1. Motivation und Ziel der Studie 11
2. Personalgewinnung von Fach- und Führungskräften mittels 14
Direktansprache (Active Sourcing)
2.1 Vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt: Arbeitsmarktlage 15
2.2 Erleichterte Direktansprache auf dem digitalisierten Arbeitsmarkt 16
3. Einsatz von KI-Anwendungen in der Direktansprache und 18
deren Wahrnehmung durch Talente
4. Studienmethodik: Feldexperiment zur Pilotierung 21
der KI-gestützten Direktansprache
4.1 Pilotarbeitgeber und ausgewählte KI-Anwendung 21
4.2 Aufbau und Ablauf des Feldexperiments 22
5. Auszug der Befunde 26
5.1 Efzienz 27
5.2 Diskriminierungsfreiheit 28
5.3 Ergebnisse zur Wahrnehmung von KI-Anwendungen durch Talente 29
5.4 Qualitative Auswertung der Rückmeldungen und Personas 30
5.5 Zusammenfassende Diskussion der Ergebnisse 31
6. Auszug der Handlungsoptionen für Personalverantwortliche 33
6.1 SWOT-Übersicht zur Direkt ansprache mit Unterstützung 33
von KI-Anwendungen
6.2 Professionalisierung der Personalgewinnung 35
7. Fazit und Ausblick mit übergreifenden Perspektiven 37
7.1 Rechtliche Fragestellungen zum Einsatz von 38
KI-Anwendungen durch öffentliche Arbeitgeber
Beitrag von Prof. Dr. Georg Jochum
7.2 Ein HR Kodex für ethisch verantwortliche KI-Nutzung und 40
integriertes Personalmanagement im „Konzern Kommune“
Beitrag von Prof. Dr. Ulf Papenfuß
7.3 Ethisch-technische Aspekte des Einsatzes von KI-Anwendungen 44
durch die öffentliche Verwaltung und öffentliche Unternehmen
Beitrag von Prof. Dr. Jörn von Lucke
Glossar 48
Literaturverzeichnis 51
KISS STUDIE 2
Executive Summary
Die Gewinnung von Fach- und Führungskräften ist eine der zentralen, strate-
gischen Herausforderungen für viele öffentliche Arbeitgeber geworden. Insbe-
sondere im Bereich der Fach- und Führungskräfte dreht sich häug die tradi-
tionelle Arbeitsmarktsituation um: Nicht länger bewirbt sich das Talent bei der
Organisation, sondern der Arbeitgeber spricht aktiv potenzielle Fach- und Füh-
rungskräfte an. Viele Software-Angebote auf dem Markt versprechen hier Abhilfe:
Mit Softwarelösungen, die auf künstlicher Intelligenz basieren (KI-Anwendun-
gen), sollen Verantwortliche beim Arbeitgeber entlastet werden. Der Einsatz von
KI-Anwendungen zur Personalgewinnung kann einen Efzienzgewinn verspre-
chen, ist gleichzeitig aber auch Gegenstand kontroverser Diskussionen.
Vor diesem Hintergrund ist es Ziel der KISS-Studie („KI Sourcing Success“), Erfolgs-
faktoren für die Direktansprache von Fach- und Führungskräften für Personalver-
antwortliche bei öffentlichen Arbeitgebern zu identizieren. Dabei werden die
Nutzung und die Wahrnehmung von KI-Anwendungen für die Personalgewinnung
analysiert.
Ausgewählte Kernaspekte der KISS-Studie:
1. Die Direktansprache von Fach-/Führungskräften verspricht eine hohe Anzahl
an positiven Rückmeldungen von geeigneten Talenten, insbesondere im
Vergleich zu anderen Personalgewinnungsmaßnahmen wie z. B. der klassi-
schen Stellenausschreibung.
2. Die KI-gestützte Direktansprache kann für öffentliche Arbeitgeber (ab einer
bestimmten Größe oder als Shared Service) wirtschaftlich sein, insbesondere
im Vergleich zur externen Vergabe.
3. Weder Einschätzungen von Menschen noch von KI-Anwendungen sind frei
von Verzerrungen oder potenziell diskriminierenden Wahrnehmungen.
Verantwortlichkeiten, Weiterbildungen und Prozesse zur Professionalisierung
der Personalgewinnung und der Prävention von Diskriminierung sind bei
menschlichen und algorithmischen Entscheidungen erforderlich.
4. Wenn der Einsatz von KI-Anwendungen in einer Nachricht signalisiert wird,
reagieren Fach- und Führungskräfte im Durchschnitt eher mit Aversion.
Vor diesem Hintergrund ist zielgruppenorientierte Kommunikation für die
Direkt ansprache ein wichtiger Erfolgsfaktor.
KISS STUDIE 3/ EXECUTIVE SUMMARY
5. Bei der Pilotierung von KI-Anwendungen sind nicht nur deren Ergebnisse
entscheidend, sondern auch deren Wahrnehmung unter den Nutzen-
den (z. B. Personal, Bewerbende, Kundinnen/Kunden, etc.). Die Studie
bietet eine interdisziplinäre Beleuchtung der Thematik aus den Perspek-
tiven Management, Verwaltungsinformatik und Recht sowie evidenzba-
sierte Handlungsoptionen für Personalverantwortliche bei öffentlichen
Arbeitgebern.
Die Studie pilotiert zusammen mit den Stadtwerken Heidelberg GmbH eine KI-
Anwendung für die Direktansprache von Fach- und Führungskräften. Die KISS-
Studie bietet unter anderem zwei Kernergebnisse: Erstens ist die Direktanspra-
che von Fach- und Führungskräften für öffentliche Arbeitgeber eine nützliche
Herangehensweise zur Personalgewinnung. Bei der Suche, Identikation und
Ersteinschätzung von Talenten können KI-Anwendungen zur Efzienzsteigerung
beitragen, sind allerdings nur Werkzeug und kein Ersatz für ein professionelles
Personalmanagement. Zweitens ist die Wahrnehmung von KI-Anwendungen bei
den direkt angesprochenen Talenten nach den Befunden im Schnitt von Aversion
geprägt. Wenn die Nutzung der KI-Anwendung signalisiert wird, reagieren insbe-
sondere signikant weniger weibliche Fach- und Führungskräfte mit Interesse auf
eine Direktansprache. Auf Basis der Ergebnisse bietet die Studie evidenzbasierte
Handlungsoptionen für Personalverantwortliche bei öffentlichen Arbeitgebern
und zeigt die Bedeutung der Direktansprache für die strategische Personalge-
winnung von Fach- und Führungskräften auf.
KISS STUDIE 4/ EXECUTIVE SUMMARY
Vorwort von
Ingbert Liebing
In einer Umfrage, die der VKU 2021 unter seinen Mitgliedern durchgeführt hat,
gaben 43 Prozent der befragten Unternehmen an, Stellen nicht in einem ange-
messenen Zeitraum besetzen zu können. An dieser Zahl lässt sich gut erkennen,
welche Brisanz das Thema Fachkräftegewinnung schon heute für die kommunalen
Unternehmen hat. In Zukunft wird es nicht besser werden. Uns stehen die Jahre
bevor, in denen die Beschäftigten aus der geburtenstarken Generation der Baby-
Boomer in Rente gehen werden. Die kommunalen Unternehmen müssen in dieser
Zeit einen Großteil ihrer Belegschaften ersetzen, und das in einem Umfeld, in dem
sich der schon jetzt bestehende Wettbewerb der Unternehmen um qualizierte
Fachkräfte noch deutlich intensivieren wird.
Wenn kommunale Unternehmen Fachkräfte suchen, geht es nicht allein um wirt-
schaftlichen Erfolg, sondern um die Versorgung mit Energie und Wasser sowie
die Entsorgung von Abwasser und Abfall. Mangel an Fachkräften bei unseren
Mitgliedern bedeutet, dass die Leistungen der Daseinsvorsorge gefährdet sind. In
Zeiten von Energiekrise und Dürrejahren scheint ohnehin schon in Frage gestellt,
wie selbstverständlich diese Leistungen in Zukunft sein werden. Umso wichtiger
ist, dass das Fehlen von geeigneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern es den
kommunalen Unternehmen nicht zusätzlich erschwert, Strom, Gas und Wasser in
die deutschen Haushalte zu liefern, die Städte sauber zu halten und Wasser wie-
deraufzubereiten. Auch die großen strukturellen Herausforderungen, vor denen
wir im Moment stehen, wie die Umsetzung von Energiewende und umfassender
Digitalisierung, können nur bewältigt werden, wenn es bei den kommunalen
Unternehmen nicht am dafür notwendigen Fachpersonal fehlt.
Damit wir als kommunale Unternehmen weiterhin die Beschäftigten nden, die
wir benötigen, um unsere Leistungen in der Qualität zu erbringen, die die Men-
schen von uns gewohnt sind, müssen wir alle unterschiedlichen Maßnahmen
ergreifen, die uns dabei helfen, dieses Ziel zu erreichen. Dazu gehört, dass wir
unser Image als Arbeitgeber verbessern. Zu oft sehen gerade jüngere Arbeits-
suchende uns noch als altmodisch und verstaubt oder kennen die vielfältigen
Berufe und Entwicklungsmöglichkeiten nicht, die kommunale Unternehmen bie-
ten. Außerdem müssen wir gemeinsam mit den Tarifpartnern dafür sorgen, dass
kommunale Unternehmen hinsichtlich Vergütung und sonstigen Bedingungen,
wie Flexibilität der Arbeitszeiten, Nutzung von mobilem Arbeiten und Familien-
freundlichkeit, mit der Privatwirtschaft konkurrieren können.
KISS STUDIE 5/ VORWORT VON INGBERT LIEBING
Schließlich benötigen wir auch beim Prozess des Recruiting Innovation. Vorbei
sind die Zeiten, in denen es genügte, eine Stellenanzeige in die Lokalzeitung
zu setzen, um zahlreiche qualizierte Bewerbungen zu erhalten. Selbst über
die gängigen Personalportale können mittlerweile manche Stellen nur noch mit
Schwierigkeiten besetzt werden. Daher begrüße ich sehr die Initiative der Studie
„Erfolgsfaktoren für die KI-gestützte Personalgewinnung von Fach- und Füh-
rungskräften bei öffentlichen Arbeitgebern – KI Sourcing Success (KISS)“. Diese von
der Zeppelin Universität in Zusammenarbeit mit der VKU Landesgruppe Baden-
Württemberg und den Stadtwerken Heidelberg, zusätzlich unterstützt durch die
Stromnetze Hamburg und die Stadtwerke Neumünster, durchgeführte Studie zeigt
genau das nach vorne gerichtete Denken, das wir benötigen, um als Arbeitge-
ber konkurrenzfähig zu sein. Ich hoffe, dass sie für viele unserer Mitglieder ein
Anlass sein wird, sich mit modernen Recruiting-Methoden zu befassen und so
ihre eigenen Ansätze bei der Personalgewinnung zu optimieren.
Berlin, September 2022
Ingbert Liebing
Hauptgeschäftsführer
des Verbands kommunaler Unternehmen
KISS STUDIE 6/ VORWORT VON INGBERT LIEBING
Vorwort von
Dr. Tobias Bringmann
Die Gewinnung von Personal wird für kommunale Unternehmen zunehmend eine
existenzielle Herausforderung. Gründe dafür gibt es genug: Der demograsche
Wandel führt in den nächsten zehn Jahren zum Ruhestandseintritt von bis zu 50
Prozent der Belegschaft. Die Digitalisierung der Kommunalwirtschaft und neue
Geschäftsmodelle erfordern immer mehr Spezialist*innen, hinzukommt über blo-
ßen Fachkräftemangel hinaus ein umfassender Personalmangel. Längst bewerben
sich faktisch Unternehmen bei potenziellen Nachwuchskräften und nicht diese
bei den Unternehmen. Das Mittel der Direktansprache ist daher für kommunale
Unternehmen von entscheidender Bedeutung, um auch in Zukunft den Perso-
nalbedarf auch nur näherungsweise decken zu können.
Die Studie „Erfolgsfaktoren für die KI-gestützte Personalgewinnung von Fach-
und Führungskräften bei öffentlichen Arbeitgebern – KI Sourcing Success (KISS)“
dringt in Neuland vor und untersucht die Potenziale und Herausforderung der
KI-gestützten Direktansprache. Sie wurde vom Lehrstuhl für Public Policy &
Public Management der Zeppelin Universität Friedrichshafen gemeinsam mit
den Stadtwerken Heidelberg im Rahmen eines Feldexperiments durchgeführt.
Unterstützt wurde die Studie zudem von der Stromnetz Hamburg und den Stadt-
werken Neumünster.
Unsere Studie zeigt eindrucksvoll, dass der Einsatz von KI bei der Direktansprache
das Personalmanagement des Unternehmens entlasten kann und einen beson-
ders ressourcenefzienten Einsatz bietet. Gleichwohl gibt es Herausforderungen,
die beim Einsatz unbedingt beachtet werden müssen. So konnte gezeigt werden,
dass unter den angesprochenen potenziellen Nachwuchskräften durchaus eine
Algorithmus-Aversion vorherrschen kann. Der Einsatz von KI würde das Recruiting
in einem solchen Fall schlimmstenfalls verunmöglichen. Zugleich gibt es Gruppen,
die sich durch den Einsatz moderner Technik angesprochen fühlen. Erstaunli-
cherweise lagen die Einschätzungen von KI und Personalmanager*innen sowie
Fachvorgesetzten signikant eng beieinander, starke Abweichungen sind sehr
Unsere Studie zeigt eindrucksvoll, dass der Einsatz von
KI bei der Direktansprache das Personalmanagement
des Unternehmens entlasten kann und einen besonders
ressourcenefzienten Einsatz bietet.
KISS STUDIE 7/ VORWORT VON DR. TOBIAS BRINGMANN
selten. Erfreulicherweise konnten während des Experiments vakante Stellen tat-
sächlich besetzt werden.
Wer sich von KI angesprochen fühlt und wer nicht, zeigen zuletzt entwickelte
„Personas“, die als Fixpunkt für die strategische Integration von KI im Recruiting
dienen können. Diese Personas, ursprünglich ein Modell aus der Mensch-Com-
puter-Interaktion, zeigen basierend auf den Studiendaten exemplarische Typen
an potenziellen Nachwuchskräften auf und wie wahrscheinlich eine erfolgreiche
Direktansprache sein könnte. Da die eingesetzte KI bereits ein marktreifes Produkt
ist, bieten die Erkenntnisse dieser Studie großes Potenzial für eine sofortige und
niederschwellige Umsetzung in kommunalen Unternehmen. In jedem Fall bietet
die Studie unverzichtbare Impulse und Denkanstöße für die zukünftige Personal-
arbeit in unseren Unternehmen.
Stuttgart, Juli 2022
Dr. Tobias Bringmann
Geschäftsführer
VKU-Landesgruppe Baden-Württemberg
KISS STUDIE 8/ VORWORT VON DR. TOBIAS BRINGMANN
Vorwort von
Prof. Dr. Ulf Papenfuß
Die Gewinnung von Personal mit passender Motivation und Qualikation für
öffentliche Verwaltungen und öffentliche Unternehmen ist eine zentrale Heraus-
forderung für unser demokratisches Gemeinwesen. In der aktuellen Debatte um
die Auswirkungen des Ukrainekriegs und die diskutierte „Renaissance des Lokalen
in einer globalisierten Welt“ gewinnt die Thematik aufgrund des zur Bewältigung
der Problemlagen benötigten Personals noch einmal zusätzliche Relevanz. Im
Kontext von Studien zu Wahrnehmungen von kommunalen Arbeitgebern drängt
sich u. a. die Frage auf, wie kommunale Arbeitgeber an Universitäten wahrge-
nommen werden. Hier sollte in Deutschland auch die Rolle und Situation von
Studienprogrammen zu kommunalen Unternehmen und Kommunalverwaltungen
im internationalen Vergleich noch stärker mitdiskutiert werden.
Für den Staat und seine Zukunftsfähigkeit ist es von erheblicher Bedeutung,
dass für die Gesellschaft relevante Tätigkeitsfelder von Kommunalverwaltungen
und kommunalen Unternehmen sowie attraktive Arbeitsmöglichkeiten in die-
sen Bereichen in den Lehrprogrammen an Universitäten genügend thematisiert
werden. Es braucht in Deutschland eine reektierte Diskussion, ob nach den
Eindrücken von Führungskräften aus Kommunen auf Basis von Gesprächen mit
Universitätsabsolventen/-innen in Lehrveranstaltungen an deutschen Univer-
sitäten in struktureller Gesamtsicht auch hinreichend die Motivation gefördert
wird, sich direkt nach dem Studium für sinnstiftende Arbeit bei Kommunal-
verwaltungen und kommunalen Unternehmen zu bewerben. Übergreifend ist
zentral, welches Bild von Kommunen am Ende des Studiums bei Studierenden
vielfach im Kopf ist. Hier könnte gezielt diskutiert werden, ob es in der Zukunft
auch bei Studiengängen, die sich im Kern auf die Privatwirtschaft fokussieren, im
Wahlbereich zumindest einzelne spezische Lehrveranstaltungen geben könnte,
in denen Studierende Handlungskompetenzen für Kommunalverwaltungen und
kommunale Unternehmen erlangen können. Hierbei könnten auch Studiengänge
wie Informatik und Wirtschaftsinformatik gezielt betrachtet und Gespräche mit
Absolvent/-innen geführt werden, was ihre erste Assoziation ist, wenn sie auf
eine beruiche Tätigkeit bei kommunalen Unternehmen und Kommunalverwal-
tung angesprochen werden.
In Deutschland gibt es an Universitäten im internationalen Vergleich nur sehr
wenige Masterstudiengänge mit eindeutigem Schwerpunkt auf die öffentliche
Wirtschaft und öffentliche Verwaltungen. Hier sollte in der Kommunalpraxis und
KISS STUDIE 9/ VORWORT VON PROF. DR. ULF PAPENFUSS
Politik weiter diskutiert werden, wie die deutsche Universitätslandschaft wahr-
genommen wird.
Die Zeppelin Universität ist in Deutschland die einzige Universität, in deren T-
gerstruktur eine Kommune stark vertreten ist. Dieser Rahmen lädt in besonderer
Weise dazu ein, im Zusammenwirken von Universität mit kommunalen Unterneh-
men und Kommunalverwaltungen über Forschung und Lehre zur Bewältigung der
großen Herausforderungen von Kommunen beizutragen. Besondere Möglichkeiten
bietet hier neben den anderen Studiengängen auch der Masterstudiengang Public
Management & Digitalisierung.
Die hier vorgelegte Studie von Florian Keppeler und Jana Borchert ist ein sehr gutes
Beispiel, wie in einem Co-Design-Ansatz von Praxis und Wissenschaft wichtige
Forschungsergebnisse mit Praxisrelevanz erarbeitet werden können. Zur Bewälti-
gung der großen Herausforderungen, wie zum Beispiel der Realisierung der Sustai-
nable Development Goals der UN, ist das situationsgerechte Zusammenwirken von
Universitäten mit Kommunen in Deutschland ein zentrales Zukunftsthema.
Friedrichshafen, August 2022
Prof. Dr. Ulf Papenfuß
Inhaber des Lehrstuhls für Public Management & Public Policy
an der Zeppelin Universität Friedrichshafen
KISS STUDIE 10/ VORWORT VON PROF. DR. ULF PAPENFUSS
1. Motivation und Ziel
der Studie
1 Süddeutsche Zeitung, https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/mitarbeitersuche-schwierigkeiten-studie-1.5571645,
aufgerufen am 26.04.2022.
„Die Angst, keine Mitarbeiter zu nden“
1
stellt insbesondere auch öffentliche
Arbeitgeber zunehmend vor Herausforderungen: Die Gewinnung von Fach- und
Führungskräften auf einem umkämpften Arbeitsmarkt ist zu einer der zentralen,
strategischen Herausforderungen für viele öffentliche Arbeitgeber geworden. Das
Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (2021) ermittelt für Ende 2021 in
Deutschland ca. 1,7 Millionen unbesetzte Stellen.
In der Personalgewinnung von Fach- und Führungskräften sprechen Arbeitgeber
zunehmend von sich aus potenzielle Talente an. In den Vereinigten Staaten wird
fast ein Fünftel aller Stellen arbeitgebergetrieben besetzt, das heißt entweder
auf dem Wege der Direktansprache (Active Sourcing) durch den Arbeitgeber selbst
oder mittels Personalberatungsagenturen (Black et al., 2020). Im Jahr 2020 ist in
Deutschland etwa jede siebte Einstellung der Arbeitgeber auf Direktansprache
zurückführbar (Weitzel et al., 2020). Diese Studie untersucht die 1.000 umsatz-
stärksten deutschen Unternehmen. Im Durchschnitt gibt es in diesen Unterneh-
men eine Vollzeitstelle in der Personalabteilung, deren Tätigkeitsschwerpunkt
Direktansprache darstellt.
Bei öffentlichen Arbeitgebern ist Direktansprache indes noch ein weniger verbrei-
tetes Instrument. Bei einer Untersuchung von 1.900 Stellenanzeigen und einer
anschließenden Befragung der Personalverantwortlichen zeigt sich, dass häug
noch auf eine Veröffentlichung von Ausschreibungen auf klassischen Kanälen wie
Stellenportale (StepStone, Indeed, Monster, etc.) oder Anzeigen in Printmedien
zurückgegriffen wird (Vogel et al., 2021). Mit den Ergebnissen der Personalgewin-
nung über diese Kanäle sind die öffentlichen Arbeitgeber nach den Daten der
Studie nicht durchwegs zufrieden. Drei von zehn der befragten Personalverant-
wortlichen sind unzufrieden mit Anzahl und Qualität der Bewerbungen (Vogel et
al., 2021).
Während also eine Vielzahl von Arbeitgebern in der Privatwirtschaft zunehmend in
die Direktansprache zu investieren scheint (Weitzel et al., 2020), nutzen öffentli-
che Arbeitgeber dieses Instrument vergleichsweise selten. Vor diesem Hintergrund
KISS STUDIE 11/ MOTIVATION UND ZIEL DER STUDIE
lässt sich folgendes Ziel für die vorliegende Studie „KI Sourcing Success“ (KISS)
formulieren:
Für die Direktansprache werden Talente in meist aufwändigen Suchprozessen und
datenintensiven Recherchen auf Social Media Job-Plattformen identiziert und
auf ihre Eignung eingeschätzt. Viele Software-Angebote auf dem Markt verspre-
chen hier Erleichterung: Mit Softwarelösungen, die auf künstlicher Intelligenz
basieren, sollen Personalverantwortliche entlastet werden. Nach den Angaben der
Anbieter wird mit geringem Aufwand ein passgenauer Pool an Fach- und Füh-
rungskräften für die Direktansprache generiert, inkl. Ersteinschätzung zur Eignung,
Umzugsbereitschaft und Wechselwilligkeit. Der Einsatz solcher KI-Anwendungen
zur Personalgewinnung kann einen Efzienzgewinn versprechen, ist gleichzeitig
aber auch Gegenstand kontroverser Diskussionen im Spannungsfeld der rechtli-
chen Regulierung, ethischer Fragen nach Fairness bzw. Diskriminierungsrisiken
und Fragen der Akzeptanz solcher Technologien (siehe Kapitel 3).
Unter anderem als Reaktion auf derartige Diskriminierungsrisiken wird regelmäßig
Transparenz beim Einsatz von KI-Anwendungen im öffentlichen Sektor gefordert
(Busuioc, 2020; Grimmelikhuijsen, 2022). Einige Studien zeigen, dass eine solche
Offenlegung des Einsatzes von KI-Anwendungen zu einer negativen Wahrnehmung
führen kann (Dietvorst et al., 2015, 2018). Die sogenannte Algorithmus-Aversion
beschreibt, wie Menschen auf Algorithmen zurückhaltend oder ablehnend rea-
gieren können. Gleichzeitig vertreten andere Studien die Auffassung, dass Talente
die Offenlegung einer genutzten KI-Anwendung in der Personalgewinnung auch
als Signal für einen innovativen, interessanten Arbeitgeber wahrnehmen könn-
ten (Marcinkowski et al., 2020; van Esch et al., 2021). Vor dem Hintergrund der
gemischten Befunde ergibt sich als weiteres Ziel der Studie:
Ziel der vorliegenden KISS-Studie ist es, Erfolgsfaktoren
für die Direktansprache durch öffentliche Arbeitgeber
zu identizieren.
Weiteres Ziel der vorliegenden KISS-Studie ist es,
die Nutzung einer KI-Anwendung in der Praxis eines
öffentlichen Arbeitgebers zu untersuchen und Reaktionen
auf ein Signal zum Einsatz einer KI-Anwendung zu
analysieren.
KISS STUDIE/ MOTIVATION UND ZIEL DER STUDIE 12
Die KISS-Studie basiert auf einem Feldexperiment der Stadtwerke Heidelberg
GmbH zu drei Stellen, für die unter Nutzung einer KI-Anwendung insgesamt
2.000 Fach- und Führungskräften direkt angesprochen worden sind. Die Befunde
werden in der vorliegenden Studie in Kurzform zusammengefasst und es werden
Handlungsoptionen für Personalverantwortliche bei öffentlichen Arbeitgebern
formuliert. Zudem werden drei Perspektiven zum Einsatz von KI-Anwendungen
bei öffentlichen Arbeitgebern präsentiert, die von drei Lehrstuhlinhabern Prof.
Dr. Georg Jochum, Prof. Dr. Ulf Papenfuß und Prof. Dr. Jörn von Lucke formuliert
worden sind (alle Zeppelin Universität).
KISS STUDIE/ MOTIVATION UND ZIEL DER STUDIE 13
2. Personalgewinnung von Fach-
und Führungskräften mittels
Direktansprache (Active Sourcing)
Für eine effektive, nachhaltige und innovative Erfüllung öffentlicher Aufgaben
stellt das Personal eine zentrale Ressource dar (Papenfuß & Keppeler, 2018a).
Neben teilweise steigendem Bedarf an Fach- und Führungskräften, z. B. in Folge
altersbedingten Ausscheidens vieler Beschäftigter sowie sinkende Bewerbungs-
zahlen bei öffentlichen Arbeitgebern stellt sich eine Wettbewerbssituation ein,
die auch als „war for talent“ bezeichnet wird (Michaels et al., 2001). Personal-
gewinnung dient dabei nicht nur zur schlichten Besetzung vakanter Stellen. Es
besteht auch ein positiver Zusammenhang zwischen Kennzahlen wie Unterneh-
mensleistung, Innovation, Return on Investment und Kundenbegeisterung mit
Arbeitgeberattraktivität (Bruch et al., 2015). Wie in der nachfolgenden Abbildung
1 visualisiert, unterscheidet sich die Direktansprache von klassischen Formen der
Personalgewinnung wie z. B. der Stellenausschreibung.
Abbildung 1
Aktivitäten in der klassischen
Personalgewinnung und
Direktansprache
Stellen ausschreiben
Suchen & ansprechen
Klassische Personalgewinnung
Direktansprache (Active Sourcing)
Bewerbung schicken
Profil erstellen
AKTIVITÄTEN IN DER PERSONALGEWINNUNG
JOBSJOBS
Abbildung 1
KISS STUDIE/ PERSONALGEWINNUNG VON FACH- UND FÜHRUNGSKRÄFTEN MITTELS DIREKTANSPRACHE (ACTIVE SOURCING) 14
Im Vergleich sind klassische Personalgewinnungsmaßnahmen also eher auf das
Eingehen von Angeboten ausgerichtet. Es erfolgt die Ausschreibung einer Stelle
und dann wird erwartet, das Angebote eingehen. Die Direktansprache in der Per-
sonalgewinnung hingegen ist eher auf das Aussenden von Angeboten gerichtet,
wodurch der Arbeitgeber vermehrt auf Talente zugeht (im Englischen „outbound
recruiting“, siehe Black et al., 2020). Dies kann via Intermediären erfolgen, also z. B.
Personalberatungen bzw. Headhunting-Agenturen, oder direkt (Bonet et al., 2013).
2.1 Vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt:
Arbeitsmarktlage
Die Direktansprache wird für Arbeitgeber zunehmend relevant, da sich die Verhält-
nisse auf dem Arbeitsmarkt vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt verändern
(von Ameln & Wimmer, 2016). Das bedeutet, Arbeitgeber sehen sich zunehmend
mit der Situation konfrontiert, dass sie sich um geeignete Talente bewerben –
statt andersherum (Holtbrügge, 2018). Auch die COVID-19 Pandemie hat in vielen
Bereichen eher zu einem verschärften Wettbewerb um Talente beigetragen (Insti-
tut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 2021). So hat die Wechselbereitschaft
nach einer Befragung von ca. 1.500 Beschäftigten im Jahr 2021 in Deutschland
zugenommen: Innerhalb der nächsten drei Jahre noch beim gleichen Arbeitge-
ber beschäftigt sein zu wollen, dem stimmen lediglich 44 % (2018: 65 %) voll zu
(Gallup, 2022).
Der Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte wird zunehmend intensiver, was
auch die Vielzahl an verfügbaren offenen Stellen illustriert. Nach der Erhebung
des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (2021) beträgt die Gesamtzahl
der offenen Stellen auf dem deutschen Arbeitsmarkt im vierten Quartal 2021 bun-
desweit 1,69 Millionen. Abbildung 2 zeigt die vier meistgenannten Schwierigkeiten
Abbildung 2:
Anteil der Besetzungsschwierig-
keiten an allen Neueinstellun-
gen nach Ursache im Jahr 2020
(eigene Darstellung nach dem
Institut für Arbeitsmarkt- und
Berufsforschung, 2021)
Abbildung 2
KISS STUDIE/ PERSONALGEWINNUNG VON FACH- UND FÜHRUNGSKRÄFTEN MITTELS DIREKTANSPRACHE (ACTIVE SOURCING) 15
+󰕅+K++K++K++K
22 % 18 % 13% 10 %
Zu wenige
Bewerbende
Unzureichende
berufliche Qualifikation
Zu hohe Gehalts-
vorstellungen
Fehlende Bereitschaft
die Arbeitsbedingungen
zu erfüllen
bei Neueinstellungen laut Arbeitgeber für die letzten zehn Jahre in Deutschland:
Hauptschwierigkeit ist die zu geringe Anzahl an Bewerbenden, gefolgt von unzu-
reichender Qualikation, hohen Gehaltsvorstellungen und fehlender Bereitschaft,
die Arbeitsbedingungen zu erfüllen.
Nimmt das Angebot an Arbeitskraft auf dem Markt ab, haben die Talente ein
Überangebot an Stellen zur Verfügung, während Arbeitgeber zunehmend damit
konfrontiert sind, ihre Stellenangebote attraktiver zu gestalten (Keppeler &
Papenfuß, 2020). Mit diesem Trend sind auch öffentliche Arbeitgeber konfrontiert,
insbesondere in Regionen mit starkem Wettbewerb durch privatwirtschaftliche
Arbeitgeber und (nahezu) Vollbeschäftigung. So formuliert z. B. die Bund/Länder-
Arbeitsgemeinschaft Wasser: „Nur wenn es gelingt, Fachkräfte [...] zu sichern und
für die aktuellen Aufgaben wie für die Aufgaben der Zukunft weiter zu quali-
zieren, können die [...] Dienstleistungen auf heutigem Niveau erhalten werden.2
2.2 Erleichterte Direktansprache auf
dem digitalisierten Arbeitsmarkt
Für die Personalgewinnung öffentlicher Arbeitgeber kann diese Arbeitsmarktsi-
tuation implizieren, eine aktivere Rolle einzunehmen, z. B. in Form von Direktan-
sprache von Fach-/Führungskräften. Direktansprache hat insbesondere auf einem
digitalisierten Arbeitsmarkt das Potenzial, Arbeitgebern die Suche und Gewin
-
nung von Talenten wesentlich efzienter und strategisch gezielter zu ermöglichen
(Elfenbein & Sterling, 2018). Digitale Angebote wie Social Media Job-Plattformen
oder der Einsatz von KI-Anwendungen (siehe dazu Kapitel 3) ermöglichen neue
Formen der direkten Kommunikation und Interaktion auf dem Arbeitsmarkt (Black
et al., 2020).
Während Arbeitgeber sich für Nachwuchskräfte zunehmend auf Social Media
Plattformen wie Facebook, Instagram, Twitter, etc. präsentieren (Keppeler &
Papenfuß, 2020), können Fach- und Führungskräfte insbesondere über Social
Media Job-Plattformen wie LinkedIn und Xing erreicht werden. LinkedIn erreicht
in Deutschland 2021 einen Anteil der deutschsprachigen Internetnutzenden von
14,6 %, Xing erreicht derzeit 14,7 %.3 Im Raum Deutschland, Österreich und Schweiz
2 Vgl. Statement zur Fachkräftesicherung und -qualizierung für die Wasserwirtschaft, https://www.lawa.de/docu-
ments/2021 – 11 – 16-statement-lawa-bdew-bwk-dvgw-dwa-vku_2_1645001023.pdf, aufgerufen am 21.4.2022.
3 Vgl. ausführlich https://de.statista.com/statistik/daten/studie/505947/umfrage/reichweite-von-social-net-
works-in-deutschland/, aufgerufen am 25.4.2022.
KISS STUDIE/ PERSONALGEWINNUNG VON FACH- UND FÜHRUNGSKRÄFTEN MITTELS DIREKTANSPRACHE (ACTIVE SOURCING) 16
weist LinkedIn im Jahr 2021 ca. 17 Millionen Plattformmitglieder (2016: 9 Millionen)
aus,4 Xing ca. 20 Millionen (2016: 11 Millionen).5
Social Media Job-Plattformen ermöglichen es als Teil ihres Geschäftsmodells, die
Prole von Talenten gezielt zu durchsuchen, zu bewerten, und als Arbeitgeber
direkt anzusprechen. Umgekehrt können auch aktive Stellensuchende dort Stel-
lenangebote einsehen, wie Tabelle 1 veranschaulicht.
Das Werben um Personal mit mangelnder Bindung zum derzeitigen Arbeitgeber
spielt insbesondere bei der Zielgruppe Fach- und Führungskräfte mit mehr- bzw.
langjähriger Berufserfahrung eine zunehmende Rolle (Black et al., 2020). Hier
besteht ein besonderes Potenzial zur Direktansprache des sogenannten passiven
Bewerbungsmarkts: Dazu können in Deutschland nach Befragungsdaten für 2021
rund 87 % der deutschen Beschäftigten gezählt werden, die nur eine geringe
oder gar keine Bindung zu ihrem aktuellen Arbeitgeber haben, aber noch nicht
auf aktiver Stellensuche sind (Gallup, 2022). Klassische Personalgewinnung, z. B.
Stellenanzeigen, erreichen diese häug nicht.
4 Vgl. ausführlich https://de.statista.com/statistik/daten/studie/628657/umfrage/linkedin-mitglieder-in-der-dach-re-
gion/, aufgerufen am 25.4.2022.
5 Vgl. ausführlich https://de.statista.com/statistik/daten/studie/13615/umfrage/anzahl-der-mitglieder-des-social-net-
works-xing-in-deutsclhand-oesterreich-schweiz/, aufgerufen am 25.4.2022.
LinkedIn Xing
Nutzung zur
Stellensuche
26 % 20 %
Nutzung zur Informationssuche
über Arbeitgeber
25 % 21 %
Nutzung von Arbeitgebern
für Markenbildung
17 % 23 %
Nutzungsanteil Altersgruppe
Geburtsjahr 1980 – 1994
23 % 28 %
Tabelle 1:
Nutzungsdaten der Social Media
Job-Plattformen LinkedIn und
Xing (eigene Darstellung nach
Weitzel et al., 2020)
KISS STUDIE/ PERSONALGEWINNUNG VON FACH- UND FÜHRUNGSKRÄFTEN MITTELS DIREKTANSPRACHE (ACTIVE SOURCING) 17
3. Einsatz von KI-Anwendungen in
der Direktansprache und deren
Wahrnehmung durch Talente
Es existiert derzeit keine eindeutige Denition des Begriffs „künstliche Intelligenz“
(siehe Glossar). Für die Diskussion von KI-Lernmethoden (z. B. maschinelles Ler-
nen), Systemarchitekturen und bestimmte Technologien (z. B. neuronale Netze)
wird daher auf entsprechende Fachliteratur verwiesen (z. B. Etscheid et al., 2020;
Welzel & Grosch, 2018). Für die konkrete Anwendung ist die zugrundeliegende
Technologie oft eine Hintergrundinformation. Im Fokus stehen Leistungsfähigkeit
bzw. Einsatzzwecke von KI-Basistechnologien. Dazu zählen z. B. Mustererken-
nung, Texterkennung, Spracherkennung, Übersetzung, Bild-/Gesichtserkennung.
Diese Technologien können u. a. in folgenden KI-Basisanwendungen eingesetzt
werden (Gesellschaft für Informatik e.V., 2020):
Aktuelle Studien zeigen, dass KI das Potenzial hat, Informations- und Analy-
seaufgaben zu übernehmen und die menschliche Entscheidungsndung in
datenintensiven Kontexten zu unterstützen und zu entlasten. KI-Anwendungen
werden eingesetzt, um präzise Vorhersagen zu treffen, insbesondere bei klar
denierten, strukturierten Aufgaben, die von datenanalytischen Fähigkeiten
Wahrnehmen KI-Anwendungen verarbeiten Daten aus ihrer Umwelt, zu
Einstellungen oder auch zu Emotionen, z. B. mittels Text-,
Sprach- oder Gesichtserkennung. Diese Daten werden Katego-
rien zugeordnet und zu Mustern aggregiert.
Benachrichtigen Auf Basis von verarbeiteten Daten können KI-Anwendungen
je nach Ereignis Personen auf unterschiedliche Weise benach-
richtigen.
Empfehlen Die Datenauswertung durch KI-Anwendungen kann dahin-
gehend erweitert werden, dass Handlungsempfehlungen für
Personen formuliert werden, nachdem Daten kategorisiert
und erlernte Handlungsmuster umgesetzt werden.
Vorhersagen Auf Basis der Datenauswertungen und Zusammenhangsana-
lysen kann eine KI-Anwendung Vorhersagen und Prognosen
erstellen, die idealerweise hinreichend verlässlich sind.
KISS STUDIE/ EINSATZ VON KI-ANWENDUNGEN IN DER DIREKTANSPRACHE UND DEREN WAHRNEHMUNG DURCH TALENTE 18
abhängen (Jarrahi, 2018). Studien zeigen, dass KI-Anwendungen zu einer ver-
besserten Organisationsleistung und Qualität von Entscheidungen beitragen kann,
zum Beispiel im Zusammenhang mit medizinischen Diagnosen (Aron et al., 2011),
Serviceaufgaben (Huang & Rust, 2018) oder Übersetzungen (Brynjolfsson et al.,
2019; Brynjolfsson & Mitchell, 2017). KI-Anwendungen werden z. B. eingesetzt,
um die Arbeitsefzienz zu steigern, indem sie die Aufgabenzuweisung verbessern
(Bai et al., 2020) oder Personal in Callcentern ein individuelles Feedback geben
(Tong et al., 2021).
Wie in Abbildung 3 dargestellt können KI-Anwendungen bei der Direktansprache
insbesondere für die Online-Suche und Eignungseinschätzung genutzt werden.
Hier könnten Personalverantwortliche bei der manuellen Online-Suche regel-
mäßig mit booleschen Suchoperatoren arbeiten, was zeitintensiv, repetitiv und
daher auch anfällig für Fehler bzw. verzerrte Wahrnehmungen ist. Auch die Ein-
schätzung der Eignung durch Personalverantwortliche kann nur auf Basis einer
limitierten Datenbasis erfolgen, die Menschen in einer gewissen Zeit wahrnehmen
und analysieren können.
Der Einsatz von KI-Anwendungen kann zu einer gesteigerten Efzienz bei der
Online-Suche in der Direktansprache beitragen, einer strukturierten, datenin
-
tensiven Aufgabe. KI-Anwendungen können schnell große Datenmengen von
Bewerberprolen auf Social-Media-Jobplattformen analysieren. Diese umfang-
reichen Datenbanken mit regelmäßig aktualisierten berufsbezogenen Prolen
ermöglichen die direkte Suche nach Talenten und können die Kosten für die
Personalsuche senken (Black et al., 2020; Elfenbein & Sterling, 2018).
Abbildung 3:
Prozess der Direktansprache und
Einsatz von KI-Anwendungen
Festlegung
des Suchprols
Online-Suche,
Ersteinschätzung
der Eignung
Direktansprache,
z. B. via Plattform-
Nachricht
Einsatz der
KI-Anwendung
Abbildung 3
KISS STUDIE/ EINSATZ VON KI-ANWENDUNGEN IN DER DIREKTANSPRACHE UND DEREN WAHRNEHMUNG DURCH TALENTE 19
Es wird allerdings kritisch diskutiert, ob der Einsatz KI-Anwendungen dazu beitra-
gen kann, Stereotypen, Vorurteile und Diskriminierung in der Personalgewinnung
zu verringern oder verstärken (Gesellschaft für Informatik e.V., 2020; Kolleck &
Orwat, 2020). Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass mit entsprechenden
Standards und diversen Teams KI-Anwendungen entwickelt werden können, die
Diskriminierung verringern (Charlwood & Guenole, 2022; van den Broek et al.,
2021). Andererseits können KI-Anwendungen auch bestehende, diskriminierende
Entscheidungen reproduzieren (Busuioc, 2020; Fountain, 2021). Studien zeigen,
dass sowohl menschliche Einschätzungen bzw. Heuristiken zur Eignung von Talen-
ten für eine Stelle als auch solche von KI-Anwendungen unter Verzerrungen leiden
können, die zur Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt beitragen (Baert, 2018;
Blommaert et al., 2012, 2014; Hangartner et al., 2021).
Neben den thematisierten Fragen der Efzienz, Qualität und Diskriminierungs-
freiheit von KI-Anwendungen in der Direktansprache ist für eine Beurteilung der
Nützlichkeit auch entscheidend, wie Talente den Einsatz von KI-Anwendungen
wahrnehmen. Die Information über den Einsatz einer KI-Anwendung in der
Direktansprache könnte bei Talenten Interesse wecken (Marcinkowski et al., 2020;
van Esch et al., 2021). Es gibt allerdings Befunde, wonach auf die Offenlegung
des Einsatzes von KI-Anwendungen eher mit Abneigung reagiert wird (Dietvorst
et al., 2015). Dieses als Algorithmus-Aversion bezeichnete Phänomen beschreibt
Befunde, wonach Menschen selbst dann Entscheidungen von Menschen gegen-
über solchen von datenbasierten Algorithmen vorziehen, wenn sie wissen, dass
algorithmische Entscheidungen durchwegs besser abschneiden (Dietvorst et al.,
2018). Die Aversion hängt häug mit der Sorge zusammen, dass subjektive Prä-
ferenzen oder die Besonderheit der individuellen Situation von einer KI-Anwen-
dung in deren Algorithmen nicht hinreichend berücksichtigt werden (Castelo et
al., 2019; Longoni et al., 2019). Demzufolge dürften Bewerbende eher auf ein
menschliches Urteil vertrauen, dass Personalverantwortliche ihre besondere Qua-
likation einschätzen können, während hingegen eine KI-Anwendung den ganz
persönlichen Werdegang mit allen individuellen Facetten nicht adäquat erfassen
könnte (Leung et al., 2018).
KISS STUDIE 20/ EINSATZ VON KI-ANWENDUNGEN IN DER DIREKTANSPRACHE UND DEREN WAHRNEHMUNG DURCH TALENTE
4. Studienmethodik: Feldexperiment
zur Pilotierung der KI-gestützten
Direktansprache
6 Vgl. https://www.swhd.de/unternehmen, aufgerufen am 30.3.2022.
Die KISS-Studie basiert auf einem Feldexperiment, welches prä-registriert und
von der Ethikkommission der Zeppelin Universität freigegeben wurde. Bei die-
ser Methode werden Veränderungen bei einer zufällig ausgewählten Untersu-
chungsgruppe im realen Kontext herbeigeführt. Die Ergebnisse der Untersu-
chungsgruppe werden mit einer ebenfalls zufällig ausgewählten Kontrollgruppe
verglichen, bei der die Veränderung nicht eingeführt wurde (Hauser et al., 2017).
Feldexperimente werden als methodischer „Goldstandard“ bezeichnet (Eden,
2021, S. 92).
4.1 Pilotarbeitgeber und
ausgewählte KI-Anwendung
Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Heidelberg durchge-
führt, um eine unmittelbare Direktansprache auf Social Media Job-Plattformen
mit der Unterstützung von KI-Anwendungen zu pilotieren. Die Stadtwerke Hei-
delberg beschäftigen ca. 1.000 Mitarbeitende und sind vollständig in kommu-
naler Hand. Sie versorgen rund 200.000 Menschen Strom, Netzdienstleistungen,
Gas, Wasser, Heizung, öffentlichem Nahverkehr, Parkplätzen und Bädern.6
Für die KISS-Studie wurde eine Direktansprache für die Besetzung von drei Fach-/
Führungspositionen bei den Stadtwerken Heidelberg getestet, die als vergleichs-
weise schwierig zu besetzen gelten (2 Positionen zur Betreuung von Fachanwen-
dungen, eine Gruppenleitung techn. Management). Im Rahmen der Pilotierung
ist eine auf dem Markt bendliche KI-Anwendung verwendet worden, die auf
Textdaten aus Prolen von 30 Social Media Job-Plattformen zugreift und laut
Unternehmensangaben von mehr als 500 Kunden genutzt wird. Die KI-Anwen-
dung hat das Ziel, Personalverantwortliche von sich wiederholenden Aufgaben
der manuellen Suche in Stellenprolen, der Ersteinschätzung zur Eignung von
Talenten für eine Stelle, der Erstellung von Vorschlagslisten für die Direktanspra
-
che zu entlasten. Sie basiert vereinfacht formuliert auf vier Funktionen:
21
KISS STUDIE
/ STUDIENMETHODIK: FELDEXPERIMENT ZUR PILOTIERUNG DER KI-GESTÜTZTEN DIREKTANSPRACHE
4.2 Aufbau und Ablauf des Feldexperiments
Die Pilotierung der KI-gestützten Direktansprache für die drei zu besetzenden
Stellen verlief in fünf Schritten, die in Abbildung 4 visualisiert werden.
Schritt 1:
Für die drei offenen Stellen wurden auf Basis der Ausschreibungen Suchprole
erstellt. Die Suchprole setzten sich also zusammen aus der Stellenbezeichnung
und den genannten Fach-bzw. Methodenkompetenzen. Darüber hinaus wurde
der Suchumfang auf Personen begrenzt, die in ihrem Prol einen Ort in Deutsch-
land angegeben haben, die auf der Social Media Job-Plattform „Xing“ ein Prol
haben.
Schritt 2:
Mit den festgelegten Suchprolen wurden unter Nutzung der KI-Anwendung für
die drei Stellen eine Suche nach geeigneten Prolen gestartet. Diese wurden
entsprechend der Ersteinschätzung gereiht und für die Zwecke der Untersuchung
insgesamt 2.000 Talente für die Direktansprache ermittelt.
Wahrnehmen Aus mehreren Quellen, z. B. dem LinkedIn-, Xing- und GitHub-
ProleinesTalents,erstelltdieKI-Anwendungeineinziges
ProlproTalentundschlägtdieKontaktvariantemithoherAnt-
wortwahrscheinlichkeit vor (z. B. private Nachricht über Xing).
Benachrichtigen Eine Suchfunktion informiert Personalverantwortliche auf der
Grundlage der Stellenbezeichnung, der Kompetenzen und
FähigkeitenoderderÄhnlichkeitmitbestimmtenProlen,
welcheProleauswelchenverschiedenenSocial-Media-Stel-
lenplattformen durchsucht werden. Auf diese Weise kann die
KI-Anwendung Personen mit den erforderlichen Fähigkeiten
oder vergleichbaren Aufgaben, aber einer anderen Stellenbe-
zeichnungnden.
Empfehlen DieKI-AnwendungempehltFähigkeitenoderAufgaben,die
fürdiespezischeoffeneStellewahrscheinlichrelevantsind,
basierend auf dem, was bereits eingegeben wurde.
Vorhersagen Die KI-Anwendung errechnet drei Kennzahlen mit einer Skala
von 0 100 %: Ersteinschätzung der Eignung des Talents für
die jeweilige Stelle, Umzugsbereitschaft, Wechselwilligkeit.
Für die Bewertung zieht die KI-Anwendung die gesammelten
ProldatenüberKompetenzen,Fähigkeitenundeinigeweitere
Kriterien aus den ausgewerteten Plattformen heran.
KISS STUDIE/ STUDIENMETHODIK: FELDEXPERIMENT ZUR PILOTIERUNG DER KI-GESTÜTZTEN DIREKTANSPRACHE 22
Schritt 3:
Die 2.000 Talente wurden zufällig jeweils einer Untersuchungsgruppen zugewie-
sen. Je nach Zuordnung zu einer der vier Untersuchungsgruppen erhielten die
Talente eine andere Direktansprache-Nachricht von Personalverantwortlichen der
Stadtwerke Heidelberg. Die Talente erhielten dabei persönliche Nachrichten auf
der Social Media Job Plattform “Xing”, versendet vom beruichen Prol der beiden
Personalverantwortlichen. Alle Direktansprache-Nachrichten wurden auf Basis
aktueller verhaltenswissenschaftlicher Befunden optimiert (Keppeler & Papen-
fuß, 2021; Linos, 2018; Sievert et al., 2020). Die Nachricht für die Kontrollgruppe
veranschaulicht dies (siehe Abbildung 5, Beispieldatensatz farbig hervorgehoben):
Die Nachrichten in den drei Untersuchungsgruppen waren mit der für die Kontroll-
gruppe identisch und gaben zusätzlich im Betreff und in einem extra Textabsatz
an, wie die Talente gefunden bzw. als geeignet eingeschätzt wurden. So ergeben
sich die in Tabelle 2 aufgeführten vier Direktansprache-Nachrichten.
Schritt 4:
Zur Messung der Effekte des Einsatzes der KI-Anwendung wurden aus den 2.000
Talenten für die drei Stellen jeweils eine Teilstichprobe nach dem Zufallsprinzip
gezogen. Anschließend erhielten die drei Fachvorgesetzten der ausgeschriebenen
Stellen jeweils eine Liste mit ca. 250 zufällig ausgewählten Talenten, um eine
Ersteinschätzung der Eignung für die bei ihnen zu besetzende Stelle abzugeben
(Skala: 0 100 %). Die Fachvorgesetzten waren weder im Datenzugang noch zeitlich
Abbildung 4:
Pilotierung der KI-gestützten
Direktansprache in fünf Schritten
KISS STUDIE/ STUDIENMETHODIK: FELDEXPERIMENT ZUR PILOTIERUNG DER KI-GESTÜTZTEN DIREKTANSPRACHE 23
Abbildung 4
01
Profil &
Kriterien
02
Suche &
Eignung
03
Direkt-
ansprache
04
Messung
KI-Einsatz
05
Messung
KI-Wahr-
nehmung
eingeschränkt. Sie erhielten allerdings keinen Einblick in die Einschätzungen der
KI-Anwendung hinsichtlich Eignung, Umzugsbereitschaft und Wechselwilligkeit
der Talente.
Schritt 5:
Um die Wahrnehmung von Talenten gegenüber dem Einsatz von KI-Anwendungen
zu messen, wurden schließlich die Daten darüber analysiert, ob sie auf eine der
in Abbildung 6 dargestellten vier Direktansprache-Nachrichten reagierten und
ob sie Interesse an einer Beschäftigung bei den Stadtwerken Heidelberg zeigten.
Abbildung 5:
Darstellung der Direktansprache-
Nachricht ohne Hinweis auf den
Einsatz von Personalverantwortli-
chen oder eine KI-Anwendung
Sehr geehrte Frau Kaffanke,
bei unserer Suche nach einem neuen Teammitglied sind wir auf Sie
gestoßen, weil Sie sich gut mit SAP IS-U auskennen. Mit Blick auf Ihr
Prol können Sie hervorragend zu uns passen. Antworten Sie gerne
auf unsere Nachricht, wenn auch Sie Interesse an einem weiteren
persönlichen Kontakt haben.
Wir als Stadtwerke Heidelberg stehen authentisch für eine Tätigkeit
mit Sinn. Bei uns sind Beruf und Privatleben in Balance. Unser Team
geht abends mit einem guten Gefühl nach Hause.
Beste Grüße nach Bingen am Rhein!
Petra Personalerin
Personalmanagement
Stadtwerke Heidelberg GmbH
Sie überzeugen, Frau Kaffanke!
Johanna Kaffanke, Petra Personalerin
KISS STUDIE/ STUDIENMETHODIK: FELDEXPERIMENT ZUR PILOTIERUNG DER KI-GESTÜTZTEN DIREKTANSPRACHE 24
Tabelle 2:
Übersicht der vier
Untersuchungsgruppen
Abbildung 6:
Vereinfachte Darstellung des
Feldexperiments zur Wahrnehmung
von KI-Anwendungen durch
Talente
Kontrollgruppe
Sie überzeugen, ...
Gruppe „KI“
Sie überzeugen unsere KI, …
Das hat unsere Software für Per-
sonalgewinnung ermittelt, die
auf einer künstlichen Intelligenz
basiert. Unsere KI für Personal-
gewinnunghatProleaufXing
durchsuchtundidentiziert,dass
Sie eine wertvolle Verstärkung sein
können.
Gruppe „Mensch“
Sie überzeugen unser Team, …
Das hat unser Team für Personalge-
winnung ermittelt. Unser Team für
PersonalgewinnunghatProleauf
Xingdurchsuchtundidentiziert,
dass Sie eine wertvolle Verstärkung
sein können.
Gruppe „Mensch & KI“
Sie überzeugen uns & unsere KI, …
Das hat unser Team für Personal-
gewinnung mit unserer Software
für Personalgewinnung ermittelt,
die auf einer künstlichen Intel-
ligenz basiert. Mit Unterstützung
der KI hat unser Team für Perso-
nalgewinnungProleaufXing
durchsuchtundidentiziert,dass
Sie eine wertvolle Verstärkung sein
können.
3 4
12
3
1
2
4
Abbildung 6
KISS STUDIE/ STUDIENMETHODIK: FELDEXPERIMENT ZUR PILOTIERUNG DER KI-GESTÜTZTEN DIREKTANSPRACHE 25
2000
Talente
zufällige
Zuordnung
Untersuchung
der Wahr-
nehmung
Tabelle 3:
Übersicht der analysierten Daten
zu den ausgewählten Talenten
5. Auszug der Befunde
Nachfolgend werden für die Zwecke der vorliegenden Kurzfassung zur KISS-Studie
Auszüge der Ergebnisse präsentiert. Die ausführlichen Ergebnisse liegen den För-
derern der Studie vor bzw. sind Gegenstand einer internationalen Publikation
(Keppeler, 2022).
Von den 2.000 analysierten Talenten (siehe Tabelle 3 für eine Übersicht der wich-
tigsten Variablen) sind 27 % weiblich und 29 % derzeit im öffentlichen Sektor
beschäftigt. Sie sind im Durchschnitt rund 198 km von Heidelberg entfernt und
fast 5 Jahre bei ihrem aktuellen Arbeitgeber tätig. Eine weitere Beschreibung der
Daten ist in Tabelle 3 dargestellt.
Kennzahlen zu den unter-
suchten Fach-/Führungs-
kräften
Anzahl
Xing-
Profile
Mittelwert Standard-
abw.
Minimum Maximum
Weiblich (in %) 2.000 26,9 44,4 0 100
Beschäftigung im
öffentlichen Sektor (in %)
1.954 28,6 45,2 0 100
Distanz zu Heidelberg
(in km)
2.000 197,9 98,2 0 400
Dauer der derzeitigen
Beschäftigung (in Monaten)
1.836 57,4 57,6 1 482
Ersteinschätzung Eignung
durch Fachvorgesetzte (in %)
695 35,0 32,0 0 100
Ersteinschätzung Eignung
durch KI-Anwendung (in %)
2.000 42,2 20,6 0 95
Umzugsbereitschaft
(Einschätzung der
KI-Anwendung in %)
2.000 17,1 5,8 1 61
Wechselwilligkeit
(Einschätzung der
KI-Anwendung in %)
2.000 44,9 10,5 5 65
KISS STUDIE/ AUSZUG DER BEFUNDE 26
5.1 Efzienz
Nach den Daten zu 695 Talenten kommt die KI-Anwendung regelmäßig zu einer
vergleichbaren Ersteinschätzung zur Eignung von Fach-/Führungskräften für eine
der drei getesteten Stellen wie die jeweiligen Vorgesetzten. Die unabhängig von-
einander vorgenommenen, prozentualen Einschätzungen zur Eignung von Talen-
ten für die jeweilige Stelle zeigen, dass in neun von zehn Fällen die Abweichung
zwischen der Einschätzung der Fachvorgesetzten und der KI-Anwendung kleiner
als 50 % ist, in fünf von zehn kleiner als 30 %. Wie in Abbildung 7 visualisiert,
kommt es in 10 % der Fälle zu einer deutlich unterschiedlichen Ersteinschätzung,
und in rund der Hälfte aller Fälle liegen die Einschätzungen von Fachvorgesetz-
ten und KI-Anwendungen um weniger als 30 % auseinander. Die Befunde einer
statistischen Zusammenhangsanalyse zeigen, dass die Ersteinschätzung von KI-
Anwendung und Fachvorgesetzten höchstsignikant positiv miteinander zusam-
menhängt. Die KI-Anwendung kann in wesentlich geringerer Zeit für eine größere
Anzahl an Prolen von Talenten eine vergleichsweise verlässliche Ersteinschät
-
zung zur Eignung von Fach- und Führungskräften für eine Stelle treffen. Für die
Ersteinschätzung und Reihung von Personen für eine Direktansprache kann die
Nutzung einer KI-Anwendung zeitefzient sein.
Abbildung 7:
Anteil der Ersteinschätzungen
zur Eignung von Talenten, in
denen Fachvorgesetzte und KI-
Anwendung weniger als 50 % bzw.
weniger als 30 % voneinander
abweichen
Abbildung 7
KISS STUDIE/ AUSZUG DER BEFUNDE 27
In 9 von 10 Fällen ist der Unterschied zwischen der Ersteinschätzung
von Fachvorgesetzten und KI-Anwendung kleiner als 50 %
In 5 von 10 Fällen ist der Unterschied zwischen der Ersteinschätzung
von Fachvorgesetzten und KI-Anwendung kleiner als 30 %
N30 %
N50 %
5.2 Diskriminierungsfreiheit
Nach den Daten zu 695 Talenten kommt es sowohl bei Fachvorgesetzten als auch
bei der KI-Anwendung zu potenziell verzerrten Ersteinschätzungen im Zusam-
menhang mit dem Geschlecht der Talente. In der Gesamtbetrachtung der 695
Stellen kommt es zwar zu keiner statistisch feststellbaren Verzerrung hinsichtlich
der Ersteinschätzung zur Eignung von Frauen, allerdings gibt es dafür Indizien bei
der Einzelbetrachtung der drei Stellen. In den statistischen Berechnungen stellt
es sich als wahrscheinlich dar, dass sowohl KI-Anwendung als auch menschliche
Vorgesetzte Verzerrungen bei der Einschätzung von Talenten unterliegen. Diese
können nach der Literatur zu Diskriminierung führen (Baert, 2018; Blommaert et
al., 2012, 2014; Hangartner et al., 2021; Hoyt & Murphy, 2016). Vor diesem Hinter-
grund deuten die Befunde darauf hin, dass Arbeitgeber kontinuierlich präventiv
in eine professionale Personalgewinnung investieren sollten, die jeglicher Form
der Diskriminierung in der Personalgewinnung vorbeugt. Tabelle 4 (siehe oben)
stellt dies vergleichend dar.
Menschen KI-Anwendungen
Diskriminierung, z. B. nach
Geschlecht, zwar verboten, aber in
Studien vielfach nachgewiesen
Beispiel:
Mit einer Führungsposition werden
stereotypische Eigenschaften (z. B.
Durchsetzungsfähigkeit) verbunden.
Diese Eigenschaften werden stereo-
typischhäugeherbeiMännern
als Frauen vermutet. Daher werden
Frauen implizit als weniger geeignet
für eine Führungsposition einge-
schätzt.
Stereotypische Ersteinschätzungen
durch Menschen können zu impliziter
Diskriminierung führen.
Gefahr der Diskriminierung durch KI-
Anwendungen in Studien betont und
auch feststellbar
Beispiel:
Eine KI-Anwendung ist mit verzerrten
oder nicht repräsentativen Daten
trainiert oder kommt in Folge unbe-
absichtigter, algorithmischer Optimie-
rungsstrategien zu diskriminierenden
Ergebnissen (z. B. weniger Frauen
sind im Finanz- und im IT-Bereich
tätig und daher für eine entspre-
chende Stelle weniger geeignet).
KI-Anwendungen können zu bereits
bestehender, statistischer Diskrimi-
nierung in der Personalgewinnung
beitragen.
Tabelle 4:
Potenzielle Diskriminierungsrisi-
ken bei der Ersteinschätzung im
Vergleich von Menschen und KI-
Anwendung
KISS STUDIE/ AUSZUG DER BEFUNDE 28
5.3 Ergebnisse zur Wahrnehmung von
KI-Anwendungen durch Talente
Von den 2.000 Talenten haben rund 21 % (415 Personen) auf die Direktansprache
geantwortet, 32 % (134) zeigen im Durchschnitt Interesse an einer Beschäftigung,
und 28 % (115) klicken mindestens einmal auf den Link zum Online-Bewerbungs-
system, der in der zweiten Nachricht an die Befragten, die Interesse zeigen, ange-
geben wurde.
7
Die Nachrichten in der Direktansprache sind weitgehend identisch,
bis auf den jeweiligen Zusatz in den Untersuchungsgruppen. Diese Zusätze haben
nach den Befunden signikanten Einuss auf das Interesse an einer Beschäfti-
gung. Tabelle 5 stellt dies anhand der Mittelwerte und Standardabweichung dar.
Die Befunde der statistischen Analyse zeigen einen kausalen Zusammenhang
zwischen dem Signal „KI-Anwendung eingesetzt“ und dem Interesse an einer
Beschäftigung. Wie Abbildung 8 stark vereinfacht visualisiert, führt das Signal
der KI-Anwendung in einer Direktansprache-Nachricht zu signikant weniger
Interesse. Der interessensenkende Effekt des signalisierten Einsatzes einer KI-
Anwendung ist für weibliche Talente stärker ausgeprägt als für männliche Talente.
7 Zusätzliche, ausführliche Statistiken für die einzelnen Untersuchungsgruppen nden sich in Keppeler (2022).
Direktansprache-Nachricht durch Talente bekunden Interesse
Kontrollgruppe 46% (0,50)
KI 23% (0,42)
Mensch 31 % (0,46)
KI + Mensch 29 % (0,46)
Tabelle 5:
Mittelwert und Standardabwei-
chung (in Klammern) im Gruppen-
vergleich
1
KISS STUDIE/ AUSZUG DER BEFUNDE 29
3
4
2
5.4 Qualitative Auswertung der Rückmeldungen
und Personas
Neben der statistischen Auswertung des Antwortverhaltens werden nachfolgend
auch die Antworttexte qualitativ ausgewertet, um Muster in den Rückmeldungen
explorativ zu untersuchen. Zur Darstellung der Ergebnisse wird der Ansatz der
sogenannten „Persona“ genutzt. Personas sind nützlich, um zielgruppenorien-
tiert Angebote zu entwickeln, z. B. hier für verschiedene Gruppen an Talenten,
die unterschiedlich auf ein Signal zur Nutzung von KI-Anwendungen reagieren
(Lepzien & Lewerenz, 2017). Eine Persona als ktiver Urtyp einer Zielgruppe hilft,
Erwartungen einer Zielgruppe zu verstehen und z. B. Kommunikation spezisch
zu gestalten (Pruitt & Grudin, 2003). Hier wird als Auszug eine Persona dargestellt,
die auf die Direktansprache-Nachricht geantwortet haben, die ohne Signal zur
KI-Anwendung formuliert war.
Die Persona (siehe Abbildung 9) repräsentiert weibliche Fach- und Führungskräfte
mit langjähriger Berufserfahrung, z. B. im Projektmanagement oder mit Expertise
in SAP-Fachanwendungen, die auch nicht aktiv nach neuen Stellen suchen und
oftmals Teil des passiven Bewerbungsmarktes sind. Sie sind mit ihrer aktuellen
Beschäftigung, teils auch bei einem öffentlichen Arbeitgeber, nicht gänzlich unzu-
frieden und zeigen dennoch Interesse an Perspektiven der Weiterentwicklung. Sie
nehmen die Form der persönlichen Direktansprache eines Arbeitgebers sehr posi-
tiv wahr und sind grundsätzlich offen für einen weiteren direkten persönlichen
Austausch, um mehr Informationen über potenzielle Tätigkeitsfelder zu erfahren.
Abbildung 8:
Anteil der Talente mit Interesse
an einer Beschäftigung im Ver-
gleich der Kontrollgruppe und
der Gruppe „KI“
Abbildung 8
KISS STUDIE/ AUSZUG DER BEFUNDE 30
1
Interesse an einer Beschäftigung
Interesse an einer Beschäftigung
Kontrollgruppe
2
KI
5.5 Zusammenfassende Diskussion
der Ergebnisse
In der Gesamtschau zeigen die Befunde der KISS-Studie, dass der Einsatz einer
KI-Anwendung die Direktansprache efzienter gestalten kann, da die Erstein-
schätzung der Eignung von Talenten für eine Stelle durch die KI-Anwendungen
regelmäßig das Ergebnis der Fachvorgesetzten spiegelt, allerdings mit wesentlich
geringerem Aufwand. Bei dieser Ersteinschätzung der Eignung von Talenten kann
es sowohl bei menschlichen Vorgesetzten als auch bei der KI-Anwendung zu
verzerrten Wahrnehmungen kommen, die zu diskriminierenden Bewertungen
1.
Christiane Cruse
Senior Project Manager,
SAP IS-U Expert
Zur Person
Geb. 1982, verheiratet mit festem Wohnsitz
Studium und Ausbildung im Bereich der Betriebswirtschaftslehre
Aktuell angestellt bei einem Arbeitgeber aus dem öffentlichen Sektor
Hintergrund
Projektleitung, IT-Projektmanagement mit Fachwissen im Bereich
SAP IS-U und Datenmanagement gehören zu ihren beruflichen
Schwerpunkten. Sie ist „begeistert über die kreative und einladende
Ansprache“ und über die „nette Kontaktmeldung“. Der Arbeitgeber
ist ihr „natürlich ein Begriff“. Grundsätzlich ist sie zufrieden mit
ihrem aktuellen Arbeitgeber und es „bestehen momentan keine
Abwanderungsgedanken“. Gleichzeitig wird ihr Interesse geweckt,
wenn sie persönlich von einem Unternehmen kontaktiert wird, und
möchte gerne mehr über die potenziellen Tätigkeitsfelder und Auf-
gaben einer neuen Stelle in Erfahrung bringen.
„Vielen Dank für das Interesse an meinem
Profil. Ich freue mich sehr und möchte Ihnen
mitteilen, dass ich mich über einen weiteren
persönlichen Kontakt freuen würde.”
Vernetzen Offen für Jobangebote
500+ Kontakte
Abbildung 9:
Persona zu Reaktionen auf
Direktansprache ohne Signal zur
KI-Anwendung
KISS STUDIE/ AUSZUG DER BEFUNDE 31
führen könnten. Daneben ist die Wahrnehmung von KI-Anwendungen bei den
direkt angesprochenen Talenten von Aversion geprägt. Weniger Fach- und Füh-
rungskräfte reagieren auf eine Direktansprache mit Interesse, wenn die Nutzung
der KI-Anwendung signalisiert wird. In der qualitativen Analyse zeigt sich unter
anderem, dass eine persönliche Direktansprache ohne Signal zum Einsatz von
KI-Anwendungen von einigen Talente als wertschätzend empfunden wird, unab-
hängig davon, ob ein Wechsel derzeit in Frage kommt.
Nach den Befunden ist es erforderlich, zur Beurteilung der Nützlichkeit von KI-
Anwendungen sowohl Einsatz- als auch die Wahrnehmungseffekte in die Abwä-
gung einzubeziehen. Diese ganzheitliche Betrachtung ist entscheidend, um den
letztlichen Wert von KI-Anwendungen für öffentliche Arbeitgeber weder zu über-
noch zu unterschätzen. Ein wichtiger, häug nicht hinreichend gewürdigter
Erfolgsfaktor bei der Einführung neuer Technologien im öffentlichen Sektor ist die
Wahrnehmung bzw. die Akzeptanz des Personals, der Nutzenden und der Bevöl-
kerung (Mergel et al., 2019; Morgeson et al., 2011; Welch, 2004). Diese Studie zeigt,
wie wichtig Akzeptanz und Wahrnehmung bei Beschäftigten und Nutzenden für
die Beurteilung von digitalen Transformationsprojekten im Personalbereich sind.
Wie jede Studie hat auch die vorliegende KISS-Studie Limitationen. Hinsicht-
lich des Einsatzes von KI-Anwendungen hat die Analyse zwar gezeigt, dass eine
KI-Anwendung mit weniger Aufwand zu vergleichbaren Ergebnissen kommt wie
Fachvorgesetzte. Damit wird allerdings noch keine Aussage über den tatsächli-
chen beruichen Erfolg in der jeweiligen Position getroffen. Die Ersteinschätzung
der KI-Anwendungen kann daher nur einer von mehreren Teilschritten in einem
professionellen Personalgewinnungsprozess sein. Was die Gefahr der Diskrimi-
nierung angeht, beleuchtet die Studie nur einen möglichen Aspekt (Geschlecht),
während hingegen z. B. das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz8 noch diverse
weitere Merkmale vorweist. Zudem ist bei den meisten KI-Anwendungen der
zugrundeliegende Algorithmus nicht transparent, was auch die Beurteilung etwa-
iger Diskriminierungsrisiken erschweren oder sogar unmöglich machen kann.
Auch was die Wahrnehmung des Einsatzes von KI-Anwendungen angeht, kann
die Nutzung einer KI-Anwendung je nach Kontext sehr unterschiedlich wahrge-
nommen werden (Logg et al., 2019).
8 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom
23. Mai 2022 (BGBl. I S. 768) geändert worden ist.
KISS STUDIE/ AUSZUG DER BEFUNDE 32
6. Auszug der Handlungsoptionen
für Personalverantwortliche
Auf Basis der Befunde und der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur stellt
die vorliegende Kurzfassung der KISS-Studie einen Auszug an Handlungsoptionen
für Personalverantwortliche bei öffentlichen Arbeitgebern dar.
6.1 SWOT-Übersicht zur Direkt ansprache
mit Unterstützung von KI-Anwendungen
In der nachfolgenden Abbildung 10 einige Handlungsoptionen im Kontext der
Direktansprache in Form einer SWOT-Analyse knapp zusammengefasst, d. h. grup-
piert in Form von Stärken (Strengths), Schwächen (Weaknesses), Chancen (Options)
und Risiken (Threats). Für öffentliche Arbeitgeber, die darüber nachdenken, ver-
mehrt in Direktansprache zu investieren, ggf. mit Unterstützung einer KI-Anwen-
dung, kann diese Übersicht zielführende Unterstützung bieten. Zudem ist mit
Blick auf die stetig wachsende Anzahl an Software-Angeboten eine ganzheitliche
Betrachtung verschiedener Kriterien bei der Auswahl und Nutzung relevant:
/ /Funktionale Kriterien: Es kann z. B. je nach Bedarf nützlich sein, wenn die
KI-Anwendung die Suche von Personen mit ähnlichen Kompetenzen wie
eine ausgewählte Person ermöglicht. Mit Blick auf Diskriminierungsrisiken
kann das ein nützliches Werkzeug bei der Identikation von Talenten sein,
allerdings kein Ersatz für ein professionelles Personalmanagement.
/ /Rechtliche Kriterien: Darunter fällt z. B. die Prüfung, ob die KI-Anwendung
konform mit der Datenschutzgrundverordnung ist, gerade wenn es sich um
ein internationales Angebot handelt. Zudem ist es erforderlich (siehe Kapitel
7.1), die Stellen neben der Direktansprache auch stets öffentlich, z. B. auf der
Karriereseite des Arbeitgebers, auszuschreiben.
/ /Technische Kriterien: Nicht jedes Software-Angebot bzw. jeder Algorithmus
nutzt KI-Anwendungen, selbst wenn dies teilweise anders suggeriert wird.
Es ist auch nicht für jede Funktion erforderlich, KI-Anwendungen einzuset-
zen. Eine technische Beurteilung ist nützlich, um entsprechend Fragen des
Einsatzes und z. B. von Diskriminierungsrisiken beantworten zu können. Dies
erfordert Transparenz bei der Funktionsweise der Algorithmen oder entspre-
chende Audits und Tests der KI-Anwendung.
KISS STUDIE/ AUSZUG DER HANDLUNGSOPTIONEN FÜR PERSONALVERANTWORTLICHE 33
/ /Wirtschaftliche Kriterien: Auch wenn z. B. eine gesteigerte Efzienz bei der
Direktansprache durch den Einsatz von KI-Anwendungen erreicht werden
kann, sind Maßnahmen zur Diskriminierungsprävention und etwaige Kos-
ten, die durch eine Aversion in der Wahrnehmung von KI-Anwendungen
entstehen können, abzuwägen.
Stärken Schwächen
Geschwindigkeit durch digitale und
direkte Interaktion auf Arbeits-
markt, insbesondere bei Nutzung
von KI-Anwendungen
Kompensation einer ggf. geringeren
Sichtbarkeit der Arbeitgebermarke
Wertschätzung der Talente durch
direkte und persönliche Ansprache
Aktuell begrenzte Angebotsauswahl
von KI-Anwendungen für die Direk-
tansprache
Etwaige Verzerrungen durch die
Nutzung von KI-Anwendungen
möglich und damit einhergehende
Diskriminierungsgefahren
Finanzieller und personeller Zusatz-
aufwand für die Direktansprache
Chancen Risiken
Effizienzvorteile durch Direktan-
sprache mittels KI-Anwendungen
Leistungs- und Wertschöpfungs-
beitrag durch gezielte Perso-
nalgewinnung von Talenten als
Wettbewerbsvorteil
Professionalisierung der Personal-
gewinnung durch Datenbasis bzw.
Evidenz
Abhängigkeit von wenigen Social
Media Job-Plattformen
Algorithmus-Aversion gegenüber
der Offenlegung des Einsatzes von
KI-Anwendungen bei der Direktan-
sprache
Ethische Risiken bei der Nutzung
von KI-Anwendungen in der Perso-
nalgewinnung
Abbildung 10:
SWOT-Analyse mit ausgewählten
Aspekten zur Direktansprache mit
KI-Anwendungen
KISS STUDIE/ AUSZUG DER HANDLUNGSOPTIONEN FÜR PERSONALVERANTWORTLICHE 34
6.2 Professionalisierung der Personalgewinnung
Eine fortschreitende Professionalisierung kann im Bereich konkreter Personalge-
winnungsmaßnahmen, der Umsetzung der Personalgewinnung, und Professio-
nalisierung der Umsetzung bzw. der Richtlinien und Prozesse erfolgen (Reichard,
2019; Vogel, 2022).
/ /Professionalisierung der konkreten Personalgewinnungsmaßnahmen: Öffent-
liche Arbeitgeber können von Personalgewinnungsmaßnahmen wie Direktan-
sprache protieren, da so auch der passive Arbeitsmarkt angesprochen wird.
Das heißt, es können auch Personen gewonnen werden, die unzufrieden mit
ihrem jetzigen Job und daher wechselbereit sind, allerdings noch nicht aktiv
nach Stellenanzeigen suchen. Zudem ist es nützlich, jegliche Kommunikation
im Kontext der Personalgewinnung auf Basis verhaltenswissenschaftlicher
Befunde zu optimieren, z. B. durch Vermeidung von zu viel Fachjargon wie
etwa abstrakten Verweisen auf Tarifvertragsnormen (Sievert et al., 2020; The
People Lab, 2022).
/ /Professionalisierung der Umsetzung: Beabsichtigt eine Person, den Arbeitge-
ber zu verlassen, wird häug wie automatisch der Prozess zur Stellenaus-
schreibung begonnen. Teilweise können öffentliche Arbeitgeber hier im
Personalmanagement noch professioneller agieren, was die Nutzung von
verschiedenen Instrumenten des Personalmanagements angeht, wie der
vereinfachte Entscheidungsbaum in Abbildung 11 visualisiert.
/ /Professionalisierung der Prozesse: Prozesse im Personalmanagement wie die
Gewinnung und Auswahl von Talenten können sich z. B. an internationalen
Standards von Organisationen wie ISO oder DIN orientieren.9 Zudem kann es
nützlich sein, eine Kartierung des internen Prozesses vorzunehmen, um Dis-
kriminierung vorzubeugen und die Geschwindigkeit weiter zu erhöhen (The
People Lab, 2022). Der Kartierungsprozess verfolgt das Ziel, die Möglichkeiten
für Veränderungen und die erforderlichen Beteiligten systematisch darzu-
stellen. Falls z. B. viele Talente sich gar nicht erst bewerben, ist eine andere
Veränderung nützlich, als wenn geeignete Personen nach dem Auswahlver-
fahren absagen. Eine Kartierung ist in Abbildung 12 beispielhaft dargestellt.
Sie ermöglicht die Betrachtung von Beteiligten, Handlungen, und Verände-
rungspotenzial an spezischen Entscheidungsknoten.
9 ISO steht für die weltweit tätige „International Organization for Standardization“ (siehe im Personalkontext ins-
besondere https://committee.iso.org/home/tc260), CEN für das „European Committee for Standardisation“ (https://
www.cencenelec.eu/), DIN für das „Deutsches Institut für Normung e. V.“ (siehe im Personalkontext insbesondere
Ausschuss NA 159 – 01 – 19 AA, https://www.din.de/de/mitwirken/normenausschuesse/nadl/nationale-gremien/wdc-
grem:din21:145234654), jeweils aufgerufen am 14.4.2022.
KISS STUDIE/ AUSZUG DER HANDLUNGSOPTIONEN FÜR PERSONALVERANTWORTLICHE 35
unten:
Abbildung 12:
Kartierung eines Personalgewin-
nungsprozesses am Beispiel der
Direktansprache mit Beteiligten
(blau), Handlungen und Entschei-
dungsknoten (eigene Darstellung
nach The People Lab, 2022)
Personalbindung Ist die Stelle wichtig für
den Organisationserfolg?
Ist der Teilbereich des Arbeits-
markts besonders umkämpft?
Personalentwicklung/
(Aus-/ Fortbildung)
Externe Vergabe
(Personaldienstleistung)
Ist die Stelle dringend
zu besetzen?
Personalbedarfsplanung/
Personaleinsatz
Besteht die Kompetenz und die
Kapazität für Direktansprache?
Klassische
Personalgewinnung Mitarbeiterempfehlungen
Direktansprache Externe Vergabe
(Personalberatung)
Talentpool & Alumni-
Management
Kann und soll die Person, die die Stelle
innehat, gebunden werden?
JA NEIN
NEIN
NEIN
NEIN
NEIN
JA
JA
JA
JA
Alternativ
Alternativ
links:
Abbildung 11:
Vereinfachte Darstellung eines
Entscheidungsbaums für Wiederbe-
setzungen
Auswahl für
strukturiertes
Interview
Erstein-
schätzung
Eignung
Kompetenz-
profil
Online-
Suche
Direkt-
ansprache Zweitkontakt
Einladung
zum
Interview
BewerbungInteresse
Geschäftsleitung
Betriebs-/ Personalrat
Ggf. weitere Stellen
Personal-
verantwortliche
FachvorgesetzteTalente
Bewertung
Interviews &
Ranking
Gesamt-
ranking
Vertrags-
angebot
Teilnahme
Interview
Beteiligung
Vertrags-
annahme
Abbildung 11
Abbildung 12
KISS STUDIE/ FAZIT UND AUSBLICK MIT ÜBERGREIFENDEN PERSPEKTIVEN 36
7. Fazit und Ausblick mit
übergreifenden Perspektiven
Die Gewinnung von Fach- und Führungskräften ist nicht nur für öffentliche Arbeit-
geber zu einer strategischen Herausforderung geworden. Vor diesem Hintergrund
bietet die Direktansprache von Talenten durch öffentliche Arbeitgeber relevante
Chancen. Digitale Technologien wie KI-Anwendungen ermöglichen Arbeitgebern
dabei eine Form der gezielten Suche und Ansprache von Talenten, die zuvor mit
Blick auf den Aufwand teils nur mit höherem Aufwand realisierbar war.
Ziel der KISS-Studie war es, Erfolgsfaktoren für die Direktansprache zu identizie-
ren, die Nutzung einer KI-Anwendung in der Pilotierung mit einem öffentlichen
Arbeitgeber zusammen zu untersuchen, um Efzienz, Diskriminierungsfreiheit
und die Wahrnehmung von Talenten im Kontext des Einsatzes einer KI-Anwen-
dung für die Personalgewinnung zu analysieren. Die Ergebnisse der KISS-Studie
zeigen am konkreten Anwendungsfall, dass KI-Anwendungen zur Efzienzsteige-
rung in der Direktansprache beitragen können, es allerdings Risiken für verzerrte
Wahrnehmungen bei der Ersteinschätzung der Eignung von Talenten sowohl bei
Fachvorgesetzten als auch bei KI-Anwendungen geben kann. Zudem zeigt sich
eine Aversion bei den angesprochenen Talenten, wenn sie über den Einsatz einer
KI-Anwendung informiert werden.
Übergreifend unterstreicht die KISS-Studie die Nützlichkeit eines evidenzbasier-
ten Managements (Weibel et al., 2018). In Zusammenarbeit mit der Wissenschaft
können z. B. durch feldexperimentelle Studien Entscheidungsgrundlagen auf Basis
von Evidenz fundiert werden (Haas et al., 2022). So können mit wissenschaftlicher
Begleitung z. B. Innovationen wie KI-Anwendungen bei der Pilotierung evaluiert
werden, um späteren Kosten oder unbeabsichtigten Konsequenzen vorzubeugen
(Banerjee & Duo, 2017; Hauser et al., 2017). Dieses Kooperationsprojekt zwischen
den fördernden öffentlichen Arbeitgebern, dem Verband kommunaler Unterneh-
men (VKU) – Landesgruppe Baden-Württemberg und der Wissenschaft kann dafür
als Beispiel dienen.
KISS STUDIE 37/ FAZIT UND AUSBLICK MIT ÜBERGREIFENDEN PERSPEKTIVEN
Als Beitrag zu diesem Austausch zwischen Praxis und Wissenschaft schließt die
Studie mit drei übergreifenden Perspektiven zur Personalgewinnung und dem
Einsatz von KI-Anwendungen bei öffentlichen Arbeitgebern. Hier kommen in
alphabetischer Reihenfolge drei Lehrstuhlinhaber von der Zeppelin Universität
in Friedrichshafen zu Wort: Prof. Dr. Georg Jochum, Prof. Dr. Ulf Papenfuß und
Prof. Dr. Jörn von Lucke.
7.1 Rechtliche Fragestellungen zum Einsatz von
KI-Anwendungen durch öffentliche Arbeitgeber
Beitrag von Prof. Dr. Georg Jochum
Prof. Dr. Georg Jochum ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Steuer- &
Europarecht und Recht der Regulierung an der Zeppelin Universität Friedrichs-
hafen.
Der Einsatz von KI gestützter Analysesoftware zur Suche von geeigneten Fach- und
Führungskräften in sozialen Netzwerken ist nicht grundsätzlich verboten. Sofern
die rechtlichen Rahmenbedingen eingehalten werden, ist diese Art der Perso-
nalgewinnung für öffentliche Arbeitgeber durchaus möglich. Die hier relevanten
Rahmenbedingungen hängen aber davon ab, welche Position gesucht wird und
wer der potenzielle Arbeitgeber ist. In aller erster Linie ist der Datenschutz zu
beachten.
Für öffentliche Arbeitgeber, die nicht im Bereich der nationalen Sicherheit tätig
sind, sind die Vorschriften der DSGVO zu beachten (vgl.; EuGH Urteil vom 22.06.2021
– C-439/19, ECLI:EU:C:2021:504, Rn. 65 m.w.N.). Damit sind die meisten öffent-
lichen Arbeitgeber von der DSGVO erfasst und haben sie zu beachten. Zusätzlich
stellen auch die Datenschutzgesetze der Länder und des Bundes, soweit der
Bund Verwaltungsträger ist, Regelungen dar, die in der Regel für alle öffentlichen
Stellen anzuwenden sind. Diese gelten in manchen Bundesländern (z. B. Baden-
Württemberg) auch für öffentliche Unternehmen, sofern sie Aufgaben der öffent-
lichen Verwaltung wahrnehmen. Daher sind neben den Bestimmungen der DGSVO
auch regelmäßig die näheren Landes- oder Bundesregelungen zu beachten.
Die Nutzung von KI zur Identizierung potenzieller Fach- und Führungskräfte ist
eine Verarbeitung personenbezogener Daten, die grundsätzlich nur mit Einwilli-
gung des Betroffenen erfolgen darf. Da dies für eine Personalsuche unpraktika-
bel ist, kann die Verarbeitung nur insoweit erfolgen, als die DGSVO Ausnahmen
von der ausdrücklichen Einwilligung vorsieht. Da allerdings auch regelmäßig die
KISS STUDIE/ FAZIT UND AUSBLICK MIT ÜBERGREIFENDEN PERSPEKTIVEN 38
Landesgesetzgebung in den Blick zu nehmen ist, kann allein auf dies nicht abge-
stellt werden. So enthält beispielsweise das Landesdatenschutzgesetz Baden-
Württemberg spezielle Regelungen für die Datenverarbeitung. So dürfen gemäß
§ 15 Abs. 1 Satz 1 LSDBW personenbezogene Daten von Bewerbern nur verarbeitet
werden, soweit dies zur Eingehung des jeweiligen Dienst- oder Arbeitsverhält-
nisses oder zur Durchführung innerdienstlich planerischer, organisatorischer,
personeller, sozialer oder haushalts- und kostenrechnerischer Maßnahmen, ins
-
besondere zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes, erfor-
derlich oder in einer Rechtsvorschrift, einem Tarifvertrag oder einer Dienst- oder
Betriebsvereinbarung (Kollektivvereinbarung) vorgesehen ist. Wenn diese Vor-
schrift auch potenzielle Bewerbungen von Fach- und Führungskräften erfasst,
wofür der generell weite Anwendungsbereich des Datenschutzrechts spricht, so
wäre die Frage, ob die KI-gestützte Personalgewinnung zu Zwecken der Perso-
nalplanung erforderlich ist, oder ob nicht datensparsamere Maßnahmen möglich
wären. Rechtsprechung gibt es zu dieser Frage nicht, allerdings dürfte die Suche
zum Aufnden geeigneter Kandidaten zum Zwecke der direkten Ansprache zuläs-
sig sein, weil keine datensparsameren, effektiveren Mittel vorhanden sind und
eine generelle Zulässigkeit nach Art 6 DSGVO gegeben ist.
Denn die DSGVO selbst ermöglicht solche Abfragen zumindest für solche Netz-
werke, die erkennbar auch der Personalgewinnung dienen. In diesen beruichen
Netzwerken, z. B. den Social Media Job-Plattformen LinkedIn und Xing, präsentie
-
ren sich die Fach- und Führungskräfte gerade mit der Intention, ein Jobangebot
„Der Einsatz von KI gestützter Analysesoftware zur
Suche von geeigneten Fach- und Führungskräften in
sozialen Netzwerken ist nicht grundsätzlich verboten.“
KISS STUDIE/ FAZIT UND AUSBLICK MIT ÜBERGREIFENDEN PERSPEKTIVEN 39
zu erhalten, sodass in diesen Netzwerken die Suche nach potenziellen Fach- und
Führungskräften gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f) DSGVO zulässig sein dürfte.
Dies ist aber auf die Suche in sozialen Netzwerken, die überwiegend der privaten
Vernetzung dienen, nicht ohne weiteres übertragbar.
Der Einsatz der KI ist allerdings auch insofern rechtlich begrenzt, als er nur die
Suche erleichtern darf. Die Entscheidung über die Ansprache eines potenziellen
Bewerbers ist durch den Personalverantwortlichen selbst zutreffen. Dies ergibt
sich aus Art 22 Abs. 1 DSGVO, wonach eine Person das Recht hat, nicht einer auto-
matisierten Entscheidung unterworfen zu werden, die ihr gegenüber rechtliche
Wirkung entfaltet.
Außerdem sind die arbeitsrechtlichen und grundrechtlichen Diskriminierungsver-
bote bei der Auswahl der Suchkriterien zu beachten. Die Suchkriterien müssen
zudem eine Bestenauslese ermöglichen. Die für die öffentlichen Arbeitgeber gel-
tenden rechtlichen Kriterien der Personalauswahl können also durch den Einsatz
der KI nicht überspielt werden.
Die Probleme im Einzelnen können hier nicht detailliert dargestellt werden. Fest-
gehalten werden kann, dass der Einsatz von KI in berufsorientierten Netzwerken
zum Aufnden geeigneter Fach- und Führungskräfte insgesamt keinen durch-
greifenden rechtlichen Bedenken begegnet, sofern der Bewerbungs- und Ent-
scheidungsprozess offenbleibt, die Methode also die üblichen Zugangswege nur
ergänzt und nicht begrenzt.
7.2 Ein HR Kodex für ethisch verantwortliche
KI-Nutzung und integriertes Personalmanagement
im „Konzern Kommune“
Beitrag von Prof. Dr. Ulf Papenfuß
Prof. Dr. Ulf Papenfuß ist Inhaber des Lehrstuhls für Public Management & Public
Policy an der Zeppelin Universität Friedrichshafen.
Seit einiger Zeit werden HR Kodizes für ethisch verantwortliche Technologie-
Nutzung bzw. Leitlinien für den verantwortungsvollen Einsatz von künstlicher
Intelligenz verstärkt diskutiert. Ein stellvertretend anführbares Praxisbeispiel sind
die Leitlinien des Ethikbeirats HR Tech (2021). Auch der Verband kommunaler
Unternehmen hat ethische Leitlinien für den Einsatz von KI-Anwendungen in
kommunalen Unternehmen veröffentlicht. Die Leitlinien des VKU (2020) beziehen
KISS STUDIE/ FAZIT UND AUSBLICK MIT ÜBERGREIFENDEN PERSPEKTIVEN 40
sich auf viele Anwendungsfelder, stellen nicht spezisch auf die Personalarbeit
ab und sind aufgrund der mit diesem Dokument verfolgten Ziele eher abstrakt
formuliert. Die Leitlinien des Ethikbeirats HR Tech (2021) sind speziell auf den
Einsatz von KI-Anwendungen bei der Personalarbeit ausgerichtet und schlagen
einige konkrete Prinzipien für den Arbeitsalltag vor.
Um das große Potenzial neuer Technologien im Dienst des Menschen einzusetzen,
ist ein Orientierungsrahmen für alle Organisationen, die KI-Anwendungen einset-
zen oder dessen Einsatz planen, notwendig und chancenreich. Auf den Internet-
seiten verschiedener Organisationen ist festzustellen, dass über die Etablierung
eines HR Kodex für ethisch verantwortliche KI-Nutzung mehr und mehr informiert
wird, mit dem kommunizierten Ziel, das Vertrauen in die Organisation und den
Einsatz von KI zu stärken. Aufgrund der besonderen Anforderungen im öffentlichen
Sektor sprechen sehr viele Argumente dafür, dass öffentliche Arbeitgeber, die KI
bei der Personalarbeit nutzen bzw. planen, sowohl intern als auch nach außen
deutlich kommunizieren, welchen HR Kodex mit für die Personalarbeitspraxis
konkreten Hinweisen sie nutzen. Hier können öffentliche Arbeitgeber auf der
Grundlage von anderen einschlägigen HR Kodizes eigene HR Kodizes etablieren
oder klar kommunizieren, welchen anderen einschlägigen HR Kodex sie für die
Personalarbeit nutzen. Die Etablierung eines HR Kodex für ethisch verantwortli-
che KI-Nutzung bietet für viele Organisationen große Potenziale. Allein schon der
Prozess der gemeinschaftlichen Erarbeitung oder die gemeinschaftliche Auswahl
eines anderen bestehenden HR-Kodex verspricht große Chancen, da die Verständi-
gung auf Spielregeln für ein gemeinsames Werteverständnis für den Alltag bei der
Personalarbeit und Führung von sehr großer Bedeutung sind. Eine Leitlinie kann
klare Standards und Regelungen für alle Beteiligten im Alltag bieten, die Rollen an
den verschiedenen Prozessschritten klar denieren, zur besseren Einhaltung von
vordenierten Entscheidungsabläufen beitragen und eine bessere Zusammenar-
beit innerhalb der Organisation fördern. Vielfach wünschen sich Personalverant-
wortliche mehr Handlungssichersicherheit und Verbindlichkeit bei der Anwendung
von Technologien durch verbindliche Richtlinien für ihren Einsatz. Ferner ist ein
HR-Kodex für ethisch verantwortliche KI-Nutzung für Geschäftsführungen/Vor-
stände, Aufsichtsratsmitglieder und in der Politik zuständige Personen wichtig,
da in der sich entwickelnden Debatte in der Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit
schwierige Fragen oder „politisch motivierte Angriffe“ kommen könnten und ein
HR Kodex dann auch in sachgerechter Weise eine Schutzfunktion erfüllen kann.
Ein stellvertretendes Beispiel mit hoher Alltagsrelevanz für viele weitere The-
men ist der in einigen HR-Kodizes vorgesehene Grundsatz, dass bei wichtigen
Personalentscheidungen die Letztentscheidungsbefugnis bei einem Menschen
liegt. Verfährt eine Organisation nach diesem Grundsatz ist im HR-Alltag im Kon-
text einer Direktansprache zu reektieren, welcher Prozessschritt eine wichtige
KISS STUDIE/ FAZIT UND AUSBLICK MIT ÜBERGREIFENDEN PERSPEKTIVEN 41
Personalentscheidung im Sinne des HR Kodex ist, welcher Prozessschritt ggf. mit
Technologie erfolgen kann und bei welchem Prozessschritt Technologie unter-
stützt, aber ein Mensch die von der KI-Anwendung entwickelten Vorschläge
zumindest noch einmal kurz gegenprüft.
Neben den Erfordernissen und Chancen innerhalb einer Organisation, könnte
eine Leitlinie für den verantwortungsvollen Einsatz von KI auch große Potenziale
für die externe Kommunikation und die Direktansprache von Talenten bieten.
Zum Beispiel könnte bei der Direktansprache transparent auf den Einsatz von KI
hingewiesen werden, aber durch den Verweis auf einen HR Kodex für ethisch ver-
antwortliche KI-Nutzung gleichzeitig in glaubwürdiger Weise signalisiert werden,
dass die Organisation klare ethische Standards für den Einsatz von KI etabliert
hat und „lebt“. Sofern eine Organisation kommuniziert „mithilfe/von unserer KI
wurden Sie unter genauer Beachtung unseres HR Kodex für ethisch verantwortli-
che KI-Nutzung als zu uns passend identiziert“, könnte dies eventuell positive
Effekte im Vergleich zu einer Kommunikation ohne ein Signal auf einen HR Kodex
bieten.
Übergreifend steckt in dem Thema HR Kodex für ethisch verantwortliche KI-Nut-
zung eine große strategische Chance, wegweisende Impulse für die Organisation
und übergreifende HR-Entwicklungen zu geben. Zudem kann eine Leitlinie helfen,
die Stellung der Personalarbeit und der HR-Abteilung im Zusammenspiel mit den
anderen Abteilungen der Organisationen in dem gebotenen Maße auszutarieren.
Ein HR Kodex ist ein positives Gestaltungsthema, welches einzelne Organisationen
und übergreifende Entwicklungen substanziell und mit spürbaren Alltagseffekten
voranbringen kann.
KISS STUDIE/ FAZIT UND AUSBLICK MIT ÜBERGREIFENDEN PERSPEKTIVEN 42
Von zentraler Bedeutung für öffentliche Arbeitgeber – insbesondere für kommunale
Unternehmen und Kommunalverwaltungen – ist es gerade auch im Kontext der
Diskussion um einen HR Kodex für ethisch verantwortliche KI-Nutzung und hiermit
zusammenhängenden Themen, die Chancen eines integrierten Personalmanage-
ments mit einer integriert gedachten Personalgewinnung und Personalentwick-
lung auszuschöpfen (Papenfuß & Keppeler, 2018b). Ein situationsgerecht gedachtes
integriertes Personalmanagement kann relevante und nützliche Potenziale sowohl
für den ganzen Konzern Kommune als auch für die Verwaltung und einzelne kom-
munale Unternehmen bieten. Integriertes Personalmanagement bedeutet explizit
keine Zentralisierung; vielfach geht es auch „nur“ um gegenseitiges Lernen und
jeweilige Verbesserungen, Vermeidung von Doppelarbeit für Zeitersparnisse und
bessere Realisierung von Anforderungen durch Erfahrungsaustausch.
Beispielsweise kann im Rahmen von Direktansprachen abgestimmt versucht
werden, verschiedene Zielgruppen zu attrahieren, indem einzelne kommunale
Arbeitgeber im Konzern Kommune mit diesbezüglichen besonderen Stärken als
Teil des Konzerns bestimmte Zielgruppen zur Gewinnung besonders ansprechen.
Wenn die übergreifenden Anforderungen und Ziele umfassend realisiert werden
sollen, muss in einer Kommune zudem ein regelmäßiger, gemeinsamer Erfah-
rungsaustausch von Personalverantwortlichen aller Organisationen im Konzern
Kommune (Verwaltung und kommunale Unternehmen zusammen) institutio-
nell sichergestellt werden; zum Beispiel auf Ebene der Personalleitung oder auf
entsprechender Geschäftsführungs-/ Arbeitsdirektoriums-/ Bürgermeisterebene.
In diesem Kreis können Erfahrungen, Erkenntnisse und Handlungsoptionen zur
Personalgewinnung im Konzern Kommune geteilt werden, um voneinander zu
lernen und neue Innovationen zu ermöglichen. Hier könnten zum Beispiel auch
die Effekte von Maßnahmen wie Direktansprache im Vergleich der jeweiligen
Organisationen besprochen werden.
Von hoher Bedeutung sind im Konzern Kommune im Kontext neuer Technologien
in der Personalarbeit zudem organisationsübergreifende Fort- und Weiterbildun-
gen, an denen Führungs-/ und Fachkräfte aus Verwaltungen und öffentlichen
„Ein situationsgerecht gedachtes integriertes Personal-
management kann relevante und nützliche Potenziale
sowohl für den ganzen Konzern Kommune als auch für
die Verwaltung und einzelne kom munale Unternehmen
bieten.“
KISS STUDIE/ FAZIT UND AUSBLICK MIT ÜBERGREIFENDEN PERSPEKTIVEN 43
Unternehmen gemeinsam teilnehmen. Dieses verspricht den Austausch und Wei-
terentwicklungen mit Alltagssynergien konkret zu fördern und bietet gleichzeitig
Kosteneinsparungspotenziale. Teilweise könnte zur Durchführung von Fort- und
Weiterbildung zu neuen Technologien eventuell statt externer Vergabe wie z. B.
an Beratungen wechselseitig auf die besondere Expertise einer Person aus einer
Organisation im Konzern Kommune zurückgegriffen werden.
Weiterhin versprechen organisationsübergreifende Coaching- und Mentoring-
partnerschaften innerhalb des Konzerns Kommune im Kontext neuer Technolo-
gien für die Personalarbeit besonders große Chancen. Ein HR Kodex für ethisch
verantwortliche KI-Nutzung ist ein sehr gutes Beispiel für viele weitere Themen,
bei dem hohe Potenziale für ein integriert gedachtes Personalmanagement im
Konzern Kommune bestehen. Hierbei können die Personalverantwortlichen aus
der Verwaltung und denöffentlichen Unternehmen der Kommune „an einen Tisch
geholt werden“, um die Erfahrungen und Sichtweisen auf das Thema HR Kodex
für ethisch verantwortliche KI-Nutzung zu besprechen, gegenseitig voneinan-
der zu lernen und hieraus Handlungsperspektiven für die jeweilige Organisation
abzuleiten.
7.3 Ethisch-technische Aspekte des Einsatzes
von KI-Anwendungen durch die öffentliche
Verwaltung und öffentliche Unternehmen
Beitrag von Prof. Dr. Jörn von Lucke
Prof. Dr. Jörn von Lucke ist Inhaber des Lehrstuhls für Lehrstuhl für Verwaltungs-
und Wirtschaftsinformatik an der Zeppelin Universität Friedrichshafen.
Naturgemäß besteht eine enge Verbindung zwischen möglichen Grenzen des Ein-
satzes von KI durch öffentliche Arbeitgeber und den Grenzen des Einsatzes von KI
in der öffentlichen Verwaltung. Zugegeben eröffnet die Vielfalt der technischen
Möglichkeiten, KI zum Zwecke der Mustererkennung, Texterkennung, Tonerken-
nung, Spracherkennung, Sprechererkennung, Bilderkennung, Raumerkennung,
Gesichts- und Gestenerkennung einzusetzen wirklich breite Einsatzmöglichkeiten.
Erweitert wird dies durch KI-basierte Systeme zur Text-, Ton-, Sprach-, Bild-,
Raum- und Videogenerierung. All dies führt unter anderem zu Anwendungen
der KI-basierten Wahrnehmung, der KI-basierten Benachrichtigung, der KI-
basierten Empfehlung, der KI-basierten Vorhersage, der KI-basierten Vorsorge,
der KI-basierten Entscheidung und der KI-basierten Situationswahrnehmung
in Echtzeit (Etscheid et al., 2020, S. 9–12). Immer leistungsfähigere Hardware,
KISS STUDIE/ FAZIT UND AUSBLICK MIT ÜBERGREIFENDEN PERSPEKTIVEN 44
lernende KI-Algorithmen, ausreichend große Datenmengen, offene Standards
und offene Schnittstellen tragen dazu bei, dass Einsatzmöglichkeiten und KI-
basierte Anwendungen in den kommenden Jahren weiter ausreifen und so auch
im öffentlichen Sektor an Bedeutung gewinnen.
Wegen ihrer besonderen Position im Gemeinwesen dürfen der Staat, die Ver-
waltung und öffentliche Unternehmen aus vielerlei Gründen aber nicht alles
nutzen und einsetzen, was technisch möglich wäre. Sie müssen dies stets im
Kontext und im Einklang mit den rechtlichen und ethischen Vorgaben tun. Auf
die rechtlichen Vorgaben wurde bereits eingegangen. Im Hinblick auf Ethik und
Moral sind durch künstliche Intelligenz einige Paradigmenwechsel für Wirtschaft,
Zivilgesellschaft und öffentlichen Sektor zu erwarten. Bestehende Werte- und
Entscheidungsstrukturen verändern sich, werden teilweise sogar in Frage gestellt,
etwa das Macht- und Informationsgefälle zwischen Verwaltungsmitarbeitenden
und Bürgern, Prozesse der Entscheidung und Entscheidungsspielräume.
In den vergangenen Jahren lässt sich rechtlich betrachtet das Überschreiten eines
schmalen Grats im Umgang mit KI beobachten. Wurden KI-basierte Systeme bisher
im öffentlichen Sektor nur zur Entscheidungsunterstützung eingesetzt, womit
eine Entscheidung letztendlich bei einem menschlichen Entscheider verblieb, so
orientiert sich das Verwaltungsrecht zunehmend an dem Ideal, dass Entscheidun-
gen durch eine KI oder andere algorithmische Systeme autonom vorgenommen
werden, ohne dass noch ein Mensch in die Entscheidung einzubinden sei. Tech-
nisch betrachtet handelt es sich um den Übergang vom entscheidungsunterstüt-
zenden System zum entscheidenden System. Der Mensch wird so immer stärker
aus Entscheidungsprozessen genommen.
Der deutsche Gesetzgeber einigte sich 2017 diesbezüglich mit §35a VwVfG auf
einen Kompromiss: „Ein Verwaltungsakt kann vollständig durch automatische
Einrichtungen erlassen werden, sofern dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist
„Im Hinblick auf Ethik und Moral sind durch
künstliche Intelligenz einige Paradigmenwechsel
für Wirtschaft, Zivilgesellschaft und öffentlichen
Sektor zu erwarten.“
KISS STUDIE 45/ FAZIT UND AUSBLICK MIT ÜBERGREIFENDEN PERSPEKTIVEN
und weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum besteht.“ Diese Rege-
lung schafft Sicherheit für regelbasierte Systeme ohne Ermessensspielräume und
setzt für jedes neue Verfahren auf eine gesetzliche Grundlage und eine parla-
mentarische Debatte. Informatiker werden jedoch rasch versuchen, mit KI kom-
plexe Ermessens- und Beurteilungsspielräume zu visualisieren und so greifbar,
beurteilbar und nutzbar zu machen. Damit bewegt man sich hier rasch in einem
echten „Neuland“. Noch ist faktisch aber nicht alles geregelt.
Ethikkonzepte können Beiträge dazu leisten, dass sich Handelnde in der öffent-
lichen Verwaltung selbstverpichtend einen ethischen Rahmen für ihr Handeln
setzen, um mit dessen Unterstützung präventiv den Problemen und Folgen eines
möglicherweise unethischen Verwaltungshandelns entgegenzuwirken. So emp-
ehlt sich eine frühzeitige Auseinandersetzung mit ethischen Fragestellungen bei
der Datenerhebung, -verarbeitung und -übertragung. Die britische Regierung
(UK Government, 2020) und das britische Open Data Institute (Broad et al., 2017)
haben deswegen Datenethikkonzepte erarbeitet. Für die Stadt Ulm war ein solches
Konzept ein ganz wesentlicher Meilenstein zu Beginn ihrer Smart City-Aktivitäten
(Stadt Ulm, 2020).
Ethikkonzepte und Datenethikkonzepte sollten ethische Leitlinien für die Kon-
zeption, Programmierung und den Betrieb sowie für die Nutzung von Daten,
Anwendungen und IT-Systemen durch Staat und Verwaltung beinhalten. Diese
Konzepte setzen ethische Grundsätze und Werteversprechen der Verwaltung für
den Umgang mit öffentlichen Daten. Damit wird das Ziel verfolgt, die Digitalisie-
rung gebrauchstauglich zur Stärkung des Gemeinwohls zu nutzen. Negative Aus-
wüchse gilt es also durch ethische Leitlinien zu verhindern. Ein Datenethikkonzept
allein ist aber kein Garant für gemeinwohlorientiertes Handeln, den Einbezug und
den Schutz vulnerabler Gruppen. Es kann lediglich Leitlinie und Grundsatz für den
weiteren Umgang sein und bedarf durchaus ständiger Reexion aller Beteiligten
und ihrer Ziele (Stadt Ulm, 2020; von Lucke et al., 2021).
„Ein Verwaltungsakt kann vollständig durch
automatische Einrichtungen erlassen werden,
sofern dies durch Rechtsvorschrift zugelassen
ist und weder ein Ermessen noch ein Beurtei-
lungsspielraum besteht.“
KISS STUDIE 46/ FAZIT UND AUSBLICK MIT ÜBERGREIFENDEN PERSPEKTIVEN
Für Deutschland wurden mit dem Gutachten der Datenethikkommission (2019)
wertvolle Impulse gesetzt. Diese umfassen allgemeine ethische und rechtliche
Grundsätze und Prinzipien sowie Anforderungen an den Umgang mit Daten und
mit algorithmischen Systemen. Ein Blick in die Schweiz führt zu einer 2021 ver-
öffentlichen Publikation des Kantons Zürich und der Universität Basel. In einer
Vorstudie zum ethisch vertretbaren Einsatz von KI in der Verwaltung haben die
Autoren sieben Grundsätze zusammengetragen, die eine gute Grundlage liefern,
um ein legitimes Verhalten einer KI zu sichern. Dazu zählen (Braun Binder et al.,
2021, S. 65–74):
/ / Die Schadensvermeidung, demnach KI-Systeme niemandem
einen Schaden zufügen dürfen.
/ / Das ethische Ziel von Gerechtigkeit und Fairness umfasst
die Wahrung ethischer Werte.
/ / Die Förderung von Autonomie bedeutet, dass einzelne Entscheidungen
über ihr Leben treffen können, die ihre eigenen sind und die ihnen
nicht von anderen auferlegt oder von anderen manipuliert werden.
/ / Mit Benezienz soll sichergestellt werden, dass KI-Systeme
Vorteile bringen.
/ / Mit Kontrolle soll erreicht werden, dass KI-Systeme kontrolliert
werden können.
/ / Transparenz fördert die Rechenschaftspicht und macht
Entscheidungen nachvollziehbar.
/ / Die Rechenschaftspicht sorgt dafür, dass Verantwortlichkeiten
klar erkannt werden können.
Für öffentliche Organisationen lässt sich klar erkennen, dass Ethikkonzepte sowie
der Bedarf an ethischen Vorgaben bereits Einzug in die Verwaltungspraxis gefun-
den haben. Die sieben Grundsätze liefern wesentliche Grundlagen für Behörden
und Unternehmen, die mit neuen Technologien wie etwa KI experimentieren
und sich damit in rechtlich noch nicht umfassend geregelte Bereiche begeben.
Aus ihnen lassen sich auch Empfehlungen zum ethischen Einsatz von KI in der
Personalgewinnung öffentlicher Arbeitgeber ableiten, die die vorhandenen Ethik-
Richtlinien zum Einsatz von KI in Unternehmen durchaus noch einmal ergänzen
und erweitern.
KISS STUDIE/ FAZIT UND AUSBLICK MIT ÜBERGREIFENDEN PERSPEKTIVEN 47
Glossar
10 Siehe ausführlich „Was ist ein Algorithmus“: https://algorithmwatch.org/de/arbeitspapier-was-ist-ein-algorithmus/, aufgerufen am 21.4.2022.
11 Siehe ausführlich z. B. das Glossar Bibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin: https://www.ub.hu-berlin.de/de/bibliotheksglossar/
boolescher-operator, aufgerufen am 21.4.2022.
Algorithmus:
Der Begriff beschreibt eine Handlungsanweisung zur
Lösung eines Problems. Es handelt sich um “eine
evidenzbasierte Vorhersageformel oder -regel. Der
Begriff umfasst also statistische Modelle, Entschei
-
dungsregeln und andere technischen Verfahren, die
für Prognosen verwendet werden können.” (Diet-
vorst et al., 2015, S. 114).10
Algorithmus-Aversion bzw. -Attraktion:
Algorithmus-Aversion beschreibt das Phänomen,
das “obwohl evidenzbasierte Algorithmen durch-
weg besser abschneiden als menschliche Prognosen,
Menschen sie oft nicht mehr nutzen, nachdem sie
erfahren haben, dass sie nicht perfekt sind” (Diet-
vorst et al., 2018, S. 1155). Auf der anderen Seite gibt
es Studien, die auch eine Attraktion bzw. Wertschät-
zung für Algorithmen nden („Algorithm Apprecia-
tion“). Diese Algorithmus-Attraktion beschreibt die
Situation, dass Laien eher einem Rat folgen, der von
einem Algorithmus stammt, als wenn derselbe Rat
von einem Menschen kommt. Dies lässt sich z. B.
bei numerischen Schätzfragen oder Vorhersagen
über die Beliebtheit von Liedern oder zur romanti
-
schen Attraktivität einer Person feststellen (Logg et
al., 2019).
Aktiver und passiver Bewerbungsmarkt:
Der aktive Bewerbungsmarkt beschreibt den Anteil
an Menschen, die aktuell auf Stellensuche sind.
Unter dem passiven Bewerbungsmarkt können die-
jenigen Personen verstanden werden, die aktuell
nicht aktiv auf Stellensuche sind (z. B. auf einer
Online-Stellenbörse), allerdings eine geringe Bin-
dung zu ihrem aktuellen Arbeitgeber haben und zu
einem Wechsel des Arbeitgebers bereit sind (Kep-
peler & Papenfuß, 2020).
Arbeitgeberattraktivität:
Der Begriff spiegelt sich in der Wahrnehmung bzw.
in Emotionen, Gedanken und im Verhalten von
potenziellen Bewerbenden oder aktuellen Beschäf-
tigten hinsichtlich des Arbeitgebers wider (Bruch et
al., 2015; Highhouse et al., 2003). Inwieweit Per-
sonen einen Arbeitgeber als attraktiv wahrnehmen,
hängt nach der wissenschaftlichen Literatur neben
weiteren Faktoren (z. B. Prestige der Organisation)
insbesondere von der Arbeitgeberattraktivität ab. Die
Wahrnehmung von Arbeitgeberattraktivitätsfakto-
ren durch die potenziellen Bewerbenden ist zentral
für das Interesse an einer Beschäftigung bei einem
Arbeitgeber (Schmidt et al., 2015). Um die Arbeit-
geberattraktivität eines Arbeitgebers zu steigern,
kommt es nicht nur auf das faktische Vorhandensein
von Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren, sondern auch
auf deren Wahrnehmung durch die adressierten Ziel-
gruppen an.
Arbeitgebermarkenbildung/Employer Branding:
Der Begriff wird deniert als Ansatz der Personalge-
winnung und -bindung, intern und extern eine klare
Wahrnehmung zu fördern, was einen Arbeitgeber
einzigartig attraktiv macht (Keppeler & Papenfuß,
2021; Theurer et al., 2018; Weske et al., 2020).
Boolescher Suchoperator: Diese Ausdrücke ermög-
lichen die logische Verknüpfung von Begriffen für
Wahrheitstests, z. B. die Operatoren „UND“, „ODER“
bzw. „NICHT“ für eine Online-Suche oder eine
Datenbankrecherche.11
Direktansprache/Active Sourcing:
Mit dem Begriff wird eine arbeitgeber-getriebene
Form der Personalgewinnung bezeichnet, bei der
Arbeitgeber nach Talenten zu suchen, häug über
eine datenbankgestützte Online-Suche, und dann
Talente unmittelbar oder über Dritte kontaktiert wer-
den um sie anzuwerben (Black et al., 2020).
Diskriminierung (implizit/explizit/statistisch):
Diskriminierung bedeutet, dass Personen aufgrund
ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe
eine unterschiedliche Behandlung erfahren, häug
KISS STUDIE 48/ GLOSSAR
zu deren Nachteil. Das Allgemeine Gleichbehand-
lungsgesetz formuliert dazu: „Ziel des Gesetzes ist,
Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder
wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der
Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung,
des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern
oder zu beseitigen.“12 Es können u. a. drei Arten von
Diskriminierung unterschieden werden: implizite
(unbewusste) Diskriminierung, explizite (offene) Dis-
kriminierung und statistische (rational-strategische)
Diskriminierung (Jilke et al., 2018, S. 425). Implizite
Diskriminierung beschreibt, dass diskriminierende
Praktiken das Ergebnis von unbewussten Einstellun-
gen und Stereotypen gegenüber einer bestimmten
Gruppe sind, die als nicht zur eigenen Gruppe zuge-
hörig wahrgenommen werden. Das geschieht unbe-
absichtigt und außerhalb des Bewusstseins der dis-
kriminierenden Person (Bertrand et al., 2005). Expli-
zite Diskriminierung wird in der Literatur häug auf
die Abneigung der Einzelperson gegenüber Mitglie-
dern von anderen Gruppen zurückgeführt. Dies führt
dazu, dass die Person Interaktion mit denjenigen
vermeidet, gegen die sie eine Abneigung hegt – auch
wenn dies mit gewissen Kosten verbunden ist (Baert,
2018; Becker, 2010). Statistische Diskriminierung ist
das Ergebnis rational-strategischer Überlegungen
auf der Grundlage aggregierter Gruppenmerkmale.
Diese Merkmale werden verwendet, um Personen
aus diesen Gruppen stereotypisch einzuordnen. Das
ist z. B. der Fall, wenn aus Merkmalen wie Geschlecht
oder ethnischer Herkunft auf Arbeitsmotivation oder
Leistung stereotypisch geschlossen wird, weil dies
aus z. B. einem Lebenslauf nicht eindeutig zu ent-
nehmen ist (Altonji & Pierret, 2001).
Feldexperiment:
Das Feldexperiment ist eine wissenschaftliche
Methode. Experimente sind idealtypisch so aufge-
baut: Es gibt eine Versuchsgruppe, die einer Inter-
vention unterzogen wird und eine Kontrollgruppe,
die keiner Intervention unterzogen wird. Die Zuord-
nung zu beiden Gruppen erfolgt randomisiert, das
heißt auf Zufallsbasis. Der Effekt der Intervention
wird dann z. B. durch den Unterschied zwischen den
Mittelwerten der Versuchs- und der Kontrollgruppe
12 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 3. April 2013
(BGBl. I S. 610) geändert worden ist.
gemessen. Experimente werden als Feldexperimente
bezeichnet, wenn das oben genannte Vorgehen
innerhalb des natürlichen Kontexts erfolgt, zum
Beispiel innerhalb einer Organisation (Haas et al.,
2022; Hauser et al., 2017).
Heuristik und Verzerrung (Bias):
Diesen beiden Begriffen aus der Psychologie liegt die
Annahme zugrunde, dass die begrenzten kogniti-
ven Kapazitäten von Menschen sie dazu veranlassen,
Heuristiken (sozusagen Faustregeln) zu verwenden,
und dass dies zu Verzerrungen, z. B. systematischen
Abweichungen von Logik- und Wahrscheinlichkeits-
theorien führen kann (Bias). So kann es teilweise
zu Entscheidungen kommen, die nicht optimal oder
effektiv sind. Eine Heuristik kann als Kompromiss
zwischen Aufwand und Genauigkeit beschrieben
werden, mit begrenztem Wissen und begrenzter Zeit
werden wahrscheinliche Aussagen oder praktikable
Lösungsansätze auf Kosten der Genauigkeit erzielt
(Luan et al., 2019; Simon, 1978).
Künstliche Intelligenz/KI-Anwendungen:
Der Begriff künstliche Intelligenz ist noch nicht allge-
mein anerkannt deniert (Etscheid et al., 2020). Die
KISS-Studie nutzt eine Denition aus der Manage-
mentforschung. Hier werden KI-Anwendungen
beschrieben “als eine neue Generation von Tech-
nologien, die in der Lage sind, mit der Umwelt zu
interagieren, indem sie (a) Informationen von außen
(z. B. aus der Sprache) oder von anderen Computer-
systemen sammeln; (b) diese Informationen inter-
pretieren, Muster erkennen, Regeln aufstellen oder
Ereignisse vorhersagen; (c) Ergebnisse erzeugen, Fra-
gen beantworten oder anderen Systemen Anweisun-
gen geben; und (d) die Ergebnisse ihrer Handlungen
bewerten und ihre Entscheidungssysteme verbes-
sern, um bestimmte Ziele zu erreichen” (Glikson &
Woolley, 2020, S. 631).
Öffentliche Arbeitgeber:
Darunter werden Arbeitgeber (Verwaltungen und
Unternehmen) aus dem öffentlichen Sektor verstan-
den. Dazu zählen alle Gebietskörperschaften (Bund,
Länder, Kommunen) zusammen mit den Parasci
KISS STUDIE 49/ GLOSSAR
(z. B. Sozialversicherung) und öffentliche Unterneh-
men (OECD, 2015; Papenfuß & Keppeler, 2018a). Als
öffentliche Unternehmen werden unmittelbar oder
mittelbar von einer Gebietskörperschaft oder meh-
reren Gebietskörperschaften beherrschte Unterneh-
men, entweder durch Mehrheitseigentümerschaft
oder durch anderweitige Ausübung eines gleich-
wertigen Einussgrades, bezeichnet (Expertenkom-
mission D-PCGM, 2022).
Personalgewinnung:
Unter Personalgewinnung (teilweise auch als Rec-
ruiting oder Personalbeschaffung bezeichnet) fasst
die einschlägige Literatur „alle diejenigen Aktivitäten
[…], die der bedarfsgerechten Gewinnung von Mit-
arbeitern dienen“ (Holtbrügge, 2018, S. 114). Perso-
nalgewinnung verfolgt drei Ziele: Sie informiert an
einer Bewerbung interessierte Personen über den
Arbeitgeber und die zu besetzende Stelle (Informa-
tionsfunktion). Weiterhin soll sie eine ausreichende
Zahl von Personen zu einer Bewerbung veranlassen
(Aktionsfunktion). Idealerweise verfügen diese Per-
sonen auch noch über die erforderliche Qualikation
und Motivation zur Ausübung der zu besetzenden
Stelle (Selektionsfunktion) (Holtbrügge, 2018).
Social Media Job-Plattform:
Hierunter fallen digitale Plattformen wie LinkedIn
oder Xing, die als soziales Netzwerk allen Personen,
die die Plattform nutzen, den Austausch von Inhal-
ten und Kommunikation ermöglichen und einen
Fokus auf den beruichen Kontext legen.
KISS STUDIE 50/ GLOSSAR
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18.1541830
KISS STUDIE 55/ LITERATURVERZEICHNIS
Danksagung:
Das KISS-Forschungsprojekt wird vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU)-
Landesgruppe Baden-Württemberg und dem VKU-Bundesverband unterstützt,
zusammen mit den Stadtwerken Heidelberg GmbH, den Stadtwerken Neumün-
ster GmbH und der Stromnetz Hamburg GmbH. Ein besonderer Dank gilt allen
Förderern sowie deren Verantwortlichen, insbesondere Matthias Straub, Anita
Eckhard-Rittner und Andrea Balogh, für die Unterstützung des KISS-Forschungs-
projekts sowie Johanna Kaffanke für die exzellente studentische Mitarbeit im
Forschungsprojekt.
Autor und Autorin:
Dr. Florian Keppeler
Jana Borchert
Mit Beiträgen von:
Prof. Dr. Georg Jochum, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Steuer- & Europarecht
und Recht der Regulierung
Prof. Dr. Ulf Papenfuß, Lehrstuhl für Public Management & Public Policy
Prof. Dr. Jörn von Lucke, Lehrstuhl für Verwaltungs- und Wirtschaftsinformatik
(alle Zeppelin Universität Friedrichshafen)
Bitte zitieren als:
Keppeler/Borchert (2022): Erfolgsfaktoren für die KI-gestützte Personalgewinnung
von Fach- und Führungskräften bei öffentlichen Arbeitgebern (KISS-Studie Kurz-
fassung), herausgegeben vom Lehrstuhl für Public Management & Public Policy,
Zeppelin Universität und dem Verband kommunaler Unternehmen, Landesgruppe
Baden-Württemberg, Friedrichshafen.
KISS STUDIE 56
IMPRESSUM
Herausgeber
Verband kommunaler Unternehmen e. V.
Landesgruppe Baden-Württemberg
Königstraße 4, 70173 Stuttgart
Fon +49 0711 229317-70
www.vku.de, lg-bw@vku.de
Zeppelin Universität
Lehrstuhl für Public Management &
Public Policy
Am Seemooser Horn 20
88045 Friedrichshafen
puma.zu.de, puma@zu.de
Kontakt
Assistant Professor Dr. Florian Keppeler
Zeppelin Universität Friedrichshafen /
Aarhus Universität (Dänemark)
Lehrstuhl für Public Management &
Public Policy / Crown Prince Frederik Center
for Public Leadership
orian@ps.au.dk
puma.zu.de | col.au.dk
Gestaltung und Realisation
VKU Verlag GmbH | Corporate Media
Fon +49 30 58580-220
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KISS STUDIE 57
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Article
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New algorithms based on Artificial Intelligence are slowly transforming street‐level bureaucracies, yet a lack of algorithmic transparency may jeopardize citizen trust. Based on procedural fairness theory, this article posits that two core elements of algorithmic transparency (accessibility and explainability) are crucial to strengthen perceived trustworthiness of street‐level decision‐making. This is tested in one experimental scenario with low discretion (a denied visa application) and one scenario with high discretion (a suspicion of welfare fraud). The results show that: (1) explainability has a more pronounced effect on trust than accessibility of the algorithm; (2) the effect algorithmic transparency not only pertains to trust in the algorithm itself but also – partially – to trust in the human decision‐maker; (3) the effects of algorithmic transparency are not robust across decision context. These findings imply that transparency‐as‐accessibility is insufficient to foster citizen trust. Algorithmic explainability must be addressed to maintain and foster trustworthiness algorithmic decision‐making. This article is protected by copyright. All rights reserved.
Article
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Artificial intelligence (AI) is widely heralded as a new and revolutionary technology that will transform the world of work. While the impact of AI on human resource (HR) and people management is difficult to predict, the article considers potential scenarios for how AI will affect our field. We argue that although popular accounts of AI stress the risks of bias and unfairness, these problems are eminently solvable. However, the way that the AI industry is currently constituted and wider trends in the use of technology for organising work mean that there is a significant risk that AI use will degrade the quality of work. Viewing different scenarios through a paradox lens, we argue that both positive and negative visions of the future are likely to coexist. The HR profession has a degree of agency to shape the future if it chooses to use it; HR professionals need to develop the skills to ensure that ethics and fairness are at the centre of AI development for HR and people management.
Article
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Companies are increasingly using artificial intelligence (AI) to provide performance feedback to employees, by tracking employee behavior at work, automating performance evaluations, and recommending job improvements. However, this application of AI has provoked much debate. On the one hand, powerful AI data analytics increase the quality of feedback, which may enhance employee productivity (“deployment effect”). On the other hand, employees may develop a negative perception of AI feedback once it is disclosed to them, thus harming their productivity (“disclosure effect”). We examine these two effects theoretically and test them empirically using data from a field experiment. We find strong evidence that both effects coexist, and that the adverse disclosure effect is mitigated by employees’ tenure in the firm. These findings offer pivotal implications for management theory, practice, and public policies. Managerial abstract Artificial Intelligence (AI) technologies are bound to transform how companies manage employees. We examine the use of AI to generate performance feedback for employees. We demonstrate that AI significantly increases the accuracy and consistency of the analyses of information collected, and the relevance of feedback to each employee. These advantages of AI help employees achieve greater job performance at scale, and thus create value for companies. However, our study also alerts companies to the negative effect of disclosing using AI to employee that results from employees’ negative perceptions about the deployment of AI, which offsets the business value created by AI. To alleviate value-destroying disclosure effect, we suggest that companies be more proactive in communicating with their employees about the objectives, benefits, and scope of AI applications in order to assuage their concerns. Moreover, the result of the allayed negative AI disclosure effect among employees with a longer tenure in the company suggests that companies may consider deploying AI in a tiered instead of a uniform fashion, i.e., using AI to provide performance feedback to veteran employees but using human managers to provide performance feedback to novices.
Article
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Women (compared to men) and individuals from minority ethnic groups (compared to the majority group) face unfavourable labour market outcomes in many economies1,2, but the extent to which discrimination is responsible for these effects, and the channels through which they occur, remain unclear3,4. Although correspondence tests⁵—in which researchers send fictitious CVs that are identical except for the randomized minority trait to be tested (for example, names that are deemed to sound ‘Black’ versus those deemed to sound ‘white’)—are an increasingly popular method to quantify discrimination in hiring practices6,7, they can usually consider only a few applicant characteristics in select occupations at a particular point in time. To overcome these limitations, here we develop an approach to investigate hiring discrimination that combines tracking of the search behaviour of recruiters on employment websites and supervised machine learning to control for all relevant jobseeker characteristics that are visible to recruiters. We apply this methodology to the online recruitment platform of the Swiss public employment service and find that rates of contact by recruiters are 4–19% lower for individuals from immigrant and minority ethnic groups, depending on their country of origin, than for citizens from the majority group. Women experience a penalty of 7% in professions that are dominated by men, and the opposite pattern emerges for men in professions that are dominated by women. We find no evidence that recruiters spend less time evaluating the profiles of individuals from minority ethnic groups. Our methodology provides a widely applicable, non-intrusive and cost-efficient tool that researchers and policy-makers can use to continuously monitor hiring discrimination, to identify some of the drivers of discrimination and to inform approaches to counter it.
Article
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Public sector recruitment is an urgent and prevailing challenge in both research and practice. Public employer branding is an important subject in the theoretical debate, but the mechanisms behind how certain signals of public employers affect individuals’ interest in a job are under‐researched. By bridging signaling theory, social identity theory, and personnel economics, this study analyzes the effects of signals in advertisements related to societal impact, job security, and performance orientation on different gender‐/age‐based target groups. This series of pre‐registered social media field experiments (n = 196,822 persons) with four public employers examines the degree to which these signals affect individuals’ interest in a job at a public employer. The results do not show an overall impact of the signals but target group‐specific effects—gender has a significant effect and age for certain public employers. Compared to the societal impact signal, the job security signal has a slightly stronger effect.
Article
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Artificial intelligence algorithms govern in subtle, yet fundamental ways, the way we live and are transforming our societies. The promise of efficient, low‐cost or ‘neutral’ solutions harnessing the potential of big data has led public bodies to adopt algorithmic systems in the provision of public services. As AI algorithms have permeated high‐stakes aspects of our public existence – from hiring and education decisions, to the governmental use of enforcement powers (policing) or liberty‐restricting decisions (bail and sentencing), this necessarily raises important accountability questions: What accountability challenges do AI algorithmic systems bring with them, and how can we safeguard accountability in algorithmic decision‐making? Drawing on a decidedly public administration perspective, and given the current challenges that have thus far become manifest in the field, we critically reflect on and map out in a conceptually‐guided manner, the implications of these systems, and the limitations they pose, for public accountability. This article is protected by copyright. All rights reserved.
Article
Computational algorithms and automated decision making systems that include them offer potential to improve public policy and organizations. But computational algorithms based on biased data encode those biases into algorithms, models and their outputs. Systemic racism is institutionalized bias with respect to race, ethnicity and related attributes. Such bias is located in data that encode the results and outputs of decisions that have been discriminatory, in procedures and processes that may intentionally or unintentionally disadvantage people based on race, and in policies that may discriminate by race. Computational algorithms may exacerbate systemic racism if they are not designed, developed, and used–that is, enacted–with attention to identifying and remedying bias specific to race. Advancing social equity in digital governance requires systematic, ongoing efforts to assure that automated decision making systems, and their enactment in complex public organizational arrangements, are free from bias.
Article
This is a personal account of the stages through which my thinking and my research career unfolded, beginning with student socialization into questionnaire-based survey research, through originating implicit leadership theory, to initiating “respite research” to study the effects of stress on strain without causal ambiguity, and finally to my adoption of field experimentation as the most internally and externally valid research method. It was a journey of breaking free of popular survey research methods and embracing causally unambiguous experimentation. It struck home for many, inasmuch as almost all the articles that my students and colleagues and I submitted reporting randomized field experiments were accepted for publication in top-tier journals. I describe my transition from survey research to field experimentation as it unfolded, provide successive examples of field experiments, and press home the major lesson: field experiments are doable, replicatable, and causally unambiguous. Moreover, they provide actionable cause-and-effect results that can propel our science forward and put useful tools into the hands of practitioners.