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Ralf Bohnsack, Andreas Bonnet
und Uwe Hericks
Praxeologisch-wissenssoziologische
Professionsforschung. Rahmung und Erträge
einer feldübergreifenden Perspektive
Abstract
Die in diesem Beitrag erönete Perspektive auf Professionalität bringt empirische
Analysen aus den unterschiedlichen Handlungsfeldern Schule, Frühpädagogik
und Soziale Arbeit miteinander ins Gespräch. In modernen Gesellschaften steht
professionelles Handeln zunehmend vor dem Problem, die bestehende Spannung
zwischen der interaktiven Praxis mit der Klientel sowie organisationalen (und
gesellschaftlichen) Normen zu bewältigen. Die Bearbeitung dieser Spannung im
Sinne einer konstituierenden Rahmung ist Grundlage für die Beurteilung einer
beruichen Praxis als professionalisiert. In einem weiteren Schritt zielen unsere
Analysen auf den systematischen Vergleich unterschiedlicher beruicher Praxen
anhand der in ihnen implizierten (diskurs-)ethischen Prinzipien (wie bspw. Macht
und Willkür). Diese Dierenzierung betrit zentral auch den Sachbezug und
stellt die Grundlage einer normativen Bewertung dieser Praxen dar. Der Beitrag
diskutiert Gemeinsamkeiten und Unterschiede der drei Handlungsfelder in Bezug
auf ihre jeweilige Organisationsstruktur, implizite (diskurs-)ethische Prinzipien,
die Anforderungen an Fachlichkeit sowie auf normative Erwartungen.
Schlagworte
Praxeologisch-wissenssoziologische Professionsforschung, konstituierende Rah-
mung, Diskursethik, Habitus und Norm, konjunktiver Erfahrungsraum
Moderne bzw. postmoderne Gesellschaften, die in hohem Maße arbeitsteilig und
wissensbasiert organisiert sind, bestehen aus zahlreichen Teilsystemen, in denen
beträchtliches inhaltliches und interaktionales Spezialwissen notwendig ist, um
sich darin erfolgreich zu bewegen. Der Erwerb dieses Wissens erfordert eine lange
und spezialisierte Ausbildung (in der Regel ein Studium) und Praxiserfahrung
im jeweiligen Bereich. Eine der zentralen Anforderungen an das professionelle
Handeln stellt ihr Umgang mit Ungewissheit und Risiko dar (Evetts 2003, 397)
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Ralf Bohnsack, Andreas Bonnet und Uwe Hericks
– gemeint sind sowohl Ungewissheits- und Risikolagen auf Seiten der Klientel
als auch und damit zusammenhängend diejenigen der beruichen Akteur:innen
selbst. Je komplexer und arbeitsteiliger Gesellschaften werden und je mehr das
Wissen in bestimmten Bereichen wächst, umso bedeutsamer wird der Umgang
mit Ungewissheit in ihren verschiedenen Erscheinungsweisen (vgl. z. B. Bonnet,
Paseka & Proske 2021), die von Kontingenz auf der einen bis zum Umgang
mit (existenziellen) Risiken auf der anderen Seite reichen. Sowohl in Bezug auf
Professionalität im Allgemeinen (Evetts 2003) als auch in Bezug auf bestimmte
Handlungsfelder (Helsper 2008) gehört daher der Umgang mit Ungewissheit
zur Kernaufgabe von Professionellen. Dass sich in dieser Hinsicht auch Überein-
stimmungen mit der praxeologisch-wissenssoziologischen Professionsforschung
zeigen, darauf werden wir in Abschnitt 4 eingehen.
Im Zentrum der Professionsforschung steht das Begrispaar Professionalisiertheit
und Professionalisierung. Während Professionalisiertheit nach den Kennzeichen
und Bedingungen professionellen Handelns fragt, wird mit dem Begri der Pro-
fessionalisierung eine Prozessperspektive eingenommen und nach der longitu-
dinalen, das heißt einerseits der biographischen und gesellschaftlichen wie auch
andererseits der jeweils interaktiven Entwicklung von Professionalisiertheit in den
Blick genommen. Beide resp. alle drei Perspektiven sind in diesem Band vertre-
ten, wenngleich der Begri der Professionalisiertheit eindeutig im Zentrum der
verschiedenen Beiträge steht.
Der vorliegende Band ist auf der Grundlage mehrjähriger Diskussionen der He-
rausgeber untereinander und mit den Autor:innen entstanden. In diesen Diskus-
sionen stand vor allem die Frage im Zentrum, ob und wie es gelingen kann, eine
Perspektive auf Professionalität zu entwickeln, welche Vertreter:innen unterschied-
licher organisationaler Handlungsfelder ins Gespräch miteinander zu bringen
vermag. Dabei sind solche Handlungs- oder Praxisfelder gemeint, die als pädago-
gische oder – weiter gefasst – als people processing zu bezeichnen sind, das heißt,
in denen über Identität und Biograe der Klientel (mit-)entschieden wird. Im
Zentrum des Bandes stehen die Praxen im Bereich von Schule, frühkindlicher Bil-
dung und Sozialer Arbeit. Die Diskurse um Professionalisierung nden in diesen
Feldern immer noch weitgehend unabhängig voneinander statt, selten in Form
von Verknüpfungen oder Verbindungen über deren Grenzen hinweg. Herausge-
ber und Autor:innen – allesamt ausgewiesene empirische Forscher:innen aus ihren
Bereichen – sind der Überzeugung, dass es an der Zeit ist, derartige übergreifende
oder transdisziplinäre Gespräche zu führen und Möglichkeiten zu schaen, von-
einander zu lernen. Genau das haben wir während der Entstehung dieses Bandes
getan, und wir hoen, dass der Dialog zwischen den drei Handlungsfeldern sich
in der Zukunft weiter intensivieren wird.
Praxeologisch-wissenssoziologische Professionsforschung
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1 Die Begrie Professionalität und Professionalisierung
Der Begri der ‚Professionalität‘ bezeichnet alltagssprachlich einen bestimmten
Grad beruicher Könnerschaft. In diesem Sinne nehmen wir etwa die Dienste ei-
nes ‚professionellen Handwerkers‘ in Anspruch. Der Begri hat damit in unserem
alltäglichen Sprechen immer schon eine normative Perspektive, und wir meinen
im Alltag auch, über eindeutige Kriterien zu verfügen, um ein derartiges Wertur-
teil fällen zu können. So lässt sich etwa über die Funktionalität eines Elektrogerä-
tes, die Glätte einer verputzten Wand oder die Schimmelfreiheit einer Silikonfuge
relativ eindeutig Einvernehmen herstellen. In den in diesem Band behandelten
Arbeitsfeldern sieht das allerdings anders aus. Die Zielstellungen von people pro-
cessing organizations sind komplex und kontingent, und sie gehen auch zumeist
nicht glatt ineinander auf. So erzeugen etwa die gesellschaftlichen Funktionen
der Enkulturation und Allokation des Handlungsfeldes Schule auf der Mikroebene
des Unterrichts widersprüchliche Handlungsanforderungen. Im Handlungsfeld
Soziale Arbeit stehen die Zielperspektiven der Veränderung und Erweiterung per-
sönlicher Handlungsspielräume und der gesamtgesellschaftlichen Veränderung
in einem Spannungsverhältnis. In der Frühpädagogik müssen die Mandate der
Beziehungsgestaltung, der Erziehung bzw. sozialisatorischen Interaktion und der
fach- bzw. sachbezogenen Bildungsarbeit in Einklang gebracht werden.
Auch innerhalb der einzelnen Funktionen sind wechselseitig widersprüchliche
Ausgestaltungen möglich. So steht die Bewertung von Lernenden im Rahmen
einer individuellen Norm ihrem verobjektivierenden Vergleich im Rahmen einer
sozialen Norm entgegen. Diese miteinander zu relationierenden widersprüchli-
chen Handlungsimperative hat die strukturtheoretische Professionsforschung
umfassend mit dem Konzept der antinomischen Struktur des Handlungsfeldes
Schule herausgearbeitet (vgl. Helsper 1996; 2001; 2021). Ähnliches gilt auch für
Kindertageseinrichtungen, in denen der didaktisierte Aufbau domänenspezi-
scher, z. B. naturwissenschaftlicher, Kompetenzen und die Begleitung von Selbst-
bildungsprozessen der Kinder immer wieder in einen Widerspruch zueinander zu
geraten scheinen. In der Sozialen Arbeit erweist sich die zu bearbeitende Fallkon-
stellation als vielschichtig im Hinblick auf Adressierungen und Adressat:innen
von Hilfe und Unterstützung (vgl. Kubisch & Franz in diesem Band). Welche
Normen in people processing organizations daher einen berechtigten Geltungsan-
spruch haben, um den Grad der Könnerschaft der darin handelnden Akteure fest-
zustellen, muss argumentativ und in genauer Kenntnis der expliziten normativen
Ansprüche der professionellen Akteur:innen sowie der in ihrer Praxis implizierten
ethischen Prinzipien geklärt werden.
Die Autor:innen dieses Bandes sind sich einig, dass die empirische Rekonstruk-
tion professioneller Praxis und deren normative Beurteilung sorgfältig getrennt
voneinander erfolgen sollten. Wir machen dies terminologisch sichtbar, indem
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wir in den grundlegenden Texten anstelle von ‚Professionalität‘ in der Regel von
‚Professionalisiertheit‘ sprechen, um einen bestimmten Typus des beruichen
Handelns zu charakterisieren. Der Begri des professionalisierten Handelns (und
ebenso der professionalisierten Praxis, des professionalisierten Habitus oder des
professionalisierten Milieus) hebt sich damit deutlich vom common sense ab und
verweist sowohl auf einen zurückliegenden Prozess als auch auf ein bestimmtes
Handlungsfeld (mit typischen Handlungsproblemen), in dem sich darauf bezoge-
ne Handlungsdispositionen herausbilden. Der Begri Professionalisiertheit betont
damit den rekonstruktiven und beschreibenden Charakter der praxeologisch-
wissenssoziologischen eoriebildung. Darüber hinaus beschreibt Professionali-
siertheit nicht die Eigenschaft einer einzelnen Person, sondern ist immer auf das
Kollektiv aus Professionellem und Klientel, z. B. auf das Kollektiv aus frühpäda-
gogischer Fachkraft und Kindergruppe, bezogen.
2 Gemeinsamkeiten und Unterschiede der drei
Handlungsfelder in Bezug auf die Organisations- und
Interaktionsstruktur
Im Zentrum der eoriebildung steht der Begri der konstituierenden Rahmung,
der sich auf das handelnde Kollektiv bezieht und beschreibt, nach welchen Prinzi-
pien (also z. B. interaktionalen Regeln, impliziten Werthaltungen, alltagstheoreti-
schen Annahmen) sich dessen kollektive Sinnkonstruktion vollzieht. Zur theore-
tischen Konzeptualisierung dieser in empirischen Rekonstruktionen gewonnenen
Kategorie (vgl. Bohnsack 2017; 2020; sowie Bohnsack in diesem Band) folgen
wir dem eorieangebot der Praxeologischen Wissenssoziologie. Sie geht im Kern
davon aus, dass menschliches Handeln prinzipiell durch zwei Ebenen des Wissens
strukturiert ist, nämlich durch eine performative und eine imaginativ-normative.
Die beiden Ebenen lassen sich schlagwortartig auch als diejenigen von Habitus
und sozialer Norm beschreiben, wenngleich die Unterscheidung zwischen expli-
zitem und implizitem Wissen in derjenigen zwischen Habitus und Norm nicht
glatt aufgeht.
Das Konzept des Habitus wird dabei mit Bezug auf Bourdieu als der modus ope-
randi der Praxis und damit als im Wesentlichen implizites Wissen aufgefasst, als
inkorporiertes oder habitualisiertes Wissen auf der performativen Ebene (vgl.
Bohnsack in diesem Band). Im Gegensatz dazu wird unter einer Norm eine Form
des imaginativen und überwiegend expliziten Wissens verstanden, das sich auf
Handlungserwartungen bezieht, mit denen Menschen in Bezug auf ihre sozialen
Rollen oder Identitätskonstruktionen konfrontiert werden. Die Praxeologische
Wissenssoziologie betont mit Verweis auf Luhmann (1997, 638), dass diese Er-
wartungen „kontrafaktisch“ sind, dass „sie also aufrechterhalten werden, obschon
sie in Diskrepanz zur Handlungspraxis stehen“ (Bohnsack in diesem Band). Wie
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groß diese Diskrepanz in einem gegebenen Kontext tatsächlich ist und auf welche
Weise die Akteure die Doppelstruktur aus Habitus und Norm relationieren, ist
Gegenstand der praxeologisch-wissenssoziologischen Empirie.
Für die Professionstheorie ist entscheidend, dass professionalisiertes Handeln
gegenüber alltäglichem Handeln dadurch in seiner Komplexität gesteigert wird,
dass es sich in Organisationen ereignet. Neben die gesamtgesellschaftlich gülti-
gen Normen, die als explizierbare (unter anderem rechtliche) wie auch als eher
implizite „Identitätsnormen“ (vgl. Goman 1963, 130; sowie auch Bohnsack in
diesem Band) Teil des kommunikativen Wissens der Akteur:innen sind, treten
Normen, die für die jeweilige Organisation als dem Arbeitsort der Professionellen
spezisch sind. Daher muss die Ebene der Norm nicht nur institutionell, sondern
auch organisational gefasst werden. Dies geschieht dadurch, dass in der eorie
zwischen gesellschaftlichen Normen einerseits und organisationalen Normen ande-
rerseits unterschieden wird). Aufgrund der damit in Organisationen notwendigen
zweifachen oder doppelten Relationierung von Habitus und Norm wird in die-
sem Zusammenhang auch von einer „doppelten Doppelstruktur“ (vgl. Bohnsack
in diesem Band) des Handelns gesprochen. Mit dieser Unterscheidung wird ein
Rückbezug auf die eorie Mannheims (1980, 291.) hergestellt, der auch bereits
von einer Doppelstruktur des kommunikativen und des konjunktiven Wissens
spricht. Dies verdeutlicht noch einmal, dass Habitus und Norm zwei unterschied-
lichen Wissensformen angehören und eben deshalb in einer „notorischen Diskre-
panz“ zueinanderstehen (vgl. Bohnsack in diesem Band). Damit ist nicht gesagt,
dass Habitus und wahrgenommene Normen seitens der Akteur:innen nicht in
eine kontinuierliche und routinisierte Praxis münden könnten. Sehr wohl mar-
kiert der Begri aber die prinzipielle Dierenz von Norm und Habitus und mo-
delliert professionalisiertes Handeln als permanente Relationierung der beiden
Seiten, eine Relationierung, die in den Worten der dokumentarischen Methode
empirisch als Orientierungsrahmen im weiteren Sinne bzw. im organisationalen
Kontext als konstituierende Rahmung rekonstruiert werden kann.
Für Mannheim stellt die Doppelstruktur von kommunikativem und konjunkti-
vem Wissen bereits ein mit zunehmender Modernisierung und Rationalisierung
der Gesellschaft sich verschärfendes Phänomen der Ungewissheit im Sinne eines
Verhältnisses der Spannung oder auch „Spaltung“ dar. Mannheim spricht von ei-
ner „Spaltung der Gemeinschaft und des Bewußtseins“ (1980, 285), einer „Dop-
peltheit der Verhaltensweisen in jedem einzelnen, sowohl gegenüber Begrien
als auch Realitäten“ (ebd., 296). Hier zeigen sich gewisse Übereinstimmungen
mit der eingangs skizzierten ematisierung von Phänomenen der Ungewissheit
als Konstituentien des aktuellen Professionalisierungsdiskurses. Die Bewältigung
derartiger Anforderungen von Ungewissheit, die uns in der professionellen Praxis
dann noch einmal verdoppelt oder verschärft begegnen, stehen auch im Zentrum
der praxeologisch-wissenssoziologischen Professionalisierungsforschung.
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Die Autor:innen dieses Bandes gehen somit insgesamt davon aus, dass sich der
Kern des beruichen Handelns in den hier beforschten Feldern Schule, frühkind-
liche Bildung und Soziale Arbeit mit dem Konzept der konstituierenden Rahmung
und damit als eine für das jeweils betrachtete Kollektiv spezische Relationie-
rung von Habitus und Norm beschreiben lässt. In Bezug auf die Handlungsfelder
Schule und KITA sind die relevanten Kollektive oder „konjunktiven Erfahrungs-
räume“ (vgl. Bohnsack 2017, Kap. 4) durchaus überschaubar und analog zueinan-
der strukturiert. Auf der einen Seite müssen jene konjunktiven Erfahrungsräume
betrachtet werden, in denen die Professionellen eine spezische Handlungspraxis
und damit auch eine spezische konstituierende Rahmung mit den in ihre Verant-
wortung gegebenen Kindern und Jugendlichen herstellen (vgl. dazu z. B. Nentwig-
Gesemann 2018). Dies betrit in der Regel die Schulklasse, den Oberstufenkurs
und die Kindergartengruppe, in der sich eine je spezische Form intergenerati-
oneller Kommunikation etabliert, die auch als „intergenerationale konjunktive
Interaktionssphäre“ (ebd., 133) bezeichnet werden kann. Davon zu unterscheiden
sind jene konjunktiven Erfahrungsräume, in denen die Professionellen unter sich
sind und – ebenfalls in Form einer routinisierten Praxis – Absprachen in Bezug
auf die Gestaltung der Praxis zwischen Professionellen und Klientel sowie zur
Gültigkeit von Normen treen. Dies sind in der Schule die verschiedenen Formen
von Konferenzen sowie Klassen- oder Jahrgangsteams als funktional zusammenge-
fasste und regelmäßig miteinander interagierende Gruppen; in der KITA sind es
die regelmäßig zu Besprechungen zusammenkommenden Teams, deren Mitglie-
der miteinander auch in informellem Austausch stehen.
Auch in Organisationen der Sozialen Arbeit gibt es Interaktionspraxen mit den
Adressat:innen (bspw. Beratungsgespräche, Gruppenarbeit oder Veranstaltungen)
sowie Teamsitzungen, Fallkonferenzen etc. ohne Beteiligung der Adressat:innen.
Allerdings sind die Organisationen, in denen Soziale Arbeit geleistet wird, dis-
parater, die Tätigkeitsbereiche vielgestaltig. Sie reichen von der stark durchorga-
nisierten und formalisierten Arbeit innerhalb von Ämtern, über die Tätigkeit in
relativ exibel strukturierten Einrichtungen wie z. B. Jugendzentren, bis hin zu
räumlich und zeitlich oenen Tätigkeiten wie etwa der aufsuchenden Arbeit mit
Wohnungslosen. Schließlich gibt es Arbeitszusammenhänge, in denen die Profes-
sionellen nicht nur mit direkt Betroenen als Adressat:innen zusammenarbeiten,
sondern zudem mit weiteren zentralen Akteur:innen wie Pegeeltern oder frei-
willig Engagierten (vgl. dazu Franz in diesem Band). Aus dieser Vielgestaltigkeit
resultieren große Unterschiede in Bezug auf die organisationale (Über-)Formung
der jeweiligen Tätigkeit, woraus wiederum unterschiedliche Anforderungen an
die Professionellen erwachsen. Während die Organisationsabläufe in einem Amt
durch einen klaren behördlichen Rahmen (z. B. Räumlichkeiten, Formulare, Ak-
tenstrukturen oder Gesprächsformate) stark vorstrukturiert sind, nden sich dar-
in jedoch unterschiedliche konstituierende Rahmungen (Franz in diesem Band).
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In weniger stark organisierten Bereichen hängt die Herstellung einer konstituie-
renden Rahmung noch viel deutlicher von den jeweiligen Professionellen ab, was
– wie Stützel (in diesem Band) zeigt – recht gut gelingen, aber auch misslingen
kann.
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Gemeinsamkeiten und Unterschiede der drei Handlungsfelder
in Bezug auf die Rekonstruktion impliziter Normen
resp. ethischer Prinzipien
Nachdem wir das grundlegende theoretische Konstrukt der konstituierenden
Rahmung entfaltet und die konsequente Rekonstruktivität der Vorgehensweise
der Autor:innen betont haben, soll nun die Frage der Normativität geklärt wer-
den. Im Verlauf der gemeinsamen Arbeit an diesem Band haben wir diese Frage
intensiv debattiert. Sie wird in diesem Abschnitt zunächst auf der Ebene der im-
pliziten, d. h. in die Praxis eigenlagerten Ebene diskutiert (zur Ebene expliziter
Normierung siehe Abschnitt 5). In unseren Debatten ist uns deutlich geworden,
dass die Normativität auf dieser Ebene drei Aspekte umfasst, denen wiederum drei
Schritte in der empirischen Betrachtung der Professionalisiertheit einer gegebenen
Praxis entsprechen.
Im ersten Schritt geht es darum, die Praxis selbst zu rekonstruieren und die durch
sie realisierte konstituierende Rahmung herauszuarbeiten. In dieser Rahmung wer-
den die normativen (Sach-)Ansprüche und Erwartungen der Organisation in einer
routinisierten Praxis bearbeitet bzw. mit dieser vermittelt. Die damit verbundenen
‚Entscheidungen‘ oder Schritte der Selektion werden – soweit dies gelingt – mit
der Klientel kommuniziert und dadurch in einen konjunktiven Erfahrungsraum
überführt. In dieser interaktiven oder diskursiven Praxis der Vermittlung sind
ihrerseits normative Prinzipien oder auch Werthaltungen impliziert, die wir als
diskursethische Prinzipien bezeichnen (vgl. Bohnsack 2020, Kap. 11 sowie seinen
Beitrag in diesem Band).
Deren Explikation ist neben der Rekonstruktion der konstituierenden Rahmung
und im Zusammenhang mit dieser der zentrale Gegenstand unserer empirischen
Analysen und stellt den zweiten Schritt dar.
Die Explikation dieser in den jeweiligen Modi der Diskursorganisation impli-
zierten normativen oder ethischen Prinzipien der beruichen Akteur:innen in
ihrer Interaktion mit der Klientel ermöglicht dann in einem dritten Schritt eine
Auseinandersetzung der Forscher:innen mit diesen Prinzipien im Sinne eigener
normativer oder ethischer Bewertungen – im explizit zu begründenden Bezug
auf allgemeine Prinzipien. Neben den allgemeinen Menschenrechten (welche u. a.
die psychische und physische Integrität der Person betreen) und den Prinzipi-
en demokratischer Verfasstheit (welche auch die Beteiligung der Klientel an den
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Entscheidungen betrit) sind dies ebenso die in den jeweiligen handlungsfeld-
spezischen Professionsdiskursen diskutierten berufsethischen oder normativen
Ansprüche (vgl. z. B. Püster in diesem Band). Ein für diesen Band besonders
einschlägiger sozialwissenschaftlicher Diskurs wurde von Habermas (1976) im
Anschluss an Piagets (1954/1976) empirische Analysen zum moralischen Urteil
begründet und ausgearbeitet (vgl. Bohnsack 2020, Kap. 11).
Aus den in den Beiträgen dieses Bandes rekonstruierten und systematisierten Modi
der Diskursorganisation mit den darin implizierten diskursethischen Prinzipien
seien hier exemplarisch zwei herausgegrien. Diese Modi der Diskursorganisation,
die mit Bohnsack (2017; und in diesem Band) als Macht und Willkür bezeichnet
werden (vgl. auch Franz, Rothe und Wagener in diesem Band) erscheinen uns
zum einen (im wahrsten Sinne des Wortes) besonders fragwürdig. Dies bedeutet
auch, dass wir es in Bezug auf diese Modi für besonders wichtig erachten, mit
den beruichen Akteur:innen in eine Auseinandersetzung über ihre diesbezügliche
Praxis und deren Konsequenzen einzutreten. Zum anderen sind diese beiden Modi
aber auch in allen drei Handlungsfeldern professionalisierter Praxis zu beobachten.
Beiden gemeinsam ist die moralische Ausgrenzung, also „Degradierung“ (Garn-
kel 1967) oder auch Gradierung der Person der Klient:innen. Im Falle von Macht
nimmt die Ausgrenzung der Person den Ausgangspunkt bei der Sache (etwa der
Sachhaltigkeit von Äußerungen) und deren Beurteilung und Bewertung (bspw.
in Form leistungsbezogener oder disziplinarischer Urteile oder Diagnosen), um
von dort auf die Bewertung der Gesamtperson, die Gesamtidentität oder „totale
Identität“ (ebenda) übertragen zu werden (vgl. dazu die Beiträge von Franz, Rothe
und Wagener in diesem Band). Im Falle der Willkür ist dies umgekehrt. Hier wird
die Bewertung der Gesamtperson, also bspw. ihre persönliche oder soziale Dis-
kriminierung, auf die Sache, das Produkt der Person im Sinne seiner Abwertung
übertragen (vgl. wiederum Franz, Rothe und Wagener in diesem Band). Dies do-
kumentiert sich in der Schule beispielsweise darin, dass der Lehrer im Kunstunter-
richt das Produkt eines Schülers negativ bewertet, ehe er sich überhaupt über den
Stand seiner Arbeit informiert hat (vgl. Wagener in diesem Band).
Im Falle von Willkür ist mit dem Verlust der Sachhaltigkeit der Interaktion be-
griich zugleich der Verlust der konstituierenden Rahmung verbunden. Das
aber bedeutet, dass in diesem Fall das zentrale Konstitutionskriterium für eine
professionalisierte Praxis – die Etablierung eines spezischen konjunktiven Er-
fahrungsraums – nicht mehr gegeben ist. Was aber macht hier die Spezik aus?
Professionalisiertes Handeln in Organisationen bedeutet denitionsgemäß, das
Spannungsverhältnis zwischen einer auf Selbstläugkeit angelegten Interaktion
zwischen der Klientel und den Professionellen einerseits und den Anforderungen
der „generellen normativen Sach-Programmatiken und Rollenbeziehungen der
Organisation“ (Bohnsack 2020, 30) andererseits in einer für die Klientel verlässli-
chen und wiedererkennbaren Weise zu bewältigen. Die Verlässlichkeit speist sich
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dabei also aus der Bezogenheit auf die sachliche Programmatik der Organisation.
Wo diese Bezogenheit nicht gegeben ist, kann sich folglich kein konjunktiver Er-
fahrungsraum herausbilden, der in der Weise ‚triangulär strukturiert‘ wäre, dass
er neben der Beziehung zwischen den Professionellen und ihrer Klientel auch
einen organisationsspezischen Sachbezug umfassen würde. Empirische Rekon-
struktionen aus anderen Bereichen (vgl. z. B. Heinrich, Arndt & Werning 2014)
legen allerdings nahe, dass die Praxen hier gleichwohl einen routinisierten und
relativ dauerhaften, wenngleich durch degradierende Identitätskonstruktionen
geprägten Charakter im Sinne eines konjunktiven Erfahrungsraums annehmen
können. Hingegen ist im Unterschied zur Willkür im Falle von Macht eine orga-
nisationsspezische Sachbezogenheit gegeben. Jenseits aller ethischer Bedenken
kann die machtstrukturierte Interaktion – im Unterschied zur Willkür – daher als
professionalisierte Praxis gelten.
Im Vergleich der verschiedenen Untersuchungen und in ihrem Abgleich mit Er-
kenntnissen der Systemtheorie und der Ethnomethodologie kann man daher re-
sümieren, dass besondere Übergrie auf die Klientel immer dann zu befürchten
sind, wenn der Sachbezug der Interaktion verlorengeht. Das Problem ist dabei
nicht die Tatsache, dass Kategorisierungen und Werturteile in Bezug auf das Han-
deln der Klientel getroen werden. Es ist ja – systemtheoretisch gesprochen – die
ureigene Aufgabe von people processing organizations, das Handeln der Klientel in
Bezug auf bestimmte Merkmale unterscheidbar zu machen (vgl. Bohnsack in die-
sem Band). Das Problem ist vielmehr, wenn die Kategorien dieser Unterscheidun-
gen aus Werturteilen über die Gesamtperson bezogen werden, d. h. wenn sie in ih-
rem Sachbezug dius bleiben und somit der Willkür hierarchisch höherstehender
Teilnehmer:innen der Interaktion unterworfen sind. Als professionalisiert kann
eine Interaktion somit nur dann gelten, wenn die vorgenommenen Unterschei-
dungen (z. B. schulische Leistungsbewertungen) transparenten Sach-Kriterien
folgen. Um es ganz deutlich zu sagen: Die Gestaltung von ‚Beziehung‘ als solche
ohne strukturierenden Sachbezug ist niemals professionalisiertes Handeln. Dies
gilt im Fall von Willkür, aber auch im Falle des organisationalen Rahmungsverlusts
(vgl. die Beiträge von Bakels, Kallfaß und Stützel in diesem Band), welcher nicht
mit einer manifesten Degradierung oder Gradierung der Klientel einhergeht. Ein
Beispiel hierfür ist auch das Modell der ganzheitlichen „Gefährtenschaft“ im Fall
Ulrich Peters in Hericks (2006, 285f. und 417f.).
Mit der Formulierung dieses grundlegenden Zusammenhangs ist das Ende der
handlungsfeldübergreifenden Überlegungen zu impliziten ethischen Prinzipien
erreicht. Worin der Sachbezug in einem spezischen Handlungsfeld, ja sogar in-
nerhalb von Teilbereichen eines Handlungsfelds (z. B. Domänen schulischen Ler-
nens) besteht, ergibt sich aus dem, was die Fachlichkeit des jeweiligen Handlungs-
felds bzw. seiner Teilbereiche konstituiert. Wir wenden uns daher nun der Frage
zu, welche Rolle Fachlichkeit in den verschiedenen Handlungsfeldern spielt.
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Ralf Bohnsack, Andreas Bonnet und Uwe Hericks
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Gemeinsamkeiten und Unterschiede der drei Handlungsfelder
in Bezug auf die Anforderungen an Fachlichkeit
Im Handlungsfeld Schule fokussiert der Begri der Fachlichkeit schon rein all-
tagssprachlich auf die Unterrichtsfächer. Die wissenssoziologisch-praxeologische
Perspektive macht darauf aufmerksam, dass dieser Fokus nicht gänzlich unan-
gemessen, aber dennoch zu kurz gegrien ist. Er ist nicht gänzlich unangemes-
sen, insofern theoretische und empirische Betrachtungen der Aspekte Macht und
Willkür deutlich werden lassen, wie wichtig Fachlichkeit für die Herstellung eines
pädagogische Übergrie vermeidenden Sachbezugs ist. Um im Prozess der Unter-
scheidungen, für die people processing organizations zuständig sind, pädagogische
Übergrie zu vermeiden, ist es daher zentral, dass die Kategorien dieser Entschei-
dungen transparent und nachvollziehbar sind. Dabei hilft es, wenn dieser Sach-
bezug über fachlich eindeutig denierte Wissensbestände hergestellt wird. Ein
sehr interessantes Beispiel dafür liefert der Beitrag über eine kanadische Schule
(vgl. Sturm in diesem Band), in dem eine professionalisierte Praxis rekonstruiert
wird, in der die fachlichen (in diesem Falle mathematischen) Zusammenhänge
im Zentrum der Interaktion stehen und, anders als in einem fachlich ähnlichen
Beispiel (Wagener in diesem Band), keine Individualisierung des Nicht-Könnens
vorgenommen wird. Damit rückt die Klärung der Sache und die Ermöglichung
verschiedener Zugänge der Klientel ins Zentrum der unterrichtlichen Interaktion;
eine Degradierung der Schüler:innen ndet nicht statt.
Der Vergleich mit den beiden anderen Handlungsfeldern macht aber darauf
aufmerksam, dass im Handlungsfeld Schule die Fokussierung auf die fachliche
Dimension von Professionalisiertheit, d. h. auf die fachlichen Wissensbestände
der Schulfächer, deutlich zu kurz greift. Zum einen ist auch die Gestaltung des
Beziehungsgeschehens ein zentraler Bestandteil des beruichen Handelns von
Lehrer:innen. Der konjunktive Erfahrungsraum Unterricht muss nicht nur in
Bezug auf seine Inhalte, sondern auch in Bezug auf die stattndenden Interaktio-
nen gestaltet werden. Verschiedene Beiträge in diesem Band zeigen, dass dies eine
schwierige Aufgabe ist, die grundlegend misslingen kann, weil es zu umfassenden
Degradierungen der Klientel kommt (vgl. Wagener in diesem Band), oder deren
Bearbeitung zumindest fragwürdig bleibt, weil sie aufgrund der in ihr enaktierten
impliziten Normativität bestimmte Identitätsentwürfe oder Lernausgangslagen
benachteiligt (vgl. Wilken in diesem Band). Schließlich muss der konjunktive
Erfahrungsraum Unterricht auch in Bezug auf die in ihm getroenen biographi-
schen Entscheidungen gestaltet werden. Dies betrit den Aspekt der Allokations-
funktion von Schule, die über ihr Prüfungswesen realisiert wird. Wir führen dies
im letzten Abschnitt noch einmal genauer aus.
Die Fachlichkeit im Bereich der KITA weist Parallelen zur Schule auf, unterschei-
det sich aber doch dahingehend, dass es zwar zum einen – und dies in zunehmen-
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dem Maße durch die Bildungsprogramme bzw. -pläne forciert – um fachbezogene
Lernprozesse und domänenspezische Kompetenzen geht, zum anderen aber um
die emen, die ‚Sachen‘ der Kinder und ein Anknüpfen an deren Perspektiven
und Weltzugänge. So gibt es zwar auch in der frühkindlichen Bildung eine Di-
mension von Fachlichkeit, die in Bezug auf bestimmte Gegenstandsbereiche (z. B.
naturwissenschaftliche Grundbildung, Sprachbildung) gefasst wird und deren
Normen in behördlichen Dokumenten (z. B. Bildungspläne) niedergelegt sind.
Diese inhaltliche Ebene fachlicher Bildung wird zum Teil durch organisationa-
le Programmatiken explizit hervorgehoben, indem KITAS sich zum Beispiel als
„Sprach-Kita“ oder „Haus der kleinen Forscher“ bezeichnen. In einer anderen
Schwerpunktsetzung stehen hingegen die emen, Perspektiven, Relevanzen und
Praxen der Kinder im Zentrum der Bildungsarbeit (vgl. Nentwig-Gesemann in
diesem Band).
Deutlich expliziert als in der Schule hat die KITA zudem einen Erziehungsauf-
trag, der darin besteht, dass „Kinder Werte und Normen bzw. kulturell erwünsch-
te Verhaltensweisen erlernen“ sollen (vgl. die Einleitung zu Teil II dieses Bandes).
In diesem Bereich geht es somit nicht allein um fachliche Gegenstände, zu denen
sich die Akteur:innen in ein Verhältnis setzen sollen, vielmehr werden die mili-
euspezischen Habitus und Identitätsnormen der Kinder selbst zum Gegenstand
der pädagogischen Praxis. Für die Professionellen stellt sich dabei die Aufgabe,
nicht einfach ihre eigenen – ebenfalls milieuspezischen Habitus und Identitäts-
normen – zum Maßstab zu machen, sondern ihre pädagogische Intervention mit
der Klientel auf einem ethischen Niveau anzusetzen, auf dem eine Verhandlung
über dierente Normalitätsvorstellungen möglich wird (siehe dazu insbesondere
Kallfaß in diesem Band). Im Sinne von Piaget (1954/1976, 106) ist dies die Ebene
der „konstituierenden Regel“ (vgl. auch Bohnsack in diesem Band). Die Professi-
onsforschung im Bereich frühkindlicher Bildung macht hier auf eine Dimension
der Professionalität aufmerksam, die auch im schulischen Bereich sehr bedeutsam
ist, dort professionstheoretisch aber deutlich weniger thematisiert wird. Wir kom-
men in Abschnitt 5 auf diesen Punkt zurück.
Diese Dimension bringt es auch mit sich, dass Fachkräfte in der frühkindlichen
Bildung sich dauerhaft und intensiv mit den Eltern beschäftigen müssen (vgl. Kall-
faß in diesem Band). Praxeologisch-wissenssoziologisch wird diese Beschäftigung
als Aufeinandertreen zweier Orientierungsrahmen im weiteren Sinne konzep-
tualisiert. Sowohl die Erzieher:innen als auch die Eltern haben mit den Kindern
eine pädagogische Praxis etabliert, die zu gesellschaftlich resp. milieuspezisch
(und im Falle der Erzieher:innen auch den organisational) gültigen Normen guter
Erziehung im Verhältnis steht. Gegenstand der Elternarbeit ist es nun, die in in-
formellen Begegnungen und formalisierten Interaktionen wie Elternabenden oder
-gesprächen aufeinandertreenden Orientierungsrahmen zu relationieren und die
Normen, auf die die Professionellen verpichtet sind, zur Geltung zu bringen.
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Ralf Bohnsack, Andreas Bonnet und Uwe Hericks
Die Fachlichkeit der Sozialen Arbeit ist aufgrund der oben skizzierten Vielgestal-
tigkeit dieses Handlungsfeldes weniger leicht zu greifen als jene der frühkindli-
chen oder schulischen Bildung. Als gemeinsames Element arbeiten Kubisch und
Franz in ihrem einleitenden Beitrag zu Teil III des Bandes heraus: „Die Praxis
Sozialer Arbeit befasst sich mit existenziellen Problemlagen und Lebenssituatio-
nen ihrer Adressat:innen und zielt zugleich darauf, in gesellschaftskritischer Weise
soziale Verhältnisse zu verändern“ (Kubisch & Franz in diesem Band). In dieser
Weise sind die diversen Handlungsanlässe der Sozialen Arbeit auf die Perspekti-
ven und Handlungsmöglichkeiten der unmittelbar Betroenen zu beziehen und
zugleich gesellschaftsbezogen zu erfassen und in Richtung gesellschaftspolitischer
Veränderungen zu denken: „[W]enngleich von einer verbindlich geteilten Gesell-
schaftskritik nicht die Rede sein kann, so sind doch gesellschaftskritische, insbe-
sondere auf Arbeits- und Konsumverhältnisse, Wohnraumversorgung und Mig-
rationspolitik zielende Positionierungen wesentliche Momente der Begründung
sowohl fachlicher Konzepte als auch der Selbstorganisation über Trägerstrukturen
und Handlungsfelder hinweg“ (ebd.).
Die Fachlichkeit der Sozialen Arbeit erscheint zunächst unübersichtlich und sie ist
an deutlich disparatere Wissensbestände als die der Handlungsfelder frühkindli-
che und schulische Bildung geknüpft. Das liegt in ihren Zugängen zum jeweiligen
Fall oder auch Feld begründet, die stets konkret erarbeitet werden müssen. Vor
diesem Hintergrund ist in der Sozialen Arbeit mit dem Begri Fall die Heraus-
forderung verbunden, Fachlichkeit sicherzustellen und damit den Sachbezug der
Interaktion aufrecht zu erhalten. Gegenstand professionalisierter reexiver Klä-
rungen sei nämlich das Wissen darum, Individuen, Gruppen oder Situationen
erst zu Fällen zu machen und damit zu markieren, dass hier Unbestimmtheiten
durch spezische Schließungen zu bewältigen sind. In der Art und Weise, wie
Sozialarbeiter:innen die Klient:innen als Fälle strukturieren, kristallisieren sich
ihre Einschätzungen; von hier aus werden ihre professionellen Entscheidungen
getroen und ihre konstituierenden Rahmungen entfaltet. Das Sprechen von ei-
nem Fall ist damit deutlich abstrakter als das Sprechen von Schüler:innen im Be-
rufsfeld Schule oder vom Kind in der frühkindlichen Bildung. Die Soziale Arbeit
als Berufsfeld hat sich in ihrer historisch gewachsenen Praxis damit beschäftigt,
die organisationale Fremdrahmung der Klientel und auch die Machtförmigkeit
professioneller Praxis herauszuarbeiten und zu markieren. In den Berufsfeldern
Schule und KITA ist dies deutlich weniger gegeben. Der Begri Kind wird auch
lebensweltlich und v. a. innerhalb des Systems Familie verwendet, so dass bei des-
sen Verwendung deutlich schneller in Vergessenheit geraten kann, dass die KITA
als Organisation Kinder als ihre Klientel und damit immer nur aspekthaft und im
Rahmen ihrer organisationalen Dierenzkriterien konstruiert. Ähnliches gilt für
die Schule. Der Begri Schüler ist zwar etwas distanzierter, weil er eindeutig dem
System Schule zuzuordnen ist. Dennoch wird er auch lebensweltlich verwendet
Praxeologisch-wissenssoziologische Professionsforschung
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und markiert daher die Fremdrahmung und deren Aspekthaftigkeit nicht so ein-
deutig, wie der Begri Fall dies tut.
Im Zusammenhang mit der Entwicklung von Fachlichkeit ist die Auseinander-
setzung der Sozialen Arbeit mit Methoden entscheidend. Besonders interessant
im Kontext einer praxeologischen Bestimmung von Professionalität ist, dass es
dabei nicht um ein technologisches Verständnis rezeptartiger Methodologie geht,
sondern darum, „Arbeitsbeziehungen zu etablieren im Sinne einer gemeinsamen
Interaktions- und Lerngeschichte, durch die die Adressat:innen eine Erweiterung
ihrer Handlungsoptionen erfahren.“ (Kubisch & Franz in diesem Band). In deut-
lich höherem Maße als in den schon allein räumlich stärker prägurierten Hand-
lungskontexten von KITA und Schule wird so die gemeinsame Gestaltung eines
konjunktiven Erfahrungsraums mit der Klientel zu einer besonders komplexen
Aufgabe der Arbeit der Professionellen. Die praxeologisch-wissenssoziologische
Betrachtung macht somit einerseits darauf aufmerksam, dass in der Sozialen Ar-
beit ein eigener organisationaler Rahmen häug überhaupt erst hergestellt werden
muss (vgl. dazu Stützel in diesem Band), und andererseits auch darauf, dass vor-
gefundene Normierungen und Ablaufmuster erst in einer konstituierenden Rah-
mung wirksam werden können (vgl. Franz in diesem Band).
Daraus wiederum erwächst eine wichtige Erkenntnis für die schulbezogene Pro-
fessionsforschung. Die praxeologisch-wissenssoziologische Rekonstruktion hat
die besondere Wirksamkeit bestimmter Normen herausgearbeitet. Daraus resul-
tieren allgemeine habitualisierte Verhaltensweisen, wie z. B. eine dauerhafte und
allseitige Prüfungspraxis, die von Professionellen als „Messbarkeitsphobie“ (vgl.
Bonnet & Hericks in diesem Band) erlebt werden kann. Dazu gehören aber auch
fachspezische Praxen, wie z. B. eine Orientierung an der für den Fremdspra-
chenunterricht spezischen „Korrektheitsnorm“ (vgl. Wilken in diesem Band),
die nicht nur in der alltäglichen Praxis berufserfahrener Lehrer:innen zur Gel-
tung kommt, sondern die auch auf praxisorientierte Formate der Lehrerbildung
durchschlägt (vgl. Püster in diesem Band). Ein sehr interessanter Aspekt in die-
sem Bereich ist, dass – insbesondere im Bereich von Prüfungen – bisweilen eine
problematische Gleichsetzung von habitualisierter Praxis und Organisationsnorm
auftritt. Wenn dies der Fall ist, handeln Lehrer:innen habitualisiert gemäß der an
ihrer Schule etablierten Gepogenheiten und meinen, einer im Bildungsplan ko-
dizierten Norm zu folgen. Sie realisieren nicht, dass dort andere Prüfungsformen
empfohlen werden, und halten es folglich auch gar nicht für möglich, von der an
ihrer Schule etablierten Praxis abzuweichen. Indem sie damit einen imaginären1
organisationalen bzw. institutionellen Rahmen normalisieren, machen sie ihn zu-
gleich für sich selbst unsichtbar und unhintergehbar, seine Kontingenz und damit
1 Bohnsack bezeichnet solche imaginären Konstruktionen von Normen (Bohnsack 2017, Kap. 5.3)
auch als „Ideologie“ (ebd., Kap. 5.8.1).
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Ralf Bohnsack, Andreas Bonnet und Uwe Hericks
auch die agency der Professionellen verüchtigt sich. Dieser Handlungsmodus
wird dadurch begünstigt, dass sich das Handeln der Lehrpersonen in einem Kon-
text vollzieht, der z. B. durch Gebäude mit ganz bestimmten Raumprogrammen
organisational äußerlich stark strukturiert ist. Die Professionsforschung der Sozi-
alen Arbeit rekonstruiert u. a. Tätigkeitsfelder, die äußerlich gar nicht strukturiert
sind, in denen die Professionellen den organisationalen Rahmen ihrer Tätigkeit
im Vollzug der Tätigkeit und in Interaktion mit der Klientel selbst hervorbringen
müssen. Sie lenkt damit die Aufmerksamkeit darauf, dass auch der schulische
Rahmen keinesfalls so rigide ist, wie Lehrer:innen häug annehmen und dass sich
auch hier der organisationale Rahmen letztlich in der Praxis mit der Klientel kon-
stituiert und die Professionellen daher Einuss darauf nehmen können.
5
Gemeinsamkeiten und Unterschiede der drei Handlungsfelder
im Hinblick auf explizite normative Erwartungen
Auch im Bereich expliziter normativer Erwartungen nden sich sowohl ein ge-
meinsamer Kerngedanke wie auch dessen je spezische Dierenzierungen. Der
gemeinsame Kerngedanke ist, dass in allen drei Bereichen das Moment der Ver -
mittlung als explizite normative Erwartungen eine bedeutende Rolle spielt. In den
Handlungsfeldern Schule und KITA geht es dabei um ein mehrfach aufgeglie-
dertes Vermittlungsgeschehen. Zum ersten wird eine Vermittlung zwischen er-
wachsener und nachwachsender Generation hergestellt. Zum zweiten hat unser
Vergleich der Handlungsfelder, insbesondere der Blick auf die Soziale Arbeit (vgl.
Stützel sowie Franz in diesem Band) noch einmal den Blick dafür geschärft, dass
auch im schulischen Kontext und in der KITA die Vermittlung zwischen Milieus
eine zentrale Aufgabe ist (vgl. z. B. Kallfaß sowie Rothe in diesem Band) – eine
Aufgabe allerdings, die im bisherigen professionstheoretischen Diskurs zu diesen
Handlungsfeldern sehr im Hintergrund bleibt. Zum dritten wird auch zwischen
den Akteur:innen und normativ als bedeutungsvoll ausgewiesenen Gegenständen
vermittelt. Der Schule und der Pädagogik der Kindheit ist außerdem gemeinsam,
dass an die Klientel ein Anspruch auf Veränderung gestellt wird. Kindergarten-
kinder und Schüler:innen sollen (je nach organisationaler Programmatik mehr
oder weniger genau denierte) Prozesse des Lernens und der Bildung durchlau-
fen, um gesellschaftlich für relevant erachtete Wissensbestände oder Verhaltens-
dispositionen zu entwickeln. Sowohl im Handlungsfeld der Pädagogik der Kind-
heit als auch im Handlungsfeld Schule existieren dazu institutionelle Normen,
die in länderspezischen Bildungsplänen festgeschrieben sind. Insbesondere im
Handlungsfeld Schule ist aber das Moment der intergenerationellen Kommuni-
kation ein wichtiges Element professionstheoretischer eoriebildung (vgl. die
Einleitung von Bonnet & Hericks zu Teil I dieses Bandes). Dieses Modell ernst
nehmend, ist Bildung (bzw. im Englischen education) als gegenseitiger und insge-
Praxeologisch-wissenssoziologische Professionsforschung
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samt transformatorischer Prozess zu denken, in welchem Professionelle nicht nur
Administrator:innen existierenden Wissens sind, sondern die nachwachsende Ge-
neration in ihren milieu- und geschlechtsspezisch unterschiedlichen Ausprägun-
gen ein Mitspracherecht hinsichtlich der Unterrichtsgestaltung erhält. Dies wie-
derum macht Bildung und Lernen auch bei den Professionellen selbst notwendig.
In der Sozialen Arbeit hingegen ndet sich dieses intergenerationelle Moment
nicht durchgängig. Kommunikation zwischen Fachkräften und Klientel ndet
hier auch innerhalb derselben Generation oder – wie z. B. in der Altenarbeit –
sogar in umgekehrter Konstellation statt. Der Anspruch einer Veränderung der
Klientel ist in der Sozialen Arbeit einerseits präsent, etwa im Hinblick auf eine
veränderte Lebensführung, andererseits kann es aber auch darum gehen, Hilfe
oder Unterstützung bei der Lebensbewältigung zu geben, ohne dass von der Kli-
entel Lern- oder Bildungsprozesse erwartet würden. Gegenstand der Tätigkeit der
Professionellen kann auch eine anwaltschaftliche Vertretung der Interessen der
Klientel sein, um auf gesellschaftliche Veränderungsprozesse hinzuwirken. Auch
in der Sozialen Arbeit wird aber ein Vermittlungsauftrag formuliert, nämlich je-
ner zwischen Individuum und Gesellschaft. Kubisch & Franz (in diesem Band)
sprechen hier mit Bezug auf Heiner genauer von einem Spannungsfeld von „ge-
sellschaftlichen Anforderungen und individuellen Bedürfnissen“ (Heiner 2010,
430), in dem sich die Professionellen jeweils positionieren müssten.
Ein weiteres die drei Handlungsfelder verbindendes explizit normatives Element
sehen wir in der Dreiseitigkeit der Vermittlungstätigkeit. Kubisch & Franz schlie-
ßen an die von Hörster & Müller (1997) herausgearbeitete kasuistische Fallbe-
stimmung als zentrale professionelle Tätigkeit in der Sozialen Arbeit an, die drei
Dimensionen zueinander relationiert: „das Beziehungsgeschehen, die institutio-
nellen Zuständigkeiten und die Sachklärung“ (Kubisch & Franz in diesem Band;
vgl. oben Abschnitt 3). Diese Dreiseitigkeit lässt sich bruchlos mit den hier ent-
falteten Perspektiven auf Professionalisiertheit in KITA und Schule in Überein-
stimmung bringen. Auch hier ist es erforderlich, die jeweilige Sache zu klären und
dabei ein interpersonelles (und gruppendynamisches) Beziehungsgeschehen im
Sinne des konjunktiven Erfahrungsraums zu gestalten. Nicht zuletzt aufgrund
der Allokationsfunktion sowohl der KITA als auch der Schule kommt auch der
institutionellen, d. h. der gesellschaftlichen Ebene eine zentrale Rolle zu. In der
spezischen Reexion dieser Ebene und der Aufklärung ihrer Wechselwirkung
mit der Ebene der Sachklärung zeigt sich ein besonderes Potenzial der praxeo-
logisch-wissenssoziologischen Professionsforschung im Bereich der Schule (vgl.
Bonnet & Hericks in der Einleitung zu Teil I dieses Bandes), denn insbesonde-
re die kompetenztheoretische Professionsforschung im Bereich der Schule neigt
dazu, die Dimensionen als in sich abgeschlossene Konstrukte zu fassen, zwischen
denen sich zwar Wechselwirkungen nden lassen, die sich aber konzeptuell ge-
trennt voneinander denken lassen.
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Ralf Bohnsack, Andreas Bonnet und Uwe Hericks
Im Bereich des impliziten, d. h. des diskursethischen Umgangs mit Normen liegt,
wie bereits dargelegt, ein gemeinsames Moment der drei Handlungsfelder schließ-
lich darin, dass dieser als zentrales Moment der sozialwissenschaftlichen Bewer-
tung von Professionalität betrachtet wird. Besonders interessant erscheint uns,
dass das dabei zur Anwendung gebrachte Prinzip der „konstituierenden Regel“
nicht nur im Bereich der allgemeinen Verhaltensweisen der Professionellen, son-
dern auch als Prinzip der Konstitution der Sache im Zuge der Interaktion mit der
Klientel selbst zur Anwendung kommt.
So wird im Bereich der Schule die Interaktion zwischen Professionellen und Kli-
entel prinzipiell als intergenerationelle Kommunikation aufgefasst (vgl. Bonnet
& Hericks in diesem Band), in deren Verlauf sich der Sachbezug des Unterrichts
als Relationierung der disziplinären Wissensbestände der Professionellen mit den
eigensinnigen Anschlüssen der Schüler:innen konstituiert. Dazu analog wird im
Bereich der Pädagogik der frühen Kindheit die Aufgabe der Fachkräfte nicht al-
lein darin gesehen, Wissensbestände zu vermitteln und die Kinder in einen be-
stehenden normativen Kontext einzusozialisieren. Vielmehr besteht – zumindest
aus einer praxeologisch-wissenssoziologischen Perspektive – der Kern ihrer Pro-
fessionalität darin, die emen, Orientierungen und Praxen der Kinder in Be-
zug auf die materielle und ideelle Welt in ihrer Eigensinnigkeit wahrzunehmen
und aushandelnd mit ihrer eigenen Fachlichkeit in Beziehung zu setzen (vgl. z. B.
Nentwig-Gesemann u. a. 2021; sowie Nentwig-Gesemann in diesem Band). Im
Bereich der Sozialen Arbeit stellt sich die Aufgabe, die Interessen der Klientel he-
rauszuarbeiten und zu stärken, ggf. auch gegenüber Instanzen sozialer Kontrolle
(vgl. Kubisch & Franz in diesem Band). Gleichwohl vertreten Sozialarbeiter:innen
ebenso wie Lehrer:innen und Erzieher:innen auch gesellschaftliche Interessen und
sind gegenüber ihrer Klientel oft mächtige Akteur:innen. Gerade deswegen ist
die Rekonstruktion der praktischen Diskursethik in den Interaktionen der Fach-
kräfte mit ihrer Klientel in allen drei Bereichen von Bedeutung für vergleichende
Forschungen zu deren Professionalisiertheit im Sinne ihrer Bewertung als „gelun-
gene, vollständige oder weniger gelungene, weniger entwickelte Professionalität“
(Terhart 2011, 216).
Praxeologisch-wissenssoziologische Professionsforschung
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6 Leseoptionen für diesen Band
Man kann dieses Buch auf verschiedene Arten und Weisen lesen. Selbstverständ-
lich ist es als erste Option möglich, den Band von vorn bis hinten durchzulesen.
Um dieser Option gerecht zu werden, haben wir die Gesamteinleitung, den Bei-
trag zur Metatheorie, die Einleitungen zu den drei Teilen sowie die jeweiligen
Einzelbeiträge so aufeinander abgestimmt, dass möglichst wenig Redundanzen
auftreten. Man kann ausgehend von der Gesamteinleitung und dem Beitrag zur
Metatheorie aber auch direkt in einen der drei Teile (Handlungsfelder Schule,
Pädagogik der frühen Kindheit, Soziale Arbeit) einsteigen. Schließlich ist es als
dritte Option möglich, sich dem Band über die Einleitungen der drei Teile an-
zunähern. Diese Einleitungen sind sorgfältig mit der Gesamteinleitung und dem
Beitrag zur Metatheorie abgestimmt und enthalten direkte Verweise auf weiterge-
hende Begrisklärungen. Alle Beiträge sind vor allem aufgrund ihrer empirischen
Evidenz aus sich selbst heraus verständlich, können also auch je für sich gelesen
werden, auch wenn sie natürlich durch Bezüge zu den Einleitungen der jeweiligen
Teilbereiche und vergleichendes Lesen mit anderen Beiträgen nochmals an Tiefe
gewinnen.
Literatur
Bohnsack, R. (2017): Praxeologische Wissenssoziologie. Opladen: Barbara Budrich.
Bohnsack, R. (2020): Professionalisierung in praxeologischer Perspektive. Zur Eigenlogik der Praxis in
Lehramt, Sozialer Arbeit und Frühpädagogik. Opladen: Barbara Budrich.
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und inszenierter Bildungsgelegenheit – Ein Basisbeitrag zur Einführung. In: Zeitschrift für inter-
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