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Computerbasierte Testverfahren bei VERA-3 und VERA-8 -Stand-, Entwicklungsperspektiven und Nutzen für die Schulen

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Abstract

Vergleichsarbeiten (VERA) in den Jahrgangstufen 3 und 8 sind Diagnoseverfahren zur Ermittlung von Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Sie werden seit dem Schuljahr 2007/2008 in den meisten Bundesländern jährlich durchgeführt und ihre Ergebnisse dienen in erster Linie schulintern zur Qualitätsentwicklung des Unterrichts. Durch die weitere Digitalisierung der Durchführungen ergeben sich für Lehrerinnen und Lehrer eine Reihe von neuen Möglichkeiten zur Auswertung und Unterstützung.
Computerbasierte Testverfahren bei VERA-3
und VERA-8 - Stand-, Entwicklungsperspektiven
und Nutzen für die Schulen
Vergleichsarbeiten (VERA) in den Jahrgangstufen 3 und 8 sind Diagnoseverfahren
zur Ermittlung von Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Sie werden seit dem
Schuljahr 2007/2008 in den meisten Bundesndern jährlich durchgehrt und ihre
Ergebnisse dienen in erster Linie schulintern zur Qualitätsentwicklung des Unterrichts.
Durch die weitere Digitalisierung der Durchhrungen ergeben sich für Lehrerinnen
und Lehrer eine Reihe von neuen Möglichkeiten zur Auswertung und Unterstützung.
Zu einer Bilanz gehört auch eine ckschau, also auf
Einleitung - Genese und Nutzungsmöglichkeiten der
Zentralen Vergleichsarbeiten
Zentrale Vergleichsarbeiten beziehen sich auf die in
der KMK vereinbarten Bildungsstandards und untersu
chen, inwiefern die dort formulierten Kompetenzerwar
tungen von den Schülerinnen und Schülern erreicht
werden. Die entsprechenden Aufgaben werden im
Auftrag der Länder vom Institut zur Qualitätsentwick
lung im Bildungswesen (IQB) entwickelt und über die
Länder in einheitlichen Testheften zusammengeführt.
Im Primarbereich werden die Vergleichsarbeiten für
die Fächer Deutsch und Mathematik konzipiert und
richten sich an Lernende der Jahrgangsstufe 3, im
Sekundarbereich werden in den beiden Hauptfächern
und zusätzlich in der ersten Fremdsprache (Englisch
oder Französisch) in der Jahrgangsstufe 8 an allen all
gemeinbildenden Schulen vorgenommen.
Vergleichsarbeiten sollen mithilfe kompetenzorien
tierter Ergebnisckmeldungen an die Schulen eine
impulsgebende Funktion zur fachlichen Weiterentwick
lung des Unterrichts ausüben. Die damit angeregte
innerschulische datenbasierte Qualitätsentwicklung
dient der Implementation der Bildungsstandards sowie
der damit einhergehenden Kompetenzausrichtung im
Fachunterricht (KMK 2018, 2). Die Ergebnisse dienen
auch als „Frühwarnsystem“, lassen sie doch mit ihrer
hohen Vorhersage kraft auf zukünftige Leistungen von
Schülerinnen und Schülern schließen. Eine zentrale
Rolle kommt in diesem Prozess der Fachschaft zu,
„die die Daten vor dem Hintergrund professioneller
Standards interpretiert, curriculare und methodische
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UNTERRICHTSENTWICKLUNG
Maßnahmen ableitet und für eine Weiterentwicklung
der professionellen Kompetenzen im Sinne einer
standardbasierten Schul- und Unterrichtsentwicklung
Sorge trägt (Bach et al. 2014, 62, 77; vgl. auch KMK
2010, 23).
Leitfragen der datengestützten Analyse und Interpreta
tion und Reflexion können dabei u. a. sein:
Wie fallen die Ergebnisse unserer Klassen unter
Berücksichtigung eines fairen, auf die Rahmenbe
dingungen innerhalb des Systems Schule bezoge
nen Vergleichs aus?
Handelt es sich um ein typisches“ Ergebnis? D.
h. entspricht das Ergebnis der Klassen den Er
wartungen, - sind sie in etwa vergleichbar mit dem
Abschneiden bei Klassenarbeiten?
Welche Aufgaben und Inhaltsbereiche wurden gut,
welche weniger gut bearbeitet (vgl. Gasteiger &
Krelle 2018)?
Eine zutzliche Hilfe ist der für alle Schulen kostenlos
zugängliche Aufgaben browser. Dort stehen Aufgaben
mit didaktischen Erläuterungen der aktuellen und ab
geschlossenen VERA-Durchführungen zur Vergung.
Im Aufgaben browser kann nach Leitideen und Berei
chen durchsucht und gefiltert werden (https://url.nrw/
aufgabenbrowser).
Auf der Basis der kollegialen Ergebnisreflexionen
können fachspezifische Förderkonzepte entwickelt
werden, die auf die in den jeweiligen Klassen erreich
ten (Fach-)kompetenzstufen abgestimmt sind.
Doch auch über die Klassenebene hinaus können aus
den Ergebnissen der Vergleichsarbeiten Hinweise für
die Schulentwicklung abgeleitet werden: Zeigen sich
im Parallelklassenvergleich beispielsweise deutliche
Abweichungen von den in den Bildungsstandards
festgelegten Kompetenzniveaus, kann dies bspw. An
lass zur Überpfung der Unterstützungsmaßnahmen
sein, die zur inhaltlichen oder/und sozialen Förderung
einzelner Klassen verfügbar sind (ebd.).
Die Schulleitung kann an dieser Stelle mit einer
zurückhaltenden und moderierenden Rolle einen
entscheidenden Einfluss auf einen offenen und kons
truktiven Umgang mit den Ergebnissen seitens des
Fachkollegiums ausüben, in dem sie bspw. durch die
Förderung von Kooperations- und Innovationsbereit
schaft günstige Voraussetzungen schafft (Hochweber
& Isaac, 2021).
Auch auf der Ebene der Schulaufsicht können die aus
den VERA gewonnen Daten zur Reflexion dieser oder
ähnlich gelagerter Problemstellungen anregen. Dies
erfordert zwingend einen sensiblen und fachkundigen
Umgang mit diesen Daten (Fuchs & Isaac, 2016).
Computerbasiertes Testen - die Zukunft der
Vergleichsarbeiten
Die von der KMK beschlossene Umstellung der papier
basierten Testdurchführung auf computerbasierte
Testverfahren (CBT) soll bis 2030 schrittweise umge
setzt werden. Voraussichtlich ab 2025 sollen sowohl
in VERA-3 als auch in VERA-8 in allen Fächern com
puterbasierte Testungen parallel zu papierbasierten
Testverfahren angeboten werden. Die Entwicklung von
papierbasierten Testaufgaben wird sukzessive einge
stellt.
Für Nordrhein-Westfalen erfolgt die Umstellung auf
CBT in Kooperation mit dem Zentrum für empirische
Pädagogische Forschung (zepf) an der Universität
Koblenz-Landau, das bereits seit 2004 das VERA-3
und seit 2021 das VERA-8 Onlineportal betreut. Erste
Modellversuche zur Umsetzung von CBT an Schulen in
NRW haben bereits stattgefunden. Computerbasierte
Testvarianten werden seit dem Schuljahr 2021/2022
in Primarschulen im Fach Mathematik (Pilotversuch)
sowie in den weiterführenden Schulen in den Fächern
Deutsch, Englisch und Französisch angeboten. Inter
essierte Schulen nnen sich während der Anmelde
phase im Oktober bzw. November für dieses Verfahren
registrieren.
CBT bietet den beteiligten Lehrkräften mehrere Vortei
le: So sind Testvorbereitung und -durchführung nicht
umfangreicher als bei papierbasierten Testverfahren,
die Korrektur der Testergebnisse aber zeitlich weniger
aufwendig, da die Eingabe der Antworten der Schüle
rinnen und Schüler durch die Lehrkräfte größtenteils
entllt. Zudem nnen erste Ergebnisse, wie z. B. die
Lösungshäufigkeiten der Aufgaben sofort eingesehen
werden.
Um eine geplante Durchführung auch bei Auftreten
technischer Probleme nicht zu gehrden, werden den
an CBT teilnehmenden Schulen in NRW bis einschließ
lich 2025 optional gedruckte Testhefte zur Vergung
gestellt. Lehrkfte, die an dem neuen Testverfahren
in den letzten Schuljahren teilnahmen, äußerten sich
bei Evaluationsbefragungen mehrheitlich sehr positiv.
Weiterentwicklung der Vergleichsarbeiten und Ausblick
Mittelfristig eröffnet die Umstellung auf computer
basierte Testverfahren eine Reihe interessanter
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Weiterentwicklungsperspektiven. So entsteht durch
CBT erstmals seit Beginn der Vergleichsarbeiten die
glichkeit, den Durchführungszeitraum zu flexibilisie
ren, da Abhängigkeiten von terminierten Zeiträumen
beispielsweise für Druck und Versand der Materialien
entfallen.
Zudem bieten sich den Schulen bei vollständiger
technologiebasierter Umsetzung aller durch das IQB
zentral entwickelten Testmodule ab 2027 mehr Aus
wahloptionen. Zukünftig soll eine automatisierte Adap-
tivität der computerbasierten Testumgebung in Form
eines Testdesigns entwickelt und erprobt werden, die
die jeweiligen Aufgaben für die teilnehmenden Schü
lerinnen und Schüler auf der Basis der zuvor beant
worteten Aufgaben auswählt. Beispielsweise würden
Schülerinnen und Schüler, die eine Aufgabe falsch
beantwortet haben, im Anschluss eine einfachere
Frage aus dem gleichen Kompetenzbereich vorgelegt
bekommen.
Ein solches Testdesign nnte dabei helfen, Über
forderungen und daraus resultierende Motivations
verluste während der Testdurchführung zu vermindern
und gleichzeitig pzisere Rückmeldungen über die
Kompetenzniveaus teilnehmender Schülerinnen und
Schülern zu erhalten.
friede springer Stiftung LWL-Landesmuseum für Klosterkultur Für Westfalen-Lippe.
Tim Rogge und Kevin Isaac, beide: Qualitäts
und UnterstzungsAgentur - Landesinstitut für
Schule (QUA-LiS NRW)
Ein letzter Entwicklungsaspekt bezieht sich im Gegen
satz zu den oben dargestellten Weiterentwicklungs
perspektiven nicht auf die Weiterentwicklung des
Testinstrumentariums der Vergleichsarbeiten selbst,
sondern auf Rückmeldung der durch sie festgestellten
Kompetenzstufen der teilnehmenden Sclerinnen
und Schüler. In den nächsten Jahren soll eine länder-
übergreifend entwickelte und erprobte Rückmelde
plattform neben einheitlichen Rückmeldungen auch
konkrete Flinweise für die Lehrkräfte enthalten, wie
Schul- und Unterrichtsentwicklung, und damit auch
Förderung individueller Schülerinnen und Schüler,
anhand der VERA-Daten geleistet werden kann. Für
alle hier skizzierten Weiterentwicklungen des Testinst
ruments und der Rückmeldungen wurden im Rahmen
des Digitalpakts Schule länderübergreifende Projekt
mittel beantragt.
Zusammenfassend erwachsen aus der dargestellten
Digitalisierung des Testverfahrens neue Rückmelde
formate für die Schulen und mittel- und langfristig
eine gßere Flexibilität und Adaptivität der Zentralen
Vergleichsarbeiten. Damit entzieht sich VERA zukünftig
immer mehr der Top-Down-Logik eines auf Standards
basierenden Bildungsmonitorings und akzentuiert ihre
Funktion als diagnostisches Instrument der individu
ellen Kompetenzfeststellung im Rahmen einer auf
Individualisierung und adäquaten Förderung zielenden
Schul- und Unterrichtsentwicklung.
Information und Unterstützung
Aufgaben browser
Comuterbasiertes Testverfahren:
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Redaktion:
Barbara Stock, stock.b@ritterbach.de
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