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Die „Arbeit an der Form“ – die Reformatio Sigismundi (1439) zwischen Konzilskonflikten und publizistischer Meinungsmache

Authors:
Sophie Quander
Die Arbeit an der Form“–die Reformatio
Sigismundi (1439) zwischen
Konzilskonflikten undpublizistischer
Meinungsmache
Kaum haben sich die Konzilsväter in Konstanz aufeinen neuenPapst geeinigtund
damit das Abendländische Schisma, die längste Kirchenspaltung in der Ge-
schichte des Christentums,nach 40 Jahren endlich beigelegt,dadroht 1439 auf
dem Basler Konzil die nächste Katastrophe: Statt Entscheidungenmit Blick aufdie
als eilend empfundene Kirchenreform zu treffen, streiten Konzil und Papst lieber
darüber, weberhaupt Entscheidungentreffen darf. So sehr verhärten sich die
Fronten, dass beide eher ein neues Schisma riskieren, als eine friedlicheEinigung
zu finden. Wiekonnte es so weit kommen?¹
Als sich im vierzehnten Jahrhundertzwei Männer zum jeweils einzig legiti-
men Papst erklären, stürzt die römisch-katholische Kirche mit dem so provo-
zierten Abendländischen Schisma in eine tiefe Krise.²Alle Versuche, die Kir-
chenspaltungzubeenden einen der beiden Papstprätendenten gewaltsam zu
verdrängen (via facti), ihren cktritt zu erzwingen (via cessionis), sie zu Ver-
handlungenzubewegen (via conventionis)oder ihnen den Gehorsam aufzukün-
digen (via substractionis)laufen ins Leere. Es bleibt nur das Allgemeine Konzil
(via concilii), das höchste kirchenpolitische Ve rsammlungs-und Entscheidungs-
organ.³Und so einigt mansich schließlich darauf, ein Konzil in Pisa abzuhalten.
Die hier präsentierten Ergebnisse basieren, in leicht abgewandelter und für die Fragen des
Sammelbandes zugeschnittener Form, aufder geplanten Monografie: Aufder Suche nach Re|
formen: Literarische Wege der Selbstlegitimation in der Reformatio Sigismundi (1439)(in Vor-
bereitung).
In das Abendländische Schisma und seine Auslegung durch die Geschichtswissenschaft führen
Rollo-Koster und Izbicki (2009,17) anschaulich ein; vgl. auch Müller (2012,67).
Zu Form und Funktion des spätmittelalterlichen Konzils vgl. Kirsch (2016,40); zu den unter-
schiedlichen viae als Reaktion aufdas Abendländische Schisma vgl. Müller (2012,1011).
ZurBedeutungdes Pisaner Konzils für die Beilegung des Schismas vgl. Eßer (2017). Da die
Kardinalskollegien beider Päpste zu einem Konzil in Pisa laden, finden strenggenommenzwei
parallel ablaufende Konzilien statt.Auf diese Weise sichern sich beide Seiten zu, ihrenLegiti-
mitätsanspruch gegenseitiganzuerkennen (vgl. Girgensohn 2007,79).
OpenAccess. ©2022 bei den Autoren, publiziertvon De Gruyter. Dieses Werk ist lizenziert
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Lizenz. https://doi.org/10.1515/9783110761122-004
Fast 100 Jahre liegt die letzte Generalsynode, das Konzil vonVienne (1311/
1312),zurück,als die Konzilsväter1409 in Pisa zusammenfinden, um die beiden
Papstprätendenten abzusetzen;man wählt schließlich Petros Philargis zum
neuen Papst Alexander V. Die beiden anderen PäpsteinRom und Avignon zeigen
sich vonihrer Absetzung indesunbeeindruckt und so sieht sich die Kirche auf
einmalindrei Einflussgebiete zerfallen.
Auch das schlecht besuchte Folgekonzil in Rom, das Alexanders Nachfolger,
der Pisaner Papst Johannes XXIII., 1412 einberuft,setzt keine entscheidenden
Impulse für die Beilegungdes Schismas.Der frisch zum Römisch-deutschen
niggekürteSiegmundvon Luxemburg(*1368; 1437) drängt Johannes XXIII.
deshalb, ein weiteres Konzil für Konstanz anzusetzen. Seinen Zeitgenossen gilt
der Luxemburgerfortan als Galionsfigur der schwelenden Reformhoffnungen:
Seit langem hat wiedereinmal ein weltlicher Herrscher ein Kirchenkonzil ange-
regt und damit nicht nur der Wiedervereinigung,sondern auch der herbeige-
sehnten Reform vonKirche und Reich den Weggeebnet.
Am 5. November1414finden die KonzilsväterinKonstanz zusammen. Jo-
hannesXXIII., der seinen Anspruch aufden Papstsitz mithilfedes Allgemeinen
Konzils zu bestätigen gehofft hat,sieht seine Erwartungenenttäuscht und verlässt
eines Nachts heimlich die Stadt.Seine Flucht stelltdas KonstanzerKonzil (1414
1418) vorein unerwartetes Problem: Werbehält denn nun die Entscheidungsho-
heit,Papst oder Konzil?Das Dekret Haec Sancta,das die Konzilsteilnehmer am
6. April 1415 verabschieden, entscheidet die Superioritätsfragezugunsten des
Konzils: Gegen die päpstliche Hoheit plädiertdas Dekret für die Vollmacht der
Kirchenversammlungals höchstes kirchenpolitisches Entscheidungsorgan.Nicht
zuletzt Kaiser Siegmundsdiplomatischem Geschick ist es in den Folgejahren zu
verdanken, dass die drei Papstprätendenten abgesetzt werden können (vgl.Gir-
gensohn 2007,9394). 1417 wählt das Konstanzer Konzil Kardinal Oddo di Co-
Zwischen den Konzilien vonVienne (1311/12) und Pisa (1409) finden keine Generalkonzilien
statt (vgl. Girgensohn 2007,92; Helmrath 2014, 25).
Aufdem Pisanum hat man entschieden, dass nach drei Jahrendas nächsteKonzil stattfinden
soll (vgl. Girgensohn 2007,9091;Herbers 2012,260).
Zu Siegmunds Allianz mit Papst Johannes XXIII. vgl. Herbers (2012,260). Dass Siegmund durch
sein selbstbewusstesAuftretenzum Hoffnungsträger des Reformwunsches stilisiert worden sei,
hat die Forschungwiederholtbetont: Für Schneider (2013,41) ist Siegmund eine, wenn nicht die
zentrale Figurdes Konstanzer Konzils,Wiesflecker (1975,204) schreibt Siegmund eine Gloriole
des Märtyrers der Reformzu.
Zu dem in Konstanz verabschiedeten Dekret HaecSancta vgl. Decaluwé(2009); Braun (2013).
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lonna zum neuen Papst Martin V. und beendet damit das 40 Jahre währende
Schisma.
Fristgerecht lässt Martin V. am 23.April 1423 ein neues Konzil in Pavia er-
öffnen, das bereits zwei Monate daraufwegen der dort tendenPest nach Siena
umzieht.Als sich aufdem schlecht besuchten Konzil eine antipäpstliche Oppo-
sition zu bilden beginnt,lässt der abwesende Papst die Ve rsammlungineiner
Nacht-und Nebelaktion auflösen: Am Morgendes 7. März 1424 finden die Kon-
zilsväter die offizielle Auflösungsbulle an den Toren des Sieneser Doms ange-
bracht,das päpstliche Konzilspräsidium hat die Stadt bereits heimlich verlas-
sen.¹
Sieben Jahre später versammeln sich die Konzilsväter erneut in Basel. Große
Hoffnungensetzt man aufdieses Konzil, das die Kirchen- und Reichsreform
endlich angehen soll. VonBeginn an jedoch steht das Basler Konzil (14311449)
unter schlechtem Vorzeichen: Papst Martin V. stirbt nur wenige Monate vorder
durch ihn einberufenen Versammlung, sein konzilskritischer NachfolgerEugen
IV.versucht zunächstvergeblich, diese aufzulösen. Als der Papst dasKonzil im
Januar 1438 nach Ferraraverlegt,¹¹ muss er die meisten Konzilsteilnehmer ex-
kommunizieren, da sie seiner Auflösungsbulle nicht folgenwollen. Das Konzil
reagiert seinerseits, indem es sich unter Rekurs auf Haec Sancta aufdie eigene
Superiorität beruft,den Papst kurzerhand als Ketzer absetzt und stattdessen im
November1439den HerzogAmadeus vonSavoyen zum bisher letzten Gegenpapst
der Geschichte wählt¹² und damit das eigentlich Unfassbare(Helmrath2014,
26)eintritt: ein neues Schisma, das die Autorität des Konzils als Entscheidungs-
Walter Brandmüllers zweibändige Konziliengeschichtebietet nach wie vordie umfangreichste
Gesamtdarstellungdes Konstanzer Konzilsgeschehens(vgl. Brandmüller 1991/1997; die Kritik an
Brandmüllers Arbeit,der als Kirchenhistoriker immer wieder auch theologische Interpretationen
bietet,sammeltMüller (2012,79)). Wichtige Impulse habenaußerdem die mit den Konzilsjubiläen
verbundenen Sammelbändegesetzt (vgl. Braun et al. (Hg.) 2013;Signori und Studt(Hg.) 2014).
Vongermanistischer Seitehat Thomas Rathmann das Projekt gewagt,anhand historiographi-
scher und fiktionaler Textformen das Konstanzer Konzil als diskursivesEreignis zu beschreiben
(vgl. Rathmann 2000;kritisch zu RathmannsArbeit äußert sich Müller (2012, 78 79)).
 In das Konzil vonPavia/Siena führt Brandmüller (2002, 13) ein.
 ZumKonzil vonFerrara/ Florenz vgl. Müller (2012,4849).
 Beider Bezeichnung Gegenpapsthandeltessich um eine nachträgliche Setzung: Der Titel
entspricht nicht der zeitgenössischenBeurteilung des jeweiligen Prätendenten, sondern lässt
erkennen, welcher Kandidat sich schließlich durchgesetzt und damit die Papsthistoriographie in
seinem Sinne beeinflusst hat (vgl. Gießmann 2012,391, Anm. 1). Ähnliche Kontroversen zeichnen
im Übrigendie Konziliengeschichteaus,denn auch hier unterliegt die Zuschreibungnachträg-
lichen Deutungsprozessen: Eine Kirchenversammlung kann in dem Selbstbewusstsein eines
Allgemeinen Konzils stattgefunden habenund dennoch nicht als solches überliefert sein (vgl.
Kirsch 2016,3940).
Die Arbeit an der Form83
und Hoheitsorgan zunehmend untergräbt. Die Reform scheintangesichts dieser
neuen Differenzen vertagt.Und auch Siegmund vonLuxemburg, der in der Zwi-
schenzeit zum Römisch-deutschen Kaiser gekrönt worden ist,kann diesmal nicht
zur Seite springen, denn der berühmte Reformer ist mittlerweile gestorben.¹³
Inmitten vonKirchenspaltung und Einheitswunsch, vonZukunftssorge und
Reformhoffnung entsteht ein Text,den Karl Beer (1955,24) einmalals eines der
umstrittenen Schriftwerkedes Mittelaltersbezeichnet hat:Die Reformatio Sigis-
mundi (Reformation des Kaisers Siegmund).¹Der Titel ist Fiktion: Kaiser
Siegmundhat die Reformatio Sigismundi weder verfasst noch autorisiert, sondern
dient der anonym überlieferten Reformvorlageals Legitimationsfolie.¹Ihr Ver-
fasser,ein unbekannt gebliebener Teilnehmer des Basler Konzils, begleitet die auf
dieser Kirchenversammlunggeführten Reformdiskussionen und formuliert 1439
schließlich selbst Vorschläge, wiem
an Kirche und Reich angesichts der emp-
fundenen Krisen um- und neugestalten könne.¹
Papst-und nigtum sollen grundlegend reformiert werden. Die Bischöfe
sollen keine Dispense mehr erteilen, also nicht mehr einzelne vonder Einhaltung
des kanonischen Rechts freisprechen,und Pfründe ausschließlich an universitär
geschulteGeistliche verleihen. Die Orden sollen keinen Einfluss mehr aufPfar-
reien ausüben und die Pfarrer ihrerseits ein festes Einkommen beziehen. Das
Zölibat,wennauch in der Idee sinnvoll, haltejadoch niemand ein und so solle
man den Priestern endlich die Ehe erlauben. Man solle die Straßen ausbauen,
 Die Konflikteund Reformbemühungen des Basler Konzils skizziert Müller (2012,4052).
Einen guten Überblick verschafft der historische Abriss vonDecaluwéund Christianson(2017,
837). Die älterenForschungspositionen diskutiert Helmrath (1987, 6 17).
 Der Text firmiert in den ältesten Handschriften unter dem geeigneteren volkssprachigenTitel,
die Forschungkennt ihn jedoch unterseiner späteren lateinischen Überschrift,die der Konven-
tion halber beibehaltenwerden soll (zu den volkssprachigen und späterenlateinischen Titeln vgl.
Koller 1964,1,Anm. 1).
 Koller (1964,7)vermutet, dass der anonyme Verfasser nicht etwa absichtlich täusche, sondern
seine Forderungenformuliere in dem guten Glauben, daß hier wirklich das Vermächtnis des
Luxemburgers vorliegeund gewahrt werde.Ihren Rezeptionserfolgverdankt die Reformatio Si-
gismundi jedenfalls u. a. ihrer Selbstsetzung als kaiserliche Reformvorlage (vgl. Dümling2017,
160).
 Der unbekannte Verfasser der Reformatio Sigismundi stammt vermutlichaus dem Basler Raum
und hat als gelehrter Kanzlist das Konzil selbst miterlebt.Daer diekaiserlichen Reformer Jo-
hannes Schele, Dietrich Ebracht und JohannesBracht kennt und Zugangzuderenz.T.noch nicht
publizierten Schriften hat,gehört er sehr wahrscheinlich zum Umfeld der kaiserlichen Interes-
sensvertreter (vgl. Koller 1958, 438 439; 1959, 144), wenn auch nicht zum engerenRatgeberkreis
(vgl. Dümling2020, 215, Anm. 9). Belastbarere AussagenzuPerson, Bildungsstand und Hinter-
grund lassen sich, so Koller (1959, 155156), nicht treffen. Zu Entstehungsraum und -zeitraum der
Reformatio Sigismundi vgl. Koller (1959,144).
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eine einheitliche Reichsmünze einführen, die Leibeigenschaft abschaffen und
kostenfreie ärztliche Versorgung in den Städten anbieten. Der Text gipfelt
schließlich in einer Siegmund zugeschriebenen Vision: Eine ttlicheStimme
habe dem Kaiser die Ankunft eines Priesterkönigsnamens Friedrich prophezeit,
der die Reform auch gegenden Willen der Konzilsteilnehmer erzwingen werde.
Nicht nur die abschließende Vision überrascht stilistisch in diesem an Re-
formeninteressierten Beispiel pragmatischer Literatur.Sostelltder Text seine
Forderungenzwarinnüchtern juristischem Ton, lockert diesen jedoch mit An-
ekdoten und Exempeln auf. Gebetsformeln und Übersetzungen ausdem Latei-
nischenweisen in den Bereich der Predigt,die Visionimitiert die beliebte Pro-
phetienliteratur der Zeit. Am auffälligstenaber ist die Sprache selbst: Im
Gegensatz zu den bis dato existierenden lateinischen Reformvorlagen fordert die
Reformatio Sigismundi aufDeutsch.¹Das bringt die ein oder andere Herausfor-
derung mit sich: Wiebegründet man sein Recht aufMitsprache, wenn man nicht
dieselbeSprache spricht?Wie setzt man sich in Bezug,wie grenzt man sich ab von
anderen Stimmen?Und wieerreicht man, dass die eigenen Aussagen auch Gehör
finden?
DiesenFragenmöchteich im Folgenden nachgehen,indem ichdie Reformatio
Sigismundi an der Schnittstelle vonKonzilspolitik und volkssprachiger Publizistik
verorte. Um diese beiden Diskursräume in ihren Eigenlogiken zu fassen, werde ich
versuchen, die Konzilszeit mit Bourdieu als Phase der Autoritäts- und Legitimi-
tätskämpfe aufdem politischen Feld und die volkssprachigePublizistik als neues
Protofeld innerhalb der volkssprachigen Literatur des Spätmittelalters zu fassen.
Als heuristischesInstrument angewandt,soll Bourdieus Theoriehelfen,volks-
sprachigePublizistik und Konzilspolitik über den Feldbegriff in Bezugzusetzen.
These ist,dass die Strukturen beider Felderals ArgumentationsmusterEingang in
die Textstruktur finden und also für die bemerkenswerteFaktur der Reformatio
Sigismundi verantwortlich zeichnen. Der Ansatz muss sich dabei der Fragestellen,
ob und inwiefern soziologische Theorieberhaupt aufvormoderne Untersu-
chungsgegenstände übertragbar sind, denen schließlich ein grundlegend anderes
Verständnisvon Öffentlichkeit,Autonomieoder auch Literaturvorausgeht.
Der hier gebotene Beitrag versteht sich deshalb dezidiert als Versuch, Bourdieus
Feldbegriff aufseine Tauglichkeit für die Analysevormoderner Texte hin zu
prüfen.
 Soweit bisher bekannt,handeltessich bei der Reformatio Sigismundi um die erste deutsch-
sprachigeReformvorlage.Die Forschungist nicht müde geworden, diesen Sonderstatus des
Textes zu betonen (vgl. etwa Beer 1951, 57).
Die Arbeit an der Form85
1Die Reformatio Sigismundi unddie Konzilien
des Spätmittelalters
Nachdem das Papsttum des vierzehnten Jahrhunderts das Konzil als Verfas-
sungsorganzunehmend zurückgedrängt hat,feiert die Versammlungsform zu
Beginn des fünfzehnten Jahrhunderts ihre glänzende ckkehr.Auf das Pisanum
folgt mit den Konzilien vonKonstanz, Rom, Pavia/Siena und Basel beziehungs-
weise Ferrara/Florenz eine kirchengeschichtlich einzigartig dichte Abfolge von
Generalkonzilien.¹Die Kirchenversammlungenbieten dem politischen Dialog
der Zeit eine ungeahnt neue Plattform: Hier begegnen sich geistliche und welt-
liche Elite, hier beginnt das universaleuropäische Gespräch der politischen
Mächte(Meuthen1985, 33). Welche Strahlkraft die städtischen Großereignisse
gehabt haben müssen, lässt allein ihre Teilnehmerzahl vermuten: Treffen in
Konstanz bereits zahlreiche Gelehrte ein, so lassen sich in den 18 Jahren in Basel
insgesamt über 3000 Konzilsmitglieder inkorporieren.¹
Bemerkenswert ist dieser Umstand vorallem, weil das Konzil als Kirchenor-
gan kurzzeitig vergessen schien: Knapp100 Jahre hat kein AllgemeinesKonzil
mehr stattgefunden, als die Kardinäle 1408 aufdie Idee verfallen, ein Konzil in
Pisa einzuberufen. Das bedeutet,dass die TeilnehmerinPisa das Format Konzil
zwar in der Theorie kennen, aber nie selbst ein solches miterlebt haben. Im
Spannungsfeld vonTradition und Innovation provoziert das Konzil vonPisa da-
mit Fragen nach Form und Funktion des Versammlungsorgans als solchem, die
eine diskursive Dynamik in Gangsetzen: In Pisa gilt es, neue Formen zu finden
(Girgensohn 2007,62),inKonstanz ergeben sich dann aufeinmal neue Mög-
lichkeiten, (Kirchen)Politik zu gestalten(Rathmann 2000,15), in Basel
schließlich wird verfassungsgeschichtlich wie theologisch an Grenzen gerührt,
die zum Teil nie wiedererreicht,zum Teil erst in der Neuzeit überschrittenwur-
den(Helmrath 1987, 3).²
Die Folgedieser Innovationsdynamik sind eben jene konfliktgeladenen
Aushandlungsprozesse, die alle KonzilieninBann halten sollen: WelcheAufga-
 Helmrath (2014, 20)plädiert angesichts der dichten Reihe an Konzilien dafür,die 40 Jahre von
Pisa bis Basel als eine Epoche zu fassen.
 Zu den Teilnehmerzahlen in Konstanz und Basel vgl. Miethke(1981,749);Meuthen (1985, 43);
Müller (2012,42).AnkeinemKonzil habenmehr Gelehrteund Entscheidungsberechtigte parti-
zipiert,kein Konzil in der Geschichtehat längergedauert als jenes in Basel (vgl. Helmrath 2014,
22).
 Das Konzil vonPisa hat als Anfangspunkt dieser Entwicklung also, gerade weil es das
Schisma zunächst vertieft,aus ihm herausgeführt (vgl. Eßer 2019,742).
86 Sophie Quander
ben übernimmt das Konzil eigentlich?Wer gehört zu dessen stimmberechtigten
Teilnehmern?Wie trifft mankirchenpolitische Entscheidungen? Und, grund-
sätzlicher: Werhat überhaupt das Recht,diese Entscheidungenzutreffen?²¹ Stellt
die Flucht vonJohannes XXIII. die KonstanzerKonzilsväter doch vordas uner-
warteteProblem, ob ein Konzil ohne teilnehmenden Papst weiterhin weisungs-
berechtigt ist.Das Dekret Haec Sancta,das die Superioritätsfragezugunsten des
Konzils klärt,löst den Konflikt in Konstanz kurzzeitig nur um ihn dann in Basel
noch zu befeuern; erlaubt doch gerade Haec Sancta den Basler Konzilsvätern,
Papst EugenIV. als Ketzer abzusetzen und mit Felix V. den bisher letzten Ge-
genpapst der Geschichte zu wählen.²² Aufzum Teil abenteuerlichen Wegen
streiten Papst und Konzil um die Entscheidungs-und Deutungshoheit: Konzilien
werden über Nacht beendetoder an einen anderen Ort verlegt,Konkurrenzver-
anstaltungen eröffnet,auf Lebenszeit gewähltePäpsteabgesetzt,Konzilsteil-
nehmer exkommuniziert.Während die Auseinandersetzungenmit dem Papst das
Konzil nach außen destabilisieren, verlangsamt das gegenseitigeMisstrauen die
internen Entscheidungsprozesse: In Konstanz und Basel wirft man sich unter-
einander Korruption vor, befristet Ämter, bildet Allianzen.²³ Die weltlichen Au-
toritäten machen sich die kircheninternenKonflikte ihrerseits zu Nutze,umihren
eigenen Machtanspruchauszubauen. Und so entladen sich gerade aufden und
um die Konzilien herum die Spannungen zwischenden päpstlichen Prätenden-
ten, zwischen Papst und Konzil, zwischenPapst und Kaiser: Mit Bourdieu ge-
sprochen, stellten diese Konflikte auch und besonders ein Ringen um symboli-
sche Macht dar(Eßer 2019,25).
Liest man die Aushandlungsprozesse aufden Konzilien als KampfumVor-
herrschaft im politischen Feld, lassen sich die Konflikte als Folgeder aufbre-
chenden Feldstrukturen deuten: Das Abendländische Schisma problematisiert
die Stellung des Papstes und ebnet damit dem Konzil, einem längst vergessenen
Versammlungsorgan, den Weg; die Unfähigkeit desselben, das Schisma zu be-
enden,erlaubt wiederum Kaiser Siegmund,einem Außenstehenden in Kirchen-
fragen, einzugreifen. Gerade in dieser Ausgleichslogik wurzelt das Innovations-
potenzial, das die Konzilien freisetzen:Veränderung im Feld wird nur möglich,so
argumentiert Bourdieu, wenn die Positionen der herrschenden Feldakteurein
Bewegung kommen und eine Leerstelle bilden, in die bisher beherrschte Akteure
 Kirsch (2016,31) weist darauf hin, welche grundlegenden Parameter vordem Hintergrund
einer auslegungsbedürftigen Tradition aufden Konzilien diskutiert werden;zuden durch die
Konzilienaufgeworfenen Fragen vgl. außerdem Helmrath (2002, 481).
 Das Dekret HaecSancta führt damit in Basel das herbei, was es in Konstanz beizulegen be-
müht war (vgl. Brandmüller1997, 429).
 Zu den Machtkämpfen aufden Konzilien vgl. Meuthen (1985, 37); Müller (2012,4344).
Die Arbeit an der Form87
hineintreten nnen. Erst die strukturelle Lücke schafft Raum für Venderung
deshalb setzen sich die neuenFeldakteureauch dezidiert vonden etablierten
Autoritäten ab,umihre eigene Position zu legitimieren; sie brauchen die alte
Ordnungjedoch als Kontrastfolie, um das genuin Neue ihrer eigenen Position zu
begründen: Neueskann nur in Abgrenzung zum Altenentstehen.²Im Kontext
der spätmittelalterlichen Konzilien zeigt sich dieses Neuenun nichtnur darin,
dass das Konzil das Papsttum destabilisiert oder dass ein weltlicher Herrscher in
Kirchenbelangeeingreift; es tritt auch in dem Moment auf, als sich ein unbe-
kannter Teilnehmer des Basler Konzils berufen fühlt,mit der Reformatio Sigis-
mundi einen volkssprachigen Reformplan in den lateinischen Diskurs einzu-
spielen.
Als ein Kanzlist vonvielen aufdem Konzil partizipiertder Verfasser der Re-
formatio Sigismundi zwar am politischen Feld, kann jedoch nicht einfach Einfluss
aufdas tagespolitische Geschäft nehmen.²Er muss sich alsofragen, wieerals
Außenstehender inmittenkontingenter Meinungenund bekannterer Deutungs-
und Entscheidungshoheiten Gehörfinden kann. Dafürgilt es zunächst, sich die
eigene Position im Feld zu vergegenwärtigen:
[D]ie Strategien der Akteuresind abhängig vonihrer Position im Feld, das heißtinder
Distributiondes spezifischenKapitals, und vonihrer Wahrnehmung des Feldes,das heißt
vonihrer Sicht auf das Feld als der Sicht,die sie voneinem bestimmten Punkt im Feld aus
haben. (Bourdieu und Wacquant 1996,132)
Man könntenun meinen, dass der Verfasserder Reformatio Sigismundi seinen
Status als außenstehender Beobachter zu verschleiernsucht,schließlich möchte
er aufdas Konzilsgeschehen einwirken und muss deshalb als entscheidungsbe-
rechtigter Akteur auftreten. Doch das Gegenteilist der Fall er legt seine Ver-
mittlungsinstanz so an,²dass sie die Ereignisse in Basel selbstbewusst ausder
Linse des Unbeteiligten bewertet:
 Zu dieser Logikder Feldinteraktion herrschender und beherrschterFeldakteurevgl. einfüh-
rendJurt (1995, 94).
 ZurPosition des Verfassers der Reformatio Sigismundi,der vermutlichals gelehrter Jurist am
nigshof, aber nicht als königlicher Ratgeber tätig war,vgl.zuletzt Dümling(2020,215,Anm. 9).
 Mit den Kategorien Verfasserund Vermittlungsinstanztrenne ich unterschiedlicheAnaly-
seebenen: Die Position des Verfassers im Feld soll im Folgenden mit der Position der Ve rmitt-
lungsinstanz im Text zusammengebracht werden. Bourdieu spricht voneiner Strukturhomologie
zwischen dem Raum der Stellungen(der Position eines Autors im Feld) und dem Raum der Werke
(dem literarischen Text); vgl. Jurt (1995,86).
88 Sophie Quander
Also ist es angeslagen und sein decreta gemacht; sehe man an, wer yrret es?wokomen dye
heupter? wo sein dyechurfursten?wosein dye cardina
le und ertzbischove? dye fliehen. Mich
duncket, es rur sye, sye stunden gernn ab;man kandye reformatz nit außgeben dann mit
gewalt und pene /zuverorden, daz syebestee. Ich hab eins gedacht: do Cristus Ihesus gemartet
wart, do stund im wenigvolckes pey in sein grossenn gerechtigkeyten und uberwantzdoch; also
aller gerechtigkeyt hanget wenig volcks an und überwintzdoch am letzten; der schatz aller
gerechtigkeyt ist villeicht den kleinen behalten. (RS N5658)²
[So ist es beschlossen und sind die Dekrete erlassen worden. Nunbedenkeman, werver-
hindert es?Von wo kommen die Häupter?Wosind die Kurfürsten?Wosind die Kardinäle und
Erzbischöfe?Die fliehen. Mir scheint, es betreffe sie, aber sie habennur allzu bereitwillig
verzichtet.Man kanndie Reform nicht angehen, außer man ordnet unter Androhung von
Gewaltund Strafe an, dass sie Bestand habe. Ich habeeines gedacht: Als Jesus Christus
gemartert wurde, da standen ihm und seinen vielen rechtmäßigenForderungennur wenige
bei und er siegtedoch; jede Gerechtigkeit hat also nur eine kleine Anhängerschaft und siegt
letzten Endes dennoch.Der Schatz aller Gerechtigkeit ist vielleicht den Kleinen vorbehalten.]
Das erste Mal ergreift die Vermittlungsinstanz in der ersten Person Singular das
Wort,nachdemeine Kette rhetorischer Fragen die Abwesenheit der eigentlichen
Entscheidungseliten vorAugen geführt hat.Die Relevanz der gestelltenForde-
rungen plausibilisiertsie, indem sie ein Machtvakuumkonstruiert: Die eigene
Stimme ersetzt die fehlenden Autoritäten, tritt mit Bourdieu gesprochen an die
Position im Feld, die bisher vonden herrschenden Feldakteuren besetzt worden
ist.Dass die Vermittlungsinstanz argumentiert,wie sie argumentiert,gründet
wesentlich in dieser Wechselwirkung vonPosition im und Sichtauf das Feld: Nur
wer vonaußen auf das Feld blickt,kann dasChaos im Feld überblicken und
notwendige Ratschlägeformulieren. Der Schachzugist klug gewählt,verkehrt er
doch die herrschenden Kapitalformen: Gilt die Nähezum Konzil und den dort
anwesenden politischen Entscheidungsträgern eigentlich als feldrelevantes
symbolisches Kapital, setzt die Vermittlungsinstanz der Reformatio Sigismundi
gerade aufihre neutrale Position. Der Verfasserder Reformatio Sigismundi wendet
den Nachteil, ein Außenseiter im Feld zu sein, also in ein Alleinstellungsmerkmal,
das er textimmanent als besonderes Potenzial inszeniert.Diese Inversionslogik
zählt laut Bourdieu zu den typischen Argumentationsstrategien beherrschter
Feldakteure, die in einer Doppelbewegung die herrschenden Kapitalformen ab-
zuwerten und ihr eigenes Kapital zu nobilitieren suchen(vgl. Bourdieu und
Wacquant 1996,129).Haben die Konzilsväter Dietrich vonNieheim oder JobVener
 Zitiert wirdnach: Reformation Kaiser Siegmunds. Hg. Heinrich Koller (Monumenta Germaniae
Historica 6). Stuttgart: Hiersemann,1964.Die Reformatio Sigismundi existiert in den fünf, z.T. sehr
voneinander abweichendenFassungenN,K,P,Gund V(vgl. Koller 1957,485 518),die im Fol-
genden alle berücksichtigt werden.
Die Arbeit an der Form89
in ihren Reformvorschlägenihre Nähe zum Konzil noch durch Publikumsapo-
strophen an die Kirchenversammlungund die Gelehrtensprache Latein auszu-
stellen gesucht,distanziert sich der Verfasserder Reformatio Sigismundi nicht
zuletzt über die Volkssprache vonjenen politischen Entscheidungsträgern, die
im Anblick der Krise versagen. Der Impetuswird klar: Er fordert nicht nur anderes,
er spricht auch eine andere Sprache.
Dass der Verfasser für seinen Text die Volkssprache wählt,zielt also nicht
einfach nur wie vonder historischen Forschung wiederholt behauptet auf
Breitenwirkung.²Die Verwendung der Volkssprache folgt vielmehr einer inhä-
renten Logik: Indem der Verfasser der Reformatio Sigismundi die etablierten
Kommunikationsweisen des Feldes bewusst negiert und stattdessen eigene Aus-
drucksformen suchtbersetzt er seineKritik in den Raum der Sprache. Die
Volkssprache transportiert somit ein politischesSignal:
Die Sprache zu erneuern,sie vomSprachgebrauch der alten Gesellschaft zu reinigen und,
derart gereinigt,für verbindlich zu erklären, bedeutet,ein Denken für verbindlich zu er-
klären, das seinerseits geläutert und gereinigtist.[]Kurz, es geht nicht nur darum, zu
kommunizieren, sondern auch darum, einer neuen Sprache der Macht mit neuem politi-
schem Vokabular,neuen Verweis- und Bezugssystemen, Metaphern und Euphemismen
Anerkennungzuverschaffen, und damit auch der Vo rstellungvon der sozialen Welt,die mit
ihnen vermittelt wird[.] (Bourdieu 1990,24)
Der Kampf um Kapitalformen und Machtpositionen im Feld wird zum Kampf um
die sie beschreibenden und autorisierenden Ausdrucksformen. Um Machtstruk-
turen zu vendern, so ließe sich Bourdieu aufeinen Punkt bringen, müssen sich
erst die sprachlichenCodes vendern, mit denen diese be- und geschrieben
werden. Der Verfasser der Reformatio Sigismundi wählt die Volkssprache, um die
politische Vision der Erneuerung sprachlich zu implementieren: Die artikulierten
Reformen fordern eine neue Sprache, ebensowie nur die neue Sprache Vehikel
der Reform seinkann.²Im Sprachwechsel zeichnet sich eine programmatische
Formel ab,die die bestehenden Feldstrukturen vendern und genuin Neues er-
reichen will: Reformen zu fordern bringt mit sich, Sprachformen zu reformieren.
Der Verfasser der Reformatio Sigismundi tut dies nicht nur,indemerdas Deutsche
gegendas Lateinische ins Feld führt und dadurch das Machtverhältnis vonGe-
lehrten- und Volkssprache dynamisiert.Erführt darüber hinaus auch Argumen-
 hns (1951/1952, 19) etwa argumentiert,dass Stil, Volkssprache und die breitenwirksamen
Register vonPredigt und Prophetie diese Absicht ausstellen; vgl. auch Struve (1978,128129).
 Jonas Kolthoff zeigt in seinem Beitrag auf, wie das Deutsche im Laufe der Reformation selbst
zur vorherrschenden Normsprache wird, die das Dialektale zunehmend verdrängt (vgl. Kolthoff,
infra).
90 Sophie Quander
tationsmuster der volkssprachigen politischenPublizistik in den Reformdiskurs
ein, wieder folgende Abschnitt zeigen soll.
2Die Reformatio Sigismundi unddie
volkssprachige politische Publizistik
Lädt die Konzilssituation auch dazu ein, herrschendeFeldakteureund ihre Ent-
scheidungsprozesse kritisch zu hinterfragen, muss sich ein volkssprachiger Autor
doch der Fragestellen, wie sein Beitrag unter zahllosen lateinischen Traktaten
wahr und ernst genommen wird. Antwort aufdiese Fragebietetihm unter an-
derem die neue politische Publizistik in der Volkssprache.
Die volkssprachigepolitische Publizistik nimmtmit der Mitte des vierzehnten
Jahrhunderts ihren Anfang.³Immer häufiger beanspruchen volkssprachigeAu-
toren für sich das Recht,ihren politischen Alltaginunterschiedlichen Textsorten
zu kommentieren. Lobrede und Schmähgedicht,Prognostik und Zeitklage, Er-
eignislied und Herrscherscheltezeugenvon einerheterogenen Textgruppe,³¹ die
nicht ästhetisch stilistische Gattungsmerkmale, sondern eine spezifische Wirk-
absicht eint: Die neuen volkssprachigen Publizistenberichten vontagesaktuellem
Geschehenund suchen damit,Meinung in einemneuen Kommunikationsraum zu
formen.³² Wo politische Oppositionsorgane, institutionalisiertes Pressewesen und
gesetzlich gesicherte Meinungsfreiheit fehlen, erfüllt die politische Publizistik
somit eine entscheidende Funktion: Sie ermöglicht über die Registervon
Kommentar oder Kritik Kontrolle auszuüben, und wirkt dadurch wesentlich an
der Konstruktion gesellschaftlicher Ordnung mit (vgl. Thum 1981, 161162).Zu-
nehmend sondert sie sich dabei vonder fiktionalen Dichtung ab und folgt eigenen
Produktionsregeln, die aufpolitische Stimmungsmache und Breitenwirkungab-
zielen. Innerhalb der volkssprachigen Literatur entsteht ein neuer Wirk-und
Schaffensraum eigener Logik und Ästhetik (vgl. Kellermann 2019a,192 193)
man möchte mit Bourdieu sagen: ein neues Unterfeld innerhalb des literarischen
Feldes.
 Kellermann (2019a, 195,Anm. 7) datiert mit Lupold Hornburgs Des ryches klage (1348) den
Beginn der volkssprachigen politischenPublizistik. Seine Reden weisen die typischenpublizis-
tischen Eigenschaften auf: Öffentlichkeit,Meinungsbildung, Tagesaktualität hier ist alles
beisammen, was Publizistik ausmacht(Kellermann 2017,209).
 Zu den unterschiedlichenTextformen vgl. Müller (2004,96); Kellermann(2019a, 192; 2019c,
326).
 Alle Definitionsangebote fassen die spätmittelalterliche Publizistik unter funktionalen Ge-
sichtspunkten(vgl. Thum 1980,1213;Müller 2004,96; Kellermann 2019a, 192).
Die Arbeit an der Form91
Die Mediävistik wehrt sich gern gegendie Behauptung, ein Phänomenhabe
im Mittelalter nochnicht existiert prominent hat sie das etwa im Falle von
JürgenHabermasDiktum vomStrukturwandel der Öffentlichkeit getan (ein
Konzept,das Habermas dem Mittelalter zu Unrecht abgesprochen hat).³³ Unbe-
nommen bleibt aber der Einwand der Alterität mittelalterlicher Literatur,der
Andersartigkeit des Erzählens also, gepaart mitden grundverschiedenen Pro-
duktions-und Rezeptionsbedingungen des Literaturbetriebs. Lässt sich Bour-
dieus Feldbegriff mit Vorsichtnoch für den politischen Bereich des Mittelalters
mit seinen Institutionen, Akteuren, Legitimationskämpfen, Machtstrukturen und
ritualisierten Praktiken heranziehen,sokommt er spätestens hier an seine
Grenzen: Ein autonomes literarischesFeld im Sinne Bourdieus lässt sich für das
Mittelalter nicht beobachten.³Dennochkann man fragen, inwiefern es wenn
auch keine ausdifferenzierteneigengesetzlichen Felder gleichwohl Feldeffekte
gibt (etwa ein gemeinsames Feldinteresse, Konfigurationen objektiverBezie-
hungen, feldcharakteristische Handlungsmuster etc.). Im Falle der volksspra-
chigen politischen Publizistik scheinen mir zwei Argumente für diesen Ansatz zu
sprechen: Wiedie wiederkehrendenBegriffe offenbarn,schreien,ausrue-
fen,melden,kund tun,verkunden,bekannt tuon,offenlich sagen,
usw.ausstellen, eint die Publizisten das (Feld)Interesse, Informationen zu ver-
öffentlichen(vgl. Thum 1980,1516). Im Laufe des Spätmittelalters stecken sie
damit ihre Position (im sozialen Raum) ab:Publizisten werden etwa im Falle
Sebastian Brants vonHerrschaftsträgern mit der politisch ausgerichteten Deu-
tung vonNaturereignissen beauftragt oder wenn ihre Stellungnahmen nicht
herrschaftskonform scheinen zensiert (vgl.Müller 1980,106). Die Macht des
 ZurKritik an Habermas vgl. beispielhaft für das Spätmittelalter Kintzingerund Schneidmüller
(2011,1011) sowie für die PublizistikKellermann(2019b, 169170). Man sollte den Begriff
dennoch mit Vorsicht genießen: Gilt es auch als gesichert,dass es Öffentlichkeit bzw. einen
öffentlichen Raumund Öffentliche[sic!] Meinung[]auch im Mittelalter gab(Hruza 2002,21),
muss man letztlich im Einzelfall entscheiden, ob und inwiefern bereits voffentlichkeit ge-
sprochen werden kann. Mit Blick aufdie im Zuge des Investiturstreits aufkommende lateinische
Publizistik mahnt Hartmann (2016a, 13) deshalb an, den Begriff Öffentlichkeit an den einzelnen
Texten zu prüfen und eher nach den Adressaten und einer durch den Text suggerierten Öffent-
lichkeit zu fragen. So lassen sich Strategien einer Ver-Öffentlichungvorallem in der Vielzahl
literarischerHybridformen und der damit im Zusammenhang stehenden unterschiedlichen
Adressatenkreise identifizieren (vgl. Hartmann 2016b, 381). Die Fragenach Erscheinungsformen
der Öffentlichkeit bringt für die historisch arbeitenden Geschichts- und Literaturwissenschaften
also primär die Aufgabe mit sich, Textstrategien nachzuzeichnen, die textimmanent Öffentlich-
keit produzieren.
 ZurAnwendbarkeit vonBourdieus Theorie und ihrerRezeption in der germanistischen Me-
diävistik vgl. Robert Gisselbaekund Stefan Rosmer,infra.
92 Sophie Quander
neuen Mediums erkennend, beginnenschließlich auch Herrschaftsträger,die
Vervielfältigungsmöglichkeitendes Drucks systematisch für ihre politische Pro-
paganda einzusetzen (vgl. Müller 2004,96). Dass Publizisten als Experten ange-
fragt,zensiert oder ihre Strategien der Meinungsbildungvon Herrschaftsträgern
kopiert werden, belegt eine Interaktion mit und graduelle Autonomie vondem
politischenFeld.³So betrachtet,kann die politische Publizistikals neues Pro-
tofeld innerhalb der volkssprachigen Literaturdes Spätmittelalters skizziert
werden.³
Als Informationsquelle und Meinungsbildner unterliegt der Publizist einem
spezifischen Authentizitätsanspruch. Angesichts lateinkundiger Macht-und
Wissensinstanzen muss der volkssprachigeDichter seine Meinungshoheit erst
einmaleinfordern und stets wiederverteidigen, seine Sprechposition ist dem-
entsprechend labil: Denn den politischen PublizistengabesimSpätmittelalter
zwar als Funktion im Prozeß gesellschaftlicher Ordnungsarbeit,nicht aber als
relativfest umrissene Berufsrolle wie heute(Thum 1980,26). Es bleibt dem
Publizisten also selbst überlassen, sich als glaubwürdige Autorität zu setzen (vgl.
Thum 1984,343). Deshalbinszeniert er sich als Augenzeuge historischer Ereig-
nisse (vgl.Kellermann 2019c, 326), nennt konkrete Jahres-, Orts- und Personen-
angaben, dramatisiert die Gefahr,unter der er Informationen veröffentlicht,³
probiert sich außerdem in tradierten Rollen, gibtsich zugleich als Dichter und
Berichterstatter, als Kommentator,Prophet und Jurist.³Dassdas richtigeSpre-
chen in der Regel dazu autorisiere, Recht zu sprechen, leitet Bourdieu (1990, 16)
unter Rekurs aumile Benveniste ausder etymologischen Verwandtschaft von
droit (Recht)und dire (sprechen) ab.Inder Sprachkompetenz manifestiere sich
die Kompetenz im Sinne eines Rechtsauf das Wort und eines Rechts aufMacht
 WieRalf Grüttemeier in seinem Beitrag betont,giltfür das literarischeFeld ohnehin nie eine
absolute, stetsnur eine relative Autonomie (Grüttemeier,infra).
 Vergleichbares konstatiert Norbert Bachleitner für die österreichische Literatur des acht-
zehnten Jahrhundertsund spricht deshalb von vorautonome[n] literarische[n] Felder[n]
(Bachleitner,infra).
 Als typisch publizistische Texteigenschaften listet Kellermann (2019a, 209; 2019c, 325326):
Aktualität,Gegenwartsbezug, deiktische Elementewie Personen-,Orts-und Zeitangaben, Wahr-
heitsbehauptungen, Selbstreferenzensowie die gelegentlich ausgestellte Gefahr für die eigene
Person.
 Müller (1980,118) benennt so divergenteRollenprofile wie Prophet,Poet,Historiker,
Gelehrter,Orator,Philosoph,Wissenschaftler,Theologe,die er im Titel seines Beitragsin
der Trias Poet,Prophet,Politikerbündelt. Da die Rolle des Politikersfälschlicherweise impli-
ziert,dass der Publizist selbst Herrschaftsfunktionen übernehmenwolle, modifiziert Kellermann
(2019a, 193194) das publizistische Rollenprofil zu Dichter,Zeuge,Kommentator,Warner
und Prophet.
Die Arbeit an der Form93
durch das Wort(Bourdieu 1990,55). Die Rechtssprache legitimiert zur Recht-
sprechung deshalb imitieren die Publizistenauch den juristischenSprach-
duktus,umihren Aussagen das nötigeGewicht zu verleihen (vgl.Thum 1980,26).
Rechtssprache, Autoritätsnennung, Quellenberufung und Übersetzungsleistung
weisen den Publizisten als lateinischen Gelehrten aus.³Das Gelehrtenwissen soll
jedoch keinesfalls Distanz produzieren, vielmehr strebt der Publizist in der Regel
eine symmetrische Kommunikation an: Die Volkssprache lädt zum Gespräch auf
Augenhöhe, während unbestimmte, zur Identifikation einladendeDeiktikadas
Publikum in den Sprechakt hineinziehen und aufdas Textprogramm einschwö-
ren. Gerade Sprichwörter,volkstümlicheFloskeln und Allgemeinwissen erlauben
als spezifisch publizistische Zutat,Konsens zu inszenieren.⁴⁰ Über diffiziles Rol-
lenspiel und eklektische Verweistechniken sucht der Publizist so, Meinung zu
formenund damitinden öffentlichenRaumzuwirken.
Selbst-und Sendungsbewusstsein gewinnt der Publizist dabei auseinem
Gefühl voffentlichkeit,das die doppelte Adressatenausrichtung suggeriert: In
der Regel apostrophierendie publizistischenTexte Herrschaftsträger mit den
Registern vonLob oder Kritik; sie wenden sich an namentlich genannte nige,
Fürsten oder Reichsstädte, preisen ihre Vorbildlichkeit oder prangern ihre Las-
terhaftigkeit an. In kollektivierenden Aussagen der ersten Person Plural impli-
zieren sie jedoch ebenso ein breiteres Publikum, das den Standpunkt des Spre-
chers aufnimmt,teilt, ihm überindividuelle Gültigkeit verleiht.¹Die doppelte
Adressatenausrichtung eint die unterschiedlichen Textformen:Inszenierensich
die Autoren der politischenSpruchdichtung als Fürsprecher eineffentlichkeit
(vgl. Behr 1980,76), wenden sich die Ereignisdichter an unterschiedliche Inter-
essensgemeinschaften und produzieren damit Teilöffentlichkeiten(Kellermann
2000,335). Am Beispiel des Humanisten SebastianBrant kann Müller aufzeigen,
wie dieser in seinen Flugblättern über die feudalen Herrschaftsträger hinaus eine
Öffentlichkeit anspricht,indem er entweder Ängste zu kompensieren oder aber
propagandistisch zu polarisierensucht.²Wesentlich baut die Publizistik auf
diese in der doppelten Adressatenausrichtung durchscheinende Legitimations-
strategie: Weniger interessiert daran, ein Kollektivzumobilisieren, braucht die
 Zu den Legitimationsstrategien vgl. u. a. Müller (1980,111;2004,105).
 Behr (1980,76) hat das für die politische Spruchdichtungnachgewiesen;zum Stellenwert von
Alltagswissen für die spätmittelalterliche Publizistik vgl. Müller (2004,108).
 ZurdoppeltenAdressatenausrichtungder volkssprachigen Publizistik vgl. Müller (1980,103;
2004,96); Kellermann (2020, 201).
 Öffentlichkeit erkennt Müller (1980,104105), soweit davonnach Maßgabe der technischen
und institutionellen Möglichkeitender Verbreitungund der bildungsmäßigen, ökonomischen
und ständischen Voraussetzungen der Rezeption schon die Rede sein kann.
94 Sophie Quander
Publizistik die implizierte Öffentlichkeit vorallem, um ihren eigenen Standpunkt
zu markieren. Die im Text produzierte Öffentlichkeit rechtfertigt,dass ein ein-
zelner als Sprecher des Kollektivs Herrschaftsträger an ihre Aufgaben erinnert.
Die Adressatengruppe plausibilisiert und legitimiert das Mitsprache- und Kritik-
recht,der Sprecher ist angewiesen aufdie Gemeinschaft,für die er eintritt.
Bourdieu bezeichnetdas als
das Mysteriumder performativenMagie [], über die der Repräsentant die Gruppe, durch die
er wird, was er ist,erst zu dem macht,was sie ist: Der Gruppensprecher,der die Vollmacht
hat,imNamen der Gruppe zu sprechen und zu wirken, zuallererst über die Magie des
Losungswortes aufdie Gruppe selbst,ist der Stellvertreter der Gruppe, die nur durch diese
Stellvertretung existiert.(Bourdieu 1990,72)
Wohlgemerkt: Eigentlich adressieren die volkssprachigen Publizisten keine ho-
mogene Gruppe,sondern beziehen sich aufunterschiedliche, bereits vorhandene
Gruppierungen. Sie sprechen die Handwerker an und ergreifen für die städtische
Mittelschicht Partei, appellieren an den niedrigen Adel oder kritisieren den Kle-
rus. Strenggenommen schaffen die Publizisten also keine Gruppe,bündeln in
ihrem holistischen Anspruch aber gleichwohl historisch gewachsene Gesell-
schaftsschichten zu einer Kommunikationsgemeinschaft.Mit diesem Kumulati-
onseffekt evozieren die Publizistenden Eindruck voffentlichkeit (oder ge-
nauer: den Eindruck einer Vielzahl heterogener Teilöffentlichkeiten).
Definiert man politische Publizistik unter dem funktionalen Gesichtspunkt
der MeinungsbildungiffentlichenRaum, lässt sich auch die Reformatio Si-
gismundi als Teilbewegung derselben fassen. Denn sie stelltmit der Wahl der
Volkssprache ihre Reformentwürfe einer Öffentlichkeit vor, die über den internen
Konzilskontext hinausreicht,und bildet damitMeinung in politischen Aushand-
lungsprozessen.³Es gilt im Folgenden aufzuzeigen, inwiefern die Reformatio
Sigismundi die ästhetischen Spielformen und Wirkabsichten der politischen Pu-
blizistik aufnimmt,modifiziert und erweitert.
Dem Publizisten vergleichbar,sichert sich auch die Vermittlungsinstanz der
Reformatio Sigismundi durch ein assoziativesBelegnetz ab:Sie zieht die Bibel
neben Sprichwörtern heran, rekurriert aufangebliche Schriftquellen und allseits
bekannteLegenden,zitiert etablierte Kirchenväter und Gelehrte neben anonymen
buchtichtern(RS N108, N148, N202; Buchdichtern).⁴⁴ Die vielen lateinischen
 Bereits Struve (1978,102,Anm. 173) und Thum (1980,21) setzen die Reformatio Sigismundi in
Bezugzur zeitgenössischenPublizistik; zur Traktatliteratur aufden Konzilien im Allgemeinen vgl.
Miethke(1981, 741).
 Für ausführliche Belegstellen vgl. die oben angekündigte Monografie Aufder Suche nach Re|
formen: Literarische Wege der Selbstlegitimation in der Reformatio Sigismundi (1439).
Die Arbeit an der Form95
Einschübe sollen den Aussagen Gewicht verleihen dass die Reformatio Sigis-
mundi dabei nicht immer richtig zitiert,tut der Wirkungkeinen Abbruch. Die
späteren Bearbeiter erweitern ihre Vorlagedeshalb immer wieder durch lateini-
sche Einschübe. Selten stehen die Zitate isoliert,inder Regel wiederholt die Re-
formatio Sigismundi den Inhalt in der Volkssprache. So übersetzt die N-Fassung
die ausdem Deuteronomium übernommene Prophezeiungdes nahenden Pries-
terkönigsmit der Überleitung zuteutsch(RS N328; aufDeutsch)für ihr lai-
kales Publikum. In konsenssichernden Floskeln wie [e]s ist yederman woll
wissen(RS N344; jedermann soll wissen), [e]s ist an zwifel(RS K106,K234;
es besteht kein Zweifel), als es woll ofennbar ist(RS N104; wieesdeutlich
ist)oder das bekent (yeder)man woll(RS N106,N38; das gibtwohl jeder-
mann zu)rekurriert die Reformatio Sigismundi darüber hinaus aufAllgemein-
wissen, während Einschübe wie das ist bewert(RS N224; es ist bewährt), als
gewonlich ist(RS N230; wieeblich ist)und als billich ist(RS N192; wie
es sich ziemtber das Gewohnheitsrecht argumentieren.
Ihrer kombinativenVerweistechnik entsprechend kleidet sich die Vermitt-
lungsinstanz der Reformatio Sigismundi in unterschiedliche Sprecherrollen: Als
Gelehrterzitiert sie ausder Bibel, als Lehrer übersetzt sie das Zitierte, als
Gleichgesinnter erinnert sie an bekannte Sprichwörter und Anekdoten, als Pro-
phet deutet sie die Reform als ttlichen Plan. Episoden ausdem Konzilsge-
schehensollen bezeugen, dass die Ve rmittlungsinstanz das Geschilderte selbst
erlebt hat: Es ist gescheen Basel(RS N296; In Basel hat sich zugetragen),
dass ein Gericht dem Klagenden unrechtmäßigdas väterliche Erbe aberkannt
habe. Mit der Floskel als yedermanwol weyß(RS N244; wie wohl jedermann
weiß)rekurriert die N-Fassung aufEreignisse des Konzilsgeschehens, gern zi-
tieren die unterschiedlichen Fassungen außerdem (nicht belegte) Aussagen un-
terschiedlicher Konzilsteilnehmer.Immer wieder sollen(vermeintlich) wahre
Begebenheiten das Behauptetebestätigen so rechtfertigt die Vermittlungsin-
stanz ihre Kritik an den Klöstern mit dem Ve rweis aufeigene Erfahrung: ich weyß
ein closter sant Bernhartzordens(RS N164; ich kenne ein Kloster des Zister-
zienserordens), das unrechtmäßigBesitz angehäuft habe. Das besagteKloster
dient der Vermittlungsinstanz als Beispiel einerumsich greifenden Entwicklung:
der closter findt man vil(RS N164; Klosterdieser Art findet man viele). Hier
tritt die Vermittlungsinstanz vorallem als gutinformierter Berichterstatter und
Augenzeuge auf.
Ihre Appelle formuliert die Vermittlungsinstanz überdie rationalisierenden
Register der Jurisdiktion, indem sie dieselben überwiegend in unpersönliche
Sprechhaltung,imperativische Wendungenund iterative Satzstrukturen kleidet.
Kontrastivhierzu lädt sie in emotionalen Ausrufen, Kollektivformeln und flexi-
blen Sprechpositionen ihre Rezipienten zur Identifikation ein. Gebetsformeln,
96 Sophie Quander
Exempelund Reime lockern den juristischen Tonder Forderungenauf und wirken
persuasiv.
Die Vermittlungsinstanz legitimiert sich überdies,indem sie den Text als
Übersetzungeiner lateinischen Quelle ausgibt,die Kaiser Siegmund autorisiert
habe. Die Quellenfiktion wie auch die vielen Zitate und Autoritätsnennungen
stellen den Text in eine lateinischeTradition:
Aristotilesspricht: Het der mensch keingepot von got, dannoch dye natur zeichet, wasrecht ist;
darumb sprich ich: dye gelerten leben nicht naturlich, sye wyssen das unrechtund meyden des
nit und sein gote widerig;ich bekenne, ich enpfinde, das dye cleinenn dye grossen weysen
müßenn durchdas ewangelium Cristi; nit an einer stat, an mancher stat man es woll findet.
Augustinus spricht: Surgunt indocti et rapiunt celum et docti merguntur in infernum es
sten auff dye ungelerten und ergreyffent den hymel und dye gelerten genuntter in dye helle. Wer
ist ytzundt gotlicher ordenung wyderigerdann dyeprelaten und dyegelertenn?esget ytzunt
geleich als Ysaias spricht: Dereliquerunt deum, plasphemaverunt nomen santum suum, alie-
nati sunt, abierunt retrorsum syehaben sich von gotgescheyden, syeverschelten seinen
heyligen namen, sye sein abgetretten;daz ist alles war;esist fast abgetretten gesichtiglichen
und lebet nyemant mee naturlichen. (RS N8284)
[Aristoteles spricht: Wenn der Mensch kein Gebot vonGott hat,zeigt ihm doch die Natur,was
rechtmäßigist.Darum spreche ich: Die Gelehrten leben nicht natürlich,sie kennen das
Unrechtund meiden es nicht und handeln gotteswidrig.Ich bekenne, ich empfinde, dass die
Kleinen mithilfe des Evangeliums Christi die Großen weisenmüssen. Diesen Zustand findet
man sehr häufig.
Augustinus spricht: Surgunt indocti et rapiunt celumetdocti merguntur in infernum
die Ungelehrten erheben sich und ergreifen den Himmel und die Gelehrten fahrenindie
Hölle.Werverstößt derzeit mehr gegendie ttliche Ordnungals die Prälaten und Gelehrten?
Es verhältsich derzeit genauso wie Jesajaspricht: Dereliqueruntdeum, plasphemaverunt
nomen santum suum, alienati sunt,abierunt retrorsum sie haben Gott verlassen, sie
verachten seinen heiligen Namen,sie haben sich vonihm abgewandt. Das ist alles wahr.Alle
sind nur allzu sichtbar abgewandt, niemandlebt mehr natürlich.]
In syntaktischer Analogie zu Aristoteles (Aristotiles spricht/darumb sprich
ich)führtdie Vermittlungsinstanz ihre eigene Stimme als Autorität ein: Sie de-
monstriert,dass sie den antiken Autor wortgenaukennt und dessenAussagen
einem Laienvermitteln kann. Aufdie aristotelische Metaphysik folgeneigene
Beobachtung(dyegelerten lebennicht naturlich)und Handlungsaufforderung
(dyecleinenn [müßenn] dyegrossen weysen), die wiederum die Bege aufdie
christlichen Autoritäten Augustinus und Jesaja argumentativstützen.Dadurch
entsteht eine Kausalkette, die antikes, kirchliches und laikales Wissen ver-
schränkt und verständlich vermittelt. Die Reformatio Sigismundi verfehlt also
nicht etwa ihren Rezipientenkreis, wieBeer (1937,171)einmal behauptet hat,wenn
sie lateinische Zitate in einem volkssprachigen Text bringt.Man soll die Zitate gar
nicht verstehen, schließlich übersetzt die Reformatio Sigismundi. Das Publikum
Die Arbeit an der Form97
kennt diese Verweistechnikaus der zeitgenössischen Publizistik und akzeptiert
sie als Vertextungsstrategie, die wenigerder Aussagedienenals vielmehr den
Sprechenden legitimieren soll. Denn als erste volkssprachigeReformvorlagemuss
die Reformatio Sigismundi ihr Recht aufMitsprache erst rechtfertigen, bevor sie
Kritik üben und Ratschlägeformulieren kann. Vordiesem Hintergrund geben sich
Gelehrtenreferenzen und Bilingualität ebensowie Sprichwörter und Integrati-
onsformeln als Argumentationsmuster zu erkennen, die den Zugang zu unter-
schiedlichen Wissenswelten und damit die besondere Eignungder Vermitt-
lungsinstanz ausstellen. Wasbisher an dem Text irritiert hat die assoziativen
Zitate, das Vulgärlatein, die Selbststilisierung sowohl als kaiserlicher Übersetzer
wie auch als Vertrauter des kleinen Mannes‘–erscheint vordem Hintergrund der
politischenPublizistikals typische Überzeugungsstrategie: Die Synkrise ist äs-
thetisches, und mehr noch: politisches Programm.
Eine weitere, typischpublizistische Argumentationsstrategie bedient die
Reformatio Sigismundi in ihrer doppelten Adressatenausrichtung.Inihren Pu-
blikumsapostrophen mobilisiert die Reformatio Sigismundi zunächst alle fursten
und herren, alle ritterschefft und yr werden reichstet gemeinglich(RS N52; alle
Fürsten und Herren, alle Ritterschaft und ihr rdigen Reichsstädte gemeinsam)
als jene Kräftedes Reichs, die für die Reform verantwortlich zeichnen. Ebenso
appelliert der Text aber auch an ein abstraktes Kollektiv: yderman(RS N68, N
336; jedermann)solle zuschlagen, denn [i]n diser vermanung sollen sein jung
und alt,alle gemein cristenheyt,nyemant außgenomen(RS N78; Die Ermah-
nung richtet sich an Jung und Alt,analle Christen, niemand ausgenommen). Die
scheinbar widersprüchlichen Adressatenappelle der Reformatio Sigismundi ha-
ben wiederholt zu Schwierigkeiten geführt,einen eindeutigen Rezipientenkreis zu
benennen.⁴⁵ Liest man die Apostrophen indes vordem Hintergrund der politi-
 Die Frage, wen die Reformatio Sigismundi denn eigentlich adressiert,hat die Forschung
wiederholtmit Blick aufdie im Text apostrophierten kleinen diskutiert.Die DDR-Historiographie
hat in der Formel vonden kleinen,die laut der Reformatio Sigismundi die Reform umsetzen sollen,
den Beginn der frühbürgerlichen Revolution erkannt; der Text suche demnach die unteren Be-
lkerungsschichten zu mobilisieren (vgl.etwa hns 1951/52, 19). Dohna (1960,156158) hin-
gegenhat die kleinen als programmatische Formel im Sinne der geistigArmen gelesen: Die Träger
der Reform sollen diejenigensein, die wie die Kleinen denken und also Buße tun. Dohnas Lesart
folgt Pfaff (1999,196), auch wenn er stellenweise soziale Implikationen nicht ausschließt.Da-
gegenhat Irsigler (1976,253 254) argumentiert,dass die Dichotomie von heupternund kleinen
bei aller begrifflichen Offenheit Grenzziehungenvornimmt; er fasst die kleinen deshalb als die
zur stärkerenpolitisch-gesellschaftlichen Mitverantwortungaufgerufenen Kräftedes Reiches
unterhalb der Adelsspitzeder Fürsten und Landesherren, die Gemeinschaft der politisch und
rechtlich handlungsfähigen Menschen in Stadt und Land, der gemeine Mann schlechthin, re-
präsentiert durch die kleinen Obrigkeiten, die selbst wieder vielfach einer fürstlichen,landes-
98 Sophie Quander
schen Publizistik, gebensich die unterschiedlichen Ansprachen nicht als Ge-
gensatz, sondern als bewusstes Zusammenspiel zu erkennen: Indemdie Ver-
mittlungsinstanz Konsens suggeriert,integriert sie eine heterogene Adressaten-
gruppe, als deren Stellvertreter sie auftreten kann. Der Text aktiviert in seinen
Apostrophen eine Öffentlichkeit,hinter den konkreten Funktionseliten des Reichs
den eigentlichen, vonder Vermittlungsinstanz in die Pflicht gerufenen Re-
formakteuren scheintein Kollektivhervor,das die Forderungender Reformatio
Sigismundi legitimiert und mitträgt.
3Fazit
1439 in dem Moment, als sich das Basler Konzil nach sechs Jahren erfolgreicher
Reformtätigkeit wieder mit dem Papst entzweit und ein neues Schisma riskiert
setzt ein anonym gebliebener Konzilsteilnehmer einen deutschsprachigen Re-
formvorschlag auf, den spätereBearbeiter kurz daraufdem verstorbenen Re-
formkaiser Siegmund vonLuxemburgzuschreiben. Diese erste volkssprachige
Reformvorlageentsteht in einem Klima, in dem 1. die politischenEntschei-
dungsträger aufdem Konzil ihre eigene Position kritisch diskutieren und 2.
volkssprachigeAutoren immer mehr aufMitspracherecht drängen. Der Ve rfasser
der Reformatio Sigismundi,sodie These,hat diese Entwicklungenerkannt und in
produktive Synthese gebracht.
Als Randfigur des Konzilsgeschehens muss der unbekannteVerfasser sein
Recht aufMitsprache erst gegendie herrschenden Akteuredes politischen Felds
behaupten, bevor er Kritik übenund nachhaltig Forderungenstellen kann. Dies
gelingt ihm, indemerauf die Aura des berühmten Reformkaisers setzt und sich
zugleich vonden korrumpierten Entscheidungseliten aufdem Konzil distanziert.
In Zeiten politischer Krisen schlägt er somit ausseiner Außenseiterposition Ka-
pital. Entscheidendes Medium wird nicht zuletzt die Volkssprache: Die Refor-
matio Sigismundi wendet sich vonden Kommunikationskonventionen des poli-
tischen Felds ab, verhandeltKritik und Forderungsomit sprachlich nur eine
neue Sprache kann Vehikel des Neuanfangssein.Die Volkssprache erlaubt
überdies,jenseits der Konzilsöffentlichkeit Einfluss zu nehmen. Mit welchen li-
terarischenVerfahren Einflussnahme in der Volkssprache gelingen kann, lernt der
Text nicht zuletzt vonder neuen volkssprachigen Publizistik: Man informiert über
die tagesaktuelle Politik, wählt unterschiedliche Sprecherrollen, polemisiert ge-
herrlichen Obrigkeit gegenüberstandenhnlich deutetauch Struve(1978,109) die kleinen als
eine nicht klar zu begrenzende neue Herrscherelite.
Die Arbeit an der Form99
gendie Entscheidungselitenund adressiert eine diffuse Öffentlichkeit.Liest man
die Reformatio Sigismundi als Teilbewegung der politischen Publizistik des
Spätmittelalters, erklärt sich, warum die Vermittlungsinstanz so assoziativzitiert,
sich mal als Gelehrter, mal als Vertrauter ausgibt,warumsie zeitgleich die
Reichsstände und den kleinenMann anspricht eben all das sind publizistische
Argumentations- und Persuasionsstrategien, die der Verfasserder Reformatio
Sigismundi für sich einzusetzen versteht.ImKampf um Deutungshoheit aufdem
politischenFeld vertrauterauf den Selbstanspruch des Publizisten, nicht an
politischerMacht,sondern an politischer Wahrheit interessiert zu sein.
Das stilistische Experiment soll schließlich zum Erfolgführen. Nicht zuletzt
dank ihrer scheinbardisparatenForm findet die Reformvorlagesoviele Bear-
beiter,erregt in der Reformationszeit einigeAufmerksamkeit und gibt noch der
Geschichtswissenschaftdes zwanzigstenJahrhunderts das ein oder andere Rätsel
auf. Seinen Ruhm verdankt der Text also gerade nicht seiner erfolgreichen
Nachahmung bestehender Feldstrukturen, sondern seiner subversivenKraft,die
im Spiel mit unterschiedlichen Rollenmustern und Publikumsapostrophen, mit
den breitenwirksamen Registern vonPredigt und Prophetie und nicht zuletzt in
der Volkssprache ihre Wirkungentfaltet.Gerade mitdiesen ausder Publizistik
übernommenen Stilvarianzen behauptet und gewinnt die Reformatio Sigismundi
ihre Position im politischen Feld denn: zur Ausübung symbolischer Macht
[gehört] eine Arbeit an der Form(Bourdieu 1990,56[Kursivierung im Original]).⁴⁶
Literaturverzeichnis
Anonym. Reformation Kaiser Siegmunds. Hg. Heinrich Koller.Stuttgart: Hiersemann, 1964.
Beer,Karl. ZurFrage nach dem Verfasserder Reformatio Sigismundi‘“.Mitteilungen des
Institutsfür Österreichische Geschichtsforschung 51 (1937): 161177.
Beer,Karl. Der gegenwärtigeStand der Forschung über die Reformatio Sigismundi.
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Book
Das Konzil von Pavia-Siena : 1423-1424. - Paderborn u.a. : Schöningh, 2002. - XXIV, 371 S. - (Konziliengeschichte : Reihe A, Darstellungen ; [18]). - Teilw. zugl.: München, Univ., Habil.-Schr., 1968
Chapter
1431 trat in Basel ein Generalkonzil der lateinischen Kirche zusammen.1Nicht ohne erhebliche Kontroverse über seine Ökumenizität wird es in der offiziellen römischen Zählung zumindest in Verbindung mit dem Konzil von Ferrara und Florenz, das 1438 die Basler Synode fortsetzte, heute mehr oder weniger als ökumenische Kirchenversammlung geführt.2Schon diese verklausulierte Umschreibung deutet an, in welcher Spannung das Basiliense zum kirchlichen Selbstverständnis steht.