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SUSANNE OBERHOLZER/REBEKKA STUDLER
BILDUNG UND BERUF ALS AUSSCHLAGGEBENDE FAKTOREN
FÜR SPRACHEINSTELLUNGEN?
VERGLEICH ZWEIER AKTUELLER PROJEKTE ZU DEN SCHWEIZER
VARIETÄTEN
Abstract: Im vorliegenden Beitrag werden erstmals Daten zweier aktueller Projekte zu
Einstellungen von Deutschschweizer/-innen zu Hochdeutsch und Dialekt verglichen.
Dabei wird beleuchtet, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten sich in den Daten
der Samples – einem bezüglich Bildung und Beruf heterogenen und einem bezüglich
dieser Faktoren homogenen – feststellen lassen. Es zeigt sich eine vielschichtige Kon-
zeptualisierung des Hochdeutschen in beiden Studien, die mit der Annahme unter-
schiedlicher mentaler Hochdeutsch-Modelle (Norm, Plurizentrizität, Schriftlichkeit,
Mündlichkeit mit zwei Untermodellen) erklärt werden kann.
Abstract: This article draws from a comparison between two projects on the attitudes of
Swiss-Germans towards High German and dialect. We identify the differences and
similarities in the data samples of the studies, one of which being heterogeneous with
respect to education and profession, the other one being homogeneous. The results of
both studies suggest a multi-layered conceptualization of High German, which we
explainonthebasisofdifferentmentalmodelsforHighGerman;i. e.norm,pluricen-
tricity, literacy, and orality.
Keywords: Spracheinstellungen, Hochdeutsch, Schweizerdeutsch, Deutschschweizer
Sprachsituation, Hochdeutsch-Modelle
1. Einleitung
Die Deutschschweizer Sprachsituation ist geprägt durch die alltägliche Prä-
senz von Schweizerdeutsch (Dialekt, Mundart) und Standarddeutsch (Hoch-
deutsch)1 – und das Fehlen einer oder mehrerer Zwischenvarietäten in Form
eines Dialekt-Standard-Kontinuums. Eine ungefähre Annäherung an die Ver-
teilungderbeidenVarietätenfindetsichbeiSieber(2010,S.374;Hervorhe-
bung im Original): „In der Deutschschweiz schreibt man – prinzipiell – Stan-
dardsprache, und man spricht – ebenso prinzipiell – die Mundarten.“2 Er stellt aber
auchfest,dasses„Einbrüche[…]aufbeidenSeiten“(Sieber2010,S.374)gibt,
1 Im Folgenden werden die Termini Schweizerdeutsch, Dialekt und Mundart synonym verwendet.
Dasselbe gilt für die Begriffe Standarddeutsch und Hochdeutsch.
2 UmdieseVerteilungeinzufangen,wurdedasvonFerguson (1959)eingeführteKonzept Di-
glossievonKolde(1981)inmediale Diglossie umgedeutet. Für die Diskussion der Terminologie
die Deutschschweizer Sprachsituation betreffend (Diglossie vs. Bilingualismus) sei auf Ober-
holzer(2018,S.46–64,421–423)sowieStudler(2017a)verwiesen.
DOI 10.2357/9783823393177
-
06 SDS 85 (2020)
Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG
Originalveröffentlichung in: Hundt, Markus/Kleene, Andrea/Plewnia, Albrecht/Sauer, Verena (Hrsg.): Regiolekte.
Objektive Sprachdaten und subjektive Sprachwahrnehmung. – Tübingen: Narr Francke Attempto, 2020. S. 131-156.
(Studien zur deutschen Sprache 85)
Publikationsserver des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache, URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:mh39-106399
Susanne Oberholzer/Rebekka Studler
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also geschriebenen Dialekt und gesprochenes Standarddeutsch.3 Ein zentraler
Unterschied zu den benachbarten deutschsprachigen Ländern Österreich
und Deutschland liegt in der Verwendung des Dialekts als alltägliche münd-
liche Umgangssprache unabhängig von Herkunft (sozial/regional), Bildungs-
grad, Gesprächsthema und Art der Gesprächssituation (offiziell vs. privat)
(vgl.Ammon/Bickel/Lenz(Hg.)2016,S.XLV f.).
Zusätzlich ist das theoretische Konzept der Plurizentrizität massgeblich für
die Beschreibung der Sprachsituation: Das in der Schweiz verwendete Stan-
darddeutsch ist – wie auch jenes der anderen deutschsprachigen Länder –
durch „eigene standardsprachliche Besonderheiten“ (ebd., S. XXXIX) auf al-
len linguistischen Ebenen geprägt. Diese gelten gemäss der plurizentrischen
Sichtweise „nicht als Abweichungen von einer übergreifenden deutschen
Standardsprache“,sondern werdenals„gleichberechtigt[e]“Variantenan-
gesehen (ebd., S. XLI). Inwiefern dieses linguistische Konzept, das seit den
2000erJahrenvermehrtauchinderDeutschschweizv. a.imschulischenKon-
text propagiert wurde, in den Köpfen der Deutschschweizer Sprachgemein-
schaftverankertist,istallerdingsumstritten(vgl.Scharloth2005,S.261–264;
Schmidlin2011,S.296).
Diese Sprachsituation mit dem Nebeneinander der beiden Varietäten auf der
einen Seite und einem plurizentrischen Blick auf die Standardvarietät auf der
anderen Seite hat spezifische Bewertungen und Einstellungen bei den Spre-
cher/-innen zur Folge. Solche Spracheinstellungen zu Hochdeutsch und
SchweizerdeutschinderDeutschschweizwurdeninsbesondereinden1980er
und1990erJahrenregeuntersucht.AlsHauptergebnisdieserStudienkann
gelten, dass dem Schweizerdeutschen nahezu nur positive Gefühle entgegen-
gebracht werden – Schweizerdeutsch ist die Umgangssprache für alle sozia-
len Schichten –; das Hochdeutsche hingegen wird als Schulsprache, Fremd-
sprache und Sprache der Deutschen wahrgenommen und hat dementsprechend
keineneinfachenStand(vgl.Sieber/Sitta1986,S.29–34,140;HäckiBuhofer/
Studer1993,S.197;Schläpfer/Gutzwiller/Schmid1991,S.128–130,154–156).
Zwei aktuelle Projekte zu Spracheinstellungen gegenüber Standarddeutsch
und Schweizerdeutsch in der Deutschschweiz (Oberholzer 2018; Studler
i. Vorb.)4 zeigen auf, dass die Bewertungen und Einstellungen zum Hoch-
3 Vgl.z. B.Oberholzer(2018,S.23–27)füreinenÜberblick.
4 Das Projekt „Zwischen Standarddeutsch und Dialekt. Untersuchung zu Sprachgebrauch und
Spracheinstellungen von Pfarrpersonen in der Deutschschweiz“ wurde durch den For-
schungskredit Candoc der Universität Zürich und ein Mobilitätsstipendium des Schweizeri-
schenNationalfonds(SNFProjekt-Nr.PBZHP1_147301)gefördert.DasProjekt„ZurGenese
von Einstellungen zu Standarddeutsch und Schweizerdeutsch in der Deutschschweiz“ wur-
de durch ein Mobilitätsstipendium des Schweizerischen Nationalfonds (SNF Projekt-Nr.
PA00P1_139602)unterstützt.
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Bildung und Beruf als ausschlaggebende Faktoren für Spracheinstellungen?
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deutschen nicht so eindimensional sind, wie bis anhin vermutet, sondern dass
sie vielmehr sehr unterschiedlich und vielschichtig ausfallen. Diese viel-
schichtigen Einstellungen kommen dabei nicht nur interindividuell, sondern
auch intraindividuell zum Tragen. Treten kontroverse Einstellungen intrain-
dividuell auf, können sie zu Widersprüchlichkeiten führen. Interessanterwei-
se scheinen die Befragten allerdings unbefangen mit diesen Widersprüchlich-
keiten umzugehen. Im vorliegenden Beitrag sollen deshalb in der Hauptsache
zweiFragendiskutiertwerden:1.WelcheFaktorensindfürdieEinstellungen
ausschlaggebend?und2.Wiekönnendie(vermeintlichen)Widersprüchlich-
keiten erklärt werden? Zur Beantwortung dieser Fragen stützen wir uns auf
den Ansatz der mentalen Modelle nachChristenetal.(2010),welcherinAb-
schnitt4kurzvorgestelltwird.
In diesem Beitrag werden die beiden Projekte einander erstmals gegenüber-
gestellt. Dieser Vergleich bietet sich aufgrund des gleichen Untersuchungsge-
genstandes sowie der ähnlichen Methoden und Fragestellungen der Projekte
an. Da sich die Stichproben der Projekte in den beiden Faktoren Beruf und
Bildung wesentlich unterscheiden, soll zudem der Frage nachgegangen wer-
den, inwiefern sich die Resultate aus dem Projekt Oberholzer (mit einem dies-
bezüglich homogenen Sample) in die Resultate aus dem Projekt Studler (mit
einem heterogenen Sample) einfügen.
DerBeitragistwiefolgtgegliedert:InAbschnitt2werdendiebeidenProjekte
inklusive der angewandten Methoden kurz vorgestellt sowie Gemeinsam-
keitenundUnterschiedeim Methodendesign herausgestellt.InAbschnitt3
werden die Faktoren beleuchtet, die für die Ausbildung der Einstellungen ver-
antwortlichsind,undverschiedeneEinstellungstypenskizziert.Abschnitt4
diskutiert die vielschichtige Konzeptualisierung des Hochdeutschen und ver-
gleicht die Resultate der beiden Projekte. Der Beitrag schliesst mit einem kur-
zen Fazit.
2. Vorstellung der beiden Projekte
2.1 Projekt „Spracheinstellungen von Pfarrpersonen“ (Oberholzer)
Das Projekt „Zwischen Standarddeutsch und Dialekt. Untersuchung zu
Sprachgebrauch und Spracheinstellungen von Pfarrpersonen in der Deutsch-
schweiz“(Oberholzer2018)fokussiertobjektiveundsubjektiveSprachdaten.
Auf der einen Seite wird der tatsächliche Gebrauch von Dialekt und Stan-
darddeutsch durch Pfarrer/-innen der reformierten und der (römisch-)katho-
lischen Kirchen in der Deutschschweiz untersucht (mittels authentischer Ton-
aufnahmen von Gottesdiensten). Auf der anderen Seite bilden der intendierte
Sprachgebrauch und die Spracheinstellungen dieser spezifischen Berufsgrup-
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pe zu den beiden Varietäten den Schwerpunkt der Untersuchung. Die subjek-
tivenDatenwurdenindenJahren2012und2013mittelsleitfadengesteuerter
Tiefeninterviews5 sowie einer breit angelegten Onlinefragebogenhebung6
erhoben. Dabei stand bei den Interviews die Frage im Zentrum, ob die An-
nahme verschiedener Hochdeutschkonzepte7 (und auch Dialektkonzepte)
mög liche Widersprüchlichkeiten in Einstellungsäusserungen erklärbar macht
bzw. ob sich bei dieser Sprechergruppe differenzierte Spracheinstellungen zu
Dialekt und Hochdeutsch finden lassen.
2.2 Projekt „Genese von Spracheinstellungen“ (Studler)
Das Projekt „Zur Genese von Spracheinstellungen zu Standarddeutsch und
SchweizerdeutschinderDeutschschweiz“(Studleri. Vorb.)untersuchtaktu-
elle Spracheinstellungen von Deutschschweizer/-innen zu den Varietäten
HochdeutschundSchweizerdeutsch.HierfürwurdenindenJahren2013/14
Daten mittels Online-Fragebogen mit offenen und geschlossenen Fragen und
Tiefeninterviews erhoben,8 die darüber Auskunft geben, wie Hochdeutsch
und Schweizerdeutsch bewertet, aber auch wie die beiden Varietäten kognitiv
konzeptualisiert werden (vgl. für verschiedene Analysen der kognitiven Mo-
dellierungvonEinstellungenStudler2017b(kognitiveMetaphern),2017c(ko-
gnitive kulturelle Modelle) und insbesondere 2019 (mentale Modelle nach
Christenetal.2010)).ImZentrumstehtdabeidieGenesevonEinstellungen,
die sowohl als Genese in der Sprachsozialisierung als auch als Genese in der
Interaktionverstandenwird(vgl.Studler2014).Entsprechendsolleneiner-
seits Faktoren in der (Sprach-)Sozialisierung eruiert werden, die für die Ent-
stehung von Spracheinstellungen verantwortlich zeichnen. Andererseits wird
untersucht, ob und wie Faktoren im alltäglichen Sprachgebrauch die Sprach-
einstellungen beeinflussen und formen. Darüber hinaus wird die pragma-
tisch-interaktionale Komponente von Spracheinstellungen berücksichtigt, in-
dem die Äusserungskontexte semantisch-pragmatisch analysiert werden und
5 Diese fanden mit allen Pfarrpersonen, deren Gottesdienste aufgezeichnet und analysiert wor-
denwaren,statt.Eshandeltsichdabeium24Pfarrer/-innenderreformiertenKircheundum
sechs Priester der römisch-katholischen Kirche.
6 Diese wurde in den Kantonen Basel-Landschaft, Bern, St. Gallen, Thurgau und Zürich bei al-
len reformierten Pfarrpersonen in einem Gemeindepfarramt durchgeführt; teilgenommen
haben681Personen,davon454autochthoneDeutschschweizer/-innen.Diesentsprichteiner
Rücklaufquotevon60,2 %.
7 InOberholzer(2018)wurdedieseTerminologieanstelledesvonChristenetal.(2010)vorge-
schlagenen Terminus „Hochdeutsch-Modell“ verwendet.
8 AnderFragebogenbefragunghaben750PersonenausdergesamtenDeutschschweiz(und
einige Auslandschweizer/-innen) teilgenommen, die Interviews wurden mit einer kleinen
Stichprobe (nach den soziolinguistischen Variablen Alter, Geschlecht und Bildung) durchge-
führt. In diesem Beitrag werden Resultate aus den Fragebogen diskutiert.
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Bildung und Beruf als ausschlaggebende Faktoren für Spracheinstellungen?
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untersucht wird, wie Spracheinstellungsäusserungen für Impression Manage-
ment und Positioningeingesetztwerden(vgl.Studler2014,2017bunddortzi-
tierte Literatur).
2.3 Projektdesign im Vergleich
Die beiden Projekte haben folglich den Untersuchungsgegenstand (Einstel-
lungen zu Dialekt und Hochdeutsch von Deutschschweizer/-innen), den Er-
hebungszeitraum(2012–2014)sowiedieErhebungsmethoden(bezüglichEin-
stellungsuntersuchung) gemeinsam. Damit, dass subjektive Sprachdaten,
d. h.Wahrnehmungs-,Meinungs-und Einstellungsdatenerhobenwerden,
lassen sich die beiden Projekte in der Laienlinguistik (vgl. Niedzielski/Preston
2000) verorten. Da dabei bewusste Reaktionen und Kommentare elizitiert
werden, handelt es sich um den neueren direkten Zugang der Spracheinstel-
lungsforschung.
Die Projekte unterscheiden sich hingegen in den soziolinguistischen Variab-
len Beruf und Bildung. Während Oberholzer ein homogenes Sample – Pfarrper-
sonen in einem Gemeindepfarramt mit tertiärer Bildung – untersucht und
somit besonders sprachaffine und sprachbewusste Berufssprecher/-innen
fokussiert, ist das Sample von Studler bezüglich beider Variablen heterogen:
Die Stichprobe deckt ein breites Bevölkerungsspektrum ab, das sich bezüg-
lich Beruf aus allen Berufskategorien zusammensetzt und sich in Bezug auf
Bildungnahezugleichmässigaufprimäre/sekundäreBildung(47 %),insbe-
sondere Berufsschule, und tertiäre Bildung (53 %) verteilt. Zudem geben
70 %derBefragtenan,dasssiesichinBerufundAusbildungnicht mit Spra-
che beschäftigen.
3. Bedingungsfaktoren für Spracheinstellungen
Die unterschiedlichen Stichproben der beiden Projekte legen es nahe zu prü-
fen, ob die Resultate aus dem Projekt Oberholzer auf die hohe (v. a. auch
sprachliche) Bildung und den Beruf bzw. die Sprachaffinität der befragten
Berufsgruppe zurückzuführen sind oder ob sie sich in die Resultate aus dem
Projekt Studler, das ein breites Bevölkerungsspektrum abdeckt, einfügen. Es
zeigt sich, dass nicht nur die heterogene Stichprobe von Studler, sondern
auch die homogene Stichprobe von Oberholzer die ganze Bandbreite von (po-
sitiven und negativen) Einstellungen aufweist.
Die Resultate beider Projekte zeigen ein breites Spektrum an Einstellungen
respektive – da die vielschichtigen Einstellungen auch intraindividuell auftre-
ten– anEinstellungstypen,d. h.sehrpositivundsehrnegativeingestellte
Personen sowie eine breite Palette an Personen mit gemischten Einstellungen
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zwischen den Extrempolen, wobei die Gewährspersonen mit gemischten Ein-
stellungen keine Ausnahme, sondern die Mehrheit bilden. Diese Ambivalen-
zen finden sich teils verdeckt in den Daten, teils treten sie (unbewusst) in ein
und derselben Aussage auf, oder sie werden gar metasprachlich verbalisiert
und taxiert.
Dass bei der Wahrnehmung und Bewertung von Hochdeutsch Ambivalenzen
auftreten, erscheint wenig verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die Aus-
bildung von Einstellungen durch verschiedene Faktoren bedingt ist: Neben
der eingangs beschriebenen Deutschschweizer Sprachsituation mit Diglossie
und Plurizentrizität zählen die Sprachsozialisierung, die Erwerbsumstände,
der Sprachgebrauch sowie die alltägliche Sprachroutine zu den wesentlichen
Bedingungsfaktoren für Einstellungen zum Hochdeutschen (und Schweizer-
deutschen) – dementsprechend fallen die Beschreibungen von Hochdeutsch
sehr vielfältig und differenziert aus:
(1) Hochdeutsch ist unsere Schriftsprache, die Sprache unserer Literatur, die Sprache
vieler Kommunikationsmittel (Radio, TV), die Sprache des etwas förmlicheren
Ausdrucks (im Parlament, an der Uni etc.).(w,64,Informationsspezialistin;FB
Projekt Studler)
(2) Literatursprache, Zeitungssprache, Arbeitssprache, Poesiesprache, Bibelsprache,
die Alltagssprache in Deutschland(m,61,Pfarrer;FBProjektOberholzer)
Daher ist der Miteinbezug von Sprachbiografien bei der Erhebung und Inter-
pretation von Spracheinstellungen von essenzieller Bedeutung:
Der Zusammenhang von (sprach)biographischen Erlebnissen und Einstel-
lungs- und Sprachverhaltensmustern ist auch im Bewusstsein der Sprecher
verankert und legt das Einbeziehen sprachlicher Lebensläufe in die Interpreta-
tionderSprach-wieEinstellungsdatennahe.(Lenz2003,S.266)
Dieser Forderung wurde in beiden Projekten bei der Datenerhebung Rech-
nung getragen.
Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, welche (sprachbiografischen
und sprachgebrauchsabhängigen) Faktoren für die gemischten Einstellungen
verantwortlich zeichnen, indem eine Analyse nach möglichen mentalen Mo-
dellen des Hochdeutschen vorgenommen und diesbezügliche Gemeinsam-
keiten sowie Unterschiede die beiden Projekte betreffend aufgezeigt werden.
4. Analyse nach mentalen Hochdeutsch
-
Modellen
Bei der Analyse der gemischten Einstellungen wird von der Prämisse ausge-
gangen, dass Spracheinstellungen dazu dienen „die soziale Wirklichkeit [zu
strukturieren],derenKomplexität[zu reduzieren]unddiesefürdasIndivi-
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Bildung und Beruf als ausschlaggebende Faktoren für Spracheinstellungen?
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duumerwartbar[zumachen]“(Tophinke/Ziegler2006, S. 206),unddaraus
folgend, dass gemischte Einstellungen nicht per se eine Ausnahme darstellen,
sondern Einstellungen generell vielschichtig und mehrdimensional sind oder
sein können, da das Objekt der Einstellungen – in unserem Falle Hoch-
deutsch–mehrdimensionalist(vgl.z. B.Preston2004;Christenetal.2010):
Hochdeutsch wird mit unterschiedlichen Gesprächspersonen in unterschied-
lichen Situationen zu unterschiedlichem Zwecke verwendet. Deshalb ist es
naheliegend, dass die Konzeptualisierung oder Modellierung des Hoch-
deutschen, die den Einstellungen zugrunde liegt, vielschichtig ist. Je nach-
dem, welcher Aspekt von Hochdeutsch in der Reflexion oder Interaktion
fokussiert wird, kommen unterschiedliche Konzepte/Modelle des Hochdeut-
schen zutage.9
Christenetal.(2010,S.15)nennenviermögliche„Hochdeutsch-Modelle“,die
allerdings nicht abschliessend zu verstehen sind, sondern durch weitere Mo-
delleergänztwerdenkönnen(vgl.Sieber2013,S.123).InbeidenStudienwur-
de im Grundsatz mit der Annahme solch unterschiedlicher Hochdeutsch-Mo-
delle (bzw. -Konzepte) gearbeitet, im Detail wurde der Vorschlag von Christen
etal.(2010,S.15 f.)aberaufverschiedeneArtundWeiseangewendetundum
weitere Modelle erweitert10(hierformuliertinAnlehnungan Sieber 2013,
S.122;erweitertS. O./R. S.):
– Plurizentrizität Hochdeutsch als plurizentrische Sprache
(=ModellAinChristenetal.2010)
– Norm Hochdeutsch als kodifizierte Grösse, (Standard-)Norm
(=ModellBinChristenetal.2010)
– Schriftlichkeit Hochdeutsch als Lese- und Schreibsprache
(=ModellCinChristenetal.2010)
– Mündlichkeit Hochdeutsch als lebendige Alltagssprache
(=ModellDinChristenetal.2010)
• Gottesdienst Hochdeutsch als Gottesdienst- und Predigtsprache
(=erweitertesModellD,S. O.)
• Diglossie Hochdeutsch für definierte, limitierte Kontexte
(=erweitertesModellD,R. S.)
WährendinChristenetal.(2010)beiderBeschreibungderModelleeinzigder
rezeptive Umgang mit Hochdeutsch Erwähnung findet (Hochdeutsch als
„Sprachform, in der man seine Zeitung liest“ und als „Sprachform, der man
9 Vgl. zu den Präliminarien der kognitiven Modellierung ambivalenter Einstellungen auch
Studler(2019,S.412 f.).
10 Vgl.Oberholzer(2018,S.348)undStudler(2019,S.414,419 f.).
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in den Medien Radio und Fernsehen begegnet“),11 wird nachfolgend gezeigt,
dassderproduktiveUmgang,wieerauchbeiSieber(2013)angedachtwird
(„Hochdeutsch als Lese- und Schreibsprache“ und „Hochdeutsch als le-
bendige Alltagssprache“), bei der Modellierung des Hochdeutschen, wie sie
von den Befragten der beiden Spracheinstellungsstudien vorgenommen wird,
von nicht zu vernachlässigender Wichtigkeit ist.
Im Folgenden werden die Resultate der Projekte verglichen und unterschied-
liche Konzeptualisierungen und Gewichtungen derselben anhand der vorge-
schlagenen mentalen Modelle aufgezeigt.
4.1 Norm
Das Modell „Norm“, das auf Hochdeutsch als eine (in der Schule gelernte)
kodifizierte Grösse referiert, kommt in den Projekten unterschiedlich zum
Tragen. Während die Befragten in Studler (i. Vorb.) ein grosses Normbe-
wusstseinandenTaglegen,treteninOberholzer(2018)Normkonzeptualisie-
rungen zwar auf, scheinen für die Pfarrpersonen aber offensichtlich eine we-
niger grosse Rolle zu spielen. Diese Differenz liegt allerdings möglicherweise
nicht zuletzt darin begründet, dass das Modell „Norm“ bei Oberholzer, an-
ders als bei Studler, nicht explizit abgefragt wurde. Bei Oberholzer sind Aus-
sagen zur Bedeutung dieses Modells vor allem aufgrund der Fragebogenant-
worten auf die (auf Stereotype abzielende) Frage „Hochdeutsch ist für mich
im Vergleich zum Dialekt …“ möglich.
In der Befragung von Studler gibt eine grosse Mehrheit an, dass sie sich
„Mühegeben,gutesHochdeutschzusprechen“(83 %),unddassihnenauf-
fällt,„wennjemandschlecht Hochdeutsch spricht“(97 %);ähnlich fällt das
Ergebnis aus bei der Bewertung der Meinung „Man sollte sich Mühe geben,
gutesHochdeutschzusprechen“(78 %Zustimmung).Dieszeugt nicht nur
von einem grossen Normbewusstsein, sondern auch von einem grossen Nor-
mativitätsanspruch der Befragten. Für die Bestimmung von „gutem Hoch-
deutsch“ wurden konkret Normkonzeptualisierungen elizitiert („Was ist für
Sie gutes Hochdeutsch?“). Dabei zeigt sich, dass die Normkonzeptualisie-
rungen grob in zwei grosse Kategorien geteilt werden können: Konzeptuali-
sierungen über sprachinhärente Merkmale und Konzeptualisierungen über
Sprachnorminstanzen.12
11 Die Studie selbst untersucht den produktiven Umgang mit Hochdeutsch und zeigt die Wich-
tigkeit desselben beim adressateninduzierten mündlichen Standardgebrauch mit Allochtho-
nen auf.
12 Vgl.zurTerminologiedienormsetzendenInstanzeninAmmon(2005,S.33–37).
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Bildung und Beruf als ausschlaggebende Faktoren für Spracheinstellungen?
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Die sprachinhärente Bestimmung bezieht sich einerseits auf das Sprachsys-
tem, indem sämtliche Sprachebenen (insbesondere Aussprache, Grammatik
und Wortschatz) sowie konkrete saliente Merkmale genannt werden (wie
etwa die /x/-Realisierung). Andererseits zielt die sprachinhärente Bestim-
mung auf Ästhetik, Wirkung und Verständlichkeit ab, indem Hochdeutsch
als ästhetische(re) und ausdrucksstärkere Varietät beschrieben wird (als
Schweizerdeutsch)(vgl. Giles et al. 1974). Diese Konzeptualisierungenwer-
den meist in Form von Metaphern verbalisiert, wie etwa harmonisch, rund,
weich (Ästhetik); elegant, nobel, eloquent (Wirkung); geradlinig, präzis, prägnant
(Verständlichkeit). Hochdeutsch wird damit sprachinhärent als systemati-
sche, regelhafte, präzise Sprache, aber auch als schöne, kultivierte und klare
Sprache konzeptualisiert.
Bei der Bestimmung von gutem Hochdeutsch via Sprachnorminstanzen wer-
den einerseits Normbezeichnungen (wie Bühnendeutsch, Schriftdeutsch) ge-
nannt, andererseits werden verschiedene Norminstanzen angeführt. Hierzu
zählen Kodizes (wie etwa der Duden), Modellschreiber/-innen (Schriftsteller/-
innen) und Modellsprecher/-innen (wie etwa Nachrichtensprecher/-innen),
aber auch regionale Normautoritäten.13 Dabei werden grossmehrheitlich
Normautoritäten aus (Nord-)Deutschland genannt, mit unterschiedlich gros-
sem Radius (Gesamtsprachraum Deutschland, einzelne Bundesländer, ein-
zelne Städte – allen voran Hannover, oder auch einzelne Dialekte).
(3) Da müsste ich schon fast auf Johann Wolfgang von Goethe verweisen.(m,29,Logis-
tiker; FB Projekt Studler)
(4) So wie sie im Literaturclub sprechen.(m, 41, InformatikIngenieur;FB Projekt
Studler)
(5) Die aus Deutschland reden gutes Hochdeutsch.(w,19,Bekleidungsgestalterin;FB
Projekt Studler)
(6) Das perfekteste Hochdeutsch wird im Raum Hannover gesprochen – also ist das „gu-
tes Hochdeutsch“.(w,58,Redaktorin;FBProjektStudler)
Hochdeutsch wird damit als kodifizierte und modellhafte Sprache, aber auch
als Sprache der Deutschen konzeptualisiert.
13 Als Normautoritäten gelten insbesondere Lehrpersonen, „denen von Berufs wegen Sprachkor-
rekturen erlaubt oder sogar geboten sind“, grundsätzlich können aber alle, „die über genügend
Machtverfügenoderdiesglaubhaftmachenkönnen“(Ammon2005,S.36),Normautoritäten
darstellen – oder als solche wahrgenommen werden. In den vorliegenden Daten werden vor-
wiegend regionale Instanzen als (vermeintliche) Normautoritäten wahrgenommen.
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Die Normkonzeptualisierungen von Laien vereinen mit diesen beiden Aus-
richtungen die beiden konträren Hypothesen der Sprachästhetikforschung
(vgl.Giles/Bourhis/Davies1979),dieinherent value-Hypothese, nach der eine
Sprache ihr Prestige aufgrund sprachinhärenter Merkmale erlangt, und die
imposed norm-Hypothese, nach der eine Sprache ihr Prestige aus dem sozialen
und kulturell-historischen Status der Sprechergruppe, die (per Zufall) diese
Sprache spricht, bezieht. Welche Auswirkungen die Normbestimmung ent-
lang der imposed norm-Hypothese via (nord-)deutscher Normautoritäten für
die Konzeptualisierung des Hochdeutschen hat, wird im Modell „Plurizentri-
zität“ näher beleuchtet.
Auf die Frage „Hochdeutsch ist für mich im Vergleich zum Dialekt …“ im Fra-
gebogen von Oberholzer, welche Aussagen zum Modell „Norm“ ermöglicht,
werden Beschreibungen aus der Kategorie „präzise(r), genau(er), exakt(er)“
am häufigsten genannt. Darüber hinaus wird Hochdeutsch als „poetisch(er)“,
„verständlich(er)“, „klar(er)“ und „differenzierter“ beurteilt.
Ausserdem finden sich in den Interviews mit verschiedenen Pfarrpersonen
Aussagen zur Ästhetik des Hochdeutschen, wie folgende ausgewählte Bei-
spiele14 zeigen:
(7) Auf Hochdeutsch[…]ist es poetischer, ich glaube, das ist, das ist das Wort, ja, es ist
poetischer. Es ist auch sinnlicher, ich finde das Hochdeutsche viel die sinnlichere
Sprache, ästhetischer. […] Ja, es ist glaub das, poetischer, sinnlicher, ästheti-
scher, klarer.(m,30–39,15 Pfarrer; INT Projekt Oberholzer)
(8) Ist aber eine Sprache, die ich vom Klang her Hochdeutsch extrem schön finde, also
ich mache das gern, ich lese auch gern die Lesung auf Hochdeutsch, also es ist für mich
so ein bisschen die Theatersprache, die Kunstsprache. Wenn schon Hochdeutsch,
finde ich natürlich schönes Hochdeutsch. Also nicht die Schweizer Motzvariante.
Auch von der Aussprache her, ist mir also wichtig, also ich liebe es und man kann
mit diesen beiden Sachen wirklich spielen. (w, 40–49, Pfarrerin; INT Projekt
Oberholzer)
Mehrere Pfarrpersonen geben an, Hochdeutsch sehr schön zu finden. Häufig
geschieht dies mit Präzisierungen, welche Art von Hochdeutsch damit ge-
meintist,z. B.eingepflegtes Hochdeutsch, ein sauberes Hochdeutsch, Bühnen-
deutsch, das Hochdeutsch, das in den Medien (DRS 1) oder von einer Person
aus Deutschland gesprochen wird.
14 Die Interviews wurden im Dialekt geführt und auf Hochdeutsch möglichst dialektnah ver-
schriftet.FüreinedetaillierteEinordnungderZitateNr.(7),(14),(26),(38)und(40)vgl.Ober-
holzer(2018,S.363,371,372,393).
15 Um eine mögliche Identifizierung der Pfarrpersonen zu vermeiden, wird bei den INT-Daten
lediglichdieAlterskategorieangegeben,z. B.30–39=zumErhebungszeitpunkt30bis39Jahre
alt.
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Was bei den Pfarrpersonen bezüglich des Modells „Norm“ aber fast vollstän-
dig fehlt, sind Normvorstellungen, die das sprachliche System betreffen. Er-
wähnt wird in einem Fall, dass Hochdeutsch ja eine Rechtschreibung hat
(während im Schweizerdeutschen jeder ein bisschen schreibe, wie er wolle).
Andere Aspekte sind den Pfarrer/-innen offensichtlich wichtiger.16 Sie ver-
knüpfen das Modell (in der Fragebogenerhebung) eher allgemeiner mit
„Schulsprache“ bzw. „Universitätssprache“; aber auch diese Stichworte wer-
den nur von einzelnen genannt. Ebenfalls nicht von grosser Bedeutung schei-
nen Normautoritäten resp. der Verweis auf Deutschland zu sein – diese Äus-
serungen sind selten, wobei auch hier die Einschränkung gilt, dass das Modell
„Norm“ nicht als solches abgefragt wurde.
Es zeigt sich also, dass in beiden Projekten beim Hochdeutsch-Modell „Norm“
auf sprachinhärente Merkmale wie Präzision, Ästhetik, Wirkung und Verständ-
lichkeit verwiesen wird, sich also die Pfarrpersonen, die sich zum Modell äus-
sern, als Teil der breiteren Deutschschweizer Bevölkerung präsentieren. Kei-
ne besonders grosse Rolle spielen offensichtlich Sprachnorminstanzen in
Form von Kodizes oder Modellsprecher/-innen für Pfarrpersonen, wohinge-
gen diese im Projekt Studler ein grösseres Gewicht haben. Hier könnte der
Beruf einen Einfluss haben, sind doch Pfarrpersonen selbst, sofern sie im
Gottes dienst Hochdeutsch verwenden, eine Art Modellsprecher/-innen des
Hochdeutschen.
4.2 Plurizentrizität
Das Modell „Plurizentrizität“, das die verschiedenen Standardvarietäten im
deutschsprachigen Raum als gleichberechtigt konzeptualisiert, wird im
Projekt Studler durch den Umstand, dass nach wie vor in erster Linie deut-
sche Sprachnorminstanzen als normgebend wahrgenommen werden (vgl.
Abschn.4.1),untergraben.AuchdasimmerwiederkolportierteDefizienz-
empfindengegenüber bundesdeutschen Sprecher/-innen (vgl. z. B. Schar-
loth2005)wirdthematisiert–allerdingszeigtsichhiereineDiskrepanzzwi-
schen Fremd- und Selbsteinschätzung. Deutsche werden zwar aufgrund
ihrer Hochdeutschkompetenzen mehrheitlich als gebildet und kompetent
wahrgenommen (von gut der Hälfte der Befragten), und in offenen Fragen
werden Minderwertigkeitskomplexe von Schweizer/-innen generell ange-
sprochen, wie stellvertretend folgende Beispiele zeigen:
16 Dies trifft aber umgekehrt nicht auf den Dialekt zu: Gerade die Pfarrpersonen aus dem Kan-
ton Bern erwähnen verschiedentlich die Normebene des Berndeutschen, beispielsweise die
Deklination von zwei nach Genus (zwee, zwo, zwöi).
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(9) Viele Deutschschweizer haben Hemmungen Hochdeutsch zu sprechen, wenn es nicht
ganz akzentfrei ist oder meinen, wenn sie sich Mühe geben, dann töne es überspitzt
(w,27,Heilpädagogin;FBProjektStudler)
(10) Meiner Erfahrung nach haben viele Schweizerinnen und Schweizer Hemmungen, weil
sie sich gegenüber den Deutschen (vor allem gegenüber Norddeutschen) als weniger
wortgewandt empfinden.(w,41,Lehrerin;FBProjektStudler)
Ein Unterlegenheitsgefühl in der Eigenwahrnehmung scheint hingegen kaum
(resp. nur bei einem kleinen Teil der Befragten) zu bestehen: Bei der Frage,
wie sich die Befragten im Gespräch mit Deutschen fühlen, drücken die vier
meistgenannten Antworten positive Empfindungen aus, negative Empfin-
dungen rangieren erst ab fünfter Stelle:17
Ich finde die Unterschiede in der Sprechweise interessant. 51 %
Es macht mir Spass. 44 %
Ich fühle mich kompetent. 26 %
Es fällt mir gar nicht auf. 25 %
Ich ärgere mich, dass ich mich nicht besser ausdrücken kann. 22 %
Ich ärgere mich, dass ich nicht reden kann, wie mir der Schnabel gewachsen ist. 21 %
Es ist mir unangenehm. 18 %
Auch scheinen die Befragten mehrheitlich einem plurizentrischen Konzept
von Standardsprache nicht grundsätzlich abgeneigt. Die Frage, ob man beim
Hochdeutschsprechen die Herkunft hören darf, wurde von einer Mehrheit
bejaht(63 %).Aucheinige Statementsinden offenen Fragentransportieren
den plurizentrischen Grundgedanken – zumindest bis zu einem gewissen
Grad, bisweilen wird er auch wieder relativiert:
(11) Ich finde, man darf die Herkunft anhören. Auch die Deutschen und Österreicher ha-
ben ihre Dialekte.(w,57,Atemtherapeutin;FBProjektStudler)
(12) Ich finde, man darf zu seiner Herkunft stehen und auch hören, dass man Schweizer
ist. Es sollte jedoch nicht extrem sein.(w,21,Logopädie-Studentin;FBProjekt
Studler)
(13) Leider verwechseln viele Schweizer das Hochdeutsch mit einer künstlichen Bühnen-
sprache, die auch in Deutschland im Alltag als kurios wahrgenommen wird. Ich je-
denfalls höre die Herkunft gut und gerne heraus, dazu braucht niemand in einem
Bundesratsdeutsch zu radebrechen.(m,53,BADesignerFH/Berufsschulfach-
lehrer)
17 Esstanden13Antwortmöglichkeiten plus „anderes, nämlich …“ zur Verfügung.Es waren
Mehrfachnennungen möglich, die Prozente entsprechen dem prozentualen Anteil der Befrag-
ten.EswerdennurAntwortenaufgelistet,diemindestens100Nennungenaufweisen.
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143
ZudemwurdenbeiderBestimmungvongutemHochdeutsch(vgl.Abschn.4.1)
über Sprachnorminstanzen bisweilen auch Schweizer Modellschreiber/-innen
und Modellsprecher/-innen sowie regionale Sprachnormautoritäten aus der
Schweiz genannt, und vereinzelt auch auf eine zu begrüssende Vielfalt der
Varianten verwiesen.
Wie das Modell „Norm“ wurde auch das Modell „Plurizentrizität“ in der
Studie von Oberholzer nicht explizit abgefragt. Jedoch wurde dieses Modell
von einigen Pfarrpersonen bei verschiedenen Fragen im Interview (und teils
auch im Fragebogen) thematisiert: Dies hat vor allem mit der jeweiligen
sprachlichen Biografie zu tun und der damit verbundenen Frage, ob die
Pfarrpersonen ihr Studium vollständig in der Schweiz oder teilweise auch im
deutschsprachigen Ausland absolviert haben. Andererseits ist die Präsenz
vieler allochthoner Pfarrpersonen (die insbesondere im Fall der reformier-
ten Kirche in erster Linie aus Deutschland stammen) sowie allochthoner
Gottesdienstbesucher/-innen, vor allem in den Städten und Agglomera-
tionsgebieten, in der Deutschschweiz ein weiterer, wenn auch nicht gleich
gewichtiger Grund, auf diese Thematik einzugehen. Dabei zeigt sich Fol-
gendes: Ein Bewusstsein für die Unterschiede zwischen den verschiedenen
Standardvarietäten mündet nicht zwingend in einer gleichberechtigten
Wahrnehmung derselben. Es lässt sich zudem kein Zusammenhang zwi-
schen längerem (studienbedingten) Auslandsaufenthalt in Deutschland oder
Österreich und einem ausgeprägten Plurizentrizitätsbewusstsein ohne Defi-
zitempfinden feststellen – zwar werden die Unterschiede wahrgenommen,
„richtiges“ Hochdeutsch wird dennoch von einigen (ausschliesslich) mit bun-
desdeutschem Hochdeutsch assoziiert.
Die Gewährsperson mit dem stärksten Plurizentrizitätsbewusstsein im Pro-
jekt Oberholzer, ein Priester mit Studienaufenthalt in Österreich, fordert die
Gleichberechtigung der Schweizer Standardvarietät jedoch vehement ein:
(14) Also wo ich gar kein Verständnis habe, wenn irgendwelche Leute sich lustig ma-
chen über einen Schweizer Akzent im Hochdeutschen, also das mag ich gar nicht
mehr hören, weil (Pause) ich finde, das darf man hören, woher jemand kommt, und
man hört es de facto auch. Und ich kann auch bei einem Deutschen sagen, woher er
ungefähr kommt, wenn er anfängt zu schwatzen, ausser er hat so ein Theaterdeutsch.
(Pause) Also von dem her finde ich es schön, wenn die lokale Färbung vom Hoch-
deutschen, wenn man die hört, wenn die zum Ausdruck kommt. Ich möchte gar
nicht ein perfektes, sauberes Hochdeutsch reden.(m,40–49,Priester;INTPro-
jekt Oberholzer)
Beim Vergleich der Varietäten im Fragebogen spielt das Modell „Plurizentri-
zität“ hingegen kaum eine Rolle. Vereinzelt finden sich Hinweise auf ein Be-
wusstsein für die Unterschiede – häufig geknüpft an ein Defizitempfinden,
teils in der Fremd-, teils auch in der Eigeneinschätzung:
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144
(15) schweizerisches Hochdeutsch ist meist nicht so „hoch“.(w,40,Pfarrerin;FBPro-
jekt Oberholzer)
(16) hat Tücken in der Aussprache (ich spreche Hochdeutsch gerne „richtig“ hochdeutsch,
was mich aber wiederum entfremdet von meinen Gottesdiensthörern). „Schweizer-
Hochdeutsch“ klingt manchmal komisch.(w,41, Pfarrerin;FBProjektOber-
holzer)
(17) Eine Sprache, in der ich mich hochdeutschen Muttersprachlern immer unterlegen
fühle.(m,37,Pfarrer;FBProjektOberholzer)
Auf ein selbstverständlicheres Plurizentrizitätsbewusstsein weist folgende
Antwort hin, die jedoch eine Ausnahme in den Fragebogenantworten bildet:
(18) Zugleich eine uneinheitliche Sprache (3–4 Varianten: schweizerisch, österrei-
chisch, süddeutsch und norddeutsch) […] Sprache Dürrenmatts und Frischs,
Sprache für Reisen nach Deutschland(m,52,Pfarrer;FBProjektOberholzer)
Zusammenfassend zeigen die Resultate der beiden Projekte, dass gewisse
Deutschschweizer/-innen sehr wohl über ein Plurizentrizitätsbewusstsein
verfügen, teils mit, teils ohne Defizitempfinden gegenüber bundesdeutschen
Sprecher/-innen. Der durchschlagende Erfolg ist dem Plurizentrizitätskon-
zept jedoch noch nicht beschieden.
4.3 Schriftlichkeit
Das Modell „Schriftlichkeit“ erweist sich für Hochdeutsch in der Schweiz als
stark verankert. Dies erstaunt wenig, wenn man bedenkt, dass – wie im Kon-
zept der medialen Diglossie beschrieben – Hochdeutsch im Wesentlichen als
geschriebene Sprache fungiert. Zwar ist der Gebrauch des Dialekts in der
Schriftlichkeit in der Deutschschweiz keinesfalls mehr ein grundsätzlicher
Verstoss gegen pragmatische Regeln: Gerade für handy- und internetbasierte
Kommunikationsformen spielt zumindest bei einer jüngeren Generation der
Dialekt die wichtigere Rolle für die Schriftlichkeit als das Hochdeutsche (vgl.
dazuz. B.Christen2004,S.82 f.;Frick2017,S.18–21).Ausserhalbdieser–in-
formellen und konzeptionell mündlichen – Kontexte ist Hochdeutsch jedoch
nach wie vor die dominierende Varietät für die Schriftlichkeit.18 Hochdeutsch
ist nicht nur offizielle Amtssprache, sondern auch die Sprache der Printme-
dien sowie hauptsächliche Literatursprache.
18 Die Varietätenwahl wird demnach nicht medial, sondern konzeptionell (vgl. Koch/Österrei-
cher2011)gesteuert,indem„Faktoren,dieetwasmitInformalitätundFormalität,mitNähe
undDistanzzutunhaben“(Haas2004,S.85),ausschlaggebendsind(vgl.auchChristenetal.
2010,S.13).
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145
Obwohl die Studie von Studler den mündlichen Gebrauch des Hochdeut-
schen fokussiert, wird Schriftlichkeit als wesentliches, wenn nicht konstituti-
ves Moment von Hochdeutsch in der Schweiz von den Befragten selber ins
Spiel gebracht. Auf die offene Frage nach den Gründen für die Wichtigkeit
von Hochdeutschkompetenzen wird „Schriftlichkeit“ als zweithäufigster
Grund(28 %)genannt.Dabei wird nicht nurdaraufverwiesen,dassHoch-
deutsch die Schriftsprache an sich und damit auch Amtssprache, Medien-
sprache und Schulsprache ist, sondern auch die Wichtigkeit von schriftlichen
Hochdeutschkompetenzen herausgestrichen – die Antworten beschränken
sich dabei nicht auf rezeptive, sondern erstrecken sich auch auf produktive
Kompetenzen.
(19) Weil es unsere geschriebene Sprache ist.(w,75,Korrektorin;FBProjektStudler)
(20) weil es die geschriebene Sprache ist, die in Büchern, Zeitungen, Beschriftungen, In-
fotafeln etc. Verwendung findet.(w,20,Kantonsschülerin;FBProjektStudler)
(21) Man benötigt das Hochdeutsch für das Verfassen von Texten, Briefen, Arbeiten etc.
(w,20,Pflegefachfrau;FBProjektStudler)
(22) In der Schule ist Hochdeutsch die Basis, um Schreiben und Lesen zu lernen. Daher
sehr elementar. (w, 28, Wiss. Mitarbeiterin Bildungsforschung; FB Projekt
Studler)
Zusätzlich zur rationalen Notwendigkeit wird auf das literarische Kulturerbe
referiert und Hochdeutsch via Schriftsprache auch als kulturelle Identität
gesehen.
(23) Teilhabe an einer übernationalen Kultur, die an die deutsche Sprache gebunden
ist; Hochdeutsch als Standard- und Schriftsprache.(w,37,Mittelschullehrerin;FB
Projekt Studler)
(24) Wir gehören zur deutschsprachigen Kultur; unsere Literatur ist mehrheitlich
Hochdeutsch geschrieben.(m,74,Pfarrer;FBProjektStudler)
(25) Primär meine kulturelle Identität. Sie ist keine schweizerische, sondern eine der
deutschen Sprache. D. h. Literatur gilt mir mehr als Politik und Geographie.(m,61,
Lehrer; FB Projekt Studler)
In der Studie von Oberholzer ist das Modell „Schriftlichkeit“ von eminenter
Bedeutung, was mit dem Fokus auf die spezifische Berufsgruppe Pfarrper-
sonen, deren zentrales Arbeitswerkzeug die Sprache ist, zusammenhängt.
Die Relevanz zeigt sich einerseits beim Vergleich der beiden Varietäten, wo
dieKategorien„Schriftsprache“(22,9 %),„Literatursprache,Poesiesprache“
(11,9 %)sowie„Lesesprache,SprachederBücher“(6,0 %)diezweit-,dritt-
bzw.zehnthäufigstesind(vgl.Oberholzer2018,S.350).
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146
Andererseits ist das Primat des Hochdeutschen für die Schriftlichkeit auch in
den Interviews mit den Pfarrpersonen klar erkennbar, auch bei denjenigen,
die für den eigenen Gottesdienst (für die frei formulierten Passagen) den Dia-
lekt dezidiert bevorzugen:19
(26) Und beim Hochdeutschen, aber ich schreibe lieber Hochdeutsch. Also Berndeutsch
schreiben ist, ich habe auch halt irgendwie gern, ich habe gerne klare Regeln und alles,
das gibt es im Berndeutschen nicht[…]Hochdeutsch ist für mich, wenn es um das
geschriebene Wort geht, ist mir näher, also habe ich lieber, weil ich halt auch so
lese.(m,30–39,Pfarrperson;INTProjektOberholzer)
Bei der Frage, welche Rolle Hochdeutsch in der Schweiz spielen soll, wird
„Schriftlichkeit“ in verschiedenen Facetten häufig genannt: Die Rolle als
„schriftliche Sprache“ wird von elf der interviewten Pfarrer/-innen erwähnt.
DanebenistdenPfarrpersonenHochdeutschinderSchweizu. a.die„füralle
verständliche Varietät in der Schweiz“, „gemeinsame Sprache des deutschen
Sprachraums/Literatur“ und auch als „Sprache der Medien“ wichtig.
In der Gottesdienstvorbereitung spielt Hochdeutsch selbst dann eine wichti-
ge Rolle, wenn die Predigt bzw. der Gottesdienst (mehrheitlich) im Dialekt
gehaltenwird(vgl.dazuOberholzer2018,S.391 f.).Diesbestätigenauchdie
Zahlen aus der Fragebogenerhebung: Bei den Pfarrpersonen, die im Dialekt
predigen, wählt die Mehrheit dennoch Hochdeutsch für die schriftliche Vor-
lage(vgl.Oberholzer2018,S.303 f.).
Die zentrale Rolle der Standardvarietät für die Schriftlichkeit zeigt sich
schliesslich auch bei der intendierten Benutzung und der Beurteilung der
Dialektvorlagen (Lieder, Bibelfassungen, Liturgien) für Gottesdienste: Die-
se spielen nämlich nur eine marginale Rolle für Deutschschweizer Pfarr-
personen.20
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Hochdeutsch-Modell
„Schriftlichkeit“ bei den Gewährspersonen beider Projekte von zentraler Be-
deutung ist. Die Vorrangstellung des Hochdeutschen für die Schriftlichkeit in
der Deutschschweiz wird hier durch die zahlreichen Einstellungsäusserungen
deutlich. Gleichzeitig zeigt sich – zumindest bei gewissen Gewährspersonen –
ein Zugehörigkeitsgefühl zu einem gemeinsamen Kultur- und Sprachraum,
19 Zusätzlich zeugt der Einsatz von Code-Switchings ins Standarddeutsche während Dialekt-
passagen in Gottesdiensten, um aus der Schriftlichkeit zu zitieren bzw. Texte vorzulesen, von
der Bedeutung von Hochdeutsch als Varietät der Schriftlichkeit für die Pfarrpersonen (vgl.
dazuausführlichOberholzer2018,S.256,270,272).
20 Dies ist aber auch auf die beschränkte Verfügbarkeit solcher Vorlagen und die Dialektvielfalt
inderDeutschschweizzurückzuführen.Vgl.hierzuausführlichOberholzer(2014,2015,2018,
S.124–137,306–319).
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147
das vorrangig der schriftlichen Verwendung des Hochdeutschen zugeschrie-
ben wird.
4.4 Mündlichkeit
Das Modell „Mündlichkeit“ wird in der Schweiz traditionell mit einem re-
zeptiven Umgang, insbesondere über die Medien, und produktiv mit von
DistanzgeprägtenSituationen,wiez. B.in der Schule, assoziiert(vgl.z. B.
Werlen1998;Sieber2013).AuchChristenetal.(2010,S.13 f.)gehendavon
aus, dass der sogenannte „situationsinduzierte Standardgebrauch“, also der
Gebrauch von Standarddeutsch in der Mündlichkeit für „Gebrauchskontex-
te[…], die sich durch hohe Formalität und Distanz auszeichnen oder für
welche die Standardsprache institutionalisiert ist“, jene Verwendung von
Standarddeutsch ist, die
aus der Perspektive der Sprechergemeinschaft prominent ins Bewusstsein
kommt, wenn es um die Präsenz der gesprochenen Standardsprache im
Deutschschweizer Sprachleben geht. Es handelt sich um einen Gebrauch der
Standardsprache, mit dem die gesamte Deutschschweizer Bevölkerung selbst-
verständlichen rezeptiven Umgang hat, in deren Produktion aber nur ein geringer
Teilinvolviertist.(ebd.,Hervorh.S. O./R. S.)
Unter anderem dieser Umstand führt zur häufig geäusserten Meinung,
Deutschschweizer/-innensprächennichtgerneHochdeutsch(vgl.z. B.Schar-
loth2005,S.242).
Auch in Studlers Befragung wurde der Meinung „Deutschschweizer/-innen
sprechennichtgerneHochdeutsch“voneinerMehrheitzugestimmt(76 %).
Allerdings handelt es sich dabei um eine Fremdeinschätzung, in der Selbst-
einschätzung gilt dies nur bedingt. In der Selbsteinschätzung geben die Be-
fragten nicht nur an, gut bis sehr gut Hochdeutsch sprechen zu können
(88 %), eine Mehrheit (60 %) bejaht auch die Frage „Sprechen Sie gerne
Hochdeutsch? Macht es Ihnen Spass?“. Dies deutet darauf hin, dass eine
Mehrheit der Befragten insgesamt einen unverkrampfteren Umgang mit
dem produktiven mündlichen Hochdeutschen haben, als bisher vermutet.
Eine mögliche Ursache hierfür mag in den Veränderungen im privaten und
beruflichen Alltag liegen – so scheint ein positiver Globalisierungseffekt
vorzuliegen, indem Hochdeutsch vermehrt sowohl zum privaten als auch
beruflichen Alltag gehört und damit verstärkt als lebendige Alltagssprache
konzeptualisiert wird.
Dass die Wichtigkeit von Hochdeutschkompetenzen stark ausgeprägt ist,
liegt neben der Schriftlichkeit demnach auch in der Mündlichkeit begründet –
und widerlegt die Sicht, dass Hochdeutsch gemäss der medialen Diglossie
allein die schriftliche Varietät darstellt. Wie im Modell „Schriftlichkeit“ bezie-
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hen sich die Antworten nicht nur auf den rezeptiven, sondern auch auf den
produktiven Gebrauch des Hochdeutschen, wie stellvertretend folgendes Bei-
spiel zeigt.
(27) Viele offizielle Ansprachen und die Medien sind auf Hochdeutsch, deshalb finde ich es
wichtig, dass man es sicherlich versteht und dann auch sprechen kann.(w,19,
Kantonsschülerin; FB Projekt Studler)
Für die Wichtigkeit von Hochdeutschkompetenzen wird die Kommunikation
mitDialektunkundigenallgemeinmit29 %amhäufigstenunddieKommuni-
kation mit Deutschen und Österreicher/-innen im Speziellen (und damit auch
dergesamtdeutscheSprach-undKulturraum)mit24 %amdritthäufigsten
genannt. Wie das letzte Beispiel zeigt, wird der Hochdeutschgebrauch neben
der weitreichenderen Verständigung mit Dialektunkundigen auch als Akt der
Höflichkeit gewertet.
(28) für internationale Kontakte und Kontakte mit Romands absolut wichtig(m, 75,
Dr. rer. pol.; FB Projekt Studler)
(29) Hochdeutsch ist die gemeinsame Sprache des deutschen Kulturraums – und auch
Deutsche und Österreicher machen sich die „Mühe“, Hochdeutsch zu sprechen. (m,
33,Berufsschullehrer;FBProjektStudler)
(30) Der Alltag konfrontiert mich mit sehr vielen Deutschen, die (noch) kein Schweizer-
deutsch verstehen, resp. anderen fremdsprachigen Personen, sodass es für alle Betei-
ligten einfach ist, wenn ich Hochdeutsch spreche. Zudem erachte ich es auch als Zei-
chen der Höflichkeit, wenn man sich bemüht, dass das Gegenüber mich versteht. (m,
28,Informatiker;FBProjektStudler)
Für die Pfarrpersonen im Projekt Oberholzer spielt Hochdeutsch als münd-
liche Sprachform eine prominente Rolle, da sie in ihrem Berufsalltag – nicht
zuletzt in Gottesdiensten bzw. einige Pfarrpersonen vor allem in Gottes-
diensten – teils häufig Hochdeutsch sprechen.21 Während das Modell „Münd-
lichkeit“ beim Vergleich der Varietäten keine besondere Rolle spielt (ausser
man interpretiert die Nennungen „verständlich(er), Verständigungsmittel“
(8,8 %)alsBeispiel für diesesModell),könnenAussagenzur Relevanzdes
Modells aufgrund der Frage, wann Hochdeutsch mündlich verwendet wird,
getroffenwerden.Vondenbefragten24reformiertenPfarrer/-innengeben
16an,mit Deutschen und/oderin Deutschland Hochdeutschzu sprechen.
Sechs von ihnen erwähnen zusätzlich Allochthone allgemein, fünf erwähnen
nur Allochthone (und Deutsche nicht explizit). Neun Personen erwähnen bei
21 Für die Bedeutung des Modells „Mündlichkeit“ im Kontext Gottesdienst und den tatsäch-
lichenHochdeutschgebrauchseiaufOberholzer(2018,S.274–301,221–273)verwiesen.
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dieser Frage Gottesdienste. Offenbar verbinden die Pfarrpersonen also mit
dem Modell „Mündlichkeit“ in erster Linie die Kommunikation mit Deut-
schen bzw. Allochthonen.
(31) Ja, wenn ich mit Leuten rede, die aus Deutschland kommen und sich mehr oder weni-
ger krampfhaft bemühen, Schweizerdeutsch zu reden und sie behaupten, äh sie verstän-
den und sie beherrschen Schweizerdeutsch, aber ich merke, dann rede ich sofort
Hochdeutsch mit ihnen und denke, ich komme ihnen dadurch auch ein bisschen
entgegen(m,≥60,Pfarrer;INTProjektOberholzer)
Zudem werden von einzelnen Pfarrer/-innen Reden und Vorträge für den
mündlichen Hochdeutschgebrauch angeführt. Einige Pfarrpersonen erwäh-
nen hier zwei Aspekte zusätzlich: dass sie auch dann Hochdeutsch mit Deut-
schen sprechen, wenn das Gegenüber sagt, Schweizerdeutsch verstehen zu
können,weilderWechselquasi„automatisch“erfolgt,unddassesDeutsche
oder Allochthone gibt, die sagen, dass sie den Dialekt verstehen, es sich aber
irgendwann herausstellt, dass dem eben nicht so ist.
Das Modell „Mündlichkeit“ ist demnach für die Gewährspersonen beider
Projekte von Bedeutung. Einerseits fühlen sich die Befragten über das Hoch-
deutsche dem gemeinsamen deutschen Sprach- und Kulturraum zugehörig.
Andererseits spielt der Kontakt mit allochthonen Personen (Schweizer/-innen
und ausländischen Staatsbürger/-innen) für die tendenziell positiven Einstel-
lungen eine wichtige Rolle: Es wird als Notwendigkeit und – zumindest teil-
weise – gleichzeitig als Gebot der Höflichkeit empfunden, mit Personen, die
keinen Deutschschweizer Dialekt sprechen bzw. verstehen, Hochdeutsch zu
sprechen. Die Zuwanderung von Personen aus Deutschland bzw. anderen
Ländern in die Schweiz hat die auffallend positive Ausprägung der Einstel-
lungen dieses Modell betreffend wohl beeinflusst.
Zwei weitere Aspekte der Mündlichkeit, die sich in den beiden Projekten un-
abhängig voneinander ergeben haben, werden nun im Folgenden als Teilmo-
delle dieses Hochdeutsch-Modells diskutiert.
4.4.1 Gottesdienst
-
/Predigtsprache
Hochdeutsch spielt für Pfarrpersonen als Predigt- und Gottesdienstsprache
eine wichtige Rolle. Daher wurde im Projekt Oberholzer explizit nach den
spezifischen Leistungen von Hochdeutsch (und Dialekt) in diesem Kontext
gefragt. Es zeigt sich, dass die beim Vergleich der Varietäten geäusserten
(meist stereotypen) Bewertungen häufig mit den Einstellungsäusserungen
zum Modell „Predigt-/Gottesdienstsprache“ übereinstimmen: Für acht Perso-
nen besteht die Leistung des Hochdeutschen in der höheren Präzision sowie
der Möglichkeit, sich „besser/geschliffener“ auszudrücken. Sechs Personen
beurteilen Hochdeutsch als „poetischer/sinnlicher/ästhetischer“, vier Perso-
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nen als „differenzierter“. Die Möglichkeit, sich in die Tradition zu stellen, er-
wähnen drei Personen.
(32) Ich denke jetzt gerade an gewisse Gebete aus Büchern, Liturgiebüchern, die ein
bisschen, eine gewisse Poesie haben. Manchmal schreibe ich auch selber ein Gebet.
Poetisch, also wiederkehrende Sachen sind oder wo ich Bilder aufnehme, geht
viel besser auf Schriftdeutsch.[…] Und wenn ich das würde jetzt auf Mundart
umsetzen, das geht nicht, also ich müsste ein neues Gedicht schreiben, das wäre ganz
anders. Du kannst Poesie nicht übersetzen. (m, 40–49, Pfarrer; INT Projekt
Oberholzer)
(33) Die Leistung vom Hochdeutschen ist eine Art das Kennzeichnen, dass das jetzt ein
Bibeltext ist, also das finde ich eine Art eben noch cool, dass wir das können.
Mundart ist das, was ich sage, was von mir kommt und Hochdeutsch ist dann das,
was von fremd kommt. Diese Unterscheidung schätze ich noch, dass es wie klar ist
für die Leute.(m,40–49,Pfarrer;INTProjektOberholzer)
4.4.2 Diglossie
Der Umstand, dass Hochdeutsch im privaten und beruflichen Alltag ver-
mehrt und damit selbstverständlicher eingesetzt wird, kann wie gezeigt im
Modell „Mündlichkeit“ zu einer Konzeptualisierung des Hochdeutschen als
lebendige Alltagssprache führen. Gleichzeitig legen die Daten im Projekt
Studler offen, dass dieser Wandel registriert und bewertet wird. Dass Hoch-
deutsch in Kontexten verwendet wird, die nach diglossischer Verteilung zur
DomänedesSchweizerdeutschengehören(wiez. B.derinformellemündli-
che Austausch im Beruf oder der Einsatz des Hochdeutschen im Kindergar-
ten), kann als Bedrohung wahrgenommen werden – nicht nur für das Schwei-
zerdeutsche, sondern auch für die Schweizer Identität. Dies kommt in den
Antworten zur Frage „Finden Sie es wichtig, dass es Menschen gibt, die sich
mit Sprachen und Dialekten beschäftigen?“ zum Ausdruck: Die Befragten
nennen als einen der herausragenden Gründe die Sprach- und Dialektkulti-
vierung; sie bedauern dabei die Ausdehnung des Hochdeutschen und fürch-
ten den damit zusammenhängenden (vermeintlichen) Dialektschwund und
in einem weiteren Schritt den Kultur- und Identitätsverlust.
(34) Dialekte gehen leider rasant verloren. Spätestens in ein, zwei Generationen wird
der grosse schweizerdeutsche Wortschatz verloren sein. Viele Leute kennen ganz
normale Wörter (z. B. Anke, Weihfäcke (Soiblueme), etc.) nicht mehr. Es werden Be-
griffe aus dem Deutschen oder Englischen verwendet, da das Mundartwort nicht
bekannt ist.(m,48,Ingenieur;FBProjektStudler)
(35) ich finde es sehr wichtig, dass der Schweizerdialekt weiter gepflegt wird und nicht
alles in die Standardsprache gewechselt wird.(m,46,Berufsschullehrer;FBPro-
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(36) Der Dialekt ist ein wichtiger Teil unserer Kultur, wenn dieser ausstirbt, stirbt
auch ein Teil von uns. Die Diskussion „Hochdeutsch in Kindergärten“ finde ich ein
klares Bekenntnis zur Abkehr der gesunden Dialektdiversivität in der Schweiz (m,
44,Lehrperson;FBProjektStudler)
Ein Teil dieser Befürchtungen wird auch von einigen Pfarrpersonen geteilt:
(37) Ich merke aber jetzt vermehrt, dass ich handkehrum Mühe damit hab, dass meine eige-
nen Kinder eine total verhunzte Mundart heim bringen. Das habe ich ja schon ein-
mal erzählt, als zum Beispiel und zwar nicht auf den Sprachschatz beschränkt
sind, sondern auf die Grammatik übergreift,[…],da merke ich einfach mehr, dass
sie sagen „Pferd“ statt „Ross“,[…]ich denke, das hat damit zu tun, dass schon im
Kindergarten das Hochdeutsch schon so extrem gefördert und eigentlich ja
schon Standardsprache ist in den Kindergärten, oder je nach Schultyp, dass sie
eigentlich sehr gut und schnell und relativ locker Hochdeutsch reden können
mittlerweile.(w,40–49,Pfarrerin;INTProjektOberholzer)
Der Sprachwandel wird zwar bedauert, aber als natürliche Entwicklung
akzeptiert:
(38) Ich finde, es hat genug Orte, wo das Schweizerdeutsche stark ist. Da müssen wir
nicht noch, das muss man nicht weiss nicht wie fördern, also was man (Pause) was ich
schade finde, wenn diese Dialekte verloren gehen, aber das ist vermutlich gar
nicht zu verhindern mit dieser Mobilität, aber ich finde es schade, ich finde es wun-
derbar, wenn man hört, woher jemand kommt. (m, 40–49, Priester; INT Projekt
Oberholzer)
Die (vermeintliche) Bedrohung wird zudem – in beiden Projekten – teilwei-
se auch relativiert resp. wird darauf verwiesen, dass für eine weitreichende
Verständigung im deutschsprachigen Raum und generell mit allochthonen
Gesprächspartner/-innen keine Abkapselung via Dialekt stattfinden sollte:
(39) Viele Deutschschweizer haben Hemmungen Hochdeutsch zu sprechen, wenn es nicht
ganz akzentfrei ist oder meinen, wenn sie sich Mühe geben, dann töne es überspitzt.
Darum lassen sie es einfach bleiben und sprechen auch mit Deutschen oder Auslän-
dern konsequent schweizerdeutsch. Ich finde dies ignorant. Vorschläge wie „Hoch-
deutsch im Kindergarten“ werden abgelehnt, mit der Begründung „Die Schweiz ver-
liert, wenn im Kindergarten nicht mehr Schweizerdeutsch gesprochen wird, ein
Kulturgut“. Solche Aussagen halte ich für „Panikmacherei“ und total unbegrün-
det.(w,27,Heilpädagogin;FBProjektStudler)
(40) Also ich finde es wichtig, dass jeder Deutschschweizer einigermassen Hochdeutsch
reden kann. […]ich finde, also, das müssen wir können, sonst werden wir abso-
lut provinziell.(m,40–49,Priester;INTProjektOberholzer)
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5. Fazit
Im vorliegenden Beitrag wurden die Resultate zweier Projekte verglichen, die
im Kern denselben Forschungsgegenstand haben: aktuelle Einstellungen zu
Schweizerdeutsch und Hochdeutsch in der Deutschschweiz. Die beiden Pro-
jekte haben hierfür ähnliche Methoden angewandt (direkte Methoden der
LaienlinguistikmitquantitativenundqualitativenDaten),inderStichprobe
unterscheiden sie sich hingegen stark – ein homogenes Sample von Pfarrper-
sonen auf der einen Seite, ein bezüglich Beruf und Bildung heterogenes Samp-
le auf der anderen Seite.
Ein Vergleich der Daten hat gezeigt, dass ein Zusammenspiel verschiedener
Faktoren die Einstellungen der Deutschschweizer/-innen beeinflusst, darun-
ter sprachbiografische (z. B. Auslandaufenthalte) und sprachgebrauchsab-
hängige(z. B.häufigerKontaktzuAllochthonenimAlltag).Dabeikommtein
breites Spektrum an Einstellungen zutage, die inter-, aber oft auch intraindi-
viduell sehr vielschichtig sind. In beiden Projekten bilden die Personen mit
generell negativen bzw. generell positiven Einstellungen zu Hochdeutsch die
Minderheit: Die Mehrheit der Befragten äussert gemischte Einstellungen zu
dieser Sprachform. Solch gemischte Einstellungen stellen offensichtlich den
Normalfall dar und können durch die Annahme unterschiedlicher mentaler
Hochdeutsch-Modelle erklärt werden.
Die Analyse der Daten anhand dieser Modelle hat gezeigt, dass die Unter-
schiede zwischen den beiden Projekten weniger gross sind als vermutet,
dass also viele Gemeinsamkeiten bestehen, und die Befragten beider Projek-
te eine differenzierte, vielschichtige Konzeptualisierung des Hochdeutschen
vornehmen.
Zu den wichtigsten Ergebnissen zählt, dass Hochdeutsch generell positiver
bewertet wird als bisher kolportiert: Hochdeutsch wird in beiden Projekten
über sprachinhärente Merkmale als schöne, ästhetische, strukturierte, elabo-
rierte, präzise, verständliche Sprache beschrieben. Als schriftliche Varietät ist
Hochdeutsch für die Befragten – trotz des Vordringens des Dialekts in die
schriftliche Domäne für informelle und konzeptionell mündliche Kontexte –
nach wie vor von grosser Bedeutung; Hochdeutsch bleibt nicht nur rezeptiv
(als Lesesprache), sondern auch produktiv (als Schreibsprache) für die Be-
fragten zentral. Teilweise ist auch durchaus ein Plurizentrizitätsbewusstsein
vorhanden – obwohl bisweilen das immer wieder vorgebrachte Defizienz-
empfinden gegenüber dem bundesdeutschen Hochdeutsch bzw. gegenüber
den Deutschen thematisiert wird. Dieses Bewusstsein wird sich durch den
sich wandelnden privaten und beruflichen Alltag in den nächsten Jahren oder
Jahrzehnten, so ist zu vermuten, eher verstärken. Allerdings wirkt dieser Ent-
wicklung entgegen, dass das Schweizerdeutsche als starker Identifikations-
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Bildung und Beruf als ausschlaggebende Faktoren für Spracheinstellungen?
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und Identitätsfaktor verteidigt wird und Hochdeutsch dementsprechend teil-
weise als (diffuse) Bedrohung wahrgenommen wird. Auf der anderen Seite
wird Hochdeutsch in der Mündlichkeit – und dies ist eine zentrale Erkenntnis
der beiden Untersuchungen – auch produktiv zumindest von einem Teil der
Befragten als eine Art lebendige Alltagssprache konzeptualisiert: Die verän-
derten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen (Zuwanderung allochthoner
Personen, insbesondere auch aus Deutschland) bringen eine Veränderung der
Einstellungen (und des Sprachgebrauchs) mit sich. Für viele der Befragten
beider Projekte ist Hochdeutsch die natürliche (und selbstverständliche)
Kommunikationssprache mit Allochthonen (im In- und Ausland). Für die
Pfarrpersonen ist Hochdeutsch als mündliche Sprachform ein fester Bestand-
teil ihres Berufslebens; gerade die Möglichkeit, neben dem Dialekt auch
Hochdeutsch als gesprochene Varietät zu verwenden, bietet ihnen einen grös-
seren sprachlichen Gestaltungsspielraum. Darüber hinaus identifiziert sich
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Kulturraum.
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