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Die Bedeutung der Emotionalen Intelligenz
für die Projektmanagement-Praxis
CONSTANTIN SCHUBART
CHRISTIN NAGEL
IU DISCUSSION.
PAPERS.
Business & Management
IU Discussion Papers - Business & Management, No. 9 (August 2022)
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IU Internationale Hochschule
Main Campus: Erfurt
Juri-Gagarin-Ring 152
99084 Erfurt
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Prof. Dr. Constantin Schubart
IU Internationale Hochschule - Campus Erfurt
Juri-Gagarin-Ring 152
99084 Erfurt
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constantin.schubart@iu.org
Christin Nagel
Telefon: +49-15255761708
mail@christinnagel.com
IU Discussion Papers, Reihe: Business & Management, Vol. 2, No. 9 (August 2022)
ISSN-Nummer: 2750-0683
Website: https://www.iu.de/forschung/publikationen/
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DIE BEDEUTUNG DER EMOTIONALEN INTELLIGENZ
FÜR DIE PROJEKTMANAGEMENT-PRAXIS
Constantin Schubart
Christin Nagel
ABSTRACT:
Based on the current state of research on emotional intelligence in project management, an empirical
study is used to examine and evaluate the influence of emotional intelligence on project management in
practice. Finally, recommendations for action for project management practice are derived.
In project management practice, the competence of emotional intelligence is characterized by empathy,
the ability to work in a team, and the ability to deal with conflict as competence elements. Particularly in
agile and hybrid projects and in the implementation phase of projects, this competence is of great im-
portance and should therefore be taken into account as an equal competence alongside technical and
methodological competence when putting together the project team. The relevance of emotional intelli-
gence is independent of the complexity of the project and the degree of innovation of the project. The pro-
ject team size and project duration also have no reinforcing or diminishing influence on the relevance of
emotional intelligence for project management.
KEYWORDS:
Projektmanagement, Kompetenzen, Emotionale Intelligenz
JEL classification: M 14
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AUTOR:INNEN
Prof. Dr. Constantin Schubart
ist seit 2020 Professor für Allgemeine Betriebswirt-
schaftslehre an der IU Internationale Hochschule im Dualen Studium am Standort Er-
furt. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich Management und Organisationsentwick-
lung. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung in Lehre, Forschung und Pra-
xis.
Christin Nagel hat mehr als 11 Jahre praktische Erfahrung in der Bankenbranche als
ausgebildete Bankkauffrau, Unternehmensberaterin und leitende Produktmanage-
rin. Besondere Projekterfahrung in der Konzeption und Umsetzung von komplexen di-
gitalen und hybriden Wertpapierprodukten, -prozessen und -services End-2- End an
den Schnittstellen Asset Management, Vertrieb, Technologie sowie Regulatory Com-
pliance.
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Einleitung
AKTUELLER STAND DER FORSCHUNG UND MOTIVATION
Projekte sind der Lebensnerv von Organisationen. Sie werden durchgeführt, um Lücken zu schließen,
Funktionalitäten zu Existierendem zu ergänzen, oder um Neues zu entwickeln, um letztlich die Organi-
sationen relevant zu halten oder einfach zu verbessern (Ellis 2019). Trotz einer professionell aufgesetz-
ten Projektplanung und konsequenter Anwendung von Projektmanagement-Methoden verfehlen Pro-
jekte oft die Zielvorgaben (Ihlow 2014). Die eine richtige Methodik, komplexe Projekte erfolgreich zu
bewältigen, gibt es nicht (Lucht 2019, S. 373-376). Begründet werden kann dies mit der stark gestiege-
nen Komplexität von Projekten in der „VUCA“ Umwelt. Diese erfordert eine neue Sichtweise auf das
Projektmanagement. Das Anwenden klassischer Projektmanagement-Methoden ist zwar notwendig
und richtig, aber oft eher Basisgrundlage und nicht ausreichend, um Projekte zum Erfolg zu führen
(Ihlow 2014). In der VUCA Umwelt haben neben funktionalen und fachlichen Fähigkeiten die Emotio-
nale Intelligenz als Schlüsselkompetenz an Bedeutung gewonnen (Königes 2020).
Projektmanager haben die Aufgabe nicht nur die Prozesse, sondern auch die emotionale Atmosphäre
von Teams zu steuern. Wenn Menschen in einem Projekt, unter Stress und Terminen zusammenarbei-
ten, ist Emotionale Intelligenz ein entscheidender Faktor für erfolgreiche Führungskräfte, wenn sie ein
Projekt erfolgreich durchführen möchten (Safro). Sobald ein Projektmanager ein gewisses Einstiegsle-
vel an Projektmanagement-Wissen aufgebaut hat, macht nicht mehr Wissen, sondern Persönlichkeit
und Führungsstil kompetenter (Ellis 2019, S. 39).
Knapp die Hälfte der leitenden Führungskräfte (53%) und der nicht-leitenden Angestellten (44%) in
Deutschland geht davon aus, dass Emotionale Intelligenz die entscheidende Kompetenz im Zuge der
Automatisierung und dem Einsatz von künstlicher Intelligenz wird (Crummenerl et al. 2019, S. 3). Die
zukünftige Umwelt erfordert, dass Mitarbeitende mit Veränderungen umgehen und anpassungsfähiger
sind. Getrieben dadurch müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die EI-Kompetenz entwickeln und
schneller reagieren, wenn sie in neue Situationen, Rollen und Herausforderungen übergehen. Der Be-
darf an EI-Kompetenz wird durch drei wesentliche Punkte getrieben:
1. Mitarbeitende müssen ihre Kompetenzbasis aufgrund ihrer automatisierten Rolle vollständig
weiterentwickeln,
2. müssen EI-Fähigkeiten entwickeln, da sie eine eher kunden- /personenbezogene Rolle spielen
oder
3. müssen mehr menschliche, für die emotionale Intelligenzfähigkeiten erforderlich sind, die nicht
automatisiert werden können (Crummenerl et al. 2019, S. 9).
ZIELSETZUNG UND VORGEHENSWEISE
Im Projektmanagement ist der Mensch Akteur – mehrere Menschen arbeiten in Projekten zusammen
und kommunizieren miteinander. Damit ein Projektteam bei der Projektarbeit das Potential entfalten
sowie die die Projektleistung erfolgreich liefern kann ist es wichtig, Menschen besser zu verstehen und
die entsprechenden Rahmenbedingungen zu bieten (Kuster et al 2019, S. 275).
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Ziel dieser Studie ist die Untersuchung der Bedeutung von Emotionaler Intelligenz für das Projektma-
nagement in Unternehmen. Dabei wird untersucht, welchen Einfluss die emotionale Intelligenz auf Pro-
jekte hat.
Einleitend wird auf die Grundlagen der Projektmanagement-Praxis eingegangen und dessen Aufgaben
und Herausforderungen dargestellt. Besonderer Fokus wird dabei auf die Abgrenzung von Projektma-
nagement-Kompetenzen gelegt. Danach wird der Begriff der Emotionalen Intelligenz untersucht und
die relevanten Modelle herausgearbeitet. Anschließend wird das Projektmanagement und die Emotio-
nalen Intelligenz zusammengeführt und der Forschungsstand der Emotionalen Intelligenz für das Pro-
jektmanagement analysiert.
In Abhängigkeit zum aktuellen Forschungsstand der Emotionalen Intelligenz im Projektmanagement
wird mit Hilfe einer empirischen Untersuchung überprüft und bewertet, welchen Einfluss Emotionale
Intelligenz für das Projektmanagement in der Praxis hat. Abschließend werden auf Basis der gewonne-
nen Erkenntnisse Handlungsempfehlungen für die Projektmanagement-Praxis abgleitet.
Theoretischer Rahmen und Forschungsstand
AUFGABEN UND HERAUSFORDERUNGEN DES PROJEKTMANAGEMENTS
Aus Sicht der GPM (Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V.) ist die Kompetenz, Projekte er-
folgreich durchzuführen, ein wichtiger Schlüsselfaktor für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Zu-
kunftsfähigkeit. Das Projektmanagement hat sich als die Methode zur Umsetzung von Veränderungen
in der Welt etabliert, die von Projekt-, Programm- und Portfoliomanagern geführt wird (GPM 2017, S. 5
f).
„Ein Projekt ist ein einmaliges, zeitlich befristetes, interdisziplinäres, organisiertes Vorhaben, um festge-
legte Arbeitsergebnisse im Rahmen vorab definierter Anforderungen und Rahmenbedingungen.“ (Kuster
et al. 2019, S. 3)
Die Herausforderung des Projektmanagements ist es bei der Lieferung des Ergebnisses den Zielkonflikt
zwischen Terminen, Kosten und Umfang, dem magischen Dreieck des Projektmanagements, auszuba-
lancieren, um Qualität des Projektergebnisses zu gewährleiten (Ellis 2019, S. 4 f). Da Projekte über per-
sönliche, organisatorische, regionale, nationale und internationale Grenzen hinweg und mit einer Viel-
zahl von Faktoren wie Industrie, Sprache, Kultur und sozioökonomischem Status durchgeführt werden
kann auch die Dimension der Kultur erweitert werden (GPM 2017, S. 7 & Schoper, S. 4). Die Zielgrößen
eines Projektes stehen in Konflikt zueinander, das heißt die Veränderung einer Größe beeinflusst auch
die anderen Größen (Litke et al. 2015, S. 29). Es ist Aufgabe und Herausforderung des Projektmanage-
ments diese Zielgrößen unter Unsicherheit auszubalancieren.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, hat das Projektmanagement unterschiedliche Standards
und Normen etabliert. Klassische – wie PMI, Prince2, ICB und andere – zielen darauf ab, planorientiert
fest definierte Ziele zu erreichen. Agile hingegen – wie SCRUM, Kanban, Lean Startup und andere – etab-
lieren Regeln der Zusammenarbeit, um Visionen zu realisieren (Kursay-Merkle 2021, S. 21).
Der Wettbewerb zwingt Unternehmen, Projekte innerhalb enger Fristen, mit begrenzten Ressourcen
und von höchster Qualität zu realisieren (Wagner 2012, S. 45 f). Projektmanager sind in Zukunft weitaus
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mehr Konflikten als denen, die sich aus den Zielkonflikt von Zeit, Budget und Qualität ergeben, ausge-
setzt. Hinzukommen diversere Umgebungen mit sich überschneidenden und häufig widersprüchlichen
Stakeholder-Interessen, Verarbeitung von einer Vielzahl von Daten und Informationen bei gleichzeitig
nicht ausreichender Kommunikation (GPM 2017, S. 7). Daher muss die Projektmanagement-Kompetenz
kontinuierlich weiterentwickelt werden (Wagner 2012, S. 45 f).
Kuster et al. (2019, S. 276) fassen die für Projektmanager notwendigen Kompetenzen in einem Kompe-
tenzmodell zusammen (siehe Abb. 1).
Abbildung 1: Kompetenzmodell Projektmanagement
Quelle: Kuster et al. 2019, S. 276.
Auffällig an dem Kompetenzmodell ist, dass die Methodenkompetenz und Fachkompetenz nur zwei
von insgesamt sechs notwendigen Kompetenzfeldern ausmachen und damit die Annahme aufkommt,
dass diese Kompetenzen eine eher untergeordnete Rolle spielen oder zumindest nicht ausreichen, um
Projekte in der dynamischen Umwelt erfolgreich zum Ziel zu führen.
Weil das Gebiet des Projektmanagements sich ändert und damit auch die Erwartungen an die Projekt-
manager, hat die International Project Management Association (IPMA) die Individual Competence Ba-
seline (ICB), ein globaler Kompetenzstandard überarbeitet, die aus IPMA-Sicht von Personen benötigt
werden, die im Bereich des Projektmanagements arbeiten (GPM 2017, S. 7).
Es gibt verschiedene Definitionen für den Begriff Kompetenz im Projektmanagement. Für das PMI (Pro-
ject Management Institute) ist Projektmanagement-Kompetenz die Fähigkeit, Aktivitäten in einer Pro-
jektumgebung gemäß den erwarteten und anerkannten Standards durchzuführen. Die Kompetenz wird
vom PMI in drei getrennten Dimensionen beschrieben (Cartwright/ Yinger 2007).
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Tabelle 1: Projektmanagement-Kompetenz nach PMI
Kompetenz-Dimension
Beschreibung
Projektmanagement-
Wissenskompetenz
Was der Projektmanager über Projektmanagement weiß und durch Bestehen
einer entsprechend qualifizierten Prüfung nachgewiesen werden kann.
Leistungskompetenz des
Projektmanagements
Was der Projektmanager tun oder führen kann, sein Projektmanagementwissen
anwendet und durch die erfolgreiche Durchführung von Projekten demonstriert
werden kann.
Persönliche Kompetenz
Verhalten des Projektmanagers bei der Durchführung des Projekts oder der
Aktivität; ihre Einstellungen und Kernpersönlichkeitsmerkmale und durch das
Verhalten des Projektmanagers bei der Lieferung erfolgreicher Projekte
demonstriert werden kann.
Quelle: Cartwright, C./ Yinger, M. 2007.
Die IPMA ICB definiert mit dem „Eye of Competenz“-Modell insgesamt 29 Kompetenz-Elemente in 3
Kompetenzbereichen, die Personen, die in Projekten arbeiten oder Projekte leiten, vorweisen sollen
(GPM 2017, S. 27-28):
Tabelle 2: Projektmanagement-Kompetenz nach IPMA
Kompetenz-Dimension
Beschreibung
People
Persönliche und soziale Kompetenzen und Eigenschaften die Personen
benötigen um erfolgreich an Projekten mitzuarbeiten oder diese zu leiten.
Practice
Technische Kompetenzen wie Werkzeuge, Methoden und Instrumente des
Projektmanagements.
Perspective
Kontext Kompetenzen wie das Anwenden von Methoden, Werkzeugen und
Techniken in der Umgebung.
Quelle: GPM 2017, S. 27-28.
Der IPMA-Zertifizierungsansatz für Projektmanager zeichnet sich dadurch aus, dass es keine Projekt-
Vorgehensweisen vorgibt, sondern Fokus auf die Schulung der Handlungskompetenzen legt, dass Per-
sonen, die in Projekten arbeiten oder diese leiten, eine eigene individuelle Vorgehensweise definieren.
Im Vergleich dazu steht bei PMI die Vermittlung von Prozessen im Vordergrund und bei PRINCE2 die
Vermittlung einer allgemeingültigen skalierbaren Vorgehensweise (Walter 2020). Der Ansatz der IPMA
geht also auch nicht davon aus, dass es diese eine geeignete Methode für alle Projekte gibt.
THEORIEN UND MODELLE ZUR EMOTIONALEN INTELLIGENZ
Die konventionelle Intelligenz, der Intelligenzquotient (IQ), ist eine Punktzahl, die standardisierten
Tests zur Messung der Intelligenz abgeleitet und verwendet wird, um die Begabung eines Menschen zu
beurteilen. Es gibt Argumente, dass die Aussagekraft dieser Intelligenz begrenzt ist, weil Erfolg nicht
automatisch denjenigen folgt, die einen hohen IQ-Wert besitzen oder besonders hohe akademische Bil-
dung (Serrat 2017, S. 331). Das bedeutet nicht, dass IQ oder technische Fähigkeiten irrelevant sind.
Diese Form von Intelligenz ist jedoch nur Einstiegsvoraussetzungen, zum Beispiel für Führungspositio-
nen (Landry 2019/ Goleman 2019, S. 1).
Forschungen deuten darauf hin, dass emotionale Intelligenz der entscheidende Faktor ist, der Perfor-
mer abhebt. Diese emotionale Intelligenz sei der stärkste Faktor für die Leistung und erklärt 58% des
Erfolgs bei allen Arten von Jobs (Bradberry 2017). Die Theorie der emotionalen Intelligenz hilft beim
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Navigieren durch eine Welt von Individuen, die alle unterschiedliche Persönlichkeiten, Wünsche, Be-
dürfnisse und andere Arten haben, ihre Emotionen zu zeigen (Serrat 2017, S. 331).
Emotionale Intelligenz ist die Fähigkeit von Menschen, die eigenen Emotionen wahrzunehmen und zu
regulieren und Emotionen von anderen anderen Menschen und Gruppen zu erkennen, zu verstehen, zu
bewerten und zu steuern (Landry 2019/ Serrat 2017, S. 330/ Crummenerl et al. 2019, S. 3). Gerade im
Arbeitskontext ist es ist auch die Fähigkeit einer Person, die Motivation von Mitmenschen zu verstehen
und zu erkennen, wie man kooperativ mit ihnen arbeiten kann (Asare 2016, S. 420). Menschen, die ein
hohes Maß an emotionaler Intelligenz besitzen, kennen sich selbst sehr gut und sind auch in der Lage,
die Emotionen anderer zu spüren. Sie sind umgänglich, belastbar und optimistisch (Serrat 2017, S. 330).
Die Herstellung der Verbindung zwischen Emotionen und Intelligenz und dem Ansatz, Emotionale In-
telligenz als kognitive Fähigkeit im Umgang mit Emotionen zu verstehen, wurde erstmals 1990 von Sa-
lovey/ Mayer geprägt (Tarasuik/ Ciorciari / Stough 2009, S. 3). In Ihrem Konzept untersuchten Salovey/
Mayer den Platz von Emotionen in traditionellen Intelligenzkonzepten und stellten spezifische Kompe-
tenzen der emotionalen Intelligenz vor. Sie sehen Emotionale Intelligenz als eine Reihe von Fähigkei-
ten, von denen angenommen wird, dass sie dazu beitragen, Emotionen bei sich selbst und bei anderen
einzuschätzen und auszudrücken, Emotionen bei sich selbst und anderen zu regulieren und Gefühle zu
nutzen, um zu motivieren, zu planen und erfolgreich zu sein (Salovey/ Mayer 1990, S. 1). Der Ansatz des
Denkens über Emotionen vereinte zwei Elemente die bis dahin als Gegensätze galten: Gefühle und lo-
gisches Denken (Goleman 2020).
Salovey/ Mayer kombinierten die Arbeit mehrerer Forscher, um die folgenden fünf Kompetenz-Dimen-
sionen zur effektiven Nutzung von Emotionen zu definieren (Culver, S. 1):
− Die eigenen Emotionen kennen,
− Umgang mit Emotionen,
− Sich selbst motivieren,
− Erkennen von Emotionen bei anderen,
− Umgang mit Beziehungen.
Populär wurde der Begriff jedoch erst mit der Veröffentlichung von „Emotional Intelligence: Why It Can
Matter More Than IQ“ Goleman (1995). Goleman hat auf erste Erkenntnisse in einem damals neuen Be-
reich zurückgreifen, der affektiven Neurowissenschaft, dem Studium von Emotionen und des Gehirns
(Goleman 2020, S. X). Goleman legte überzeugende Beweise dafür vor, dass der Quotient der emotio-
nalen Intelligenz für den akademischen Erfolg genauso wichtig ist wie die kognitive Intelligenz, gemes-
sen am IQ (Culver, S. 1).
Er unterscheidet 12 Kompetenzen in den 4 Dimensionen Self-Awareness, SelfManagement, Social Awa-
reness und Relationship Management. Ein Defizit in einer Domäne führt dazu, dass Kompetenzen auf
Basis dieser Domäne leiden (Goleman 1995, S. X – XI).
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Abbildung 2: Emotionale Intelligenz – Dimensionen und Kompetenzelemente
Quelle: Goleman/ Boyatzis 2017.
FORSCHUNGSSTAND EMOTIONALE INTELLIGENZ IM PROJEKTMANAGEMENT
Turner und Müller (2005) haben erstmals die Frage aufgeworfen, inwiefern der Leadership-Stil und die
emotionale Intelligenz einer Projektleitung Einfluss auf den Erfolg eines Projektes hat (Tuner/ Müller
2005, S. 59). Die zugehörige Studien zu Emotionaler Intelligenz im Projektmanagement wurde 2006
durchgeführt und der Führungsstils der Projektleitung sowie dessen emotionale Kompetenz als rele-
vanten Erfolgsfaktor in Projekten analysiert mit dem Fazit: "Projektmanager müssen emotional intelli-
gent sein“ (Turner/ Müller 2006 / Schoper, S. 12).
Eine Person mit einem niedrigen IQ kann ein abstraktes Konzept möglicherweise nie verstehen (Culver,
S. 1). Aber das vom Taylorismus geprägte, regelbasierte Denken reicht nicht mehr aus und damit auch
nicht der Fokus auf Methoden-Anwendung und Prozessoptimierung, wie es Organisationen in den letz-
ten Jahren das Thema Projektmanagement vorrangig angegangen sind. Der Faktor Mensch nimmt in
dem komplexen Umfeld an Bedeutung zu (Kuster et al. 2019, S. 2/ S. 275).
Abbildung 3: Taylorwanne
Quelle: Kuster et al. 2019, S. 2.
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Die klassischen Methoden des Projektmanagements aus den 50er Jahren des 20. Jahrhundert, die bis
heute Gültigkeit haben stoßen aufgrund steigernder Komplexität an Ihre Grenzen. Agile und hybride
Ansätze stellen die Selbstorganisation in den Vordergrund und der Faktor Mensch nimmt in dem kom-
plexen Umfeld an Bedeutung zu (Kuster et al. 2019, S. 1). Für erfolgreiches Projektmanagement brau-
chet man heute auch die Fähigkeit, Teamkulturen aufzubauen und zu pflegen. Man muss flexibel zu
sein, wie man Projekte angeht, abhängig von der Natur des Projektes und den Menschen im Projekt, um
ein Umfeld zu schaffen. Ellis unterscheidet daher auch zwischen Projekt-Management und Projekt-Lea-
dership, beide Ausprägungen werden je nach Projekt-Lebenszykluses benötigt (Ellis 2019, S. 3).
Mit Blick auf die Zertifizierungsprogramme, wie die von der IPMA und dem PMI, als auch Projektma-
nagement-Handbücher greifen den Faktor Mensch und wesentliche Merkmale des Menschen als Ge-
stalter von Projekten auf (Kuster et al. 2019, S. VI). Die Menschen, die in der Projektumgebung arbeiten,
ändern sich regelmäßig über Generationen. Daher müssen Projektmanager sich auch ändern, zum Bei-
spiel neue Kommunikationsstile oder neue Werkzeuge lernen und anwenden und Offenheit für neue
Ideen beibehalten (Ellis 2019, S. 45).
In Kompetenzbereich „People“, den die IPMA aufgreift liegt ein zentraler Schlüssel für den Projekter-
folg. Ein Projekt ist erfolgreich, wenn es gelingt, die Beziehungen der Menschen und Teams untereinan-
der konstruktiv und positiv zu gestalten trotz der persönlichen Grenzerfahrungen, die aufgrund be-
grenzter Ressourcen bei der Schaffung von Innovation auftreten (Kuster et al. 2019, S. 15).
Im Projektmanagement versucht man den Bedarf an Kompetenzen durch Rollen zu Begegnen. Nach
Kuster et. al. (2019) unterscheidet sich die Relevanz von Kompetenz zum Beispiel zwischen den Rollen
Auftraggeber, Projektleiter, Product Owner und Scrum Master (Kuster et al. 2019, S. 371/ 378).
Die Herausforderung bei der Steuerung des Bedarfs nach emotionaler Kompetenz ist die uneinheitliche
Definition der Kompetenz und die Vielzahl der Kompetenzbereiche, die wiederum eine eigene Defini-
tion haben. In der folgenden Übersicht wird klar, dass sowohl die Seite des Projektmanagements als
auch die Seite der Emotionalen Intelligenz das Thema aufgreifen, aber anders abgrenzen. Während bei
Goleman Empathie ein eigener Kompetenzbereich ist wird er von der IPMA zum Kompetenzelement der
persönlichen Kommunikation gezählt. Eine gemeinsame Diskussion zu dieser Kompetenz in der Praxis
gestaltet sich damit schon schwierig.
Die folgende Tabelle stellt die Kompetenzelemente der Ansätze von Goleman und der IPMA gegenüber
und zeigt, dass der inhaltliche Umfang der emotionalen Intelligenz gleich ist, aber die Elemente unter-
schiedlich abgegrenzt werden. Die People-Kompetenzelement-Definitionen der IPMA wurden in dem
ICB analysiert und auf Basis der Definition dem inhaltlich passenden Kompetenzelement von Goleman
gegenübergestellt.
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Tabelle 3: Synopse Kompetenzelemente EI, Goleman vs. IPMA
Kompetenzelemente der Emotionale
Intelligenz nach Dnaiel Goleman (1995)
Persönliche und Soziale Kompetenzelemente (People)
nach IPMA (2017, S. 67-107/ 196-199)
Self Awareness
Selbstreflektion und Selbstmanagement
Adaptibilty
Persönliche Integrität und Verlässlichkeit
Empathie
Persönliche Kommunikation
Positivity, Inspire, Empathie
Beziehung und Engagement
Influence, Coaching
Führung
Teamwork
Teamarbeit
Conflict Management, Emotional Balance
Konflikte und Krisen
Inspire
Vielseitigkeit
Organisational Awareness
Verhandlungen
Achievement orientation
Ergebnisorientierung
Quelle: HBR 2015, S. 4 f/ GPM 2017, S. 67-107/ S. 196-199.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Thema Mensch und emotionale Intelligenz in die Projekt-
management Literatur und sogar in die Zertifizierungsprogramme Einzug gehalten hat und man sich in
der Theorie einig ist, dass Emotionale Intelligenz eine wichtige Rolle spielt für die zukünftige Arbeits-
welt und auch für das Projektmanagement.
Offen bleibt die Klärung der Frage, welchen Einfluss die Kompetenz in der heutigen Projektmanage-
ment Praxis hat und in welchen Bereichen sie von Bedeutung ist. Es wird nachfolgend gezeigt, welchen
Einfluss die Emotionale Intelligenz in der heutigen Projektmanagement-Praxis hat und dabei wird über-
prüft, ob die Relevanz, die in der Literatur so hoch bewertet wird, auch schon in der Praxis so bewertet
wird.
Methodik und Operationalisierung der Untersuchung
ZIELSETZUNG, FRAGESTELLUNGEN UND HYPOTHESEN
Besonders im Rahmen der IPMA „Eye of Competence“ hat das Thema Emotionale Intelligenz in der Pro-
jektmanagement-Literatur Einzug gehalten und wird auch in professionellen Projektmanagement-Trai-
nings berücksichtigt. Offen ist aber die Übersetzung in die Projektmanagement-Praxis. Die daraus re-
sultierende Forschungslücke soll mit der Beantwortung der nachfolgenden Forschungsfrage verringert
werden: Für wen hat Emotionale Intelligenz im Projektmanagement wo, wann und wie Einfluss?
Folgende Hypothesen sollen durch die Untersuchung der Forschungsfrage für die Projektmanagement-
Praxis untersucht werden:
− Hypothese 1: Die Relevanz von Emotionaler Intelligenz ist bei Projekten mit hoher inhaltlicher Kom-
plexität und hohem Innovationsgrad höher als bei Projekten mit geringer Komplexität und geringem
Innovationsgrad.
− Hypothese 2: Die Relevanz von Emotionaler Intelligenz ist bei Projekten mit agiler oder hybrider Pro-
jektmethode höher als für Projekte mit traditioneller Vorgehensweise nach Wasserfall.
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− Hypothese 3: Die Relevanz von Emotionaler Intelligenz ist bei Projekten mit langer Laufzeit oder gro-
ßem Team höher als für Projekte mit kurzer Laufzeit oder kleinem Team.
− Hypothese 4: Der Grad des Einflusses von Emotionaler Intelligenz unterscheidet sich zwischen den
Projektphasen und den Projektaktivitäten.
− Hypothese 5: Der Grad emotionaler Intelligenz eines Projektteams hat einen positiven Einfluss auf
die Projektperformance.
Die Untersuchungsergebnisse werden in einer Heatmap, die die Relevanz von emotionaler Intelligenz
für das Projektmanagement sichtbar gemacht und die Integration sowie Anwendung von der Emotio-
nalen Intelligenz im Projektmanagement-Prozess in der Praxis unterstützt und der Kompetenz zukünf-
tig auch in der Praxis mehr Sichtbarkeit verschafft. Schließlich werden auch Handlungsempfehlungen
für die Projektmanagement-Bereiche, die einen hohen Grad ein Einfluss von Emotionaler Intelligenz
ausgesetzt sind, abgeleitet.
METHODIK UND OPERATIONALISIERUNG
Die Untersuchung wird mit einer standardisierten quantitativen Forschungsmethode, einem Online-
Fragebogen durchgeführt, um ein möglichst umfassendes und breites Bild aus verschiedenen Bran-
chen, von verschiedenen Projektrollen und Projekttypen zu erhalten, um so Erkenntnisse für das Pro-
jektmanagement für Organisationen abzuleiten und festzustellen, ob es Unterschiede zwischen den
Branchen, den Perspektiven der Projektrollen oder auch den Projekttypen gibt. Durch eigene Projekter-
fahrung können die quantitativ untersuchten Ergebnisse in den Kontext gesetzt werden.
Die Datenerhebung wurde mit Hilfe einer randomisierten Befragung mit Hilfe eines standardisierten
digitalen Fragebogens durchgeführt. Der Fragebogen wurde online auf LinkedIn, einem professionellen
Karrierenetzwerk, geteilt. Vereinzelt wurden Einladungen zur Befragung über direkte LinkedIn-Mai-
lings, WhatsAppMessenger und Mailings an Personen versendet, die bekannte Projekterfahrung haben.
Untersuchungsgegenstand sind die Erfahrungen zu dem letzten Projekt der Teilnehmenden, die in Pro-
jekten gearbeitet, diese geleitet oder auch beauftragt haben. Der Untersuchungsgegenstand wurde auf
das letzte Projekt der Untersuchungsgruppe eingegrenzt, um Einflüsse von Erfahrungen einer Vielzahl
an Projekten zu vermeiden und die Ergebnisse durch Klassifizierung der Projekte und Rollen auch ver-
gleichbar zu machen. Die Teilnehmenden haben die notwendige Instruktion erhalten, dass es bei der
Beantwortung der Fragen die persönliche Einschätzung auf Basis der eigenen Projekterfahrung in dem
letzten Projekt ist. Projektmanagement-Erfahrung gilt aus Sicht der GPM als Wissen und schadet daher
nicht der Reliabilität der Untersuchungsergebnisse (GPM 2017, S. 17). Die folgende Tabelle 4 stellt die
Operationalisierung der Forschungsfrage dar:
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Tabelle 4: Operationalisierung der Forschungsfrage
Für wen hat Emotionale Intelligenz im Projektmanagement wo, wann und wie Einfluss?
Begriff
Variable
Indikatoren
Merkmalsausprägung
Emotionale
Intelligenz
Synopse aus den
Kompetenzelementen
von Daniel Goleman
und IPMA (vgl. Tabelle
3)
Bedeutung für die
einzelne Person,
Persönliche Erfahrung
und Empfindung
Emotionales (Selbst-)Bewusstsein; Emotionales Gleichgewicht/Emotionale Stabilität/Resilienz;
Anpassungsfähigkeit/Offenheit, Leistungsorientierung/Antriebskraft; Optimismus; Empathie,
Orgsanisatorisches Bewusstsein/Engagement; Einflussfähigkeit/Überzeugungskraft;
Konfliktfähigkeit; Inspirierende/Authentische Führung; Talentcoaching/-mentoring, Teamfähigkeit;
Sonstiges
Relevanz der
Kompetenz
Persönliche Einschätzung
der Relevanz der
Kompetenz im Vergleich
zu anderen Kompetenzen
für das letzte Projekt
Fachkompetenz 1: sehr gering; 2: gering; 3: mittel; 4: hoch; 5: sehr hoch; Methodenkompetenz 1: sehr
gering; 2: gering; 3: mittel; 4: hoch; 5: sehr hoch; Soziale und/oder Emotionale Intelligenz 1: sehr
gering; 2: gering; 3: mittel; 4: hoch; 5: sehr hoch;
Für wen hat
Emotionale
Intelligenz im
Projektmanagement
Einfuss?
Projektrolle
Rollen mit
Leitungsfunktion oder
ohne Leitungsfunktion
Auftraggeber/Lenkungskreismitglied; (Teil-)Projektleiter; Projektmitarbeiter fachlicher Schwerpunkt;
Projektmitarbeiter technischer Schwerpunkt; PMO-Mitarbeiter; Product Owner; Scrum Master;
Entwickler; Sonstige Rolle
Projekterfahrung
Anzahl an durchgeführten
Projekten
weniger als 5 Projekte; 5 bis 15 Projekte; mehr als 15 Projekte
Geschlecht
Geschlecht dem sich eine
Person zugehörig führt
männlich, weiblich, divers
Generation
Geburtsjahr zu
Einordnung in eine
Generation
Geburtsjahr
Wo im
Projektmanagement
Projektkomplexität
Soziale Komplexität,
Umfang involvierter
1: gering; 2: eher gering; 3: mittel; 4: eher hoch; 5: hoch
Unternehmensbereiche
Projekt-
Innovationsgrad
Neuartigkeit eines
Projektthemas54
1: gering; 2: eher gering; 3: mittel; 4: eher hoch; 5: hoch
Projektlaufzeit
Die Dauer des letzten
Projektes in Monaten
bis zu 3 Monate; 3 bis 12 Monate; mehr als 12 Monate
Projektgröße
Anzahl der
Teammitglieder des
letzten Projektes
2 bis 3 Projektmitglieder; 4 bis 9 Projektmitglieder; mehr als 9 Projektmitglieder
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Projektmethode
Klassisches, agiles oder
hybrides Projektvorgehen
im letzten Projekt
Agiles Projektmanagement; Traditionelles Projektmanagement (Wasserfall); Hybrides
Projektmanagement (Mischformen)
Lifecycle des
Projektgegenstandes
Stage des
Projektgegenstandes
Neuentwicklung; Weiterentwicklung/Optimierung
Projektumgebung Branche in dem das
Projekt stattfindet
Automobilindustrie; Chemie und Pharma; Energie und Umwelt; Finanzen und Versicherungen;
Gesundheitswesen und Soziales; Handel und Konsum; Öffentlicher Sektor; Immobilien; Verkehr,
Transport, Logistik; Marketing und PR; Kultur, Veranstaltungen und Unterhaltung; Textil und Mode;
Recht und Steuern; Telekommunikation; IT und Technologie; Produktion; Sonstiges
Projektthema
Inhaltlicher Schwerpunkt
eines Projektes
Strategie/Business Model; Prozesse/Operating Model;
Organisationsgestaltung/Organisationsstruktur; Unternehmensstruktur; IT/Technologie;
Produkte/Services; Forschung; Sonstiges
Wann im
Projektmanagement
Projektphasen
Persönliche Einschätzung
der Bedeutung von
Emotionaler Intelligenz
für verschiedene
Projektphasen
Initiierung/Beauftragung; Planung; Start/Kick-off; Konzeption; Umsetzung/Entwicklung; Testing; Go
Live/Rollout; Abschluss und Übergabe: 1: sehr gering; 2: gering; 3: mittel; 4: hoch; 5: sehr hoch;
Projektaktivitäten
Empfundener Einfluss
auf verschiedenen
Zeitmanagement; Budgetmanagement; Qualitätsmanagement; Kommunikation;
Risikomanagement; Stakeholdermanagement; Anforderungsmanagement;
Projektmanagement-
Aktivitäten
Reporting/Controlling: 1: sehr gering; 2: gering; 3: mittel; 4: hoch; 5: sehr hoch
Wie im
Projektmanagement
Projektteam
Grad der empfundenen
emotionalen Intelligenz
des Projektteams
0: sehr gering bis 10: sehr hoch
Projektperformance
Empfundener Einfluss der
Emotionalen Intelligenz
des Projektteams auf die
Projektperformance des
letzten Projektes
1: gering; 2: eher gering; 3: mittel; 4: eher hoch; 5: hoch
Quelle: eigene Darstellung.
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DURCHFÜHRUNG DER ERHEBUNG UND DARSTELLUNG DER ERGEBNISSE
GANG DES FRAGEBOGENS
Der Fragebogen startet zur Beantwortung des „für wen“ in den Fragen 1 bis 10 mit Fragen zur Klassifi-
zierung des letzten Projektes der Befragten und dem Rollenprofil inklusive der Erfahrung der Befragten
in dem Projekt. Die Einschätzungen der Befragten zur Kompetenz der Emotionalen Kompetenz im Pro-
jektmanagement können somit Projektausprägungen und Rollenausprägungen zugeordnet werden.
Frage 11 ist der inhaltliche Übergang zur Relevanz der Kompetenz der Emotionalen Intelligenz im Ver-
gleich zur Fach- und Methodenkompetenz. Die Frage 12 ist Ausgangbasis für den zweiten Teil des Fra-
gebogens zur Untersuchung des Einflusses von Emotionaler Intelligenz auf das letzte Projekt der Be-
fragten und damit zur Beantwortung der Forschungsfrage. Aufgrund der fehlenden einheitlichen Defi-
nition des Begriffes der Emotionalen Kompetenz wird mit Frage 12 erhoben, welche der Kompetenzele-
mente von Goleman die Befragten zur Kompetenz zählen.
In den Fragen 12 bis 16 wird der Einfluss der Kompetenz auf das letzte Projekt der Befragten untersucht.
Dabei wird von in Fragen15 und 16 berücksichtigt, dass Projekte aus einer Reihe von Prozessen mit Ak-
tivitäten bestehen und Projektmanagement unterschiedlicher Phasen des Projekt-Lifecycles integriert,
Um zu untersuchen ob die Bedeutung von Emotionaler Intelligenz sich in den verschiedenen Phasen
unterscheidet.
Frage 17 bis 18 schließen den Fragebogen mit demografischen Fragen ab, um das „für wen“ zu konkre-
tisieren und geschlechterspezifische oder generationenspezifische Unterschiede feststellen zu können.
Insgesamt wurden 74 Personen befragt und 62 Teilnahmen (n) wurden vollständig abgeschlossen und
sind damit für die Untersuchung auswertbar.
ERGEBNISSE DER BEFRAGUNG
FÜR WEN HAT EMOTIONALE INTELLIGENZ IM PROJEKTMANAGEMENT EINFLUSS?
Die Befragten (n=62) sind durchschnittlich 36 Jahre alt. 9,7% der Teilnehmenden waren in Ihrem letzten
Projekten Auftraggeber oder Lenkungskreismitglied, 46,8% der Befragten hatten als Teilprojekt- oder
Projektleitung eine leitende Rolle und die restlichen 43,5 % hatten operative Rollen im Projektmanage-
ment. 48,4% der Befragten haben schon mehr als 15 Projekte durchgeführt und haben damit schon eine
hohe Projektmanagement-Expertise vorzuweisen. Die Altersgruppe zwischen 30 und 49 Jahren ist in
der Befragungsgruppe mit 75,8% in der Mehrheit.
Die Ergebnisse zum Profil der Befragten sagt noch nichts über den Einfluss von Emotionaler Intelligenz
auf das Projektmanagement aus. Die Ergebnisse lassen jedoch die Untersuchung zu, ob es Unter-
schiede in der Bewertung der Relevanz der Kompetenz zwischen Rollenprofilen gibt.
WO HAT EMOTIONALE INTELLIGENZ IM PROJEKTMANAGEMENT EINFLUSS?
Die Befragten kommen überwiegend aus der Branche der Finanzdienstleister (38,71%) und Versiche-
rungen sowie IT/Technologie (19,35%). Bei der Hälfte der Befragten war der Projektgegenstand des
letzten Projektes im Bereich Prozesse und Operating Model (51,51%) und im Bereich IT/Technologie
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(53,23%). Die Größe des letzten Projektteams war bei 40,32% der Befragten 4 bis 9 Projektmitglieder
und bei 41,94% mehr als 9 Projektmitglieder. Die Projektlaufzeit war bei fast der Hälfte (45,19%) der
Befragten 3 bis 12 Monate. Die Komplexität des letzten Projektes der Befragten wurde von 70,97% als
eher hoch bis hoch eingestuft. Den Innovationsgrad des letzten Projektes stufen 62,9% der Befragten
mittel bis eher hoch ein. Einen hohen Innovationsgrad hatten 12,90% der Befragten beim letzten Pro-
jekt erlebt.
Auch diese Ergebnisse sagen, noch nichts über den Einfluss der Emotionalen Intelligenz auf das Pro-
jektmanagement aus. Die Ergebnisse helfen bei der Untersuchung in welcher Umgebung emotionale
Intelligenz welche Relevanz hat.
WELCHE RELEVANZ UND BEDEUTUNG HABEN EMOTIONALE INTELLIGENZ?
Mit Blick auf die Projektmanagement-Kompetenzen fachliche Kompetenz, methodische Kompetenz
und emotionale Intelligenz haben 83,87% der Befragten angegeben, dass emotionale Intelligenz eine
eher hohe bis hohe Relevanz für das letzte Projekt hatte. Im Vergleich dazu hatte methodische Kompe-
tenz bei 67,74% und fachlichen Kompetenz bei 69,36% der Befragten eine eher hohe bis hohe Relevanz.
Aufgrund der fehlenden einheitlichen Definition des Begriffs Emotionale Intelligenz und der Kompeten-
zelemente und damit der Abhängigkeit der Bedeutung und Relevanz der Kompetenz für die Befragten
wurde erhoben, welche Bedeutung der Begriff für die Befragten hat. Die Befragten hatten die Möglich-
keit mehrere Kompetenzelemente auszuwählen. Die Mehrheit haben Empathie (88,71%) als das Kom-
petenzelement der emotionalen Intelligenz ausgewählt. Dahinter folgen Teamfähigkeit (72,58%) und
Konfliktfähigkeit (67,74%).
WANN HAT EMOTIONALE INTELLIGENZ IM PROJEKTMANAGEMENT EINFLUSS?
Emotionale Intelligenz hat aus Sicht von 80,65% der Befragten eine hohe bis sehr hohe Bedeutung für
die Projektphase der Umsetzung/Entwicklung. Eine hohe bis sehr hohe Bewertung der Bedeutung der
Kompetenz wurde auch für die Projektphase Start/Kick-Off (74,19%) und Abschluss/Übergabe (70,97%)
sowie Go Live/Rollout (69,36%) von den Befragten abgegeben. Die geringste Bedeutung hat die Kom-
petenz aus Sicht der Befragten für die Projektphase Planung und die Testphase. Der Einfluss der Kom-
petenz auf die Projektaktivitäten ist aus Sicht der Befragten hoch bis sehr hoch bei den Aktivitäten Kom-
munikation (98,38%), Stakeholdermanagement (97,77%) und Qualitätsmanagement (64,51%) sowie
Anforderungsmanagement (59,68%).
WIE HAT EMOTIONALE INTELLIGENZ IM PROJEKTMANAGEMENT EINFLUSS?
Die Emotionale Intelligenz des letzten Projektteams wurde von 11,29% der Befragten als positiv bewer-
tet und 40,32 % schätzen die Emotionale Intelligenz des letzten Projektteams als eher kritisch ein. Eher
indifferent oder passiv gegenüber stehen 48,38% der Befragten der Emotionalen Intelligenz des letzten
Projektteams. Diese Ergebnisse erhalten in Kombination mit der Wirkung auf die Projekt-Performance
Ihre Aussagekraft.
Keine Befragten haben abgegeben, dass die Emotionale Intelligenz des letzten Projektteams eine ne-
gative Wirkung auf die Projektperformance hatte, aber 14,52% haben angegeben, dass sie einen eher
negativen Effekt auf die Projektperformance erlebt haben. Die Mehrheit gab an, dass die Emotionale
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Intelligenz des letzten Projektteams eine eher positive Wirkung (40,32%) oder positive Wirkung
(27,42%) auf die Projekt-Performance hatte.
Diskussion der Untersuchungsergebnisse
ERGEBNISSE FÜR DIE PROJEKTMANAGEMENT-PRAXIS
Ausgangsbasis für die Bewertungen der Befragten ist das persönliche Verständnis von Emotionaler In-
telligenz. Die Mehrheit (89% der 62 Befragten) hat angegeben, dass Empathie für Sie Emotionale Intel-
ligenz bedeutet. Das stimmt überein damit, dass aus Sicht von Goleman (1996, S. 16) Empathie die am
leichtesten zu erkennende Dimension ist. Die Bewertung des Einflusses von Emotionaler Intelligenz im
Projektmanagement durch die Befragten ist somit vor allem geprägt von der Dimension der Empathie.
Die Ergebnisse der Untersuchung sollen im Folgenden Abschnitt im Hinblick auf die getroffenen Hypo-
thesen diskutiert werden. Die Hypothese 1 zum Zusammenhang zwischen der Komplexität des Projek-
tes und der Bewertung der Relevanz von Emotionaler Intelligenz sowie die Annahme zum Zusammen-
hang zwischen dem Innovationsgrad des Projektes und der Relevanz von Emotionaler Kompetenz soll
mit dem Korrelationskoeffizienten nach Bravais Pearson überprüft werden, wobei dieser zwischen -1
(negativer Zusammenhang) und +1 (positiver Zusammenhang) liegen kann. Ist der Korrelationskoeffi-
zient 0 besteht kein Zusammenhang zwischen den Merkmalen.
xi = Komplexität des Projektes
yi = Relevanz Emotionale Intelligenz
rx,y = 0,2698
Abbildung 4: Projektkomplexität und Relevanz EI
Quelle: Eigene Darstellung
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Die Stärke der Beziehung zwischen der Relevanz von Emotionaler Intelligenz und der Komplexität des
Projektes ist niedrig.
xi = Innovationsgrad des Projektes
yi = Relevanz Emotionale Intelligenz
rx,y = 0,1956
Abbildung 5: Projektinnovationsgrad und Relevanz EI
Quelle: Eigene Darstellung
Die Stärke der Beziehung zwischen der Relevanz von Emotionaler Intelligenz und dem Innovationsgrad
des Projektes ist schwach. Da weder die Komplexität des Projektes noch der Innovationsgrad einen re-
levanten Einfluss auf die Bewertung der Relevanz der Emotionalen Intelligenz in einem Projekt hatte,
spielt die Projektausprägung keine Rolle bei der Relevanz von emotionaler Intelligenz.
Die Hypothese 2, dass die Relevanz von Emotionaler Intelligenz bei Projekten mit agiler oder hybrider
Projektmethode höher bewertet wird als für Projekte mit traditioneller Vorgehensweise nach Wasser-
fall hat sich mit Blick auf die Verteilung der Bewertung der Befragten bestätigt.
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Abbildung 6: Projektmanagementmethode und Relevanz EI
Quelle: Eigene Darstellung
Von den Befragten, dessen letztes Projekt nach agiler Vorgehensweise organisiert wurde, schätzen 32%
die Relevanz von Emotionaler Intelligenz für dieses Projekt als sehr hoch (32%) und hoch (40%) ein. Bei
hybrider Vorgehensweise im Projekt wird die Relevanz von emotionaler Intelligenz noch höher einge-
stuft. Von den Befragten, dessen letztes Projekt nach hybrider Vorgehensweise organisiert wurde,
schätzen 44% die Relevanz als sehr hoch und 50% als hoch ein. Beim traditionellen Projektmanage-
ment bzw. Wasserfall-Methodik stufen zwar auch immerhin 25% der Befragten die Relevanz der Kom-
petenz als sehr hoch ein und 50% als hoch. Aber auch 25% der Befragten, dessen letztes Projekt nach
Wasserfall vorgegangen ist, geben an, dass Emotionale Intelligenz eine sehr geringe Relevanz für das
Projekt hatte.
Agile und hybride Methoden stellt an das Projektmanagement hohe Anforderungen an die Flexibilität,
wobei beim klassischen Projektmanagement der Fokus auf die rationalen Zusammenhänge, auf die
Planung und auf die direkte Steuerung, gerichtet ist. Daher stehen bei agilen und hybriden Vorgehen
soziale Aspekte sowie die indirekte Steuerung im Vordergrund. Die Vorgehensweisen erfordern ein un-
terschiedliches Organisations-, Rollen- und Führungsverständnis (Kuster et al. 2019, S. 28) was sich
durch die Bewertung der Relevanz von Emotionaler Intelligenz im letzten Projekt der Befragten bestä-
tigt.
Die Hypothese 3, dass die Relevanz von Emotionaler Intelligenz bei Projekten mit langer Laufzeit und
großem Team höher als für Projekte kurzer Laufzeit und kleinem Team ist hat sich nach Überprüfung
des Korrelationskoeffizienten nach Bravais Pearson nicht bestätigt.
xi = Projektteamgröße des letzten Projektes
yi = Relevanz Emotionale Intelligenz für das letzte Projekt
rx,y = 0,3479
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Abbildung 7: Projektteamgröße und Relevanz EI
Quelle: Eigene Darstellung
Die Stärke der Beziehung zwischen der Relevanz von Emotionaler Intelligenz und der Projektteamgröße
des Projektes ist niedrig.
Von den Befragten gaben 73% auch an, dass sie Teamfähigkeit als Dimension Emotionaler Intelligenz
verstehen. Da „Teams Kessel sprudelnder Emotionen“ sind, gestaltet sich zwar die Konsensfindung mit
steigernder Teamgröße laut Goleman schwieriger (Goleman 1996, S. 16). Ein Zusammenhang zwischen
der Relevanz von Emotionaler Intelligenz und der Teamgröße konnte aber nicht festgestellt werden.
xi = Projektlaufzeit des letzten Projektes
yi = Relevanz Emotionale Intelligenz für das letzte Projekt
rx,y = 0,3071208
Abbildung 8: Zusammenhang Projektlaufzeit und Relevanz EI
Quelle: Eigene Darstellung
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Die Stärke der Beziehung zwischen der Relevanz von Emotionaler Intelligenz und der Projektlaufzeit ist
niedrig. Anzumerken ist, dass unter Annahme das die Abstände zwischen den Ausprägungen seman-
tisch und in ihrer nummerisch Wertzuweisung als gleich groß interpretiert werden
Die Hypothese 4, dass der Grad des Einflusses von Emotionaler Intelligenz sich unterscheidet zwischen
den Projektphasen und den Projektaktivitäten, hat sich durch die Untersuchung bestätigt. Auch die
Forschungsliteratur geht davon aus, dass in jeder Phase des Projektlebenszyklus unterschiedliche Pro-
jektleitungsstile angemessen sind (Truner/ Müller 2005, S. 51 f./ 57 f).
Die größte Bedeutung hat Emotionale Intelligenz in der die Umsetzungsphase. Zudem ist erkennbar,
dass die Kompetenz vor allem zur Initiierung/Beauftragung, Start/Kick-Off und zum Ende, also bei Ab-
schluss/Übergabe eine hohe Bedeutung zukommt. Beim Start/Kick-Off und bei dem Projektabschluss
und der Übergabe liegt eine wesentliche strukturelle und organisatorische Konfliktquelle, weil die tem-
poräre Projektorganisation in die permanente Linienorganisation integriert werden muss (Kuster et al.
2019, S. 435). Die Relevanz für die Umsetzungsphase scheint unter Berücksichtigung der eigenen Pra-
xiserfahrung und der Projektmanagement-Theorie logisch, weil hier die in den vorherigen Phasen ge-
troffenen Entscheidungen und Konzepte in der Praxisrealität aufeinandertreffen und die Spannung des
magischen Dreiecks – Scope, Kosten und Zeit – zu Konflikten führen kann. Daraus entstehende Kon-
flikte, zum Beispiel Verteilungs- oder Ressourcenkonflikte oder Zielkonflikte, müssen emotional intelli-
gent gelöst werden, um den Projektfortschritt nicht zu gefährden (Kuster et al. 2019, S. 433-436).
Auch die Bedeutung der Emotionalen Intelligenz für Projektaktivitäten lässt sich in Anlehnung an das
magische Dreieck diskutieren. Im Untersuchungsergebnis hat Emotionale Intelligenz vor allem auf die
Aktivitäten Anforderungsmanagement (Scope), Zeitmanagement (Zeit), Risikomanagement zum Ba-
lancieren des Dreiecks und Qualitätsmanagement (Qualität) einen hohen Einfluss. Da Emotionale Intel-
ligenz also alle 4 Aspekte im hohen Grad beeinflusst macht es Sinn das Management von Emotionen als
vierten Aspekt des Projektmanagements aufzugreifen, vor allem weil agile und damit auch hybride Pro-
jektmanagement-Methoden auch nur funktionieren, wenn bestimmte Emotionen vorherrschen (Volln-
hofer/ Sparrer 2020).
Abbildung 9: Magisches Dreieck & Emotionale Intelligenz
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Ellis (2019), S. 5.
Die Hypothese 5, dass das Erleben von Emotionaler Intelligenz im Projektteams positiven Einfluss auf
die Projektperformance hat, hat sich bestätigt, weil die Promoter (11,29%) eine eher positive bis posi-
tive Wirkung auf die Projektperformance angegeben haben. Die Kritiker (29,03%), die die Emotionale
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Intelligenz des letzten Projektteams kritisch bewertet haben, geben zu 36% an, dass diese eine eher
negative Wirkung auf die Projektperformance hatte. Passive (40,32%), die eine neutrale Haltung indif-
ferente Haltung gegenüber der Emotionalen Intelligenz des letzten Projektteams haben, haben aber
auch keinen eher negativen oder negativen Einfluss auf die Projektperformance empfunden. Dies be-
stärkt den Ansatz, dass Emotionen mit in die Betrachtung des magischen Dreiecks aufgenommen wer-
den sollte, weil der Aspekt des Managements von Emotionen, wenn nicht im neutralen oder positiven
Bereich, eine negative Wirkung auf den Projekterfolg haben können.
Abbildung 10: Einfluss geringerer EI-Grad auf die Projektperformance
Quelle: Eigene Darstellung
HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR DIE PROJEKTORGANISATION
Organisationen und dessen Projektorganisationen müssen Emotionale Intelligenz in den Projektma-
nagement-Prozess und auch in den Projektprozess integrieren und anwenden. In Deutschland haben
53% der Unternehmen eine Strategie zum Aufbau einer emotional intelligenten Belegschaft (Crumme-
nerl et al. 2019, S. 6). Die Berücksichtigung und Bewertung der Emotionalen Intelligenz von Mitarbeitern
ist dafür notwendig (Crummenerl et al. 2019, S. 11).
Die Untersuchung fokussierte sich auf das Kompetenzfeld des Projektmanagements in Organisationen
und setzt nicht auf Ebene Gesamtorganisationsebene an. Die Abhängigkeiten des Projektmanagements
von Unternehmensaktivitäten, wie zum Beispiel das Hiring von Personal, sind nicht in die Untersuchung
eingeflossen (Crummenerl et al. 2019, S. 3). Projekte sind in der Praxis jedoch vom existierenden Mitar-
beiterpool des Unternehmens abhängig und können die Berücksichtigung von EI-Fähigkeiten beim Hi-
ring-Prozess nicht immer aktiv beeinflussen. Es empfiehlt sich bei der Projektteambesetzung flexibler
zu werden und bewusst zu schauen, welche Kompetenzen und welchen Grad an Emotionaler Intelli-
genz die Projektmitarbeiter und Projektleitung benötigen, so wie es heute auch schon selbstverständ-
lich mit der Fachkompetenz und der Methodenkompetenz gemacht wird. Es ist sogar denkbar, dass
sich das Projektteam innerhalb des Projekt-Lebenszyklus verändert.
Da in der Untersuchung die Mehrheit der Befragten Projekte im Finanzdienstleistungssektor durchge-
führt haben, ist für das Untersuchungsergebnis zu berücksichtigen, dass im Finanzdienstleistungssek-
tor die Nachfrage nach EI-Kompetenzen im Vergleich zu anderen Branchen am stärksten steigen wird
und dass die Fähigkeit für die gesamte Organisation über alle Hierarchie- oder Karrierestufen hinweg
relevant sein wird. Zudem geht man davon aus, dass Treiber für die steigende Nachfrage nach EI-Fähig-
keiten die Verlagerungen von Routineaufgaben an Technologien, die Weiterentwicklung von Jobrollen
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und die Unfähigkeit, bestimmte Aufgaben zu automatisieren, ist. Routine und Logik-basierte Aufgaben
werden zukünftig automatisiert und Mitarbeitende perspektivisch vermehrt Aufgaben übernehmen,
die menschliche Skills benötigen (Crummenerl et al. 2019).
Abbildung 11: Heatmap – Einfluss EI auf Projektaktivitäten
Quelle: Eigene Darstellung.
Die untersuchten Projektaktivitäten, auf die Emotionale Intelligenz einen eher mittleren Einfluss hat,
wie Reporting/Controlling und Budgetmanagement, sollten möglichst automatisiert werden, dass sich
die Menschen im Projekt auf Aufgaben wie Kommunikation und Stakeholdermanagement, die unter
sehr hohem Einfluss der Emotionale Intelligenz des Menschen stehen, konzentrieren können.
Die folgende Abbildung zeigt die Bedeutung von Emotionaler Intelligenz für die einzelnen Projektpha-
sen. Besonders relevant wird die Kompetenz für die Phase der Umsetzung. Weniger relevant ist die
Kompetenz für die Planung und für das Testing. Die Planungsphase und Testphase müssen also nicht
unbedingt durch Menschen organisiert werden. Denn auch im Projektmanagement findet man erste
Versuche durch Automatisierungslösungen wie zum Beispiel Fortschrittstracking, Zuweisung von Auf-
gaben und Managen von Terminen, zu lösen, dass sich Projektleitungen auf strategische und kreative
Aufgaben fokussieren können (Kropp/ Cambon/ Clark 2021). Bis 2024 könnten neue Technologien bis
zu 69% der Aufgaben ersetzen, die heute Projektmanager erledigen, wie zum Beispiel die Zuweisung
von Arbeit und die Steigerung der Produktivität (Draper 2019).
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Abbildung 12: Bedeutung EI-Kompetenz im Projekt-Lifecycle
Quelle: Eigene Darstellung
Da kein relevanter Zusammenhang zwischen der Komplexität des letzten Projektes oder dem Innovati-
onsgrad des letzten Projektes und der Relevanz von Emotionaler Intelligenz für das letzte Projekt er-
kennbar ist, ergibt sich mit Blick auf die Projektausprägung mit Blick auf das Cynefin-Framework oder
die Stacey-Matrix kein Handlungsbedarf (Kuster et al. 2019, S. 5/ S. 36-37). Zudem ist emotionale Intel-
ligenz sowohl bei kleinen und großen Projektteams und für kurze und lange Projektlaufzeiten relevant
und das Management von Emotionen sollte daher grundsätzlich beim Projektsetup berücksichtigt wer-
den.
REFLEXION DER ERGEBNISSE UND EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG
Kompetenz hängt vom Einzelnen, vom Team und auch von der Organisation ab. Die Untersuchung hat
dem Rechnung getragen, indem Projektrollen, die Branche sowie auch Einschätzungen zum Team ab-
gefragt wurden (GPM 2017, S. 20). Dennoch würde sich für eine tiefergehende Untersuchung und Hand-
lungsempfehlungen für die einzelnen Rollen der Fokus auf eine Rolle anbieten.
Die Validität der quantitativen Untersuchung ist aufgrund des unterschiedlichen Verständnisses der Be-
fragten vom Begriff emotionale Intelligenz begrenzt. Zwar wurde das Verständnis abgefragt, jedoch ver-
zerren die Mehrfachantworten die Interpretationsfähigkeit der weiteren Bewertung des Einflusses von
Emotionaler Intelligenz auf das Projektmanagement. Zwar hat Mehrheit der Befragten angegeben, dass
sie beim Begriff Emotionale Intelligenz vor allem an Empathie, Teamfähigkeit und Konfliktfähigkeit
denken, jedoch kann man keine Rückschlüsse ziehen, welche der Dimensionen bei der folgenden Be-
wertung des Einflusses auf das Projekt gemeint war. Durch Eingrenzung der Emotionalen Intelligenz auf
eine Dimension, zum Beispiel Empathie, hätte man noch einen höheren Erkenntnisgewinn für das Pro-
jektmanagement gewinnen können.
Die Reliabilität wird durch die in der Untersuchung anfänglichen Klassifizierung der Rolle und Erfahrung
des Befragten sowie der Projektklassifizierung sichergestellt. Die Reliabilität der Untersuchung ist aber
insofern begrenzt, weil die Untersuchung als Untersuchungsgegenstand die letzten Projekte der Be-
fragten fokussiert hat. Das war sinnvoll, um die Untersuchung vergleichbar zu gestalten und den Be-
fragten eine Vergleichsgröße an die Hand zu geben, auf die sie sich bei der Bewertung stützen sollen,
weil sich das Projektsetup von Projekt zu Projekt unterscheidet. Jedoch könnte bei erneuter Befragung
eine andere Bewertung für ein Projekt und der Relevanz oder dem Einfluss von Emotionaler Intelligenz
herauskommen.
Die Objektivität der quantitativen Untersuchung wurde grundsätzlich durch die Verwendung eines ano-
nymisierten Online-Fragebogen ermöglicht.
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Die Datenerhebung und die Gruppe der Teilnehmenden stark beeinflusst von dem beruflichen Netz-
werk der Untersuchenden, was sich durch den hohen Anteil der Finanzdienstleistungs- und Versiche-
rungsbranche sowie IT- und Technologiebranche zeigt. Ein breites Bild aus verschiedenen Branchen
konnte somit nicht gewonnen werden. Da die Branche jedoch abgefragt wurde, können die Untersu-
chungsergebnisse entsprechend ausgewertet werden und Interpretationen bei Bedarf vor allem für die
Finanzdienstleistungsbranche oder IT- und Technologiebranche abgleitet werden.
Die große erhobene Datenbasis zu den Profilen der Befragten als auch der Projektausprägung konnte
mit Blick auf die Untersuchung der Annahmen nicht genutzt werden.
Fazit und Ausblick
Nach Vorhersagen ist Emotionale Intelligenz die menschliche Kompetenz, die die Automatisierung
überlebt und den Menschen am Ende ausmacht. Personen und Arbeitsplätze, für die man EI benötigt,
werden nicht von Maschinen übernommen werden können (Ramge 2019, S. 2ff).
In der Projektmanagement-Praxis ist die Kompetenz der Emotionalen Intelligenz von Empathie, Team-
fähigkeit und Konfliktfähigkeit als Kompetenzelemente geprägt. Besonders in agilen und hybriden Pro-
jekten und in der Umsetzungsphase von Projekten hat diese Kompetenz eine hohe Bedeutung und
sollte daher als gleichberechtigte Kompetenz neben der Fach- und Methodenkompetenz berücksichtigt
werden bei der Projektteamzusammenstellung. Die Relevanz von Emotionaler Intelligenz ist unabhän-
gig von der Komplexität des Projektes und dem Innovationsgrad des Projektes gegeben. Auch die Pro-
jektteamgröße und Projektlaufzeit hat keinen verstärkenden oder mindernden Einfluss auf die Rele-
vanz der Emotionalen Intelligenz für das Projektmanagement.
Die Relevanz von Emotionaler Intelligenz für das Projektmanagement wird sich durch die Einflüsse des
Remote-Arbeitsweise als Auswirkungen der Pandemie von COVID-19 noch weiter verstärken. Manager
werden in der Folge weniger Einblick in die Realität der täglichen Arbeit ihrer Mitarbeiter haben und
sich mehr auf Ergebnisse und weniger auf die Prozesse konzentrieren, mit denen sie produziert werden.
Unternehmen setzen vermehrt Technologien für Manager-Aufgaben ein, wie Planungssoftware, Tools
zur Prüfung von Spesenabrechnungen oder Technologien, die das Feedback von Managern mithilfe von
AI zu ersetzen, ein (Kropp/ Cambon/ Clark 2020).
Dass Projektteammitglieder die emotionale Intelligenz und emotional Intelligentes Führen in Ihren Pro-
jektmanagement-Stil integrieren, reicht es nicht ein Seminar zu besuchen. Es geht zukünftig vielmehr
um ein neues Rollenverständnis, dass man immer wieder praktizieren und reflektieren, um es mit der
eigenen Persönlichkeit auch in der Praxis zu leben (Kuster et al. 2019, S. 280).
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