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Lebensmittelkonsum im Ausnahmezustand (?): Eine Untersuchung von (nachhaltigen) Einkaufspraktiken und die Bedeutung von Verpackungen während der ersten Welle der Corona-Pandemie. An Exploration of Food Shopping Practices and the Role of Packaging during the First Wave of the Corona Pandemic

Authors:
1
Naomi Bi / Stefanie Steinhoff / Johanna Kramm
In: Berichte. Geographie und Landeskunde 95, 2022/2, 184206, DOI 10.25162/BGL-2022-
0009
Keywords:
Corona pandemic, consumption, food supply practices, sustainability, food packaging,
unpackaged stores Corona-Pandemie, Konsum, Einkaufspraktiken, Nachhaltigkeit,
Lebensmittelverpackung, Unverpackt-Laden
Lebensmittelkonsum im Ausnahmezustand (?) Eine Untersuchung von (nachhaltigen)
Einkaufspraktiken und die Bedeutung von Verpackungen während der ersten Welle der
Corona-Pandemie
Food consumption in a state of exception (?) An Exploration of food shopping practices
and the role of packaging during the first wave of the Corona pandemic
Kurzfassung
Die Kontaktbeschränkungen und Hygienemaßnahmen in der Corona-Pandemie haben die
Einkaufspraktiken im Bereich der Lebensmittelversorgung vieler Menschen vor große
Herausforderungen gestellt. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Frage, welche
Auswirkungen die Corona-Pandemie auf (nachhaltige) Konsumpraktiken hat wie z.B. das
Kaufen von Produkten mit weniger Verpackung, steht noch am Anfang. Anhand von
qualitativen Interviews und einer standardisierten Kund*innen-Befragung untersucht der
vorliegende Beitrag, wie sich Einkaufspraktiken während der ersten Welle der Corona-
Pandemie bezogen auf das Einkaufen von Lebensmitteln in herkömmlichen und in alternativen
Konsumorten wie beispielsweise dem Unverpackt-Laden verändert haben. Der Beitrag geht
abschließend der Frage nach, welche Implikationen die Corona-Pandemie für einen
nachhaltigen Konsum hat.
Abstract
The contact restrictions and hygiene measures in the Corona pandemic have posed challenges
to many people's supply practices. To date, research on impacts of the Corona pandemic on
sustainable consumption practices, such as buying products with less packaging, is still in its
infancy. Based on qualitative interviews and a standardized customer survey, this article
2
examines how shopping practices and supply routines have changed during the Corona
pandemic, also in relation to alternative ways of consumption, such as unpackaged shopping.
The article concludes with the question of what implications the Corona pandemic has for
sustainable consumption.
1 Einleitung
Durch die Corona-Pandemie wurde der Alltag und damit auch die Einkaufspraktiken der
Bürger*innen auf den Kopf gestellt. Homeoffice-Regelungen, die (vorübergehende)
Schließung von Läden, Restaurants und Cafés, Maskenpflicht und Einlassbeschränkungen in
Supermärkten und anderen Geschäften sowie Kontaktbeschränkungen und
Abstandsregelungen haben die Gestaltung des Alltags und damit auch das Einkaufen vor ganz
neue Herausforderungen gestellt. Veränderte Konsumpraktiken sorgen nicht nur für
Veränderungen im persönlichen Alltag. Die Corona-Pandemie hat sowohl auf Produktions- als
auch auf Konsum- und Abfallmanagementseite zu signifikanten Änderungen geführt, welche
die Bestrebungen der EU zur Reduktion von Einwegkunststoffprodukten und der
Kreislaufführung von Kunststoffen erschweren (EUROPÄISCHE UMWELTAGENTUR 2021).
Einerseits ist die Nachfrage nach Einweg-Masken und -Handschuhen, die nicht recycelt
werden können, gestiegen. Andererseits hat das Herunterfahren des gesellschaftlichen Lebens
und die Verlagerung des Alltags in die eigene Wohnung die Nutzung von Online-Shopping,
To-Go-Angeboten und Lieferdiensten erhöht. So stieg die Menge des Verpackungsmülls in
deutschen Privathaushalten zumindest in der ersten Hälfte des Jahres 2020 deutlich an (WILLE
2020). Diese Entwicklungen sowie die mediale Fokussierung auf die Pandemiebekämpfung
drohen die Bestrebungen der letzten Jahre für einen nachhaltigeren Umgang mit Plastik zu
verdrängen.
Aus Perspektive der Nachhaltigkeitswissenschaften ist es daher wichtig zu untersuchen, wie
Kaufentscheidungen und (Plastik-)Verpackungen in alltägliche Praktiken der
Lebensmittelversorgung eingebettet sind und wie diese sich durch die Corona-Pandemie
verändert haben. Denn die Umweltverschmutzung durch Plastikverpackungsabfälle basiert auf
allen Stufen der Wertschöpfungskette und somit auch auf Alltagspraktiken des Konsums und
der Nutzung von Kunststoffen (SATTLEGGER et al. 2020).
In diesem Beitrag wird der Blick daher sowohl auf nachhaltige als auch nicht-nachhaltige
Alltagspraktiken des Lebensmittelkonsums während der ersten Corona-Welle gerichtet. Da
3
Einkaufen als routinierte Praktiken zu verstehen ist, die jedoch keine starren Gerüste darstellen,
sondern sich unter neuen Bedingungen verändern können (SAHAKIAN u. WILHITE 2014), geht
der Beitrag der Frage nach, wie die Corona-Pandemie Einkaufspraktiken verändert hat. Die
geographische und sozialwissenschaftliche Forschung zu den gesellschaftlichen Implikationen
der Corona-Pandemie für den (nachhaltigen) Lebensmittelkonsum steht noch am Anfang. Der
vorliegende Beitrag widmet sich daher folgenden Fragen: Welche Auswirkungen hat die
Pandemie auf Einkaufspraktiken der Lebensmittelversorgung? Hat sich die Bedeutung von
Verpackungen für die Konsument*innen verändert? Welche Veränderungen ergeben sich dabei
für nachhaltige Einkaufspraktiken?
Der Beitrag basiert auf Ergebnissen semistrukturierter Interviews mit Konsument*innen,
einer quantitativen Befragung von Kund*innen in Unverpackt-Läden und qualitativer
Interviews mit deren Besitzer*innen in Frankfurt am Main zu deren Erfahrung während der
ersten Welle der Corona-Pandemie in 2020. Zunächst wird das Verständnis von
Einkaufspraktiken und der Forschungsstand zu Lebensmittelkonsum während der Corona-
Pandemie vorgestellt. Anschließend wird auf den Mixed-Methods-Ansatz der vorliegenden
Untersuchung eingegangen. Daraufhin werden die Ergebnisse bezüglich der Veränderungen
der Praktiken durch die Corona-Pandemie beim Einkaufen vorgestellt und abschließend die
Implikationen für einen nachhaltigen Konsum diskutiert.
2 Begriffsklärung und Forschungstand zum Konsum während der Corona-Pandemie
2.1 Einkaufspraktiken und nachhaltiger Konsum
Forschung zu nachhaltigem Konsum versucht zu verstehen, wie ein gewisser Lebensstandard
oder „ein gutes Leben“ (DEFILA et al. 2014) erhalten bzw. für viele Menschen erreicht werden
kann, bei dem gleichzeitig eine gerechte Ressourcenverteilung sowie der Erhalt der Ressourcen
und Ökosysteme für die nächsten Generationen gewährleistet ist (WORLD COMMISSION ON
ENVIRONMENT AND DEVELOPMENT 1987; TERLAU u. HIRSCH 2015). Der Konsumbegriff
umfasst in einem engeren Sinne sowohl das Beschaffen als auch den Ge- und Verbrauch von
Konsumgütern zur Befriedigung beliebiger menschlicher Bedürfnisse (GÖTZ u. SCHULTZ 2006;
FISCHER et al. 2011; HELLMANN 2019).
In der sozialwissenschaftlichen Nachhaltigkeitsforschung wird Konsum als eingebunden in
alltagsspezifische Kontexte begriffen (BECKER u. JAHN 2006; JAEGER-ERBEN u. OFFENBERGER
2014; SAHAKIAN u. WILHITE 2014) und daher untersucht, wie Konsum in Alltagspraktiken
organisiert und realisiert wird“ (GÖTZ u. SCHULTZ 2006). Alltagspraktiken, zu denen
4
Einkaufspraktiken das Beschaffen von Waren gehören, werden größtenteils durch Routinen
strukturiert, welche sich durch einen repetitiven Charakter mit geringem Reflexionsgrad
auszeichnen und wodurch die Organisation des Alltags in hohem Maße entlastet wird (STIEß u.
HAYN 2006; WARDE 2016). Einkaufspraktiken sind somit nicht als individuelle
Entscheidungen zu verstehen, sondern als soziale Praktiken, eingebettet in materielle
Arrangements (SCHATZKI 2010). Diese materiellen oder auch sozio-technischen Arrangements
sind insbesondere von Bedeutung bei der Reduktion des Kunststoffverpackungsaufkommens
(z.B. Recyclingqualitäten von Verpackungen, Angebot von unverpackter Ware) (EVANS et al.
2020). Damit wird deutlich, dass zum einen routinierte Einkaufspraktiken meist unbewusst
(nicht-)nachhaltige Produktions- und Lebensweisen reproduzieren (BRAND u. WELZER 2019),
zum anderen angesichts der Eingebundenheit von Praktiken in Arrangements der/die
Konsument*in nicht allein Schalthebel für einen nachhaltigen Konsum sein kann (EVANS et al.
2017). Da Konsum etliche umweltbezogene Wirkungen und Folgen mit sich bringt, bildet er
einen wichtigen Moment für eine sozial-ökologische Transformation (GÖTZ u. SCHULTZ 2006;
WBGU 2011) und eine Veränderung der vorherrschenden Konsum- und Produktionsmuster
wird in der Agenda 2030 der VEREINTEN NATIONEN (2015) als wesentlicher Schritt zu einer
nachhaltigen Entwicklung gesehen.
Als ein Beispiel des nachhaltigen Konsumierens ist die Zero-Waste-Praktik zu nennen, bei
der Produkte ohne (Plastik-)Verpackung gekauft werden (JOHNSON 2013). Einerseits ist dies
möglich durch aktives Verzichten auf Einwegverpackungen, beispielsweise bei Obst und
Gemüse im Supermarkt und andererseits durch spezielle Läden, die ihre gesamte Ware
verpackungsfrei anbieten, sogenannte Unverpackt-Läden. Auch bieten bereits verschiedene
(Bio-)Supermärkte ein Angebot an unverpackter Ware, zum Beispiel zum Abfüllen, an
(KRÖGER et al. 2019). ENGELHARDT et al. (2020) stellten fest, dass sich die Kundschaft von
Unverpackt-Läden doch aus einer „größeren gesellschaftlichen Bandbreite“ als erwartet speist
und schließen daraus auf ein Potential des Unverpackt-Konzepts, sich aus der „Öko-Nische“
heraus in der „Mitte der Gesellschaft“ zu etablieren (ENGELHARDT et al. 2020).
Zu den Gründen für das Unverpackt-Einkaufen gehören die Reduktion des Müllverbrauchs,
individuelles Portionieren und eine angenehme Atmosphäre im Unverpackt-Laden (PWC 2015;
GOLDKORN et al. 2017; KRÖGER et al. 2018). Der Umstieg auf einen Einkauf in Unverpackt-
Läden setzt allerdings für viele Kund*innen eine Veränderung ihrer Routinen und
Alltagspraktiken voraus (KRÖGER et al. 2018). Kund*innen haben einen erhöhten
Planungsaufwand im Vergleich zum Einkauf im herkömmlichen Supermarkt, da sie ihre
eigenen Behälter mitbringen müssen und somit schwieriger spontane Einkäufe tätigen können.
5
Diese Probleme bestehen allerdings vor allem zu Beginn und im Laufe der Zeit etablieren sich
neue routinierte Alltagspraktiken, dennoch stellen sie Barrieren für Neukunden dar
(ENGELHARDT et al. 2020).
2.2 Forschung zu Konsum während der Corona-Pandemie
Im Laufe der Corona-Pandemie sind erste Studien zu den Veränderungen von Konsum- und
Ernährungspraktiken durch die Pandemie entstanden. Der Großteil dieser bisherigen Studien
lässt sich der grauen Literatur zuordnen. Es sind vor allem quantitative Verbraucher-
Befragungen (BUSCH et al. 2020; PROFETA et al. 2021), aber auch qualitative Studien
(SÜßBAUER et al. 2020; ISENRICH et al. 2021)wurden zum Einfluss der Corona-Pandemie auf
die Rolle von Lebensmittelverpackungen und Einkaufen im Alltag durchgeführt.
Die Studien ergaben jeweils, dass sich die Einkaufspraktiken zumindest zeitweise durch die
Pandemie verändert haben. So wurden Lebensmittel im Vergleich zu vor der Pandemie seltener
und geplanter eingekauft (BUSCH et al. 2020; SÜßBAUER et al. 2020), mehr Lebensmittel
bevorratet sowie vermehrt Konserven und Fertiggerichte verzehrt (SÜßBAUER et al. 2020;
ISENRICH et al. 2021; PROFETA et al. 2021). Außerdem werden nahe Einkaufsorte sowie große
Supermärkte mit Vollsortiment bevorzugt, wie Süßbauer et al. (2020) in ihrer Studie mit 26
Berliner Verbraucher*innen anhand einer Kombination aus Interviews und Tagebucheinträgen
herausfanden. Eine besser strukturierte Einkaufspraktik als vor der Corona-Pandemie stellten
auch ISENRICH et al. (2021) fest. Sie interviewten 16 Haushalte in Baden-Württemberg dazu,
wie sich ihr verbraucherbezogenes Ernährungsverhalten seit der Pandemie verändert hat.
Ein Großteil der Studien stellte fest, dass die Corona-Krise einen Trend zum nachhaltigen
Konsum mit sich gebracht hat: geringere Lebensmittelabfälle durch geplantes Einkaufen
(PROFETA et al. 2021), vermehrter Kauf von regionalen und ökologisch nachhaltigen Produkten
(BUSCH et al. 2020; ISENRICH et al. 2021), vermehrte Verpackungsvermeidung oder Wahl von
umweltfreundlichen Verpackungen (BUSCH et al. 2020). Hingegen stellten SÜßBAUER et al.
(2020) hinsichtlich der Wahl von Lebensmittelverpackungen keine großartige Veränderung
fest. Jedoch sei Verpackungsmüll sichtbarer geworden, dadurch, dass häufiger zuhause
gegessen wurde und unverpackte Produkte wurden insbesondere von älteren Personen als
unhygienisch betrachtet.
Die Studien fokussieren sich im Großen und Ganzen vor allem auf die (veränderten)
Konsum- und Alltagspraktiken während der und durch die Pandemie. Anknüpfend an diese
6
Studien werden die Einkaufspraktiken und die Rolle von Verpackungen in diesem Beitrag
tiefergehend untersucht sowie welche Auswirkungen die Pandemie auf alternative
Einkaufspraktiken wie dem Einkauf im Unverpackt-Laden hat. Diese Aspekte sind wichtig in
der Diskussion über Chancen und Herausforderungen für einen nachhaltigen Konsum durch
die Corona-Pandemie.
3 Methodisches Vorgehen
Der Beitrag basiert auf einem Mixed-Methods-Ansatz (FLICK 2011; ROCH 2017) mit einer
Kombination aus qualitativen Interviews und einer standardisierten Kund*innenbefragung.
Die qualitativen Interviews wurden mit Konsument*innen verschiedenster konventioneller
und alternativer Einkaufsstätten wie Supermärkten, Discountern oder Unverpackt-Läden zu
Veränderungen von Einkaufspraktiken und der Rolle von Verpackungen beim Einkauf
während der Corona-Pandemie geführt. Die Interviews fanden leitfadengestützt (STRÜBING
2013) mit zwölf Personen aus Frankfurt am Main im Zeitraum zwischen dem 13.10.2020 und
dem 04.12.2020 online per Videoanruf statt. Die Teilnehmer*innen wurden über ein
Nachbarschaftsportal (nebenan.de) sowie über Bekannte rekrutiert. Der Aufruf richtete sich
dabei an alle Interessierte, um eine Bandbreite an Einkaufspraktiken abzudecken. Tabelle 1
zeigt einen Überblick der sozio-demographischen Kriterien der Interviewpartner*innen. Eine
Einschränkung des Samples besteht darin, dass es keine Familien mit kleineren Kindern
umfasst und somit Veränderungen in den Einkaufspraktiken von Familien aufgrund eines
möglicherweise erhöhten Betreuungsaufwands durch die Kindergarten- und
Schulschließungen in dieser Studie nicht abgedeckt werden.
Thematisch bezogen sich die Interviews insbesondere auf Alltags- und Ernährungspraktiken
wie Einkaufen und Zubereitung von Mahlzeiten sowie die Rolle von Hygiene und
Verpackungen beim Einkaufen. Diesbezüglich wurden einerseits die Praktiken vor der
Pandemie und andererseits die Veränderung durch die Corona-Pandemie erfragt. Diese
Themenbereiche wurden als strukturierende Hinweise in den Leitfaden integriert und in (Leit-
)Fragestellungen übersetzt (KAISER 2014; KUCKARTZ 2018). Die Interviews dauerten 20-40
Minuten und wurden nach Zustimmung der interviewten Personen per Handy aufgenommen.
Sie wurden anschließend transkribiert und mithilfe einer inhaltlich-strukturierenden
qualitativen Inhaltsanalyse nach KUCKARTZ (2018) ausgewertet, indem der Interviewtext
strukturiert und zentrale Aussagen generiert wurden. Dies ermöglichte die Bildung folgender
Kategorien (REUBER u. PFAFFENBACH 2005): Alltagsveränderung durch die Pandemie,
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Einkaufsroutinen (vor, während und nach der ersten Pandemiewelle), Einkaufserlebnis in der
Pandemie, Lebensmittelauswahl, Hygiene, Rolle von Verpackungen, nachhaltige
Einkaufspraktiken (vor, während und nach der ersten Pandemiewelle) und Veränderung des
Kochverhaltens.
Zur Untersuchung der Einflüsse, die die Corona-Pandemie auf nachhaltigen Konsum
insbesondere das Einkaufen in alternativen Konsumorten wie Unverpackt-Läden hatte, wurde
eine standardisierte Kund*innenbefragung mittels Fragebögen in drei Unverpackt-Läden in
Frankfurt am Main durchgeführt (n=195). Sie fand im Zeitraum vom 29.07.2020 bis
01.08.2020 statt. Die Kund*innen wurden aktiv angesprochen und gebeten den zweiseitigen
Fragebogen in Papierform oder per QR-Code auf dem Handy auszufüllen. Da die Präsenz der
Befragenden immer nur in zwei der drei Läden gleichzeitig gegeben war, wurde etwa im zwei-
Stunden-Takt die Örtlichkeit gewechselt. Die Fragebögen lagen zwar durchgängig im
gesamten Zeitraum in den Läden aus, jedoch führte das Ansprechen der Kund*innen zu einer
höheren Teilnahmequote. Neben der Motivation für einen verpackungsfreien Einkauf, wurden
Veränderungen der Einkaufspraktiken aufgrund der Corona-Pandemie sowie Angaben zur
Person abgefragt. Tabelle 2 zeigt einen Überblick der sozio-demographischen Daten der
befragten Kund*innen. Zur Erstellung des Fragebogens und zum Einlesen der Daten wurde die
Software EvaSys genutzt. Antworten aus offenen Fragen wurden transkribiert und in einer
zusammenfassenden Inhaltsanalyse nach Mayring (1995) kategorisiert und reduziert.
Quantitative Daten wurden in der Statistik- und Analysesoftware SPSS mithilfe von
Häufigkeitsstatistiken und Kreuztabellen ausgewertet (JANSSEN u. LAATZ 2013).
Des Weiteren wurden drei leitfadengestützten Interviews mit den Ladenbesitzer*innen der
Unverpackt-Läden in Frankfurt geführt. Diese zielten einerseits auf die Veränderungen durch
die Corona-Pandemie im Laden und andererseits auf die subjektive Wahrnehmung der
Besitzer*innen zu den Einkaufspraktiken der Kund*innen. Wie auch die Interviews mit den
verschiedenen Kund*innen (s.o.) handelte es sich bei diesen Interviews um narrative
Gespräche, denen ein Leitfaden mit Fokusfragen zugrunde liegt (LAMNEK u. KRELL 2016). Die
etwa 20-minütigen Interviews wurden ebenfalls transkribiert und mit einer inhaltlich-
strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach KUCKARTZ (2018) kategorisiert. Die drei
gebildeten Kategorien beziehen sich auf Typen im Laden vor der Corona-Pandemie,
Veränderungen durch die Corona-Pandemie und Lehren aus der Corona-Pandemie.
8
Tabelle 1: Sozio-demographischer Überblick über die Interviewpartner*innen der qualitativen Konsument*innenbefragung
ID
Geschlecht
(m/w/d)
Alter
Haushalts-
größe
Arbeitssituation und Ort
der Tätigkeit während
der Corona- Pandemie
(1. Welle)
Einkaufsort(e)
Sonstiges
I1
w
29
Einpersonen-
haushalt
Berufstätig,
zu Beginn im
Homeoffice; später Mix
aus Büro und
Homeoffice
Supermarkt,
Unverpackt-
Laden
I2
m
25
Anfang der
Pandemie:
Wohngemeins
chaft
Zur Zeit des
Interviews:
Einpersonen-
haushalt
Studiert,
Homeoffice
Unverpackt-
Laden,
Erzeugermarkt,
Supermarkt
Anfang der
Corona-
Pandemie in
Frankreich
erlebt
I3
w
50
Einpersonen-
haushalt
Berufstätig,
Homeoffice
Supermarkt,
Discounter
I4
w
42
Einpersonen-
haushalt
Berufstätig (Kurzarbeit)
Homeoffice
Supermarkt
I5
m
53
Zweipersonen-
haushalt
Berufstätig (Kurzarbeit)
Keine Angabe zum Ort
der Tätigkeit
Supermarkt,
Feinkostladen
Achtet auf
verpackungsar
mes Einkaufen
I6
m
70
Zweipersonen
haushalt
Rentner
Biosupermarkt,
Erzeugermarkt,
Supermarkt
I7
w
56
Einpersonen-
haushalt
Unklare Angabe zur
Veränderung der
Berufssituation
Supermarkt,
Metzger und
Gemüsehändler
Geht für ältere
Nachbarn
einkaufen;
Achtet auf
verpackungsar
mes/-freies
Einkaufen;
I8
m
über
50
Zweipersonen-
haushalt
Berufstätig
im Büro
Biosupermarkt,
Supermarkt,
Erzeugermarkt,
bedarfsorientierte
Einkaufsstätten
(Bsp.: Fischhalle)
I9
w
27
Zweipersonen-
haushalt
Berufstätig
bis Mai/Juni 2020 im
Homeoffice; danach vor
Ort tätig
Discounter,
Drogerie
I10
w
47
Einpersonen-
haushalt
Berufstätig (zur Zeit des
Interviews Langzeit
krankgeschrieben)
(schon vor der
Pandemie) Mix aus
Homeoffice und Büro
Supermarkt,
Biobäckerei,
Drogerie
Sucht seit
Corona mehr
lokale
Einkaufsmögli
chkeiten auf
I11
w
18
Familienhaus-
halt, wohnt
aber in
abgetrenntem
Wohnbereich
mit eigener
Küche
Schülerin
Wechsel zwischen
Homeschooling und
Präsenzunterricht
Supermarkt,
Unverpackt-
Laden (selten)
Kauft
vorwiegend
für sich allein
ein, manchmal
aber auch für
die Familie
9
I12
w
55
Anfang der
Pandemie:
Familienhaush
alt
Zur Zeit des
Interviews:
Einpersonen-
haushalt
Berufstätig (Kurzarbeit)
Keine Angabe zum
genauen Umfang der
Kurzarbeit und Ort der
Tätigkeit
Lebensmittelliefer
dienst,
Supermarkt und
Discounter
Blind, geht
meistens mit
Begleitperson
einkaufen
Tabelle 2: Sozio-demographischer Überblick über die Teilnehmer*innen der Konsument*innenbefragung in den Unverpackt-
Läden (n=195)
Häufigkeit in %
Unter 30
32,0
30-49
50,5
50 und älter
17,5
Männlich
32,6
Weiblich
66,8
divers
0,5
Noch Schüler*in
1,1
Mittel-/Real-/Höhere-/Fach-/Handelsschule
5,3
Abitur/Fachabitur/Hochschulreife
20,3
Abgeschlossenes Studium
73,3
Arbeitslos, Hausfrau/-mann, in Rente/Pension
7,0
erwerbstätig
76,9
In Ausbildung / Studium / Schule
15,9
Eine Person
30,6
Zwei Personen
46,2
Drei Personen oder mehr
23,2
Unter 1000
3,3
1000 - 3000
39,0
3000 - 5000
31,8
Über 5000
25,8
4 Einkaufspraktiken und die Rolle von Verpackungen während der Corona-Pandemie
4.1 Veränderungen von Einkaufspraktiken
Alle Interviewpartner*innen der qualitativen Konsument*innenbefragung geben an, ihre
Lebensmittel in Supermärkten zu kaufen. Ein kleinerer Teil geht ergänzend dazu noch in
10
Unverpackt-Läden, Erzeuger- und Biomärkten und ein weiterer kleiner Teil in Discountern
einkaufen. Das Ausmaß der Veränderungen der Einkaufspraktiken variiert zwischen den
Befragten. r viele der Interviewpartner*innen änderten sich die Einkaufspraktiken während
der Pandemie dahingehend, dass Einkäufe geplanter und seltener vorgenommen wurden, um
möglichst zusätzliche Kontakte zu vermeiden. Eine Interviewpartnerin geht seit dem ersten
Lockdown für ihre älteren Angehörigen und Nachbarn einkaufen, was für sie darüber hinaus
noch mit zusätzlichem Planungsaufwand verbunden ist (z.B. Beschaffung von Einkaufslisten,
getrenntes Bezahlen). Andere hingegen änderten nichts oder wenig an ihren Einkaufspraktiken
und Routinen. Diese Einschätzung wurde auffallend von denjenigen geäußert, für die sich
keine großen Änderungen bezüglich des sonstigen Alltags (z.B. Arbeitsalltag) durch die
Pandemie ergeben hat und/oder die keine Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus
haben. Insbesondere im Sommer 2020, als der erste Lockdown vorbei und die Infektionszahlen
in Deutschland auf einem vergleichbar niedrigen Niveau waren, berichten viele
Interviewpartner*innen, wieder spontaner und häufiger einkaufen gegangen zu sein.
Dementsprechend fällt auf, dass sich für Befragte, die von zuhause arbeiten,
Einkaufspraktiken umfassender ändern als für diejenigen, die weiterhin außer Haus zur Arbeit
oder in die Schule gehen. Diejenigen, die im Homeoffice sind und zuvor auf dem Weg zur
Arbeit Einkaufsgeschäfte aufsuchten, gehen nun in dem Wohnort nahegelegene Geschäfte
einkaufen. So hat einerseits Nähe beim Einkaufen an Bedeutung gewonnen; andererseits wurde
insbesondere zu Beginn der Pandemie darauf geachtet, dass vermehrt Einkaufsstätten
aufgesucht werden, die ein großes Sortiment an Produkten anbieten, sodass der gesamte
Einkauf im selben Laden durchgeführt werden kann. Als Grund dafür werden das Unbehagen
in Ladensettings und deswegen der Wunsch nach einer Minimierung des Infektionsrisikos
genannt. Gefragt nach einer Einschätzung zur Ansteckungsgefahr während des Einkaufens
reagierten die Interviewpartner*innen verschieden. Von einigen der Befragten werden
Geschäfte als Orte mit potenzieller Ansteckungsgefahr empfunden, sodass Einkaufen für sie
zu einer Stresssituation wurde. Eine Interviewpartnerin berichtet, dass sie nun vor jedem
Einkauf darüber reflektiert, wie notwendig der Einkauf ist und ob sich dafür das
Ansteckungsrisiko lohnt.
Jedoch hat das Homeoffice und der Wegfall vieler Freizeitaktivitäten auch einigen
Interviewpartner*innen ermöglicht ihre Einkäufe zeitlich umzugestalten, sodass Peak-Zeiten
vermieden werden können, was das Einkaufserlebnis für eine Interviewpartnerin im Vergleich
zu vor der Pandemie sogar angenehmer macht.
11
Ein weiterer Effekt der zeitlichen Flexibilität ist für einen Großteil der Befragten ein
erhöhtes Kochaufkommen, einhergehend mit einem vermehrten Lebensmittelbedarf im
eigenen Haushalt. Die Veränderungen des Kochverhaltens haben sich jedoch nicht nur in der
Quantität des Kochens, sondern bei einigen auch in der Freude am Kochen ausgedrückt. Diese
Veränderungen zeigen sich beispielsweise im Ausprobieren neuer Rezepte, bewussterer
Auswahl der Lebensmittel (zum Beispiel im Unverpackt-Laden) oder neu etablierten Praktiken
des Vorkochens. Ein interviewter Student erzählt, dass er keinen eindeutigen Alltag mehr hatte
und dadurch „der Fokus sowieso darauf lag: Was mache ich? Und da war Kochen irgendwie
ganz, ganz groß dabei“ (I2). Deswegen habe er auch viel mehr Wert auf die Auswahl seiner
Lebensmittel gelegt und mehr Zeit in den Lebensmitteleinkauf investiert, wodurch der Einkauf
eine zentralere Position in seiner Alltagsgestaltung einnimmt. Allerdings hat sich das
veränderte Kochverhalten nicht für alle Interviewpartner*innen langfristig durchgesetzt. Für
diejenigen, die wieder in ihren vorherigen Arbeitsalltag übergegangen sind, hat sich auch das
Kochverhalten wieder verändert. Andere äußern hingegen den Wunsch, das bewusstere
Einkaufen und den Spaß am Kochen auch langfristig beibehalten zu wollen.
Lebensmittellieferdienste von Supermärkten werden vom Großteil der Befragten abgelehnt.
Als Gründe dafür werden genannt, dass die Befragten ihre frischen Produkte wie Gemüse, Obst
und Fleisch vor dem Kauf gerne begutachten wollen sowie der übermäßige Verpackungsmüll,
der durch die Lieferverpackungen anfällt. Lediglich eine blinde Interviewpartnerin berichtet,
regelmäßig über die App einer großen deutschen Supermarktkette Einkäufe zu tätigen, da diese
seit Corona barrierefrei geworden sei und für sie ein erleichtertes und selbstständiges
Einkaufen ermöglicht. Wenn sie sonst einkaufen geht, sei sie immer auf die Begleitung anderer
zur Produktauswahl angewiesen. Durch die App könne sie sich nun die gesamte
Produktauswahl vorlesen lassen und selbstständig Produkte auswählen.
Die neuen Praktiken des Kochens wie beispielsweise das geplante Vorkochen oder neue
Einkaufspraktiken wie der Einkauf im Unverpackt-Laden, auf Erzeugermärkten oder per
Lebensmittellieferdienst werden als nützlich angesehen und könnten somit in Alltagsroutinen
übergehen. Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass diese Praktiken auch nach der Corona-Zeit
noch beibehalten werden.
4.2 Die Rolle von Verpackungen und Hygienebedenken
Die meisten Interviewpartner*innen sehen wenig bis keine Gefahr vor Ansteckung durch das
Corona-Virus über eingekaufte Lebensmittel. Auch bei denjenigen, die sich aufgrund der
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Hygiene von Lebensmitteln Gedanken machen, haben die Bedenken zwar teilweise zu mehr
Achtsamkeit, allerdings nicht zu einer großen Veränderung bei der Lebensmittelauswahl
geführt. Die meisten Interviewpartner*innen finden verpackte Lebensmittel nicht hygienischer
als unverpackte. Gründe waren zum einen, dass Lebensmittel wie Obst und Gemüse vor und
während des Verpackungsprozesses bereits angefasst werden, diese zudem zuhause gewaschen
werden können und, dass Verpackungen ebenso angefasst werden. Zum anderen berichten
einige gelesen zu haben, dass der Virus nicht über Lebensmittel übertragbar sei und dass er
außerdem auch auf Verpackungen überleben könne.
Lediglich eine Interviewpartnerin hat eine Veränderung der Einstellung zu Verpackungen
durch die Pandemie, zwar nicht bei sich selbst, sondern bei ihrer Familie, beobachtet, da diese
zeitweise aus Hygienegründen nur noch eingeschweißtes Fleisch aus der Kühltheke kaufte. Sie
selbst habe aber trotz Hygienebedenken weiterhin ihr Gemüse unverpackt gekauft, da der
Nachhaltigkeitsaspekt für sie überwiegt. Darüber hinaus habe sie das Gefühl, dass andere
Kund*innen anders als vor der Pandemie nur noch das Obst und Gemüse anfassen, was sie
letztendlich auch wirklich kaufen:
Ich habe das Gefühl, die Leute achten mehr drauf, was sie anfassen und ob sie jetzt grade die Lebensmittel
zehnmal hintereinander anfassen müssen oder halt nicht. […] Und einfach dieses Bewusstsein […], dass
es überhaupt nicht nötig ist, diese ganzen Sachen zwanzig Mal anzutatschen. (I11)
Doch auch die Rahmenbedingungen für die Nutzung von Verpackungen haben sich während
der Corona-Pandemie verändert. So durften beispielsweise Cafés, Salatbars, Feinkostläden,
Fleisch- und Käsetheken zeitweise Lebensmittel nicht mehr wie zuvor in selbst mitgebrachte
Behältnisse füllen, sondern mussten auf Einwegverpackungslösungen umsteigen. Dies hat sich
verschieden auf die Befragten, die davon betroffen waren, ausgewirkt. Ein Interviewpartner,
welchem verpackungsarmes Einkaufen wichtig ist, erzählt, vor der Pandemie oft mit eigenen
Behältern einkaufen gegangen zu sein. Dies war allerdings aufgrund der Corona-Auflagen
oftmals nicht mehr möglich, sodass er sich nun seinen Einkauf auch in Plastikverpackungen
geben lässt. Er achte zwar generell darauf, möglichst Verpackungen zu vermeiden, verzichte
aber nicht, wenn es Produkte nur in Plastik zu kaufen gibt. Auch andere Interviewpartner*innen
beschreiben, generell darauf zu achten, möglichst nachhaltig und verpackungsarm
einzukaufen, aber nicht zu verzichten, wenn es keine Alternative zu verpackten Produkten gibt
oder die Alternativen zu teuer sind.
Für die Interviewpartner*innen, die darauf achten Verpackungen möglichst komplett zu
vermeiden, haben die Veränderungen durch die Corona-Pandemie hingegen entweder Verzicht
oder die Chance für das gezielte Aufsuchen von Alternativen zur Folge. So hat ein
13
Interviewpartner durch neue zeitliche Kapazitäten seit der Pandemie die Möglichkeit, vermehrt
Unverpackt-Läden und Erzeugermärkte aufzusuchen, wo er verpackungsfrei einkaufen kann
und wo für ihn die Ansteckungsgefahr geringer scheint. Neben der entspannteren Atmosphäre
im Unverpackt-Laden, schätzt er auch die Ansteckungsgefahr auf Erzeugermärkten geringer
als im Supermarkt ein:
Also du bist an der Freiluft am Marktstand und hast nur Kontakt mit vielleicht dem Verkäufer und dem
Obst oder dem Gemüse. Oder du gehst in den Supermarkt, wo du tausend Regale hast, tausend
Packungen, die jeder schon mal angefasst hat und noch drum herum Risiken, ein riesiges, in
Anführungszeichen, Infektionspotenzial, zumindest wesentlich größer als an der Freiluft beim Bauern.
(I2)
Auch die Schließung von Restaurants und Cafés während des ersten Lockdowns hatte
Auswirkungen auf die Nutzung von Verpackungen. Die wegfallende Ernährung außerhalb des
eigenen Haushalts wurde zwar größtenteils durch zusätzliches Kochen kompensiert, von
einigen wurden aber auch To-Go-Angebote und Lieferdienste als
Kompensationsmöglichkeiten gewählt. Dies wird meistens damit begründet, die lokalen
Restaurants und Cafés in der Corona-Zeit unterstützen zu wollen. Aber auch Routinen spielen
dabei eine Rolle. Ein Interviewpartner, der regelmäßig und oft vor der Corona-Pandemie in
Cafés gegangen ist, erzählt, dass er diese Routine auch während der Beschränkungen durch die
Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie weitestgehend beibehalten hat, wenn auch auf
veränderte Art und Weise:
Ich geh immer ganz gerne ins Café. Das ist ja weggefallen. Und da kauf ich halt den Nachtisch ein, oder
Kuchen ein. Oder ich geh halt irgendwo [hin], wo es im Pappbecher den Kaffee gibt. Vielleicht zweimal
die Woche. Dass ich dann meinen Kaffee so im Stehen an der Ecke dann nehme. (I6)
Durch die Kompensation des Wegfalls der Außer-Haus-Ernährung ist daher ein erhöhtes
Verpackungsmüllaufkommen entstanden. Keine*r der Befragten kompensiert die
wegfallenden Restaurant- und Cafébesuche allerdings ausschließlich mit To-Go-Angeboten.
Die To-Go-Angebote können und werden einen Restaurant- oder Cafébesuch nicht langfristig
ersetzen, sind sich viele der Befragten einig. Diejenigen, die vor Corona selten bis nie
Lieferdienste oder To-Go-Angebote nutzten, haben auch durch Corona eher nichts daran
verändert.
Es lässt sich somit festhalten, dass sich die Corona-Pandemie sowohl positiv als auch
negativ auf die Praktiken des verpackungsarmen bzw. -freien Einkaufens einzelner
Interviewpartner*innen ausgewirkt hat. Einerseits hat eine Sensibilisierung für die
Müllproblematik stattgefunden, unter anderem aufgrund des erhöhten Müllaufkommens im
eigenen Haushalt sowie im öffentlichen Raum, und neue zeitliche Kapazitäten im Alltag haben
14
Chancen für das gezielte verpackungsfreie Einkaufen generiert. Andererseits verlangen neue
Hygienemaßnahmen eine höhere Bereitschaft von Konsument*innen zum Verzicht auf
bestimmten Konsum, wenn sie Verpackungen vermeiden wollen. Der Grund für die Wahl
verpackter Lebensmittel ist allerdings weniger die Angst vor einer Übertragung des Virus über
unverpackte Lebensmittel, sondern vielmehr das Fehlen von (günstigen) Alternativen sowie
einer generellen Angst vor erhöhter Ansteckungsgefahr beim Aufsuchen mehrerer
Einkaufsorte. Dementsprechend hat sich für die Befragten durch Corona mehr an den
Rahmenbedingungen des Einkaufens und nur wenig bis gar nichts an den eigentlichen
Auswahlkriterien der Produkte beim Einkaufen verändert. Lediglich zwei Veränderungen der
Auswahlkriterien werden in den Interviews genannt. Auf der einen Seite haben sich einige
Befragte zumindest zu Beginn der Pandemie Gedanken über Gesundheit und daher auch über
gesunde Ernährung gemacht und dies dementsprechend als Kriterium bei der
Lebensmittelauswahl aufgenommen. Auf der anderen Seite wird beim Einkaufen vermehrt auf
Regionalität und Lokalität sowie auf ethische Aspekte (z.B. Fair Trade) geachtet, was vor allem
damit begründet wurde, sich seit Beginn der Pandemie mehr Gedanken über die Auswirkungen
des eigenen Konsums zu machen und die kleineren Geschäfte in der eigenen Umgebung in der
Pandemie unterstützen zu wollen.
4.3 Nachhaltiger Konsum am Beispiel von Unverpackt-Läden
Wie in den vorherigen Kapiteln festgestellt, hat die Corona-Pandemie zu einer Veränderung
der Einkaufspraktiken im Supermarkt sowie in der Häufigkeit der Nutzung alternativer
Konsumorte geführt. In diesem Kapitel wird daher gezielt auf die (veränderten)
Einkaufspraktiken von Konsument*innen alternativer Konsumorte hier dem Unverpackt-
Laden eingegangen.
Die Ergebnisse aus den qualitativen Interviews mit den Konsument*innen, die auch in
Unverpackt-Läden einkaufen, zeigen, dass es eine Reihe von Veränderungen bezüglich
unverpacktem Einkaufen gibt. Ein Befragter nennt zeitliche Kapazitäten, vermehrtes Kochen
und den Bedarf an großen Mengen bestimmter Lebensmittel als wichtige Gründe dafür, im
Unverpackt-Laden einzukaufen. Außerdem empfand er den Einkauf im Unverpacktladen als
entspannter und sicherer als im Supermarkt:
„Man geht da hin, stellt seine Boxen oder Säcke […] hin, sagt wie viel man will und dann holt die Person
am Tresen das für einen in so nem Bereich hinter der Theke, der r allgemeine Besucher nicht
zugänglich ist. […] Und ich denke dadurch, dass halt diese Behältnisse auch nur die Personen anfassen,
die da arbeiten, gibt's halt auch nur geringe Berührungsflächen. Also anders als im Supermarkt, wo
Menschen ja die Produkte in den Regalen anfassen können, wieder zurückstellen können […], ist es [die
15
Ansteckungsgefahr] da auf 'n Minimum reduziert. […] Von daher, top. […] Wenig los. Entspannt.
Wesentlich entspannter als in 'nen großen [Supermarkt] zu gehen in meinen Augen“ (I2)
Die anderen interviewten Unverpackt-Kund*innen versuchten insbesondere in der Anfangszeit
der Pandemie, ihre Einkäufe auf einzelne Läden, vor allem Supermärkte mit Vollsortiment in
ihrer Nähe, in denen Großeinkäufe möglich sind, zu reduzieren. Trotz dieser Veränderung
wurde versucht, die Praktik des unverpackten Einkaufens im Supermarkt weiterzuführen.
Ich hab jetzt eigentlich eher vermehrt versucht Verpackungen weiterhin zu vermeiden, gerade weil ich
ja diesen Anstieg [an Verpackungsmüll] gesehen habe. […] Ich hab dann halt eher auf was verzichtet,
weil ich's nicht ohne Verpackungsaufwand hätte kriegen können, als dass ich's dann stattdessen verpackt
gekauft hätte. (I1)
Auch, da die Möglichkeit wegfiel, den Einkauf im Unverpackt-Laden mit dem Einkauf von
anderen Produkten wie Kleidung zu verbinden, wurde nicht der Aufwand betrieben, in die
Innenstadt für den alleinigen Einkauf im Unverpackt-Laden zu fahren (I11).
Dass sich die Häufigkeit, Unverpackt einzukaufen, bei einigen Kund*innen verändert hat,
zeigen auch die Ergebnisse der standardisierten Befragung von 195 Kund*innen in den
Frankfurter Unverpackt-Läden. Diese ergab, dass knapp 64 % der Kund*innen unverändert
häufig seit Beginn der Corona-Pandemie unverpackt einkaufen, während knapp 7 % seltener
und 10 % häufiger seitdem in den Unverpackt-Laden gehen. 19 % der Kund*innen waren vor
der Corona-Pandemie noch nicht in Unverpackt-Läden einkaufen. Wie viele Kund*innen seit
Beginn der Pandemie nicht mehr unverpackt einkaufen, konnte mit der Befragung jedoch nicht
ermittelt werden. Vermutlich liegt diese Zahl sogar über der der Neukund*innen, da die
Ladenbesitzer*innen insgesamt einen Kund*innenrückgang wahrgenommen haben.
Als Grund für die Wahl vermehrt oder erstmals unverpackt einzukaufen, nennen viele
Kund*innen in der standardisierten Befragung, dass sie sich seit der Corona-Pandemie mehr
Gedanken über Umwelt- und Gesundheitsbelange machen und ein neues Bewusstsein
entwickelt haben, was sie zu einem nachhaltigeren Lebensstil motiviert. Auch die gestiegene
Menge an Verpackungsmüll durch z.B. To-Go Produkte führt zu einer Sensibilisierung für das
Müllproblem. Weitere Gründe sind eine höhere zeitliche Flexibilität durch Homeoffice, der
Bedarf nach mehr Lebensmitteln aufgrund von häufigerem Kochen und die Relevanz von Nähe
und kurzen Wegen sowie die lokalen Geschäfte zu unterstützen. Auch nennen einige
Kund*innen, dass das Einkaufen im Unverpackt-Laden deutlich angenehmer ist als in
herkömmlichen Supermärkten, da der Abstand und Hygieneregeln eingehalten werden und die
Atmosphäre entspannter ist. Hingegen wurde die Hygiene vereinzelt auch bei denjenigen
genannt, die seit der Pandemie seltener in Unverpackt-Läden gehen. Sie hatten zu Beginn der
Pandemie Bedenken, ob bei unverpackter Ware eine ausreichende Hygiene gegeben ist.
16
Weitere Gründe, seltener im Unverpackt-Laden einkaufen zu gehen, stellen die Entfernung
zum Wohnort oder Arbeitsort dar sowie ein genereller Rückgang in der Häufigkeit des
Einkaufens und privater Aktivitäten. So nannte eine Person als Grund, seltener in den
Unverpackt-Laden zu kommen, dass sie insgesamt seltener unterwegs ist und der Laden weiter
entfernt liegt. Ähnliches berichtete auch eine Befragte der qualitativen Interviews (s.o.).
Abbildung 1 zeigt das Einzugsgebiet von einem der drei befragten Unverpackt-Läden.
Dargestellt wird die Anzahl an Kund*innen pro Postleitzahlgebiet. Die meisten Kund*innen
kommen aus dem Postleitzahlgebiet, in dem auch der Unverpackt-Laden liegt sowie aus den
umliegenden Postleitzahlgebieten. Dies verdeutlicht die Relevanz, die Nähe für die
Kund*innen hat.
Abbildung 1: Anzahl an Kund*innen eines Unverpackt-Ladens pro Postleitzahl-Gebiet (Quelle: Eigene Erhebung)
Aber nicht nur für die Kund*innen hat die Corona-Pandemie zu Veränderungen geführt. Auch
für die Betreiber*innen und Verkäufer*innen der Unverpackt-Läden kam es zu einigen
Veränderungen im Laden und im Arbeitsablauf. Beispielsweise wurde in einem Unverpackt-
Laden die Aufstellung verändert, sodass Utensilien wie Trichter und Schaufeln nicht mehr bei
den Produkten liegen und von mehreren Personen genutzt werden, sondern diese nach jeder
Person in eine Benutzt-Kiste gelegt werden. Dadurch steigt der Arbeitsaufwand, da häufiger
gespült und desinfiziert werden muss. Eine weitere Konzeptänderung in einem anderen
17
Unverpackt-Laden war, dass die Verkäufer*innen zwischenzeitlich für die Kund*innen das
Abfüllen der Waren übernommen haben, um Warteschlangen so kurz wie möglich zu halten.
Es wurden in allen Läden Möglichkeiten geschaffen oder ausgebaut, sich die Hände zu
desinfizieren, zu waschen oder Handschuhe zu verwenden. Des Weiteren waren die
Verkäufer*innen mit Aufklärungsarbeit zu den Hygieneregelungen im Laden beschäftigt und
kommunizierten verstärkt, dass unverpacktes Einkaufen sicher und hygienisch ist, auch in einer
Pandemie.
Die Verkäufer*innen berichten, dass die Kund*innen, insbesondere zur Zeit des ersten
Lockdowns im Frühjahr 2020, den Austausch mit ihnen genossen haben. Sie vermuten, dass
aufgrund der generellen Kontaktbeschränkungen der Einkauf von einigen als eine Möglichkeit
für soziale Kontakte genutzt wird. Während des ersten Lockdowns verzeichneten die
Unverpackt-Läden jedoch einen Kund*innenrückgang, den sie sich mit dem Ausbleiben der
Pendler*innen und Laufkundschaft erklären, aber auch damit, dass Kund*innen
möglicherweise bevorzugt Läden mit Vollsortiment aufgesucht haben, um die
Ansteckungsmöglichkeiten zu minimieren. Aufgrund der Corona-Verordnung durfte sich
zeitweise nur eine begrenzte Anzahl an Kund*innen, berechnet an der Ladenfläche, zeitgleich
im Laden aufhalten, wodurch Warteschlangen vor den Läden entstanden. Auch diese könnten
dazu geführt haben, dass Kund*innen zu dieser Zeit Läden mit einer größeren Fläche
aufgesucht haben. Am Beispiel der Unverpackt-Läden zeigt sich, dass Praktiken des
nachhaltigen Konsums für manche durch die Corona-Pandemie begünstigt, für andere
hingegen erschwert wurden. Kriterien wie zeitliche Flexibilitäten, Sensibilisierung für das
Müllproblem, Ladenatmosphäre, Alltagsgestaltung, Nähe und Ansteckungsangst in
Ladensettings haben die Einkaufspraktiken beeinflusst, lassen sie jedoch nicht eindeutig als
begünstigend oder erschwerend zuordnen, sondern sind auf die individuelle Interpretation der
Kund*innen bezogen.
5 Diskussion und Fazit
Die Corona-Pandemie hat viele Veränderungen der Einkaufspraktiken im Bereich der
Lebensmittelversorgung hervorgebracht, welche insbesondere für den Bereich des
nachhaltigen Konsums (hier am Beispiel des verpackungsfreien Einkaufens)
Herausforderungen und Chancen mit sich bringt. Dabei sind Ergebnisse der vorliegenden
Studie als eine erste Annäherung an die Beeinflussung von Einkaufspraktiken durch die
Corona-Pandemie zu verstehen.
18
Zu den Herausforderungen für einen nachhaltigen Konsum zählen insbesondere der
wachsende Verbrauch an Plastikverpackungen durch den Umstieg auf das To-Go-Geschäft bei
vielen Cafés und Restaurants sowie Einschränkungen der Nutzung von
Mehrwegverpackungslösungen aufgrund der beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der
Pandemie. Auch in Bezug auf die generelle Rolle von Verpackungen beim herkömmlichen
Lebensmitteleinkauf lässt sich festhalten, dass viele der Interviewpartner*innen trotz
Nachhaltigkeitsbedenken oftmals dennoch auf verpackte Lebensmittel zurückgreifen. Die
meistgenannten Gründe sind einerseits der Preis und andererseits (besonders seit der Corona-
Pandemie) fehlende Alternativen sowie nicht gänzlich verzichten zu wollen. Die
Ansteckungsangst in der Pandemie hat hingegen bei der Wahl der Lebensmittel sowie der Wahl
der Verpackung wenig bis keine Relevanz gehabt. Allerdings erschwerten persönliche
Bedenken und die Ansteckungsangst der Konsument*innen einen Einkauf im Unverpackt-
Laden. Denn vor der Corona-Pandemie kombinierten viele Kund*innen den Einkauf im
Unverpackt-Laden mit dem Einkauf in herkömmlichen Einkaufsstätten. In der Pandemie wurde
vermehrt darauf geachtet, Einkäufe möglichst in einem einzigen Geschäft mit Vollsortiment
abzuwickeln und der Besuch des Unverpackt-Ladens fiel weg. Die Interviews mit den
Ladenbesitzer*innen zeigen zudem, dass sie verstärkt Kommunikationsarbeit leisten müssen,
dass unverpacktes Einkaufen zu allen Zeiten sicher und hygienisch ist. Das deutet daraufhin,
dass Kund*innen Verpackungen doch eine gewisse hygienische Funktion zuschreiben.
Außerdem stellen die Ergebnisse die Relevanz der Nähe von Einkaufsorten heraus. Durch
Corona hat Nähe noch mehr an Bedeutung gewonnen, da Einkäufe nicht mehr auf dem
Heimweg von der Arbeit und Ähnlichem getätigt werden, was sich wiederum in einer
reduzierten Kundschaft für Unverpackt-Läden niederschlägt.
Jedoch haben sich auch Chancen für nachhaltigen Konsum aus der Pandemie ergeben. So
konnte eine vermehrte Reflexion über die Notwendigkeit eines Einkaufs und darüber, was
gesunde Ernährung bedeutet sowie vereinzelt Praktiken des Verzichts bei fehlenden
nachhaltigen Alternativen festgestellt werden. Zudem hat die Pandemie eine Sensibilisierung
für das Müllproblem und ein gesteigertes Nachhaltigkeitsbewusstsein hervorgebracht, weshalb
beispielsweise Unverpackt-Läden auch neue Kund*innen gewonnen haben. Darüber hinaus
haben sich z.B. durch Homeoffice-Regelungen Alltagsstrukturen in der Pandemie verändert.
Es ist anzunehmen, dass das Arbeiten im Homeoffice auch vermehrt nach der Pandemie
möglich sein wird, was eine Chance bietet, Versorgungspraktiken im Alltag neu zu
organisieren. Die Verlagerung der Ernährung (z.B. aus der Kantine) in den Haushalt ist hier
zentral. Sie ermöglicht eine verbesserte Planung der Ernährungsversorgung, ein flexibleres
19
Einkaufen und mehr Zeit zum Kochen. Eine verbesserte Planung der Ernährungsversorgung
erleichtert z.B. das verpackungsfreie Einkaufen, da dafür eigene Gefäße mitgenommen werden
müssen, sowie das Vermeiden von Lebensmittelabfällen (ASCHEMANN-WITZEL et al. 2015).
Allerdings ist fraglich, wie lange bestimmte Veränderungen in den Praktiken des Einkaufens
und Kochens nach Rückkehr ins Büro bzw. zum Präsenzunterricht anhalten. Zudem muss
berücksichtigt werden, dass Einkaufspraktiken immer in bestimmte Arrangements, z.B.
Versorgungsinfrastrukturen, eingebettet sind (SCHATZKI 2010; SATTLEGGER et al. 2020). Die
Versorgungsinfrastruktur muss daher Möglichkeiten des verpackungsfreien Einkaufens, seien
es Unverpackt-Läden, Unverpackt-Angebote in konventionellen Supermärkten oder regionale
Märkte, bereitstellen.
Ob sich die in diesem Beitrag beschriebenen Chancen, die durch die Pandemie für einen
nachhaltigeren Konsum entstanden sind, langfristig etablieren werden, bleibt daher
abzuwarten. Abschließend lässt sich aber festhalten, dass zumindest für einen Teil der
Befragten die Pandemie einen Experimentierraum eröffnet hat, Praktiken des nachhaltigen
Konsums wie einkaufen in Unverpackt-Läden oder Märkten oder frisches zubereiten von
Speisen zu erproben. Um herauszufinden, ob sich aus diesem Erproben nachhaltigen Konsums
neue Routinen ergeben haben, besteht weiterer Forschungsbedarf. Da es sich bei der
vorliegenden Studie um den Zeitraum der ersten Corona-Welle und dem darauffolgenden
Sommer handelt, könnten weitere Untersuchungen ebenfalls Aufschluss darüber geben, wie
und ob sich Einkaufspraktiken im Verlauf der Pandemie und den deutlich stärker ausfallenden
Corona-Wellen sowie den neuen Corona-Regelungen seither verändert hat.
20
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Since 2014, an increasing number of package-free shops are spreading in Germany, in which customers can buy their groceries in containers so that no packaging waste is generated. Purchasing in package-free stores involves additional effort, which raises the question of the suitability of this retail concept for the masses. In order to answer this question, in this article an analysis of the customers of package-free shops is carried out. Based on a standardized survey in 40 package-free shops in Germany (n = 815), the shopping practices of customers as well as their socio-demographic and psychographic characteristics are described. In addition to that, an attempt is made to typify different groups of customers. The study shows that four different consumer groups can be distinguished, which together cover a wider social spectrum than expected. Against the background of current debates about the possibilities of a sustainability transition, the results of this study are interpreted as indicators that package-free shops can be assigned a model character for the future of consumption.
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In recent years, the environmental problems associated with plastics have become a matter of global concern. Current responses seek to replace plastics with other materials, however it is not yet clear that these alternatives will deliver improved environmental outcomes. There remains an urgent need for more nuanced understandings of plastics, their role in society, and their environmental impacts. Drawing on social science perspectives that emphasise the co-evolution of materials and society, this paper outlines a socio-technical approach to plastics and social change. In this view, plastics are understood in terms of the networks and relations of which they are part – highlighting the limitations of both technological solutions and the blanket condemnation of particular materials. The analysis focuses specifically on plastic packaging, exploring the interplay of technological innovation and consumer practices to better account for processes of change. Our arguments are advanced through reference to three case studies: the launch of a ‘roast in the bag’ chicken by a food retailer, the switch to compostable packaging by a potato crisps (chips) brand, and the refilling of plastic bottles by a cosmetics company. Particular attention is paid to the relationships between commercial, environmental and regulatory concerns. To conclude, we consider implications of the approach presented here for transdisciplinary and policy debates about the problems associated with single-use plastics.
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The report presents preliminary results from a combined diary and interview study with 26 Berliners during the German "lockdown" in May 2020. Results show that the role of food packaging in everyday life is hardly reflected by consumers and that its primary function is to be light, easy to handle and to protect the food. Elderly peoply prefer disposable packaging as means for infection protection. At the same time, people feel guilty especially buying packaging from plastics. To avoid food packaging means for them, above all, choosing an alternative to plastics as well as reusing plastic packaging for other purposes in the household. The report discusses the implications of these resutls for different strategies of packaging avoidance: refuse, reduce and reuse. https://pur-precycling.de/wp-content/uploads/2020/09/PuR-Texte-01_2020-1.pdf
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This article presents practice-theoretical conceptions of societal relations to nature as a fruitful alternative to common system approaches in social-ecological research. Via the example of plastic food packaging, two different practice-theoretical approaches to food supply are discussed regarding their suitability for relating the material properties of packaging to their everyday use by producers, retailers, and consumers: (1) the network approach (portraying food supply as a network of practices; these practices include material elements that interrelate with other elements like competence or meaning) and (2) the nexus approach (investigating the interrelation between social practices and material arrangements in which they take place). Depending on the given research interest, both perspectives have their pros and cons: the network approach is stronger in understanding the everyday use of technologies, while the nexus approach encourages the integration of infrastructures and environmental contexts that are not directly observable within the practice.
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The phenomenon of the deviation between purchase attitudes and actual buying behaviour of responsible consumers is called the attitude-behaviour gap. It is influenced by individual, social and situational factors. The main purchasing barriers for sustainable (organic) food are price, lack of immediate availability, sensory criteria, lack or overload of information as well as the low-involvement feature of food products in conjunction with well-established consumption routines, lack of transparency and trust towards labels and certifications. The last three barriers are mainly of a psychological nature. Especially the low-involvement feature of food products due to daily purchase routines and relatively low prices tends to result in fast, automatic and subconscious decisions based on a so-called human mental system 1, derived from Daniel Kahneman?s (Nobel-Prize laureate in Behavioural Economics) model in behavioural psychology. In contrast, the human mental system 2 is especially important for the transformations of individual behaviour towards a more sustainable consumption. Decisions based on the human mental system 2 are slow, logical, rational, conscious and arduous. This so-called dual action model also influences the reliability of responses in consumer surveys. It seems that the consumer behaviour is the most unstable and unpredictable part of the entire supply chain and requires special attention. Concrete measures to influence consumer behaviour towards sustainable consumption are highly complex. Reviews of interdisciplinary research literature on behavioural psychology, behavioural economics and consumer behaviour and an empirical analysis of selected countries worldwide with a view to sustainable food are presented. The example of Denmark serves as a ?best practice? case study to illustrate how sustainable food consumption can be encouraged. It demonstrates that common efforts and a shared responsibility of consumers, business, interdisciplinary researchers, mass media and policy are needed. It takes pioneers of change who succeed in assembling a ?critical mass? willing to increase its ?sustainable? behaviour. Considering the strong psychological barriers of consumers and the continuing low market share of organic food, proactive policy measures would be conducive to foster the personal responsibility of the consumers and offer incentives towards a sustainable production. Also, further self-obligations of companies (Corporate Social Responsibility ? CSR) as well as more transparency and simplification of reliable labels and certifications are needed to encourage the process towards a sustainable development.
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Sustainable consumption is often reduced to consumer choices or forms of product appropriation. Such a narrow focus on individual acts neglects their role in reproducing social order and only shows the top of the iceberg of consumption. In contrast, reconstructing consumption as a part of social practices sheds light on the fundament of the iceberg and shows how everyday consumption patterns are embedded in socio-cultural and socio-technical settings. A qualitative study on life course transitions to parenthood is taken as an example to show how changes in a household's consumption patterns is pre-structured by the social construction of parental practices. The paper concludes with a call for a more reflexive, collaborating and experimental policy approach towards sustainable consumption.
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Ernährungsverhalten der Verbraucher ausübt. So werden vor allen Dingen insgesamt mehr Lebensmittel gegessen und mehr Convenience-Produkte wie Fertiggerichte und Konserven mit längerer Haltbarkeit gekauft. Auch der Konsum von Alkohol und Süßwaren hat eine Steigerung erfahren. Im Gegenzug ist zu beobachten, dass der Verzehr von frischem Obst und Gemüse zurückgegangen ist. Es wird deutlich, dass vor allen Familien die finanziell von der Pandemie betroffen sind, eine vulnerable Gruppe darstellen. Mit zunehmender Dauer der Pandemie, wiederholten Lockdowns, Corona-bedingten Schließungen von Schulen und Kindergärten sind mittel- bis langfristig gesundheitliche Folgen insbesondere für diese Bevölkerungsgruppe zu erwarten.
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This paper advances critical perspectives on the governance of sustainable consumption by exploring the ways in which ‘the consumer’ is constructed and mobilized by strategic actors and organizations. Existing approaches draw on theories of practice to emphasize the limitations of governing through behaviour change. Whilst this provides a welcome corrective to the overemphasis on individual responsibility in sustainability research and policy, fundamental questions concerning changes over time, variation across substantive domains, and the mechanisms through which authorities and intermediaries responsibilize ‘the consumer’ are neglected. By way of rejoinder, we suggest that attention should be paid to the project of sustainable consumption and – following Clive Barnett, Nick Clarke and colleagues’ analysis of ethical consumption campaigning – the ways in which it engages consuming subjects and mobilizes the rhetorical figure of ‘the consumer’. To illustrate, we present the findings from an empirical study – drawing on documentary sources as well as 38 key informant interviews – of how the challenge of food waste reduction has been framed, interpreted and responded to in the UK. Our analysis suggests that initial responses to the issue made claims on the responsibilities of individuals as consumers, but that this quickly gave way to an emergent sense of shared and distributed responsibility. To conclude we argue for the importance of exploring specific instances of sustainable consumption governance and their underlying political rationalities, as well as periodizing these accounts.