ArticlePDF Available

Mindestanforderungen der Fahreignung auf dem Prüfstand – Sind die psychischen Eignungskriterien für Busfahrerinnen und Busfahrer gerechtfertigt?

Authors:
  • sicher unterwegs - Verkehrspsychologische Untersuchungen GmbH

Abstract

Für Fahrerlaubnisse der Klassen D, D1, die zugehörigen Anhängerklassen sowie die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung werden erhöhte Anforderungen an die psychische Leistungsfähigkeit im Zuge der Fahreignungsbeurteilung gestellt. Die entsprechenden Grenzwerte wurden auf theoretischen Überlegungen basierend festgelegt, jedoch noch nie einer empirischen Überprüfung unterzogen. In dieser Studie wurden die Leistungen von zwei Stichproben von Busfahrerinnen und Busfahrern (N = 104 und N = 192) im Corporal-Test, einem Testverfahren der kognitiven Leistungsfähigkeit, mit Maßen der Fahrbewährung in Zusammenhang gebracht. Grafische Regressionsanalysen und ROC-Analysen belegen einen schwach negativen Zusammenhang der Variablen, liefern jedoch keine empirische Bestätigung für die geltenden Grenzwerte. Fahrerinnen und Fahrer, die die erhöhten Anforderungen in einer Nachuntersuchung nicht erfüllen konnten, zeigten keine erhöhte Anzahl an (selbstverschuldeten) Verkehrsauffälligkeiten und scheinen insofern nicht minder geeignet zu sein als solche, die die erhöhten Anforderungen erfüllt haben. Auf Grundlage dieser Ergebnisse wird ein Überdenken und eine systematische Überprüfung der aktuellen verordnungsseitigen (FeV) und fachlichen (BGL) vorgegebenen Vorgaben angeregt.
Fahreignung
Psychische Eignungs-
kriterien auf dem
Prüfstand
Unfallforschung
Tödliche
Fahrradunfälle
durch Fahrzeugtüren
Verkehrspsychologie
Fußgängerverhalten
bei Straßenquerung
Verkehrssicherheit
Organ der DGVM Heidelberg | Organ der DGVP Berlin
1
Januar 2022
68. Jahrgang
www.zvs-online.de
Zeitschrift für
01 US ZVS_01_2022.indd 1 06.01.22 15:16
FACHBEITRÄGE MIT PEER-REVIEW | Fahreignung
22 Zeitschrift für Verkehrssicherheit 1.2022
Einleitung
Im deutschen Straßenverkehrsgesetz (StVG)
ist durch § 2 Abs. 1 festgelegt, dass das
Führen eines Kraftfahrzeugs eine Fahrer-
laubnis der entsprechenden Klasse voraus-
setzt. Die im StVG festgelegten Regelungen
werden durch die Fahrerlaubnis-Verordnung
(FeV) umgesetzt. Dort sind konkrete Anfor-
derungen an Führerscheinanwärterinnen
und -anwärter formuliert, die es zu erfüllen
gilt, um eine Fahrerlaubnis zu erhalten.
Insbesondere für die Klassen D, D1 und die
jeweils zugehörigen Anhängerklassen E
sowie die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeför-
derung gelten erhöhte Anforderungen an die
Fahreignung der Fahrerinnen und Fahrer,
die deutlich über dem Niveau für andere
Kraftfahrerinnen und -fahrer liegen.
Bei den genannten Klassen handelt es sich
im Allgemeinen um Kraftfahrzeuge mit
einer zulässigen Gesamtmasse von über
3.500 kg (Fahrerlaubnisklasse C) und Kraft-
fahrzeuge, die zur Beförderung von mehr
als acht Personen neben der Fahrzeugfüh-
rerin oder dem Fahrzeugführer ausgelegt
sind und eine Gesamtmasse von 750 kg
nicht überschreiten (Fahrerlaubnisklasse D).
Der Fokus dieser Studie liegt auf Busfah-
rerinnen und Busfahrern und somit Anwär-
terinnen und Anwärtern oder Inhaberinnen
und Inhabern einer Fahrerlaubnis der Klas-
se D. Es soll im Folgenden überprüft wer-
den, ob die erhöhten Anforderungen an die
Fahreignung für Busfahrerinnen und Bus-
fahrer, die durch die FeV festgelegt sind,
einer empirischen Prüfung standhalten
können.
Fahreignung
Im StVG wird unter § 2 Abs. 2 erläutert, dass
„die Fahrerlaubnis (…) für die jeweilige
Klasse zu erteilen [ist], wenn der Bewerber
(…) zum Führen von Kraftfahrzeugen geeig-
FACHBEITRÄGE MIT PEER-REVIEW
Fahreignung
Mindestanforderungen der
Fahreignung auf dem Prüfstand –
Sind die psychischen Eignungskriterien für
Busfahrerinnen und Busfahrer gerechtfertigt?
Finn Rathgeber, Wolfgang Schubert, Bettina Schützhofer, Manuela Huetten und Rainer Banse
Für Fahrerlaubnisse der Klassen D, D1, die zugehörigen Anhängerklassen sowie die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeför-
derung werden erhöhte Anforderungen an die psychische Leistungsfähigkeit im Zuge der Fahreignungsbeurteilung
gestellt. Die entsprechenden Grenzwerte wurden auf theoretischen Überlegungen basierend festgelegt, jedoch noch
nie einer empirischen Überprüfung unterzogen. In dieser Studie wurden die Leistungen von zwei Stichproben von Bus-
fahrerinnen und Busfahrern (N = 104 und N = 192) im Corporal-Test, einem Testverfahren der kognitiven Leistungs-
fähigkeit, mit Maßen der Fahrbewährung in Zusammenhang gebracht. Grafische Regressionsanalysen und ROC-Ana-
lysen belegen einen schwach negativen Zusammenhang der Variablen, liefern jedoch keine empirische Bestätigung
für die geltenden Grenzwerte. Fahrerinnen und Fahrer, die die erhöhten Anforderungen in einer Nachuntersuchung
nicht erfüllen konnten, zeigten keine erhöhte Anzahl an (selbstverschuldeten) Verkehrsauffälligkeiten und scheinen
insofern nicht minder geeignet zu sein als solche, die die erhöhten Anforderungen erfüllt haben. Auf Grundlage die-
ser Ergebnisse wird ein Überdenken und eine systematische Überprüfung der aktuellen verordnungsseitigen (FeV) und
fachlichen (BGL) vorgegebenen Vorgaben angeregt.
Minimum Requirements for Fitness to Drive Put to the Test – Are the Mental Fitness Criteria for Bus Drivers Justified?
Holders of and applicants for driving licences in categories D, D1, the associated trailer classes and the driving licence for pas-
senger transport are subject to increased requirements in terms of mental performance in the course of the driving fitness as-
sessment. The corresponding threshold values have been set based on theoretical considerations, but have never been empiri-
cally tested yet. In this study, the relation between the performance of two samples of male and female bus drivers (N = 104
and N = 192) in the Corporal-Test, a test procedure of cognitive performance, and measures of driving fitness was examined.
Graphical regression analyses and ROC analyses demonstrate a weak negative correlation of the variables, but do not provide
empirical confirmation for the current legal threshold values. Drivers who could not meet the increased requirements in a fol-
low-up examination did not show an increased number of (self-inflicted) traffic violations and in this respect do not seem to
be less qualified than drivers who met the increased requirements. Based on these results, a rethinking and systematic empiri-
cal review of the current regulations (FeV) and technical specifications (BGL) is suggested.
Dokumentation
Rathgeber, F.; Schubert, W.; Schützhofer, B.;
Huetten, M.; Banse, R.: Mindestanforderungen
der Fahreignung auf dem Prüfstand – Sind
die psychischen Eignungskriterien für Bus-
fahrerinnen und Busfahrer gerechtfertigt?,
Z. f. Verkehrssicherheit 68, (2022) Nr. 1, S. 22
Schlagwörter
Fahrerlaubnis-Verordnung, Anforderungs-
bereiche, Fahreignung, Corporal-Test,
Busfahrer/Busfahrerinnen
22-33_ZVS_01_2022.indd 22 11.01.22 16:40
23
Zeitschrift für Verkehrssicherheit 1.2022
Fahreignung | FACHBEITRÄGE MIT PEER-REVIEW
es im Wesentlichen um die Fähigkeit zu
zeitlicher und räumlicher Orientierung. Die
Aufmerksamkeit umfasst vor allem den
Wahrnehmungsvorgang und parallel dazu
die Identifikation relevanter Reize, wohin-
gegen die Konzentration, über den Wahr-
nehmungsvorgang hinaus, auch auf die
Geschwindigkeit und Akkuratheit der Infor-
mationsverarbeitung abzielt. Auch unter
kognitiv herausfordernden Bedingungen soll
zügige und genaue Arbeit geleistet werden
können (Schmidt-Atzert, Strohbeck-Kühner
et al. 2018). Des Weiteren geht es bei der
Konzentrationsleistung auch um die Fähig-
keit, Handlungen kontrolliert und mit Ab-
sicht zu steuern (Wirtz 2020). Für die Reak-
tionsfähigkeit steht die Geschwindigkeit ei-
ner Reaktion auf einen dargebotenen Reiz
im Mittelpunkt. Dafür spielen sowohl Wahr-
nehmung als auch Motorik eine wichtige
Rolle. Dabei muss darauf geachtet werden,
dass die Fähigkeit zur Diskriminierung von
relevanten und nicht relevanten Reizen, als
eine Leistung der Aufmerksamkeit und
Konzentration, von der Reaktionsfähigkeit
abzugrenzen ist. Emotionale Stabilität und
Stressresistenz sind die zentralen Kompo-
nenten für die Anforderung der Belastbar-
keit (Schmidt-Atzert, Strohbeck-Kühner et
al. 2018). Es ist jedoch zu betonen, dass die
genannten Dimensionen nicht unabhängig
voneinander sind und durchaus Überschnei-
dungen aufweisen (Schubert, Dittmann et
al. 2013). Die Auswahl dieser fünf Bereiche
der psychischen Leistungsfähigkeit stand in
einem Zusammenhang mit den Messmög-
lichkeiten der zum Zeitpunkt der Festlegung
gängigen psychometrischen Testverfahren
(zitiert nach Ruckriegel, Schubert et al.
2021).
Die Mindestanforderungen an die psychi-
sche Leistungsfähigkeit variieren zwischen
den verschiedenen, auf zwei Gruppen auf-
geteilten, Fahrerlaubnisklassen. Die Fahrer-
laubnisklassen A, A1, A2, B, BE, AM, L und
T werden zu Gruppe 1 zusammengefasst. Die
Fahrerlaubnisklassen C, C1, D, D1, die zu-
gehörigen Anhängerklassen E sowie die
Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung wer-
den zu Gruppe 2 zusammengefasst (BASt
2019). Während für den Erwerb der Fahrer-
laubnis für Fahrzeuge der Gruppe 1 in allen
Bereichen der psychischen Leistungsfähig-
keit mindestens der Prozentrang (PR) 16
erreicht werden muss, gelten für die Fahrer-
laubnis der Gruppe 2, gemäß den Begutach-
tungsleitlinien zur Kraftfahreignung (BGL;
BASt 2019), verschärfte Regelungen (s. u.).
Es gibt eine Vielzahl an Studien, die einen
Zusammenhang zwischen unsicherem Fahr-
verhalten und Unfällen sowie Beeinträchti-
gungen in kognitiven oder psycho-motori-
schen Leistungsbereichen belegen (z. B.
Sommer, Arendasy et al. 2005; Sommer,
Herle et al. 2008). Zusammenhänge zwi-
schen unsicherem Fahrverhalten und Defi-
ziten in der Aufmerksamkeit, Wahrneh-
mung, Kognition und Psychomotorik konn-
ten u. a. McKnight und McKnight (1999)
aufzeigen. Diese Zusammenhänge bewegten
sich in einer Größenordnung von .40 < r
< .50. Aksan, Anderson et al. (2012) fanden
ebenfalls negative Zusammenhänge zwi-
schen kognitiven Funktionen und Fahrfeh-
lern, die in verschiedenen Fahrproben beob-
achtet wurden (-.38 < r < -.31). Des Weiteren
bestehen vergleichbar große empirische
Zusammenhänge zwischen der visuellen
Aufmerksamkeit und der Fahrperformanz,
gemessen an gewichteten Fahrfehlern aus
einer Fahrprobe (Baldock, Mathias et al.
2007). Darüber hinaus stellt auch die Ge-
schwindigkeit der Prägnanzbildung eine
wesentliche Voraussetzung für die im Stra-
ßenverkehr erforderliche Gefahrenwahrneh-
mung dar (Schützhofer, Banse 2019).
Neben den genannten Anforderungen an die
psychischen Leistungsmerkmale sind jedoch
auch weitere Fähigkeiten für die Fahreig-
nung relevant, wie beispielsweise das Seh-
und Hörvermögen, Bewegungsbehinderun-
gen oder die Tagesschläfrigkeit (BASt 2019).
Es lässt sich also insgesamt festhalten, dass
sich die Fahreignung aus einem komplexen
Zusammenspiel körperlicher, psycho-moto-
rischer, kognitiver, sensorischer und psychi-
scher Leistungsfähigkeit ergibt und mithilfe
psychologischer Testverfahren festgestellt
werden kann. Eine solche Testung zum
Nachweis der Fahreignung ist gemäß der
FeV allerdings nicht für alle Fahrerlaubnis-
klassen und nicht vollumfänglich erforder-
lich.
Fahreignungskriterien für
die Fahrgastbeförderung
Gemäß § 11 Abs. 9 sowie § 48 Abs. 4 und 5
der FeV gelten besondere Anforderungen an
die psychische Leistungsfähigkeit für Bewer-
berinnen und Bewerber sowie Inhaberinnen
und Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen
D, D1, der zugehörigen Anhängerklassen E
sowie der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeför-
derung. Diese besonderen Anforderungen
liegen deutlich über dem Niveau für andere
net ist“. Für ein genaueres Verständnis
dieser Formulierung, sollte zunächst geklärt
werden, was unter einer solchen Eignung
zum Führen eines Kraftfahrzeugs überhaupt
verstanden werden kann. Unter § 2 Abs. 4
des StVG findet sich diesbezüglich die Aus-
führung, dass eine Person dann zum Führen
von Kraftfahrzeugen geeignet ist, wenn sie
„die notwendigen körperlichen und geisti-
gen Anforderungen erfüllt und nicht erheb-
lich oder wiederholt gegen verkehrsrechtli-
che Vorschriften oder gegen Strafgesetze
verstoßen hat“. Schubert, Huetten, Reimann
und Graw (2018) schreiben in ihrem Kom-
mentar zu den Begutachtungsleitlinien zur
Kraftfahreignung, Fahreignung beträfe
„zeitlich überdauernde körperliche, psychi-
sche und Persönlichkeitsmerkmale sowie
solche der Leistungsfähigkeit“ (S. 15). Durch
die Prüfung der körperlichen und geistigen
bzw. psychischen Leistungsfähigkeit soll
sichergestellt werden, dass eine Verkehrsge-
fährdung durch die geprüfte Person nicht zu
erwarten ist (Bundesanstalt für Straßenwe-
sen [BASt] 2019). Die Fahreignung umfasst
somit Aspekte der Gesundheit, der körperli-
chen Fitness, aber auch der Persönlichkeit
(Schubert, Dittmann et al. 2013). Für die
Beurteilung der Fahreignung werden ledig-
lich Merkmale einbezogen, die die Fahreig-
nung über einen längeren Zeitraum beein-
trächtigen oder ausschließen. Akute und
vorübergehende Einschränkungen spielen
für die Einschätzung eine untergeordnete
Rolle (BASt 2019).
Die Anforderungen an die psychische Leis-
tungsfähigkeit gemäß der FeV beziehen sich
insbesondere auf kognitive Fähigkeiten wie
die optische Orientierung, Konzentrations-
fähigkeit, Aufmerksamkeit, Reaktionsfähig-
keit und Belastbarkeit (BASt 2019). Diese
Fähigkeiten sollen mit „geeigneten, objekti-
vierbaren psychologischen Testverfahren“
(BASt 2019, S. 11) untersucht werden, die
standardisiert sind und die gängigen Güte-
kriterien erfüllen (Schmidt-Atzert, Stroh-
beck-Kühner et al. 2018). Eine nähere Ein-
grenzung angemessener psychologischer
Testverfahren besteht – außer bei den Leis-
tungstestverfahren zur Messung der Anfor-
derungen entsprechend Anlage 5.2 der FeV
– in Deutschland nicht. Bei einer solchen
Untersuchung ist es „ausschlaggebend (…),
ob die Mindestanforderungen erfüllt wer-
den“ (BASt 2019, S. 11). Die Ursachen für
mögliche Leistungsmängel stehen hingegen
nicht im Fokus und deren Identifikation ist
somit nicht entscheidend.
Bei der optischen Orientierungsleistung geht
22-33_ZVS_01_2022.indd 23 11.01.22 16:40
FACHBEITRÄGE MIT PEER-REVIEW | Fahreignung
24 Zeitschrift für Verkehrssicherheit 1.2022
Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer und müs-
sen zur Erteilung der Fahrerlaubnis nachge-
wiesen werden. So müssen Busfahrerinnen
oder Busfahrer und andere Fahrerinnen oder
Fahrer in der Fahrgastbeförderung „auch die
Gewähr dafür bieten, dass sie der besonde-
ren Verantwortung bei der Beförderung von
Fahrgästen gerecht werden“ (FeV § 11 Abs.
1). Während Fahrerlaubnisse für die Fahr-
zeugklassen der Gruppe 1 unbefristet aus-
gestellt werden, erfolgt die Ausstellung der
Fahrerlaubnis für Fahrzeugklassen der
Gruppe 2 maximal für einen Zeitraum von
fünf Jahren (FeV § 23 Abs. 1). Im Anschluss
kann die Fahrerlaubnis auf Antrag der In-
haberin oder des Inhabers um eben diesen
Zeitraum verlängert werden. Ist die Antrag-
stellerin oder der Antragsteller zu diesem
Zeitpunkt älter als 50 Jahre, darf die Verlän-
gerung der Fahrerlaubnis der Klassen D, D1,
DE und D1E jedoch nur mit einem zusätzli-
chen Eignungsnachweis nach den Maßga-
ben der Anlage 5 Nummer 2 der FeV erfol-
gen.
Wie zuvor schon beschrieben, müssen Fah-
rerinnen und Fahrer aus der Gruppe 1 in
allen Dimensionen der psychischen Leis-
tungsfähigkeit mindestens PR 16 erreichen.
Ein Test der Leistungsfähigkeit wird in dieser
Gruppe jedoch nur vorgenommen, wenn die
Fahrerin oder der Fahrer spezifische akten-
kundige Auffälligkeiten vorzuweisen hat.
Wird der Grenzwert von PR 16 dabei unter-
schritten, kann die Fahreignung dennoch
durch ergänzende Verfahren oder eine Wie-
derholungsuntersuchung festgestellt werden
(BASt 2019). Bei dem PR handelt es sich um
einen Normwert, der angibt, wie viel Prozent
aller Personen einer vergleichbaren Stich-
probe schlechter als die untersuchte Person
in einem Testverfahren abgeschnitten haben.
Im Fall der Fahreignungsprüfung handelt es
sich dabei um altersunabhängige Normwer-
te. Für die Fahreignung der Gruppe 2 muss
in der Mehrheit der Verfahren zur psychi-
schen Leistungsfähigkeit der PR 33 erreicht
werden. PR 16 hingegen muss in den Ver-
fahren ausnahmslos erreicht werden (BASt
2019). In anderen Worten: In mindestens
drei der fünf Bereiche der psychischen Leis-
tungsfähigkeit (Orientierung, Konzentrati-
onsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Reaktionsfä-
higkeit und Belastbarkeit) muss PR 33 er-
reicht werden. Die Leistung in den übrigen
Bereichen darf aber nicht den PR 16 unter-
schreiten. In Anlage 5 der FeV wird auch
diesbezüglich nochmals explizit gefordert,
dass „die Eignung der zur Untersuchung
dieser Merkmale eingesetzten psychologi-
schen Testverfahren (…) von einer unabhän-
gigen Stelle (…) bestätigt worden sein“ muss.
Die Festlegung der PR als Mindestanforde-
rung beruht auf zwei verschiedenen Über-
legungen. Der PR 16 als untere Grenze
wurde gewählt, da dieser eine Standardab-
weichung unter dem Mittelwert eines ver-
wendeten Testverfahrens liegt. Der PR 33
hingegen wurde aus theoretischen Überle-
gungen und Erfahrungswerten durch Ver-
kehrsexpertinnen und -experten abgeleitet
(zitiert nach Ruckriegel, Schubert et al.
2021). Eine eingehende empirische Überprü-
fung der Anforderungsbereiche und der
festgelegten Mindestanforderungen ist je-
doch bislang noch nicht erfolgt (Ruckriegel,
Schubert et al. 2021). Eine solche Überprü-
fung der Mindestanforderungen an die
psychische Leistungsfähigkeit soll in dieser
Studie für Busfahrerinnen und Busfahrer
vorgenommen werden.
In den BGL ist festgelegt, dass die Angabe
der Messwerte in Prozentrang (PR) zu erfol-
gen hat. Abweichungen – z. B. auch bei der
Benutzung anderer Skalenwerte (T-Werte)
– müssen fachlich begründet werden, da
ansonsten das Gutachten im Verwaltungs-
verfahren als nicht verwertbar eingestuft
werden kann. Die eingesetzten Testverfahren
sind standardisiert, d. h. reliabel, objektiv
und normiert. Ihre Gültigkeit (Validität) ist
durch Forschungsergebnisse nachgewiesen.
Die Untersuchung erfolgt in Form eines
Einzeltests in der Regel an einem computer-
gestützten Testgerät mit programmierter
Instruktions- und Testvorgabe am Bild-
schirm. Bei der Testeinweisung wird das
individuelle Arbeitstempo der Testperson
berücksichtigt. Die Testergebnisse werden in
Prozenträngen (PR) von 0 bis 100 angege-
ben. Ein Prozentrang von 45 bedeutet z. B.,
dass 55 % der Bezugsgruppe „Kraftfahrer-
population“ Testergebnisse erzielt, die über
der erreichten Leistung liegen. Ein Prozent-
rang von 100 steht also für die bestmögliche,
ein Prozentrang von 0 für die geringste
Leistung.
Zur Ergebnisdarstellung mithilfe von T-
Werten ist anzumerken: In Abweichung von
den BGL – von denen mit entsprechender
fachlicher Begründung abgewichen werden
kann – werden hier die normierten Mess-
werte als T-Werte angegeben. Im Unter-
schied zum dort bevorzugten Prozentrang-
wert ist die T-Skala eine metrische Skala der
Messwerte und bietet den Vorteil, dass die
bei jedem Testverfahren stets vorhandenen
Messwertschwankungen berechenbar sind.
Diese sollten nicht fälschlich der Testperson
angelastet werden. Ein T-Wert von T = 20
steht für die geringste, T = 80 für die best-
mögliche Leistung. Der sogenannte „Nor-
malbereich“ ist als Mittelwert plus/minus
Standardabweichung (T = 50±10) definiert.
T-Werte zwischen 40 und 60 stehen somit
für eine durchschnittliche Leistung. Ferner
wird zum T-Wert der Standardmessfehler
CL(T) angegeben. Dieser zeigt an, in welcher
Bandbreite der erreichte Testwert einer Mes-
sungenauigkeit unterliegen kann.
Verwendete Testverfahren
Die Überprüfung der psychischen Leistungs-
fähigkeit von Fahrerinnen und Fahrern oder
Bewerberinnen und Bewerbern auf eine
Fahrerlaubnis muss in Deutschland mit
geeigneten psychologischen Testverfahren
erfolgen. Die geläufigsten Verfahren dieser
Art sind heutzutage das Wiener Testsystem
(WTS), die Testbatterie zur Aufmerksam-
keitsüberprüfung (Version Mobilität; TAP-
M) sowie das Testverfahren Corporal Plus.
Da in dieser Studie der Corporal Plus sowie
dessen Vorgängerversion Corporal A einge-
setzt wurden, sollen im Folgenden lediglich
diese beiden Verfahren eingehender be-
schrieben werden. Ab dem 26.6.2021 dürfen
nur noch gemäß § 71a Abs. 1 der FeV zer-
tifizierte psychologische Testverfahren zur
Überprüfung der Fahreignung zum Einsatz
kommen. Zu diesen zertifizierten Verfahren
zählt neben der Version 6.80 des WTS auch
die Version 2.0.001 des Corporal Plus (BASt
2020).
Corporal A
Bei Corporal A handelte es sich um ein von
der Vistec AG vertriebenes psychometrisches
Testsystem, mit dem Funktionen der Auf-
merksamkeit erfasst werden können (Berg
2013). Mittlerweile wurde das Testsystem
allerdings durch eine erneuerte Version, den
Corporal Plus, ersetzt (Berg, Nädtke 2015).
Corporal A setzt sich aus verschiedenen
Subtests zusammen, die jeweils leicht unter-
schiedliche Fähigkeiten überprüfen. Diese
Subtests basieren allesamt auf zwei Grund-
figuren, die ein Kreuz beziehungsweise ei-
nen Winkel („Corporalswinkel“) umfassen
(Bild 1). Diese Symbole werden auf einem
ansonsten leeren Bildschirm dargeboten und
erfordern, je nach Subtest, eine spezifische
Reaktion der getesteten Person. Durch dieses
abstrakte Testmaterial soll dem Einfluss von
möglichen Vorerfahrungen mit bestimmten
22-33_ZVS_01_2022.indd 24 11.01.22 16:40
25
Zeitschrift für Verkehrssicherheit 1.2022
Fahreignung | FACHBEITRÄGE MIT PEER-REVIEW
Reizen aus anderen Situationen vorgebeugt
werden (Berg 2013).
In den verschiedenen Subtests geht es immer
darum, entweder die Position des Kreuzes
oder des Winkels auf dem Bildschirm zu
benennen (Lokation) oder die Richtung, in
die der Winkel weist (Orientierung), anzu-
geben. Für einzelne Subtests werden auch
zwei Winkel bzw. ein Winkel und ein Kreuz
dargeboten (Berg 2013).
Über die verschiedenen Subtests des Corpo-
ral A sollen die vom Gesetzgeber vorgege-
benen Mindestanforderungen an die psychi-
sche Leistungsfähigkeit in Bezug auf die
fünf Konstrukte Reaktionsfähigkeit, Auf-
merksamkeit, Konzentrationsfähigkeit, Ori-
entierung und Belastbarkeit überprüft wer-
den. Aufgrund der wissenschaftlichen Kon-
zeption des Corporal A beansprucht der
Autor, auch die Forderung nach „geeigne-
ten, objektivierbaren psychologischen Test-
verfahren“ (BASt 2019, S. 11) zu erfüllen
(Berg 2013).
Als Angabe der Validität des Corporal A
wird auf eine theoriegeleitete Konstruktva-
lidierung verwiesen (Berg 2013). Die Annah-
me dahinter ist, dass theoretisch hergeleite-
te Annahmen bezüglich der Lösung von
Aufgaben und enthaltener Teilleistungen
Rückschlüsse auf die Lösungsschwierigkeit
der Aufgaben unter bestimmten Bedingun-
gen zulassen. Spiegelt sich die angenomme-
ne Schwierigkeit in den Ergebnissen von
Probandinnen und Probanden wider, so wird
davon ausgegangen, dass der Test das zu
messen vermag, was theoretisch angenom-
men wurde (Berg, Reimann et al. 2014). Die
Angemessenheit der theoriegeleiteten Kon-
struktvalidierung wird kontrovers diskutiert,
weswegen eine Beurteilung der Validität des
Corporal A an dieser Stelle nicht vorgenom-
men werden soll. Die Split-Half-Reliabilitä-
ten des Corporal A werden mit Cronbachs
α = .93 und rtt = .99 nach Spearman/Brown
angegeben (Berg 2013). Somit kann die
Messgenauigkeit des Testsystems als sehr
gut bezeichnet werden.
Corporal Plus
Der Corporal Plus ist eine Anpassung und
Überarbeitung des vorgestellten Testsystems
Corporal A und stammt ebenfalls von der
Vistec AG. Erneut gibt es verschiedene Sub-
systeme, bei denen für ein Kreuz bezie-
hungsweise einen Winkel die Lokation oder
Orientierung auf dem Bildschirm angegeben
werden muss (oben, unten, links, rechts;
Berg, Nädtke 2015).
Wie zuvor bereits für den Corporal A wird
auch für den Corporal Plus lediglich auf eine
theoretische Konstruktvalidierung verwiesen
(Berg, Nädtke 2015). Mangels ausreichender
weiterführender Literatur bezüglich der
Validität des Corporal Plus soll eine ab-
schließende Bewertung der Validität für das
überarbeitete Testsystem auch an dieser
Stelle nicht vorgenommen werden. Da das
Testverfahren in der Begutachtungspraxis
zur Fahreignung in Deutschland regelmäßig
verwendet wird, ist diese Thematik für die
vorliegende Studie jedoch auch nicht von
besonderem Belang.
Für die Split-Half-Reliabilität wird je nach
Testart ein Wert von rtt = .89 oder rtt = .99
angegeben. Der Corporal Plus bietet somit
ebenso wie die Vorgängerversion eine sehr
gute Messgenauigkeit. Die Testergebnisse
des Corporal A und des Corporal Plus sind
nicht ineinander überführbar und nicht di-
rekt vergleichbar.
Forschungsfragen
Die in der FeV festgelegten Mindestanfor-
derungen an die psychische Leistungsfähig-
keit für Bewerberinnen und Bewerber sowie
Inhaberinnen und Inhaber der Klassen D,
D1, der zugehörigen Anhängerklassen E
sowie der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeför-
derung wurden auf der Grundlage von
theoretischen Überlegungen und Erfahrun-
gen von Verkehrsexpertinnen und -experten
festgelegt (zitiert nach Ruckriegel, Schubert
et al. 2021). Diese theoretischen Überlegun-
gen wurden bis zum jetzigen Zeitpunkt je-
doch noch nie empirisch überprüft. Die
Folge daraus ist, dass Bewerberinnen und
Bewerbern, die die aktuellen Eignungskrite-
rien nicht erfüllen können, die Möglichkeit
auf den Erwerb einer solchen Fahrerlaubnis
genommen wird. Somit ist es diesen Perso-
nen ebenfalls verwehrt, einen Beruf wie
beispielsweise Busfahrerin bzw. -fahrer
auszuüben.
Die grundlegende Idee der Mindestanforde-
rungen als Absicherung für die Sicherheit in
der Fahrgastbeförderung und im Straßen-
verkehr im Allgemeinen folgt logischen
Schlussfolgerungen, die von uns nicht an-
gezweifelt werden. Die theoretisch festge-
legten Kriterien hingegen sollten durchaus
hinsichtlich ihrer Angemessenheit und
Rechtfertigung hinterfragt werden. Aus
diesem Grund verfolgt diese Studie das Ziel,
eine empirische Überprüfung der durch den
Gesetzgeber formulierten Mindestanforde-
rungen zur Fahreignung für die genannten
Klassen vorzunehmen. Im Folgenden soll
anhand der Leistungs- und Bewährungsda-
ten von Busfahrerinnen und Busfahrern
kontrolliert werden, ob die kritischen PR von
33 bzw. 16 eine Diskriminierung hinsichtlich
Fahrerinnen und Fahrern mit vielen und
wenigen selbstverschuldeten Verkehrsauf-
fälligkeiten erlauben. Darüber hinaus soll in
einer zweiten Forschungsfrage geprüft wer-
den, ob eine Absenkung des kritischen PR
von 33 negative Konsequenzen auf die
Fahrbewährung erwarten ließe.
Methoden
Die in dieser Untersuchung verwendeten
Daten stammen von Busfahrerinnen und
Busfahrern der Berliner Verkehrsbetriebe
(BVG), die in den Jahren 2013, 2014 oder
2015 eingestellt wurden. Sämtliche Infor-
mationen wurden den Fahrer- sowie Ge-
sundheitsakten der jeweiligen Personen
entnommen und in den Räumlichkeiten der
Verkehrsbetriebe in pseudonymisierter Form
erhoben. Für die Pseudonymisierung der
Probandinnen und Probanden wurde die
betriebsinterne Personalnummer verwendet,
die auch eine Zusammenführung der ver-
Bild 1: Grundfiguren der Corporal-Tests
Anmerkung: Adaptiert aus „Psychometrisches Testsystem Corporal Plus. Testsystem zur Erfassung kognitiver
Funktionen im bildlich-räumlichen Bereich. Manual.“ (Berg, Nädtke 2015)
22-33_ZVS_01_2022.indd 25 11.01.22 16:40
FACHBEITRÄGE MIT PEER-REVIEW | Fahreignung
26 Zeitschrift für Verkehrssicherheit 1.2022
Fahreignungskriterien nutzen zu können,
wurde die Anzahl dieser Auffälligkeiten, die
im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr
standen, sowie die Anzahl der davon selbst-
verschuldeten Verkehrsauffälligkeiten er-
fasst. Lagen neben dem jeweiligen Vermerk
einer Auffälligkeit keine weiteren Informa-
tionen bezüglich des Geschehens vor, so
wurde jeweils der Wert von 0,5 zur Anzahl
der verkehrsbezogenen Delikte addiert. Die-
ser Schritt wurde durchgeführt, da auf
Grundlage der verfügbaren Informationen
nicht auszuschließen war, dass es sich um
ein Verkehrsdelikt handelte.
Zur abschließenden Zusammenfassung aller
Verkehrsauffälligkeiten in einem einzigen
Index für die Fahrbewährung der Busfah-
rerinnen und Busfahrer wurde aus allen
vorhandenen verkehrsbezogenen Aktenein-
trägen eine Variable gebildet, die die Ge-
samtzahl der aktenkundigen Verkehrsauf-
fälligkeiten enthielt. Zu diesen Verkehrsauf-
fälligkeiten zählen sowohl Unfälle als auch
andere verkehrsbezogene Akteneinträge, wie
beispielsweise die Missachtung von Ver-
kehrsregeln. Weiterhin wurde eine Variable
berechnet, die die Gesamtzahl der klar
selbstverschuldeten Verkehrsauffälligkeiten
erfasste. Bei dieser Variablen ist jedoch ein-
schränkend anzumerken, dass die Schuld-
frage in einigen Fällen auf der Basis der
vorliegenden Akten nicht eindeutig zu
klären war. Aus diesem Grund fallen unter
diese Variable nur solche Vorkommnisse, bei
denen die Verantwortung für das Vorkomm-
nis aufgrund der Akteninformationen klar
dem Fahrer oder der Fahrerin zuzuordnen
war. Die beiden letztgenannten Variablen
ermöglichten außerdem eine dichotome
Einteilung aller untersuchten Busfahrerin-
nen und Busfahrer in Personen mit und
ohne Verkehrsauffälligkeiten bzw. selbstver-
schuldeten Verkehrsauffälligkeiten.
Stichprobe
Insgesamt konnten mit dieser Vorgehenswei-
se 701 Busfahrerinnen und Busfahrer in die
Stichprobe aufgenommen werden. Für diese
701 Personen lagen allerdings nicht in jedem
Fall Corporal-Daten vor, da z. B. Personen,
die bereits in anderen Unternehmen als
Busfahrerin oder Busfahrer tätig waren, zum
Einstellungszeitpunkt nicht noch einmal
getestet werden. Testdaten liegen nur für
Berufsanfängerinnen und -anfänger vor, und
für Fahrerinnen und Fahrer, die ab dem 50.
Lebensjahr turnusmäßig getestet werden
Testverfahren nicht vorgesehen und bedarf
somit einer Rechtfertigung. Da die verschie-
denen Anforderungsbereiche der Corporal-
Testverfahren hohe Interkorrelationen auf-
weisen, kann auf eine konzeptuelle Nähe der
zugrunde liegenden Fähigkeiten geschlossen
werden. Darüber hinaus wird der neu gebil-
dete Gesamtwert in dieser Studie stets vor
dem Hintergrund betrachtet, ob das Testver-
fahren insgesamt bestanden oder nicht be-
standen wurde. Insofern werden die einzel-
nen Anforderungsbereiche und deren Be-
deutung für das Bestehen der Mindestanfor-
derungen weiterhin einbezogen. Die Ver-
wendung eines aggregierten Corporal-Ge-
samtwertes erscheint für die Ziele dieses
Beitrags im Sinne einer kompakten Darstel-
lung der Ergebnisse und der Vermeidung
von Redundanzen angemessen.
Fahrbewährungsparameter
Als Maß der Fahrbewährung der untersuch-
ten Busfahrerinnen und Busfahrer wurde die
Anzahl an Verkehrsunfällen aus den Fahrer-
akten entnommen. Sofern die Aktenvermer-
ke dies zuließen, wurde außerdem kodiert,
ob die registrierten Unfälle durch die Fah-
rerinnen oder die Fahrer selbst verschuldet
wurden. Alle in dieser Variable registrierten
und erfassten Unfälle bezogen sich aus-
schließlich auf Verkehrsunfälle mit einem
Omnibus während des Dienstes bei den
Verkehrsbetrieben. In weiteren Variablen
wurden die aus Fahrbeobachtungen resul-
tierenden Auffälligkeiten sowie der genaue
jeweilige Vermerk kodiert. Bei diesen Auf-
fälligkeiten handelte es sich beispielsweise
um eine Missachtung von Verkehrs- oder
Dienstvorschriften (z. B. Missachtung einer
roten Ampel oder von Haltestellen). Solche
Fahrbeobachtungen werden in unregelmä-
ßigen Abständen unangekündigt durch die
Verkehrsbetriebe vorgenommen. Es wurden
außerdem dokumentierte Beschwerden
durch Kolleginnen und Kollegen oder Fahr-
gäste und die Anzahl an ausgesprochenen
Abmahnungen erhoben. Diese Informatio-
nen wurden nur dann in die Analysen ein-
bezogen, wenn ihnen eindeutig Verkehrs-
auffälligkeiten oder -verstöße zugrunde la-
gen.
Darüber hinaus wurden alle weiteren akten-
kundigen Auffälligkeiten kodiert, die z. B.
private Unfälle, Einträge beim Kraftfahrt-
Bundesamt oder Verletzungen auf dem Weg
zur Dienststelle umfassten. Diese Auffällig-
keiten ergaben sich hauptsächlich aus do-
kumentierten Krank- oder Arbeitsunfallmel-
dungen. Um auch diese Informationen als
schiedenen Akteninformationen ermöglich-
te. Die Datenschutzbestimmungen (DSGVO)
sowie die betriebsinternen Festlegungen
wurden beachtet.
Erhobene Variablen
Demografische Variablen
Zunächst wurden grundlegende demografi-
sche Informationen wie Geburtsjahr und der
höchste erreichte Schulabschluss erhoben.
Außerdem wurden das Jahr der Einstellung
bei der BVG und ggf. die Art des Beschäfti-
gungsendes (Kündigung durch Mitarbeiterin
oder Mitarbeiter, Kündigung durch Ver-
kehrsbetrieb, befristetes Arbeitsverhältnis,
einvernehmliche Auflösung des Arbeitsver-
trags, Renteneintritt) sowie das zugehörige
Jahr des Beschäftigungsendes kodiert.
Corporal-Daten
Sofern in der Gesundheitsakte verfügbar,
wurden für die fünf Skalenwerte (Konzent-
ration, Aufmerksamkeit, Orientierung, Be-
lastbarkeit, Reaktionsfähigkeit) des Corpo-
ral-Tests entweder PR oder T-Werte – falls
vorhanden auch beides – zum Einstellungs-
zeitpunkt (T1) übernommen. Da Busfah-
rerinnen und Busfahrer, die älter als 50
Jahre sind, für die Verlängerung ihrer Fahr-
erlaubnis alle fünf Jahre einen Nachweis
über ihre Eignung gemäß Anlage 5 der FeV
erbringen müssen, konnten die Testwerte der
fünf Anforderungsbereiche in vielen Fällen
auch für einen zweiten Testzeitpunkt (T2)
erhoben werden. Über den Untersuchungs-
zeitraum hinweg wurden aufgrund einer
Systemumstellung beim Verkehrsbetrieb die
beiden verschiedenen Versionen des Corpo-
ral-Testverfahrens genutzt (Corporal A oder
Corporal Plus) und entsprechend als unter-
schiedliche Variablen erfasst. Dementspre-
chend liegen für die meisten Probandinnen
und Probanden zu T1 nur Corporal A- und
zu T2 nur Corporal-Plus-Werte vor.
Um die erfassten Corporal-Werte für statis-
tische Analysen verwenden zu können,
wurden zunächst alle aus den Akten über-
nommenen Werte so transformiert, dass sie
sowohl als T-Wert als auch als PR vorlagen.
Des Weiteren wurde für jede Person ein
Corporal-Gesamtwert gebildet, indem der
Durchschnittswert über alle fünf Skalen
berechnet wurde. Die Reliabilität dieses
aggregierten Wertes beträgt für den Corpo-
ral A zu T1 Cronbachs α = .82 und für den
Corporal Plus zu T2 α = .65. Dieser Gesamt-
wert ist von der Autorin und dem Autor der
22-33_ZVS_01_2022.indd 26 11.01.22 16:40
27
Zeitschrift für Verkehrssicherheit 1.2022
Fahreignung | FACHBEITRÄGE MIT PEER-REVIEW
tät des Corporal A hin. Die Skala Belastbar-
keit korrelierte signifikant und schwach
negativ um die r = -.21 mit der Gesamtzahl
der Verkehrsauffälligkeiten. Darüber hinaus
traf dies auch auf den aggregierten Corpo-
ral-Gesamtwert zu (r = -.20).
Das Korrelationsmuster für die Corporal-
Plus-Werte der Nachuntersuchungen zum
Zeitpunkt T2 ist in Tabelle 2 abgebildet. Die
Interkorrelationen der verschiedenen Corpo-
ral-Subskalen fielen dabei untereinander,
mit Werten um .13 bis .38, deutlich geringer
aus als bei den Corporal A-Daten zum Zeit-
punkt T1. Dieses Ergebnis spiegelt sich auch
in dem Reliabilitäts-Koeffizienten für den
aggregierten Corporal-Plus-Gesamtwert (T2)
dem Corporal-Gesamtwert und der Anzahl
aller Verkehrsauffälligkeiten bzw. der selbst-
verschuldeten Verkehrsauffälligkeiten be-
rechnet. Da es sich bei der großen Mehrheit
der Werte zu T1 um Corporal A-Werte und
zu T2 um Corporal-Plus-Werte handelte,
wurden die beiden Testzeitpunkte getrennt
voneinander analysiert.
Betrachtet man die Korrelationen der ver-
schiedenen Corporal A-Werte zu T1 unter-
einander, so zeigen sich zwischen den
Subskalen des Corporal mittlere bis hohe
Korrelationen zwischen .36 und .78 (Tabel-
le 1). Die Korrelationen der Corporal-Werte
mit den (selbstverschuldeten) Verkehrsauf-
fälligkeiten deuten auf die Kriteriumsvalidi-
müssen. Eine weitere Einschränkung für die
Nutzbarkeit der Corporal-Daten stellt ein
Systemwechsel vom Testsystem Corporal A
zu der Weiterentwicklung Corporal Plus dar.
Für den Einstellungszeitraum T1 waren ins-
gesamt 104 Corporal A-Datensätze verfüg-
bar. Bei weiteren 27 Personen wurde bereits
zum Zeitpunkt T1 der Corporal Plus verwen-
det. Da die Daten der beiden Testverfahren
Corporal A und Corporal Plus nicht direkt
miteinander verglichen werden können,
wurden für den Messzeitpunkt T1 lediglich
die Daten der Version Corporal A verwendet,
für die wesentlich mehr Fälle verfügbar
waren. Das Alter in der resultierenden Stich-
probe betrug im Mittel ca. 41 Jahre (SD =
10.06), wobei die jüngste Person 23 Jahre alt
war und die älteste Person 61. Mit n = 84
(80,8 %) verfügte ein Großteil der Personen
über keine einschlägigen beruflichen Vorer-
fahrungen.
Für Nachuntersuchungen der Personen, die
zwischen 2013 und 2015 eingestellt wurden,
konnten zu T2 insgesamt 192 Fälle mit
Daten des Corporal Plus in den statistischen
Analysen berücksichtigt werden. Für weite-
re 15 Personen lagen Corporal A-Daten vor,
die nicht genutzt werden konnten, da die
Daten nicht direkt mit den Daten des Cor-
poral Plus vergleichbar sind. Das durch-
schnittliche Alter in dieser Stichprobe betrug
ca. 47 Jahre (SD = 5.43). Für fünf Personen
lagen für den Messzeitpunkt T2 nur Daten
einer Kurzversion des Corporal Plus vor. Bei
dieser Kurzversion fehlen die beiden Skalen
Orientierung und Belastbarkeit. Die Analy-
sen dieser Skalen umfassen daher nur 187
Fälle zu T2.
Insgesamt zeigten 36 der 104 Personen
(34,6 %), die zu T1 mit dem Corporal A
getestet wurden, Verkehrsauffälligkeiten. 22
Personen aus dieser Substichprobe (21,2 %)
wiesen außerdem selbstverschuldete Ver-
kehrsauffälligkeiten auf. Bei den 192 Perso-
nen, die mit dem Corporal Plus zu T2 getes-
tet wurden, konnten den Akten für 42 Per-
sonen (21,9 %) Verkehrsauffälligkeiten und
für 26 Personen (13,5 %) selbstverschuldete
Verkehrsauffälligkeiten entnommen werden.
Ergebnisse
Zur Untersuchung der grundlegenden An-
nahme, dass die erzielten Werte im Corporal-
Test die Fahrbewährung vorhersagen sollten,
wurden die Korrelationen zwischen den
einzelnen Corporal-Skalen (als T-Werte),
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Konzentration T-Wert
Aufmerksamkeit T-Wert .57**
Orientierung T-Wert .65** .44**
Belastbarkeit T-Wert .65** .36** .75**
Reaktionsfähigkeit T-Wert .78** .72** .56** .48**
CorporalA T1 Gesamt .90** .77** .80** .77** .88**
Verkehrsauffälligkeiten -.15 -.13 -.19 -.21* -.16 -.20*
Selbstverschuldete
Verkehrsauffälligkeiten -.13 -.15 -.15 -.18 -.14 -.18 .92**
Anmerkung: n = 104. * p < .05. ** p < .01.
Tabelle 1: Korrelationen der Skalen des Corporal A und des Verkehrsverhaltens zu T1
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Konzentration T-Wert
Aufmerksamkeit T-Wert .26**
Orientierung T-Wert .16* .28**
Belastbarkeit T-Wert .34** .29** .13
Reaktionsfähigkeit T-Wert .38** .30** .33** .23**
Corporal Plus T2 Gesamt .66** .66** .63** .60** .67**
Verkehrsauffälligkeiten -.08 -.19** -.11 .02 -.04 -.16*
Selbstverschuldete
Verkehrsauffälligkeiten -.06 -.15* -.07 .04 -.03 -.12 .96**
Anmerkung: n = 192. Vermindertes n = 187 bei Orientierung und Belastbarkeit. * p < .05. ** p < .01.
Tabelle 2: Korrelationen der Skalen des Corporal Plus und des Verkehrsverhaltens zu T2
22-33_ZVS_01_2022.indd 27 11.01.22 16:40
FACHBEITRÄGE MIT PEER-REVIEW | Fahreignung
28 Zeitschrift für Verkehrssicherheit 1.2022
variable Dichotomisierte Fahrbewährungs-
daten vorhersagen kann. Ein Wert von .50
entspricht einer rein zufälligen Vorhersage,
ein Wert von 1 (oder -1) entspricht einer
perfekten Diskrimination oder Vorhersage
der beiden Gruppen.
Die AUCs für die Corporal A-Werte zu T1
bewegen sich in einem Bereich zwischen .53
und .60. Auch die AUC des Corporal A-
Gesamtwertes liegt mit .57 in diesem Be-
reich. Somit zeigte sich deskriptiv für alle
Werte ein Ergebnis in die theoretisch erwar-
tete Richtung. Zu jedem der AUCs wurde
zusätzlich der Standardfehler sowie das
Vertrauensintervall von 95 % betrachtet.
Dieses schloss für alle Corporal A-Werte den
Wert von .50 ein, weshalb die Diskriminie-
rungsleistung keiner der Prädiktoren statis-
tische Signifikanz erreichte. Somit ermögli-
chen die Werte des Corporal A keine Vor-
hersage der Fahrbewährung, gemessen an
Verkehrsauffälligkeiten und selbstverschul-
deten Verkehrsauffälligkeiten, die sich vom
Zufall unterscheidet. Die AUCs für die Cor-
poral-Plus-Werte zu T2 zeigen ein ähnliches
Muster, fallen mit Werten im Bereich zwi-
schen .43 und .59 insgesamt aber noch
schwächer aus als für den Corporal A zu T1.
Im Gegensatz zu den vorigen Analysen
fielen die Vorhersagen deskriptiv dabei so-
gar teilweise entgegen der theoretisch er-
warteten Richtung aus. Wie bei den Analy-
sen der Ergebnisse von T1 unterscheidet sich
von α = .65 wider, der deutlich niedriger
ausfällt als der Wert von α = .82 für den
Corporal A zu T1.
Auch die Zusammenhänge der Corporal-
Plus-Werte zu den Fahrbewährungsdaten
fielen zu T2 schwächer aus als für den
Corporal A zu T1. Signifikante Korrelationen
ergaben sich lediglich zwischen der Skala
Aufmerksamkeit und der Gesamtzahl aller
Verkehrsauffälligkeiten (r = -.19). Aber auch
der aggregierte Corporal-Plus-Gesamtwert
korrelierte signifikant negativ mit der Ge-
samtzahl der Verkehrsauffälligkeiten (r =
-.16). Die selbstverschuldeten Verkehrsauf-
fälligkeiten korrelierten ebenfalls signifikant
negativ mit der Aufmerksamkeits-Skala (r =
-.15). Die Bedeutung dieser Befunde für die
Einzelfalldiagnostik der Fahreignung und
die gebräuchlichen Grenzwerte werden in
späteren Abschnitten diskutiert.
Diskrimination von Fahrerinnen und
Fahrern mit und ohne Unfall
Um die Diskriminationsgüte des Corporal
von Fahrerinnen und Fahrern mit und ohne
(selbstverschuldeten) Verkehrsauffälligkeiten
zu analysieren, wurden ROC-Analysen (Re-
ceiver Operating Characteristic) berechnet.
Die daraus resultierenden areas under the
curve (AUC) zeigen an, inwieweit die Prä-
diktorvariable Corporal-Werte die Gruppen-
keine der AUCs signifikant von einer zufäl-
ligen Vorhersage der Fahrbewährung.
Um zu überprüfen, ob eine simultane mul-
tivariate Analyse aller fünf Subskalen des
Corporal die Vorhersage von Verkehrsauf-
fälligkeiten verbessert, wurden die Verkehrs-
auffälligkeiten und die selbstverschuldeten
Verkehrsauffälligkeiten auf die T-Werte der
fünf Skalen sowohl des Corporal A zu T1 als
auch des Corporal Plus zu T2 regrediert. Alle
vier Modelle verfehlten jedoch deutlich die
statistische Signifikanz und keine der Sub-
skalen zeigte ein signifikantes Regressions-
gewicht (Corporal A (T1) & selbstverschul-
dete Verkehrsauffälligkeiten: F(5, 35) =
0.392, p = .851; Corporal A (T1) & Verkehrs-
auffälligkeiten: F(5, 35) = 0.887, p = .50;
Corporal Plus (T2) & selbstverschuldete
Verkehrsauffälligkeiten: F(5, 75) = 0.694,
p = .629; Corporal Plus (T2) & Verkehrsauf-
fälligkeiten: F(5, 75) = 0.881, p = .498).
Empirische Bewährung der kritischen
Werte der Fahreignung
Für die zweite Forschungsfrage wurde un-
tersucht, ob eine Absenkung des kritischen
Wertes von PR 33 auf den PR 16 für den
Corporal-Test mit einer Erhöhung der akten-
kundigen (selbstverschuldeten) Verkehrsauf-
fälligkeiten einhergehen würde. Erste Rück-
schlüsse zu dieser Frage können bereits aus
den berichteten Korrelationen und ROC-
Analysen gezogen werden. Zu einer detail-
lierten Untersuchung der Forschungsfrage
wurde die Prognose der selbstverschuldeten
Verkehrsauffälligkeiten auf der Basis der
Corporal-Testwerte herangezogen. Für diese
Analysen wurde zunächst eine Regression
der Anzahl der selbstverschuldeten Ver-
kehrsauffälligkeiten auf den Prädiktor Cor-
poral A-Gesamtwert zu T1 berechnet. Die
Regressionsgerade wurde daraufhin grafisch
betrachtet und analysiert. Zur Orientierung
wurden zwei vertikale Linien senkrecht zur
x-Achse in die Regressionsgrafiken einge-
fügt, die die beiden kritischen Corporal-
Werte von PR 16 (T-Wert 40) und PR 33
(T-Wert 46) repräsentieren (siehe als Beispiel
Bild 2). Auf der x-Achse wurde jeweils der
über alle Subskalen gemittelte Corporal A-
bzw. in späteren Analysen der Corporal-
Plus-Wert abgebildet. Ein Punkt, der links
der Orientierungslinie (PR 33) bei T = 46
liegt, ist jedoch, aufgrund der Mittelung der
Subskalen, nicht automatisch mit einem
nicht den Anforderungen entsprechenden
Test gleichzusetzen. Gleichwohl zeigte sich
Bild 2: Zusammenhang zwischen Corporal-Plus-Werten zu T2 und selbstverschuldeten
Verkehrsauälligkeiten. Anmerkung: n = 192
22-33_ZVS_01_2022.indd 28 11.01.22 16:40
29
Zeitschrift für Verkehrssicherheit 1.2022
Fahreignung | FACHBEITRÄGE MIT PEER-REVIEW
für die zuvor beschriebene Analyse, dass alle
nach der Eignungsuntersuchung zu T1 ein-
gestellten Busfahrerinnen und Busfahrer
mindestens einen PR von 33 im Corporal
A-Gesamtwert erreicht haben.
Die große Mehrheit der untersuchten Perso-
nen wies keine selbstverschuldeten Ver-
kehrsauffälligkeiten auf. Bei Betrachtung der
Regressionsgeraden wurde eine leichte Ten-
denz erkennbar, dass niedrigere Corporal-
Gesamtwerte mit einer erhöhten Anzahl an
selbstverschuldeten Verkehrsauffälligkeiten
einhergingen. Diese leicht negative Steigung
entspricht den schwach negativen Korrela-
tionen zwischen Corporal A-Werten und der
Anzahl an selbstverschuldeten Verkehrsauf-
fälligkeiten. Mithilfe der Orientierungslinien
und der Regressionsgeraden lässt sich erken-
nen, dass selbst eine Unterschreitung des
T-Werts 40 (PR 16) nur eine geringfügige
Änderung der Anzahl der erwarteten selbst-
verschuldeten Verkehrsauffälligkeiten nach
sich zöge. Wenn man die Corporal A-Test-
werte der Probandinnen und Probanden mit
selbstverschuldeten Verkehrsauffälligkeiten
betrachtet, zeigt sich eine leichte Tendenz,
dass viele dieser Verkehrsauffälligkeiten eher
von Personen mit niedrigeren Corporal A-
Testwerten verursacht wurden. Die zugehö-
rigen T-Werte bewegen sich aber im Bereich
der Werte von 46 bis 71 und nicht etwa
gehäuft um oder gar unter dem kritischen
Wert von 46.
Zusätzlich wurde in einem zweiten Schritt
die Anzahl der selbstverschuldeten Auffäl-
ligkeiten auf der y-Achse bei 2 trunkiert,
sodass dieser Wert die Anzahl größer bzw.
gleich zwei repräsentiert. Diese Trunkierung
bewirkt, dass die Regressionsgerade nicht
allein durch wenige Ausreißer, die besonders
viele selbstverschuldete Verkehrsauffällig-
keiten vorweisen, stark beeinflusst wird.
Insgesamt ließ die resultierende Abbildung
der Daten identische Schlussfolgerungen wie
die vorige Analyse zu. Die Regressionsgera-
de wies nun jedoch eine etwas geringere
Steigung auf, was den Effekt einer Absen-
kung der kritischen Corporal-Werte auf die
zu erwartenden selbstverschuldeten Ver-
kehrsauffälligkeiten zusätzlich verringert.
Nutzt man die Regressionsgerade zu einer
Schätzung der zu erwartenden Anzahl von
Verkehrsauffälligkeiten, liegt der Schätzwert
auch bei einem PR von 16 deutlich unter
0,5.
Eine identische grafische Analyse wurde
auch für die Corporal-Plus-Werte der Nach-
untersuchungen zu T2 erstellt. Bild 2 zeigt
die zugehörige Regressionsgerade mit den
selbstverschuldeten Verkehrsauffälligkeiten.
Diese Analyse ist für die Fragestellung von
besonderem Interesse, da es hier, im Gegen-
satz zum Zeitpunkt T1, einige Busfahrerin-
nen und Busfahrer gab, die die Anforderun-
gen des Corporal Plus nicht erfüllten, da sie
entweder auf mindestens einer Skala einen
Wert von weniger als PR 16 oder auf mehr
als zwei Skalen einen Wert unter PR 33 er-
zielten. Solche Fälle sind in Bild 2 als rote
Punkte gekennzeichnet. Durch die Verwen-
dung des Corporal-Gesamtwerts, der über
alle Skalen gemittelt wurde, liegen einige
der Punkte für nicht den Anforderungen
entsprechende Tests jedoch über dem kriti-
schen PR 33.
Insbesondere nicht den Anforderungen
entsprechende Corporal-Tests geben Aus-
kunft zu der Frage, ob betroffene Personen
mehr selbstverschuldete Verkehrsauffällig-
keiten aufweisen. In Bild 2 wird ersichtlich,
dass die Mehrzahl dieser Personen keine
derartigen Einträge in ihrer Akte aufwies.
Lediglich fünf Fahrerinnen oder Fahrer mit
einem nicht den Anforderungen entspre-
chenden Corporal-Plus-Test zeigten über-
haupt selbstverschuldete Verkehrsauffällig-
keiten. Insgesamt 14 Fahrerinnen oder
Fahrer wiesen trotz nicht erfüllter Anforde-
rungen im Corporal-Plus-Test keine selbst-
verschuldeten Verkehrsauffälligkeiten auf
(Tabelle 3). Andererseits wiesen 21 Fahrerin-
nen oder Fahrer, die den Corporal-Test den
Anforderungen entsprechend absolviert
hatten, mindestens einen selbstverschulde-
ten Verkehrsverstoß auf. Zur Prüfung des
Zusammenhangs zwischen der Erfüllung der
Anforderungen des Tests und dem Vorliegen
von selbstverschuldeten Verkehrsauffällig-
keiten wurde ein Chi²-Test berechnet. Dieser
zeigte keine statistisch signifikante Abhän-
gigkeit zwischen der Erfüllung der Anforde-
rungen im Corporal Plus und der Anzahl
selbstverschuldeter Verkehrsauffälligkeiten
(χ²(1) = 2.94, p = .147). In der grafischen
Analyse der entsprechenden Regressionsge-
rade in Bild 2 wurde eine leicht negative
Steigung ersichtlich. Insgesamt zeigte sich
jedoch auch hier kein nennenswerter Unter-
schied in der prognostizierten Anzahl an
selbstverschuldeten Verkehrsauffälligkeiten
bei nicht den Anforderungen entsprechen-
den Corporal-Tests. Identisches gilt auch für
die grafische Analyse mit den trunkierten
selbstverschuldeten Verkehrsauffälligkeiten.
Um die Folgen einer möglichen Änderung
des aktuellen Kriteriums für ein Bestehen
des Corporal-Tests abschätzen zu können,
wurden in einem letzten Schritt die Regres-
sionen und Häufigkeiten nochmals berech-
net. Dieses Mal wurde das Kriterium so ge-
ändert, dass es für das Erfüllen der Mindest-
testanforderungen ausreichte, auf allen
Skalen einen Wert von mindestens PR 16 zu
erzielen. Dieses Kriterium entspricht dem
aktuell gebräuchlichen Kriterium für die
allgemeine Kraftfahreignung (Gruppe 1). Ein
Anforderungen Corporal Plus
Gesamt
erfüllt nicht erfüllt
Selbstverschuldete
Verkehrsauffällig-
keiten
Nein 152 14 166
Ja 21 526
Gesamt 173 19 192
Tabelle 3: Häufigkeiten für die Erfüllung der Anforderungen im Corporal-Plus-Test (T2) und
selbstverschuldete Verkehrsauälligkeiten
Anforderungen Corporal Plus
Gesamt
erfüllt nicht erfüllt
Selbstverschuldete
Verkehrsauffällig-
keiten
Nein 153 13 166
Ja 22 426
Gesamt 175 17 192
Tabelle 4: Häufigkeiten für die Erfüllung der Anforderungen im Corporal-Plus-Test (T2) mit geänderten
Grenzwerten und selbstverschuldeten Verkehrsauälligkeiten
22-33_ZVS_01_2022.indd 29 11.01.22 16:40
FACHBEITRÄGE MIT PEER-REVIEW | Fahreignung
30 Zeitschrift für Verkehrssicherheit 1.2022
Chi²-Test zeigte erneut keine statistisch be-
deutsame Abhängigkeit zwischen den bei-
den Variablen Selbstverschuldete Verkehrs-
auffälligkeiten und Erfüllung der Anforde-
rungen des Corporal-Plus-Tests (χ²(1) = 1.28,
p = .276). Die absoluten Häufigkeiten sind
in Tabelle 4 zu finden. Insgesamt veränder-
te sich nur für zwei Personen auf Grundlage
des neuen Kriteriums die Zuordnung zu
Anforderung erfüllt, und nur eine weitere
Person mit nicht erfülltem Kriterium wies
einen selbstverschuldeten Verkehrsverstoß
auf. In der hier betrachteten Stichprobe er-
gab sich folglich keine Veränderung der
Vorhersagekraft des Testverfahrens für
selbstverschuldete Verkehrsauffälligkeiten
durch die Änderung der Mindestanforderun-
gen. Da allerdings lediglich zwei Personen
von dieser Änderung direkt betroffen waren,
lässt sich dieser Befund nicht generalisieren.
Diskussion
Die Intention der vorliegenden Studie war
es, die in der FeV und den BGL festgeschrie-
benen erhöhten Anforderungen an die
psychische Leistungsfähigkeit von Bewerbe-
rinnen und Bewerbern sowie Inhaberinnen
und Inhabern von Fahrerlaubnissen der
Klassen D, D1, der zugehörigen Anhänger-
klassen E sowie der Fahrerlaubnis zur Fahr-
gastbeförderung empirisch zu überprüfen.
Zu diesem Zweck wurde ermittelt, inwieweit
sich die tatsächliche Fahrbewährung, ge-
messen an Verkehrsauffälligkeiten und
selbstverschuldeten Verkehrsauffälligkeiten,
durch die Ergebnisse des Corporal-Tests
vorhersagen lassen. Korrelationen, ROC-
Analysen und die grafische Analyse der
Regressionsgeraden zeigten insgesamt deut-
lich, dass lediglich ein geringer Zusammen-
hang zwischen Ergebnissen des Corporal-
Tests – und somit den Mindestanforderun-
gen – und den hier untersuchten Fahrbe-
währungsparametern besteht.
Die hohen Interkorrelationen zwischen den
verschiedenen Subskalen der Corporal-Tests
deuten darauf hin, dass diese Subskalen eine
große konzeptuelle Überschneidung aufwei-
sen. Diese konzeptuellen Überschneidungen
lassen die hier verwendete Berechnung des
gemittelten Corporal-Gesamtwertes oder
Generalfaktors für die Untersuchung skalen-
übergreifender Zusammenhänge sinnvoll
erscheinen. Es ergaben sich außerdem ver-
einzelt substanzielle negative Korrelationen
zwischen einzelnen Dimensionen des Cor-
poral-Tests und Verkehrsauffälligkeiten oder
selbstverschuldeten Verkehrsauffälligkeiten.
Diese beobachteten Korrelationen belegen
zwar die grundsätzliche Kriteriumsvalidität
des Corporal Plus mit einem „harten“ und
objektiven Maß des Verkehrsverhaltens,
doch überschritten die jeweiligen Koeffizi-
enten in keinem Fall den Wert von (-).21.
Diese Effektstärke wird konventionell als ein
schwacher Effekt bewertet, der jedoch ein
wichtiges, objektiv erfasstes Kriteriumsver-
halten im Verkehr mit einer geringen Basis-
rate betrifft und daher als Validitätsbeleg des
Corporal durchaus bedeutsam ist. ROC-
Analysen und die grafische Regressionsana-
lyse zeigten außerdem, dass sich auf Grund-
lage der hier analysierten Daten insgesamt
keine starken empirischen Belege für den in
den BGL festgelegten kritischen Grenzwert
von PR 33 für eine Tätigkeit als Berufskraft-
fahrerin oder -fahrer in der Personenbeför-
derung finden.
Darüber hinaus wurden die Regressionen
genutzt, um eine vorsichtige Abschätzung
der Konsequenzen einer Absenkung der
kritischen Mindestanforderung zu ermögli-
chen. Dabei zeigte sich, dass selbst eine recht
drastische Änderung dieses kritischen
Grenzwertes auf den PR 16 aufgrund der
vorliegenden Ergebnisse praktisch keine
negativen Auswirkungen auf die Verkehrs-
sicherheit erwarten ließe. Die relativ weni-
gen selbstverschuldeten Verkehrsauffällig-
keiten in dieser Stichprobe wurden von
Fahrerinnen oder Fahrern mit gemittelten
Testwerten in einem weiten Wertebereich
von T-Wert 40 bis 71 (PR 16 bis 98) verur-
sacht. Aufgrund der hier gefundenen Zu-
sammenhänge zwischen Corporal-Testwer-
ten und der Bewährung im Verkehr lässt sich
prognostizieren, dass eine Änderung der
bisherigen Vorgaben, z. B. auf den kritischen
Wert PR 16, keine bedeutsame Erhöhung der
selbstverschuldeten Verkehrsauffälligkeiten
nach sich ziehen würde.
Angemessenheit der
aktuellen Grenzwerte
Die gefundenen Ergebnisse lassen Zweifel
an der Angemessenheit der bisher geltenden
Grenzwerte der FeV aufkommen. Betrachtet
man die Entstehungsgeschichte hinter den
Mindestanforderungen für die Fahrgastbe-
förderung, fällt auf, dass der Grenzwert von
PR 33 allein aus theoretischen Überlegungen
und Erfahrungswerten durch Verkehrsexper-
tinnen und -experten abgeleitet wurde (zi-
tiert nach Ruckriegel, Schubert et al. 2021).
Solche theoretischen Überlegungen und
Erfahrungswerte lassen allerdings immer
den Raum für Irrtümer offen. So zeigt die
Datenlage in dieser Studie auf, dass der
Grenzwert von PR 33 empirisch nicht bestä-
tigt wird. Fahrerinnen oder Fahrer, die die
Anforderungen in einer Nachuntersuchung
mit dem Corporal-Test nicht erfüllen konn-
ten, wiesen nicht häufiger selbstverschulde-
te Verkehrsauffälligkeiten auf als solche, die
die erhöhten Anforderungen erfüllten. Da
die Prüfung der psychischen Leistungsfähig-
keit im Rahmen einer Fahreignungsunter-
suchung dazu dienen soll, zukünftige, durch
die jeweilige Person verschuldete, Verkehrs-
gefährdungen zu vermeiden (BASt 2019),
scheint der PR 33 unbrauchbar für die
Feststellung der Fahreignung zu sein. Dafür
spricht auch, dass eine recht drastische Än-
derung des Grenzwertes auf PR 16 in der
vorliegenden Stichprobe kaum eine Ände-
rung der Ergebnisse nach sich zog.
Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen,
dass die schwache Vorhersageleistung auf
Basis der Mindestanforderungen auch dar-
auf zurückzuführen ist, dass Fahreignung
ein multidimensionales Konstrukt ist, in
welchem neben den hier untersuchten Leis-
tungsparametern auch Persönlichkeitseigen-
schaften, körperliche Funktionen und ver-
kehrsrelevante Einstellungsmuster eine
wichtige Rolle spielen. Es kann davon aus-
gegangen werden, dass eine Hinzunahme
von beispielsweise Einstellungs- und Per-
sönlichkeitsparametern zu einer erheblichen
Steigerung der prognostischen Validität der
spezifischen Vorhersage von selbstverschul-
deten Unfällen und der Berufseignung im
Allgemeinen führen würde. Nichtsdestotrotz
lässt sich die prognostische Qualität der
beiden Corporal-Testverfahren auf Grund-
lage der geltenden Mindestanforderungen
verbessern. Es wird nicht nur angeregt, eine
mögliche Änderung des Grenzwertes in
Betracht zu ziehen, sondern auch eine Ad-
aptierung der für die psychische Leistungs-
fähigkeit in der FeV Anlage 5.2 zu überprü-
fenden Fähigkeiten, wie eben vorgeschla-
gen, vorzunehmen.
Neben der Diskussion über die Angemessen-
heit des aktuellen Grenzwertes stellt sich
darüber hinaus die Frage, ob die Form, in
der dieser formuliert ist, angebracht ist.
Durch die Festsetzung eines PR als Beurtei-
lungskriterium wird die Beurteilung der
Fahreignung normorientiert vorgenommen.
Das heißt, es wird lediglich das relative
Abschneiden im Vergleich zu anderen Per-
sonen betrachtet. Für den Straßenverkehr ist
22-33_ZVS_01_2022.indd 30 11.01.22 16:40
31
Zeitschrift für Verkehrssicherheit 1.2022
Fahreignung | FACHBEITRÄGE MIT PEER-REVIEW
es aber durchaus fragwürdig, ob dieser
Ansatz wirklich sinnvoll ist. Zur Vermei-
dung von Verkehrsgefährdungen scheint es
nicht unbedingt bedeutsam zu sein, dass
eine Person, relativ gesehen, eine bessere
psychische Leistungsfähigkeit als 33 Prozent
der restlichen Bevölkerung aufweist. Viel-
mehr sollte es entscheidend sein, dass die
psychische Leistungsfähigkeit ein spezifi-
sches Leistungsniveau erreicht, das zur si-
cheren Fahrzeugführung unerlässlich ist. So
erscheint es denkbar, dass eine Person rela-
tiv zu anderen Personen ein schwächeres
Ergebnis, beispielsweise im Bereich Orien-
tierung, erzielt, die Orientierungsfähigkeit
aber dennoch ausreichend ist, um ein siche-
res Führen eines Fahrzeugs, auch in der
Fahrgastbeförderung, zu gewährleisten.
Anders ausgedrückt erscheint es sinnvoll
und wünschenswert, dass die aktuelle Nor-
morientierung der Beurteilung durch eine
kriteriumsorientierte Beurteilung abgelöst
werden sollte. Eine solche kriteriumsorien-
tierte Beurteilung würde anhand einer Min-
destanforderung erfolgen, die als niedrigste
Ausprägung einer Fähigkeit verstanden
werden kann, mit der eine definierte Wahr-
scheinlichkeit für Verkehrsgefährdungen
nicht überschritten wird. Eine ausführliche-
re kritische Auseinandersetzung mit den
vorgegebenen PR findet sich auch bei
Schmidt-Atzert, Strohbeck-Kühner et al.
(2018).
Eine solche Kriteriumsorientierung wäre
auch keine gänzlich neue Idee im Kontext
des Straßenverkehrs. Für die Thematik Al-
kohol gibt es bereits seit Längerem auf
empirischen Erkenntnissen beruhende For-
derungen nach einer Anpassung der gesetz-
lichen Vorgaben zur Blutalkoholkonzentra-
tion (BAK) als Indikation zur Fahreignungs-
begutachtung nach problematischem Alko-
holkonsum. So konnten beispielsweise
Reimann, Schubert et al. (2014) in ihrem
Literaturreview zeigen, dass schon bei einer
BAK von maximal 1,1 nahezu sämtliche
(97 % aller Ausfallerscheinungen im psy-
chofunktionalen Bereich, Aufmerksamkeit,
Motorik, Wahrnehmung etc.) untersuchten
alkoholinduzierten Defizite auftraten. Die
gesetzliche Regelung, nach der ein medizi-
nisch-psychologisches Gutachten erst ab 1,6
Promille jedenfalls zu erbringen ist (FeV;
darunter nur mit zusätzlichen Hinweisen auf
Alkoholmissbrauch), wird u. a. auf Grund-
lage dieser Erkenntnis stark kritisiert. Empi-
risch basieren solche Untersuchungen auf
Risikofunktionen, in denen beispielsweise
das empirische Unfallrisiko in Abhängigkeit
von der BAK abgetragen wird. Anhand einer
solchen Funktion kann ein Grenzwert be-
stimmt werden, ab dem das Unfallrisiko
einen deutlichen Anstieg nimmt (Vollrath,
Krüger 2002). Dass ein solcher Ansatz nicht
für fahreignungsrelevante Leistungsmerk-
male, wie die psychische Leistungsfähigkeit,
aufgegriffen wird und stattdessen an einer
Normorientierung festgehalten wird, er-
scheint kaum sinnvoll.
Im März 2021 hat das Bundesverwaltungs-
gericht (BVerwG 2021, AZ: 3 C 3.20) ent-
schieden, dass alkoholisierte Autofahrer
schon ab 1,1 Promille zu einer Fahreig-
nungsbegutachtung aufgefordert werden
können, auch wenn sie keine Ausfallerschei-
nungen zeigen. Es erscheint nicht nachvoll-
ziehbar, dass auch bei Vorliegen von krite-
rienorientierten Studien die gewonnenen
fachlichen Erkenntnisse in der Regel durch
das Bundesverkehrsministerium und die
Bundesländer zur Überarbeitung der gesetz-
lichen Grundlagen nicht genutzt werden,
sondern in der Regel auf eine höchstrichter-
liche Entscheidung gewartet wird, die erst
dann zu einer Anpassung der rechtlichen
Grundlagen führt.
Ausgehend von den Überlegungen zu einer
Kriteriumsorientierung lässt sich wiederum
auch die Frage aufwerfen, wieso die Anfor-
derungen für die Fahrgastbeförderung höher
angesetzt werden sollten als für andere
Fahrerlaubnisklassen. Die Sicherheit des
Straßenverkehrs soll durch die Feststellung
der Fahreignung gewährleistet werden. Je-
doch nehmen die Fahrerinnen und Fahrer
von Fahrzeugen verschiedenster Klassen am
Straßenverkehr teil und tragen somit alle
gleichermaßen zur Verkehrssicherheit bei. Es
sollte also unabhängig von der Fahrzeug-
klasse von höchster Bedeutung sein, dass
keine Gefährdung zu erwarten ist. Nun
verhält es sich aber so, dass Kraftfahrerinnen
und -fahrer in der Fahrgastbeförderung
offensichtlich eine besondere Verantwor-
tung gegenüber ihren Fahrgästen haben
(FeV § 11 Abs. 1). Auf Basis dieser Argu-
mentation werden in der FeV auch die er-
höhten Anforderungen an die psychische
Leistungsfähigkeit begründet.
Stärken und Limitationen
Die in dieser Studie verwendete Stichprobe
bestand aus Busfahrerinnen und Busfahrern,
die für einen großen deutschen Verkehrsbe-
trieb arbeiten. Um ihrem Beruf nachgehen
zu können, mussten sich alle untersuchten
Personen einem Corporal-Test unterziehen,
mit dem ihre Fahreignung festgestellt wurde.
Insgesamt konnte so eine recht große Stich-
probe erhoben werden, die in der täglichen
Arbeit mit den Herausforderungen des
Straßenverkehrs konfrontiert ist. Einschrän-
kend muss berücksichtigt werden, dass für
einige Fahrerinnen und Fahrer lediglich
Daten des Corporal A und für andere ledig-
lich Daten des Corporal Plus zur Verfügung
standen. Da die Ergebnisse der beiden Test-
verfahren nicht ohne Weiteres ineinander
überführbar und miteinander vergleichbar
sind, musste die Gesamtstichprobe so noch-
mals unterteilt werden. Aus dieser Teilung
resultierten Substichproben, die jeweils eine
eher kleine Anzahl an Fahrerinnen und
Fahrern enthielten. Dieser Umstand stellt
eine Limitation für die Aussagekraft der hier
gefundenen Studienergebnisse dar. Dennoch
können die vorliegenden Beobachtungen als
ein Ausgangspunkt für weitere Folgeunter-
suchungen dienen und somit einen weiteren
Erkenntnisgewinn vorantreiben.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass es sich
zu T2 nicht um eine Stichprobe aus Bewer-
berinnen und Bewerbern handelt. Alle in
dieser Stichprobe enthaltenen Personen
haben dementsprechend bereits zu einem
vorigen Zeitpunkt nachgewiesen, dass sie
die Anforderungen erfüllen konnten. Selbst
wenn die Anforderungen zu T2 nicht mehr
erfüllt wurden, könnte sich die zuvor erwor-
bene Berufserfahrung positiv auf die Fahr-
bewährung auswirken. Eine Generalisierung
auf Personen, die keine vorigen Erfahrungen
vorweisen können, sollte auf Grundlage der
T2-Stichprobe also nur mit Vorsicht vorge-
nommen werden.
Für die beiden Parameter der Fahrbewäh-
rung musste sich außerdem vollständig auf
die Genauigkeit und Vollständigkeit der
Fahrer- und Gesundheitsakten der Verkehrs-
betriebe verlassen werden. Verstöße oder
Auffälligkeiten, die dem Arbeitgeber nicht
bekannt geworden sind, konnten somit auch
in dieser Studie nicht berücksichtigt werden.
Die Dunkelziffer an weiteren Verkehrsauf-
fälligkeiten liegt mutmaßlich jedoch nicht
besonders hoch, da Busfahrerinnen und
Busfahrer der ständigen Beobachtung durch
Fahrgäste ausgesetzt sind, die sich für Be-
schwerden an den Verkehrsbetrieb wenden
können. Darüber hinaus sind potenziell
durch Unfälle entstandene Schäden an den
Fahrzeugen auf den Betriebshöfen offen
ersichtlich, wodurch eine Verschleierung
eines Unfalls sehr unwahrscheinlich er-
22-33_ZVS_01_2022.indd 31 11.01.22 16:40
FACHBEITRÄGE MIT PEER-REVIEW | Fahreignung
32 Zeitschrift für Verkehrssicherheit 1.2022
scheint. Es besteht des Weiteren kein Anlass
zu der Vermutung, dass die Dunkelziffer für
(selbstverschuldete) Verkehrsauffälligkeiten
für Fahrerinnen und Fahrer mit niedrigen
Corporal-Ergebnissen oder nicht bestande-
nen Tests höher ausfällt als für Fahrerinnen
und Fahrer mit hohen Corporal-Werten.
Somit ist eine Verzerrung der Ergebnisse
durch eine unvollständige Erfassung der
Auffälligkeiten in den Akten nicht zu erwar-
ten.
Eine Stärke der Studie stellen die Fälle dar,
in denen Busfahrerinnen oder Busfahrer bei
einer Nachuntersuchung die Anforderungen
des Corporal-Tests nicht erfüllt haben. Somit
konnten diese Personen ihre Fahreignung
gemäß der FeV nicht nachweisen. Bei einer
empirischen Gültigkeit des festgelegten
Grenzwertes von PR 33 wäre bei diesen
Fahrerinnen und Fahrern mit einer erhöhten
Anzahl an Verkehrsauffälligkeiten und/oder
selbstverschuldeten Verkehrsauffälligkeiten
zu rechnen. Dies traf für die besagten Fälle
allerdings nicht zu, da sich keine Unterschie-
de in der Häufigkeit von (selbstverschulde-
ten) Auffälligkeiten gegenüber den anderen
Fahrerinnen und Fahrern ergaben. Somit
kann durch die besagten Fälle direkt exem-
plarisch belegt werden, dass der bisherige
Grenzwert offenbar nicht zweckmäßig ist,
um ungeeignete Fahrerinnen oder Fahrer zu
identifizieren.
Für weitere Untersuchungen wäre es dem-
nach insbesondere interessant, die Fahrbe-
währungsparameter weiterer Personen, die
die derzeitigen Mindestanforderungen im
Corporal-Test nicht erfüllen, zu beobachten.
Für eine solche Folgeuntersuchung sollte
auch eine insgesamt größere Stichprobe an
Busfahrerinnen und Busfahrern herangezo-
gen werden, durch die die hier gefundenen
Ergebnisse weiter untermauert werden
könnten. Ein solches groß angelegtes For-
schungsprojekt erscheint notwendig, damit
die in der FeV festgesetzten Fahreignungs-
kriterien auf einer breiten empirischen
Grundlage angepasst werden können. Nur
so kann sichergestellt werden, dass keine
ungerechtfertigte Ausgrenzung von Perso-
nen stattfindet, die eine Fahrerlaubnis im
Bereich der Fahrgastbeförderung erwerben
wollen.
Fazit
In der vorliegenden Studie wurde die Min-
destanforderung an die psychische Leis-
Verfasser
Finn Rathgeber
finn.rathgeber@uni-bonn.de
Finn Rathgeber ist wissen-
schaftliche Hilfskraft der
Abteilung Sozial- und
Rechtspsychologie an der
Universität Bonn und freier
Mitarbeiter des Bonner In-
stituts für Rechts- und
Verkehrspsychologie (BIR-
Vp). Im verkehrspsycholo-
gischen Bereich beschäftigt
er sich mit rechtlichen Fahr-
eignungskriterien und deren Auswirkungen auf die
Verkehrssicherheit.
Anschrift
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Institut für Psychologie
Kaiser-Karl-Ring 9
53111 Bonn
Prof. Dr. Wolfgang Schubert
schubert@birvp.de
Prof. Dr. Wolfgang Schubert
ist Fachpsychologe der Me-
dizin, Psychologischer Psy-
chotherapeut, Fachpsycho-
loge Verkehrspsychologie
(BdP) und Mitglied des
Vorstands des Bonner Insti-
tuts für Rechts- und Ver-
kehrspsychologie e. V. (BIR-
Vp). Seine Tätigkeitsschwer-
punkte sind die Entwicklung von Leitlinien für die
Begutachtung der Kraftfahreignung, ältere Kraft-
fahrzeugführer, verkehrspsychologische Testsyste-
me, Aus- und Fortbildung von ärztlichen und
psychologischen Gutachtern/Sachverständigen,
Themen der Qualitätssicherung in der Begutach-
tung sowie der Rehabilitation verhaltensauffälliger
Kraftfahrer. Darüber hinaus ist er in der Forschung
im automotiven Bereich tätig.
Anschrift
Bonner Institut für Rechts- und
Verkehrspsychologie e. V.
Siegfriedstrasse 28
53179 Bonn
Dr. Bettina Schützhofer
b.schuetzhofer@sicherunterwegs.at
Dr. Bettina Schützhofer, seit
1999 im Bereich der Ver-
kehrspsychologie tätig, seit
2006 Geschäftsführerin der
sicher unterwegs – Ver-
kehrspsychologische Unter-
suchungen GmbH, Lehrbe-
auftragte an der Universität
Graz sowie der FH Joanne-
um, allgemein beeidete und
gerichtlich zertifizierte Sachverständige für Ver-
kehrspsychologie
Anschrift
sicher unterwegs – Verkehrspsychologische
Untersuchungen GmbH
Schottenfeldgasse 28/8
A-1070 Wien
Dr. med. Manuela Huetten
manuela.huetten@bvg.de
Dr. med. Manuela Huetten
Fachärztin für Arbeitsmedi-
zin, Verkehrsmedizin und
Umweltmedizin, seit 1990 in
der Verkehrsmedizin tätig,
zunächst in Düsseldorf bei
der Rheinbahn und seit
2009 Leitende Betriebsärz-
tin der Berliner Verkehrsbe-
triebe AöR, Mitglied im Er-
weiterten Vorstand der DGVM, im Vorstandaus-
schuss Verkehrsmedizin im DVR, im UIMC für den
VDV, im AfAMed des BMAS, Leitung des Unteraus-
schuss Verkehrsmedizin (UAVM) im VDV von 2004
bis 2020, fachliche Leitung für das Currriculum
Verkehrsmedizin bei der ÄK Berlin.
Anschrift
Berliner Verkehrsbetriebe (BVG)
Anstalt des öffentlichen Rechts
Holzmarktstraße 15-17
10179 Berlin
www.bvg.de
Prof. Dr. Rainer Banse
rbanse@uni-bonn.de
Prof. Dr. Rainer Banse
ist seit 2007 Professor
für Sozial- und
Rechtspsychologie an
der Rheinischen
Friedrich-Wilhelms
Universität Bonn. Sein
Hauptforschungsinte-
resse liegt bei der
Entwicklung und Validierung indirekter Messverfah-
ren in der Sozial- und Rechtspsychologie. Seit 2002
hat er mit verschiedenen Kooperationspartnern
zahlreiche verkehrspsychologische Forschungs- und
Evaluationsprojekte durchgeführt.
Anschrift
Universität Bonn
Institut für Psychologie
Kaiser-Karl-Ring 9
53111 Bonn
und
Bonner Institut für
Rechts- und Verkehrspsychologie
Siegfriedstraße 28
53179 Bonn
22-33_ZVS_01_2022.indd 32 11.01.22 16:40
33
Zeitschrift für Verkehrssicherheit 1.2022
Fahreignung | FACHBEITRÄGE MIT PEER-REVIEW
Journal of the American Geriatrics Society, 60(1), 99–
105
Baldock, M. R. J.; Mathias, J.; McLean, J.; Berndt, A.
(2007): Visual Attention as a Predictor of On-Road
Driving Performance of Older Drivers. Australian Journal
of Psychology, 59(3), 159–168
Berg, M. (2013): Psychometrisches Testsystem Corporal
A. Testmanual Teil 2. Olching
Berg, M.; Nädtke, J. (2015): Psychometrisches Testsystem
Corporal Plus. Testsystem zur Erfassung kognitiver
Funktionen im bildlich-räumlichen Bereich. Manual.
Olching
Berg, M.; Reimann, C.; Schubert, W. (2014): Validierung
leistungspsychologischer Testverfahren unter Aspekten
der Verkehrssicherheit. Zeitschrift für Verkehrssicherheit,
60(3), 150–157. Kirschbaum Verlag, Bonn
Bundesanstalt für Straßenwesen (Hrsg.) (2019): Begut-
achtungsleitlinien zur Kraftfahreignung. Bergisch Glad-
bach: Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen
Bundesanstalt für Straßenwesen (2020): Geeignete
Testverfahren und -geräte im Rahmen der Fahreignungs-
begutachtung oder einer Eignungsuntersuchung nach §
11 Abs. 9 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). https://
www.bast.de/BASt_2017/DE/Verkehrssicherheit/Quali-
taetsbewertung/Anerkennung/u3-anerkennung/geeig-
nete-Verfahren.html?nn=1816480
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG): AZ: 3 C 3.20 Urteil
vom 17.3.2021
Fahrerlaubnis-Verordnung. http://www.gesetze-im-in-
ternet.de/fev_2010/
Glaser, D. (2018): Kompensation von Eignungsmängeln.
In: W. Schubert, M. Huetten, C. Reimann & M. Graw
(Hrsg.), Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung.
Kommentar. (3. Aufl.). Kirschbaum Verlag, Bonn
Kranich, U. (2018): Psychologische Fahrverhaltensbe-
obachtung. In: W. Schubert, M. Huetten, C. Reimann &
M. Graw (Hrsg.), Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahr-
eignung. Kommentar. (3. Aufl.). Kirschbaum Verlag,
Bonn
McKnight, A. J.; McKnight, A. S. (1999): Multivariate
Analysis of Age-Related Driver Ability and Performance
Deficits. Accident Analysis & Prevention, 31(5), 445–454
Reimann, C.; Schubert, W.; Berg, M.; van der Meer, E.
(2014): Indication for the Assessment of Driver Fitness
after Problematic Alcohol Consumption. Sucht, 60(3),
139–147
tungsfähigkeit für Bewerberinnen und Be-
werber auf Fahrerlaubnisse der Klassen D,
D1, deren Anhängerklassen E und der
Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung
überprüft. Dabei zeigte sich, dass der fest-
gelegte Grenzwert von PR 33 einer ersten
empirischen Überprüfung nicht standhalten
konnte. Zwar konnte ein leicht negativer
Zusammenhang zwischen den im Corporal-
Test erzielten Ergebnissen und der tatsäch-
lichen Fahrbewährung festgestellt werden,
allerdings fiel dieser insgesamt gering aus.
Die Ergebnisse des Corporal-Tests ermög-
lichten auch keine hinreichende Differenzie-
rung zwischen Busfahrerinnen oder Busfah-
rern, die selbstverschuldete Verkehrsauffäl-
ligkeiten aufwiesen oder nicht. Es wurde des
Weiteren die Frage aufgeworfen, ob ein
normorientierter Grenzwert als Maß für die
Fahreignung, wie er bislang besteht, über-
haupt sinnvoll ist. Vielmehr ist darüber
nachzudenken, ob man sich auch im Bereich
der kognitiven und psychomotorischen
Leistungsfähigkeit einer kriteriumsorientier-
ten Konzeption der Fahreignung zuwenden
sollte, die auf Basis von empirischen Unter-
suchungen gewonnen werden kann. Für
eine genauere Auseinandersetzung und
eingehendere Prüfung der hier berichteten
Befunde sind für die Zukunft weitere Studi-
en im Bereich der vielfältigen Leistungsan-
forderungen als Kriterien der Fahreignung
an Busfahrerinnen und Busfahrer anzustre-
ben.
Literaturverzeichnis
Aksan, N.; Anderson, S. W.; Dawson, J. D.; Johnson, A.
M.; Uc, E. Y.; Rizzo, M. (2012): Cognitive Functioning
Predicts Driver Safety on Road Tests 1 and 2 Years Later.
Ruckriegel, A.; Schubert, W.; Banse, R. (2021): Messen
die in der Fahreignungsdiagnostik genutzten Testverfah-
ren die in der Fahrerlaubnis-Verordnung genannten
Anforderungsbereiche? Zeitschrift für Verkehrssicherheit,
67(2), 59–65. Kirschbaum Verlag, Bonn
Schmidt-Atzert, L.; Strohbeck-Kühner, P.; Schubert W.
(2018): Anforderung an die psychische Leistungsfähig-
keit. Kommentar. In: W. Schubert, M. Huetten, C. Rei-
mann & M. Graw (Hrsg.), Begutachtungsleitlinien zur
Kraftfahreignung. Kommentar. (3. Aufl., S. 48–74).
Kirschbaum Verlag, Bonn
Schubert, W.; Dittmann, V.; Brenner-Hartmann, J. (Hrsg.)
(2013): Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung.
Beurteilungskriterien. Kirschbaum Verlag, Bonn
Schubert, W.; Huetten, M.; Reimann, C.; Graw, M. (Hrsg.)
(2018): Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung.
Kommentar. (Überarbeitete und erweiterte 3. Auflage).
Kirschbaum Verlag, Bonn
Schubert, W.; Wagner, T. (2003): Die psychologische
Fahrverhaltensbeobachtung – Grundlagen, Methodik
und Anwendungsmöglichkeiten. Zeitschrift für Verkehrs-
sicherheit, 49(3), 119–127
Schützhofer, B. (2017): Verkehrsreife – Theoretische
Fundierung, Entwicklung und Erprobung der Testbatte-
rie zur Erfassung der Verkehrsreife TBVR 14+. Kirsch-
baum Verlag, Bonn
Schützhofer, B.; Banse, R. (2019): Gefahrenwahrneh-
mungs- und Copingtest (GECO) [Software und Manual].
Mödling: Schuhfried GmbH
Sommer, M.; Arendasy, G.; Schuhfried, M.; Litzenberger,
M. (2005): Diagnostische Unterscheidbarkeit unfall-
freier und mehrfach unfallbelasteter Kraftfahrer mit-
hilfe nicht-linearer Auswertemethoden. Zeitschrift für
Verkehrssicherheit, 51(2), 82–86. Kirschbaum Verlag,
Bonn
Sommer, M.; Herle, M.; Häusler, J.; Risser, R.; Schützho-
fer, B.; Chaloupka, C. (2008): Cognitive and Personality
Determinants of Fitness to Drive. Transportation Re-
search Part F: Traffic Psychology and Behaviour, 11(5),
362–375. https://doi.org/10.1016/j.trf.2008.03.001
Straßenverkehrsgesetz. http://www.gesetze-im-internet.
de/stvg/
Vollrath, M.; Krüger, H. P. (2002): Gefährdung der Ver-
kehrssicherheit durch Alkohol, Drogen und Benzodiaze-
pine – ein Überblick. Suchtmedizin in Forschung und
Praxis, 4(3), 175–183
Wirtz, M. A. (Hrsg.) (2020): Dorsch-Lexikon der Psycho-
logie. Bern: Hogrefe
Das notwendige Wissen für eine schnelle und
erfolgreiche MPU-Vorbereitung
„MPU – ( k)ein P roblem“ g ibt Ihnen einen Überblick zu dem Wissen, das Sie für das erfol greiche
Bestehen der MPU brauchen, egal , ob es um Alkohol, Dr ogen oder Punkte geht.
Dabei wir d klar verständlich mit Vor urteilen über die MPU und mi t allge mein verbreiteten Denk fehlern
darüber, wie man in der Untersuchung überze ugen kann, aufgeräumt. Basis sind die wichtig sten
Vor schr i en für die MPU -Gut achter, di e Ihren Fal l beur teile n werden – alles auf dem ak tuells ten Sta nd.
Das Buch ist aufgebaut als Arbeitsbuch mit Fragen und Antw orten. Damit ist es leichter,
das Gelesene anhand von Praxisbeispielen auch auf Ihr Lebe n und Ihre spe zielle Situation anzu-
wenden.
Sie coachen sich selbst, Schritt für Schrit t mehr von der MPU zu verstehen. Sie werden lernen,
Ursachen und Hinterg ründe Ihres persönlichen „Führers cheinproblems“ genauer zu erkennen, es zu
analysieren so wie Lösungen zu  nden, um die MPU zu bestehen und Ihren Führerschein dann auch
langf ristig zu behalten. Oder Sie nu tzen das Buch als Einstieg , um sich später gut vorbereitet auf
Ihrem Weg zum Führerschein fachkundig unterstützen zu lassen.
D.-A. Harms
2. Auflage 2015, 244 Seiten, DIN A5, kartoniert,
19,80 € inkl. MwSt., zzgl. Versand
ISBN 978-3-7812-1934-2
MPU – (k)ein Problem
Weitere Infos/Online-Bestellung unter www.kirschbaum.de
22-33_ZVS_01_2022.indd 33 11.01.22 16:40
ResearchGate has not been able to resolve any citations for this publication.
Article
Full-text available
Bei Autofahrten unter dem Einfluss berauschender Substanzen liegt Cannabis hinter Alkohol an zweiter Stelle, gefolgt von Amphetaminen und Ecstasy. Benzodiazepine sind mindestens ebenso häufig wie Cannabis. Während für Alkohol die Gefährdung der Verkehrssicherheit sehr gut belegt ist, ist die durch Drogen und Medikamente entstehende Gefährdung schwer einzuschätzen, da aussagekräftige Unfallstudien fehlen. In so genannten Verursacheranalysen zeigt sich, dass bei Cannabis in niedrigen Konzentrationen (unter 2 ng/ml) das Unfallrisiko gegenüber substanzfreien Fahrten relativ gering ist. Erst für hohe THCKonzentrationen oder bei gleichzeitigem Konsum von Alkohol steigt das Unfallrisiko an. Eine Meta-Analyse experimenteller Studien und eine Feldstudie zeigen, dass dieses verminderte Unfallrisiko bei Cannabis durch eine vorsichtigere Fahrweise zu erklären ist und durch Beeinträchtigungen, die durch bewusste Kontrolle zu kompensieren sind. Bei Amphetaminen und Ecstasy sind die Fallzahlen in Unfallstudien bislang zu gering, um eine abgesicherte Aussage treffen zu können. In experimentellen Studien überwiegt eine Leistungsverbesserung. Für Benzodiazepine allein ergibt sich ein deutlich erhöhtes Unfallrisiko, das noch einmal substanziell steigt, wenn gleichzeitig Alkohol konsumiert wird. Insgesamt ist Alkohol von der Häufigkeit und der dadurch eingeführten Gefährdung her nach wie vor das dominante Problem im Verkehr. Drogen sind vor allem dann problematisch, wenn ein Mischkonsum mehrerer Drogen miteinander bzw. von einer Droge mit Alkohol vorliegt. Dies wird bislang zu wenig berücksichtigt. The Effects of Alcohol, Benzodiazepines and Illegal Drugs on Traffic Safety – an Overview Alcohol is still the predominant drug in traffic followed by cannabis, benzodiazepines and amphetamines. While the negative effect of alcohol on traffic safety has been extensively demonstrated, case-control studies of accident risk are still lacking for the other drugs. Using responsibility analyses, cannabis in low concentrations (2 ng/ml) was associated with an reduced accident risk as compared to substance negative drivers. Accident risk is increased only for large THC concentrations or when cannabis is combined with alcohol. A review of the literature and a field study indicate that the reduced cannabis-related accident risk may be explained by more cautious driving and an impairment which can be compensated by voluntary control. For amphetamines and ecstasy the number of cases in responsibility studies is too small. In experimental studies the activating effects dominate resulting in better performance. Accident risk clearly increases under the influence of benzodiazepines. A substantially larger accident risk results for benzodiazepines in combination with alcohol. Overall, alcohol remains the predominant problem in traffic. Benzodiazepines are underestimated. Illegal drugs pose a serious problem when two or more drugs are combined or when one drug is consumed together with alcohol.
Article
Objectives: The present review of literature examines the relationship of alcohol consumption and fitness to drive. The legal limit (1,6 ‰) for establishing fitness to drive by means of a medical-psychological assessment (MPA) in Germany is analyzed on the background of published empirical research to present recommendations for the improvement of the current legal situation and administrative practice. Methods: 103 published articles have been analysed (inclusion criteria: completeness, comprehensibility, and experimental manipulation of the blood alcohol concentration [BAC]). The number of alcohol-induced impairments is to be shown in a quantitative analysis. The qualitative analyses of the studies will reveal the impaired areas of psychological and medical functioning. Results: It appears that 97% of the documented impairments occur at a maximum BAC of 1,1 ‰. Numerous skills are impaired by low doses of alcohol (e. g. attention, memory, perception). Conclusion: Alcohol-induced impairments arise at a BAC far below 1.6 ‰, which marks the legal limit for a medicalpsychological assessment (MPA) after drunk driving in Germany. The BAC limit in the current ordinance for assigning a medical-psychological fitness assessment cannot be confirmed on the basis of research findings. A reduction of this BAC limit to 1,1 ‰ is proposed. https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1024/0939-5911.a000309
Article
With increasing numbers of older drivers on Australian roads, it is important to determine the functional abilities most closely related to driving ability among older adults. To this end, 90 drivers aged from 60 to 91 completed a battery of psychological, visual, physical and cognitive tests, and a standardised on-road driving test. A computerised test of visual attention, devised specifically for the study, was the best predictor of on-road driving performance. Other abilities that made independent contributions to the prediction of driving performance were contrast sensitivity and visuospatial memory. These functional abilities provided a better prediction of driving performance than chronological age, reinforcing the argument that drivers should only have their driving tested when their functional abilities decline, rather than when they reach a particular age.
  • W Schubert
  • M Huetten
  • C Reimann
  • M Graw
Schubert, W.; Huetten, M.; Reimann, C.; Graw, M. (Hrsg.) (2018): Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung. Kommentar. (Überarbeitete und erweiterte 3. Auflage).
  • B Schützhofer
Schützhofer, B. (2017): Verkehrsreife -Theoretische Fundierung, Entwicklung und Erprobung der Testbatterie zur Erfassung der Verkehrsreife TBVR 14+. Kirschbaum Verlag, Bonn Schützhofer, B.; Banse, R. (2019): Gefahrenwahrnehmungs-und Copingtest (GECO) [Software und Manual].
Dorsch-Lexikon der Psychologie. Bern: Hogrefe Das notwendige Wissen für eine schnelle und erfolgreiche MPU-Vorbereitung "MPU -(k)ein Problem" gibt Ihnen einen Überblick zu dem Wissen, das Sie für das erfolgreiche Bestehen der MPU brauchen, egal, ob es um Alkohol
  • M A Wirtz
Wirtz, M. A. (Hrsg.) (2020): Dorsch-Lexikon der Psychologie. Bern: Hogrefe Das notwendige Wissen für eine schnelle und erfolgreiche MPU-Vorbereitung "MPU -(k)ein Problem" gibt Ihnen einen Überblick zu dem Wissen, das Sie für das erfolgreiche Bestehen der MPU brauchen, egal, ob es um Alkohol, Drogen oder Punkte geht.