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Die Zukunft der Esche im Auwald

Authors:
  • Zentrum Wald-Forst-Holz Weihenstephan
  • Bavarian Office for Forest Genetics, Teisendorf, Germany
Auenmagazin
Magazin des Auenzentrums Neuburg a. d. Donau
In Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt
Heft 21 / 2022
22 Auenmagazin 21 / 2022
INHALT
INHALT
Perspektiven
Die Zukunft Der esche im AuwAlD ................................................................................................................................4
Anna-Katharina Eisen, Barbara Fussi, Susanne Jochner-Oette
nAturschutZplAnung für fliessgewässer-Auen unter klimAwAnDel .................................................................10
Sabine Fink, Christoph Scheidegger
Berichte und Projekte
DonAuArme in Der slowAkei Zehn JAhre Bemühungen um renAturierung ....................................................16
Pavol Surovec
pro gewässer 2030: ein neues AktionsprogrAmm für BAyern ...........................................................................21
Thomas Henschel, Wolfgang Kraier, Wolfgang Rieger, Andreas Gorbauch
Im Gespräch
interview mit Den stiftern Der stiftung nAturerBe DonAu...................................................................................29
Siegfried Geißler
Auenbewohner
leBensräume Der flussAuen ii AltArme unD AltwAsser .........................................................................................32
Francis Foeckler, Wolfgang Ahlmer
Rückblick
43. iAD-konferenZ „rivers AnD flooDplAins in the Anthropocene...................................................................41
Bernd Cyka
flusslAnDschAften – Ökosystemleister – lernlAnDschAften.
BilDung in Auen: chAncen unD herAusforDerungen .............................................................................................42
Ulrich Riedl
Aus der Forschung
eDAphic-Bloom DAnuBe .................................................................................................................................................44
Isabell Becker, Gregory Egger, Erika Schneider, Florian Wittmann
Auennews
BernD cyffkA neuer präsiDent Der iAD .....................................................................................................................46
Termine und Veranstaltungen
29.06.–30.06.2022 symposium‚ „gewässer- unD Auenentwicklung
in lAnDAu An Der isAr ....................................................................................................................................................46
INHALT
Beiträge, die nicht ausdrücklich als Stellungnahme des Herausgebers gekennzeichnet sind, stellen die
persönliche Meinung der Verfasser / innen dar. Der Herausgeber übernimmt keine Gewähr für die Rich-
tigkeit, die Genauigkeit und Vollständigkeit der Angaben sowie für die Beachtung privater Rechte Drit-
ter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder;
aus der Veröentlichung ist keinerlei Bewertung durch die Redaktion ableitbar!
Auenmagazin 21 / 2022
VORWORT
Liebe Leserinnen und Leser,
„Deutschland gibt für Beseitigung der Hochwasserschäden 30 Milliarden Euro aus“. So lau-
tete eine Zeitungsüberschrift nach dem verheerenden Unwetter im Juli 2021. Der Welt-
klimarat geht aufgrund des Klimawandels von einer Zunahme von Starkregenereignissen
in West- und Mitteleuropa aus, die Hochwasserkatastrophen wahrscheinlicher werden
lassen. Natürliche Auen sind unverzichtbar für den Hochwasserschutz. Aufgrund ihrer
Standortvielfalt zählen sie zudem zu den Hotspots der Biodiversität. In der Vergangen-
heit wurden viele Flussläufe begradigt und eingedeicht. Hochwasser breitete sich nicht
mehr in den Auen aus, verbunden mit starkem Verlust an Hochwasserschutz und einem
Rückgang der biologischen Vielfalt. Derzeit gibt es viele Aktivitäten, um den Zustand der
Auen wieder zu verbessern. Diese Maßnahmen sollten im Sinne „Tue Gutes und rede dar-
über“ der interessierten Öentlichkeit mitgeteilt werden. Das vorliegende Heft will hierzu
einen Beitrag leisten.
Ein Pilz bedroht die Gemeine Esche (Fraxinus excelsior L.). Anna-Katharina Eisen und
Susanne Jochner-Oette von der Katholischen Universität Eichstätt sowie Barbara Fussi vom
Bayerischen Amt für Waldgenetik stellen die Bedeutung der Esche für die Hartholzaue
dar. Sie stellen Ergebnisse ihrer Forschung zur Förderung der Eschennaturverjüngung vor,
berichten über Resistenzversuche und ziehen erste vorsichtige Schlussfolgerungen zum
Erhalt der Esche im Auwald.
Bauliche Maßnahmen in den Flusslandschaften beeinträchtigen die Biodiversität. Mit dem
Klimawandel ist ein weiterer Störfaktor hinzugekommen. Sabine Fink und Christoph Schei-
degger von der Eidgenossenschaftlichen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Land-
schaft beschreiben, wie sich mit Hilfe von Lebensraummodellen der Einfluss der Klima-
änderung auf die Verbreitung von typischen Auenpflanzen darstellen lässt.
Pavol Surovec vom slowakischen Landesverband für Naturschutz und Nachhaltige
Entwicklung zeigt anhand von mehreren erfolgreichen Best-Practice-Beispielen auf, wie
Altgewässer wieder an die Donau angebunden werden können, um die Biodiversität lang-
fristig zu erhalten und zu fördern.
„Hochwasserschutz bedeutet, Verantwortung zu übernehmen für die Zukunft und die
nachfolgenden Generationen“ so der Bayerische Umweltminister Thorsten Glauber. Die-
sen Schutz mit Ökologie und Sozialfunktionen zu verknüpfen, schreibt das neue Bayeri-
sche Gewässer-Aktionsprogramm 2030 vor. Thomas Henschel, Wolfgang Kraier, Wolfgang
Rieger und Andreas Gorbauch vom Bayerischen Landesamt für Umwelt stellen in ihrem
Artikel insbesondere die Rolle der Auen im Programm dar.
Ihre Beweggründe, eine private Stiftung zu gründen und das eigene Vermögen dafür be-
reitzustellen, erläutern die Stifter der Einrichtung Dr. Maja Gräfin Du Moulin Eckart und
Dieter Graf von Brühl in einem Interview mit Siegfried Geißler von der Unteren Natur-
schutzbehörde Neuburg-Schrobenhausen.
Altgewässer bieten einen abwechslungsreichen Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere.
Francis Foeckler, Sachverständiger für Gewässerökologie, und Wolfgang Ahlmer von der
Regierung der Oberpfalz gehen in ihrer Abhandlung auf charakteristische Vertreter aus
der Pflanzen- und Tierwelt ein und verbinden dies mit einem Plädoyer zum Schutz, Erhalt
sowie Wiederherstellung von Altarmen und Altwasser.
Zwei Rückblicke auf interessante Veranstaltungen, Personalnachrichten und Neues aus der
Forschung sowie der Hinweis auf ein zweitägiges Symposium runden diese Ausgabe ab.
Viel Spaß beim Lesen der neuen Ausgabe wünscht
Das Redaktionsteam
VORWORT
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PERSPEKTIVEN
4-9 A.-K. Eisen, B. Fussi, S. Jochner-Oette Die Zukunft der Esche im Auwald
4
PERSPEKTIVEN
4-9 A.-K. Eisen, B. Fussi, S. Jochner-Oette
DIE ZUKUNFT DER ESCHE IM AUWALD
AnnA-kAthArinA eisen, BArBArA fussi, susAnne Jochner-oette
Die Gemeine Esche (Fraxinus excelsior L.) zählt aufgrund ihrer Hochwassertoleranz zu einer wichtigen Baumart in
Auenwaldökosystemen. Die Esche ist durch das Eschentriebsterben akut gefährdet. An der Katholischen Universität
Eichstätt-Ingolstadt und dem Bayerischen Amt für Waldgenetik wird seit 2018 in Verbundprojekten erforscht, welche
Auswirkungen des Eschentriebsterbens, unter anderem auch im Auwald, zu beobachten sind.
Die Gemeine Esche (Fraxinus excel-
sior L.) – eine wertvolle Baumart im
Auwald
Die Forstwirtschaft steht bei der Bewirt-
schaftung von Auwäldern vor großen Her-
ausforderungen, da wichtige Auwald-Bau-
marten, neben Esche auch Feldulme (
Ulmus
minor
) und Schwarzerle (
Alnus glutinosa
),
durch Krankheiten wie Ulmensterben bzw.
Erlensterben bedroht sind (lWF 2019). Der
Klimawandel bringt zusätzliche Unsicher-
heiten bzgl. der zukünftigen Eignung un-
serer Auwald- Baumarten, um einer stand-
ortgemäßen, ökologisch sinnvollen und
öko nomisch interessanten Wald wirtschaft
gerecht zu werden (D
ichtl
unD
s
tÖger
2020).
Im Zuge des Waldumbaus wurden in den
1990er-Jahren viele Eschen gepflanzt, um
Mischwaldökosysteme wirtschaftlich und
ökologisch aufzuwerten (enDerle et al.
2017, müller-kroehling unD schmiDt 2019).
Aufgrund ihres Vorkommens auch in som-
merwarm geprägten und vergleichsweise
trockenen Klimaregionen, gilt die Esche als
vielversprechende Baumart im Klimawan-
del (LWF 2019). Sie besitzt eine hohe Über-
flutungstoleranz und wurde und wird daher
auch in Gebieten mit Hochwassereintritts-
wahrscheinlichkeiten (HQ) von HQ
häufig,
HQ 100 und HQ extrem angebaut (B
runDke
und
BinDer 2017). Im Auwald bei Neuburg an
der Donau ist die Gemeine Esche beispiels-
weise mit einem Anteil von mehr als 15 %
vertreten (J
ochner
-o
ette
et al. 2021). Die
Blätter und Wurzeln der Esche sind leicht
abbaubar. Da die Esche ihren Blättern vor
dem Abwurf relativ wenige Nährstoe ent-
zieht, trägt sie zu einem hohen pH-Wert
im Boden bei. Das fördert im Allgemeinen
das Bodenleben (JNCC 2014). Laut dem Be-
richt des Joint Nature Conservation Com-
mittee (JNCC 2014) sind ca. 1.058 Spe-
zies mit der Esche oder Eschen wäldern
vergesellschaftet, darunter 12 Vogel-
arten, 55 Säugetiere, 78 Gefäßpflanzen,
58Moose, 68 Pilze, 239 wirbellose Tiere
und 548Flechten. 44dieser Arten können
als obligat an die Esche gebundene Arten
bezeichnet werden und kommen nur auf
entweder lebenden oder toten Eschen vor.
Ursachen und mögliche Folgen des
Populationsrückgangs der Esche
In den letzten zehn Jahren ist der Bestand
der Esche durch das Eschentriebsterben
bedroht, wodurch gegenwärtig auch ihre
forstliche Zukunft infrage gestellt wird. Auf-
grund ihres hohen Potenzials ist der Verlust
der Esche, gerade in Auwäldern, in welchen
spezifisch angepasste Baumarten benötigt
werden, gravierend für die Waldwirtschaft
(Dichtl und stÖger 2020). Das Eschentrieb-
sterben, welches europaweit auftritt, wird
durch den invasiven Pilz
Hymenoscyphus
fraxineus
und sein ungeschlechtliches
Stadium
Chalara fraxinea
verursacht. Im
deutschsprachigen Raum wird dieser Erre-
ger auch als
Falsches Weißes Stengelbe-
cherchen
bezeichnet. Dieser Pilz stammt ur-
sprünglich aus Ostasien und zeichnet sich
durch ein invasives Potenzial in Europa aus.
Seine Sporen befallen zunächst die Blätter,
Triebe und schließlich das Holz der Eschen,
was in vielen Fällen in der Folge zu ihrem
Absterben führt (enDerle 2019). Die ersten
Symptome des Eschentriebsterbens wur-
den 1992 in Polen festgestellt (k
owAlski
und holDenrieDer 2009). In der Zwischen-
zeit wurden der Erreger und seine Auswir-
kungen in vielen Wäldern Europas beob
-
achtet, was vielerorts zu einem starken
Rückgang der lokalen Eschenpopulationen
führte (hultBerg et al. 2020). Simulationen
zufolge werden in den nächsten 30 Jah-
ren in Europa voraussichtlich bis zu 75 %
der Eschen in Mischbeständen absterben
(coker et al. 2019). Es wird angenommen,
dass nur ca. 1–5 % der Eschen weniger an-
fällig sind und keine oder nur geringe Symp-
tome in Bezug auf das Eschentriebsterben
zeigen (mckinney et al. 2014, RIEGLING et
al. 2016) Die hohen Mortalitätsraten wer-
den derzeit als eine ernsthafte Bedrohung
für die ökologische Vielfalt in Europa an-
gesehen. In der Forstwirtschaft wird auf
das Eschentriebsterben in den Altbeständen
häufig mit Entnahme der stark geschwäch-
ten Eschen reagiert, um einer Holzentwer-
tung zuvorzukommen (enDerle 2019). In
Österreich hat sich der Holzeinschlag bis
2015 (im Vergleich zu 2008) versechsfacht
(h
einZe
et al. 2017), ähnliche Steigerun-
gen wurden auch für Deutschland verzeich
-
net (forstBw 2018). Da die Krankheit bei
Jungpflanzen eine hohe Letalität aufweist,
ist davon auszugehen, dass der Anteil der
Eschen in den folgenden Generationen noch
weiter zurückgehen wird (t
immermAnn
et
al. 2011). Ein starker Bestandsrückgang
hätte eine Fragmentierung der Populatio-
nen und eine Schwächung des Pollenflu-
ges zwischen den windbestäubten Bäumen
zur Folge. Somit sind einzelne Bäume und
Eschenpopulationen über die Pollenausbrei-
tung nicht mehr ausreichend genetisch mit
-
einander vernetzt und die fortschreitende
Fragmentierung geht mit einer Verringe-
rung des Genflusses und folglich mit einer
Verengung des Genpools einher (mckinney
et al. 2014). Dadurch wird die Anpassungs-
fähigkeit der Esche negativ beeinflusst. In
einem gesunden Ökosystem setzen sich im
Laufe des evolutionären Anpassungsprozes-
ses diejenigen Genotypen durch, die unter
den vorherrschenden Umweltbedingungen
die höchste Fitness aufweisen. Bei der
Esche konnte eine Vererbbarkeit der Re
-
sistenz nachgewiesen werden, die aller-
dings vom Reproduktionserfolg und der
Auenmagazin 21 / 2022
PERSPEKTIVEN
4-9 A.-K. Eisen, B. Fussi, S. Jochner-Oette Die Zukunft der Esche im Auwald
PERSPEKTIVEN
4-9 A.-K. Eisen, B. Fussi, S. Jochner-Oette
Ausbreitungsfähigkeit der weniger anfälli-
gen Bäume abhängig ist (semiZer-cuming et
al. 2021). Die Mannbarkeit der Eschen tritt
im Freistand mit 20 bis 30 und im Bestan-
desschluss mit 30 bis 35 Jahren ein. Eschen-
blüten sind zwittrig, wobei jedoch das je-
weilige Geschlecht meist auf ein Individuum
reduziert ist. Dieses gleichzeitige Vorkom-
men monözischer und diözischer Individuen
wird auch als triözisch (dreihäusig) bezeich-
net (zit. nach roloff und pietZArkA 1997).
Allerdings erhöht sich aufgrund der Triözie
der Esche, die Gefahr der Inzucht (semiZer-
cuming et al. 2021). Für die Nachzucht von
Pflanzen für zukünftige, stabile Eschenpo-
pulationen ist entscheidend, dass die ge-
netische Diversität ausreichend hoch ist.
Ebenfalls ist zu erwarten, dass dort, wo die
Esche nicht durch funktional ähnliche Arten
ersetzt wird, lokale Eekte der Bodenver-
sauerung auftreten könnten. Auch die Ver-
änderung der Lichtverhältnisse im Bestand
wird einen Einfluss auf die Zusammen-
setzung der Bodenflora haben (JNCC 2014).
Dies hat schwerwiegende ökologische Fol-
gen für die Arten, die von der Esche un-
terstützt werden bzw. sogar ausschließlich
von ihr abhängig sind. Es wird geschätzt,
dass 69 der mit der Esche assoziierten Ar-
ten wahrscheinlich stark zurückgehen oder
aussterben werden (JNCC 2014). hultBerg
et al. (2020) gehen von bis zu neun zusätzli-
chen Baumarten aus, die notwendig wären,
um alle nicht-obligaten Arten zu erhalten.
Die langfristigen Auswirkungen eines Aus-
falls der Esche sind aufgrund von Wechsel-
wirkungen in Ökosystemen bisher kaum ab-
zuschätzen.
Generhaltung der Esche durch
Förderung der Naturverjüngung
und Resistenzversuche
An der Katholischen Universität Eichstätt-
Ingolstadt (KU) und dem Bayerischen Amt
für Waldgenetik (AWG) wird seit 2018 auch
im Auwald bei Neuburg an der Donau an
den Auswirkungen des Eschentriebsterbens
geforscht, um dazu beizutragen, die Zu-
kunft der Eschen zu sichern. Im Rahmen
des Projektes QuoVAPo, das durch das Bay-
erische Staatsministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten gefördert wird,
werden unter anderem der Paarungserfolg
und die Eigenschaften von Pollen und Sa-
men in Abhängigkeit von der Schädigung
der Elternbäume untersucht. Während der
Projektlaufzeit (2019–2021) wurde in die-
sem Auwald eine rasante Verschlechterung
des Gesundheitszustandes der Eschen fest-
gestellt. Nach dem sechsstufigen Bewer-
tungssystem von lenZ et al. (2012) galten im
Jahr 2019 noch 30 % der Eschen als gesund,
zeigten also einen Blattverlust von weni-
ger als 30 %. Im Jahr 2020 waren nur noch
15 % und im Jahr 2021 2 % der beobachte-
ten Eschen gesund. Dieser sehr starke Befall
mit dem Pilz
Hymenoscyphus fraxineus
, der
das Eschentriebsterben verursacht, ist ver-
mutlich auf den hohen Grundwasser stand
und die damit verbundenen feuchteren und
nährstoreicheren Böden im Auwald zu-
rückzuführen. Das für Auwälder typische
Mikroklima bietet optimale Bedingungen
für den Pilz, so dass davon auszugehen ist,
dass dort ein noch höherer Infektionsdruck
als im Landwald herrscht. In Anbetracht der
aktuellen Bedrohung durch das Eschentrieb-
sterben und um den Fortbestand der Esche
zu fördern, ist es wichtig, ihre natürliche
Abb. 1: Eschen (zum Teil befallen vom Eschentriebsterben) im Donau-Auwald bei Marxheim. Mit einer Wuchshöhe von bis zu 40 m ist die Esche einer der
höchsten Laubbäume Europas (Foto: Landschaftsökologie, KU-Eichstätt-Ingolstadt)
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PERSPEKTIVEN
4-9 A.-K. Eisen, B. Fussi, S. Jochner-Oette Die Zukunft der Esche im Auwald
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PERSPEKTIVEN
4-9 A.-K. Eisen, B. Fussi, S. Jochner-Oette
Verjüngung zu stärken. Sie ist das Produkt
der natürlichen Auslese, die Möglichkei-
ten zur Bekämpfung der Krankheit bieten
könnte (metZler et al. 2012). Individuen
der Naturverjüngung, die der inter- oder
intraspezifischen Konkurrenz standhal-
ten konnten, könnten resistent gegenüber
der Krankheit sein. Eine hohe Sterblichkeit
der Eschen in den betroenen Gebieten in
Verbindung mit einer hohen genetischen
Variation in der sich etablierenden Na-
turverjüngung könnte schließlich zu wider-
standsfähigeren Eschen führen (m
ckinney
et
al. 2014). In der Regel haben Eschen eine
hohe Samenproduktion und eine Regene-
rationsrate von bis zu 150.000 Individuen/
ha (t
ABAri
und l
ust
1999). Die Jungpflanzen
der Esche sind sehr schattentolerant (roloff
und pietZArkA 1997). Sie konkurrieren mit
krautigen Pflanzen um Licht, Wasser und
Nährstoe. Daher wurde der Einfluss der
Lichtverhältnisse auf die Naturverjüngung
und die Konkurrenz zwischen Eschensäm-
lingen und krautigen Arten, die im Unter-
wuchs wachsen, in einer weiteren Studie
im Auwald bei Neuburg an der Donau un-
tersucht (Jochner-oette et al. 2021). An 40
Untersuchungsstandorten wurden lichtbe-
zogene Variablen, wie der prozentuale An-
teil der Kronenlücken (Gap Fraction) oder
des Blattflächen index (Leaf Area Index)
mit hemisphärischen Photographien auf-
genommen sowie weitere Umweltfaktoren
aus Vegetationserhebungen (Zeigerwerte
nach ellenBerg et al. 2001) abgeleitet. Zu-
dem wurden Vegetations parameter wie
Artenreichtum und die Deckung der Kraut-
schicht aufgenommen, um die Konkurrenz
mit Eschensämlingen zu berücksichtigen.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Naturver-
jüngung der Esche unter schattigen Be-
dingungen begünstigt wird. Die meisten
anderen abiotischen Faktoren wie Boden-
feuchte oder Bodennährstoe waren sta-
tistisch nicht mit dem Vorkommen der
Natur verjüngung der Esche verbunden. Im
Gegensatz dazu war die reine Grasbede-
ckung negativ mit dem Blattflächenindex
und positiv mit dem Kronenlückenanteil
korreliert (siehe Abb. 2). Eine höhere krau-
tige Vegetationsbedeckung wurde mit ei-
ner Unterdrückung der Eschenverjüngung
in Verbindung gebracht, ein höherer Streu-
deckungsgrad dagegen mit einer höheren
Häufigkeit von Eschensämlingen. Die Stu-
die legt nahe, dass Lücken (Gaps), die u. a.
durch das Eschentriebsterben entstehen,
die Ausbreitung von Gräsern begünstigen
und somit die Verjüngung der Esche unter-
drücken könnte. In diesem Zusammenhang
wird eine rasche waldbauliche Bewirtschaf-
tung (z. B. Auorstungen mit Auwaldbau-
marten) nach dem Absterben von Eschen-
Altbäumen empfohlen, um die Verkrautung
der lichten Stellen zu vermeiden.
Neben der Förderung der Naturverjüngung
könnte die Züchtung resistenter Bäume
in Zukunft eine große Chance für die ge-
fährdete Esche darstellen. Allerdings be-
darf es für die Auswahl resistenter Indi-
viduen einer langjährigen und intensiven
Beobachtung, um Falscheinstufungen vor-
zubeugen. Das AWG hat 2014 in Graben-
stätt eine Klonsammlung mit insgesamt
319Ramets (Wiederholungen der Einzel-
klone) angelegt, um Resistenzversuche un-
ter einem erhöhten Infektionsdruck durch-
zuführen (fussi 2020). Hauptziel ist es,
Anfälligkeiten möglichst frühzeitig zu er-
kennen und resistente Klone zu identifizie-
ren, deren Samen für die Nachzucht ver-
wendet werden können. Die Fläche liegt an
der Tiroler Ache, wo sich der Pilz aufgrund
der edaphischen und mikroklimatischen Be
-
dingungen stark vermehren kann. Die Klone
stammen von 36 optisch gesunden Bäu-
men aus stark befallenen Beständen. Ab-
bildung 3 zeigt den Gesundheitszustand der
Klonfläche für die Beobachtungsjahre 2014
bis 2018. Der Anteil der symptomlosen und
gering geschädigten Pfropflinge lag nach
fünf Beobachtungsjahren zwischen 5 und
10 %. Einige Ramets haben sich durch die
Bildung neuer Triebe wieder erholt. Eine
weitere Versuchsfläche wurde im Jahr 2015
mit 24 Nachkommenschaften (818 Säm-
linge) angelegt. Auch hier wurde der Ge-
sundheitszustand einmal jährlich erhoben.
Jungpflanzen zeigen ihre Anfälligkeit ge-
genüber Krankheiten oft schon etwas frü-
her als ältere Bäume. Die Ergebnisse zei-
gen, dass langfristig Honung für die Esche
besteht, da in jeder Nachkommenschaft
nach vier Beobachtungsjahren immer noch
symptomfreie Eschenpflanzen vorhanden
sind (Abb. 4). Die Sammlung zahlreicher we-
nig anfälliger Eschen macht die Produktion
Abb. 2: Streudiagramm zur Visualisierung der Beziehungen zwischen dem Kronenlückenanteil und dem Anteil der Esche (a) und der Grasbedeckung (b).
(Grafik: nach Jochner-oette et al. 2021)
0
0 10 20 30 40 0 10 20 30 40
10
20
30
40
50 (a) (b)
0
20
40
60
80
100
Anzahl der Eschensämlinge [%]
Grasanteil [%]
Gap Fraction [%] Gap Fraction [%]
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PERSPEKTIVEN
4-9 A.-K. Eisen, B. Fussi, S. Jochner-Oette Die Zukunft der Esche im Auwald
PERSPEKTIVEN
4-9 A.-K. Eisen, B. Fussi, S. Jochner-Oette
und Bereitstellung von hochwertigem Ver-
mehrungsgut möglich und damit eine Si-
cherung des Genpools. Ergänzend werden
die molekular-genetischen Ursachen von
Anfälligkeit und Resistenz untersucht. Im
genetischen Labor des AWG wird an der
Auswahl und Validierung von Resistenzmar-
kern gearbeitet, welche an den Eschen auf
den Versuchsflächen getestet werden sol-
len. Dies bildet eine wertvolle Grundlage
für die Erforschung von Resistenzmecha-
nismen und deren genetische Veranlagung
und können Grundlage für Erhaltungsmaß-
nahmen der Esche darstellen. Die so entwi-
ckelten und getesteten Marker stellen eine
wichtige Unterstützung von Züchtungs-
programmen bei der Esche hinsichtlich
der Auswahl von gesundem und genetisch
variablem Material dar.
Forschungsprojekte zum Erhalt
der Esche
Gleichzeitig geben weitere Forschungspro-
jekte Honung, den Erhalt der Esche zu si-
chern. Im Jahr 2020 haben die Bundesmi-
nisterien für Ernährung und Landwirtschaft
(BMEL) sowie für Umwelt, Naturschutz und
nukleare Sicherheit (BMU) das Projekt Frax-
ForFuture bewilligt. Es wird mit 9,16 Mio.
aus dem Waldklimafonds gefördert, mit
dem Ziel, einen flächendeckenden Über-
blick über das Ausmaß des Eschentrieb-
sterbens in Deutschland zu bekommen. Die
Professur für Physische Geografie / Land
-
schaftsökologie und nachhaltige Ökosys-
tementwicklung an der Katholische Uni-
versität Eichstätt-Ingolstadt arbeitet mit
sieben weiteren Projektpartnern in dem For-
schungsverbund FraxMon zusammen. In
diesem Verbund wird besonderes Augen-
merk auf das Monitoring des Eschentrieb-
sterbens gelegt. Die Wissenschaftler/-innen
der KU untersuchen dabei, welche Pflanzen-
eigenschaften der Esche als Frühindikatoren
zur Bewertung der Anfälligkeit gegenüber
dem Eschentriebsterben herangezogen wer-
den können. Das AWG ist mit dem Teilpro-
jekt FraxGen beteiligt. Ziel des Vorhabens
ist auf Basis der über das gesamte Bundes-
Abb. 3: Gesundheitszustand der Klone auf der Fläche in Grabenstätt 2014 bis 2018. Die Klassifizierung erfolgte in fünf Stufen (siehe Legende).
(Grafik: nach Fussi 2020)
0
20
40
60
80
100
2014 2015 2016 2017 2018
Anteil Pflanzen [%]
Beobachtungsjahre
symptomlos
geringe Schäden
mittlere Schäden
abgestorben
starke Schäden
Abb. 4: Anteil der symptomlosen Pflanzen je Nachkommenschaft auf der Fläche in Grabenstätt in den Jahren 2015, 2016, 2017 und 2018;
x-Achse mit Namen der Mutterbäume, von denen die Samen geerntet wurden. (Grafik: nach Fussi 2020)
0
20
40
60
80
100
EN 1
FAM 15
FAM 2
FAM 3
FAM 6
FAM 7
FAM 8
FAM 9
MK 1
MK 106
MK 14
MK 15
MK 41
MK 80
MUR 1
UW 1
UW 2
UW 3
UW 4
UW 5
UW 6
UW 7
UW 8
Anteil Pflanzen [%]
Nachkommenschaften
2015 2016 2017 2018
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PERSPEKTIVEN
4-9 A.-K. Eisen, B. Fussi, S. Jochner-Oette Die Zukunft der Esche im Auwald
8
PERSPEKTIVEN
4-9 A.-K. Eisen, B. Fussi, S. Jochner-Oette
gebiet verteilten Monitoringflächen augen-
scheinlich vitale Eschen auszuwählen. Die
Auslese gesunder Plusbäume wird darüber
hinaus auch in weiteren Gebieten mit ho-
hem Befallsdruck durchgeführt. Die selek-
tierten Bäume werden vegetativ vermehrt
und in Klonsammlungen gesichert. Grund-
sätzlich werden alle in Deutschland erfass-
ten Eschen unter Anwendung des zur Ver-
fügung stehenden Methodenkatalogs mit
standardisierten Verfahren phäno- und ge-
notypisiert. Mit Hilfe der Etablierung ei-
nes Monitorings, Untersuchungen zur Ge-
netik, Züchtung und Phytopathologie sowie
Aspekten des Waldbaues werden im Rah-
men des Demonstrationsprojekts praxis-
orientierte Strategien für den Umgang mit
dem Eschentriebsterben erarbeitet.
Da die Degeneration der Eschen meist auf
den Erreger des Eschentriebsterbens
Hy-
menoscyphus fraxineus
reduziert wird, je-
doch eine Vielzahl von Faktoren den Ge-
sundheitszustand der Eschen beeinflussen,
wird seit 2021 ergänzend zu FraxForFuture
in dem Projekt FraxVir untersucht, wie an-
fällig Eschen für die Pilzerkrankung sind,
wenn sie bereits virusinfiziert sind. Das Pro-
jekt wird ebenfalls aus dem Sondervermö-
gen der Förderrichtlinie „Waldklimafonds“
vom BMEL und BMU über die Fachagentur
für Nachwachsende Rohstoe e. V. (FNR)
gefördert. Das Ziel der KU ist es, Krankhei-
ten der Esche sowie den Einfluss von abioti-
schen Stressfaktoren mit multisensorischen
und multitemporalen Daten, die mit Droh-
nenbefliegungen erhoben werden, bereits in
einem frühen Stadium zu erkennen und ab
-
zugrenzen. Am Bayerischen Amt für Wald-
genetik werden genetische Untersuchun-
gen bei den Eschen durchgeführt, da deren
Erbgut einen wesentlichen Einfluss auf die
Abwehr der Virusinfektion hat. Dazu sollen
Samen als auch Sämlinge getestet werden.
Ziel ist die Beantwortung der Frage, ob die
Viren über den Samen und/oder den Pollen
übertragen werden können.
Gesunde Eschen schützen,
Mischbaumarten nutzen
Da die einst ubiquitäre Esche durch das
Eschentriebsterben heute akut gefähr-
det ist, ist das gemeinsame Ziel aller Pro-
jekte, diese wertvolle Baumart zu erhal-
ten und Maßnahmen zu entwickeln, die sie
künftig wieder verstärkt im Auenökosys-
tem etablieren. Es steht außer Frage, dass
die Esche maßgeblich zur Biodiversität bei-
trägt und ein prägender Bestandteil einer
ganzen Reihe von Waldgesellschaften auf
Sonderstandorten, wie dem Auwald, ist. Um
den Bestandscharakter dieser schützens-
werten Standorte zu erhalten und zur För-
derung von natürlichen Resistenzbildun-
gen, können Waldbesitzer einen wichtigen
Beitrag zur Generhaltung leisten. Hier-
für sollten bei Durchforstungsmaßnahmen
gesunde Eschen in ihren Beständen nicht
entnommen und dominante Verjüngungs-
pflanzen in ihrem Wuchs gefördert wer-
den. Sofern die Eschen aufgrund verringer-
ter Standfestigkeit kein Risiko darstellen,
sollten auch befallene oder tote Eschen
nicht gefällt werden, da zahlreiche Arten
auf ihr Totholz angewiesen sind. Um die
Angst der Waldbesitzer vor dem Totalaus-
fall zu reduzieren, sollten weitere auenty-
pische Mischbaumarten (z. B. Flatterulme,
Eiche) auf den Flächen eingebracht wer-
den. Solche Mischbestände können nicht
nur den unterschiedlichen Ansprüchen ge-
recht werden, sondern zeigen auch eine hö-
here Resilienz gegenüber invasiven Patho-
genen. Allerdings sollten gerade Auwälder
sehr achtsam und über mehrere Jahre hin-
weg in vielfältige, auetypisch baumarten-
reiche Mischbestände überführt werden,
um diesen sensiblen Standorten und ihren
geschützten Ökosystemen gerecht zu wer-
den (müller-kroehling und schmiDt 2019).
All diese Maßnahmen zusammengenom-
men werden uns zukünftig den Erhalt der
Eschen ermöglichen, indem die natürlichen
Anpassungsprozesse über Naturverjüngung
und Selektion weiterhin stattfinden können.
Gesunde Eschenpopulationen haben durch
ihre Anpassungsfähigkeit die größten Chan-
cen, lange Trockenperioden, den Infektions-
druck von Krankheitserregern oder Invasio-
nen von Schädlingen zu überstehen.
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Auenmagazin 21 / 2022
PERSPEKTIVEN
4-9 A.-K. Eisen, B. Fussi, S. Jochner-Oette Die Zukunft der Esche im Auwald
PERSPEKTIVEN
4-9 A.-K. Eisen, B. Fussi, S. Jochner-Oette
Kontakt:
Anna-Katharina Eisen, M. Sc.
Katholische Universität
Eichstätt-Ingolstadt
Physische Geographie / Landschafts-
ökologie und nachhaltige Ökosystem-
entwicklung
Ostenstraße 14
85072 Eichstätt
Tel. +49 8421 93-23074
Anna-Katharina.Eisen@ku.de
Dr. Barbara Fussi
Bayerisches Amt für Waldgenetik
(AWG)
Forstamtsplatz 1
83317 Teisendorf
Tel. +49 8666 9883-44
barbara.fussi@awg.bayern.de
Prof. Dr. Susanne Jochner-Oette
Katholische Universität
Eichstätt-Ingolstadt
Physische Geographie / Landschafts-
ökologie und nachhaltige Ökosystem-
entwicklung
Ostenstraße 14
85072 Eichstätt
Tel. + 49 8421 93-21742
susanne.jochner@ku.de
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Ergänzungsstudie zu FraxForFuture
1010 Auenmagazin 21 / 202210
PERSPEKTIVEN
10-15 S. Fink, C. Scheidegger Naturschutzplanung für Fließgewässer-Auen unter Klimawandel
10
PERSPEKTIVEN
10-15 S. Fink, C. Scheidegger
NATURSCHUTZPLANUNG FÜR FLIESSGEWÄSSER-AUEN UNTER KLIMAWANDEL
sABine fink, christoph scheiDegger
Auenlandschaften wurden durch Landnutzung und Flussverbauungen stark eingeschränkt und sind nun durch den
Klimawandel einer weiteren Störungskomponente ausgesetzt. Für die Planung von Renaturierungen entlang von
Einzugsgebieten ist es wichtig zu wissen, wie sich Szenarien zu verändertem Temperatur- und Niederschlagsregime
auf die Verbreitung von typischen Auenpflanzen des Auenweidengebüschs (Salicion elaeagni), Weichholz-Auenwal-
des (Salicion albae) und des Hartholz-Auenwaldes (Fraxinion) auswirken. Lebensraummodelle ermöglichen es mit
Hilfe von Simulationen zur Ausbreitung der Arten von heutigen Standorten aus in zukünftig verfügbare Lebensräume,
Voraussagen zu Refugien in einem Einzugsgebiet zu machen. Die Ergebnisse sind als Ergänzung zu Monitoring-
Programmen und Forschungsprojekten bei der Priorisierung der Nutzung des limitierten Raumes entlang der Fließ-
gewässer nützlich.
Auenschutz in der Schweiz
Seit Mitte des 19.Jahrhunderts sind fast
90 % der Auenlandschaften in der Schweiz
verschwunden. Um die verbleibenden Auen
zu erhalten, wurde 1992 die Verordnung
zum Schutz von Auengebieten von nati-
onaler Bedeutung in Kraft gesetzt. Im da-
zugehörigen Inventar sind vielfältige Au-
enobjekte – von alpinen Schwemmflächen
über See-Auen bis hin zu Auen entlang von
großen Fließgewässern – aufgeführt (Bun-
DesrAt Der schweiZ 1992).
Seit der zweiten Revision des Aueninven-
tars 2017 sind 326 Objekte inventarisiert,
welche auf einem Anteil von 0,7 % der Lan-
desfläche vielfältige Ökosystemleistungen
übernehmen und Lebensraum für eine Viel-
zahl an Arten bieten. Eine Erhebung hat er-
geben, dass viele Auen von nationaler Be-
deutung einen großen Aufwertungsbedarf
haben, allen voran die Fließgewässer-Auen
(BunDesAmt für umwelt 2020). Zusätzlich
sind die an Fließgewässer gebundenen Le-
bensräume vom Klimawandel unmittelbar
betroen, wie Berechnungen für hydrolo-
gische Szenarien für Ende des Jahrhunderts
zeigen (BunDesAmt für umwelt 2021).
Um langfristig nachhaltige Aufwertungen
zu planen, ist es entscheidend zu wissen,
ob Fließgewässer-Auen auch in Zukunft
Lebensraum für typische Organismen bie-
ten. Besonders wichtig ist dies für sessile
Abb. 1: Lebensraum der
Pflanzengemeinschaft
Auenweidengebüsch
am alpinen Fluss Moesa
(Zubringer zum Ticino)
bei Cabbiolo (Kanton
Graubünden) mit ei-
ner Deutsche Tamariske
(Myricaria germanica)
im Vordergrund. (Foto:
Sabine Fink)
Auenmagazin 21 / 2022 
PERSPEKTIVEN
10-15 S. Fink, C. Scheidegger Naturschutzplanung für Fließgewässer-Auen unter Klimawandel

PERSPEKTIVEN
10-15 S. Fink, C. Scheidegger
Abb. 2: Modellierter zukünftiger Lebensraum für zwei Pflanzenarten, Lavendel-Weide (Salix elaeagnos) und Deutsche Tamariske (Myricaria germanica), der
Pflanzengemeinschaft Auenweidengebüsch am alpinen Fluss Moesa (Fließrichtung Nord nach Süd), einem Zubringer des Ticino. Während für S. elaeagnos in
Zukunft (2090–2100) unter Klimawandel viel Lebensraum vorausgesagt wird (orange-gelb entspricht hoher Wahrscheinlichkeit), wird für M. germanica nur
wenig Habitat verfügbar sein (grau bis dunkelrot entspricht tiefer Wahrscheinlichkeit). Ein Pixel im Modell entspricht einer Fläche von 100 x 100 m. Modifiziert
nach Fink und scheidegger 2018.
Organismen wie Pflanzen, welche bereits
jetzt durch wiederkehrende extreme Er-
eignisse, wie bspw. Hochwasser, lokal vom
Aussterben bedroht sind, wenn die Le-
bensräume ungenügend vernetzt sind, um
Wiederbesiedlungen zu ermöglichen. In al-
pinen bis hin zu tieferen Höhenlagen sind
in der Schweiz vor allem die gefährdeten
Auenweidengebüsche (
Salicion elaeagni
)
(DelArZe et al. 2013) mit der Deutschen Ta-
mariske (
Myricaria germanica
), Sanddorn
(
Hyppophaë rhamnoides
) und verschie-
denen Weidenarten (
Salix daphnoides,
S. elaeagnos, S. triandra
) im Fokus von Re-
naturierungsprojekten (D
elArZe
unD
g
onseth
2015, siehe Abb.1). Die Pflanzengemein-
schaft ist auf dynamische Fließgewässer
angewiesen und übernimmt zugleich eine
wichtige Rolle in der Stabilisierung von
Kiesbänken und Ufern (D
elArZe
unD
g
on
-
seth 2015).
Modelle zeigen Zusammenhänge auf
Modelle, welche die Nische der Pflanzen
unter klimatischen, geologischen und to-
pographischen Bedingungen beschreiben,
ermöglichen es uns, das Schicksal von Ar-
ten in Auen unter Klimawandel-Bedingun-
gen vorauszusagen. Zuerst wird dazu ein
Lebensraummodell erstellt, das die Zusam-
menhänge zwischen den georeferenzierten
Fundmeldungen der Pflanzen in der gan-
zen Schweiz und Umweltinformationen ih-
res Lebensraumes statistisch herstellt. So
zeigt sich beispielsweise, dass eine Pflan-
zenart nur bei bestimmten Temperaturen
oder Niederschlagsregimes vorkommt oder
besondere Anforderungen an den Boden
hat, wie zum Beispiel Wasserdurchlässig-
keit oder Kalkgehalt.
Im zweiten Schritt wird die potentielle zu-
künftige Verbreitung der Art unter den ver-
änderten Temperatur- und Niederschlags-
regimes vorausgesagt. Dazu wird der
Zusammenhang aus dem zuvor beschrie-
benen Lebensraummodell auf zukünftige
Klimaszenarien angewandt, so dass das
Potential für zukünftige Habitate abge-
schätzt werden kann. Die Qualität des po-
tentiellen zukünftigen Lebensraumes für
die Pflanze wird zum Beispiel stark vermin-
dert, wenn die Erwärmung (beispielsweise
mittlere Jahrestemperatur) den maxima-
len Wert der aktuellen Vorkommen einer
Art übersteigt.
Die Voraussagen für die typischen Arten des
Auenweidengebüsches in der dynamischen
Zone von alpinen Flüssen zeigen, dass für
die Pflanzen sehr unterschiedliche Habitat-
verfügbarkeiten zu erwarten sind (Abb.2,
vgl. fink unD scheiDegger 2018). Während
für einige Weidenarten wie beispielsweise
Salix elaeagnos
unter Klimawandel (Vor-
aussage starke Temperaturzunahme und
Niederschlag saisonal verändert, Szenario
ohne Klimaschutz gemäß dem fünften Be-
richt des iccp (2014) und der Berechnung
nach corDex) in der Modellierung auch in
Zukunft viele Nischen vorausgesagt werden,
wird für die eng an die Fließgewässerdyna-
mik gebundene Art
Myricaria germanica
der Lebensraum gemäß den Vorhersagen in
Zukunft noch knapper. Dieses Resultat un-
terstreicht die Wichtigkeit einer Planung
zur Erhaltung der typischen Auenarten.
Nach Erstellen von Potentialkarten, die den
aktuellen und zukünftigen Lebensraum ab-
bilden, können Simulationen zeigen, wie
sich die Pflanzen ausgehend von heutigen
Vorkommen durch Wind, Wasser oder Tiere
entlang von Fließgewässern ausbreiten und
die potentiellen Lebensräume besiedeln
könnten. Das Ausbreitungs- und Überle-
benspotential von Pflanzen unter veränder-
ten Umweltbedingungen kann eingeschätzt,
und die Vernetzung zwischen aktuellen
Schutzgebieten wie Auen von nationaler
Bedeutung und möglichen zukünftigen Ha-
bitaten sichtbar gemacht werden.
Lebensraum in Auengebieten von
nationaler Bedeutung
Auen von nationaler Bedeutung entlang von
Fließgewässern benötigen Aufwertungen,
da u.a. Defizite im Sedimentregime oder bei
der Landnutzung bekannt sind (BunDesAmt
für umwelt 2020). Die geschützten Auen-
gebiete wurden nun erstmals mit Vegeta-
tionsanalysen im Rahmen eines nationalen
Monitorings untersucht (p
roJekt
w
irkungs
-
kontrolle BiotopschutZ schweiZ, BergAmini
et al. 2020). Auch Potentialkarten können
Informationen liefern, ob innerhalb der ge-
schützten Auenperimeter Lebensraum für
Salix elaeagnos Myricaria germanica
Wahrscheinlichkeit
Lebensraum
0.0–0.2
0.2–0.4
0.4–0.6
0.6–0.8
0.8–1.0
1212 Auenmagazin 21 / 202212
PERSPEKTIVEN
10-15 S. Fink, C. Scheidegger Naturschutzplanung für Fließgewässer-Auen unter Klimawandel
12
PERSPEKTIVEN
10-15 S. Fink, C. Scheidegger
die Arten vorhanden ist und ob diese Ge-
biete das Überleben von gefährdeten Arten
ermöglichen.
Für das Schweizer Tiefland ist in Auen von
nationaler Bedeutung die Pflanzengemein-
schaft des Weichholz-Auenwalds (
Salicion
albae
) im Fokus, bspw. bei Flussaufwei-
tungen (r
ohDe
2005). Dieser Waldtyp ist
einer starken Flussdynamik ausgesetzt und
besteht daher aus einer Gemeinschaft von
verschiedenen Weiden- (
Salix alba, S. fra-
gilis, S. myrsinifolia, S. purpurea, S. trian-
dra, S. viminalis
) und Pappelarten (
Populus
alba, P. nigra
), welche an jährlich wie-
derkehrende Hochwasser angepasst sind
(DelArZe et al. 2013, DelArZe unD gonseth
2015, siehe Abb.3).
Einen hohen ökologischen Wert hat der
Weichholz-Auenwald aufgrund seiner Be-
deutung für uferbrütende Vögel, die in
Hohlräumen der Bäume Nistplätze finden,
und auch für holzbewohnende Insekten
(D
elArZe
unD
g
onseth
2015). Der Lebens-
raum ist aufgrund der Regulierungen der
Fließgewässer gefährdet (D
elArZe
unD
g
on
-
seth
2015), und auch nach Renaturierungen
dauert es mindestens fünfzehn Jahre, bis
sich die typische Lebensraumgemeinschaft
einstellt (w
erth
et al. 2012). Daher ist es für
die Planung von Renaturierungen innerhalb
und außerhalb von Auengebieten von nati-
onaler Bedeutung wichtig zu wissen, ob die
Arten auch unter veränderten klimatischen
Bedingungen geeignete Lebensraumbedin-
gungen finden.
Die Pflanzengemeinschaft
Salicion albae
ist
in den großen Einzugsgebieten (Inn, Rhein,
Rhône, Ticino) in isolierten Lebensräumen
verbreitet. In diesen Einzugsgebieten wer-
den auch die unter aktuellen und zukünfti-
gen Temperatur- und Niederschlagsregimes
modellierten Habitate vorausgesagt (f
ink
unD scheiDegger 2021). Modelle unter Be-
rücksichtigung von extremem Klimawandel,
ohne Klimaschutz, CO
2
-Äquivalenzkonzent-
ration RCP8.5, (siehe IPCC 2021) und mode-
ratem Klimawandel mit Klimaschutz, CO2-
Äquivalenzkonzentration RCP 4.5, zeigen
für typische Pflanzenarten des Weichholz-
Abb. 3: Lebensraum der Pflanzengemeinschaft Weichholz-Auenwald im Auengebiet von nationaler
Bedeutung „Rhäzünser Rheinauen“ (Kanton Graubünden) am Hinterrhein. (Foto: Christoph Scheidegger)
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Epipactis rhodanensis
Myosoton aquaticum
Populus alba
Populus nigra
Salix alba
Salix fragilis
Salix myrsinifolia
Salix purpurea
Salix triandra
Salix viminalis
Solanum dulcamara
Symphytum ocinale
Epipactis rhodanensis
Myosoton aquaticum
Populus alba
Populus nigra
Salix alba
Salix fragilis
Salix myrsinifolia
Salix purpurea
Salix triandra
Salix viminalis
Solanum dulcamara
Symphytum ocinale
% Habitatverfügbarkeit innerhalb
Auen nationaler Bedeutung
Fundmeldungen
Habitatverfügbarkeit (aktuell)
Habitatverfügbarkeit (moderater Klimawandel)
Habitatverfügbarkeit (extremer Klimawandel)
Abb. 4: Habitatverfügbarkeit für typische Pflanzenarten des Weichholz-Auenwaldes innerhalb der Auengebiete von nationaler Bedeutung in der Schweiz.
Links: Auf weniger als 30 % der Fläche innerhalb der Auenperimeter sind die Arten gemeldet worden, aber das Modell sagt eine größere Fläche an möglichem
Lebensraum voraus. Rechts: Voraussagen des verfügbaren Lebensraumes unter moderaten und extremen Klimaveränderungen zeigen, dass deutlich weniger
Habitate innerhalb der Auen von nationaler Bedeutung verfügbar sein werden. Modifiziert nach FINK und SCHEIDEGGER 2021.
Auenmagazin 21 / 2022 
PERSPEKTIVEN
10-15 S. Fink, C. Scheidegger Naturschutzplanung für Fließgewässer-Auen unter Klimawandel

PERSPEKTIVEN
10-15 S. Fink, C. Scheidegger
Auenwaldes, dass die Habitatverfügbarkeit
innerhalb der heutigen Schutzgebiete in Zu-
kunft abnimmt (Abb. 4, siehe auch in fink
unD scheiDegger 2021). Abhängig von den
individuellen Ansprüchen an den Lebens-
raum ist die Abnahme der Habitatverfüg-
barkeit innerhalb der Auen von nationa
-
ler Bedeutung unterschiedlich stark, bspw.
auch zwischen verschiedenen Weidenarten
(Abb.4). Für die Naturschutzplanung zur Er-
haltung des Weichholz-Auenwaldes muss
berücksichtigt werden, dass viele Pflanzen-
vorkommen zukünftig nicht mehr an den
gleichen Fundorten zu erwarten sind.
Zeitlich beschränkte Lebensräume
oder langfristige Refugien
Bei der langfristigen Planung zur Habitat-
verfügbarkeit für typische Arten der Au-
envegetation sind räumlich explizite Po-
tentialkarten hilfreich, damit zeitlich
beschränkte Habitate von langfristigen Le-
bensräumen unterschieden werden können.
Letztere bilden wichtige Refugien, welche
den Pflanzenarten ermöglichen, auch unter
extremen Klimaveränderungen an geeig-
neten Standorten zu bestehen. Dies ist be-
sonders für Lebensräume mit Wiederkehr-
zeiten von mehreren Dekaden wichtig, wie
bspw. den Hartholz-Auenwald mit über 30
Jahren Entstehungszeit (w
erth
et al. 2012).
Für den Hartholz-Auenwald (
Fraxinion
)
in der Schweiz typische Arten sind Seg-
gen (
Carex brizoides, C. pendula, C. remota,
C. strigosa
) sowie der Riesenschachtelhalm
(
Equisetum telmateia
, in DelArZe unD gon-
seth 2015). Auch Arten auf der Roten Liste
der Gefäßpflanzen bspw.
Malaxis mono-
phyllos
und
Ulmus laevis
sind charakteris-
tisch für den Hartholz-Auenwald (DelArZe
unD gonseth 2015, siehe Abb.5). Viele sel-
tene Pflanzenarten sind an die Lebensraum-
bedingungen im Hartholz-Auenwald ange-
passt und daher durch die Fragmentierung
der Lebensräume und die Waldnutzung be-
einträchtigt (DelArZe unD gonseth 2015).
Hartholz-Auenwälder sind Lebensräume
mit einer hohen Strukturvielfalt und einer
hohen Biodiversität, aber sie sind in der
Schweiz nur noch selten mit einer funk-
tionalen Auendynamik vernetzt und daher
stark gefährdet (DelArZe et al. 2013). Wei-
ter sind isolierte Habitate, die nicht mehr
an die Auendynamik angebunden sind, von
Absenkungen des Grundwassers betroen
(DelArZe unD gonseth 2015). Als wichtige
Lebensräume des Europäischen Smaragd-
Netzwerkes sind Hartholz-Auenwälder –
wie auch Weichholz-Auenwälder – beson-
ders schützenswerte Habitate (D
elArZe
et
al. 2003).
Um abzuschätzen, welche Regionen lang-
fristig stabile Lebensräume und für Pflan-
zen des
Fraxinion
Refugien bieten, kann
die Habitatverfügbarkeit unter verschiede-
nen Klimaszenarien verglichen werden. Für
die Arten der Roten Liste ist die Habitat-
verfügbarkeit in Zukunft kleiner als unter
aktuellen klimatischen Bedingungen, und
viele Lebensräume könnten unter Bedin-
gungen des Klimawandels nicht langfristig
besiedelt werden (Abb.6). Bei der Planung
von Renaturierungen in einem Einzugsge-
biet kann diese Information genutzt wer-
den: Am Beispiel der Rhône müsste für die
vier untersuchten Arten (Abb.6) der Fokus
auf dem Mündungsgebiet liegen, da dort
Refugien für einen Teil der Arten voraus-
gesagt sind. Für die bereits auf der Roten
Liste verzeichneten Arten, für welche die
Habitatverfügbarkeit in Zukunft abnehmen
könnte, müsste die Naturschutzplanung auf
einer aktuellen Förderung der Art liegen, um
bestmögliche Voraussetzungen für resilien-
tere Bestände für die Zukunft zu schaen.
Einschränkungen bei der Anwendung
der Lebensraummodelle
Lebensraummodelle sind Voraussagen, die
langfristige Monitoring-Programme und
Feldaufnahmen im Rahmen von Projektar-
beiten ergänzen können. Bei großräumigen
Planungen bspw. auf Einzugsgebietsebene
sind lückenlose Vegetationskartierungen
aller Auenlebensräume nicht zu bewälti-
gen. Da bieten Lebensraummodelle basie-
rend auf Informationen aus Datenbanken
gute Alternativen.
In der Schweiz werden Funddaten im Schwei-
zerischen Informationszentrum für Arten
gesammelt und können für Projektplanun-
gen bezogen werden (www.infospecies.ch).
Da die Informationszentren viele Daten von
freiwilligen Mitarbeitenden wie auch von
Forschungsprojekten enthalten, muss vor
der Anwendung der Daten in Modellen eine
unabhängige Datenkontrolle erfolgen. Die
Verwendung der Fundkoordinaten in For-
schungsprojekten bietet auch eine große
Chance, die von Freiwilligen erarbeitete
Leistung sichtbar zu machen und die Bevöl-
kerung für Artenaufnahmen zu gewinnen.
Abb. 5: Hartholz-Auenwald (Fraxinion) an der Mündung der Rhône in den Genfersee im Auengebiet von
nationaler Bedeutung „Les Grangettes“ (Kanton Waadt). (Foto: Sabine Fink)
1414 Auenmagazin 21 / 202214
PERSPEKTIVEN
10-15 S. Fink, C. Scheidegger Naturschutzplanung für Fließgewässer-Auen unter Klimawandel
14
PERSPEKTIVEN
10-15 S. Fink, C. Scheidegger
Bei den vorgestellten Lebensraummodellen
handelt es sich um statistische Modelle, de-
ren Güte und Abweichungen mit berechnet
werden. Wie bei allen Modellen sind die be-
rechneten Zusammenhänge abhängig da-
von, welche Faktoren zur Beschreibung des
Habitats angewandt wurden. In den hier
beschriebenen Beispielen sind klimatische,
geologische und topographische Fakto-
ren berücksichtigt worden, die nicht direkt
durch Bewirtschaftung beeinflussbar sind.
Pflanzen in Auengebieten sind stark von der
Flussdynamik abhängig, welche in den vor-
liegenden Studien nicht direkt berücksich-
tigt wurde, aber über die Topographie wie
bspw. Gefälle indirekt zur Beschreibung des
Lebensraumes im Modell beitragen. Mit der
Publikation von hydrologischen Szenarien
unter verschiedenen klimatischen Entwick-
lungen (BunDesAmt für umwelt 2021) steht
für die Schweiz seit diesem Jahr ein Daten-
satz zur Verfügung, der zukünftige Lebens-
raummodelle verbessern könnte.
Lebensraummodelle als Chance, die
Nische zu charakterisieren
Großräumige Lebensraummodelle basie-
rend auf klimatischen, geologischen und
topographischen Faktoren führen sicher zu
einer Überbewertung des eektiv verfügba-
ren Habitats, da sie wichtige Standortfak-
toren (bspw. Mikroklima) nicht berücksich-
tigen, die für kleinräumige Vorkommen von
Arten wesentlich sind. So wird beispiels-
weise die Sonneneinstrahlung am Wuchs-
sort oder die Bewirtschaftung im Lebens-
raum einer einzelnen Pflanze nicht in den
vorliegenden Modellen erfasst. Diese Anfor-
derungen an das Habitat müssen als zusätz-
liche Faktoren oder Maßnahmen beschrie-
ben werden, die innerhalb von möglichen
verfügbaren Habitaten vorhanden sein oder
angewendet werden müssen.
Wichtig für das Überleben einer Pflanze ist
auch die Konkurrenz durch andere Pflan-
zenarten oder die Einbindung in Lebensge-
meinschaften mit anderen Organismen. Für
einige Arten von Flechten, die Indikatoren
für autochthone Auenwälder sind (Abb.7),
konnten die Lebensraummodelle mit Da-
ten zur Waldstruktur entscheidend verbes-
sert werden (D
ymytrovA
et al. 2016). Für
Pilze in Fließgewässernähe ist es jedoch ge-
lungen, ohne Informationen zu typischen
Wirtspflanzen Potentialkarten zu erstellen,
unter anderem auch für stark von Wirts-
pflanzen abhängige Mykorrhizapilze (f
ink
et al. 2021).
Lebensraummodelle ermöglichen durch die
Berechnung von Zusammenhängen und
durch Rückschlüsse auf die Wichtigkeit
der einzelnen Faktoren im Modell, die Ni-
sche der untersuchten Art besser zu ver-
stehen. Bei schlecht identifizierbaren oder
nur saisonal sichtbaren Arten, wie z. B. Pilze
in Auenlandschaften, können Fundmeldun-
gen von diversen Jahren gemeinsam in ei-
nem Modell analysiert neue Erkenntnisse
liefern. Wenn eine Art noch wenig bekannt
oder die Vorkommen in einem Habitat rela-
tiv neu sind (beispielsweise eingewanderte
Arten), können Lebensraummodelle basie-
rend auf Fundorten in anderen Regionen
Zusammenhänge aufzeigen. Dies ist eine
Chance, die Nische von Neobiota in Auen-
landschaften zu erkennen, wie von Been-
ken unD senn-irlet (2016) für Neomyceten
beschrieben.
Bei vielen Renaturierungsprojekten wird
das Management von Neobiota bereits bei
der Planung berücksichtigt. Die mögliche
Veränderung der Pflanzengemeinschaften
durch den Klimawandel hingegen ist noch
wenig bekannt. Für die langfristige Planung
sind Szenarien wichtig, um die Resilienz der
typischen Auenarten gegenüber Klimaver-
änderungen abzuschätzen und rechtzeitig
unterstützende Maßnahmen zur Erhaltung
der hohen Biodiversität in Auenlebensräu-
men treen zu können.
Abb. 6: Vorausgesagte Veränderungen in der Habitatverfügbarkeit für vier Arten der Pflanzengemeinschaft Fraxinion entlang dem Fluss Rhône (Fließrichtung
Nord-Ost nach Westen), bis zur Mündung in den Genfersee. Für zwei Arten, Carex pendula und Prunus padus, sind Refugien vorausgesagt, die das längerfristige
Bestehen der Art auch unter Klimawandel ermöglichen könnten. Für Malaxis monophyllos und Ulmus laevis ist die Habitatverfügbarkeit entlang der Rhône und
ihren Zubringerflüssen nur unter aktuellen Klimabedingungen vorausgesagt. Ein Pixel im Modell entspricht einer Fläche von 100 x 100 m. Modifiziert nach Fink
und scheidegger 2021.
Carex pendula Malaxis monophyllos
Habitatverfügbarkeit
Aktuell ja, Zukunft ja
Aktuell ja, Zukunft nein
Aktuell nein, Zukunft ja
Aktuell nein, Zukunft nein
Ulmus laevisPrunus padus
Auenmagazin 21 / 2022 
PERSPEKTIVEN
10-15 S. Fink, C. Scheidegger Naturschutzplanung für Fließgewässer-Auen unter Klimawandel

PERSPEKTIVEN
10-15 S. Fink, C. Scheidegger
Abb. 7: Die Eichenstabflechte (Bactrosphora
dryina) sichtbar in weiß an der vom Regen ab-
gewandten Seite an einer alten Eiche in einem
autochthonen Hartholz-Auenwald (Frauenthal,
Kanton Zug). (Foto: Christoph Scheidegger)
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Kontakt:
Die beschriebenen Analysen wurden
im Rahmen vom Forschungsprogramm
„Wasserbau und Ökologie“ mit Unter-
stützung des Bundesamtes für Umwelt
durchgeführt. Weitere Informationen
unter www.rivermanagement.ch.
Dr. Sabine Fink
Prof. Dr. Christoph Scheidegger
Eidg. Forschungsanstalt für Wald,
Schnee und Landschaft (WSL)
Zürcherstrassse 111
8903 Birmensdorf, Schweiz
sabine.fink@wsl.ch
+41 44 739 28 36
1616 Auenmagazin 21 / 202216
BERICHTE UND PROJEKTE
16-20 Donauarme in der Slowakei – zehn Jahre Bemühungen um RenaturierungP. Surovec
16
BERICHTE UND PROJEKTE
16-20 Donauarme in der Slowakei – zehn Jahre Bemühungen um RenaturierungP. Surovec
DONAUARME IN DER SLOWAKEI –
ZEHN JAHRE BEMÜHUNGEN UM RENATURIERUNG
pAvol surovec
Der slowakische Landesverband für Naturschutz und Nachhaltige Entwicklung BROZ engagiert sich seit vielen
Jahren für den Erhalt der Donauauen in der Slowakei und unternimmt zahlreiche Anstrengungen, ehemalige
Donauarme wieder an den Hauptfluss anzubinden und die verlorene Dynamik in den Auen wiederherzustellen.
Anhand von mehreren Beispielen wird die erfolgreiche Renaturierung von Seitenarmen der Donau vorgestellt.
Rückblick
Nach dem Eintritt in die Slowakei über die
Hainburger Pforte, auch das Thebener Tor
genannt, fließt die Donau in die Donau-
ebene und durchquert das Pannonische Be-
cken. Hier ändert sich ihr Charakter vom
Gebirgsfluss im Oberlauf zum Tieflandfluss
mit geringerem Gefälle und beginnt große
Mengen an Sedimenten abzulagern. So bil-
deten sich in den vergangenen Jahrhunder-
ten mehrere zehn bis hunderte Meter di-
cke Schichten aus Kies und Sand, durch die
sich die Donau in ständig wechselnde Fluss-
betten verzweigte und so ein einzigartiges
Flussauensystem, das sogenannte Binnen-
delta, zwischen Bratislava und Kléska Nema
(auf slowakischer Seite) schuf.
Noch vor fünfzig Jahren hätte man bei ei-
nem Besuch des Binnendeltas der Donau
in der Slowakei eine schöne und wirklich
große Flusswildnis von europäischer Bedeu-
tung vorgefunden. Während der Vegetati-
onszeit war das Binnendelta damals ein fast
undurchdringliches Gebiet voller Leben –
ein echter Europäischer Amazonas. Das Ge-
biet zwischen Bratislava und Kléska Nema
bestand aus einem Netz von Donauarmen,
riesigen Sümpfen, periodischen Feuchtge-
bieten und Inseln mit üppigen Wäldern, ei-
ner Urwaldvegetation, mit Lianen und rie-
sigen alten Bäumen. Viele Tiere haben hier
Nahrung, Unterschlupf und einen Ort für
Abb. 1: Lage der wiederhergestellten Seitenarme der Donau gelb umrahmt (Foto: BROZ)
Auenmagazin 21 / 2022 
BERICHTE UND PROJEKTE
16-20 Donauarme in der Slowakei – zehn Jahre Bemühungen um RenaturierungP. Surovec

BERICHTE UND PROJEKTE
16-20 Donauarme in der Slowakei – zehn Jahre Bemühungen um RenaturierungP. Surovec
die Fortpflanzung gefunden. Meistens fan-
den sich nur die Einheimischen und einige
Enthusiasten, die die Gegend in ihrer Frei-
zeit besuchten, im ausgedehnten Gewirr
von Flussarmen und Inseln zurecht. Ein Boot
gehörte zur obligatorischen Ausrüstung für
die Besucher.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts finden sich
allerdings nur noch Reste der ehemaligen
Wildnis im Binnendelta der Donau, dafür
aber ein mit Steinen gefesselter Fluss, ab-
geschnittene Flussarme, trocken gelegte
Sümpfe sowie fast überall für kommerzi-
elle Zwecke gepflanzte kanadische Pappeln
(Populus x canadensis), extrem artenarm.
Man konnte fast jede Stelle im Binnen-
delta mit dem Auto erreichen. Die Dämme,
die zusammen mit dem Bau des Wasser-
werks Gabčíkovo gebaut wurden, halfen,
Wasser in einem Teil des weit verzweig-
ten Flusssystems zu halten und ermöglich-
ten den Zugang in Gebiete, die normaler-
weise unzugänglich und von der Zivilisation
abgeschnitten waren. Nur noch ein einzi-
ger Seitenarm war in der Slowakei an den
Hauptfluss angebunden, und das auch nur
bei mittleren oder höheren Abflüssen in der
Donau. Die Abtrennung der Seitengewässer
war eine Maßnahme, die vor allem im In-
teresse der Donauschifahrt zur Sicherung
eines dauerhaft ausreichenden Wasserstan-
des durchgeführt worden war. Dies führte
zum Verlust der dynamischen Kraft der Do-
nau im Hauptfluss und in den Seitenarmen.
Der vormals stetige Wandel der Flussland-
schaft wich einer langsamen Sedimenta-
tion der Seitengewässer. Aus einem dyna-
mischen System wurde ein vergleichsweise
statisches System mit geringen Grundwas-
serschwankungen und einer drastischen
Verarmung von Flora und Fauna.
Im Laufe der vergangenen fünfzig Jahre ge-
lang es auf diese Weise dem Menschen, die-
sen natürlichen Reichtum von unschätz-
barem Wert zu zerstören. Die regulierte
Donau, die begleitenden Dämme und die
Schaung eines künstlichen Schifahrts-
kanals scheinen für die heutige Generation
der Normalzustand. Aber für die Menschen,
die sich noch an die wahre Donauwildnis er-
innern, stellt sie eine riesige Narbe an die-
sem wunderschönen Fluss und der umge-
benden Auenlandschaft dar.
Der Landesverband für Naturschutz
und Nachhaltige Entwicklung BROZ
Aber es gibt Menschen, die sich um den Zu-
stand der Natur in der Slowakei gekümmert
haben und dies auch weiter tun. Leute, die
sehr begeistert und motiviert sind. Ein Teil
von ihnen fand sich im Landesverband für
Naturschutz und Nachhaltige Entwicklung
(BROZ) zusammen. Anfangs konzentrierten
sie sich auf kleinere Feuchtgebiete, die sie
gemeinsam buchstäblich von Hand wieder-
herstellten.
Nach mehreren erfolgreichen kleinen Pro-
jekten mit Renaturierungsmaßnahmen in
Bratislava und Umgebung fokussierten sie
sich auf die Donau und ihre Auen und ent-
wickelten Renaturierungsprojekte in grö-
ßerem Maßstab. Das erste LIFE–Projekt
im slowakischen Donauabschnitt begann
2003 und konzentrierte sich auf die Forst-
wirtschaft: Es half, wertvolle Reste von Au-
waldbeständen ohne Bewirtschaftung zu
erhalten und schonendere Methoden der
Waldbewirtschaftung wieder einzuführen,
einschließlich der Anpflanzung einheimi-
scher Baumarten und dem Erhalt von wert-
vollen alten Bäumen.
Anhand dieser Projekte haben BROZ und
ihre Projektpartner erkannt, dass die wich-
tigste Maßnahme für die Donau und ihre
Auen die Wiederherstellung des Wasser-
haushalts ist. Sie haben mehrere große
LIFE-Projekte dazu initiiert und umgesetzt.
So konnten bis heute fünf große Donau-Ne-
benarme und mehrere Teile des Donauarm-
systems wiederhergestellt werden. Bereits
2012 war ein Teil des Medveďovské rameno-
Nebenarms wiederhergestellt worden, der
erste in der Slowakei. Anschließend folgten
weitere Seitenarme: Veľkolélske, Devínske,
Karloveské und Kľúčovské. Zur besseren
Übersichtlichkeit werden die einzelnen res-
taurierten Seitenarme in der Reihenfolge
dargestellt, in der sie der Flussrichtung der
Donau folgen (Abb. 1).
Die Seitenarme Devínske und Karlo-
veské – Wiederherstellung der Fluss-
dynamik direkt in der Hauptstadt
Bratislava
Leider wurden auch die ehemaligen Do-
nauarme nahe der Hauptstadt Bratislava
vom Hauptstrom abgeschnitten. Am Ende
des Bratislaver Stadtteils Devín befindet
sich der relativ kleine Devín-Seitenarm, der
sich in der Vergangenheit ganz allmählich
aus einer Kiesinsel im Hauptfluss gebildet
hatte. Der erste Seitenarm der Donau auf
slowakischem Gebiet verlor seinen natür-
lichen Charakter in den 1970er Jahren, als
die Wasserwirtschaft am Zu- und Abfluss
einen Damm baute und den Seitenarm vom
Hauptlauf der Donau abtrennte. In den da-
rauolgenden Jahrzehnten verlandete der
Seitenarm.
Im Rahmen des LIFE Natura 2000-Projekts
wurde er 2015 erfolgreich renaturiert und
kann nun wieder frei durchflossen werden.
Dazu wurden nach einem mehrjährigen Pla-
nungsprozess die Zu- und Abläufe auf rund
30 Meter Breite abgesenkt (Abb. 2). Zudem
wurden die flussnahen Bereiche entlandet.
Obwohl nie vollständig vom Hauptfluss
abgeschnitten, ereilte den Karloveské-
LIFE ist ein EU-Förderprogramm, das Umwelt- und Naturschutzvorhaben finanziell unterstützt.
Abb. 2: Absenkung der
Zu- und Abläufe zur
Wiederanbindung der
Seitenarme an die
Donau. (Foto: BROZ)
1818 Auenmagazin 21 / 202218
BERICHTE UND PROJEKTE
16-20 Donauarme in der Slowakei – zehn Jahre Bemühungen um RenaturierungP. Surovec
18
BERICHTE UND PROJEKTE
16-20 Donauarme in der Slowakei – zehn Jahre Bemühungen um RenaturierungP. Surovec
Seitenarm ein ähnliches Schicksal wie den
Devín-Seitenarm. Der einzige Seitenarm in
der Slowakei, der nie vollständig geschlos-
sen wurde, leidet sehr unter den wasser-
baulichen Maßnahmen im Hauptfluss und
fällt häufig trocken. Er ist nur noch bei hö-
heren Wasserabflüssen mit dem Hauptfluss-
bett verbunden.
Im Zuge der Renaturierung des Karloveské-
Seitenarms wurden Sedimentablagerungen
und künstliche Steinschüttungen entfernt,
so dass er jetzt fast ganzjährig wieder mit
Donauwasser durchflossen wird. Die teil-
weise entstandenen Steilufer wurden sofort
von mehreren Eisvogelpaaren zum Nisten
genutzt und heimische Donaufische (auch
anspruchsvolle rheophile Arten) zogen zum
Ablaichen in den Seitenarm. Dieser renatu-
rierte Donauarm stellt ein wunderschönes
Stück Donaunatur direkt in der Hauptstadt
dar und wurde sehr schnell ein bedeutender
zentrumsnaher Erholungsraum. Wie früher
wird er nun wieder ganzjährig zum Kanu-
und Kajakfahren verwendet.
Das Flussarmsystem Medveďov–
Kľúčovec – ein großes Gebiet mit
hohem Sanierungspotenzial
Der Donauabschnitt zwischen den Dörfern
Sap und Číčov war früher hoch dynamisch
und wurde im Gegensatz zu ähnlichen Ab-
schnitten flussaufwärts beim Bau des Was-
serwerks Gabčíkovo nicht direkt in Mitlei-
denschaft gezogen. Durch die Ablagerung
großer Kiesmengen spaltete sich hier der
Fluss in mehrere Äste sowie kleinere und
größere Inseln auf, Kiesbänke und Untie-
fen wurden durch die Donau ständig neu
geschaen und wieder entfernt. Die starke
Strömung wurde von Menschen genutzt –
bis zu 25 Wassermühlen befanden sich hier
auf einem relativ kurzen Flussabschnitt.
Nach der Begradigung der Donau wurden
die Verzweigungssysteme Medveďov und
Kľúčovec voneinander getrennt und teil-
weise vom neuen Hauptflussbett abge-
schnitten. Aus heutiger Sicht kam das end-
gültige Aus für diesen hoch dynamischen
Flussabschnitt in den 1980er Jahren, als
alle Zuflüsse zu den verzweigten Flusssys-
temen Medveďov und Kľúčovec vollständig
geschlossen wurden und die Seitenarme nur
noch an den Unterstrom angebunden blie-
ben. Veränderungen, die zu einer schnel-
len und anhaltenden Sedimentation im ver-
zweigten Flusssystem führten und durch
den flussaufwärts gelegenen Damm beim
Kraftwerk Gabčíkovo verstärkt wurden,
durch den das Geschiebe zurückgehalten
und der Wasserspiegel abgesenkt wurde.
Nachdem das Flusssystem mehr und mehr
mit feinen Sedimenten verlandete, konn-
ten die Fischarten, die zum Laichen auf
freifließende Flüsse mit kiesiger Sohle an-
gewiesen sind, keine geeigneten Bedingun-
gen mehr vorfinden. Die Biodiversität ging
deutlich zurück, das gesamte System war
stark verarmt.
Bereits 2007 hat BROZ begonnen, das erste
einer Reihe großer Renaturierungsprojekte
vorzubereiten, unter anderem das LIFE–Pro
-
jekt „Danube birds conservation“. Eine der
wichtigsten Projektmaßnahmen war die
erste Renaturierung eines ehemaligen Do-
nau-Seitenarms in der Slowakei überhaupt,
des Medveďovské-Seitenarms. 2012 wurde
einer der ehemaligen Zuflüsse wieder mit
dem Hauptflussbett verbunden und so die
natürliche Durchströmung wiederherge-
stellt (Abb. 3). Nach mehreren Jahren mit
teils starken Abflüssen in der Donau be-
schleunigte sich die Seiten- und Tiefenero-
sion im Medveďovské-Seitenarm und führte
so zum angestrebten Zustand; einem Ne-
benfluss mit reichhaltiger Struktur, tieferen
und flacheren Abschnitten, die von einer ar-
tenreichen Fauna genutzt werden können.
In den neu entstandenen Uferabbrüchen
brütet bereits der Eisvogel und zeugt vom
natürlichen und dynamischen Charakter des
oberen Teils des Medveďov-Arms.
Das Jahr 2019 war entscheidend für die Ver-
besserung des Kľúčovec-Seitenarms. Hier
stand über das LIFE–Projekt „BeeSand-
Fish“ die Wiederherstellung von Nist- und
Nahrungshabitaten der Uferschwalbe im
Vordergrund. Nach Auswertung eines ak-
tuellen und detaillierten Feldmodells,
Abb. 3: Der Anschluss
an die Donau ist
wiederhergestellt, der
Klucovske Seitenarm
wird wieder durch-
strömt. (Foto: BROZ)
Auenmagazin 21 / 2022 
BERICHTE UND PROJEKTE
16-20 Donauarme in der Slowakei – zehn Jahre Bemühungen um RenaturierungP. Surovec

BERICHTE UND PROJEKTE
16-20 Donauarme in der Slowakei – zehn Jahre Bemühungen um RenaturierungP. Surovec
historischer Informationen, langfristiger
hydrologischer und morphologischer Da-
ten, sowie unter Verwendung einer hyd-
rologischen Modellstudie wurde zur Wie-
derherstellung von steilen Nistplätzen
die Renaturierung des mittleren Zuflus-
ses in das Seitenarmsystem in Höhe von
Fkm1802,4 ausgewählt. Als Maßnahmen
wurden anschließend von der Wasser- und
Schifahrtsdirektion die Ertüchtigung des
Zustroms aus dem Hauptfluss und die Be-
seitigung von Anlandungen in einem mehr
als 1,2 km langen Abschnitt des Kľúčovec-
Seitenarms durchgeführt. Durch die ver-
besserte Durchströmung konnte auch die
Seitenerosion angeregt werden und so ent-
standen neue Brutwände für Uferschwalbe
und Bienenfresser.
Der Seitenarm Veľkolélske rameno –
Eine Demonstration komplexer
Restaurierungsarbeiten von Lebens-
räumen in Flussökosystemen
Die Insel Veľkolélsky liegt bereits im Ab-
schnitt unterhalb des Binnendeltas der
Donau mit geringem Gefälle und weniger
Strömung. Verzweigungen und Inseln sind
hier seltener, dafür aber stabiler. Dies gilt
auch für die Insel Veľkolélsky. Sie besteht
seit mehreren Jahrhunderten ohne größere
Veränderungen. Sie ist umgeben vom gro-
ßen Veľkolélske Seitenarm, der an manchen
Stellen sogar mehr als 100 m breit ist. Was-
ser fließt fast das ganze Jahr durch diese
Abschnitte, außer in den Zeiten mit ex-
trem niedrigen Abflüssen. In der Mitte des
20.Jahrhunderts wurde das Wasser durch
fünf steinerne Dämme in das Seitenarmsys
-
tem geleitet und konnte durch zwei Anbin-
dungen in die Donau zurück. Dieses System
ermöglichte es, eine permanente Durchströ-
mung sicherzustellen und bei stärkeren Do-
nauabflüssen die Seitenarme zu spülen. Die
Fischwanderung aus dem Hauptfluss in die
Seitenarme war sichergestellt.
Im Zusammenhang mit dem Bau des Was-
serwerks Gabčíkovo–Nagymaros änderte
sich am Ende des 20. Jahrhunderts das Sys-
tem radikal. Der Seitenarm blieb mit der
Donau nur noch über einen ca. 40 m lan-
gen und 2 m breiten Betondüker verbun-
den. Außerdem wurde der Seitenarm durch
den Neubau einer Straße zusätzlich aufge-
staut. All dies führte dazu, dass der Seiten-
arm Veľkolélské seinen Fließcharakter verlor
und in der Folge fast vollständig verlandete.
Dank der Unterstützung der Europäischen
Kommission und des Umweltministeriums
der Slowakischen Republik wurden von
2013–2015 im Rahmen des LIFE-Projektes
„Danube birds conservation“ zum Schutz
der Donauvögel drei Wiederherstellungs-
maßnahmen schrittweise umgesetzt. Was-
ser kann jetzt wieder frei durch einen
100Meter breiten Einlauf in den Seiten-
arm strömen. Ein Teil des Straßendamms
wurde durch eine neue Brücke ersetzt, die
den Zufluss ermöglicht und gleichzeitig den
Zugang zur Insel für Besucher sowie die Ge-
bietsbetreuung ermöglicht. Die Dämme an
den unterstromigen Anbindungen an die
Donau wurden 2015 entfernt. Damit ist der
Seitenarm wieder frei mit dem Hauptfluss
der Donau verbunden. Die erfolgreiche Re-
naturierung konnte nicht nur durch wissen-
schaftliche Untersuchungen, sondern auch
durch lokale Fischer bestätigt werden.
Neben der Wiederherstellung des Seiten-
armsystems konnte durch begleitende Re-
naturierung der Insel durch Wiederein-
führung der traditionellen Beweidung, der
Förderung einheimischer Baumarten in den
Auwäldern und der Nutzung und Pflege der
Kopfweiden die Insel wieder in den frühe-
ren Zustand versetzt werden. Der Seitenarm
Veľkolélske rameno ist ein Beispiel für einen
umfassenden Ansatz zur Wiederherstellung
von Auenlebensräumen in einem komplexen
System (Abb. 4). Der Nutzen für Natur und
Landschaft ist enorm. Aktuelle botanische
und zoologische Gutachten bestätigen den
Erfolg der Renaturierung.
Abb. 4: Das Velkolelske Seitenarmsystem ist erneuert, der Zustrom aus der Donau wieder geönet. (Foto: BROZ)
2020 Auenmagazin 21 / 202220
BERICHTE UND PROJEKTE
16-20 Donauarme in der Slowakei – zehn Jahre Bemühungen um RenaturierungP. Surovec
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BERICHTE UND PROJEKTE
16-20 Donauarme in der Slowakei – zehn Jahre Bemühungen um RenaturierungP. Surovec
Trotz dieser Erfolge laufen Planungen, wei-
tere Verbesserungen des Wasserhaushalts
im Seitenarmsystem Veľkolélské vorzuneh-
men. Die Aufweitung und Aktivierung wei-
terer Önungen zum Hauptstrom und damit
eine weitere Verbesserung des dynamischen
Fließcharakters der Seitenarme ist geplant.
Träume, Pläne und nächste Schritte
Wir versuchen, den Traum von einer frei-
fließenden Donau mit angebundenen Auen-
gewässern in einer weitgehend natürlichen
Auenlandschaft weiter zu träumen, neue
Projekte zu planen und weitere konkrete
Schritte zur Wiederherstellung der Dyna-
mik und Konnektivität innerhalb des slowa-
kischen Donauabschnitts und seines einst
so vielfältigen verzweigten Flusssystems zu
unternehmen. Im vergangenen Jahrzehnt
wurde der Veľkolélske-Seitenarm als letz-
ter der fünf renaturierten Seitenarme des
slowakischen Donauabschnitts fertigge-
stellt. Wir arbeiten bereits daran, die Liste
der Gewässer mit wiederherstellbarem Was-
serhaushalt zu erweitern und konzentrie-
ren uns dabei auf jene Seitenarme, die das
größte Potenzial aufweisen.
Erwähnenswert ist in diesem Zusam-
menhang auch das internationale Projekt
„Dynamic LIFE Lines Danube (LIFE NAT/
AT/000733)“. Im Rahmen dieses Projekts
wurden die Arbeiten zur Wiederanbindung
des Spittelauer Seitenarmes an die Haupt-
donau im Jahr 2021 abgeschlossen. Nach
mehr als 100 Jahren wurde das dynamische
Donauleben in diesem schönen österreichi-
schen Seitenarm vollständig wiederherge-
stellt. BROZ ist einer der slowakischen Pro-
jektpartner und konzentriert sich derzeit auf
die vorbereitenden Arbeiten zur Wiederher-
stellung der Dynamik an drei Abschnitten
des slowakischen Teils der Donau.
Danksagung
Mein besonderer Dank gilt Herrn Siegfried
Geißler, Leiter des Sachgebietes Natur-
schutz, Gartenkultur und Landschaftspflege
am Landratsamt Neuburg-Schrobenhau-
sen für die Bearbeitung und Übernahme
der Übersetzung.
Kontakt:
Regionaler Naturschutzverband
Bratislava
BROZ
An der Riviera 7/a
841 04 Bratislav
Homepage: www.broz.sk
E-Mail: broz@broz.sk
Siegfried Geißler
Leiter untere Naturschutzbehörde
Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen
Untere Naturschutzbehörde
Platz der Deutschen Einheit 1
86633 Neuburg a.d.Donau
Tel.: +49 8431 57-304
E-Mail: siegfried.geissler@neuburg-
schrobenhausen.de
www.neuburg-schrobenhausen.de
Regionaler Naturschutz-
verband Bratislava (BROZ)
Der Verband schützt und restau-
riert wertvolle Naturräume. Seit
mehr als 20 Jahren setzt BROZ
praktische Erhaltungsmaßnah-
men in Natura-2000-Gebieten
um. Seit seiner Gründung im Jahr
1997 hat sich der Verband als
führende NGO im Bereich des
Schutzes und der Wiederherstel-
lung seltener Lebensräume in der
Slowakei etabliert. Das Team aus
professionellen Naturschützern
restauriert vor allem im Donau-
raum Feuchtgebiete und Fluss-
schultern, Auwälder, Wiesen
und Weiden. BROZ bemüht sich
auch, traditionelle, naturverträg-
liche Formen der Landwirtschaft
wie Viehweiden, Rohrmähen oder
Weidenschnitt zu fördern.
Auenmagazin 21 / 2022 
BERICHTE UND PROJEKTE
21-28 Pro Gewässer 2030: Ein neues Aktionsprogramm für BayernT. Henschel et al.

BERICHTE UND PROJEKTE
21-28 Pro Gewässer 2030: Ein neues Aktionsprogramm für BayernT. Henschel et al.
PRO GEWÄSSER 2030: EIN NEUES AKTIONSPROGRAMM FÜR BAYERN
thomAs henschel, wolfgAng krAier, wolfgAng rieger, AnDreAs gorBAuch
Das neue Bayerische Gewässer-Aktionsprogramm 2030 (PRO Gewässer 2030) schreibt die Leitlinien für die nachhal-
tige und zukunftsfähige Bewirtschaftung der Gewässer in Bayern fort. Das Gerüst des Aktionsprogramms bilden die
drei Säulen „Hochwasserschäden vorbeugen“ (Hochwasserschutz), „Flüsse, Bäche, Auen renaturieren“ (Ökologie) und
„Erlebnisse und Erholung schaen“ (Sozialfunktion). Das Programm gibt den konzeptionellen Rahmen für die tägliche
Arbeit der Wasserwirtschaftsverwaltung in den Bereichen Wasserbau und Gewässerentwicklung und zeigt auf, wel-
che Akteure bei der Maßnahmenumsetzung in den einzelnen Handlungsfeldern aktiv werden müssen. Die integrale
Herangehensweise dient dazu, Synergien zu nutzen, Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden und so einen
ökologischen und gesellschaftlichen Mehrwert zu schaen. Nach einer kurzen Beschreibung der Programmstruktur
von PRO Gewässer 2030 wird die Rolle der Auen in diesem Beitrag für das Auenmagazin dargestellt.
Anlass
Starkregen und Hochwasser, Trockenheit
und Dürre, überformte Gewässerlandschaf-
ten und ökologische Defizite, stoiche Be-
lastungen und steigender Erholungsdruck:
derartige Herausforderungen können am
besten mit einem integralen Programm
ganzheitlich bewältigt werden. Mit dem
Bayerischen Gewässer-Aktionsprogramm
2030 – der neuen integralen Gesamt-
strategie von Wasserbau und Gewässer-
entwicklung – wird der Freistaat Bay-
ern seine bisherigen Anstrengungen zur
Verbesserung des Hochwasserschutzes und
der Gewässerökologie bündeln, weiter in-
tensivieren und neue Schwerpunkte setzen.
PRO Gewässer 2030 ist vom Landesamt
für Umwelt (LFU) im Auftrag des Bayeri-
schen Staatsministeriums für Umwelt und
Verbraucherschutz (STMUV) ausgestaltet
worden und ist die Leitlinie und das stra-
tegische Konzept Bayerns für die nächs-
ten Jahre. Es gibt den Rahmen für die
Wasserwirtschaft vor und stellt Emp-
fehlungen für Kommunen, Naturschutz-
behörden sowie weitere Akteure und Inte-
ressensgruppen bereit.
Beschreibung und Ziele von
PRO Gewässer 2030
Das Gewässer-Aktionsprogramm ist modu-
lar aufgebaut (Abb. 1).
Das Gerüst des Aktionsprogramms bil-
den die drei Säulen „Hochwasserschäden
vorbeugen“ (Hochwasserschutz), „Flüsse,
Bäche, Auen renaturieren“ (Ökologie) und
„Erlebnisse und Erholung schaen“ (Sozial-
funktion). Jede Säule ist in mehrere Hand-
lungsfelder unterteilt.
Übergreifende Ziele:
Maßnahmen von Hochwasserrisikoma-
nagement-Richtlinie (HWRM-RL), Was-
serrahmenrichtlinie (WRRL) und Na-
tura 2000 integral betrachten und
umsetzen
Synergien nutzen, Konflikte frühzeitig er-
kennen und vermeiden
Eine nachhaltige Gewässerbewirtschaf-
tung in Bayern auch über 2030 hinaus
gewährleisten
Säule I – Hochwasserschutz:
Hochwasserschäden vorbeugen, indem
neue Risiken vermieden sowie beste-
hende Risiken und nachteilige Folgen vor,
während und nach Hochwasserereignis-
sen reduziert werden
Natürlichen Rückhalt weiter stärken (un-
ter anderem Synergien für Trockenheit)
Eigenvorsorge stärken
Ökologie
Flüsse, Bäche, Auen renaturieren
  Wasserhaushalt
  Durchgängigkeit
  Gewässerstruktur und Auen
  Vernetzungsfunktion und Artenvielfalt
Hochwasserschutz
Hochwasserschäden vorbeugen
Vermeidung
Schutz – natürlicher Rückhalt
Schutz – technischer Hochwasserschutz
Vorsorge
Bewältigung und Nachsorge
Sozialfunktion
Erlebnisse und Erholung schaen Strategisch-konzeptionelle Maßnahmen
Bauliche Maßnahmen
Abb. 1: Aufbau PRO Gewässer 2030 (STMUV 2022)
Übergreifende
Maßnahmen und Strategien
2222 Auenmagazin 21 / 202222
BERICHTE UND PROJEKTE
21-28 Pro Gewässer 2030: Ein neues Aktionsprogramm für BayernT. Henschel et al.
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BERICHTE UND PROJEKTE
21-28 Pro Gewässer 2030: Ein neues Aktionsprogramm für BayernT. Henschel et al.
Die wesentlichen Ziele der Säule I sind die
Vermeidung neuer Risiken, die Verringerung
bestehender Risiken sowie die Reduktion
nachteiliger Folgen vor, während und nach
einem Hochwasser- oder Starkregenereig-
nis. Dazu werden die bisherigen Hochwas-
serschutz-Aktionsprogramme 2020 bzw.
2020plus (STMUV 2014) konsequent wei-
tergeführt und, wo notwendig, ergänzt.
Die Säule I enthält in Anlehnung an LAWA
(2020) die fünf Handlungsfelder Vermei-
dung, Schutz – natürlicher Rückhalt, Schutz
– technischer Hochwasserschutz, Vorsorge
sowie Bewältigung und Nachsorge.
Säule II – Ökologie:
Flüsse, Bäche, Auen renaturieren, die öko-
logische Funktionsfähigkeit der Gewäs-
ser und ihrer Auen langfristig erhalten
bzw. wiederherstellen, auch im Hinblick
auf Resilienz gegenüber Trockenheit und
Hitze
Lebensräume am und im Gewässer und
den Auen vernetzen und naturschutz-
fachlich aufwerten
Die Säule II behandelt den Schutz und
die Entwicklung ökologisch funktionsfä-
higer Fließgewässer und Auen. Inhaltlich
setzt PRO Gewässer 2030 auf die beste-
henden Aktivitäten zur Umsetzung der eu-
ropäischen Richtlinien (insbesondere der
Wasserrahmenrichtlinie) auf, geht aber in
qualitativer und räumlicher Hinsicht darü-
ber hinaus und schat einen ökologischen
Mehrwert. Die Säule II besteht in Anleh-
nung an LAWA (2020) aus den Handlungs-
feldern Wasserhaushalt, Durchgängigkeit,
Gewässerstruktur und Auen sowie der Ver-
netzungsfunktion und Artenvielfalt in ei-
nem eigenen Handlungsfeld.
Säule III – Sozialfunktion:
Erholungsfunktion und Erlebbarkeit der
Gewässer steigern
Eine umweltverträgliche Zugänglichkeit
ermöglichen
Eine systematische und programmatische
Behandlung der Sozialfunktion von Gewäs-
sern und Auen erfolgt mit der Säule III zum
ersten Mal in Bayern. In der Säule III gibt es
zwei Handlungsfelder: strategisch-konzep-
tionelle Maßnahmen sowie bauliche Maß-
nahmen. Der Fokus liegt auf der Erlebbarkeit
der Gewässer und Auen sowie ihrer Nutzung
für naturverträgliche Formen der Erholung.
Maßnahmen zur Förderung der Erlebbarkeit
und Erholung erfolgen stets in Verknüpfung
mit Maßnahmen aus den beiden anderen
Säulen. Diese Steigerung der Sozialfunktion
durch renaturierte Gewässer oder im Zuge
von Hochwasserschutzmaßnahmen ist als
genuine Aufgabe der Wasserwirtschaft in
PRO Gewässer 2030 definiert, für die Kom-
munen sind sie derzeit als integrale Maß-
nahmen (Add-on für Maßnahmen zur Öko-
logie) förderfähig.
Mit PRO Gewässer 2030 werden künftig Sy-
nergien von Hochwasserschutz und Ökolo-
gie besser genutzt, die Sozialfunktion der
Gewässer wird fester Bestandteil wasser-
wirtschaftlicher Maßnahmen. Für die Um-
setzung des Gewässer-Aktionsprogramms
in Bayern sind bis 2030 insgesamt zwei Mil-
liarden Euro veranschlagt.
Auen im Programm PRO Gewässer
2030: Ansätze zur Ausgestaltung
und Zielerreichung
Die Auenentwicklung ist eng mit den Hand-
lungsfeldern „Wasserhaushalt“, „Gewässer-
struktur und Auen“ sowie „Vernetzungs-
funktion und Artenvielfalt“ verflochten.
Gemeinsam bilden sie wichtige Bestand
-
teile der Säule II des PRO Gewässer 2030.
Für diesen Beitrag wird deshalb der Fokus
auf die Auen gelegt.
Die in PRO Gewässer 2030 aufgezeigten
Strategien und Maßnahmen sind überwie-
gend multifunktional und wirken vielfach
synergistisch. Auch im Bereich der Auen-
entwicklung werden diese Ansätze gestärkt
(s.a. hAusmAnn 2021; pusch et al. 2016).
Einige Ansätze zur Ausgestaltung des Pro-
gramms mit dem Ziel der Auenentwicklung
werden im Folgenden kursorisch behandelt.
Integrale Planungen und Leucht-
turmprojekte
Maßnahmen im Sinne des PRO Gewässer
2030 werden integral geplant und haben
einen Mehrwert, weil sie die Handlungs-
felder aller Säulen und damit die Aspekte
Hochwasserschutz, Ökologie sowie Freizeit
und Erholung bestmöglich berücksichtigen.
Dazu ein erläuterndes Beispiel: Maßnahmen
der Auenentwicklung, wie die Wiederher-
stellung von Primärauen oder die Wiederan-
bindung von Altgewässern, verbessern den
natürlichen (Hochwasser-)Rückhalt, stär-
ken den Wasserhaushalt bei Niedrigwasser,
erhöhen die strukturelle Vielfalt, vernetzen
die Lebensräume am und im Gewässer, stär-
ken den Biotopverbund, schaen wertvolle
Biotope und unterstützen damit die Umset-
zung einschlägiger EG-Richtlinien (WRRL,
Natura 2000, HWRM-RL). Zudem stärken
sie die Resilienz in Trockenperioden als An-
passung an den Klimawandel und schaen
attraktive Räume für Erlebnisse, Erholung
und Umweltbildung. Der Kasten listet ab-
geschlossene oder laufende Leuchtturm
-
projekte mit Auenbezug in Bayern auf, die
Leuchtturmprojekte integraler Gewässerentwicklung in Bayern
Isar-Plan München
Mittlere Isar
Flusserlebnis Isar (LIFE-Projekt)
Isarmündung
(Naturschutzgroßprojekt)
Amper rhei
Wertach vital
Licca liber
agile Iller
Günztal
Altmühl
DonAuRevive
Donauauen zwischen Neuburg und
Ingolstadt
Donau zwischen Neustadt und
Bad Abbach
Wernrenaturierung
Oberes Maintal (LIFE-Natur)
Regentalaue, Waldnaabaue
(Naturschutzgroßprojekte)
Auenmagazin 21 / 2022 
BERICHTE UND PROJEKTE
21-28 Pro Gewässer 2030: Ein neues Aktionsprogramm für BayernT. Henschel et al.

BERICHTE UND PROJEKTE
21-28 Pro Gewässer 2030: Ein neues Aktionsprogramm für BayernT. Henschel et al.
als Vorzeigebeispiele im Sinne von PRO Ge-
wässer 2030 die Maßnahmenträger und Ak-
teure zur Nachahmung anregen sollen.
„Landshuter Modell“
Die Entwicklung und Umsetzung gemein-
samer Projekte von Wasserwirtschafts- und
Naturschutzverwaltung zum landesweiten
Biotopverbund in Gewässern und Auen ist
Zielvorgabe in PRO Gewässer 2030. Be-
reits existierende Beispiele, wie die öko-
logischen Entwicklungskonzepte nach dem
Landshuter Modell, können als Vorlage die-
nen (s
chAcht
unD
l
orenZ
2013). Sie schaen
einen entscheidenden Mehrwert gegenüber
der 1:1-Umsetzung der relevanten Umwelt-
richtlinien (WRRL und Natura2000).
Zusätzlich ist vorgesehen, die Integra-
tion von Zielen und Maßnahmen der Na-
tura2000-Managementplanung in Auen,
die im dritten Bewirtschaftungsplan der
WRRL noch nicht berücksichtigt werden
konnten, bei wasserwirtschaftlichen Pla-
nungen im Rahmen des PRO Gewässer 2030
nachzuholen.
Förderung des natürlichen Rückhalts
Der dezentrale Rückhalt umfasst eine
Vielzahl von Komponenten – Maßnah-
men zum natürlichen Rückhalt, aber auch
dezentrale Rückhaltebecken – und wird
begriich häufig unscharf verwendet
(vgl. Abb.2). Der Rückhalt in Gewässern
und Auen einschließlich der Deichrückver-
legungen ist eine Komponente des natür-
lichen Rückhalts. Die Maßnahmen zum
natürlichen Rückhalt (vgl. Abb. 3) unter-
scheiden sich in Wirkung und Einfluss auf
Rückhalt in
Gewässer und Aue
Dezentraler Rückhalt Natürlicher Rückhalt Rückhalt in der Fläche
Rückhalt im
Wald
Rückhalt in der
Landwirtschaft
Rückhalt in
Siedlungsgebieten
natürlich | technisch
Dezentrale
Rückhaltebecken
Dezentrale Rückhaltebecken
z. B. sehr kleine Stauanlagen an
Fließgewässern, Kleinrückhalte
in der ländlichen Flur
Maßnahmen in Siedlungsgebieten*
z. B. Zisternen, Gründächer, Versicke-
rungsmulden, Entsiegelung, Reaktivie-
rung von Gräben und Fließgewässern
Waldbauliche Maßnahmen
z. B. Schutzwald, Aufforstung,
Maßnahmen der Flurgliederung
und -erschließung
Landwirtschaftliche Maßnahmen
z. B. Hanglängenverkürzung,
hangparallele Bewirtschaftung,
konservierende Bodenbearbeitung,
Maßnahmen der Flurgliederung
und -erschließung
Gewässer- und Auenentwicklung
z. B. Altarme anschließen,
Gewässersohle anheben,
Uferrehne abtragen
Deichrückverlegung
Natürlicher Rückhalt
Rückhalt in der Fläche
Dezentraler Rückhalt
Rückhalt in Gewässer und Aue
* Die Maßnahmen können sowohl
technisch als auch natürlich
ausgeführt werden.
1
1
2
3
4
5
2
6
3
46
5
Abb. 3: Komponenten und Maßnahmen des natürlichen Rückhalts am Beispiel einer fiktiven Gewässerlandschaft (STMUV 2022)
Abb. 2: Begrisbestimmungen und Komponenten im dezentralen Rückhalt
2424 Auenmagazin 21 / 202224
BERICHTE UND PROJEKTE
21-28 Pro Gewässer 2030: Ein neues Aktionsprogramm für BayernT. Henschel et al.
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BERICHTE UND PROJEKTE
21-28 Pro Gewässer 2030: Ein neues Aktionsprogramm für BayernT. Henschel et al.
die Hochwassercharakteristik (seiBert unD
AuerswAlD 2020; DWA 2015).
Qualitativ kann man festhalten, dass Maß-
nahmen der Gewässer- und Auenentwick-
lung umso wirksamer für den Hochwasser-
rückhalt sind, je geringer das Fließgefälle
des Gewässers, je größer das reaktivierbare
Auenpotenzial und je geringer die Jährlich-
keit des Ereignisses ist. Sie sind im Projekt
ProNaHo im Auftrag des LFU systematisch
untersucht worden (neumAyer et al. 2020).
In Modellgebieten Bayerns wurden dabei –
unter Verwendung hydrologischer Wasser-
haushaltsmodelle gekoppelt mit hydrauli-
schen 2D-Modellen – die Auswirkungen von
kleinen, im Einzugsgebiet verteilten
Becken
Landnutzungs- und Bewirtschaftungs-
änderungen sowie
Maßnahmen zur Gewässerrenaturierung
mit Auwaldanschluss
auf den Hochwasserrückhalt untersucht.
Die ermittelte Wirksamkeit nimmt tenden-
ziell in dieser Reihenfolge ab, wird jedoch
durch ein Zusammenspiel vieler gebiets-
und ereignisspezifischer Faktoren beein-
flusst.
Maßnahmen zum natürlichen Rückhalt
wie auch die des technischen Hochwasser-
schutzes, für den Überlastfall und zur Steu-
erungsoptimierung sind in STMUV (2014,
2022) dargestellt.
Die Wirkung der Gewässer- und Auenent-
wicklung für den Hochwasserrückhalt ist
vor allem in Oberläufen und kleineren Ein-
zugsgebieten von Bedeutung. Maßnahmen
in mehreren Teileinzugsgebieten können die
Wirkungen verstärken. Für konkrete Pro-
jekte und Planungen kann die quantitative
Wirksamkeit unterschiedlicher Maßnah-
men über hydrologische und hydraulische
Modelle überprüft werden. Dabei sind stets
die örtlichen Rahmenbedingungen im kon-
kreten Einzelfall zu beurteilen. Ist zum
Schutz von Siedlungen und Infrastruk-
tureinrichtungen der technische Schutz
(Schutzgrad HQ100 plus Klimazuschlag)
erforderlich, kann der natürliche Rückhalt
ergänzend wirken.
Die weitere Stärkung des natürlichen Rück-
halts in der Landschaft – und somit zu ei-
nem erheblichen Teil auch in Auen – ist
ein säulenübergreifendes Ziel des PRO Ge-
wässer 2030. Zusätzlich zu den Maßnah-
men an den staatlichen Gewässern sollen
die Aktivitäten der Kommunen an den Ge-
wässern dritter Ordnung verstärkt werden,
unter anderem durch zielgerichtete staat-
liche Förderung.
Deichrückverlegung
Deichrückverlegungen sind oft Vorausset-
zung für eine Reaktivierung und Renatu-
rierung von Auen an den großen Flüssen.
Seit 2001 konnten in Bayern über 73 km
Deiche zurückverlegt und etwa 25,8 Milli-
onen m Retentionsraum aktiviert werden
(Quelle: 3.Leistungsbilanz zum AP2020plus,
Berichtsstand: 31.12.2020; LFU, unverö.).
Im PRO Gewässer 2030 sind weitere Deich-
rückverlegungen vorgesehen, insbesondere
im Zusammenhang mit Maßnahmen zur
Auenentwicklung und bei Vorhaben im na-
tionalen Hochwasserschutzprogramm.
Bei Deichrückverlegungen wird ein gewäs-
sernaher Deich durch einen anderen auf
gewässerfernerer Trasse ersetzt. Der ur-
sprüngliche Deich wird entfernt oder an
mehreren Stellen geönet, so dass er hyd-
raulisch unwirksam wird. Die neu geschaf-
fene Überschwemmungsfläche nimmt wie-
der am natürlichen Hochwassergeschehen
teil und trägt so zur Erhöhung der „flie-
ßenden Retention“ bei (Abb. 4). Beispiele
in Bayern: Salzach bei Fridolfing (heinZ unD
h
errmAnnsDorfer
2014), Donau bei Nat-
ternberg.
Deichrückverlegungen weisen folgende hy-
drologische bzw. hydraulische Wirkungen
auf:
Sie erweitern die Abflussquerschnitte und
bewirken damit eine örtliche Absenkung
der Wasserspiegellagen, wenn sie ent-
sprechend abflusswirksam ausgebildet
sind.
Sie bewirken durch das bereits mit der
anlaufenden Hochwasserwelle zusätz-
lich aktivierte Rückhaltevolumen bis zum
Bemessungsereignis der zurückverlegten
Deiche eine Verzögerung und gegebenen-
falls Dämpfung der Hochwasserwelle.
Sie stellen auf begrenzten Flächen wie-
der auentypische Überflutungsverhält-
nisse her und ermöglichen Standorte für
entsprechende Vegetationsformen und
Biotoptypen.
Deichrückverlegungen spielen eine wichtige
Rolle im Nationalen Hochwasserschutz-
programm: In Bayern sind in den Flussge-
bieten von Donau und Rhein Maßnahmen
zur ungesteuerten Retention auf einer Ge-
samtfläche von rund 2.300 Hektar am Lech,
an der Mittleren Isar, der Donau und der
Salzach in Planung oder Umsetzung.
Auenkulisse
Wassersensible Bereiche sind definiert als
„Gebiete, die durch den Einfluss von Was-
ser geprägt sind und anhand wasserbeein-
flusster Böden unter anderem Moore, Auen,
Gleye und Kolluvien abgegrenzt werden“
(LFU). Hier kann es durch über die Ufer tre-
tende Flüsse und Bäche, Wasserabfluss in
sonst trockenen Tälern oder hoch anste-
hendes Grundwasser zu Überschwemmun-
gen kommen. Die Gebietskategorie der was-
sersensiblen Bereiche wird im Umweltatlas
HW100
MW
bestehenden Deich
entfernen
neuer Deich
HW100
Abtrag Flutmulde
Abb. 4: Prinzipskizze zur Deichrückverlegung (STMUV 2022)
Auenmagazin 21 / 2022 
BERICHTE UND PROJEKTE
21-28 Pro Gewässer 2030: Ein neues Aktionsprogramm für BayernT. Henschel et al.

BERICHTE UND PROJEKTE
21-28 Pro Gewässer 2030: Ein neues Aktionsprogramm für BayernT. Henschel et al.
Bayern dargestellt. In der Zwischenzeit sind
am LFU weitere Produkte wie die flächen-
deckende Auenkulisse (Maßstab 1 : 25 000)
und die Hinweiskarte hohe Grundwasser-
stände (Maßstab 1 : 500 000) entstanden.
Diese Daten erlauben eine Verbesserung der
Flächenabgrenzung der wassersensiblen Be-
reiche und haben einen Mehrwert vor allem
an Gewässern dritter Ordnung, bei denen
über weite Strecken keine anderen Infor-
mationen zu einer ersten Abschätzung der
Hochwassergefährdung vorliegen. Im PRO
Gewässer 2030 ist die Weiterentwicklung
dieser Angebote im Kartendienst geplant.
Uferstreifen, Entwicklungskorridore
Gewässerrandstreifen, Uferstreifen und Ent -
wicklungskorridore sind Landschaftsele-
mente und Fallgestaltungen, die sich viel-
fältig auf die Entwicklungsmöglich keiten
der Gewässer und Auen auswirken und
deshalb handlungsfeldübergreifend in der
Säule II behandelt werden. Die Zusammen-
hänge zeigt das Schemabild (Abb. 5).
Mit der Umsetzung des Volksbegehrens „Ar-
tenvielfalt und Naturschönheit in Bayern
– Rettet die Bienen“ wurde 2019 ein ge-
setzlicher Gewässerrandstreifen im Bay-
erischen Naturschutzgesetz verankert. Er
umfasst das Verbot einer acker- oder gar-
tenbaulichen Nutzung entlang natürlicher
oder naturnaher Gewässer auf einer Breite
von 5 m. Darüber hinaus ist im Landes-
wassergesetz festgeschrieben, dass der Ge-
wässerrandstreifen an staatlichen Gewäs-
sern auf Grundstücken des Freistaates 10m
breit ist sowie der Einsatz und die Lage
-
rung von Dünge- und Pflanzenschutzmit-
teln verboten ist.
Dieser Gewässerrandstreifen leistet Grund-
funktionen durch die Abstand-, Puer und
Filterwirkungen und verringert partiku-
läre Stoeinträge. Die Wirksamkeit kann
durch gesetzlich nicht verpflichtende Nut-
zungsänderungen gesteigert werden, z. B.
Anpflanzungen eines gewässerbegleiten-
den Gehölzsaums oder extensive Grün-
landbewirtschaftung (LFU 2021). Ein echter
„Quantensprung“ für die Gewässerentwick-
lung und die weiteren Funktionen wie vor
allem „Lebensraum für Pflanzen und Tiere“,
„Biotopvernetzung“, „Energiehaushalt“,
„Landschafts- und Ortsbild“ stellt sich in-
des erst bei Uferstreifen ein.
Der Uferstreifen ist in der Regel ungenutzt.
Hervorzuheben ist die Bedeutung des Ufer-
streifens für die naturnahe Eigenentwick-
lung des Gewässers. Die Mindestbreite für
funktionsfähige Uferstreifen ist unter ande-
rem von der natürlichen Gewässerbreite ab-
hängig. Als Entwicklungskorridor wird der
Teil der Aue bezeichnet, der in Abhängig-
keit vom Fließgewässertyp und der Gewäs-
sergröße eine natürliche, eigendynamische
morphologische Gewässerentwicklung er-
möglicht. Er beinhaltet den Uferstreifen als
grundsätzlich nutzungsfreies Kernelement,
beansprucht in der Regel aber zusätzliche
Flächen, maximal die gesamte Aue. Die über
den Uferstreifen hinausgehenden Flächen
können bis zur Inanspruchnahme durch das
Gewässer (z. B. Laufverlagerung) land- oder
forstwirtschaftlich genutzt werden.
Im Rahmen des PRO Gewässer 2030 sol
-
len die Uferstreifen an den staatlichen Ge-
wässern (I. und II. Ordnung) qualitativ und
quantitativ vervollständigt werden. Für das
Netz der nach WRRL berichtspflichtigen Ge-
wässer (circa 27.000 km) werden die Ent-
wicklungskorridore ermittelt und die Daten
als Grundlage für künftige Gewässer- und
Auenentwicklungsmaßnahmen bereitge-
stellt.
Gewässerrandstreifen
derzeitiger Uferstreifen
an die Gewässerent-
wicklung angepasster
Uferstreifen
Entwicklungskorridor
Einschränkung des
Entwicklungskorridors
Aue
derzeitiger
Gewässerverlauf
Gewässerverlauf im
Entwicklungskorridor
Siedlung
Straße
Abb. 5: Schemabild Gewässerrandstreifen-Uferstreifen-Entwicklungskorridor (STMUV 2022)
Flächenbereitstellung
Die Flächenbereitstellung zählt zu den
dringlichsten und schwierigsten Aufgaben
für eine eigendynamische Gewässerent-
wicklung (k
oenZen
2018). Zur Verbesserung
der Flächenverfügbarkeit zeigt PRO Gewäs-
ser 2030 eine Reihe von Wegen auf, die in
Zukunft verstärkt begangen werden sollen.
Dazu zählt neben dem bewährten Grunder-
werb der Wasserwirtschaftsverwaltung an
den staatlichen Gewässern unter anderem
die Förderung der Kommunen in was-
serwirtschaftlichen Zuwendungsverfah-
ren: Der Flächenerwerb (Grunderwerb)
für Ausbaumaßnahmen an Gewässern
und Auen zur Stärkung des natürlichen
Rückhalts ist förderfähig. Zuwendungs-
empfänger sind Kommunen und ihre öf-
fentlich-rechtlichen Zusammenschlüsse
sowie im Rahmen ihrer Zuständigkeit
fallweise auch Wasser- und Bodenver
-
bände oder Landschaftspflegeverbände.
Förderungen werden regelmäßig an die
Erfordernisse angepasst und aktualisiert.
die Ausübung des gesetzlich verankerten,
naturschutzfachlichen Vorkaufsrechts an
Gewässern einschließlich der Mittelbe-
reitstellung. Berechtigt ist die Natur-
schutzverwaltung.
2626 Auenmagazin 21 / 202226
BERICHTE UND PROJEKTE
21-28 Pro Gewässer 2030: Ein neues Aktionsprogramm für BayernT. Henschel et al.
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BERICHTE UND PROJEKTE
21-28 Pro Gewässer 2030: Ein neues Aktionsprogramm für BayernT. Henschel et al.
die Ausübung des gesetzlich veranker-
ten Vorkaufsrechts für den Hochwasser-
schutz, gegebenenfalls auch für Maß-
nahmen zum natürlichen Rückhalt.
Berechtigt sind die Wasserwirtschafts-
verwaltung und die Kommunen.
Grundstücksmanagement (staatliche
Flächen)
Die Wasserwirtschaftsverwaltung hat über
viele Jahre Flächen an den staatlichen Ge-
wässern und in deren Auen erworben, un-
ter anderem um Ziele der Gewässerent-
wicklung – einschließlich einer ökologisch
orientierten Gewässerunterhaltung – so-
wie notwendige Ausbauvorhaben umset-
zen zu können. Bayerns Wasserwirtschaft
besitzt und verwaltet circa 40.000 Grund-
stücke mit einer Fläche – inklusive der Was-
serflächen – von rund 56.000 Hektar. Die
Bayerische Biodiversitätsstrategie sieht vor,
dass auf staatlichen Flächen der Erhalt und
die Entwicklung der biologischen Vielfalt in
vorbildlicher Weise umgesetzt werden soll.
Allerdings sind derzeit weder die spezielle
Zweckbestimmung noch der aktuelle Zu-
stand dieser Flächen in einem bayernweiten
System einheitlich dokumentiert. Deshalb
soll im PRO Gewässer 2030 eine anwen
-
dungsreife DV-Lösung für ein optimiertes
Flächenmanagement wasserwirtschaftsei-
gener Grundstücke (in den Auen) entwi-
ckelt werden.
Gewässerentwicklungskonzepte (GEK)
GEK sind als Bündelungsinstrumente der
Säule II besonders geeignet, weil sie alle
Handlungsfelder, die das PRO Gewässer
2030 aufgreift, bereits beinhalten. Zur Um-
setzung der Säule II sollen die GEK wei-
terentwickelt werden, insbesondere zum
Handlungsfeld „Vernetzungsfunktion und
Artenvielfalt“. In PRO Gewässer 2030 sol-
len die GEK, die an staatlichen Gewässern
bereits in großem Umfang vorliegen, ver-
vollständigt und – wo nötig – aktualisiert
werden. An den nichtstaatlichen Gewässern
soll die Flächendeckung deutlich gesteigert
werden. Zuständig sind die Kommunen, die
vom Freistaat für diese Aufgabe Fördermit-
tel der Wasserwirtschaft von bis zu 75Pro-
zent erhalten.
Gewässer- und Auenentwicklung
Seit 2001 konnten in Bayern rund 2.170km
staatliche Gewässer sowie 2.700ha Auen-
flächen renaturiert werden (Quelle: 3. Leis-
tungsbilanz zum AP2020plus, Berichts-
stand: 31.12.2020; LFU, unverö.). Der
LAWA/BLANO-Maßnahmenkatalog (2020)
zur Umsetzung von WRRL und HWRM-
RL unterscheidet eine Vielzahl von Einzel-
maßnahmen, die im PRO Gewässer 2030
mit gleichlautender Systematik übernom-
men sind. Viele dieser Maßnahmen sind im
Handlungsfeld Gewässerstruktur und Auen
angesiedelt.
Dafür sind im PRO Gewässer 2030 folgende
Grundsätze festgelegt:
Neben der Förderung einer naturna-
hen Auenentwicklung ist vor allem eine
Überschwemmung der Auen bei häufigen
Hochwassern anzustreben.
Uferrehnen, Verwallungen oder andere
Aufschüttungen entlang des Gewässers,
die das Ausufern kleinerer Hochwasser
ver- oder behindern, sollen nach Mög-
lichkeit beseitigt werden.
Für die Entwicklung naturnaher Auenle-
bensräume ist die Erhaltung und Entwick-
lung von Auenreliefs, die dem jeweiligen
Naturraum entsprechen, erforderlich.
Zum Erhalt und zur Entwicklung des Au-
enreliefs sind Maßnahmen zu bevorzu-
gen, die während der Hochwasserereig-
nisse über Erosion und Sedimentation
sowie das Zulassen der Eigenentwick-
lung/Laufverlagerung auf das Relief wir-
ken und wenig steuernde Eingrie er-
fordern. Sie vermindern damit auch die
Herstellungs- und Unterhaltungskosten,
z. B. durch Bodenaushub.
Die Herstellung einer sogenannten Se-
kundäraue auf einem tieferen Niveau
durch großflächige Abgrabungen kann
unter bestimmten Randbedingungen die
Wirkungen eines naturnahen Auenreliefs
auf begrenzter Fläche nachbilden. Wegen
des hohen Aufwandes und der Unum-
kehrbarkeit dieser Maßnahme soll sie auf
Ausnahmefälle begrenzt bleiben.
Eigendynamische Gewässerentwicklung
Das Zulassen der Eigenentwicklung ist eine
besonders wirkungsvolle Renaturierungs-
maßnahme, die zudem mittel- bis langfris-
tig den Unterhaltungsaufwand für ein Ge-
wässer stark reduzieren kann. Sie setzt aber
bestimmte Randbedingungen voraus. Allen
voran ist das Bereitstellen der notwendigen
Entwicklungsfläche zu nennen, da es ohne
diese regelmäßig zu Konflikten mit angren-
zenden Nutzern kommt. Bei den fachlichen
Voraussetzungen dieses Maßnahmenkom-
plexes ist zu beachten, dass bei stark einge-
tieften Gewässern mit Maßnahmen wie der
Beseitigung von Ufersicherungen oder Sohl-
befestigungen allein der gewünschte Erfolg
nicht erreicht werden kann. Eine Verbreite-
rung in übertiefter Sohllage würde die Ent-
koppelung des Gewässers von der Aue ver-
schärfen und zu erhöhten Abflussleistungen
im Gewässerbett führen. In solchen Fällen
sind vor dem Zulassen der Eigenentwicklung
mehr oder weniger umfangreiche Vorab-
Maßnahmen notwendig, wie z. B. die Sohl-
anhebung und Verbreiterung des Gewäs-
serbetts. In PRO Gewässer 2030 sollen die
Maßnahmen zur Gewässerrenaturierung in
den nächsten Jahren intensiviert werden.
Gewässer- und auenbezogener Biotop-
verbund
Die Vernetzung und naturschutzfachliche
Aufwertung der Lebensräume am und im
Gewässer sowie in den Auen soll verbes-
sert und gestärkt werden. Die Gewässer und
Auen sollen als Kernbestandteile des bay-
erischen Biotopverbundsystems wesentlich
zur Umsetzung der Bayerischen Biodiversi-
tätsstrategie (B
Ay
. s
tAAtsregierung
2014)
Maßnahmen im Handlungsfeld Gewässerstruktur und Auen (Auswahl):
Deiche zurückverlegen,
Primäraue (ursprüngliche Aue in natürlicher Höhenlage) naturnah wieder-
herstellen oder entwickeln,
Auegewässer anlegen oder entwickeln,
Sonstige Maßnahmen zur Auenentwicklung (z. B. Flutrinne aktivieren),
Altgewässer anbinden,
Sekundäraue naturnah herstellen oder entwickeln,
Aue naturnah erhalten und pflegen.
Auenmagazin 21 / 2022 
BERICHTE UND PROJEKTE
21-28 Pro Gewässer 2030: Ein neues Aktionsprogramm für BayernT. Henschel et al.

BERICHTE UND PROJEKTE
21-28 Pro Gewässer 2030: Ein neues Aktionsprogramm für BayernT. Henschel et al.
beitragen. Dazu wird im PRO Gewässer
2030 ein Biotopverbundkonzept „Gewäs-
ser und Auen“ erstellt, das unter anderem
auch die Biodiversitätsberatung der Natur-
schutzverwaltung unterstützen soll. Die im
Auenprogramm Bayern entwickelten Gunst-
räume sowie die BayernNetzNatur-Projekte
fließen darin ein. BayernNetzNatur-Projekte
des STMUV sind bisher das zentrale Instru-
ment des Naturschutzes zur Umsetzung des
Biotopverbundes. Rund die Hälfte der bis-
her über 400 Projekte weist einen Gewäs-
serbezug auf.
Klimaanpassung
Klimaschutz und Klimaanpassungsmaß-
nahmen haben in Bayern und in der Was-
serwirtschaft eine hohe Bedeutung (LAWA
2017; STMUV 2015A, 2016, 2021A, 2021B).
In allen drei Säulen des PRO Gewässer 2030
stellt das Thema Klimaanpassung ein zen-
trales und verbindendes Element dar. Anders
als zum Beispiel im technischen Hochwas-
serschutz sind aber aus heutiger Sicht bei
der naturnahen Gewässer- und Auenent
-
wicklung keine speziell und ausschließlich
auf den Klimawandel abzielenden Anpas-
sungsmaßnahmen erforderlich. Die natur-
nahe Gewässerentwicklung selbst leistet ei-
nen Beitrag zur Klimaanpassung.
Naturnahe Gewässer und Auen stabilisie-
ren durch ihre Speicherfunktion den Land-
schaftswasserhaushalt und sind damit den
regulatorischen Systemleistungen zuzu-
rechnen (pusch et al. 2016; gelhAus et al.
2020). Über den Rückhalt hinaus tragen sie
damit unter anderem auch zur Entspan-
nung von Niedrigwassersituationen bei (LFU
2017; Ahlmer et al. 2018). Natürliche und
naturnahe Fließgewässer sind zuallermeist
robuster gegenüber Veränderungen als stark
veränderte und genutzte Gewässer. Dies gilt
auch für die klimabedingten Veränderun-
gen der Temperatur- und Abflussverhält-
nisse mit ihren Auswirkungen auf die Ge-
wässer (LAWA/BLANO 2020): Maßnahmen,
die eine natürliche, eigendynamische Ge-
wässerentwicklung unterstützen, stärken
auch die Widerstandsfähigkeit (Resilienz)
gegen die Auswirkungen des Klimawan-
dels. Die neue Arbeitshilfe „Klimawandel
und kleine Gewässer“ der Gewässer-Nach-
barschaften Bayern (LFU 2021) hat diese
Fragestellungen für die Kommunen praxis-
orientiert untersetzt.
Ausblick
PRO Gewässer 2030 ist in der Wasser-
wirtschaftsverwaltung eingeführt worden,
die Öentlichkeit wird bei Tagungen und
in Fachforen informiert. Eine zusammen-
fassende Broschüre ist im Druck (STMUV
2022).
PRO Gewässer 2030 wird derzeit mit einer
ganzen Reihe von Projekten und Ansätzen
weiter ausgestaltet und untersetzt. Für die
Säulen II (Ökologie) und III (Freizeit und Er-
holung – Sozialfunktion) seien hier beispiel-
haft genannt:
Bayernweite Ermittlung der Gewässer-
entwicklungskorridore und Bereitstel-
lung der Daten/Abgrenzungen
Uferstreifen-Merkblatt für Kommunen
als Träger der Unterhaltslast an Bächen
DV-System Grundstücksmanagement
staatlicher Liegenschaften
Naturnahe Deichpflege
Planungsleitfaden Sozialfunktion an
Gewässern
Unterstützung von Bachpatenschaften
und Gewässer-Lehrpfaden
Weitere Projekte und Materialien zur Aus-
gestaltung von PRO Gewässer 2030 sind
in Planung.
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BERICHTE UND PROJEKTE
21-28 Pro Gewässer 2030: Ein neues Aktionsprogramm für BayernT. Henschel et al.
28
BERICHTE UND PROJEKTE
21-28 Pro Gewässer 2030: Ein neues Aktionsprogramm für BayernT. Henschel et al.
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Kontakt:
Dr. Thomas Henschel
Wolfgang Kraier
Andreas Gorbauch
Bayerisches Landesamt für Umwelt
Bürgermeister-Ulrich-Str. 160
86179 Augsburg
Tel.: +49 (821) 9071 - 5366
E-Mail:
thomas.henschel@lfu.bayern.de
wolfgang.kraier@lfu.bayern.de
andreas.gorbauch@lfu.bayern.de
Dr.-Ing. Wolfgang Rieger
Bayerisches Staatsministerium für
Umwelt und Verbraucherschutz
Rosenkavalierplatz 2
81925 München
E-Mail:
wolfgang.rieger@stmuv.bayern.de
Auenmagazin 21 / 2022 
IM GESPRÄCH
29-31 S. Geißler Interview mit den Stiftern der Stiftung Naturerbe Donau

IM GESPRÄCH
29-31 S. Geißler Interview mit den Stiftern der Stiftung Naturerbe Donau
INTERVIEW MIT DEN STIFTERN DER STIFTUNG NATURERBE DONAU
siegfrieD geissler
Die gestiftete Einrichtung Naturerbe Donau hat den Internationalen Stiftungspreis „Lebendige Donau“ ausgelobt.
Der Preis wird in zweijährigem Turnus vergeben. Die zuständige Jury hat die Preisträger für die Auslobungen 2020
und 2022 ausgewählt und der Stiftungsrat die Preisvergabe an diese Bewerber beschlossen. Nachdem die erste
Preisvergabe 2020 aufgrund der Corona-Pandemie ausfallen musste, plant die Stiftung Naturerbe Donau nun eine
gemeinsame Preisverleihung für die Preisträger aus 2020 und 2022 für Ende Juni 2022 in Neuburg an der Donau.
Aus diesem Anlass hat unser Redaktionsmitglied Siegfried Geißler die beiden Stifter Dr. Maja Gräfin Du Moulin
Eckart und Dieter Graf von Brühl interviewt.
Eine private Stiftung zu gründen und sein
Vermögen dafür bereitzustellen, um damit
wertvolle und naturnahe Auenlandschaf-
ten und flussbegleitende Niedermoore zu
sichern und entsprechende Aktivitäten zu
unterstützen, macht man nicht so ein-
fach aus dem Bauch heraus. Sehr geehrte
Gräfin Du Moulin Eckart, sehr geehrter
Graf von Brühl, was hat Sie dazu bewogen,
die Stiftung Naturerbe Donau zu gründen?
Gräfin Du Moulin Eckart: Der Auwald Ber-
toldsheim ist seit mehreren Generationen in
Familienbesitz und wurde bisher immer sehr
extensiv genutzt. Mein Vater erklärte mir,
dass ein Auwald etwas anders sei als die
Wirtschaftswälder, man muss sich seinen
Vorgaben anpassen und ihn respektieren.
Noch zu meiner Kindheit war die Donau
und der Auwald ein engverbundenes Öko-
system. Man konnte im Sommer, ich ver-
brachte meine Sommerferien gerne auf
Schloss Bertoldsheim, von Bertoldsheim
bis nach Neuburg schwimmen, an kilome-
terlangen Kiesinseln vorbei, in klarem Was-
ser, durch das man die Kiesel an der Sohle
rollen sehen und hören konnte. Dann kam
der Bau der Staustufe und trennte den Fluss
weitgehend vom Wald.
Graf von Brühl: Meinen ersten Kontakt mit
dem Auwald hatte ich durch meine Frau,
die mir dieses Kleinod an der Donau erst so
richtig nahe brachte. So ganz einzuschät-
zen vermochte ich seine Bedeutung damals
jedoch noch nicht, da für mich als Fischer
und Gewässerökologe immer das Wasser im
Vordergrund stand. Ich war aber von Anfang
an begeistert von der herausragenden Wer-
tigkeit der Auengewässer links und rechts
der Donau mit Huchen, Äschen und den vie-
len Kleinfischarten. Erst im Laufe der Zeit
reifte bei mir die Erkenntnis, dass wir Men-
schen den Schatz und den Reichtum unserer
europäischen „Urwälder“ genau so uner-
bittlich zerstören, wie die riesigen Regen-
wälder im Amazonasgebiet, wo in 25 Jah-
ren kein einziger natürlicher Urwaldbaum
mehr stehen wird.
Was gab den Ausschlag, sich mit dem
Thema einer Stiftungsgründung zu be-
fassen, in dem nicht nur ihre eigenen
Auwälder einfließen sollten, sondern die
sich grundsätzlich um Flüsse und Auen im
Donauraum kümmern sollte?
Gräfin Du Moulin Eckart: Ulmen- und
Eschentriebsterben sowie fehlende Natur-
verjüngung hat mich dazu gebracht, die
Gesamtsituation der Auwälder zu betrach-
ten. Eine Standorterkundung im Auwald
Bertoldsheim zeigte sinkende Grund-
wasserspiegel, was durch die sich immer
tiefer eingrabende Donau, deren Geschiebe
im Stausee Bertoldsheim festgehalten wird,
verursacht wird.
Die Auwaldflächen in der Umgebung wur-
den weitgehend zu Wirtschaftswäldern um-
gebaut.
Die Einzigartigkeit, Schönheit und Leben-
digkeit des Auwaldes und die Bedrohung,
denen er und seine Flora und Fauna ausge-
setzt ist, hat uns bewogen, durch eine Stif-
tung die Öentlichkeit auf den Wert dieser
schmalen Wälder am Fluss aufmerksam zu
machen und zu versuchen, sie unter beson-
deren Schutz zu stellen.
Graf von Brühl: Da kann ich meiner Frau
nur zustimmen. Das war für uns der An-
stoß, mit einer Stiftung zu versuchen
gegenzusteuern und zumindest unsere
Abb. 1: Die beiden Stifter Dr. Maja Gräfin Du Moulin Eckart und Dieter Graf von Brühl. (Foto: Siegfried Geißler)
3030 Auenmagazin 21 / 202230
IM GESPRÄCH
29-31 S. Geißler Interview mit den Stiftern der Stiftung Naturerbe Donau
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IM GESPRÄCH
29-31 S. Geißler Interview mit den Stiftern der Stiftung Naturerbe Donau
Wälder in einem möglichst naturnahen Zu-
stand den Generationen nach uns zu hin-
terlassen.
Der internationale Stiftungspreis „Le-
bendige Donau“ wurde nun bereits zum
zweiten Mal ausgelobt und die Preisträ-
ger 2020 und 2022 durch den Stiftungsrat
ausgewählt. Was hat Sie denn dazu bewo-
gen, neben der Stiftung auch noch einen
mit 20.000 Euro hoch dotierten Stiftungs-
preis ins Leben zu rufen und auszuloben?
Gräfin Du Moulin Eckart: Landrat Roland
Weigert (jetzt Staatssekretär im Wirt-
schaftsministerium) hat uns bereits ener-
gisch und mit persönlichem Einsatz bei der
Gründung der Stiftung unterstützt, ohne
ihn wäre sie nie so schnell und gezielt ge-
lungen. Gleichzeitig mit der Stiftungsgrün-
dung hat die Staatsregierung unter Horst
Seehofer die Ausweisung eines dritten
Nationalparks in Bayern diskutiert, u. a.
wurden die Auwälder der Donau hierfür
vorgeschlagen und unsere Stiftung setzte
sich begeistert dafür ein. Leider wurde das
Projekt aufgegeben. Durch den Internatio-
nalen Stiftungspreis wollten wir den Fokus
der Politik und Öentlichkeit auf diesen so
wertvollen Lebensraum im Herzen Mittel-
europas lenken.
Graf von Brühl: Ja, wir wollten mit diesem
internationalen „Donaupreis“ unserer Stif-
tung Naturerbe Donau ein Zeichen setzen
und nicht nur mit der Stiftung vor der eige-
nen Tür kehren und unsere Wälder und Auen
den natürlichen Prozessen überlassen, son-
dern wir wollen auch andere animieren und
unterstützen, beim Schutz und der Wieder-
herstellung der Auen und Flüsse im Donau-
raum mitzumachen.
Welches Ziel verfolgt die Stiftung mit dem
internationalen Stiftungspreis und kann
man schon sagen, welche Projekte und Ak-
teure sich bei den ersten beiden Ausschrei-
bungen beworben haben, und welche aus
-
gewählt wurden?
Gräfin Du Moulin Eckart: Ein Wunschziel
der Stiftung wäre es, alle Auwaldflächen
an allen Flüssen Mitteleuropas als beson-
dere Schutzgebiete auszuweisen wegen ih-
res einzigartigen Wertes für Biodiversität,
Klima-, Grundwasser- und Hochwasser-
schutz. Die Auorstung weiterer Auwald-
flächen wäre sinnvoll. Wir haben in den
vergangenen Jahren die meisten Auwäl-
der in Deutschland ja schon verloren. Wir
selbst pflanzen auf ehemaligen Maisäckern
bereits neue Auwälder an der Donau bei
Bertoldsheim an.
Graf von Brühl: Wir wünschen uns im gan-
zen Donauraum wilde Wälder und wildes
Wasser in den Auen. Und wir hoen, dass
wir durch die Stiftung und insbesondere den
Stiftungspreis viele anstoßen können, mit-
zumachen und alles zu unternehmen, um
die Donau, ihre Zuflüsse und Auen zu ver-
bessern. Die ganze Vielfalt an Bewerbern
und Projekten, die sich bisher für den Stif-
tungspreis beworben haben, zeigt das große
Interesse. Wir hatten bisher große Vereini-
gungen wie Danubeparks, aber auch kleine
Akteursgruppen mit wenigen Mitgliedern,
die trotzdem Hervorragendes geleistet ha-
ben. Ausgewählt wurden bisher durch den
Stiftungsrat Bewerber aus Serbien, Ungarn,
Kroatien, der Slowakei, Österreich und aus
Deutschland.
Welche Kriterien sind für Sie dabei beson-
ders wichtig, die von den Bewerbern ein-
gehalten werden sollten?
Gräfin Du Moulin Eckart: Der internationale
Stiftungspreis ist die logische Umsetzung
Abb. 2: Donaualtwasser bei Schnödhof. (Foto: Siegfried Geißler)
Auenmagazin 21 / 2022 
IM GESPRÄCH
29-31 S. Geißler Interview mit den Stiftern der Stiftung Naturerbe Donau

IM GESPRÄCH
29-31 S. Geißler Interview mit den Stiftern der Stiftung Naturerbe Donau
der Idee des vernetzten Auwaldschutzes. Es
werden alle Schutz- und wissenschaftlich
tätigen Organisationen entlang der Donau,
von der Quelle bis zur Mündung, angespro-
chen und Aktivitäten, die dem Stiftungsziel
entsprechen, ausgezeichnet. Ein Flusssys-
tem muss als Ganzes gesehen werden, die
Redynamisierung sollte über Grenzen hin-
weg ermöglicht werden und der Schutz der
noch nicht zerstörten Flussabschnitte hat
höchste Priorität.
Graf von Brühl: Unabhängig von staatli-
chen Aktivitäten im Donauraum sollten be-
sonders Personen, Vereine, insgesamt Ak-
teure, die sich aktiv für die Renaturierung
der Fließgewässer und Auen einsetzen, an-
gesprochen werden. Privates Engagement
ist uns dabei wichtiger als die Größe eines
Projektes. Bewerber, die ausgezeichnet wer-
den, sollten als Vorbild für weitere Aktivitä-
ten und Akteure dienen.
Warum sind denn aus dem internationa-
len Donaupreis „Lebendige Donau“ mit
einem Preisträger nun gleich mehrere
Preisträger geworden?
Gräfin Du Moulin Eckart: Die Erweiterung
auf drei Preisträger macht uns Freude und
erweitert die Möglichkeit, Aufmerksamkeit
auf Projekte zu lenken und finanzielle Un-
terstützung bereitzustellen. Uns ist wichtig,
dass die Menschen sich des Ökosystems und
der Dynamik der Flüsse bewusst werden,
sie respektieren und ihren Wert und ihre
Schönheit wahrnehmen.
Graf von Brühl: Da wir bei den vorange-
gangenen Ausschreibungen jeweils eine
Vielzahl von Bewerben hatten, wollten wir
nicht nur einen, der sich angestrengt hat,
auszeichnen, sondern mehrere gute Pro-
jekte belohnen.
Welche Honung verbindet sich für Sie
beide mit der Preisvergabe?
Gräfin Du Moulin Eckart: Ein internatio-
nal ausgelobter Stiftungspreis macht auf
die Ziele unserer Stiftung und auf die Ziele
der Gewinner aufmerksam und unterstützt
sie bei ihren Aktivitäten.
Graf von Brühl: Wir sind gespannt auf die
Rückmeldungen auf die Preisvergabe aus
den öentlichen Medien und Netzwerken,
aber auch aus der Politik und der Zivilge-
sellschaft. Wir hoen, dass unser Engage-
ment auch Wirkung auf die internationa-
len Organisationen hat, die sich der Umwelt
im Donauraum verschrieben haben. Und wir
sehen bereits, dass sich die Donauraumstra-
tegie der EU mit unserer Stiftung beschäf-
tigt und in ihren Netzwerken der Stiftungs-
preis hohes Ansehen genießt.
Abb. 4: Auwald mit Altgewässer. (Foto: Siegfried Geißler)Abb. 3: Auwald Du Moulin. (Foto: Siegfried Geißler)
Kontakt:
Siegfried Geißler
Leiter untere Naturschutzbehörde
Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen
Untere Naturschutzbehörde
Platz der Deutschen Einheit 1
86633 Neuburg a.d.Donau
Tel.: +49 8431 57-304
E-Mail: siegfried.geissler@neuburg-
schrobenhausen.de
www.neuburg-schrobenhausen.de
3232 Auenmagazin 21 / 202232
AUENBEWOHNER
32-40 F. Foeckler, W. Ahlmer Lebensräume der Flussauen II Altarme und Altwasser
32
AUENBEWOHNER
F. Foeckler, W. Ahlmer Lebensräume der Flussauen II Altarme und Altwasser
Ökologische Charakterisierung, Gefährdung und Erhalt
LEBENSRÄUME DER FLUSSAUEN II ALTARME UND ALTWASSER
frAncis foeckler, wolfgAng Ahlmer
Altarme und Altwasser sind ökologisch äußerst wertvolle Lebensraumkomplexe in den Flussauen. Durch Eingrie in
die Gewässerdynamik sowie durch Begradigungen und Ausdeichungen sind Altgewässer in ihren vielfältigen
Funktionen stark eingeschränkt worden; zudem drohen sie, rasch zu verlanden, ohne dass neue Altgewässer
entstehen können. Um ihren ökologischen Beitrag in der Aue dauerhaft leisten zu können, sind Redynamisierungen
der Flüsse und Wiederanbindung der Altgewässer an die rezenten Auen notwendig. Dies ist in der Regel auch für die
Erfüllung der EU-Wasserrahmen-Richtlinie und der FFH-Richtlinie notwendig.
Definition und Abgrenzung von
Altarm und Altwasser
Altarme entstehen durch natürliche oder
anthropogene Flussabschnürungen, vor al-
lem in der Mäanderzone von Tieflandflüs-
sen. Typisches Entstehungsbeispiel ist der
Durchbruch eines Mäanders im Bereich des
Prallufers. Die stromaufwärts gelegene Ein-
mündung des ehemaligen, meist bogenför-
migen Flusslaufs verlandet in kurzer Zeit;
das stromabwärts gelegene Altarmende
bleibt länger in Kontakt zum Fluss, ist da-
bei Unterstrom mit dem Fluss verbunden
und nimmt an dessen Wasserstands dynamik
teil. Prallhang und Gleithang bleiben im Alt-
arm in ihrer ursprünglichen Erscheinungs-
form bestehen, im Kolkbereich ist das Ge-
wässer am tiefsten. Bei Hochwasser werden
Altarme zunächst von ihrer Mündung her
stromaufwärts überstaut, erst bei hohen,
die Sedimentablagerungen (Uferrehnen)
überschreitenden Wasserständen werden
sie komplett überströmt (Abb. 1 und 2).
Durch Auf- und Verlandungen ihrer Mün-
dungsbereiche entwickeln sich Altarme
langfristig zu Altwassern. Diese stehen bei
Niedrig- und Mittelwasser nicht mehr mit
dem Fluss in Verbindung. Erst bei größeren
Abflussgeschehen wird die Aue großflächig
überflutet. Zu diesen Bedingungen wer-
den die Altwasser besonders stark über-
formt. Altwasser sind meist deutlich länger
als breit, entsprechend der abgeschnitte-
nen Schlinge, aus der sie entstanden sind –
oftmals nehmen sie dabei eine hufeisen-
förmige oder hornartige Gestalt an. Die
Verlandung schreitet je nach Wassertiefe
schnell voran, im Bereich des früheren
Prallhangs geschieht dies am langsamsten.
Somit entwickeln sich Altwasser schritt-
weise aus Altarmen, mit je nach Alter und
Lage unterschiedlichen Sukzessionsstadien.
Der ehemalige Verlauf bleibt auch nach
Abb. 1: Die Alte Donau der Gmünder Au im Landkreis Regensburg. Der im 19. Jahrhundert abgeschnittene Donauarm ist Unterstrom mit dem Fluss noch direkt
verbunden. Bei Hochwasser wird die Aue des Altwassers von der Mündung her überstaut – allerdings mit erheblich verminderten Wasserstandsschwankungen
gegenüber vor dem Einstau 1992 und mit aufgrund des Dauerstaus abgestorbenem Silberweidenbestand (nicht im Bild). (Foto: Wolfgang Ahlmer)
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32-40 F. Foeckler, W. Ahlmer Lebensräume der Flussauen II Altarme und Altwasser
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AUENBEWOHNER
F. Foeckler, W. Ahlmer Lebensräume der Flussauen II Altarme und Altwasser
vollständiger Verlandung oft noch über
Jahrhunderte im Landschaftsbild sichtbar
und ist dann am leichtesten aus der Luft so-
wohl durch Unterschiede in der Vegetation
als auch durch das Kleinrelief erkennbar.
Deutlich zu unterscheiden ist zwischen na-
türlich entstandenen und anthropogen be-
dingten Altarmen und Altwassern, wobei
innerhalb der vom Menschen geschae-
nen Zustände noch zwischen begradigten
Flüssen mit naturnahem Abfluss und durch
Staustufen regulierten, naturfernen Flüssen
zu dierenzieren ist, die als eine Abfolge
von Flussstauseen fast nichts mehr mit den
ursprünglichen Verhältnissen eines dynami-
schen Flusses zu tun haben.
gepp et al. (1986) geben ausführliche Dar-
stellungen zur Entstehung und Unterschei-
dung verschiedener Auengewässer wieder,
insbesondere in Bezug auf Altwasser. lüDe-
ritZ et al. (2009) erläutern detailliert Ent-
stehung, Entwicklung, Ökologie und Sanie-
rung von Altwassern.
Lebensräume und charakteristische
Ausprägungen
Entsprechend der Vielzahl der sich aus den
oben genannten Zuständen in Raum und
Zeit ergebenden Strukturen und Sukzessi-
onsstadien ist die biologische Vielfalt der
Altwasser sehr groß. Besonders da sie in
einer natürlichen bis naturnahen Aue nicht
staugeregelter Flüsse deren Oberflächen-
und Grundwasserdynamik voll ausgesetzt
sind. Lediglich die Altarme und Altwasser
in gestauten Flüssen ohne natürliche Ab-
flussdynamik stellen sich wenig struktur-
und abwechslungsreich mit entsprechend
geringerer Biodiversität dar.
Vegetationstypen und Arten-
gemeinschaften
Altarme und Altwasser sind vom Fluss über
das Stillgewässer bis zum Verlandungsufer
und den Auwaldbereich von vielen verschie-
denen Vegetationstypen geprägt. Im Mün-
dungsbereich kommen flusstypische Pflan-
zen wie Quellmoss (
Fontinalis antipyretica
),
Einfacher Igelkolben (
Sparganium emer-
sum
) und Wassersternarten (
Callitriche sp.
)
vor. Sie werden im Altarm schnell von Still-
wasserpflanzen abgelöst. Die tieferen Berei-
che werden meist von im Gewässergrund
verwurzelten Wasserpflanzengesellschaf-
ten eingenommen. Sie werden geprägt von
verschiedenen Laichkräutern wie
Potamo-
geton lucens
und
pectinatus
, Wasserhah-
nenfussarten (z. B.
Ranunculus circinatus
und
trichophyllus
), Wasserpest (
Elodea sp.
),
Hornkraut (
Ceratophyllum demersum
) und
Tausendblatt (
Myriophyllum verticillatum
).
Alles Arten stehender oder langsam fließen-
der dauerhafter Gewässer, die Trockenfal-
len nur kurz überdauern. Diese Gesellschaf
-
ten gehen über in die der Gelben Teichrose
(
Nuphar lutea
), die ebenso wie sie beglei-
tende Arten wie die Wasserfeder (
Hottonia
palustris
) und der Tannenwedel (
Hippuris
vulgaris
) auch einige Zeit auf feuchtem
Schlamm ausdauern können, so wie einige
Landpflanzen in diesem Wechselwasserbe-
reich kürzere Überstauungen gut überste-
hen (Abb. 3).
Freischwimmende Schwimmblatt- und
Wasserschwebergesellschaften sind oft mit
den festwurzelnden Wasserpflanzen ver-
zahnt. Unter nährstoreicheren Verhältnis-
sen werden sie oft von Wasserlinsenarten
dominiert; neben der Kleinen Wasserlinse
(
Lemna minor
) tritt hier vor allem die Große
Wasserlinse (
Spirodela polyrhiza
) auf, wäh-
rend bei weniger eutrophen Verhältnissen
die Untergetauchte Wasserlinse (
Lemna tri-
sulca
), der Froschbiss (
Hydrocharis morsus-
ranae
) der Wasserschlauch (
Utricularia vul-
garis
) sowie Wasserlebermoose (vor allem
Riccia fluitans
und
Ricciocarpos natans
;
Abb. 4) hinzukommen können.
In der Verlandungszone von Altarmen mit
hohen Wasserstandsschwankungen finden
sich im amphibischen Uferbereich oft aus-
gedehnte Schlammlingsfluren (dominant ist
der Schlammling
Limosella aquatica
) so-
wie Kleinröhrichte aus Froschlöel (
Alisma
lanceolatum
und
plantago-aquatica
), Kal-
mus (
Acorus calamus
), Schwanenblume
(
Butomus umbellatus
) und Wasserfenchel
(
Oenanthe aquatica
), begleitet von Knö-
tericharten (
Persicaria sp.
). Um die Mittel-
wasserzone folgen Rohrglanzgrasbestände
(
Phalaris arundinacea
), Seggenbestände mit
der Schlank- und der Blasen-Segge (
Carex
acuta
und
vesicaria
) sowie Großröhrichte
Abb. 3: Unterwasseraufnahme der Vegetation im
Wechselwasserbereich eines Altwassers bei Win-
zer, Lkr. Deggendorf: Wasserpflanzen wie die Was-
serfeder (Hottonia palustris) und der Haarblätt-
rige Wasserhahnenfuß (Ranunculus trichophyllus)
dominieren, während die in einer Niedrigwasser-
phase aufgekommenen Landpflanzen wie der ge-
wöhnliche Blutweiderich (Lythrum salicaria) und
die Wilde Sumpfkresse (Rorippa sylvestris) noch
ausdauern. (Foto: Amelie Höcherl)
Abb. 2: Auch kleine Flüsse wie die Schwarzach
bei Schwarzhofen in der Oberpfalz bilden Alt-
arme und Altwasser aus. In den Altarmen herr-
schen auch bei direkter Verbindung mit dem Fluss
Verhältnisse, in denen Stillwasserpflanzen wie die
Teichrose dominieren. (Foto: Wolfgang Ahlmer)
Abb. 4: Die Schwimm- (Ricciocarpos natans, links)
und Teichlebermoose (Riccia fluitans, rechts)
kommen in sommerwarmen, weniger nährsto-
reichen Altwassern vor und sind daher seltener
anzutreen. (Foto: Francis Foeckler)
3434 Auenmagazin 21 / 202234
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32-40 F. Foeckler, W. Ahlmer Lebensräume der Flussauen II Altarme und Altwasser
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AUENBEWOHNER
F. Foeckler, W. Ahlmer Lebensräume der Flussauen II Altarme und Altwasser
mit Fluss-Ampfer (
Rumex hydrolapathum
),
Wasserschwertlilie (
Iris pseudacorus
), Breit-
blättrigem Rohrkolben (
Typha latifolia
) und
Aufrechtem Igelkolben (
Sparganium erec-
tum
) (Abb. 5).
Verlandungsbereiche der Altwasser mit ge-
ringeren Wasserstandsschwankungen sind
oft dominiert von großen Beständen des
Schilfes (
Phragmites australis
), das Über-
flutung schlechter erträgt (Abb. 6). Dem
Schilf schließen sich oft Seggenriede aus
Dominanzbeständen von Schlank-, Sumpf-
und Zweizeiliger Segge (
Carex acuta, acut-
iformis
und
disticha
) an. Seggenriede gehen
oft aus der Mahdnutzung höher gelege-
ner Verlandungsbereiche hervor und ver
-
schilfen beim Brachfallen wieder. Beson-
ders extensiv genutzte Nasswiesen mit
der Zweizeiligen Segge können sehr ar-
tenreich sein. In verlandeten Altarmen der
großen Ströme finden sich auch artenrei-
che Wiesen, die sogenannten Stromtal-
wiesen mit großteils stark gefährdeten
Stromtalarten wie dem Gottesgnaden-
kraut (
Gratiola ocinalis
), Hohem Veilchen
(
Viola elatior
) oder der Sumpf-Wolfsmilch
(
Euphorbia palustris
).
Abgeschlossen wird die fortschreitende Ver-
landung vom Silberweidenauwald, geprägt
vor allem von der Silberweide (
Salix alba
)
mit den buschförmigen Arten Mandel- und
Korbweide (
Salix triandra
und
viminalis
),
selten auch von der Schwarzpappel (
Popu-
lus nigra
) begleitet, mit entsprechendem
Unterwuchs wie Wasserminze (
Mentha
aquatica
), Sumpf-Labkraut (
Galium palus-
tre
), Bittersüßer Nachtschatten (
Solanum
dulcamara
), Wolfstrapp (
Lycopus europa-
eus
), Brennnessel (
Urtica sp.
), Gilbweiderich
(
Lysimachia vulgaris
) und anderem mehr.
Auch für viele Algen- und Diatomeenarten
stellen Altwasser wichtige Lebensräume dar.
Sie tragen erheblich zur Nährstobindung
und Selbstreinigung des Wassers im Auen-
system bei.
In Niedrigwasserzeiten können Altarme und
Altwasser – je nach Grundwassereinfluss –
komplett trockenfallen und der charak-
teristischen Flora der Wechselwasserzo-
nen Raum bieten, wobei Fadenalgen eine
große Rolle spielen. Sie legen sich im Zuge
des Wasserrückgangs großflächig geradezu
als Teppich über den Gewässerboden und
bewahren so eine hohe Feuchtigkeit un-
ter sich, die sowohl Pflanzen als auch Tie-
ren zugutekommt und zu deren Überleben
in Trockenzeiten beiträgt (vgl. foeckler et
al. 2016).
Vergesellschaftete Tierarten
Entsprechend ihrer hohen Struktur- und Ve-
getationsvielfalt beherbergen Altarme und
Altwasser sehr viele Tierarten mit den un-
terschiedlichsten Habitatansprüchen. Die
Arten haben sich dem dynamischen Auf und
Ab der Wasserstände in Raum und Zeit an-
gepasst. Arten, die durch den Wind verbrei-
tet werden können (z. B. Krebs- und Rä-
dertiersporen), und Flugtiere (Insekten und
Vögel) gelangen passiv beziehungsweise ak-
tiv in oder an das Gewässer. Vögel tragen
dabei z. B. Fisch- oder Schneckenlaich und
Muschellarven ein. Amphibien (Frosche und
Kröten) wandern saisonal zu und nutzen die
Gewässer zum Laichen. Fische und Wasser-
wirbellose (Insekten, Egel, Krebse, Wasser-
schnecken und anderes mehr) suchen aktiv
ihren Weg in die Gewässer, andere wer-
den bei Überflutung eingeschwemmt be-
ziehungsweise von einem Standort zum an-
deren verdriftet. Darüber hinaus tritt die
Tierwelt des Grundwassers an durchlässi-
gen, meist kiesigen Stellen ein. Hat das Ge-
wässer Zuflüsse wie Nebenbäche, Gräben
und Grundwasser führende Gießen, tragen
auch diese zur Faunavielfalt bei (z. B. gepp
1986).
Die Fischarten in Altarmen reichen von
Flussarten im Mündungsbereich bis zu sol-
chen der Stillgewässer in den mehr fluss-
aufwärtigen, pflanzenreicheren Strecken
und Bereichen. Zugleich stellen die Alt-
arme und Altwasser mit ihrem relativ war-
men, ruhigen und mit vielen Nährtieren
angereicherten Wasser lebenswich-
tige Brutstätten für Jungfische dar, ge-
rade auch der Flussarten. Zugleich sind
die geschützteren Altarme für Flussfische
Abb. 5: Verlandungs-
bereich eines Altar-
mes der Donau bei
Mariaposching, Lkr.
Straubing-Bogen.
Bedingt durch hohe
Wasserstandsschwan-
kungen entwickeln
sich bei Niedrig-
wasser ausgedehnte
Wechselwasserberei-
che, bestehend aus
Schlammlingsfluren
und Kleinröhrichten,
begleitet von Seggen-
rieden und Silberwei-
denauwäldern. (Foto:
Wolfgang Ahlmer)
Abb. 6: Typische
Abfolge am Pfatterer
Altwasser, Lkr. Regens-
burg, mit reduzierter
Dynamik: Auf die
Teich rosengesellschaft
folgen sofort Schilf-
bestände, begleitet
von Weidengebüschen
und Silberweidenau-
wald. (Foto: Wolfgang
Ahlmer)
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32-40 F. Foeckler, W. Ahlmer Lebensräume der Flussauen II Altarme und Altwasser

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F. Foeckler, W. Ahlmer Lebensräume der Flussauen II Altarme und Altwasser
überlebenswichtige Rückzugsräume bei
starkem Hochwasser. Altwasser ohne dauer-
hafte Verbindung zum Fluss brauchen eine
intakte Hochwasserdynamik, um regelmä-
ßig Anschluss an Fließgewässer zu erhalten,
damit die Fischbrut im Falle längerer Nied-
rigwasserzeiten nicht austrocknet. Denn die
adulten Fische nutzen solche Hochwasser
auch zum Ablaichen in für die Brut geeig-
neten Auengewässer. Da viele Fischarten
aus diesen Gründen zwischen den Teille-
bensräumen einer Flussaue hin- und her
wandern müssen, ist nicht nur die longi-
tudinale Durchgängigkeit der Fließgewäs-
ser so bedeutend für die Fischfauna eines
Gewässersystems, sondern ebenso die zu
den richtigen Zeiten bestehende laterale
Durchgängigkeit, also die der Flüsse zu ih-
ren Auengewässern und zur Überschwem-
mungsaue.
Beispielhaft zu nennen sind in der Abfolge
von der Altarmmündung bis zur Verlan-
dungszone: Fischarten wie Schied, Zingel,
Streber und Schrätzer sind zeitweise auf
Altarme angewiesen, gelegentlich finden
sich Barbe, Frauennerfling, Gründling und
Nase ein, gefolgt von den umwelttoleranten
Arten sowohl stehender als auch fließender
Gewässer wie Aitel, Brachse, Flussbarsch,
Hecht, Karpfen, Rotauge, Wels, Zander und
Zobel. Im Freiwasser lebt die Laube und in
den stehenden, pflanzenreichen Bereichen
Bitterling, Giebel, Rotfeder, Schleie, Stich-
ling, Schlammpeitzger und anderes mehr.
Charakteristische Vögel der Auengewässer
und ihrer verschiedenen Strukturen sind die
Gruppe der Greifvögel sowie Dommeln, Eis-
vogel, Graureiher, Kormoran, Schnepfenvö-
gel, diverse Singvogelarten (unter anderem
Braunkelchen und Zaunkönig), Schwimm-
vögel, Stelzvögel, Uferläufer, Ufer schwalbe,
Taucher, Teichhuhn, Watvögel. Ihre Jagd-
gründe verteilen sich auf die verschiede-
nen Bereiche der Altwasser: Wasserober-
fläche, Wassertiefe, Uferzonen und freier
Luftraum (gepp 1986).
Viele Säugetierarten sind an den Lebens-
raum Altwasser angepasst. Genannt seien
Sumpf- und Wasserspitzmaus, Zwerg- und
Wasserfledermaus, Fischotter, Biber, Bisam-
ratte. Wie kaum eine andere Tierart schat
der Biber seine eigene Nische. Mit seinen
Dämmen staut er manchmal auch Altwas-
ser auf und gestaltet als „Landschaftsarchi-
tekt“ diesen Lebensraum nach seinen Be-
dürfnissen.
Auengewässer stellen für nahezu alle hei-
mischen Amphibien, namentlich Frosch-
und Krötenarten, wie Wasserfrosch und
seine Hybriden, Laubfrosch, Moorfrosch,
Seefrosch, Knoblauchkröte, Gelbbauch-
unke oder Kammolch, sehr wichtige, teil-
weise letzte Rückzugsgebiete dar (kuhn et
al. 2001, Dick et al. 2017). Von besonde-
rer Bedeutung ist dabei die enorme Vielfalt
unterschiedlicher Gewässer, vom dauerhaft
angeschlossenen Altarm bis hin zum regel-
mäßig austrocknenden Kleingewässer in ei-
nem Altwasser. Ähnlich verhält es sich mit
den Reptilien, wovon insbesondere Ringel-
und Schlingnatter zu nennen sind, die vor
allem die wasserpflanzenreichen Bereiche
der Altwasser besiedeln (gepp 1986).
Eine sehr artenreiche Wasserinsektenfauna
mit vielen zum Teil stark gefährdeten Ar-
ten besiedelt die verschiedenen Substrate
und Strukturen der Auengewässer. Im Mün-
dungsbereich der Altarme leben viele sauer-
stobedürftige Flussarten, z. B. Großlibellen
(
Gomphus sp.
), Hakenkäfer (
Elmis sp.
) und
Grundwanzen (
Aphelocheirus aestivalis
),
weiter stromauf im Altarm nehmen die für
Stillgewässer typischen Eintags- (
Baetis sp.
)
und Köcherfliegen stark zu, insbesondere
die der Familie Limnephilidae („Wasserlie-
bende“) mit
Anabolia nervosa
,
Limnephilus
flavicornis
und
Glyphotaelius pellucidus
,
die ihre artspezifischen Köcher aus dem vor
Ort anfallenden Material (Blattstückchen,
kleine Steinchen und vieles mehr) bauen,
die sie zum Teil mit Ästchen und größe-
ren Steinchen beschweren. Sehr artenreich
sind Groß- und Kleinlibellen (Abb. 7), wo-
von letztere in und an Altwassern vorherr-
schen, insbesondere in der Schwimmblatt-
zone. Sowohl im als auch auf dem Wasser
leben die oft sehr auälligen Formen der
Wasserwanzen wie Wasserskorpion (
Nepa
rubra
– Abb. 8), Stabwanze (
Ranatra linea-
ris
), Schwimmwanze (
Ilyocoris cimicoides
),
(Zwerg-) Rückenschwimmer (
Plea minutis-
sima
beziehungsweise
Notonecta glauca
),
Ruderwanze (
Corixidae
), Wasserläufer (
Ger-
ris sp.
– Abb. 9). Mit wenigen, aber auf-
sehenerregenden Arten sind die Netzflüg-
ler vertreten: Schlammfliegen (
Sialis sp.
)
dienen mit ihren individuenreichen Popu-
lationen als wichtige Fischnahrung, der
Bachhaft (
Osmylus fulvicephalus
) lebt so-
wohl an Fließgewässern als auch an Alt-
wassern, die Larven der Schwammhafte
Abb. 7: Kleine Federlibelle (Platycnemis pennipes).
(Foto: Francis Foeckler)
Abb. 8: Wasserskorpion (Nepra rubra).
(Foto: Wolfgang Ahlmer)
Abb. 9: Wasserläufer (Gerris sp.) und Seerosen-
blattkäfer – Larven und Adulte (Galerucella
nymphaeae) auf Gelber Teichrose (Nuphar lutea).
(Foto: Francis Foeckler)
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32-40 F. Foeckler, W. Ahlmer Lebensräume der Flussauen II Altarme und Altwasser
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F. Foeckler, W. Ahlmer Lebensräume der Flussauen II Altarme und Altwasser
(
Sisyra sp.
) parasitieren Süßwasser-
schwämme (
Spongillidae
).
Daneben finden viele charakteristische,
meist räuberische Wasserkäfer und ihre Lar-
ven hier ihre Lebensräume, teils im Freiwas-
ser, wie die größeren Dytisciden, die sogar
kleine Fische und Kaulquappen angreifen
(Gelb- und Breitrandkäfer,
Dytiscus margi-
nalis
beziehungsweise
latissimus
), und viele
weitere Arten, wie Gaukler (
Cybister latera-
limarginalis
), Großer (
Hydrous piceus
) und
Kleiner Kolbenwasserkäfer (
Hydrochara ca-
raboides
), teils in den Wasser- und Ufer-
pflanzenbeständen. Der Seerosenblattkäfer
(
Galerucella nymphaeae
) nimmt nur sehr
wenige Futterpflanzen an und ist vor al-
lem auf Teichrosenblätter zu finden (Abb.9).
Zahlreiche Zweiflüglerlarven und -puppen,
insbesondere Stech- (Culicidae) und Zuck-
mücken (Chironomidae – Abb. 10), beleben
die Altwasser und werden von anderen Tie-
ren (Fische, Amphibien, andere Wirbellose)
gefressen. Als erwachsene Fluginsekten sind
sie wichtige Nahrungsquelle für Vögel und
Fledermäuse.
Spinnen sind mit vielen Arten in Auwäl-
dern und Landlebensräumen bis hin zu den
Ufersäumen zahlreich, in Altwassern ein-
zig mit der Wasser- oder Silberspinne (
Ar-
gyroneta aquatic
a) in Wasserpflanzenbe-
ständen vertreten.
Egel sind mit mehreren Süßwasserarten in
Altwassern anzutreen. Sie leben räube-
risch (z. B.
Erpobdella octoculata, Glossi-
phonia complanata, Helobdella europaea
)
und teils parasitisch an Fischen (z. B.
Pisci-
cola geometra
). Manche gehen zeitweise
an Land, der Pferdeegel (
Haemopis sangui-
suga
) legt dabei Eikokons im Uferbereich.
Im Binnenland haben die Mollusken ihre
größte Artenvielfalt in Flussauen (foeckler
2019). Maler- (
Unio pictorum
) und Teich-
muscheln (
Anodonta sp.
– Abb. 11) besie-
deln die tieferen, nur sehr selten trocken-
fallenden Altwassermündungen und
ehemalige Kolke. Vor allem in größeren Alt-
wassern findet man häufig Sumpfdeckel-
schnecken (
Viviparus sp.
), die wie manch
andere Schneckenarten ihr Gehäuse mit ei-
nem Deckel verschließen können – einer-
seits um sich vor Feinden zu schützen, an-
dererseits um Trockenzeiten zu überdauern
(Abb. 12). Die Gemeine Federkiemenschne-
cke (
Valvata piscinalis
) und die sehr kleinen
Zwergposthörnchen (
Gyraulus crista
) leben
neben Kleinmuscheln (Sphaeriidae) im Bo-
denschlamm, aus dem letztere ihre Nahrung
filtrieren. Verschiedene Tellerschnecken
(Planorbidae) und die auälligen Posthorn-
(
Planorbarius corneus
) und Spitzschlamm-
schnecken (
Lymnaea stagnalis
) findet man
häufig vergesellschaftet in den pflanzen-
reichen Bereichen (Abb.13), wo sie sich
oft an der Wasseroberfläche aufhalten.
Ohrschlammschecke (
Radix auricularia
)
und Weiße Posthörnchen (
Gyraulus albus
)
leben auf Blättern der Teichrose und ande-
rer Wasserpflanzen. Die kleinen Teichnapf-
Abb. 10, links, oben: Zuckmückenmännchen (Chironomidae) – erkennbar an
den gebüschelten Antennen. (Foto: Francis Foeckler)
Abb. 12, links, unten: Leeres Gehäuse ohne Deckel einer Sumpfdeckelschnecke
(Viviparus sp.) auf ausgetrocknetem Altwasserbett bei Niedrigwasser. (Foto:
Francis Foeckler)
Abb. 11, rechts, oben: Teichmuschel (Anodonta sp.). (Foto: Francis Foeckler)
Abb. 13, rechts, unten: Viele Leerschalen der Spitzschlammschnecke (Lymnaea
stagnalis) und einige der mit ihr oft vergesellschafteten Posthornschnecken
(Planorbarius corneus) zwischen Blättern der Gelben Teichrose (Nuphar lutea)
auf einem ausgetrockneten Altwasserbett bei Niedrigwasser.
(Foto: Wolfgang Ahlmer)
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32-40 F. Foeckler, W. Ahlmer Lebensräume der Flussauen II Altarme und Altwasser
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F. Foeckler, W. Ahlmer Lebensräume der Flussauen II Altarme und Altwasser
putris
, s. Abb.14), Gemeine Glattschne-
cke (
Cochlicopa lubrica
). In den Großseg-
genrieden sumpfiger Verlandungsbereiche
von Altwassern findet man die nach der
Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie geschützte
Bauchige Windelschnecke (
Vertigo moulin-
siana
) – vgl. foeckler (1990) und foeckler
et al. (2016).
An Krebsen findet man kleine Formen wie
die Wasserassel (
Asellus aquaticus
) in Was-
serpflanzenbeständen, Muschelkrebse (Ost-
racoda) im Schlamm, im Grundwasser le-
bende blinde Höhlenkrebse (z. B.
Niphargus
sp.
) im Kies von Grundwasseraustritten so-
wie Flussflohkrebse (
Gammarus roeseli
) und
anderes mehr im Mündungs- beziehungs-
weise Übergangsbereich zum Fluss.
Ebenso wie oben die Algen sind die plank-
tischen Tiergruppen Kiemenfuss- (
Daph-
nia sp.
) und Ruderfußkrebse (Copepoda),
Rädertierchen (Rotifera) und so weiter zu
nennen, die sich von Algen ernähren und
deren Wachstum begrenzen; sie selbst wer-
den wiederum als wichtigste Nahrungs-
quelle von Friedfischen gefressen.
Einzeller (Amöben, Ciliaten und Flagella-
ten) tragen als dominante Vertreter des
Planktons neben den Algen und plankti-
schen Kleinkrebsen wesentlich zur Selbst-
schnecken (
Acroloxus lacustris
) weiden den
Algenbewuchs von Wasserpflanzen ab.
Von Grundwasser gespeiste, kühle und
meist kiesige Altwasserbereiche sind Le-
bensräume sauerstobedürftiger Arten
wie der Gekielten Tellerschnecke (
Planor-
bis carinatus
), Quellblasenschnecke (
Physa
fontinalis
), Linsenförmigen Tellerschnecke
(
Hippeutis complanatus
), Flachen Feder-
kiemenschnecke (
Valvata cristata
), Riemen-
tellerschnecke (
Bathyomphalus contortus
),
Gemeinen Kugelmuschel (
Sphaerium cor-
neum
) und Häubchenmuschel (
Musculium
lacustre
).
In den bei Niedrigwasser trockenfallen-
den Flachwasserzonen sind spezielle, an
die hohe Wasserstandsdynamik ange-
passte Arten wie die Niedergedrückte Fe-
derkiemenschnecke (
Valvata macrostoma
),
Moosblasenschnecke (
Aplexa hypnorum
),
Weißmündige Tellerschnecke (
Anisus leu-
costoma
) sowie die Gemeine Erbsenmu-
schel (
Pisidium casertanum
) anzutref-
fen. Diese Arten sind wiederum mit auf
wechselfeuchte Verhältnisse spezialisier-
ten Landschnecken vergesellschaftet be-
ziehungsweise werden beim Rückgang des
Wassers von diesen abgelöst: hierzu zäh-
len Glänzende Dolchschnecke (
Zonitoi-
des nitidus
), Bernsteinschnecke (
Succinea
reinigungskraft der Altwasser bei und sind
bedeutende Nahrungsquellen für Jungfische
und Wasserwirbellose. Ebenfalls zu nennen
sind Bärtierchen (Tardigrada), Strudelwür-
mer (Turbellaria), Süßwasserpolypen (Hy-
drozoa) und -schwämme (Spongillidae), die
in Pflanzenbeständen und am Grund von
Altwassern leben.
Ausführliche Darstellungen des abwech-
slungs- und artenreichen Tierlebens in Alt-
beziehungsweise Auengewässern liefern
gepp (1986) und lüDeritZ et al. (2009).
Gefährdung
Stark gefährdet sind Altwasser durch hy-
draulische Abkopplung vom Fluss, durch
dauerhafte Überstauung, durch Eutrophie-
rung und Verlandung beziehungsweise Ver-
schlammung oder durch Verfüllung und an-
schließende land- oder forstwirtschaftliche
Nutzung. Vom Fluss getrennt werden sie
meist durch Flussbegradigungen und Aus-
deichungen. Der Austausch mit dem Fluss
geht durch das sich eintiefende Flussbett
beziehungsweise durch die den Grundwas-
seraustausch unterbindenden Spundwände
verloren. Beide Vorgänge führen auf Dauer
zur Verlandung. Es fehlt der Ausräum- und
Abb. 14: Wechsel-
wasserbereich am
Altarm bei Winzer, Lkr.
Deggendorf, mit dem
sehr seltenen
Liegenden Büchsen-
kraut (Lindernia
procumbens), der Alge
Botrydium granula-
tum und einer Bern-
steinschnecke (Suc-
cinea putris). (Foto:
Wolfgang Ahlmer)
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32-40 F. Foeckler, W. Ahlmer Lebensräume der Flussauen II Altarme und Altwasser
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F. Foeckler, W. Ahlmer Lebensräume der Flussauen II Altarme und Altwasser
„reset“-Eekt von Hochwassern in nach Be-
gradigungen „zu hoch“ liegenden Altwas-
sern beziehungsweise in den hinterdeichs
vom Hochwasser ausgeschlossenen Altwas-
sern. Allerdings bleibt hinterdeichs der Aus-
tausch mit dem Grundwasser und dessen
schwankenden Ständen erhalten, voraus-
gesetzt, der Fluss ist nicht gestaut bezie-
hungsweise der Deich ist nicht gespundet.
In diesem Fall wird das Grundwasser und
seine mit dem Fluss verbundene Wasser-
standsdynamik sehr stark verändert, insbe-
sondere nivelliert. s
chleiner
(1985) sagte als
Konsequenz des Staustufenbaus bei Strau-
bing einen Rückgang auf ca. 15% der vor-
her herrschenden Schwankungsbreite des
Grundwassers voraus, was den heutigen
Verhältnissen an allen durch Staustufen
verbauten Flüssen entsprechen dürfte. Dies
hat große Auswirkungen für die Besiedlung
von Altwassern, z. B. ging im Donauraum
Straubing die Artenzahl an Wassermollus-
ken nach dem Staustufenbau stark zurück
(s. foeckler 1990 und foeckler et al. 2000).
Besonders gefährdet und selten ist z. B.
der Schlammpeitzger (Abb. 17), eine – als
Kiemen-, notfalls auch Darm- und Luftat-
mer mit sehr geringem Sauerstobedarf –
auf schlammige, zeitweise trockenfallende
Flussufer und Altwasser spezialisierte Fisch
-
art, die durch Trockenlegung von Sümpfen
und Mooren sowie durch den Rückgang der
Wechselwasserbereiche in den Auen stark
gefährdet ist. Winter und Trockenheit über-
lebt sie bis zu 50 cm tief in den Schlamm
eingegraben (l
AnDesfischereiverBAnD
B
Ay
-
ern e. v. 2022).
Überstaut werden Altwasser im Zuge ei-
nes Staustufenbaus zur Energiegewinnung
oder eines Sohlschwellenbaus zu Verhin-
derung der Eintiefung begradigter Fließge-
wässer. Hierbei wird ihre natürliche Was-
serstandsdynamik stark gestört. Zwar gibt
es nach wie vor Hochwasser, aber es feh-
len Niedrigwasserstände, das heißt der
Wasserstand wird nivelliert, es entsteht
eine scharfe Grenze zwischen Land und
Wasser. Zudem geht der Austausch mit
dem Grundwasser verloren (Verspundung
beziehungsweise Abdichtung der Deiche bis
in dichte, nicht Grundwasser durchlässige
Bodenschichten, als Voraussetzung für den
Staustufenbau). Dementsprechend verän-
dert sich die Artenzusammensetzung von
Fauna und Flora in der ehemaligen Aue:
An dynamische Verhältnisse angepasste Ar-
ten gehen zugunsten weniger spezialisier-
ten Arten verloren. Sie haben unter diesen
Verhältnissen Selektions- beziehungsweise
Standortvorteile und dominieren. Mit an-
deren Worten, seltene Spezialisten werden
von häufigeren Ubiquisten verdrängt.
Schutz, Erhaltung und Wieder-
herstellung
Altwasser sind aufgrund ihrer aufgrund ihrer
zahlreichen Funktionen Funktion innerhalb
des Ökosystems Fluss von sehr großer Be-
deutung. Sie tragen zur Selbstreinigung der
Flüsse bei, stellen Retentionsraum für Hoch-
wasser dar und spielen für viele Pflanzen-
und Tierarten eine große Rolle als Lebens-,
Rückzugs- und/oder Fortpflanzungsraum.
Aus diesen Gründen sind Altwasser schüt-
zens- und erhaltenswert sowohl im Sinne
der Wasser- und Fischwirtschaft als auch
Abb. 17: Europäischer Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis), eine charakteristische und zugleich stark
gefährdete Fischart der Flussufer, Altwasser, Sümpfe und Moore. (Foto: W. Willner)
Leichtes Hochwasser in den Oberpfälzer Donauauen im Februar 2021. An den Fluss angebundene Altarme wie das Pfatterer Altwasser (Abb. 15) können im
Hochwasserfall als Rückzugsorte für Fische dienen (links, im Hintergrund). Vom Fluss abgeschnittene Altarme wie die Gmünder Mulde (Abb. 16) können diese
Funktion nicht erfüllen (rechts, hinter dem Deich); selbst bei stärkstem Hochwasser gibt hier es keinen direkten Austausch von Organismen mehr. (Fotos:
Wolfgang Ahlmer).
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32-40 F. Foeckler, W. Ahlmer Lebensräume der Flussauen II Altarme und Altwasser
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F. Foeckler, W. Ahlmer Lebensräume der Flussauen II Altarme und Altwasser
des Naturschutzes. Hinzu kommt ihre Be-
deutung als belebendes Landschaftselement
und als Erholungsraum für die Menschen.
Somit stellen die Erhaltung und Wieder-
herstellung von Altwassern eine sehr wich-
tige gesellschaftspolitische Aufgabe dar.
Rechtlich verankert ist sie im §25 Wasser-
haushaltsgesetz (whg; BunDesministerium
Der JustiZ 2009), begründet in der Richt-
linie 2000/60/EG (wAsserrAhmenrichtli-
nie
; WRRL; e
uropäische
u
nion
2000), die
die Erreichung des guten ökologischen Zu-
stands (beziehungsweise des Potentials)
der Fließ- und Stillgewässer der Europäi-
schen Union vorschreibt. Wichtige Fakto-
ren zur Erreichung des guten ökologischen
Zustands sind unter anderem die Kompo-
nenten Fischfauna, Makrozoobenthos und
Makrophyten. Der gute Zustand ist nicht
erreicht, wenn die für ein Gewässersys-
tem charakteristische Fischfauna nicht
im erforderlichen Maße ausgebildet ist,
da der Zugang zu ökologisch funktionel-
len Altwassern fehlt, oder wenn die hydro-
morphologischen Veränderungen zu groß
sind. Auch in Bezug auf die Aue (wasser-
abhängiges Ökosystem) bedeutet der gute
ökologische Zustand, dass die auetypische
Altwasservielfalt als Teil der Lebensraum-
vielfalt gesichert oder durch Dynamisierung
wiederhergestellt werden muss.
Aufgrund der Vorgaben des §25 WHG stel-
len die Wasserwirtschaftsämter sowie die
Kommunen Umsetzungskonzepte (UK) für
hydromorphologische Maßnahmen auf, de-
ren Grundlage sowohl die Zielsetzungen der
WRRL darstellen als auch die in den FFH-
Managementplänen geforderten Maßnah-
men. Dabei ist regelmäßig auch die Schaf-
fung oder Verbesserung der Anbindung der
Altwasser an den Fluss als Maßnahme ent-
halten, siehe z. B. das Umsetzungskon-
zept für die Donau (wAsserwirtschAftsAmt
regensBurg 2017).
Zudem befindet sich ein wesentlicher Teil
zumindest der größeren rezenten Auen
in FFH-Gebieten, die nach der Richtlinie
92/43/EWG (fAunA-florA-hABitAt-richt-
linie; FFH-RL; europäische gemeinschAft
1992) einen besonderen Schutz erfahren.
Für diese FFH-Gebiete werden Manage-
mentpläne zur Erhaltung beziehungsweise
Wiederherstellung ihrer Schutzgüter (nach
der FFH-RL geschützte Arten und Lebens-
raumtypen) erarbeitet. Zu diesen Schutzgü-
tern gehören unter anderem die Stillgewäs-
ser mit ihrer gesamten Verlandungszone,
die begleitenden Auwälder sowie zahlrei-
che Fisch-, Amphibien-, Libellen-, Mollus-
ken- oder Vogelarten.
Für den dauerhaften Erhalt der Artenviel-
falt der Altwasser und Altarme ist jedoch
eine Renaturierung, insbesondere eine Re-
dynamisierung von Fluss und Aue in einem
deutlich größeren Umfang notwendig. Nur
wenn der Fluss wieder erheblich mehr von
seiner ursprünglichen Dynamik zurücker-
langt, kann auch die Vielfalt der Verlan-
dungsstadien und Ausprägungen vom neu
entstandenen Altarm bis hin zum verlande-
ten Altwasser erhalten werden und immer
wieder neu entstehen. Auch die Anbindung
von Altarmen sollte immer eingebettet sein
in eine Renaturierungsplanung, die zu ei-
ner größeren Dynamik des gesamten Auen-
ökosystems führt. Nach der Entfernung von
Uferbefestigungen und trennenden Ufer-
rehnen oder Deichen kann die Anbindung
und Gestaltung ehemaliger Flussarme auch
dem Fluss beim nächsten Hochwasser über-
lassen werden.
Immer wieder wird das Entschlammen ver-
landeter Altwasser, meist vom Fluss abge-
trennt und nicht mehr durchflossen, ins-
besondere von den Fischereiberechtigten
angeregt. Der dabei entnommene Schlamm
muss vorab hinsichtlich seiner Verwendung,
idealerweise in der Landwirtschaft oder bei
sonstiger Unterbringung bis hin zur Depo-
nierung als Sondermüll, analysiert werden.
Umfangreiche Ausführungen zur Sanierung
und Revitalisierung von Altwassern geben
l
üDeritZ
et al. (2009). Allerdings sollten sol-
che Entschlammungsmaßnahmen ohne Re-
dynamisierung der Flussaue nur Notlösun-
gen als letztes Mittel darstellen. Sie sind
nicht nachhaltig, unter Umständen sehr
teuer und können zudem auch Gefährdun-
gen für ältere Altwasserstadien und der da-
rin lebenden Arten sowie gegebenenfalls
FFH-Lebensraumtypen in sich bergen, wo-
raufhin sie naturschutzfachlich und -recht-
lich zu prüfen sind. Größere, nicht mehr in
der rezenten Aue liegende Altwasser ohne
gelegentliche Entschlammungen langfristig
zu erhalten, dürfte besonders an staugere-
gelten Flüssen unter den vorherrschenden
Bedingungen jedoch nur ausnahmsweise
gelingen. Meist übertrit der Feinsediment-
eintrag aus dem landwirtschaftlichen Ein-
zugsgebiet die Erosionswirkung durch –
meist erst noch zu schaende und dann oft
gering dimensionierte – oberstromige An-
schlussgerinne deutlich. Die noch vorhan-
denen Altwasser der großen Flüsse letztlich
vollkommen verlanden zu lassen, ist ange-
sichts des in absehbarer Zeit nur marginal
vorhandenen Verlagerungspotenzials in den
Auen und der damit nicht nennenswerten
Neubildungsrate von Altarmen allerdings
auch keine Option.
Nachhaltig wäre dagegen die Anbindung der
Altwasser an die rezente Aue. Starke Hoch-
wasser müssen die Altwasser wieder errei-
chen können und sie periodisch von ihrer
Sedimentfracht befreien, wo nötig durch die
Schaung von entsprechenden Flutrinnen.
Unzureichende Flächenverfügbarkeit, die
notwendige Rücksichtnahme auf Befind-
lichkeiten der Land- und Forstwirtschaft,
auf Siedlungen und auf die immer dich-
ter und komplexer werdende Infrastruktur,
auch in den Auen, machen umfangreiche
Renaturierungen wie Deichrückverlegun-
gen und Schaung von Flutrinnen jedoch
sehr schwierig. Ein wesentlicher Faktor ist
dabei in der Personalkapazität der Wasser-
wirtschaft hinsichtlich Flächenbeschaung,
Maßnahmenplanung und Verfahrensbewäl-
tigung zu sehen – auch hier sind umfang-
reiche naturschutzfachliche und -rechtliche
Prüfungen notwendig, daneben sind auch
regelmäßig zivilrechtliche Probleme zu be-
wältigen. So liegen inzwischen viele Um-
setzungskonzepte vor, doch die tatsächliche
Umsetzung wird aus den genannten Grün-
den stark verzögert und gegebenenfalls in
ihrem Umfang eingeschränkt.
Gerade angesichts der im Zuge der Kli-
maänderung prognostizierten häufigeren
und extremeren Hochwasser können Alt-
wasser zum Hochwasserschutz beitragen.
Auch wenn der Eekt besonders bei star-
ken Hochwassern für sich betrachtet nicht
sehr hoch ist, können die Altwasser bei ei-
nem Anschluss an die rezente Aue mit ih-
ren zusätzlichen Retentionsräumen ihren
Beitrag zum Rückhalt in der Fläche leisten.
Hierzu müssen sie bei erhöhtem Abfluss frü-
her und in größerem Maße durch Flutrinnen
erreicht werden können.
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F. Foeckler, W. Ahlmer Lebensräume der Flussauen II Altarme und Altwasser
Fazit
Natürliche Altwasser spielen im Ökosys-
tem der Flüsse und Auen eine sehr wich-
tige Rolle. Als Senken reduzieren sie die
Nährstofracht der Flüsse, als sehr arten-
reiche Biotope sind sie Lebensraum zahlrei-
cher, teils hochgradig angepasster und ge-
fährdeter Tier- und Pflanzenarten. Je mehr
Altwasser durch den Menschen in ihrer Dy-
namik beeinflusst oder eingeschränkt wer-
den, desto artenärmer werden sie hinsicht-
lich der Auenspezialisten. Dies verdeutlicht
die Notwendigkeit in ihrer Funktion ge-
störte Altwasser durch Renaturierung be-
ziehungsweise Redynamisierung der Flüsse
und deren Auen wiederherzustellen, um
sowohl ihrer wasserwirtschaftlichen und
fischereilichen als auch ihrer grundlegen-
den naturschutzfachlichen Bedeutung ge-
recht zu werden. Die Wiederherstellung
der ökologischen Funktionen in den Fluss-
auen ist zudem notwendig für die Erfüllung
europarechtlicher Vorgaben wie der Was-
serrahmen-Richtlinie und der FFH-Richt-
linie. Die wichtigste Voraussetzung ihrer
möglichst zügigen Umsetzung ist allerdings
die Verbesserung der Kapazitäten der zu-
ständigen Behörden.
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Kontakt:
Dr. Francis Foeckler
Sachverständiger für Gewässerökologie
(Analyse und Bewertung)
Hohenfelser Str. 4, Rohrbach
93183 Kallmünz
E-Mail:
foeckler@sv-gewaesseroekologie.de
Dipl.-Biol. Wolfgang Ahlmer
Regierung der Oberpfalz
Sachgebiet 51 – Naturschutz
Emmeramsplatz 8
93047 Regensburg
E-Mail:
wolfgang.ahlmer@reg-opf.bayern.de
Parlaments und des Rates vom 23. Ok-
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rufen am 21.11.2021.
Auenmagazin 21 / 2022 
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RÜCKBLICK
43. IAD-Konferenz „Rivers and floodplains in the Anthropocene”B. Cyka

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RÜCKBLICK
43. IAD-Konferenz „Rivers and floodplains in the Anthropocene”B. Cyka
Upcoming Challenges in the Danube River Basis vom 9.–11. Juni 2021
43. IAD-KONFERENZ „RIVERS AND FLOODPLAINS IN THE ANTHROPOCENE”
BernD cyffkA
Die 43. IAD-Konferenz sollte turnusgemäß Mitte Juli 2020 im Aueninstitut als Präsenzveranstaltung stattfinden.
In der Hochphase der Planung musste die Tagung wegen der beginnenden Covid-19-Pandemie zunächst auf
Oktober 2020 und später dann auf Juni 2021 verschoben werden. Im Februar 2021 fiel die Entscheidung die Tagung
ausschließlich online zu veranstalten. Diese Herausforderung – alle Beteiligten kannten mittlerweile Zoom-Meetings,
hatten aber noch nie eine Tagung in dieser Größenordnung organisiert – wurde schlussendlich erfolgreich gemeistert.
Durch die Verschiebung der Tagung in das Jahr 2021 wurde die 43. IAD-Konferenz im 65. Gründungsjahr der IAD ver-
anstaltet und stellte somit auch eine Jubiläumsveranstaltung dar.
Dass die IAD-Konferenz nach wie vor einen
„jour fixe“ für die Donau-Community dar-
stellt, zeigten die über 100 Teilnehmerinnen
und Teilnehmer aus dem gesamten Donau-
raum, die in zehn Sitzungen den über 40
Vorträgen zu den Themen
Anthropocene/Strategies
Floodplain and Floodplain Restoration
Ecosystem Services
Water Quality
Makrophytes and Wetland Plants
Flood and Flood Risk
Aquatic Biota
beiwohnten. Eine Ergänzung fand das Pro-
gramm durch eine Postersession, die mit
dem Online-Tool „Gather Town“ organi-
siert wurde. Die jeweiligen Tage starte-
ten mit zwei hochinteressanten Keynote-
Vorträgen von
Prof. Dr. Gregory Egger, Karlsruhe Insti-
tute of Technology: Back to the wilder-
ness – a vision?
Prof. Dr. Hervé PIégay, University of Lyon:
The Rhône, a transdisciplinary laboratory
of integrative riverine sciences
Abb. 1: Die Donau in Kroatien. (Foto: Bernd Cyka)
Über die Conference Abstracts (mit Pro-
gramm und Teilnehmer/innen-Liste) ist die
Tagung sehr gut nachvollziehbar:
https://www.ku.de/fileadmin/150307/
43rd_IAD_Conference_Proceedings.pdf
Ausgewählte Extended Abstracts stehen
zum Download zur Verfügung unter:
https://www.ku.de/fileadmin/150307/
43rd_IAD_Conference_Extended_
Abstracts.pdf (DOI: https://doi.org/
10.17904/ku.edoc.28094)
Den Abschluss des zweiten Tages bildete
die IAD General Assembly. In diesem Rah-
men wurden nicht nur IAD-interne Themen
behandelt, sondern auch ein neuer Präsi-
dent gewählt, der ab dem 1. Januar 2022
Dr. Cristina Sandu (Rumänien) nachfolgt.
Prof. Dr. Bernd Cyka wird dieses Amt für
sechs Jahre übernehmen (siehe Bericht in
diesem Heft).
Kontakt:
Prof. Dr. Bernd Cyka
Inhaber der Professur für Angewandte
Physische Geographie / Leiter
Aueninstitut Neuburg a.d. Donau
Katholische Universität
Eichstätt-Ingolstadt
Ostenstraße 14
85072 Eichstätt
Tel.: +49 8421 93-21392
E-Mail: bernd.cyka@ku.de
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U. Riedl
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Flusslandschaften – Ökosystemleister – Lernlandschaften. Bildung in Auen: Chancen und HerausforderungenU. Riedl
Ein Tagungsbericht
FLUSSLANDSCHAFTEN – ÖKOSYSTEMLEISTER – LERNLANDSCHAFTEN.
BILDUNG IN AUEN: CHANCEN UND HERAUSFORDERUNGEN
ulrich rieDl
Zehn Jahre „BildungsNetzwerk Aue“ (BNA) (riedl 2021) sollten 2020 mit einer Tagung gewürdigt werden, diese
musste coronabedingt auf den 08.10.2021 verschoben und online durchgeführt werden. In Kooperation mit der
Naturschutz-Akademie Hessen (Wetzlar) und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT)-Aueninstitut Rastatt
(Karlsruhe) war ein Tagungsprogramm entwickelt worden, das die Brücke von den ökologischen Funktionen und
Naturschutzwerten von Auen sowie deren gesellschaftlichem Nutzen, hin zu schulischen und außerschulischen
Bildungsangeboten sowie zur Hochschullehre schlug – ganz im Sinne der Grundintention des BNA.
Im einleitenden Vortrag „Flussauen in
Deutschland“ nahm Mareike Hees vom Bun-
desamt für Naturschutz Bezug auf den ak-
tuellen Auenzustandsbericht und stellte den
weiterhin dringenden Handlungsbedarf dar,
der sich unter anderem aus der EU- und der
Nationalen Biodiversitäts-Strategie ergibt.
Bis 2030 soll es unter anderem wieder min-
destens 25.000 km frei fließende Flüsse ge-
ben. Es wurden Umsetzungsinstrumente auf
Bundesebene wie vor allem das Bundespro-
gramm „Blaues Band Deutschland“ vorge-
stellt. Mit Partnern aus Wasser-, Land- und
Forstwirtschaft sollten gute und große Pro-
jekte vorangetrieben werden, um die loh-
nende Generationenaufgabe anzugehen.
Das Konzept der Ökosystemleistungen,
verstanden als inter- und transdisziplinäre
Kommunikationsbasis über Leistungen für
gesellschaftliches Wohlergehen, fokussierte
Dr. Mathias Scholz vom Helmholtz-Zent-
rum für Umweltforschung (UFZ) auf Auen-
Lebensräume, zusammengefasst im „Ri-
ver Ecosystem Service Index“. Aus diesem
Set an Leistungen wurde neben der Stick-
sto- und Phosphor-Retention in Auen im
Hinblick auf die Klimadebatte der Kohlen-
storückhalt in Auenböden besonders he-
rausgestellt. Die methodischen Herausfor-
derungen zur Leistungsbemessung wurden
diskutiert. Wenngleich diesbezüglich teils
noch mit Schätzungen und nur grob auf-
lösenden Daten gearbeitet werden muss,
wurde die Nutzung der Ergebnisse für
Bildungs-, Kommunikations- und Entschei-
dungsprozesse empfohlen.
Gelungene Praxisbeispiele der Auen-Rena-
turierung unter anderem durch Uferrück-
bau, Deichrückverlegung, Anbindung von
Auengewässern an die Flussdynamik oder
Rinnenaktivierung wurden von Prof. Dr.
Florian Wittmann und Dr. Christian Damm
(KIT) anhand der Lippe, der Lenzener Elb-
talaue und dem Nationalpark Donau-Auen
bei Hainburg präsentiert und kommentiert.
Als ein sehr wesentlicher Erfolgsfaktor die-
ser Projekte wurde das beharrliche Enga-
gement von „Kümmerern“ mit lokaler Ver-
wurzelung und Begeisterung für die Sache
herausgestellt.
Am Ende des Vormittags schloss sich eine
ergiebige Diskussionsrunde mit den online
Zugeschalteten unter anderem über Strate-
gien im Auenschutz an. Der Nachmittag ge-
hörte den didaktischen Themen.
Die Professorinnen Dr. Ingrid Hemmer und
Dr. Anne-Kathrin Lindau (Katholische Uni-
versität Eichstätt-Ingolstadt) belegten
mit einer Status Quo-Analyse zur Bedeu-
tung auenbezogener Bildung in Schulen in
Deutschland, dass das Thema in den Lehr-
plänen nicht explizit enthalten ist. Es wer-
den aber viele Anknüpfungspunkte für den
Sachunterricht und in Lehrplänen zur Se-
kundarstufe I und II gesehen. Sie folgerten
aus der hohen gesellschaftlichen Bedeu-
tung der Auen, dass die Trägerfächer Sach-
unterricht, Biologie (Ökosysteme) und Geo-
graphie (Hochwasser, Ressource Wasser)
Von Auen lernen: Das BNA diskutiert die Vegetationsentwicklung verschiedener Pflegemaßnahmen im
hessischen Naturschutzgebiet Kühkopf-Knoblochsaue. (Foto: Mathias Lohr)
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Flusslandschaften – Ökosystemleister – Lernlandschaften. Bildung in Auen: Chancen und HerausforderungenU. Riedl
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RÜCKBLICK
U. Riedl
gestärkt, die Thematik in Projektarbeiten
und Exkursionen aufgegrien, die Koope-
ration mit außerschulischen Einrichtungen
verstärkt und Lehrkräftefortbildung verbes-
sert werden sollten.
Prof. Dr. Armin Lude (Pädagogische Hoch-
schule Ludwigsburg) diskutierte und bewer-
tete die didaktischen Chancen und Heraus-
forderungen analoger und digitaler Medien
für die Bildungsarbeit in Auen anhand kon-
kreter Praxisbeispiele. Die vielfältigen Mög-
lichkeiten mobiler elektronischer Geräte (für
einfache bis professionelle Rallyes, themen-
gebundene Apps bis hin zu augmented und
virtual reality) sollten nicht als Selbstzweck
gesehen, sondern zielorientiert und metho-
dengeprüft eingesetzt werden. Einem ge-
nerellen „Entweder–Oder“ setzte er ein pä-
dagogisch verifiziertes „Sowohl–als auch“
entgegen, zumal der digitale Wissenserwerb
vergleichbar oder höher zum analogen sei.
Einige digitale Werkzeuge böten klare Vor-
teile, z. B. auch für Citizen Science-Projekte,
weil damit die kompetenzfördernde Erfah-
rung, selbst handeln zu können, unterstützt
werde.
Die Burg Lenzen ist Zentrum für Auen-
ökologie, Umweltbildung und Besucher-
information des BUND, Sonja Biwer refe-
rierte zu den dortigen Praxiserfahrungen
aus der „Kommunikation und Partizipation
für eine nachhaltige Auenentwicklung“. Im
Rahmen des Projektes „Lebendige Auen für
die Elbe“ wurden unter anderem sehr gute
Erfahrungen mit dem Veranstaltungsfor-
mat „Auenwerkstatt“, unterstützt von einer
„Auenzeitung“, gemacht, das dem akzep-
tanzfördernden Austausch zwischen An-
wohnern, Flächennutzern und regionalen
Projektpartnern diente. Die Erfolgsfaktoren
des Formates (unter anderem Einschalten
eines externen Fachbüros, Diskussion di-
rekt am Objekt, personelle Kontinuität) wur-
den herausgestellt. Für naturinteressierte
Besucherinnen und Besucher hat sich eine
mit dem Umweltpreis Sachsen-Anhalt 2019
ausgezeichnete Auentour-App bewährt, in
der z. B. Originaltöne von Ansässigen die re-
gionale Identität unterstreichen.
Der abschließende Rückblick auf zehn Jahre
BildungsNetzwerk Aue leitete über zur Vor-
stellung der Resolution „Flusslandschaften
als Lernlandschaften entwickeln“, die das
BNA an politische Adressen und an Bil-
dungsträger versandt hat. Sie ist im De-
zemberheft 2021 der Fachzeitschrift Natur
und Landschaft veröentlicht. Darin be-
merkt das BNA: „Besorgt um die Entwick-
lung der Flussauen in Deutschland setzt sich
das BNA für eine nachhaltige Entwicklung
der Auen ein. Motiviert durch gelungene
Projekte zur Redynamisierung von Flüssen
und Auen und eingedenk der angestrebten
Ziele einer Bildung für nachhaltige Entwick-
lung wirbt das BNA für eine stärkere Imple-
mentierung der Auenthematik in der schuli-
schen und außerschulischen Bildung sowie
der Hochschullehre.“
Im Fechenheimer Mainbogen des Grüngürtels Frankfurt (Main) entstehen neue Auengewässer. Das BNA
informierte sich im Herbst 2021 über den Baufortschritt und diskutierte die Planungshindernisse und die
Umweltbildungschancen im urbanen Kontext der Metropole. (Foto: Mathias Lohr)
Literatur
BunDesministerium für verkehr unD Digi-
tAle infrAstruktur (Bmvi, hrsg.) unD
BunDesministerium für umwelt, nAtur-
schutZ unD nukleAre sicherheit (Bmu,
hrsg.) (2020): Bundesprogramm Bun-
desprogramm „Blaues Band Deutsch-
land – Modellprojekte als ökologische
Trittsteine an den Bundeswasserstra-
ßen“, 2te Auflage S. 26, (https://www.
blaues-band.bund.de/Projektseiten/
Blaues_Band/DE/00_Home/home_
node.html)
B
unDesministerium
für
u
mwelt
, n
AturschutZ
unD nukleAre sicherheit & BunDesAmt
für nAturschutZ (Bmu & BFN, hrsg.)
(2021): Auenzustandsbericht 2021.
Flussauen in Deutschland.- Broschüre,
Lohfelden, 71 S. (Literaturdatenbank
„DNL-online“ (www.dnl-online.de))
n
Atur
unD
l
AnDschAft
(2021): , Rubrik „Mei-
nungen und Stellungnahmen“: „Re-
solution: Flusslandschaften als Lern-
landschaften entwickeln. 96 Jg. H. 12.
rieDl, u. (2021): Zehn Jahre Bildungs-
Netzwerk Aue.- Auenmagazin des
Auenzentrums Neuburg/Ingolstadt
19/2021, S. 17-22.
trägerverBunD Burg lenZen e.v. (hrsg.):
Auentour-App für die Elbe-Aland-
Niederung (https://www.bund.net/
fileadmin/user_upload_bund/pu-
blikationen/fluesse/auentour_
app_2019.pdf, Internetabruf: am
18. 01. 2022)
Kontakt:
Prof. Dr. Ulrich Riedl
Technische Hochschule
Ostwestfalen-Lippe, Campus Höxter
Fachgebiet Landschaftsökologie und
Naturschutz
An der Wilhelmshöhe 44
37671 Höxter
Tel.: +49 5271 687-7066
E-Mail: ulrich.riedl@th-owl.de
https://www.th-owl.de/landschaft/
fachbereich/fachgebiete/ land-
schaftsoekologie-und-naturschutz
4444 Auenmagazin 21 / 202244
AUS DER FORSCHUNG
44-45 I. Becker, G. Egger, E. Schneider, F. Wittmann Edaphic-Bloom Danube
44
AUS DER FORSCHUNG
44-45 Edaphic-Bloom Danube
Ein Projekt zur Reduzierung von Treibhausgasen an der unteren Donau und im Donaudelta
EDAPHIC-BLOOM DANUBE
isABell Becker, gregory egger, erikA schneiDer, floriAn wittmAnn
Das Aueninstitut des Karlsruher Instituts
für Technologie (KIT) bearbeitet aktuell mit
einem Zusammenschluss rumänischer und
deutscher Partner unter Leitung des Danube
Delta National Institute for Research and
Development (DDNI) in Tulcea (Rumänien)
das Projekt EDAPHIC-BLOOM DANUBE. Das
Hauptziel des Projekts ist, den Ausstoß von
Treibhausgasen an der unteren Donau und
dem Donaudelta durch Erhaltung und Wie-
derherstellung organischer Böden zu redu-
zieren. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der
Steigerung der Energieezienz im Bereich
der bebauten Umwelt. Das Projekt wird ge-
fördert vom Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU)
als Teil der Europäischen Klimaschutziniti-
ative (EUKI). Die Initiative fördert die Wis-
sensbildung und den Wissenstransfer über
den Klimawandel.
In organischen Böden, die sich unter was-
sergesättigten Bedingungen gebildet haben,
wird die abgestorbene Biomasse nicht ganz
abgebaut. Sie speichern deutlich mehr Koh-
lensto als mineralische Böden (tuBiello et
al. 2016). Werden die Flächen entwässert,
wird die organische Substanz zersetzt. Es
kommt zur Freisetzung von klimawirksa-
men Treibhausgasen. Dabei spielt die Vege-
tationsbedeckung des organischen Bodens
eine wichtige Rolle, da sie den Kohlensto-
haushalt beeinflusst. Durch die Photosyn-
these wird Biomasse in den Pflanzen auf-
gebaut und Kohlensto darin gebunden.
Nach Entwässerung oder Abholzung von
Flächen kann dieser Prozess jedoch umge-
kehrt werden und der Kohlensto wird frei-
gesetzt, zum einen direkt durch den Abbau
der Vegetation, zum anderen aus dem Bo-
den durch das veränderte Mikroklima wie
beispielsweise höhere Temperaturen durch
eine erhöhte Sonneneinstrahlung (k
orki
-
Akoski et al. 2018). Zudem beeinflusst die
Vegetation den Kohlenstohaushalt durch
den Gasaustausch zwischen dem Boden und
der Atmosphäre und da sie zur Bildung der
organischen Böden beiträgt (kAsimir-kle-
meDtsson et al. 1997, BArthelmes 2018).
Nach BArthelmes (2018) führt die Trocken-
legung organischer Böden auf weltweit ins-
gesamt 0,4 % der Landfläche zu ca. 5 % al-
ler anthropogenen Treibhausgasemissionen.
Dieser Prozess kann durch Wiedervernäs-
sung reduziert werden (IPCC 2014).
Im Rahmen des Projekts werden an der un-
teren Donau ab dem Eisernen Tor und im
Donaudelta die organischen Böden und die
Auenvegetation untersucht (s. auch s
chnei
-
Der et al. (2009) für eine Kartierung der
Auwälder und Forste an der unteren Do-
nau). Durch die Entwässerung der Böden,
um sie für die Landwirtschaft nutzbar zu
machen, gelangten in der Vergangenheit
bereits große Mengen an Kohlendioxid in
die Atmosphäre (vgl. kAsimir-klemeDtsson
et al. 1997). Am KIT-Aueninstitut wird die
Biomasse und daraus abgeleitet der Koh-
lenstogehalt für die dominanten Vegetati-
onstypen (Schilfbestände, Galerie- und Dü-
nenwälder) bestimmt und die Ergebnisse als
Grundlage für eine Hochrechnung auf das
gesamte Donaudelta (5.800 km) verwen-
det. Dabei wird der Kohlenstovorrat in den
Abb. 1: Messung des Brusthöhendurchmessers einer Stiel-Eiche (Quercus robur subsp. pedunculiflora) im Dünenwald Caraorman im Zentrum des Donaudeltas
im Juli 2021. (Foto: Isabell Becker)
Auenmagazin 21 / 2022 
44-45 I. Becker, G. Egger, E. Schneider, F. Wittmann Edaphic-Bloom Danube
AUS DER FORSCHUNG

44-45 I. Becker, G. Egger, E. Schneider, F. Wittmann Edaphic-Bloom Danube
AUS DER FORSCHUNG
verschiedenen Vegetationstypen bestimmt
und in den Wäldern mit Hilfe der Jahrring-
analyse auch die zeitliche Entwicklung un-
tersucht. Hinzu kommt eine Korrelation des
Baumwachstums mit maßgeblichen Um-
weltparametern wie Klima, Bodenart und
Salzgehalt des Wassers. Dafür wurden wäh-
rend zweier Geländeaufenthalte im Sommer
und Herbst 2021 gemeinsam mit der Boden-
gruppe des DDNI Vegetations- und Boden-
proben in den Wäldern (Abb. 1) und ausge-
dehnten Schilächen (Abb. 2) genommen.
Die Ergebnisse des Projekts werden zu ei-
nem Masterplan gebündelt, der Möglich-
keiten zur Reduzierung der Treibhausgas-
emissionen in der Region aufzeigt und die
rumänischen Behörden bei der Entschei-
dungsfindung zu Erhaltungs-, Renaturie-
rungs- und Sanierungsmaßnahmen unter-
stützt.
Das Projekt im Überblick
Titel: ‘Ecological resizing through urban and
rural actions & dialogues for GHG mitiga-
tion in the Lower Danube Floodplains &
Danube Delta (EDAPHIC-BLOOM DANUBE)’
Laufzeit: 11/2020–01/2023 (27 Monate)
Förderung: Europäische Klimaschutzini-
tiative (EUKI) des Bundesministeriums für
Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicher-
heit (BMU)
Leitung: Danube Delta National Institute
for Research and Development (DDNI) in
Tulcea, Rumänien
Projekt-Website des DDNI:
http://ddni.ro/wps/edaphic-bloom_en/
Literatur
BArthelmes, A. (eDs.) (2018): Reporting
greenhouse gas emissions from orga-
nic soils in the European Union: chal-
lenges and opportunities. Policy brief.
Proceedings of the Greifswald Mire
Centre 02/2018. 16 S.
IPCC (2014): 2013 Supplement to the 2006
IPCC Guidelines for National Green-
house Gas Inventories: Wetlands. In-
tergovernmental Panel on Climate
Change. Hiraishi, T., Krug, T., Tanabe,
K., Srivastava, N., Baasansuren, J., Fu-
kuda, M. & Troxler, T.G. (eds). IPCC,
Switzerland.
kAsimir-klemeDtsson, Å., klemeDtsson, l.,
BerglunD, k., mArtikAinen, p., silvolA,
J., & oenemA, o. (1997): Greenhouse
gas emissions from farmed organic
soils: a review. Soil use and manage-
ment, 13, 245-250.
korkiAkoski, m., tuovinen, J.–p., penttilä, t.,
sArkkolA, s., oJAnen, p., minkkinen,
k., rAinne, J., lAurilA, t. & lohilA, A.
(2018): Greenhouse gas and energy
fluxes in a boreal peatland forest
Kontakt:
Isabell Becker,
apl. Prof. Gregory Egger,
Prof. Erika Schneider,
Prof. Florian Wittmann
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Institut für Geographie und
Geoökologie
Abteilung Aueninstitut
Josefstraße 1
76437 Rastatt
Tel.: +49 7222 380711
E-Mail:
isabell.becker@kit.edu
gregory.egger@kit.edu
erika.schneider@partner.kit.edu
florian.wittmann@kit.edu
Abb. 2: Boden- und
Schilfprobenahme
durch das DDNI und
das KIT im Donaudelta
im Oktober 2021.
(Foto: Gregory Egger)
after clearcutting. Biogeosciences
Discussions, 1-36.
schneiDer, e., Dister, e. r., DÖpke, m. (2009):
Lower Danube Green Corridor Atlas.
42 S., wWF DeutschlAnD (eDs.).
tuBiello, f. n., BiAncAlAni, r., sAlvAtore, m.,
rossi, s., & concheDDA, g. (2016): A
worldwide assessment of greenhouse
gas emissions from drained organic
soils. Sustainability, 8(4), 371.
4646 Auenmagazin 21 / 202246
TERMINE UND VERANSTALTUNGEN
46
46
46
AUENNEWS, TERMINE UND VERANSTALTUNGEN
29.06.–30.06.2022 SYMPOSIUM
„GEWÄSSER- UND AUENENTWICKLUNG“
IN LANDAU AN DER ISAR
Das Wasserwirtschaftsamt Lands-
hut und die Regierung von Niederbayern
– Sachgebiet Naturschutz – setzen seit
2015 gemeinsam im Auftrag des Bayeri-
schen Staatsministeriums für Umwelt und
Verbraucherschutz das LIFE-Natur-Projekt
Flusserlebnis Isar um.
Ziel des Projekts war und ist es, die Un-
tere Isar im Landkreis Dingolfing-Landau
abschnittsweise naturnäher zu gestal-
ten und damit sowohl einen Beitrag zur
Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie
als auch von Natura 2000 zu leisten. Nä-
here Informationen zum Projekt finden Sie
unter www.flusserlebnis-isar.de.
Zum Abschluss des Projekts am 29.
und 30. Juni 2022 wird ein 2-tägiges
Symposium zum Thema „Gewässer-
und Auenentwicklung“ in Landau an
der Isar stattfinden.
Am ersten Tag der Veranstaltung sind Vor-
träge und Workshops geplant. Am zweiten
Tag wird eine Exkursion in das LIFE-Projekt-
gebiet angeboten.
Die Veranstaltung richtet sich in erster
Linie an Akteure aus Verwaltungen, Ver-
bänden und Ingenieurbüros mit Kennt-
nissen und Erfahrungen bei der Planung
und praktischen Umsetzung von Projek-
ten zur Gewässer- und Auenentwicklung.
In den Workshops sollen die Erfolgsfakto-
ren, Hemmnisse und Risiken bei derartigen
Projekten diskutiert werden, um positive
Impulse für zukünftige Projekte zu geben.
Bitte merken Sie sich den Termin vor. Das
detaillierte Programm wird im März 2022
verfügbar sein. Falls wir Ihr Interesse ge-
weckt haben, können Sie sich gerne an den
folgenden Kontakt wenden, um sich für die
Einladungen vormerken zu lassen.
Kontakt
Konstanze Zischka
Projektmanagement
„LIFE Natur-Projekt Flusserlebnis Isar“
E-Mail: k.zischka@h-und-s.de
Beitrag der Redaktion
BERND CYFFKA NEUER PRÄSIDENT DER IAD
Prof. Dr. Bernd Cyka, Leiter des Auenins-
tituts Neuburg und Redaktionsmitglied des
Auenmagazins, ist seit dem 1. Januar 2022
neuer Präsident der International Associa-
tion for Danube Research (IAD).
Diese wissenschaftliche Vereinigung, ge-
gründet 1956, ist das älteste wissen-
schaftliche Netzwerk rund um die Donau.
Ziel der IAD ist die Etablierung, Koordinie-
rung und Vernetzung von Forschung. Hierzu
gehören auch die Förderung von Zusam
-
menkünften zwischen den Wissenschaft-
lern/innen, sowie die Kooperation und der
Wissenstransfer. Zentrales Element sind da
-
bei die IAD-Konferenzen, die in der Regel
alle zwei Jahre stattfinden, sowie die zwei-
mal jährlich erscheinende „Danube News“.
Wissenschaftliche Themen der IAD sind seit
jeher das Wassermanagement und die Was-
serqualität respektive -verschmutzung des
Flusses (besonders Nähr- und Schadstoe)
und deren Auswirkung auf die Organismen
der Donau. Neuere Themen sind die Ent-
wicklung der Wasserkraft, Hochwasser-
schutz und Auenökologie, Artenschutz so-
wie Biodiversität und die Bedrohung durch
invasive Arten vor dem Hintergrund der
Ökosystemleistungen und deren nachhal-
tige Entwicklung entlang des Flusses.
Neben der Forschung sind auch für die IAD
mittlerweile Fragen von Umweltbildung zu-
sätzlich ins Zentrum gerückt. Hierbei soll
ein Bewusstsein für Fragen von Nachhal-
tigkeit an folgende Generationen vermit-
telt werden, anhand der Erkenntnisse, die
im internationalen Netzwerk der IAD ge-
bündelt werden.
Bernd Cyka vertritt bereits seit 2015
Deutschland in der IAD. Anlass für seine
Wahl war die Online-Jahrestagung der
Vereinigung, für die Mitte 2021 das Au-
eninstitut der KU als Gastgeber fungierte
(s. Bericht über die 43. IAD-Konferenz in
diesem Heft). Eines der zentralen Anliegen
von Bernd Cyka als IAD-Präsident ist es,
zu koordinieren und Expertise an die rich-
tigen Stellen zu vermitteln, da sich bei der
Bewirtschaftung eines Flusses Fragen von
Hochwasserschutz, Landwirtschaft, Ener-
giegewinnung oder Artenvielfalt nicht ge-
trennt voneinander planen lassen. Da die
IAD Beobachterstatus in der Internationalen
Kommission zum Schutz der Donau (IKDS)
hat, kann sie auf dieser Ebene mitsprechen
und hat unmittelbaren Einfluss auf die eu-
ropaweiten Planungen entlang der Donau.
Bernd Cyka wird die IAD für sechs Jahre
leiten.
Die Redaktion
SPENDEN. MITMACHEN. LEBEN RETTEN.
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In Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für UmweltIn Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt
Impressum
Herausgeber:
Auenzentrum Neuburg | Ingolstadt
Schloss Grünau
86633 Neuburg a. d. Donau
Förderverein Auenzentrum Neuburg e. V.
Geschäftsführer: Siegfried Geißler
Tel.: +49 8431 57-304
E-Mail: siegfried.geissler@auenmagazin.de
Redaktion:
Siegfried Geißler, Förderverein Auenzentrum
Prof. Dr. Bernd Cyka, Aueninstitut Neuburg, KU Eichstätt-Ingolstadt
Dr. Francis Foeckler, Sachverständiger für Gewässerökologie, Kallmünz
Dr. Christine Margraf, Bund Naturschutz Bayern
Dr. Franz Binder, Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Dr. Thomas Henschel, Bayerisches Landesamt für Umwelt
Layout: Elke Graßmann u. Frank Karlstetter, Bayerisches Landesamt für Umwelt
Korrektur: Lena Gierl
Druck: Druckwerk24, Am Luckerberg 5, 86673 Bergheim
ISSN: 2190-7234
Bild der Titelseite:
Europäischer Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis) eine charakteristische und
zugleich stark gefährdete Fischart der Flussufer, Altwasser, Sümpfe und Moore
(Foto: W. Willner)
In Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt
Auenmagazin
Magazin des Auenzentrums Neuburg a. d. Donau
www.auenzentrum-neuburg-ingolstadt.de
... If partially resistant ash trees are highly underrepresented, less healthy genotypes will also succeed and produce offspring. This can lead to decreased natural selection under the prevailing environmental conditions (Eisen et al. 2022b). Reduced genetic diversity can negatively affect the adaptive potential of future generations of ash trees, whereby genetic variation is particularly important for adaptation to new pathogens due to the long generation time of forest trees (Fussi et al. 2014;McKinney et al. 2014). ...
Article
Full-text available
Key message: Paternity analyses show that effective pollination of ash (Fraxinus excelsior L.) in a seed orchard and a floodplain forest affected by ash dieback is more likely to be facilitated by healthier males. Thereby, natural selection can have a positive effect on the health of future generations. Context: Ongoing ash dieback and increasing fragmentation of ash populations may result in reduced pollen flow, which can reduce pollination success of future generations of ash trees. Therefore, it is essential to further improve our understanding of gene flow patterns, especially with respect to ash dieback. Aims: In this study, paternity analyses were conducted in a seed orchard and a floodplain forest in Germany in 2018 to explain the relationship between pollination success and the health status of ash trees and distances of effective pollen transport. Methods: Cambium samples (i.e., from twigs and stumps) were collected from 251 ash trees (putative father and mother trees) for genotyping, and the health status of each tree was documented using a scoring system to evaluate vitality. Additionally, seeds were harvested from 12 mother trees per site. Genetic analyses using nuclear microsatellites were performed to determine paternal trees. Paternities were assigned based on the likelihood model implemented in the Cervus 3.0.7 software. Results: Our results showed that the average pollination distance was 76 m in the seed orchard and 166 m in the floodplain forest. In general, pollination success decreased substantially with increasing distance to the mother tree. Despite the dense tree cover in the floodplain forest, pollen were transported over long distances (greater than 550 m), suggesting that non‑local sources also play a role in pollination. This is supported by the foreign pollen input identified in the seed orchard (66.5%). Self‑pollination was detected only to a very small extent, and thus had no major influence on reproduction. In addition, both healthy and slightly diseased father trees showed similar mating success. However, this was not the case for the severely diseased ash trees (more than 50% of crown damage) because only a few offspring could be assigned to them. Nevertheless, in contrast to the floodplain forest, there was no significant correlation between damage classes and pollination success in the seed orchard. Conclusion: Long‑distance pollen transport contributes to the connectivity of ash trees in the landscape. Additionally, both healthy and slightly diseased fathers have a greater contribution to pollination, thus potentially improving the health of the next generation of ash trees. Moreover, gene flow between stepping stone populations is necessary to ensure the positive impact on the genetic diversity of ash populations in the future.
Article
Full-text available
Background and Objectives: The existence of common ash (Fraxinus excelsior) in Europe is severely endangered by ash dieback. To support its future sustainability, it is essential to improve the natural ash regeneration. The main aim of this study was to investigate the influence of light conditions, conceivably influenced by stand structure/ash dieback, on ash regeneration and the competition between ash seedlings and species growing in the understory. Materials and Methods: We selected 40 plots in a riparian forest located in Bavaria, Germany. Light-related variables (Leaf Area Index, gap fraction) were gathered with fish-eye photography, whereas other environmental factors were derived from vegetation surveys (Ellenberg indicator values). We assessed vegetation parameters such as species’ richness and coverage of the herb layer to account for competition with ash seedlings. Results: Our results indicate that ash regeneration is favoured under shady conditions. The majority of other abiotic factors were not statistically associated with the analysed ash metrics. In contrast, the coverage of grass was negatively related to LAI and positively to gap fraction. Higher herb and grass coverages were linked to a suppression of ash regeneration. A higher litter coverage was associated with a higher frequency of ash seedlings. Nonparametric partial correlation analyses demonstrated the influence of light and stressed that litter coverage is of particular importance. Conclusions: We conclude that gaps, inter alia induced by ash dieback, favour grass invasion. In turn, this invasion might suppress regeneration of ash. In this regard, rapid silvicultural management such as reforestation of gaps after dieback of mature trees is recommended. The influence of litter on interspecific competition during growth should be also considered. The pace of dieback might additionally influence the timing and quantity of litter accumulation; thus, further research should also focus on these interrelations.
Article
Full-text available
Dieback of European ash (Fraxinus excelsior), caused by the ascomycete Hymenoscyphus pseudoalbidus (anamorph Chalara fraxinea), started around 1992 in Poland and has since then spread over large geographical areas. By November 2010, the disease had been recorded in 22 European countries. The gradual expansion and high intensity of the ash dieback epidemic in Europe may suggest that H. pseudoalbidus is an invasive alien organism. In Norway, ash dieback was first reported in spring 2008, and a survey in early summer of the same year revealed that the disease had spread over large parts of the southern and eastern regions of the country. The distance from the southernmost to the northernmost infected stands was, at that time, about 400 km. Some old necrotic lesions were also observed, indicating that the ash dieback pathogen is likely to have been present in Norway since at least 2006. In 2009, a spore sampler was installed in a diseased ash stand at Ås, South-Eastern Norway. Sampling started in late July and continued until late September. Large numbers of ascospores resembling those of H. pseudoalbidus were observed, with the maximum number of spores occurring from the end of July to mid-August. The deposition of ascospores occurred mainly between 6 and 8 a.m. Ascospores are most likely to be the primary source initiating host infections and responsible for the rapid recent spread of H. pseudoalbidus in Europe.
Conference Paper
The Danube delta is rich in different types of water bodies, such as river branches of different order, bays and lagoons of the sea edge, etc. Along the course of the river, the hydrological and physicochemical parameters of the water change, which is also associated with penetration of the sea waters into the delta. In July 2019, a comparative analysis of zooplankton composition and quantitative parameters in the water bodies of different types and at different distance from the Black Sea was carried out: the main river upstream branching (nearby the Reni town), the Kiliia Branch of the delta (the largest), the Bilhorodskyi branch and the bay of the sea edge of the delta – Solonyi Kut, where the Bilhorodskyi branch falls. During the period of investigations, the water temperature varied from 25,2°С (Solonyi Kut Bay) to 28,7°C (main river). The salinity in the sampling water was close – within 0,24–0,26‰, except the Solonyi Kut Bay, where it reached 5,61‰. Maximal taxonomic richness of zooplankton was found in the Solonyi Kut Bay – 15 LIT (the lowest identified taxon), 1–10 LIT were registered in the watercourses. The similarity of the taxonomic composition of the water bodies in terms of the Sørensen index did not exceed 0,48. Copepoda prevailed in the bay and branches of the river. On the contrast to the mainly freshwater zooplankton character in the watercourses, in the Solonyi Kut Bay the brackish and euryhaline marine forms occurred, such as Halicyclops neglectus Kiefer, Acartia tonsa Dana, juveniles of Cirripedia and Polychaeta, and others. The zooplankton abundance in the water bodies of the Danube delta was low. However, in the Solonyi Kut Bay, it was significantly higher (6730 ind/m3, 40,23 mg/m3) than in the watercourses (30–410 ind/m3, 0,01–7,03 mg/m3). With the exception of the main river site upstream the branching, where only Rotifers were found, juveniles of Copepoda quantitatively prevailed in the branches and the bay. Thus, the mixed composition of zooplankton, consisting of freshwater, brackish-water and marine taxa, as well as an increase of its taxonomic richness and abundance in the bay of sea edge of the Danube delta, indicates the existence of the river/sea-type ecotone zone.
Article
Monitoring of natural regeneration in a dense semi-natural mixed hardwood forest on the base of ash, beech, oak and sycamore occurred over 3 years in the Aelmoeseneie experimental forest, Belgium. 40 permanent plots (4 m x 5 m) were selected in three various humus types, located in an ash stand and in an oak - beech stand. In all plots abundance and top height of all broad leaved regenerated species were determined at the end of the growing seasons 1995 and 1998. In addition, the seedlings which appeared in the plots during 1996 and 1997 were identified and followed up. This study proves that in the investigated sites natural regeneration is drastically poor and diversity is low, in particular where the humus layer is more acidic (mull moder) and the litter layer is thick. No regeneration phase older than the seedling stage (h < 40 cm) is developed on the different humus types. On average, total number of seedlings in 1995 amounts to 38 units/are in the ash stand and to 63 units/are in the oak - beech stand. Survival rate over a 3- year period is 37% and 42% respectively in the ash and oak - beech stands. Total ingrowth during the growing seasons 1996 and 1997 is virtually poor, indicating 16 and 8 units/are respectively in above mentioned stands. Survival rate of occurring seedlings, as well as the ingrowth of new seedlings are notably different (P < 0.05) according to the soil conditions of the ash stand. Generally, the low presence of seedlings and the lack of regeneration older than the seedling stage reveal that the regeneration development encounters with a critical problem. The continuation of this process would likely result in a progressive succession by the invasive and the unwanted tree species.
Article
The mitosporic fungus Chalara fraxinea (Ascomycota) is associated with dieback of common ash, an emerging disease of Fraxinus excelsior (Oleaceae) in Europe. The pathogenicity of C. fraxinea was demonstrated by field inoculations on young trees.
Praxishilfe Band I Klima-Boden-Baumartenwahl
  • H Lenz
  • M Baumann
  • Baier
lenZ, h., strAssner, l., BAumAnn, m., BAier, u. (2012): Boniturschlüssel zur Einstufung der Vitalität von Alteschen. In: AFZ -Der Wald 3, S. 18-19. lwf (hrsg.) (2019): Praxishilfe Band I Klima-Boden-Baumartenwahl. S. 89-90
Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen [FFH-Richtlinie
  • D Dick
  • C F Dormann
  • K Henle
Dick, D., DormAnn, c. f. & henle, k. (2017): Environmental determinants and temporal variation of amphibian habitat use in a temperate floodplain -Herpetological Journal, Vol. 27: 161-171. europäische gemeinschAft (1992): Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen [FFH-Richtlinie]. -URL: https://eur-lex.europa.eu/ legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CE-LEX:31992L0043&from=DE; zuletzt abgerufen am 21.11.2021. europäische union (2000): Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Kontakt: Dr. Francis Foeckler Sachverständiger für Gewässerökologie (Analyse und Bewertung)
Rohrbach 93183 Kallmünz E-Mail: foeckler@sv-gewaesseroekologie
  • Hohenfelser Str
Hohenfelser Str. 4, Rohrbach 93183 Kallmünz E-Mail: foeckler@sv-gewaesseroekologie.de
Ahlmer Regierung der Oberpfalz Sachgebiet 51 -Naturschutz Emmeramsplatz 8 93047 Regensburg E-Mail: wolfgang.ahlmer@reg-opf
  • Dipl
  • Biol
  • Wolfgang
Dipl.-Biol. Wolfgang Ahlmer Regierung der Oberpfalz Sachgebiet 51 -Naturschutz Emmeramsplatz 8 93047 Regensburg E-Mail: wolfgang.ahlmer@reg-opf.bayern.de
Flussaltwässer -Ökologie und Sanierung -Vieweg + Teubner
  • Landesfischereiverband Bayern E
lAnDesfischereiverBAnD BAyern e. v., https:// lfvbayern.de/lexikon/schlammpeitzger, zuletzt abgerufen am 1.2.2022. lüDeritZ, v., lAngheinrich, u. & kunZ, c. (Hrsg.) (2009): Flussaltwässer -Ökologie und Sanierung -Vieweg + Teubner, Wiesbaden. schleiner, w. (1985): Hydrogeologische Untersuchungen im Donautal zwischen Geisling und Straubing unter besonderer Berücksichtigung von Modellrechnungen über den Einfluß der Donaukanalisierung. -Diplomarbeit, FB Geowissenschaften der Universität Münster, 102 S. + 35 Anlagen. wAsserwirtschAftsAmt regensBurg (2017): Umsetzungskonzept Hydromorphologische Maßnahmen für den Flusswasserkörper Donau von Einmündung Naab bis Einmündung Große Laber (FWK 1_348). -URL: https:// www.wwa-r.bayern.de/fluesse_seen/ umsetzungskonzepte_wrrl/umsetzungskonzepte/doc/2_uk_donau_ fwk1_348_bericht.pdf; zuletzt abgerufen am 21.11.2021.