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Kulturelle Diversität und die Leseleistung von Schüler: innen Diversitätsbezogene Lehrkrafteinstellung als Moderator

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Abstract

In den letzten zehn Jahren ist der Anteil an Schüler:innen mit Migrationshintergrund um knapp 10% gestiegen (Statistisches Bundesamt, 2017; Statistisches Bundesamt, 2020). Für die Gestaltung von Lernumgebungen, aber auch systemische Entscheidungen wie die Zusammenstellung von Schulklassen wird daher Wissen über die Effekte kultureller Diversität auf Schulleistung zunehmend relevanter. Empirisch zeigen sich hierzu gemischte Befunde, was auch auf eine uneinheitliche Operationalisierung kultureller Diversität zurückführbar ist: Während der Migrationsanteil innerhalb einer Klasse überwiegend negative Zusammenhänge zu Schülerleistung aufweist (Mickelson et al., 2020), zeigen komplexere Diversitätsindizes wie Shannon's H und Simpson's D, welche die Heterogenität kultureller Hintergründe in einer Klase adäquater abbilden, überwiegend schwach positive Effekte auf Schulleistung (Braster & Dronkers, 2015). Diese werden auf ein höheres Zugehörigkeitsgefühl in kulturell diverseren Klassen, aber auch auf die positive Wirkung der Auseinandersetzung mit divergierenden Erfahrungen und (kulturellen) Sichtweisen zuückgeführt (Rjosk et al., 2017). Die vorliegende Studie untersucht im Rahmen einer offenen Forschungsfrage den Effekt kultureller Diversität auf die Leseleistung von Schüler:innen unter Verwendung verschiedener Diversitätsindikatoren. Kulturelle Diversität stellt zudem an Lehrkräfte besondere Anforderungen, einer heterogeneren Schülerschaft gerecht zu werden (Syring et al., 2019). Eine positive Einstellung gegenüber kultureller Diversität kann in diesem Zusammenhang positiv wirken: Sie geht mit höherer Motivation und Selbstwirksamkeit beim Unterrichten in kulturell heterogenen Klassen einher, sowie mit einer höheren Intention zum Einbezug kultureller Diversität in den Unterricht (Gebauer & McElvany, 2020; Hachfeld et al., 2012). Auf Basis dieser Befunde wird die diversitätsbezogene Einstellung der unterrichtenden Lehrkraft als Moderator des Zusammenhangs zwischen kultureller Diversität und Leseleistung der Schüler:innen vorgeschlagen und untersucht. Als Datenbasis dient ein längsschnittlicher Datensatz aus 67 fünften Klassen an Gymnasien, Real- und Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg (N = 1614, Migrationsanteil 54%), der im Rahmen einer Interventionsstudie im ersten Schulhalbjahr 2018/19 erhoben wurde. Indikator für die Leseleistung der Schüler:innen ist der Kompetenztest Lernstand 5 zu Beginn und in Parallelversion zu Ende des Halbjahres. Die diversitätsbezogene Lehrkrafteinstellung und demographische Daten wurden zu Beginn des Schuljahres erhoben. Zur Quantifizierung der kulturellen Diversität werden die Anzahl der Herkunftsländer relativ zur Klassengröße (Ncat) sowie Shannon's H verwendet. Der Migrationsanteil wurde als Kontrollvariable einbezogen, um die Effekte kultureller Diversität über den Migrationsanteil hinaus zu untersuchen. Nach einer multiplen Imputation der fehlenden Werte per mice wurden hierarchische Regressionsmodelle mit dem R-Paket lme4 berechnet (van Buuren & Groothuis-Ourdshoorn, 2011; Bates et al., 2015). Auf Individualebene wurde für die Intervention, Migrationshintergrund, kulturelles Kapital, Geschlecht und Eingangsleistung, auf Klassenebene für mittlere Klassenleistung und Schulform kontrolliert. Analog zu bisherigen empirischen Ergebnissen zeigt der Migrationsanteil negative Effekte auf (Lese-)Leistung. Die beiden Diversitätsindikatoren zeigen ohne Kontrolle des Migrationsanteils (marginal) signifikante negative Effekte, jedoch keine signifikanten Effekte über den Migrationsanteil hinaus. Die Untersuchung des vermuteten Moderationseffektes zeig weder einen signifikanten Haupteffekt der Lehrkrafteinstellung, noch eine signifikante Interaktion zwischen Lehrkrafteinstellung und kultureller Diversität. Unsere Ergebnisse lassen nicht auf einen direkten Effekt kultureller Diversität auf Leseleistung über den Effekt des Migrationsanteils hinaus schließen. Vermittelnde Mechanismen kultureller Kompositionseffekte stellen daher ein Desiderat zukünftiger Untersuchungen dar. Diese Befunde decken sich mit früheren Beobachtungen, die zwar positive Effekte von Diversität auf Mathematikleistung finden, nicht jedoch auf Leseleistung (Rjosk et al., 2017). Zudem könnte eine Varianzeinschränkung der Diversität für die Befunde verantwortlich sein: Unsere Stichprobe enthielt stark heterogene Klassen, sodass der Effekt der Diversität möglicherweise unterschätzt wurde. Die diversitätsbezogene Lehrkrafteinstellung wurde als Moderator des kulturellen Kompositionseffektes nicht bestätigt.

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Article
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Zusammenfassung Der Beitrag widmet sich der Frage, inwieweit Aspekte der professionellen Kompetenz von Lehrkräften von Bedeutung für einen diversitätssensiblen Unterricht sind. Der Fokus liegt dabei auf Einstellungen und motivationaler Orientierung von Lehrkräften und untersucht die Bedeutsamkeit für einen differenziellen Unterricht im Kontext kulturell-ethnischer Diversität. Daten von N = 250 Lehrkräften wurden anhand von Strukturgleichungsmodellen analysiert sowie geschlechtsspezifische Unterschiede anhand von Mehrgruppenstrukturgleichungsmodellen geprüft. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Einstellungen und motivationale Orientierung von substanzieller Relevanz für eine diversitätssensible Unterrichtsgestaltung sind. Eine Prüfung geschlechtsspezifischer Differenzen für die gefundenen Zusammenhangsmuster zeigen nur geringe Unterschiede. Die Ergebnisse heben die Bedeutung der professionellen Kompetenz von Lehrkräften für diversitätssensiblen Unterricht hervor und werden hinsichtlich ihrer Implikation für Forschung und Praxis diskutiert.
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Various initiatives have recently been launched to attract more teachers with immigrant backgrounds, under the assumption that they are better equipped to teach in multicultural contexts. However, whether teachers differ in their professional competence to cater for students with immigrant backgrounds has not yet been empirically established, and it remains unclear whether any such differences would be attributable to the teachers' own immigration background. Based on the COACTIV model of teachers' professional competence, and drawing on a sample of 433 trainee teachers with and without immigrant backgrounds, this study (a) investigated trainee teachers' enthusiasm, self-efficacy, and prejudices with respect to teaching students with immigrant backgrounds and (b) tested whether the relationship between immigration background and these variables was mediated by multicultural beliefs. Results from structural equation modeling confirmed that multicultural beliefs had an indirect effect: participants with immigrant backgrounds reported higher multicultural beliefs which were in turn associated with higher self-efficacy and enthusiasm and lower levels of prejudice.
Article
This study focuses on the association between classroom composition characteristics and teaching quality, with the aim of understanding the role of teaching quality as a mechanism underlying compositional effects. We examine how teaching quality is associated with the student body that is taught. Multilevel analyses of a sample of 1,070 3rd graders have indicated that cognitive and motivational composition of the classroom had an association with the classroom management dimension of teaching quality, whereas sociocultural composition was not associated to any of the teaching quality dimensions rated by the students. Correlations at the classroom level have also pointed at a relationship between the teachers’ and observers’ ratings of classroom management and the composition of general cognitive abilities and interest. We suggest that these findings also have implications for the theoretical conceptualization and the empirical assessment of teaching quality.
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Racial and ethnic differences in educational outcomes significantly narrowed during the 1970s and 1980s when K–12 public schools were desegregated. However, when schools resegregated starting roughly in the late 1980s, racial gaps in outcomes widened again. Because of literacy’s pivotal role in learning, the authors investigate if segregation contributes to racial gaps in K–12 reading performance. Drawing upon structural vulnerability and cumulative advantage/disadvantage theories to frame this study, the authors conduct multilevel metaregression analyses of 131 effect sizes from 30 primary studies to investigate if school composition effects contribute to racial gaps in K–12 reading outcomes and if any effects vary in magnitude or direction for students from different racial/ethnic backgrounds or grade levels. The metaregression analyses control for the primary studies’ regression model characteristics and research designs. The results indicate a small, negative, statistically significant relationship between the percentage of a school’s disadvantaged minority enrollment and the mean reading achievement of the students who attend it. The negative association is stronger when segregation is measured by percentage Black and is stronger for high school students. These two findings suggest that the disadvantages of segregated education cumulate as more structurally vulnerable students transition from elementary to secondary school. Additional results suggest that a school’s racial composition effect is not the same as its socioeconomic status composition effect. The two organizational characteristics have distinct, albeit interrelated, influences on reading scores. Together the findings suggest that racially and ethnically segregated schooling both reflects and helps reproduce racial/ethnic inequality in literacy outcomes.
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Einstellungen, die angehende Lehrende bezogen auf das Unterrichten heterogener Schülergruppen haben, können, neben anderen zentralen Determinanten, von Bedeutung dafür sein, wie sie dieser Herausforderung im späteren schulischen Alltag begegnen. Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit den Fragen, ob angehende Lehrende heterogenitätsspezifische Einstellungen haben und inwieweit diese prädiktiv für selbstberichtetes intendiertes Unterrichtsverhalten sind. Es wurden N=345 angehende Lehrende befragt und die Analysen zur Beantwortung der Forschungsfragen anhand von Strukturgleichungsmodellen durchgeführt. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass angehende Lehrende differenzielle Einstellungen bezogen auf kulturelle und leistungsbezogene Heterogenität haben und die Einschätzungen der Nützlichkeit von kulturell und leistungsheterogenen Schülergruppen sowie die wahrgenommene Verhaltenskontrolle Prädiktoren für selbstberichteten intendierten Unterricht sind. Zudem sind die Merkmale Geschlecht und studierter Studiengang bedeutsam für intendiertes Unterrichtsverhalten, nicht aber der studierte Bildungsgang bzw. Schulform. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund ihrer Bedeutung für anschließende Forschungen und die Lehrerbildung diskutiert.
Article
This study attempted to untangle how two dimensions of school racial/ethnic composition—racial/ethnic diversity of the student body and racial/ethnic matching between children and their peers—were related to socioemotional and academic development after the transition into elementary school. Analysis of the Early Childhood Longitudinal Study–Kindergarten Cohort revealed that school racial/ethnic composition was more strongly associated with children’s academic, as opposed to socioemotional, outcomes. Students had higher achievement test scores in more diverse schools, especially when they also had more same-race/ethnicity peers in these diverse schools. These patterns were particularly strong for White students. Having more school peers of the same race/ethnicity, regardless of the overall level of diversity in the school, was associated with positive socioemotional development.
Multilevel Analysis: An Introduction to Basic and Advanced Multilevel Modeling
  • T Snyders
  • R Bosker
Snyders, T., & Bosker, R. (2012). Multilevel Analysis: An Introduction to Basic and Advanced Multilevel Modeling. Sage Publishers.
Bevölkerung und Erwerbstätigkeit Bevölkerung mit Migrationshintergrund -Ergebnisse des Mikrozensus
  • Statistisches Bundesamt
Statistisches Bundesamt (2017). Bevölkerung mit Migrationshintergrund -Ergebnisse des Mikrozensus 2010 -hochgerechnet auf Basis des Zensus 2011. Abgerufen von https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Migration-Integration/Publikationen/Downloads-Migration/migrationshintergrund-sonderausgabe-5122121109004.pdf?__blob=publicationFile Statistisches Bundesamt (2020). Bevölkerung und Erwerbstätigkeit Bevölkerung mit Migrationshintergrund -Ergebnisse des Mikrozensus. Abgerufen von https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Migration-Integration/Publikationen/Downloads-Migration/migrationshintergrund-2010220197004.pdf?__blob=publicationFile Trautmann, M., & Wischer, B. (2011). Heterogenität in der Schule -Eine kritische Einführung (1. Aufl.). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/https://doi.org/10.1007/978-3-531-92893-7