28.1 Die Sozialpolitik stellt ein wahres Paradox im Gemeinschaftsrecht dar. Zwar nimmt sie innerhalb des EG-Vertrags eine
kaum zu überbietende Stellung ein. Dennoch verpassen ihre Verächter keine Gelegenheit, ihre unzähligen Schwachstellen anzuprangern
und sogar zu behaupten, es gebe sie nicht. In der Tat war ihre Bedeutung ursprünglich wesentlich geringer. War der EGKS-Vertrag
noch um die
... [Show full abstract] Einbindung wichtiger sozialer Belange bemüht, indem er unter anderem Einrichtungen für die Umschulung von Arbeitnehmern
im Fall der Beendigung der Tätigkeit schuf, so bleibt der EG-Vertrag erheblich zurückhaltender. Obwohl er den Titel III (Dritter
Teil) der Sozialpolitik widmet, bleibt ihr Inhalt doch sehr lückenhaft, da er auf drei Aspekte reduziert ist: Erstens die
Errichtung eines europäischen Sozialfonds zur Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten im Binnenmarkt (ex-Artikel 123).
Zweitens eine gemeinsame Politik der beruflichen Bildung (ex-Artikel 127), die im Übrigen eine seltsame Wandlung erfahren
hat, da die Gemeinschaft auf sie ihre gesamte Tätigkeit im Bereich der Universitäten und insbesondere zugunsten der Freizügigkeit
von Studenten gestützt hat (EuGH, 13. Februar 1985, Gravier, Rs. 293/83 Slg. 593). Drittens schließlich den Grundsatz des
gleichen Entgelts für Männer und Frauen (ex-Artikel 119).