Langzeitpraktika sind in Form des Praxissemesters mittlerweile in vielen Bundesländern ein festes Element der ersten Phase der Lehrerbildung. Trotz im Detail unterschiedlicher Ausgestaltungen verfolgen die meisten Praxissemester ähnliche Zielsetzungen (Ulrich et al. 2020): Praxissemesterstudierende sollen (1) erste Kompetenzen zur Planung und Gestaltung schulischen Lehrens und Lernens erwerben, (2) im Studium erworbene Theorie professionsorientiert mit den Handlungsanforderungen der Praxis verbinden und (3) eine professionelle Haltung, ihre Lehrerpersönlichkeit entwickeln sowie ihre Berufswahl reflektieren (für NRW vgl. MSW 2010).
Im Zuge der vielfältigen Wahlmöglichkeiten für methodische Zugänge zu Unterrichtsbesprechungen stellt sich die Frage, wann und für welche Ziele des Praxissemesters welche Methode vorzuziehen ist und wie sie gestaltet werden sollten. Um Hinweise zu gewinnen, wie Reflexions- und Beratungsprozesse insbesondere mit dem Instrument der Unterrichtsvideografie optimal umgesetzt werden können, haben wir in einer Interviewstudie die Perspektive der Lehramtsstudierenden auf verschiedene methodische Zugänge für das Unterrichtsfeedback untersucht. Dabei lag der Fokus auf dem emotionalen Erleben der Studierenden und den Erwartungen an Feedback in derartigen Formaten.
Alles in allem können deutliche Unterschiede in den Erwartungen und dem emotionalen Erleben unterschiedlicher Feedbacksituationen im Praxissemester erkannt werden. So wird den unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren unterschiedliche Kompetenz für die Bewertung von Unterricht zugestanden. Während von Peers und Mentorinnen und Mentoren eher bestärkendes Feedback erwartet wird, welches sich auf Grundlage der jeweiligen Erfahrung im Unterrichten unterscheidet, wird von Fachleiterinnen und Fachleitern kritisches, sachorientiertes Feedback erwartet. Dies geht insgesamt einher mit emotionaler Belastung bzw. Stressempfinden.
Unterrichtsvideografien können an dieser Stelle zielführend genutzt werden. Die Videos stellen das „Produkt Unterricht“ dar. Sie zeigen den gesamten Ablauf der Stunden in vielen Facetten. Durch die Kamera fühlen sich die Studierenden zusätzlich weniger angespannt als durch die Hospitation von Fachleiterinnen und Fachleitern. Die Implementierung von Videografien in verschiedenen Feedbacksituationen kann ein produktorientiertes Feedback anregen. Dies gilt sowohl für das Feedback von Peers und Mentorinnen und Mentoren, als auch das Feedback der Fachleiterinnen und Fachleiter.