Content uploaded by Sandra Schön
Author content
All content in this area was uploaded by Sandra Schön on Feb 03, 2022
Content may be subject to copyright.
Schön, Sandra/Aschemann, Birgit/Bisovsky, Gerhard/Edelsbrunner, Sarah/Eglseer, Doris/Kreiml,
Thomas/Lanzinger, Michael/Reisenhofer, Christin/Steiner, Karin/Ebner, Martin (2022):
MOOC-Gestaltung in der Erwachsenenbildung. Empfehlungen für die Gestaltung und Durchfüh-
rung von Online-Kursen für Viele. In: Magazin erwachsenenbildung.at. Das Fachmedium für
Forschung, Praxis und Diskurs. Ausgabe 44-45. Online:
https://erwachsenenbildung.at/magazin/ausgabe-44-45.
Schlagworte: MOOC, MOOC-Konzeption, Erwachsenenbildungs-MOOCs
Sandra Schön, Birgit Aschemann, Gerhard Bisovsky,
Sarah Edelsbrunner, Doris Eglseer, Thomas Kreiml,
Michael Lanzinger, Christin Reisenhofer, Karin Steiner und
Martin Ebner
21
Praxis
Kurzzusammenfassung
Auf der österreichischen MOOC-Plattform iMooX.at werden seit 2014 zahlreiche offene
Online-Kurse angeboten. Für den vorliegenden Beitrag haben ExpertInnen – dabei handelt es
sich um die Verantwortlichen für eine reiche Palette an unterschiedlichen Erwachsenen-
bildungs-MOOCs mit insgesamt etwa 21.000 registrierten TeilnehmerInnen – ihre Erfahrungen
mit MOOCs systematisch zusammengetragen. Sie formulieren Empfehlungen, die für Erwach-
senenbildnerInnen bei der Konzeption und Durchführung eines großen, offenen Online-Kurses
hilfreich sein könnten. Außerdem enthält der Beitrag sowohl Überlegungen zu potenziellen
Zielgruppen, Themen und Vorhaben für MOOCs als auch Reexionen rund um die Herausfor-
derungen bei der MOOC-Konzeption. Schließlich legt das AutorInnenkollektiv dar, wie MOOCs
didaktisch ausgestaltet werden sollten, um die Lernenden optimal zu unterstützen. (Red.)
MOOC-Gestaltung in der
Erwachsenenbildung
Empfehlungen für die Gestaltung und
Durchführung von Online-Kursen für Viele
Zitation
221-
Zuletzt waren Online-Veranstaltungen in der COVID-19-Pandemie in vielen
Branchen die einzig mögliche Form der Weiterbildung. Eine besondere Form
von Online-Kursen stellen dabei „MOOCs” dar (MOOC steht für „Massive
Open Online Courses”, siehe McAuley et al. 2010). Im vorliegenden Beitrag
möchten wir Einsichten weitergeben und Empfehlungen für die Konzeption
und Durchführung von MOOCs formulieren, um potentiellen NachahmerIn-
nen Entscheidungshilfen und Tipps zur Verfügung zu stellen. Wir haben
uns hierfür mehrmals getroffen, unsere eigenen Erfahrungen – z.B. zur
Frage: Was hätten Sie gerne vorher gewusst? – gesammelt und daraus
Empfehlungen für WeiterbildnerInnen erarbeitet, die über den Einsatz oder
die Entwicklung von MOOCs nachdenken.
Die Empfehlungen basieren auf dem Einsatz
und den Erfahrungen mit jenen MOOCs, die als
offene Online-Kurse auf der Plattform iMooX.
at seit 2014 angeboten wurden und die der Er-
wachsenen- und Weiterbildung zuzuordnen
sind. Die MOOCs richten sich an Erwachsene
im Allgemeinen, an Erwachsene in spezischen
Lebenssituationen oder dienen der Professionali
-
sierung in der Erwachsenenbildung (sprechen also
ErwachsenenbildnerInnen direkt an). MOOCs für die
Berufsgruppe der LehrerInnen wurden dabei ausge-
nommen.
Eine Besonderheit der österreichischen MOOC-
Plattform iMooX.at ist, dass alle MOOCs offene
Bildungs ressourcen beinhalten, da eine entspre-
chende Lizenzierung der Kurse vorausgesetzt wird
(zumindest müssen es in jedem Fall Creative-Com-
mons-Lizenzen sein). Auf der Plattform wird dabei
allgemein ein MOOC-Format unterstützt, das als
„xMOOC” bezeichnet wird. Darunter werden video-
basierte, d.h. darbietungsorientierte Kurse ver-
standen, die meist nur einfache Assessmentformen
(Quizze) und Kommunikationsformen (Diskussions-
forum) anbieten (siehe Wedekind 2013). Das Angebot
Sandra Schön, Birgit Aschemann, Gerhard Bisovsky,
Sarah Edelsbrunner, Doris Eglseer, Thomas Kreiml,
Michael Lanzinger, Christin Reisenhofer, Karin Steiner und
Martin Ebner
MOOC-Gestaltung in der
Erwachsenenbildung
Empfehlungen für die Gestaltung und
Durchführung von Online-Kursen für Viele
321-
als „Kursform” impliziert einen gemeinsamen Start
und das Ende einer betreuten Phase; die Kurse
werden regelmäßig nach einer ersten betreuten
Durchführung auch für den späteren Einstieg als
Selbstlernkurse weiter angeboten (siehe Ebner 2019).
Online-Kurse bei iMooX.at haben mehrere Einhei-
ten, die wochenweise freigeschaltet werden und
in der Regel Videos, Begleittexte und ein kurzes
Quiz zur Einheit enthalten, manchmal auch eine
komplexere Lernarchitektur, die aus zusammen-
hängenden Videos, Ressourcen, Praxisaufgaben und
Diskussionsimpulsen besteht. Die TeilnehmerInnen
können sich im Diskussionsforum austauschen
bzw. gegenseitig Fragen beantworten. Manche
KursanbieterInnen bieten ergänzend Live-Termine
und Webinare oder auch Begleitgruppen in Präsenz
an. Mit dem Relaunch der Plattform im Jahr 2021
wurden weitere Funktionalitäten ergänzt, u.a. eine
Lernfortschrittsanzeige sowie die Möglichkeit, dass
die TeilnehmerInnen die weiteren Einheiten nach
dem erfolgreichen Abschluss einer Einheit ange-
zeigt bekommen. Es handelt sich insgesamt um eine
eher niederschwellige technische Lösung, die die
Lerninhalte und die Auseinandersetzung damit in
das Zentrum rücken soll (siehe Neuböck et al. 2015;
Leitner/Ebner 2019).
Die Verantwortlichen für eine reiche Palette an
unterschiedlichen und tw. mehrfach ausgezeich-
neten Erwachsenenbildungs-MOOCs mit insgesamt
etwa 21.000 registrierten TeilnehmerInnen [Stand:
Herbst 2021] haben für diese Veröffentlichung ihre
Erfahrungen zusammengetragen. Dabei handelt
es sich konkret um die MOOCs der Reihe „Gratis
Online Lernen”, um die Reihe „EBmooc“: EBmooc
plus
und EBmooc
focus
, um die „LawBuster-Reihe“, die
mehrteilige „Demokratie-MOOC-Reihe“, um einen
MOOC zur Mangelernährung bei SeniorInnen sowie
um den DigiSkills-MOOC für ArbeitnehmerInnen. Der
vorliegende Beitrag versteht sich damit als Ergän-
zung und Fortführung des Grundlagenbeitrages von
Sandra Schön und Martin Ebner (2018) zu allgemeinen
Erfahrungen mit MOOCs einschließlich spezieller
Tipps für MOOC-Arbeitspläne und Durchführungen
und als Ergänzung und Fortführung der konkre-
ten Empfehlungen des EBmooc-Teams für MOOCs
1 Eine ausführliche Version und weitere Kontextinformationen zu unserem Vorhaben planen wir für einen Buchbeitrag im Band
Egger, Rudolf/Witzel, Stephan (Hrsg.): „Hybrid, exibel und vernetzt?“ (erscheint 2022)
für ErwachsenenbildnerInnen (siehe Aschemann
et al. 2017).
MOOCs unterscheiden sich von herkömmlichen
Online-Kursen oder auch Präsenzveranstaltungen
in mehrfacher Hinsicht. Folgende Besonderheiten
erscheinen uns dabei besonders wichtig:
•
MOOCs sind im Wesentlichen Selbstlernangebote
mit Kommunikationsmöglichkeit, die im Detail
entsprechend sorgfältig geplant und entwickelt
werden und bei denen mögliche Schwierigkeiten
antizipiert werden müssen, da es nur einge-
schränkten Spielraum für Anpassungen während
der Laufzeit gibt.
•
Bei der (inter-)nationalen Zugangsmöglichkeit,
der zeitlichen und räumlichen Ungebundenheit
von MOOCs ist die Varianz der Hintergründe
und der Interessen der TeilnehmerInnen deutlich
größer und die Gruppen sind weniger homogen.
•
Durch die kostenlose Zugänglichkeit entsteht
keine große Verbindlichkeit, die Aktivierung
beruht im Wesentlichen auf der Motivation (z.B.
Erhalt des Kurszertikats), dem Kursdesign (z.B.
Verbundenheit durch das Gefühl der parallelen
Aktivität) oder auch auf Begleitangeboten.
• Eine Adressierung der oder Kommunikation mit
den einzelnen TeilnehmerInnen, ihres spezi-
schen Kontexts oder ihrer einzelnen Beiträge
ist im MOOC nur mit großem Aufwand möglich.
Was trivial klingen mag, hat für die Gestaltungsmög-
lichkeiten und -notwendigkeiten Konsequenzen. Auf
zwei Aspekte möchten wir uns dabei konzentrieren:
(a) Ist ein Bildungsvorhaben im Kontext der Erwach-
senenbildung geeignet für einen MOOC? Und (b)
welche Herausforderungen gilt es bei der Gestaltung
von MOOCs im Kontext der Erwachsenenbildung
zu beachten (und welchen wird vielleicht zu wenig
Aufmerksamkeit geschenkt)?1
Empfehlungen für MOOCs in der
Erwachsenenbildung
Im Folgenden werden Einsichten und Empfehlungen
von und für unterschiedliche MOOCs im Kontext
421-
der Erwachsenen- und Weiterbildung für KollegIn-
nen beschrieben, die über eine MOOC-Umsetzung
nachdenken oder diese planen.
Checklisten zur Prüfung von Bildungsvorhaben
und deren Eignung als MOOC
Es gibt Vorhaben, Themen und Zielgruppen, für die
uns ein MOOC besonders geeignet erscheint (vgl.
Aschemann et al. 2017, S. 7f.): Diese Aspekte haben
wir in Form von Checklisten dargestellt (siehe Abb.
1). Je mehr Aspekte zutreffen, desto mehr spricht für
die Umsetzung eines Vorhabens als MOOC.
Zwei Aspekte auf Seite der TeilnehmerInnen sind
eine notwendige Voraussetzung: Die TeilnehmerIn-
nen benötigen ein internetfähiges, im besten Fall
persönliches Gerät und eine E-Mail-Adresse sowie
einfache Kenntnisse im Umgang mit E-Mail und
E-Mail-Programmen sowie im Umgang mit der
Registrierung und Navigation auf Websites. Die
Anforderungen der MOOC-Plattform-Registrierung
sollten alle bewältigen können, die bereits Online-
Bestellungen getätigt haben.
TeilnehmerInnen mit geringen Internetkompeten-
zen können erfahrungsgemäß unterstützt werden,
wenn es entsprechende ergänzende Maßnahmen
gibt (siehe Aschemann et al. 2017), z.B. begleitende
Präsenz- oder Online-Veranstaltungen, Einführun-
gen, Begleitmaterialien (Arbeitshefte), weitere
Kommunikationsmöglichkeiten (Hotline). In der
Tradition der Erwachsenenbildung sollten dabei
insbesondere Personen adressiert werden, die von
herkömmlichen Maßnahmen schlecht erreicht wer-
den und für die MOOCs eine Möglichkeit darstellen
könnten, an Weiterbildung teilzunehmen. Dies sind
u.a. Menschen, die prekär leben und/oder arbei-
ten, Menschen mit besonderen Zeitressourcen (z.B.
Schichtdienst) und Weiterbildungs-Bedingungen
(z.B. Menschen mit Betreuungspichten).
Inhaltlich sind alle Themen naheliegend, bei denen
es um Methoden des Lernens oder Aspekte der Di-
gitalisierung geht, weil hier Thema und Medium
übereinstimmen. Allerdings bedeutet dies keines-
wegs, dass MOOCs nicht auch für andere Themen
interessant sind. MOOCs sind unseres Erachtens
auch geeignet, wenn es mehrere ExpertInnen gibt,
die man zu Wort kommen lassen möchte, oder wenn
sich Themen gut selbst erarbeiten lassen, also keine
kleinteiligen Rückmeldungen benötigt werden.
Schließlich gibt es einige strategische Überlegungen
zur Zielgruppe und zu den Themen, die für die Wahl
eines MOOCs als Bildungsformat sprechen. Das ist
Abb. 1: Checkliste: Wie gut passt eine Umsetzung als MOOC?
Quelle: Eigene Darstellung
521-
z.B. der Fall, wenn die Zielgruppe viele, aber regi-
onal verstreut lebende Personen sind. Hilfreich ist
es, wenn es schon existierende Netzwerke gibt, die
man nutzen kann, oder wenn es eine Zielsetzung
des Vorhabens ist, ein solches Netzwerk aufzubauen.
MOOCs können schließlich auch als Maßnahme ge-
sehen werden, um Reputation und Aufmerksamkeit
für eine Organisation oder ein Thema zu gewinnen.
Maßnahmen zur Unterstützung von
LernerInnen in MOOCs
Die in Abbildung 2 dargestellten Bedürfnisse von
TeilnehmerInnen haben diese auch in anderen
Bildungsformaten, stellen aber beim MOOC eine
besondere Herausforderung dar.
Weil die Teilnahme an einem MOOC für viele Teil-
nehmerInnen unverbindlich ist – es wurde nichts
dafür bezahlt und es gibt keine xen Termine oder
Treffpunkte –, scheinen uns spezielle didaktische
Aspekte wichtig. Dazu gehört beispielsweise,
•
Lernziele der einzelnen Einheiten und Lern-
objekte oder -aktivitäten zu beschreiben
• einen Spannungsbogen für den Kurs zu planen
• jede Kurseinheit inhaltlich eng am praktischen
Lernbedarf der Zielgruppe auszurichten
•
Lernfortschritte und Lernerfolge zu thematisieren
•
auf jeweils folgende Einheiten zu verweisen
(„Cliffhanger”)
• Erfolgserlebnisse zu initiieren/zu ermöglichen
•
den Austausch untereinander zu ermöglichen (in
der Erwachsenenbildung bes. wichtig)
•
Kontakt (Feedback, Rückfragemöglichkeit)
anzubieten
•
Teilnahmebestätigungen oder Zertikate „ver-
wertbar” (z.B. anrechenbar) zu gestalten
Unserer Erfahrung nach sollte sich durch den
gesamten Kurs, aber auch durch jede Lektion ein
Spannungsbogen ziehen (Makro-Aufbau), wobei
ein reines Anbieten von Video- und Textressourcen
erfahrungsgemäß für eine hohe Beteiligung nicht
ausreicht. Jede Lektion sollte vielmehr didaktisch
schlüssig in einer Abfolge von Videos, Ressourcen,
praxisrelevanten Aufgaben/Übungen und einem
Diskussionsimpuls bestehen, wobei im Forum die
Möglichkeit geboten werden sollte, Erfahrungen
und Übungs-Ergebnisse vorzustellen und zu disku-
tieren. Gerade in der Erwachsenenbildung kann ein
solcher Aufbau zu intensiven Lern- und Austausch-
prozessen im Kursforum führen. Heterogenen Kom-
petenzen bei den TeilnehmerInnen kann in MOOCs
gut begegnet werden, indem Lernressourcen auf
unterschiedlichen Niveaus und für unterschiedliche
Vertiefungswünsche angeboten werden.
Bei iMooX.at gibt es, ähnlich wie bei anderen
MOOC-Plattformen und Fernunterrichts-Anbietern,
neben der Nutzung der eigenen E-Mail-Adresse keine
weiteren Maßnahmen der Personenfeststellung oder
der Prüfungsaufsicht. Ob die Quizze so von den na-
mentlich genannten Personen abgelegt wurden und
wem die E-Mail-Adresse zugeordnet werden kann, ist
damit rein technisch nicht sicherzustellen. Es gibt
aber die Möglichkeit, das selbstständige Absolvie-
ren der Quizze (ähnlich wie in der entsprechenden
Erklärung bei Abschlussarbeiten) vor dem Ausstellen
des Zertikats bestätigen zu lassen. Folgende Maß-
nahmen können die Anerkennung der Teilnahme
bzw. der Teilnahmebescheinigung erhöhen:
Abb. 2: Herausforderungen bei der MOOC-Konzeption und damit verbundene Bedürfnisse der TeilnehmerInnen
Unverbindliche
Teilnahme
Heterogenität der
Zielgruppe Offene Struktur geringe soziale
Präsenz
Herausforderung
Sinnhaftigkeit
und Anerkennung
erfahren
Sich mit seinen
Besonderheiten
willkommen fühlen
Sicherheit und
Orientierung
Gemeinschaft
erleben
Bedürfnis
Quelle: Eigene Darstellung
621-
•
Inhaltliche Bezugnahme auf vorhandene Kom-
petenzmodelle oder -kataloge
•
klare Beschreibung der Lernziele und des Auf-
wands (z.B. für Freistellungen beim Arbeitgeber)
•
Kooperation und Absprachen mit den verant-
wortlichen Stellen
•
spezische Implementierung bzw. Nachweis
ergänzender Leistungen für die Anerkennung
(z.B. zur Bildungskarenz)
Bei den MOOCs, auf die in diesem Beitrag Bezug
genommen wird, ist z.B. eine Anerkennung der
MOOC-Teilnahme durch den Österreichischen
Gesundheits- und Krankenpegeverband (ÖGKV)
bzw. bei mehreren MOOCs die Anerkennung durch
die wba (Weiterbildungsakademie) möglich. Gut
geeignet für die Anerkennung von MOOCs schei-
nen uns Verfahren, die auch informell erworbene
Kompetenzen validieren.
Weil die TeilnehmerInnen bei MOOCs hetero-
gener als in Präsenzveranstaltungen sind, kann es
helfen:
•
die Vielfalt der möglichen TeilnehmerInnen zu
betonen und zu begrüßen
•
die unterschiedlichen Perspektiven (der Teilneh-
merInnen) zu integrieren
•
das Vorwissen zu aktivieren und mögliche Un-
terschiede im Vorwissen anzusprechen
•
Möglichkeiten der Differenzierung vorzuschla
-
gen und zu ermöglichen
•
optionale Möglichkeiten der Vertiefung
anzubieten
Das MOOC-Setting ist weder durch Zeit noch Raum
begrenzt; ein Kommen und Gehen gehört zum Kon-
zept und es wird auch niemand „erwartet”. Hier
fühlen sich erfahrungsgemäß insbesondere Neulinge
manchmal unsicher oder verloren. Alle Gelegen-
heiten zum Lernen miteinander und zum sozialen
Austausch, die in synchronen Online-Formaten oder
in Präsenz-Angeboten „nebenbei” möglich sind, z.B.
durch Pausengespräche, Diskussionen, „Mithören/-
sehen”, sollten im MOOC deshalb bewusst geplant
und initiiert werden. Maßnahmen, die hier unter-
stützend wirken können, sind:
• klare Struktur
•
Informationen zur Kursorganisation und Ablauf
•
einheitliche Gestaltung der Materialien und
Einheiten
•
eine Begründung des Vorgehens, der Aktivitäten
und Methoden
•
Unterstützung bei den Lernaktivitäten und
Selbstkontrollmöglichkeiten
• Informationen außerhalb der MOOC-Plattform
•
ggf. Organisation von Synchron- oder
Präsenztreffen
Eine besondere Herausforderung beim Einsatz
von MOOCs ist die fehlende soziale Präsenz, so
ist z.B. der Austausch in manchen MOOCs auf
das Diskussionsforum beschränkt. Im Unterschied
zu reinen Selbstlernangeboten schätzen es die
TeilnehmerInnen bei MOOCs, wie uns rückgemeldet
wurde, durchaus, dass damit grob eine gewisse zeit-
liche Taktung verbunden ist, und eben auch, dass
man mit vielen anderen gemeinsam lernt. Dieses
Erlebnis lässt sich verstärken bzw. klarer abbilden
durch:
• eine Vorstellungsrunde zu Beginn des MOOCs
•
die Adressierung der großen/bestimmten Zahl
der TeilnehmerInnen
•
Visualisierungen zu den Aktivitäten und Hin-
tergründen der TeilnehmerInnen, z.B. ihrer
Wohnorte (Landkarte), oder die Häugkeit des
Aufrufs eines Diskussionsbeitrags
•
die Planung gemeinschaftlicher, kooperativer
Erlebnisse
• das Initiieren einer intensiven Forenaktivität
•
ggf. synchrone Begleitformate online (Sprech-
stunde, interaktives Webinar) oder in Präsenz
Herausforderung bei der MOOC-Produktion
und -Durchführung
Die Lernerfahrung muss, so unsere Erfahrungen,
bei MOOCs überwiegend vorproduziert werden.
Dabei ist es wichtig, andragogische Prinzipien zu
berücksichtigen (siehe Brückner et al., 2017; Gruber
2009). Vor allem gilt es bei MOOCs, „pädagogisch
noch viel intensiver von der Seite der Lernenden her
zu denken”: Inhalte und methodisch-didaktische
Vorgehensweisen sollten detailliert geplant werden,
um z.B. Reexion, Praxisanwendung, Vorwissensak-
tivierung, Binnendifferenzierung, Kommunikation,
soziale Interaktion u.Ä. gezielt zu initiieren und zu
integrieren.
721-
Einige der beteiligten MOOC-MacherInnen in unse-
rem AutorInnenteam hatten die notwendige Genau-
igkeit und Detailliertheit im Vorfeld unterschätzt
und betonten, dass sie sich vorher selten so präzise
mit Materialien und Methoden auseinandergesetzt
hatten.
Während im Präsenzseminar Störungen nahezu
unmittelbar auffallen und sofort angesprochen
werden können, ist dies während eines MOOCs nicht
immer möglich. Als MOOC-Verantwortliche „erlebt”
man die TeilnehmerInnen nur indirekt, z.B. durch
Aktivitätsdaten oder durch die Kommunikation im
Diskussionsforum. Ob jemand akut unzufrieden ist,
ist schwer auszumachen, auch können Störungen
seltener angesprochen werden und ein Anpassen
des Kursverlaufs ist nahezu unmöglich.
Die zentrale Rolle der
TeilnehmerInnen-Orientierung
Ein andragogisches Prinzip (siehe Brückner et al.
2017) erscheint uns bei der Gestaltung der MOOCs
zentral und gleichzeitig herausfordernd: die Teil-
nehmerInnen-Orientierung. Wie in Abbildung 3
dargestellt, kann in synchronen oder Präsenzveran-
staltungen auf die Anliegen, Themen und Störungen
eingegangen werden – im MOOC müssen solche
Interessen und möglichen Probleme bereits bei der
Konzeption antizipiert werden.
Damit man hier auch tatsächlich die Bedürfnisse
und Erwartungen der oft heterogenen Zielgruppe
gut erfüllen kann, ist ihre frühe Einbindung zu
empfehlen. Wichtig ist hier z.B. zu klären: Wie
wirkt die Ansprache der TeilnehmerInnen, wie
wirken Sprache, Dialekt, Untertitel, Einfachheit,
Gestaltung, Visualisierungen auf potentielle Teil-
nehmerInnen? Fühlen sie sich ernstgenommen und
wertgeschätzt? Wie erleben TeilnehmerInnen die
Kursdurchführung?
Der MOOC sollte nicht zuletzt so gestaltet, orga-
nisiert und ggf. begleitet werden, dass er für die
potentiellen TeilnehmerInnen auch sinnvoll ist,
z.B. auch durch mögliche Anerkennungen für die
Zielgruppe.
Fazit: Was ein MOCC müsste und sollte – keine
leichte Aufgabe
MOOCs müssen vorproduziert werden, kurzfris-
tige Änderungen oder Ergänzungen sind schwierig.
Alle Lernschritte und -materialien müssen daher
möglichst eindeutig und gut verständlich sein und
Vertiefungen auf unterschiedlichen Niveaus ermög-
lichen. Zudem sollten alle Lernelemente schlüssig
aufeinander verweisen und mit ihrer Nähe zum
praktischen Lerninteresse der TeilnehmerInnen
sowie mit ihrer Anordnung einen Spannungsbogen
aufbauen, der zum Dranbleiben und Weitermachen
motiviert. Der MOOC sollte Lernen auch mit- und
voneinander, abwechslungsreich, interessant und
lebensweltorientiert unterstützen und dabei Mög-
lichkeiten für Vertiefungen, Differenzierung, be-
sondere Interessen berücksichtigen – keine triviale
Aufgabe bei der Vorbereitung. Gerade in MOOCs
für die Erwachsenenbildung spielt synchroner und
Abb. 3: Umsetzung des Prinzips der TeilnehmerInnen-Orientierung bei MOOCs in der Erwachsenenbildung
Zielgruppen-
netzwerke und
-verbände
Bedürfnisse,
Ansprache
detaillierte
Entwicklung von
Seiten der Lernenden
zu denken
u. a. zu weiterem
Austausch
ggf. Anerkennung die
für die Zielgruppe
relevant ist
Kooperations-
partnerInnen
Themenwahl und
Zielgruppe
Didaktisches
Design und
Materialentwicklung
Begleitangebote Teilnahme-
bestätigung
Quelle: Eigene Darstellung
821-
asynchroner Austausch in Foren und diversen
Begleitangeboten eine große Rolle, und die Kurs-
leitung sollte im Idealfall für kurzfristige Reaktionen
im Forum und/oder in Sprechstunden erreichbar
sein.
2 Der Beitrag entstand in Teilen im Rahmen der folgenden Projekte und der entsprechenden (Ko-)Finanzierungen: „iMooX – Die
MOOC-Plattform als Service für alle österreichischen Universitäten” (2020-2023) und „Kompetenzzentrum Digitalisierung in der
Erwachsenenbildung” mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) sowie „Digital Skills
für 500 Privatangestellte in Österreich – Entwicklung, Durchführung und Evaluierung eines Massive Open Online Course (MOOC)”
mit Mitteln des Digitalisierungsfonds der Kammer für Arbeiter und Angestellte Wien (AK Wien).
All das trägt zum Gelingen eines MOOCs messbar
bei, bedeutet aber auch einen entsprechenden
Aufwand, der MOOCs zu einer echten erwachse-
nenpädagogischen Herausforderung macht, der sich
aber letztendlich als sehr lohnend erweist.2
Literatur
Aschemann, Birgit/Wurm, Philipp/Röthler, David/Ebner, Martin/Frei, Wilfried/Paar, Lucia/Süssmayer, Martina (2017): MOOCs
in der Erwachsenenbildung. So gelingen sie. Graz: CONEDU. Online:
https://erwachsenenbildung.at/ebmooc/materialien/MOOCs-in-der-EB-so-gelingen-sie.pdf [Stand: 2022-01-17].
Brückner, Wolfgang/Evers, John/Nowak, Christian/Schlögl, Peter/Veichtlbauer, Judith (2017): Prinzipien erwachsenengerechten
Lehren und Lernens. In: Dies.: Der Zweite Bildungsweg in Diskussion. Dossier von Erwachsenenbildung.at. Online: https://
erwachsenenbildung.at/themen/zweiter-bildungsweg/was-macht-den-2bw-aus/prinzipien-erwachsenengerechten-lehren-lernen.
php [Stand: 2022-01-17].
Ebner, Martin (2019): Neue Dimensionen des Lernens – Weiterbildung mittels MOOCs. In: Weiterbildung, 5, S. 38-41.
Gruber, Elke (2009): Auf der Spur... . Zur Entwicklung von Theorie, Forschung und Wissenschaft in der österreichischen Erwachse-
nenbildung/Weiterbildung. In: Magazin erwachsenenbildung.at. Das Fachmedium für Forschung, Praxis und Diskurs. Ausgabe 7/8,
2009. Wien. Online: http://www.erwachsenenbildung.at/magazin/09-7u8/meb09-7u8.pdf [Stand: 2022-01-17].
Kopp, Michael/Ebner, Martin (2013): Bildung für alle! Neue gemeinsame Bildungsplattform der Universität Graz und der Techni-
schen Universität Graz. In: Hamburger eLMagazin, 11/12, S. 54-56.
Leitner, Philipp/Ebner, Martin (2019): Experiences with a MOOC-platform — Who are our learners and what do they think about
MOOCs?. Proceedings of Work in Progress Papers of the Research, Experience and Business Tracks at EMOOCs 2019 co-located
with the (European MOOCs Stakeholders Submmit 2019) Conference, Naples, Italy, S. 163-168.
McAuley, Alexander/Stewart, Bonnie/Siemens, George/Cormier, Dave (2010): Massive Open Online Courses Digital ways of
knowing and learning. The MOOC model For Digital Practice. Online: https://www.oerknowledgecloud.org/archive/MOOC_Final.pdf
[Stand: 2022-01-17].
Neuböck, Kristina/Kopp, Michael/Ebner, Martin (2015): What do we know about typical MOOC participants? First insights from
the field. Proceedings of the European MOOC Stakeholder Summit 2015, EMOOCs. Mons: Université catholique de Louvain,
S. 183-190.
Schön, Sandra/Ebner, Martin (2018): Massive Open Online Courses. In: Wilbers, Karl/Hohenstein, Andreas (Hrsg.): Handbuch
E-Learning. Expertenwissen aus Wissenschaft und Praxis – Strategien, Instrumente, Fallstudien. 73. Erg.-Lfg. des Handbuchs
E-Learning, 9.8, S. 1-21.
Wedekind, Joachim (2013): MOOCs – eine Herausforderung für die Hochschulen? In: Reinmann, Gabi/Ebner, Martin/Schön, Sandra
(Hrsg.): Hochschuldidaktik im Zeichen von Heterogenität und Vielfalt Norderstedt: BoD, S. 45-62.
921-
Foto: XXXFoto: K. K.Foto: XXX
Sandra Schön ist Senior Researcher in der Organisationseinheit Lehr- und Lerntechnologien der
Technischen Universität Graz und als Projektleiterin beim „Forum Neue Medien in der Lehre
Austria” (Graz) für das Vorhaben „Aufbau einer OER-Zertifizierungsstelle” zur Anerkennung
der Aktivitäten von Lehrenden und Hochschulen in Bezug auf offene Bildungsressourcen (OER)
tätig. Zudem lehrt sie als Adjunct Professor of Innovations in Learning an der Universitas
Negeri Malang (Indonesien).
Gerhard Bisovsky ist Generalsekretär des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen. Von
2012 bis 2017 war er im Vorstand des Europäischen Verbandes für Erwachsenenbildung tätig
und seit 2016 ist er unabhängiger Experte für die Europäische Kommission (DG EMPL) im
Bereich von adult learning/adult skills.
Sarah Edelsbrunner ist Instructional Designerin in der Abteilung Lehr- und Lerntechnologien an
der Technischen Universität Graz (Österreich) und leitet dort das Projekt „TELucation“.
Außerdem ist sie im 1st-Level-Support für iMooX.at tätig. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind die
mediendidaktische Konzeption, Planung, Beratung sowie Umsetzung von Projekten im Bereich
mediengestützter Hochschullehre.
Dr. in Sandra Schön
Gerhard Bisovsky
Sarah Edelsbrunner
sandra.schoen@tugraz.at
https://www.tugraz.at/ | http://sandra-schoen.de
gerhard.bisovsky@vhs.or.at
https://www.vhs.or.at/
+43 (0)1 216 4226
sarah.edelsbrunner@tugraz.at
www.tugraz.at
+43 (0)316 873-8562
Foto: K.K.
Birgit Aschemann ist Psychologin, Bildungswissenschafterin und Erwachsenenbildnerin und im
Verein CONEDU für den Arbeitsbereich Digitale Professionalisierung verantwortlich. Daneben
ist sie als Lehrbeauftragte für Digitalisierung und pädagogische Professionalisierung an der
Universität Graz tätig. Ihre aktuellen Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Online-
Didaktik und digitale Kompetenzen.
Mag.a Dr. in Birgit Aschemann
office@aschemann.at
http://www.aschemann.at
+43 (0)664 73132620
1021-
Foto: XXXFoto: XXXFoto: Wolfgang Lehner
Doris Eglseer ist Universitätsassistentin am Institut für Pflegewissenschaft an der Medizini-
schen Universität Graz. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Themengebieten der
(klinischen) Ernährung, insbesondere der Mangelernährung bei verschiedenen Personen-
gruppen. Zusätzlich führt sie als freiberufliche Diätologin Vortrags-, Beratungs- und Schulungs-
tätigkeiten durch.
Thomas Kreiml ist Bildungssekretär in der Gewerkschaft GPA und Supervisor in Ausbildung. Er
studierte Soziologie an der Universität Wien mit Schwerpunkt Bildungssoziologie. Im Rahmen
der anschließenden Forschungstätigkeit bei abif – analyse beratung und interdisziplinäre
forschung (http:/www.abif.at) beschäftigte er sich mit Fragen der Weiterbildungs-, Qualifika-
tions- und Kompetenzforschung, mit der Situation verschiedener AbsolventInnen- und
Berufsgruppen am Arbeitsmarkt sowie der Evaluierung arbeitsmarkpolitischer Maßnahmen.
Seit Mai 2008 ist der Mitarbeiter der Gewerkschaft für Privatangestellten, Druck, Journalismus,
Papier (GPA-djp) im Bereich Grundlagen, Arbeit und Technik.
Michael Lanzinger ist Strafverteidiger und selbstständiger Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in Wels
(OÖ) mit Schwerpunkten auf Strafrecht & Cybercrime. Er ist externer Lektor an der KU Graz,
JKU Linz, Lehrender am WiFi Oberösterreich, der Akademie für Recht & Steuern sowie bei der
Anwaltsakademie und Vortragender im Bereich Online- und Urheberrecht. Weiters ist er
Gründungsmitglied der LawBusters, der Nerds of Law OG und der Netzbeweis GmbH.
Doris Eglseer
Thomas Kreiml
Mag. Michael Lanzinger
doris.eglseer@medunigraz.at
https://forschung.medunigraz.at/fodok/
+43 (0)650 3020203
thomas.kreiml@gpa.at
https://bildung.gpa.at/
+43 (0)676 817111336
office@kanzlei-lanzinger.at
https://www.rechtsanwalt-lanzinger.at
+43 (0)7242 224044
1121-
Foto: XXXFoto: K.K.
Karin Steiner ist Sozialwissenschafterin und WBA-diplomierte Trainerin sowie Geschäftsführerin
des Vereins ABIF. Ihre Forschungs- und Trainingsschwerpunkte sind: neue Trends am Arbeits-
markt, Bildungs- und Berufsberatung, Digitale Skills, Informationsmanagement, neue Metho-
den in der Beratung.
Martin Ebner leitet die Abteilung Lehr- und Lerntechnologien an der Technischen Universität
Graz und ist dort für sämtliche E-Learning-Belange zuständig. Weiters forscht und lehrt er als
habilitierter Medieninformatiker (Spezialgebiet: Bildungsinformatik) am Institut für Interactive
Systems and Data Science rund um technologiegestütztes Lernen. Seine Schwerpunkte sind
Seamless Learning, Learning Analytics, Open Educational Resources, Maker Education und
informatische Grundbildung. Er bloggt unter http://elearningblog.tugraz.at.
Karin Steiner
Priv.-Doz. Dr.techn. Dipl.-Ing Martin Ebner
steiner@abif.at
http://www.abif.at
+43 (0)1 5224873-12
martin.ebner@tugraz.at
https://www.tugraz.at/ | https://martinebner.at
+43 (0)316 873 8540
Foto: XX
Christin Reisenhofer ist Universitätsassistentin am Arbeitsbereich der Psychoanalytischen
Pädagogik am Institut der Bildungswissenschaft der Universität Wien. Als vorherige wissen-
schaftliche Mitarbeiterin des Demokratiezentrums Wien hat sie im Auftrag des VÖV den
Demokratie-MOOC mitentwickelt, aufbereitet und aktualisiert. Ihre Schwerpunkte in Forschung
und Lehre sind Medienpädagogik, Game Studies, Psychoanalytische Pädagogik, Politische
Bildung und Politische (digitale) Bildung in der Erwachsenenbildung.
Christin Reisenhofer
christin.reisenhofer@univie.ac.at
https://bildungswissenschaft.univie.ac.at
+43 (0)676 6948 599
1221-
Abstract
Text
Title
Subtitle