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Weinbau
Die Winzer-Zeitschrift •Februar 2022
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Um die Auswirkungen des Klimawandels auf den
luxemburgischen Weinbau abzuschätzen und
mögliche Zukunftsszenarien ableiten zu können,
haben Dr. Daniel Molitor und Dr. Jürgen Junk vom
Luxembourg Institute of Science and Technology
(LIST) und Mareike Schultz vom Institut Viti-
Vinicole Wetterdaten der Station Remich aus
den letzten 50 Jahren untersucht. In der letzten
Ausgabe der DWZ wurden bereits Entwicklungen
hinsichtlich der Temperatur und Niederschlags-
entwicklung, der damit einhergehende Anbau-
eignung verschiedener Rebsorten und der
Spätfrostgefährdung thematisiert. In Teil 2 des
Berichts geht es nun um die Auswirkungen des
Klimawandels auf die phänologische Entwick-
lung der Reben, auf die Sonnenbrandgefährdung
und auf die Weinqualität. Abschließend geht es
um die Frage, ob in Zukunft noch die Möglichkeit
bestehen wird, Eiswein zu erzeugen.
Phänologische Entwicklung
Die gestiegenen Temperaturen in den letzten Jahr-
zehnten haben zu einer Verfrühung der phänolo-
gischen Entwicklung geführt. So erfolgte der Aus-
trieb in der zweiten Dekade des neuen Jahrtau-
sends im Mittel 12 Tage, der Blütebeginn 13 Tage
und der Reifebeginn 17 Tage früher als in den
1970er Jahren. Deutlich geringer sind die Verände-
rungen beim Termin des Lesebeginns. Der etwa
gleichbleibende Lesebeginn bei einem jedoch um
fast zwei Wochen verfrühtem Reifebeginn ermög-
licht somit eine längere Vegetations- und Reife-
phase (Abbildung 1).
Sonnenbrandgefährdung
Im Zuge der Erwärmung ist in den letzten Jahren
auch das zunehmende Auftreten von Sonnen-
brandschäden in den Weinbergen zu beobachten.
Dies spiegelt die Entwicklung der Maximaltempe-
raturen in den Sommermonaten wider. Während
die Jahresmitteltemperaturen in den 2010er Jahren
im Durchschnitt 1,7 °C höher lagen als in den 1970er
Jahren, betrug der Anstieg der durchschnittlichen
Tagesmaxima im gleichen Zeitraum ganze 2,5 °C.
Schaut man auf den Sommermonat Juli betrug der
Anstieg der Tagesmitteltemperaturen 1,9 °C, der
Tagesmaxima sogar 3 °C. Also besonders die
Maximaltemperaturen sind deutlich angestiegen,
was eine deutliche Zunahme von Sonnenbrand-
schäden im Gebiet zur Folge hat. So wurde in
Remich am 25. 7. 2019 mit 40,6 °C die höchste Tem-
peratur seit Messbeginn erfasst. Massive Sonnen-
brandschäden mit empfindlichen Ertragsverlusten
waren die Folge – dies nicht nur beim als anfällig
bekannten Riesling, sondern auch bei den Bur-
gundersorten (Molitor and Junk, 2019 b).
Auswirkungen
auf die Weinqualität
Die durchschnittliche Lufttemperatur während der
Vegetationsperiode (1. April bis 31. Oktober) lag in
Remich in den vergangenen 33 Jahren (1988 bis
2020) in Folge in jedem einzelnen Jahr über der
mittleren Lufttemperatur während der Vegetati-
onsperiode in den 1970er und 1980er Jahren. Dies
entspricht sehr gut der Beobachtung, dass seit
dem Jahr 1987 kein von Unreife geprägtes Wein-
jahr mehr an der Mosel verzeichnet wurde. Von
den 1970er Jahren bis zur zweiten Dekade des
neuen Jahrtausends ist die durchschnittliche Luft-
temperatur während der Vegetationsperiode um
durchschnittlich 1,9 °C angestiegen.
Die Auswirkungen der generell höheren Tempera-
turen in der Vegetationsperiode, aber auch der
längeren Reifephase, werden anhand der mittle-
ren Dekadenwerte der Mostgewichte und Säure-
gehalte (Analysen aller in Luxemburg geernteten
Moste; durchgeführt durch das Labor des Wein-
bauinstitutes in Remich) für die Rebsorte Rivaner
deutlich. So hat sich das mittlere Mostgewicht
im Vergleich zu den 1970er Jahren in den 2010er
Jahren um durchschnittlich gut 12 °Oe erhöht
und die mittleren Erntesäuregehalte sind um
durchschnittlich 1,6 g/l zurück gegangen (Abbil-
dung 2).
Dies führte im Allgemeinen zu reiferen, qualitativ
hochwertigeren, gehaltvolleren und – in Bezug
auf die Säure – bekömmlicheren Weinen, welche
einen gesteigerten Trinkgenuss und eine erhöhte
Verbraucherakzeptanz erwarten lassen. Die er-
reichten Mostgewichte bei der Rebsorte Rivaner
liegen allerdings noch immer in einem Bereich, in
dem in einer Vielzahl der Jahre eine weitere Anrei-
cherung der Moste zur Erhöhung des Alkoholge-
haltes erfolgt. Zu hohe natürliche Mostgewichte
und daraus unweigerlich resultierend hohe Alko-
holgehalte – wie in den südlichen europäischen
Anbauregionen in den letzten Jahren vermehrt an-
zutreffen – bilden in Luxemburg bei der Rebsorte
Rivaner bisher noch die Ausnahme. Allerdings
wurden besonders bei den beliebten Rebsorten
der Burgunder-Gruppe, im letzten Jahrzehnt be-
reits Trauben mit Alkoholwerten oberhalb des für
die Harmonie und Typizität der Weine optimalen
Bereiches geerntet. Dieses Problem der südliche-
ren Anbaugebiete wird zukünftig sicherlich auch
entlang der Mosel, zumindest bei einigen Reb-
sorten, Herausforderungen mit sich bringen und
neue Anpassungsstrategien erfordern.
Positiv im Hinblick auf die Weinqualität hat sich
sicherlich darüber hinaus auch der Trend hin zu
moderaten Erträgen ausgewirkt. Lagen die Er-
träge bei der Rebsorte Rivaner im Dekadenmittel
der 1970er Jahre bei 138,1 hl/ha fielen diese im 2.
Jahrzehnt des neuen Jahrtausends auf durch-
schnittlich 101,6 hl/ha. Die Gründe hierfür sind
vermutlich vielschichtig. Neben den eingeführten
gesetzlichen Höchsterträgen und dem zunehmen-
den Alter vieler Rivaner-Weinberge ist dies sicher-
lich auch auf das gesteigerte Qualitäts-Bewusst-
sein und -Streben der Winzer zurückzuführen.
Klimawandel im Luxemburger
Weinbau – Teil 2
Abbildung 1: Eintreten der phänologischen Ent-
wicklungsstadien (Tag des Jahres) Austrieb (BBCH
09) (a), Blütebeginn (25% der Blütenkäppchen
abgeworfen) (b) und Reifebeginn (BBCH 81) (c) in
mittelfrühen Lagen sowie des Beginns der Lese (d)
bei der Rebsorte Rivaner in den vergangenen fünf
Jahrzehnten im Luxemburger Weinbaugebiet. Die
Boxplots stellen die Mediane sowie die 25%- und
75%-Perzentilen des jeweiligen Jahrzehnts dar;
die Whiskers beschreiben die jeweiligen absolu-
ten minimalen und maximalen Werte.
Weinbau
Die Winzer-Zeitschrift •Februar 2022 37
Vin de glace. Bei Temperaturen unter –7 °C bildet
das Wasser in den Trauben Eiskristalle. Werden
diese gefrorenen Trauben gepresst, kommt es zu
einer Aufkonzentrierung der sonstigen Inhalts-
stoffe wie Zucker, Säuren und Aromastoffe im ab-
laufenden Most. Die daraus gewonnenen konzen-
trierten Weine können im Idealfall als hochprei-
sige Spezialitäten vermarktet werden. Die vorlie-
genden Datenauswertungen zeigen, dass mit Aus-
nahme der Jahrgänge 2013 und 2019 am Standort
Remich in allen Beobachtungsjahrgängen zwi-
schen 1971 und 2020 im Winter nach der eigent-
lichen Ernte eine absolute Minimaltemperatur in
2 m Höhe von – 7 °C unterschritten wurden. Das
erstmalige Unterschreiten von –7 °C wurde in den
1980er Jahren im Durchschnitt am DOY (Tag des
Jahres) 347 registriert und in den 2010er Jahren am
DOY 380 (d. h. 33 Tage später – Abbildung 3). Dies
führt dazu, dass Trauben, welche für die Erzeu-
gung von Eiswein vorgesehen sind, in Folge des
Klimawandels eine zunehmend länger werdende
Phase vom Stadium der Vollreife bis zum ersten
relevanten Frostereignis überstehen müssen –
und dies bei im zweifachen Maße ansteigenden
Temperaturbedingungen (genereller Temperan-
stieg und Verschieben der Reifephase und des
Zeitraums nach der eigentlichen Erntereife in
wärmere Phasen des Jahres). Dadurch wurde in
den letzten Jahrzehnten die Erzeugung von Eis-
wein im Anbaugebiet immer unwahrscheinlicher.
Aller Voraussicht nach werden sich die genannten
Effekte in den nächsten Jahrzehnten weiter ver-
stärken und dazu führen, dass in der Zukunft
Eisweine von der Luxemburger Mosel ein immer
seltener werdendes Produkt darstellen werden
(Molitor and Junk, 2019 a).
Fazit und Ausblick
Im Hinblick auf die Weinqualität im Luxemburger
Anbaugebiet (an der nördlichen Grenze des Wein-
baus in Europa) sind die beobachteten Verände-
rungen der Temperaturbedingungen in den letzten
Jahrzenten überwiegend als positiv zu bewerten.
Viele der aktuell verbreiteten Rebsorten entspre-
chen in ihrem Wärmebedarf den aktuell vorherr-
schenden Bedingungen, wohingegen sie beson-
ders in den 1970er und 1980er Jahren in vielen Jahr-
gängen nicht vollständig ausreifen konnten. Dies
zeigt sich in deutlich angestiegenen mittleren
Mostgewichten und reduzierten mittleren Ge-
samtsäuregehalten.
Mit fortschreitender Klimaerwärmung könnten die
negativen Effekte des Temperaturanstieges die
Reifevorteile jedoch bereits in wenigen Jahrzehn-
ten mehr als kompensieren. Besonders der zwei-
fache Temperaturanstieg in der Reifephase (allge-
meiner Temperaturanstieg + Verfrühung der Reife-
phase in Richtung der in der Regel wärmeren
Hochsommermonate) könnte in Zukunft die Wein-
typizität der Moselweine zunehmend verändern
und gefährden (Molitor and Junk, 2020).
Gerade gegen Ende des zurückliegenden Jahrzehn-
tes haben sich weiterhin die zunehmenden Gefähr-
dungen durch Extremereignisse, wie z. B. die mas-
Abbildung 2: Werte der durchschnittlichen Luft-
temperatur während der Vegetationsperiode (1.
April-31. Oktober) am Standort Remich (a), der
Mostgewichte (b) und der Gesamtsäuregehalte (c)
in den Mostanalysen in den vergangenen fünf De-
kaden bei der Rebsorte Rivaner im Luxemburger
Weinbaugebiet. Die Boxplots stellen die Mediane
sowie die 25%- und 75%-Perzentilen des jewei-
ligen Jahrzehnts dar; die Whiskers beschreiben die
jeweiligen absoluten minimalen und maximalen
Werte der jeweiligen Dekade.
Abbildung 3: Tag des Jahres (DOY) des erstmaligen Unterschreitens einer Minimaltemperatur von
– 7 °C in 2 m Höhe am Standort Remich. Die Werte des Tages des Jahres verstehen sich relativ zum 1. 1.
des Jahres des Wachstums. D. h. Werte des Tages des Jahres über 365 bedeuten, dass das entsprechende
Frostereignis erst im Folgejahr aufgetreten ist. Die roten horizontalen Linien stellen den Mittelwert je
Jahrzehnt dar. In den Jahrgängen 2013 und 2019 traten im Winter nach dem Wachstum der Trauben keine
Minimaltemperaturen unter –7 °C auf.
Eiswein-Eignung
Im letzten Abschnitt möchten wir kurz auf ein
Nischenprodukt eingehen, dass jedoch in der
Vergangenheit einen gewissen Stellenwert im
Bereich der traditionellen Premium-Weine der
Region eingenommen hat, den Eiswein oder auch
Weinbau
Die Winzer-Zeitschrift •Februar 2022
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siven Schäden durch den Falschen Mehltau im
nassen Frühjahr 2016, die verheerenden Spätfrost-
schäden in 2019 und die lang andauernden Hitze-
und Trockenphasen inklusive Sonnenbrandschä-
den mit deutlichen Qualitäts- und Ertragseinbußen
in den Jahren 2018 bis 2020, in das Bewusstsein
der Winzer eingeprägt. Diese neuen Herausforde-
rungen werden in den nächsten Jahren und Jahr-
zehnten vermutlich nicht weniger werden.
Die teilweise hohen Alkoholgehalte der Jahrgänge
2003 und 2018 deuten an, dass ein hoher Wärme-
genuss und frühe, hohe Reife nicht ausschließlich
positive Effekte zur Folge haben muss. Diese Ver-
änderungen der Temperaturbedingungen oder
der Niederschlagsverteilung im Jahresverlauf
deuten für die Zukunft die Notwendigkeit von
Anpassungen
(i) in der Kulturführung (z. B. in Form von alter-
nativen Erziehungssystemen mit reduzierten
Blattflächen, veränderte Bodenpflegesys-
teme, Notwendigkeit von Bewässerungssys-
tem/-maßnahmen),
(ii) in der Standortwahl (z. B. Ausweichen auf
höher oder nördlicher gelegene, weniger ex-
ponierte Standorte),
(iii) im Pflanzenschutz (z. B. bedingt durch invasi-
ve oder sich ausbreitenden Krankheiten und
tierische Schädlinge, durch verfrühte Fäul-
nisepidemien unter wärmeren Bedingungen)
oder
(iv) im Sortensortiment an (Molitor et al., 2014).
Hier sind Forschungsaktivitäten zu möglichen An-
passungsmaßnahmen erforderlich, auch wenn
diese in der nahen Zukunft noch nicht in jedem Jahr
zum Einsatz kommen werden müssen.
Danksagung
Die Autoren bedanken sich bei R. Mannes, C. Blum
und S. Fischer (Weinbauinstitut, Remich) für die
freundlicherweise zur Verfügung gestellten
langjährigen meteorologischen Zeitreihen, phä-
nologischen Aufzeichnungen der Lokalbeobach-
ter sowie Ergebnisse der Mostanalysen. Die
vorliegenden Auswertungen wurden im Rahmen
der Forschungsprojekte „VinoManAOP“ und
„Clim4Vitis“, gefördert durch die Europäische
Union (Grant Agreement number 810176), durch-
geführt.
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MOLITOR, D. & JUNK, J. 2020. Der Klimawandel hat
einen zweifachen Anstieg der Temperaturen in
Reifephase zur Folge. De Letzebuerger Baure-
kallener 2020, 107-112. 쐽
Prüfstrategie für Nano-
Pflanzenschutzmittel
entwickelt
Wissenschaftler des Bundesinstituts für Risikobe-
wertung (BfR) haben gemeinsam mit internationa-
len Kollegen eine umfassende Prüfstrategie für
Nano-Pflanzenschutzmittel entwickelt. Wie das
BfR mitteilte, sollten die betreffenden Produkte
zusätzlichen Tests unterworfen werden, um damit
mögliche gesundheitliche Risiken zu berücksich-
tigen und abzufangen. Nach Ansicht der Wissen-
schaftler ist es erforderlich, den bestehenden
Prüfrahmen an die neuen Produkte anzupassen
und entsprechende Testverfahren zu entwickeln.
Zudem gelte es, Wissenslücken zu schließen. Bei
nanobasierten Pflanzenschutzmitteln mit einem
Träger-System sollten nach Angaben des Bundes-
instituts die Verbindung aus Nano-Träger und
Wirkstoff, der „entleerte“ Nano-Träger sowie der
eigentliche Wirkstoff separat begutachtet und be-
wertet werden. Wenn der Wirkstoff selbst in
„Nano-Form“ vorliege, sei es erforderlich, die
Teilchen und die von diesen abgegebenen Ionen
getrennt zu prüfen. Laut BfR stehen Pflanzen-
schutzmittel mit Nano-Materialien vor der Markt-
einführung. Die neuen Materialien sollten helfen,
Pflanzenschutzmittelwirkstoffe einzusparen, sie
stabiler und effizienter zu machen und über
einen längeren Zeitraum freisetzen. Als Nano-
Materialien werden laut Bundesinstitut Mate-
rialien mit einem Außenmaß von 1 nm bis 100 nm
bezeichnet. AgE
Viele Nitrat-Messstellen
überschreiten Grenzwert
Bei jeder vierten Nitratmessstelle in Deutschland
ist 2020 der in der Grundwasserrichtlinie der
Europäischen Union festgelegte Schwellenwert
von 50 mg Nitrat je Liter überschritten worden.
Damit verringerte sich die Anzahl der Überschrei-
tungen gegenüber 2019 zwar um 7%; allerdings
wurden gleichzeitig auch neue Höchstwerte fest-
gestellt. Das geht aus einer Auswertung des Agrar-
fachportals Proplanta hervor, das jetzt die Ent-
wicklung der Nitratbelastung im Grundwasser auf
einer interaktiven Karte visualisiert hat. Dort ste-
hen sämtliche Messwerte für den Zeitraum 2016
bis 2020 zum Abruf bereit und zeigen zudem die
regionalen Entwicklungen auf. Als Grund für den
zuletzt positiven Trend nennt das Informations-
zentrum für die Landwirtschaft die Weiterentwick-
lung des Grundwassermessnetzes. Während das
alte Nitratmessnetz sich noch auf Messstellen be-
zogen habe, die bereits stark mit Nitrat belastet
gewesen seien und zudem bis 2012 lediglich 162
Probestellen umfasst habe, bestehe das aktuelle
Messnetz für das Grundwassermonitoring des
Umweltbundesamtes (UBA) aus 696 Gütemess-
stellen. Als „absoluten Spitzenreiter“ im nega-
tiven Sinne führt Proplanta für 2020 mit einem
Nitratwert von 247,91 mg/l den Kreis Viersen in
Nordrhein-Westfalen auf, gefolgt vom Landkreis
Bad Dürkheim in Rheinland-Pfalz mit 204 mg/l,
von der kreisfreien Stadt Wolfsburg mit 181,5 mg/l
und dem ebenfalls in Niedersachsen gelegenen
Kreis Lüchow-Dannenberg mit 133,77 mg/l. Mit
einem Nitratgehalt von 127,68 mg/l wies der
Landkreis Rostock im Fünf-Jahres-Vergleich einen
Rekordwert auf, womit sich – verglichen mit 2017 –
laut Proplanta die Nitratbelastung des Grundwas-
sers dort mehr als verdreifacht hat. Insgesamt
wurden im Berichtjahr laut dem Agrarfachportal
an 166 Messstellen Überschreitungen festgestellt.
Einen stark rückläufigen Wert verzeichneten die
Landkreise Bergstraße in Hessen und Borken in
Nordrhein-Westfalen, wo die Nitratbelastung um
45% beziehungsweise 30% zurückging. AgE
An der Hessischen Bergstraße sind die Nitrat-
werte im Grundwasser deutlich gesunken.
Foto: DWI
Nano-Partikel sollen Pflanzenschutzwirkstoffe
effizienter und langlebiger machen.
Foto: IMAGO/ Science Photo Library