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Ästhetik und Erkenntnis: Ästhetische Empfindungen als affektive Steuerung von Beobachtungshandlungen bei der kognitiven Modellbildung

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Evolutionär und ontogenetisch primär stammt Erkenntnis aus Interaktionen, die als epistemische Handlungen eines situiert-verkörperten Beobachters zu verstehen sind. Erst sukzessive werden auch kognitive Simulationen (als mentales Probehandeln) und abstrakte Reflexionen möglich. Den Anfang bilden jedoch Prozesse der Enactive Cognition. Bereits diese Handlungen steuert ein affektives Feedback, das sich als einfachster Fall einer ästhetischen Empfindung interpretieren lässt (z.B. beim Spielen oder Tanzen ohne Musik). Positiv verstärkt wird die Effizienz (die Sparsamkeit biologischer Ressourcen) und die Effektivität (die mögliche Prognose von Handlungseffekten). Analog führt dies bei negativem Vorzeichen zu negativen ästhetischen Erlebnissen. Im Sinne der Embodied Cognition treten diese Wahrnehmungsurteile in diversen Granularitäten und massiv parallel auf: Ästhetische Erfahrung ist primär kein Urteil über einen externen Gegenstand, sondern über die Qualität der kognitiven Modellbildungs-Prozesse selbst als verkörperte Erkenntnis (Forward Modelling sowie Inverse Modelling als Basis für Antizipation/Prognose): Die ästhetische Erfahrung wird erkennbar als evolutionärer Lernverstärker, der bewusste wie auch unbewusste Prozesse durch affektives Feedback steuern kann.
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— Dr. phil. Klaus Schwarzscher (2021): Vortrag vom 13.7.2021 für die DGÄ-Kongressakten, Zürich 2021 —
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Ästhetik und Erkenntnis: Ähetise Empfindungen
als affektive Steuerung von Beobatungshandlungen
bei der kognitiven Modellbildung
A. A
Evolutionär und ontogenetis primär ammt Erkenntnis aus Interaktionen, die als epiemise Hand-
lungen eines situiert-verkörperten Beobaters zu verehen sind. Er sukzessive werden au kognitive
Simulationen (als mentales Probehandeln) und abrakte Reflexionen mögli. Den Anfang bilden jedo
Prozesse der Enaive Cognition. Bereits diese Handlungen euert ein affektives Feedba, das si als
einfaer Fall einer ähetisen Empfindung interpretieren läs (z.B. beim Spielen oder Tanzen ohne
Musik). Positiv verärkt wird die Effizienz (die Sparsamkeit biologiser Ressourcen) und die Effektivität
(die möglie Prognose von Handlungseffekten). Analog führt dies bei negativem Vorzeien zu nega-
tiven ähetisen Erlebnissen. Im Sinne der Embodied Cognition treten diese Wahrnehmungsurteile in
diversen Granularitäten und massiv parallel auf: Ähetise Erfahrung i primär kein Urteil über einen
externen Gegenand, sondern über die Qualität der kognitiven Modellbildungs-Prozesse selb als ver-
körperte Erkenntnis (Forward Modelling sowie Inve rse Modelling als Basis für Antizipation/Prognose): Die
ästhetische Erfahrung wird erkennbar als evolutionärer Lernverstärker, der bewusste wie auch unbewusste
Prozesse durch affektives Feedback steuern kann.
Schlüsselwörter: Ästhetische Erfahrung, Embodied Cognition, Enactive Cognition, Pragmatic Turn,
ideomotoriser Ansatz, aktive Inferenz, Mikrokognition, kognitive Modellbildung, Forward Modelling,
Inverse Modelling, inrumentelle Handlung, epiemise Handlung
B. E
Um das Verhältnis von Ästhetik und Erkenntnis zu begreifen, müssen wir uns von einigen Dogmen
verabsieden, wele den Ähetik-Diskurs in den letzten 200 Jahren dominierten – und leider au
bloierten. Damit nit au dieser Vortrag im Sumpf hioriser Aufarbeitung een bleibt, erlauben
Sie mir bitte, dass i die methodologise Diskussion ans Ende rüe. Beginnen wollen wir mit einem
syematisen Zugang, der aus ungewohnter Perektive die zentralen Konzepte erhellt. Dabei wird si
zeigen, dass Erkenntnis als ›Prozess-Resultat‹ aufgefas werden muss. Die zugrunde liegenden Prozesse
laufen in diversen Granularitäten parallel ab (mane dieser kognitiven Modellbildungen sind bewus,
aber die meien bleiben unbewus). Sodann wird deutli, dass Ähetik ebenso prozessualisiert werden
muss als eorie ezieller kognitiver Modellbildungen. Nur so sind jene Voraussetzungen vermeidbar, die
aus evolutionärer und entwilungsyologiser Sit unhaltbar sind. Denn die ähetise Erfahrung
wird als evolutionärer Lernverärker erkennbar, weler evolutionär und entwilungsyologis
enorme Vorteile mit si bringt. Da Lern-Prozesse (bzw. Prozesse der kognitiven Modellbildung) sowohl
gelingen als au misslingen können, muss eine Ähetik die positiven ähetisen Erfahrungen ebenso
erklären können wie die negativen ähetisen Erfahrungen. Die absließende Reflexion wird zeigen,
warum hierdur der ›gordise Knoten‹ gar nit er enteht (mit dessen ›Auflösung‹ si Generationen
von Ähetikern plagten).
— Ähetise Empfindungen als affektive Steuerung von Beobatungshandlungen bei der kognitiven Modellbildung —
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C. E-P
Bereits mein Vortrags-Titel deutet an, dass i Erkenntnis als Resultat eines Prozesses auffasse. Insgesamt
müssen wir uns verabsieden von atisen Vorellungen, die zum Missverändnis führten, dass es
›ewige Wahrheiten‹ und dergleien wirkli gäbe. Das bezweifle i. Was es hingegen gibt, sind konkrete
Prozesse der kognitiven Modellbildung dur empirise Subjekte. Alles, was wir benennen können (aber
nit unbedingt benennen müssen) sind Resultate soler kognitiven Modellbildungs-Prozesse. Diese
Prozesse können unbewus (›präreflexiv‹) oder bewus (›reflexiv‹) ablaufen – und sie können graduelle
Zwisenufen aufweisen. Damit i bereits angedeutet, was die zeitgenössise Kognitionswissensa
von der traditionellen Philosophie des Geies unterseidet. Denn für den überkommenen Rationalismus
war ›kognitiv‹ generell synonym mit ›rational‹ und meinte ets ›bewus rekflektierend‹. Do die Prozesse
der Wahrnehmung erzeugen er jene Entitäten, mit denen dana rational operiert werden kann. Die
organisen Prozesse der Wahrnehmungsverarbeitung sind jedo allesamt kognitiv.
Wie Alexander Gottlieb Baumgarten (1750) ritig bemerkte, bleiben die Erkenntnis-Prozesse der
Wahrnehmung selb mei ›dunkel‹ und ›verworren‹. Trotzdem handelt es si hierbei definitiv um
›kognitive Prozesse‹ im Sinne der biokybernetisen Syemtheorie.1 Vor allem evolutionäre und ent-
wilungsyologise Perektiven erfordern au die Berüsitigung von unbewusen kognitiven
Modellbildungen. Diese sub-personalen Prozesse liegen phylogenetis und ontogenetis jeder Erkenntnis
zugrunde (und wie wir äter sehen werden, au jeder ähetisen Erfahrung). Das folgende Beiiel
kann dies verdeutlien.
4, Dezentrierung (na Piaget)
z.B. Ergänzung fehlender Teile
Erweiterung des Gültigkeitsbereiches
Maximierung der Handlungs-Optionen!
5. Global-Lokal-Symmetrien (LOD)
6. Sinn-Prozessieren (nach Luhmann)
aktuell / potenziell = Sinn (Luhmann)
Abbildung 1: Ein ›Quadrat‹ verdet einen Teil eines ›Kreises‹ [Quelle: Swarzfiser (2019: S.83)]
Wir sehen in dieser Abbildung sofort ein kleines Quadrat, das einen Teil des größeren Kreises verdet.
Wir glauben zuminde, dass wir das ›sofort‹ sehen. Das nahm au der Positivismus als gegeben an, der
lange Zeit die Diskussion beherrste. Tatsäli aber i das, was wir ›sofort‹ zu sehen vermeinen, das
Ergebnis von ret komplexen unbewusen Prozessen, die au als ratio morphe Kognitionen bezeinet
werden.2 Bei Abbildung 1 resultiert aus diversen, unbewusen Wahrnehmungs-Prozessen ein kognitives
Modell eines kleinen Wirklikeits-Aussnittes. Das Wesentlie i nun, dass wir aus evolutionärer und
entwilungsyologiser Perektive dieses Modell handlungheoretis interpretieren müssen. Das
betri zwei untersiedlie Aekte:
Was ist die epistemische Basis der Modellbildung, was setzt sie bereits voraus?
Welches epistemische und pragmatische Potenzial ermöglicht das Modell?
Vgl. Norbert Bischof (: S. ff. und S. f.) sowie meine Ausführungen im Abschnitt E dieses Vortrages.
Problematisch ist die gängige Verwechslung von ›Kognition‹ mit ›Rationalität‹, wie Norbert Bischof (: S. ff.) reklamiert. In
Bischof (: S. ff.) zeigt er, dass Kognition (die eine spezifisch rezeptive Perspektive von jenen biokybernetischen Prozessen meint,
welche zugleich eine intentionale Seite aufweisen) ein sehr viel weiteres Konzept ist als Rationalität (welche nur die bewussten, reflek-
tierten Denkvorgänge bezeichnet). Der Kritik von Norbert Bischof (: S. und S.) an der Gleichsetzung bzw. Verwechslung
der Begriffe ›kognitiv‹ mit ›rational‹ ist unbedingt beizupflichten. Denn Emotionen und unbewusste Vorgänge sind weder ›irrational‹
noch ist ihnen ein kognitiver Charakter abzusprechen (zumal im Kontext der Embodied Cognition). Norbert Bischof (: S.)
empfiehlt deshalb, besser von prärationalen oder ratiomorphen (›vernunähnlichen‹) Prozessen zu sprechen. Der Begriff ratiomorph
wurde von Egon Brunswik () geprägt für unbewusste Schlussfolgerungen, wie sie etwa in der Wahrnehmung vielfach vorkommen
– vgl. Hermann von Helmholtz (), Irvin Rock (: S. f.), Donald Hoffman (: S. f.) sowie Norbert Bischof (: S.).
Nach Konrad Lorenz (: S.) beruhen ratiomorphe Prozesse »auf Sinnes- oder Nervenvorgängen, die unserer Selbstbeobachtung
und rationalen Kontrolle unzugänglich sind, aber funktionell vernunsmäßigen Berechnungen und Schlüssen durchaus gleichen«.
— Dr. phil. Klaus Schwarzscher (2021): Vortrag vom 13.7.2021 für die DGÄ-Kongressakten, Zürich 2021 —
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1. Die epiemische Basis jeder Modellbildung
Warum können wir bei Abbildung 1 von ›Erkenntnis‹ reen und nit einfa vom ›Erkennen‹ eines vor-
handenen Kreises und eines Quadrates? Im Kern beeht der wahrnehmungs-basierte Erkenntnis-Prozess
in der Konruktion einer Hypothese: »Dass etwas ›hinter‹ dem Quadrat i und was dort wahrseinli
zu finden wäre.« Dies i nit in den positiv gegebenen Sensor-Daten enthalten. Die Konruktion der
Hypothese ützt si dabei auf zwei Quellen, die als Prämissen fungieren.
Erstens sind natürlich die Sensor-Daten zu nennen (in unserem Beispiel die Bildpunkte auf
der Netzhaut des Auges).
Zweitens werden – ohne dass wir uns dessen bewusst sind – eine Vielzahl an Vorerfahrungen
als weitere Quelle benutzt. Denn wir haben von Geburt an tausendfach Dinge interaktiv ver-
schoben und meist kam ein ›Darunter‹ zum Vorschein, welches in aller Regel dem Umfeld
frappant ähnelte.
Die Ergänzung der Gealt in Abbildung 1 i somit ein Prozess-Resultat und entrit nur einer Wahr-
seinlikeit, keiner Gewissheit im engeren Sinne. Jede Beätigung einer solen Vermutung erhöhte
die Plausibilität der Hypothese, ohne sie aber verifizieren zu können. Jede Gealt i demna etwas
›Gemates‹ und nit etwas einfa ›Gegebenes‹ – also ein vom Beobater konruiertes ›Faktum‹ und
nit ein objektives ›Datum‹.4 Dabei i ›Gealt‹ weder besränkt auf visuelle Wahrnehmung no auf
Wahrnehmung überhaupt. Denn au die Bildung einer Kategorie (als ›semantise Gealt‹) oder die
Konruktion eines Handlungs-Skriptes (als ›pragmatise Gealt‹) folgen denselben Prinzipien, wie
Swarzfiser (2019) ausführli zeigt. Es handelt si dabei sämtli um kognitive Modellbildungen
unabhängig davon, ob sie im Kern syntaktis, semantis oder pragmatis orientiert sind.5 Späteens
die ›pragmatise Gealt‹ eines Handlungs-Skriptes6 erfordert einen handelnden Körper. Tatsäli
läs si aber naweisen, dass bereits einfae Wahrnehmungen dur eigene Aktivität erlernt wer-
den müssen. Selbst simple Gestalt-Wahrnehmungen sind abhängig von Vor erfahrungen und ständigen
Lernprozessen per sensomotorischem Feedback. Dies ist außerhalb der Wahrnehmungspsychologie
weitgehend unbekannt und in der Ästhetik bislang kaum berücksichtigt worden – obwohl gerade diese
mikro-kognitiven Prozesse ein Verständnis der ästhetischen Erfahrung erst ermöglichen (wie sich im
Abschnitt D zeigen wird).
Diese Konstruktions-Prozesse lassen sich mittels ›lokaler‹ und ›globaler Invarianzen‹ auch formalisieren und bei Bedarf auch mathe-
matisieren. Eine qualitative Einführung hierzu liefert Schwarzfischer (: S. ff. sowie S. f.); eine gut verständliche Hinführung zu
quantitativen Perspektiven bietet Jakob Hohwy () und die Tiefen der Mathematisierung werden bei Friston et al. () deutlich.
Dass sie trotzdem nicht völlig willkürlich konstruiert werden kann, weil die lokalen und globalen Invarianzen der Sensor-Daten
durchaus mit einfließen, zeigt Schwarzfischer (: S. – und : S. ff.).
Zur Differenzierung und Definition von syntaktischen, semantischen und pragmatischen Gestalt-Phänomenen siehe ausführlich
Schwarzfischer (: S.  ff. sowie : S. – und : S.  ff.).
Das Konzept der pragmatischen Gestalt entspricht weitestgehend dem ›Skript‹ bei Schank & Abelson (), wie Schwarzfischer (:
S. ) ausführt: »Ein Handlungs-Skript ist ein typisches Modell einer zusammengesetzten Handlung. Es erlaubt dem kognitiven
System, aus dem Schema dieser pragmatischen Gestalt diverse Ergänzungen und Transfers abzuleiten. Beispielsweise kann, wer in
bingen das ÖPNV-System (des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs) verstanden hat, die sehr ähnlichen Systeme von Regensburg
problemlos nutzen. Selbst in Venedig wird das ÖPNV-System keine prinzipiellen Hürden bereitstellen, obwohl dort statt Bussen die
›Vaporetto‹-Schiffe verwendet werden. Eine andere Art des Transfers stellt das Schließen von Lücken bzw. das Ergänzen von Leerstellen
dar. Ein Beispiel hierfür bietet das Skript eines Wirtshaus-Besuches: Wer mit Freunden zwanglos abends auf ein Bier verabredet war,
wird problemlos schlussfolgern können, was zwischenzeitlich geschehen sein muss, wenn der Kellner ein Essen bringt – obwohl man
selbst die Bestellung desselben nicht mitbekam, weil man zu diesem Zeitpunkt auf der Toilette war.«
In der berühmten Studie von Richard Held & Alan Hein () wurden junge Katzen in völliger Dunkelheit aufgezogen. Sehen
konnten sie nur unter kontrollierten Bedingungen, wobei zwei Gruppen gebildet wurden: Eine Katze bewegte sich dabei aktiv und
die andere Katze wurde nur passiv mitbewegt durch eine Vorrichtung. Die visuellen Eindrücke in diesen hellen Lern-Phasen waren
für beide Tiere identisch, weil sie sich in gleicher Weise durch dieselbe Szene bewegten. Doch jene Katzen, die nur passiv bewegt
wurden, lernten das Sehen nicht. Sie bewegten sich in der Test-Phase als wären sie blind. Auf unser Beispiel aus Abbildung 1 bezogen
heißt dies, dass selbst die mikrokognitiven Prozesse unter spezifischen Bedingungen erlernt werden müssen. Dabei kann durchaus
von aktivem Schlussfolgern gesprochen werden (also von ›active inference‹ auf Basis von Handlungseffekten), obwohl noch kein
reflektiertes Bewusstsein im engeren Sinne vorhanden ist.
— Ähetise Empfindungen als affektive Steuerung von Beobatungshandlungen bei der kognitiven Modellbildung —
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Der erkenntniheoretise Bli auf die Ähetik erfordert es, dass wir einen verkörperten Beob-
ater thematisieren, der si in einer konkreten Situation handelnd die Welt ersließt. In der neueren
Kognitionswissensa sind diese Perektiven als Embodied Cognition (›verkörperte Kognition‹) und
Enaive Cognition (›hervorbringende Kognition›) bekannt.8 Hierbei i witig, dass sie in vollem Um-
fang au die unbewusen kognitiven Prozesse einsließen. Die ohnehin unproduktive Unterseidung
zwisen ›Verhalten‹ und ›Handlung‹ i folgli nit mehr aufret zu erhalten.9 Entreend können
erkenntnis-generierende Handlungen duraus unbewus sein. Dies tri au für alle Wahrnehmungs-
Handlungen zu, z.B. eine Augenbewegung oder ein Wenden des Kopfes. Diese können bewus ausgeführt
werden oder als ›Orientierungsreaktion‹ au automatisiert sein.
No eine Differenzierung kann produktiv sein, weil sie heuriis frutbar i. David Kirsh & Paul
Maglio (1994) unterseiden epiemise Handlungen von inrumentellen Handlungen.10
›instrumentelle Handlungen‹ (die einen Soll-Zustand in der Welt zu erreichen trachten): Hie-
runter fallen alle Handlungen im Alltag, die einen konkreten Welt-Zustand zum Ziel haben
(z.B. Jagen, Pflügen, Einkaufen, Duschen, etc.).
›epistemische Handlungen‹ (deren Ziel es ist, das Wissen über die Welt zu erhöhen): Darunter
sind alle Handlungen zu verstehen, die primär Informationen erzeugen bzw. Wissen ansam-
meln (wenn z.B. vor dem Einkauf ein Blick in den Kühlschrank verrät, ob noch Milch da ist,
oder wenn ich die Milchtüte anhebe, damit das Gewicht den Füllstand verrät, oder ein simpler
Blick auf die Uhr, etc.).
Aus evolutionärer wie au aus entwilungsyologiser Perektive sind ›epiemise Handlun-
gen‹ nit nur deutli älter als ›inrumentelle Handlungen‹. Letztere bilden eine Voraussetzung für
›inrumentelle Handlungen‹. Man denke nur an die unkoordinierten Bewegungen oder die lallenden
Stimm-Experimente von Säuglingen. Er dur diese lernen sie na und na au gezielte Bewegungen
oder Artikulationen auszuführen, indem unbewus die Handlungseffekte auf Invarianzen hin analysiert
werden (als Muer-Erkennung). Beiielsweise kann der Säugling nur dur das unkoordinierte Gezappel
sukzessive herausfinden, was zu seinem eigenen Körper gehört und was zur Umwelt. Analog dazu bildet
das Kleinkind na und na differenziertere kognitive Modelle über Objekte und deren Eigensaen.
Am Beiiel der Abbildung 1 kann das veransaulit werden: Er dur das anfängli zufällige Ma-
nipulieren von Gegenänden lernt das Kleinkind, [1.] dass si Objekte o versieben lassen, dass es
[2.] ein ›Dahinter‹ oder ein ›Darunter‹ gibt und [3.] dass dieses ›Dahinter‹ oder ›Darunter‹ mei dem
›Drumherum‹ gleit.
Eben diese mikro-kognitiven, unbewusen Slussfolgerungen maen eine typise kognitive
Modellbildung aus (unabhängig davon, ob das Prozess-Resultat eine syntaktise, semantise oder
pragmatise Gealt i).
O wird Enact ive Cognition auch als Enacted Cognition bezeichnet – vgl. Sven Walter (: S.): »Der Enaktivismus soll auch diesen
letzten Rest an ›cartesianischem Unbehagen‹ (Cartesian anx iety) überwinden, indem er das Computermodell des Geistes aufgibt und
Kognition statt als Informationsverarbeitung konsequent antirepräsentationalistisch als Merkmal lebendiger Organismen versteht,
in und durch deren Interaktion mit der Umgebung Sinnhaigkeit, und damit eine Umwelt im eigentlichen Sinne, überhaupt erst
hervorgebracht (enacted) wird.«
Explizit macht das Norbert Bischof (: S.): »Handlung ist ein Verhalten, dem eine (kognitive oder intentionale) Bedeutung
zugewiesen wird.« Dies tri nach Bischof (: S. und : S.) jedoch für alle Organismen zu, die aus der Evolution hervor-
gegangen sind. Implizit folgt auch aus der ›Kontinuitätsthese‹, die Sven Walter (: S.) darlegt (wonach lebendige Systeme stets
kognitive Systeme sind und der Prozess des Lebens ein Prozess der Kognition ist), dass jedes Verhalten eine Handlung ist.
 David Kirsh & Paul Maglio () unterscheiden in ihrem Aufsatz zwischen ›epistemischen Handlungen‹ (welche ein besseres
Wissen von der Welt erzeugen sollen) und ›pragmatischen Handlungen‹ (deren Ziel es ist, einen bestimmten Zustand der Welt zu
erzeugen). Aus semiotischer Sicht ist deren Redeweise von ›pragmatischen Handlungen‹ unglücklich, weil selbstverständlich auch
die ›epistemischen Handlungen‹ eine Pragmatik aufweisen. Deshalb spreche ich hier von ›instrumentellen Handlungen‹ statt von
›pragmatischen Handlungen‹.
 Vgl. Schwarzfischer ()
— Dr. phil. Klaus Schwarzscher (2021): Vortrag vom 13.7.2021 für die DGÄ-Kongressakten, Zürich 2021 —
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Wir können also festhalten: Jede Gealt-Wahrnehmung i (als aktive Konruktion des Beobaters)
bereits eine kognitive Modellbildung – und damit das Resultat einer unbewusen ›epiemisen Hand-
lung‹, wele als Embodied Cognition zu verehen i. Diese können als Voraussetzung von Erkenntnis
(als Selb- und Weltersließung) angesehen werden. Denn rational-bewuse Prozesse setzen derartige
unbewuse kognitive Modellbildungen ets son voraus.
2. Das epiemische und pragmatische Potenzial jeder Modellbildung
Der Wert der Erkenntnis dur epiemise Handlungen beeht nun nit allein darin, dass sie den
Boden für inrumentelle Handlungen (Interventionen) bereiten. Zwar darf der pragmatise Wert nit
untersätzt werden, weil kognitive Modelle sämtlie Handlungen im engeren Sinne er ermöglien
(da ja eine Welt aus ›Objekten‹ vorausgesetzt wird, die es handelnd zu verändern gilt).12
Do uns interessiert hier vornehmli der epiemise Wert. Dieser eröffnet si dur ein Potenzial,
weles auf der Kompetenz zur Erweiterung bzw. Vervolländigung von Gealt basiert. Eben dies wurde
in Abbildung 1 navollziehbar, wo ein Teil des Kreises von einem Quadrat ›verdet‹ wird. Was genau
bietet die Gealt-Codierung des kognitiven Modells, was bei einer positiviisen Besränkung auf
Sensor-Daten nit mögli wäre? Es sind zwei Typen von kognitiven Modellen:
Prognosen: Das sind makro-kognitive Modelle, deren Inhalte sind nicht notwendigerweise
bewusst, aber prinzipiell bewusstseinsfähig sind und sich auf Ereignisse in der Zukun ric hten
(z.B. welches Ergebnis eine Handlung bzw. ein Experiment vermutlich produzieren wird).
Da sich Prognosen auf der Zeitachse stets in Richtung Zukun ausrichten, spricht man bei
diesem Typ von kognitiver Modellbildung auch von Forward Modelling. Ohne Prognosen ist
empirische Wissenscha nicht möglich.
Hypothesen: Dieser mikro-kognitive Typus ist breiter gefächert als die Prognosen. Denn
Hypothesen können sich auf die Vergangenheit, die Zukun oder auf Gegenwärtiges richten.
Liegt in Richtung der Zeitachse ein unbewusstes Forward Modelling im kleineren Maßstab
vor, spricht man auch von ›Antizipation‹. Ebenfalls möglich ist ein kognitives Modellieren
entgegen der Zeitachse, wenn etwa von der Gegenwart auf deren Ursachen geschlossen wird
– oder wenn von einem Ziel in der Zukun ausgehend eine Hypothese formuliert wird, wie
dieses Ziel zu erreichen ist. Dann spricht man von Inverse Modelling, das stets entgegen der
Zeitachse operiert. Mikro-kognitive Hypothesen sind notwendig, um überhaupt ein Modell
in einem größeren Maßstab konstruieren zu können, das über die sensorischen Informationen
hinausgeht und deshalb Gestalt-Charakter hat. In Abbildung 1 wären das die ratiomorphen
Erwartungen, dass die Invarianzen im nit sitbaren Berei (also ›unter‹ dem Quadrat)
weitgehend identis sind wie jene im sitbaren Gebiet.
 Die folgenden Überlegungen können hier nur skizziert werden, obwohl sie einer eigenen Untersuchung würdig wären: . Sin d
alle ›epistemischen Handlungen‹ stets auch ›pragmatische Handlungen‹? Das muss mit ›ja‹ beantwortet werden, insofern auch der
Beobachter ein Teil der Welt ist. Selbst eine Augenbewegung ändert die Welt (wenn auch ohne die explizite Absicht, aber eine implizit-
unbewusste Absicht reicht durchaus). Auf diese Änderung der Welt können weitere Beobachter wieder [physisch oder psychisch]
reagieren. . Sind alle ›pragmatischen Handlungen‹ stets auch ›epistemische Handlungen‹? Falls . und . zutreffen, folgt nun: . Sind
›epistemische Handlungen‹ und ›pragmatische Handlungen‹ dann nur spezifische Perspektiven der Beobachtung? (Ist diese Unterschei-
dung folglich jener zwischen ›Subjekt-Pol‹ und ›Objekt-Pol‹ vergleichbar, wie sie bei Edmund Husserl getroffen wird?)
 Vgl. Schwarzfischer (: S.): »Vorwärts-Modell: Dies geht von den Kommandos an die Muskeln aus und errechnet hieraus die zu
erwartenden Wahrnehmungen, wobei aus einem fix definierten Startpunkt ein unsicheres Ergebnis in der Zukun eingeschätzt wird
(deshalb Forward Modelling). Inve rses Modell: Die Planung einer zu realisierenden Bewegung, welche ein definiertes Handlungsziel
voraussichtlich gut erreicht, geht vom erwünschten Effekt aus und rechnet dann rückwärts zum nötigen Impuls. Dabei muss das
Gehirn z.B. von der Wahrnehmung des sich bewegenden Fingers auf die Muskelbefehle ›zurückschließen‹ (deshalb der Name Inverse
Modelling).« Dort (S. ) sind auch Quellenangaben zum Forward Modelling und Invers e Modelling zu finden.
 Bereits Jerome Bruner () betont in »Going Beyond the Information Given« nicht nur die Notwendigkeit, die vorhandene Infor-
mation der zufälligen Daten zu überwinden, sondern sogar die Unmöglichkeit für kognitive Systeme, nicht über die vorhandene
Information hinauszugehen. Vgl. auch Schwarzfischer (: S. ff.) zum Aspekt des Transformierens von extensionalen Sensor-
Daten in eine intensionale Gestalt-Codierung durch den Re-Codierungs-Prozess, welcher jeder Gestalt-Konstruktion zugrunde liegt.
— Ähetise Empfindungen als affektive Steuerung von Beobatungshandlungen bei der kognitiven Modellbildung —
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Hier wird deutli, dass die Fähigkeit zur bewusen Prognose immer son die Kompetenz zur unbe-
wusen Hypothesenbildung voraussetzt. Meiens (aber nit notwendigerweise) i die ratiomorph-
unbewuse Hypothesenbildung von einer feineren Granularität (das heißt, sie verwendet Elemente
von kleinerem Maßab hinsitli räumlier und zeitlier Ausdehnung) als eine rational-bewuse
Prognose. Diese untersiedlie Granularität soll ihrerseits nit atis gedat werden. Vielmehr
deutet sie an, dass kognitive Modellbildungen auf einer ganzen Anzahl von Granularitäten parallel ver-
arbeitet werden. Es werden demna Hypothesen in diversen Maßäben zuglei gebildet – au wenn
uns das selten bewus wird. Und er, wenn es einem Beobatersyem gelingt, si von einer solen
Granularitäts-Ebene zu lösen, kann auf einem höheren Abraktions-Niveau ein kognitives Modell gebildet
werden, das wiederum Hypothesen mit einer größeren Reiweite erlaubt.
Der Gültigkeitsbereich des kognitiven Modells geht deutli über den der positiv vorhandenen Sensor-
Daten hinaus. Das ermöglit überhaupt er eine Prognose, weil diese jenseits der positiv vorhandenen
Sensor-Daten verortet i. Dieser erweiterte Gültigkeitsberei i grundsätzli au epiemisen
Handlungen zugängli, was die Voraussetzung für experimentelle Forschung i. Denn jedes Experiment
kann als epiemise Handlung begriffen werden – und umgekehrt. Anzumerken i hierbei, dass jedes
Experiment natürli au inrumentelle Handlungen beinhaltet (das beginnt son mit dem Öffnen der
Kühlsranktür, wenn i vor dem Einkaufen nasehe, wieviel Mil no da i). Erkennbar beehen
epiemise Handlungen ihrerseits aus inrumentellen Handlungen und epiemisen Handlungen in
untersiedlier Granularität. Selbverändli besitzen au epiemise Handlungen eine ezifise
Pragmatik, ebenso wie au das Aufellen der zu prüfenden Hypothesen und Prognosen bereits eine moti-
vationa le Pragmatik aufwe i.15 Im Weiteren i zu zeigen, inwiefern die kognitive Modellbildung selb die
Grundlage für jede ähetise Erfahrung i, wenn wir sie als evolutionären Lernverärker interpretieren.
3. Ein evolutionäres Modell des Modellbildungs-Prozesses
Der evolutionäre Wert von kognitiven Modellbildungen liegt in der Minimierung von biologischen
Ressourcen und in der Vermeidung von Risiken. Auf der Verhaltens-Ebene i es von Vorteil, dass der
Gültigkeitsberei der kognitiven Modelle erhebli größer i als jener der extensionalen Sensor-Daten.
Denn die Fähigkeit zur Hypothesenbildung ermöglicht Erwartungen – und diese können tödliche
Überrasungen vermeiden helfen. Wie am Beiiel in Abbildung 1 deutli wird, benötigt eine Gealt
weit weniger neuronale Ressourcen als eine Speierung der volländigen Sensor-Daten. Entreend
gehen gelungene Modellbildungen mit einer neuronalen Entlaung einher, die eine zentrale Rolle für
die ähetise Erfahrung ielt (dazu mehr in Absnitt D). Evolutionär waren diese einfaen Gealt-
Integrationen die Voraussetzung dafür, dasss höhere kognitive Kompetenzen überhaupt entehen konnten.
Denn die neuronale Entlaung mate Ressourcen wieder frei, die für eine höherufige Verarbeitung ein-
gesetzt werden können.16 Über mehrere Stufen hinweg konnte si im Laufe der Evolution von einfaen
Gealt-Wahrnehmungen (wie in Abbildung 1) kognitive Fähigkeiten entwieln, die bis zum mentalen
Probehandeln reien (das wiederum von Handlunglanung bis zur Literatur über möglie Welten
reit). Au für mentale Probehandungen werden weit weniger biologise Ressourcen eingesetzt als für
reales Aurobieren (beiielsweise benötigte der Autor Jules Verne im Verglei zur NASA keine nen-
nenswerten Mittel für seine simulierte Reise ›Von der Erde zum Mond‹). Außerdem können bei mentalen
Probehandlungen diverse Risiken bereits im Vorfeld erkannt werden, was definitiv lebensdienli i.
Der erkenntniheoretise Wert der epiemisen Handlungen läs si anhand eines Modells
aufzeigen, das au den Ausgangunkt für ein erweitertes Modell darellt (mit welem im näen
Absnitt D dann au die ähetisen Erfahrungen ezifiziert werden). Um die Navollziehbarkeit zu
erleitern, beginnen wir bei einem einfaen Modell, das als witiger Vorläufer des bio kybernetisen
 Wir folgen hier der Konzeption von Pragmatik nach der biokybernetischen Systemtheorie von Norbert Bischof (: S.  ff.).
 Siehe hierzu Konrad Lorenz in Lorenz & Kreuzer (: S.): »Jeder Energiegewinn gibt neue Möglichkeiten zum Erkenntnisgewinn,
jeder Erkenntnisgewinn eröffnet neue bessere Möglichkeiten zum Energiegewinn.«
— Dr. phil. Klaus Schwarzscher (2021): Vortrag vom 13.7.2021 für die DGÄ-Kongressakten, Zürich 2021 —
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Denkens gelten darf.17 Der ›Funktionskreis‹ nimmt bei Jakob von Uexküll (1920) eine zentrale erkennt-
niheoretise Stellung ein. Uexküll beru si auf Immanuel Kant (1781), weler die prinzipielle Un-
erkennbarkeit des ›Ding-an-si‹ erklärt. Nit nur die sensorise Ausattung eines Lebewesens i der
Grund dafür, warum jede Spezies in einer eigenen Umwelt lebt, die si von der Umwelt einer anderen
Spezies fundamental unterseidet.18 Hinzu kommen die sehr versiedenen Möglikeiten, handelnd
auf diese Umwelt einzuwirken. Auch die weiter oben angesprochenen ›epistemischen Handlungen‹
(Wahrnehmungshandlungen) gehören zu diesen Handlungsmöglikeiten. Denn jede dieser Wahrneh-
mungshandlungen kann als epiemise Handlung aufgefas werden, die einer Frage an die Umwelt
gleit: Wer nit fragt, erhält keine Antwort und damit weit weniger Informationen über die Umwelt.
Die Handlungseffekte sind eine unverzitbare Informations-Quelle, die von Positivien syematis un-
tersätzt wurde und wird.19 Viele, wenn nit gar die meien Aekte sind den Dingen nit anzusehen,
solange der Beobater passiv bleibt (man denke etwa an die haptisen Qualitäten, das Gewit oder
die Feigkeit von Objekten). James Gibson (1966: S.223) formuliert das Prinzip so: »We mu perceive in
order to move, but we mu move in order to perceive.« Eben dies hatte bereits Jakob von Uexküll erkannt
und in seinem ›Funktionskreis‹ formalisiert:
neuer Kreis (Reafferenz)
[Objekt ]
Merkwelt
(Exterozeption)
Wirkwelt
(Interozeption)
Innenwelt
des Subjekts
E S
Umwelt
(als Lebenswelt)
Abbildung 2: Die Struktur-Elemente im ›Funktionskreis‹ na Jakob von Uexküll (1920: S.117)
[Quelle: eigene Darellung]
Zu beaten i, dass in Abbildung 2 nur das innere Gebilde den eigentlien ›Funktionskreis‹ darellt
(swarz). Die großen gesweien Klammern kennzeinen jene vier diinkten Bereie, die als Teil-
Funktionen aufgefas werden können (blau):
a) Die ›Umwelt‹ ist alles, was nicht zum Beobachtersystem selbst gehört (jedoch weiß z.B. der
neugeborene Mensch noch nicht, was zu ihm gehört und was nicht).
b) Im Zentrum der ›Wirkwelt‹ steht, was als efferente Nerven bekannt ist (das sind die absteigen-
den Nervenbahnen, die vom Gehirn zu den Muskeln führen und für das Handeln notwendig
sind, also für das Einwirken auf die Umwelt). Als Teil der Aktivität gehört die körperliche
Eigenwahrnehmung des Handelnden (die ›Interozeption‹) zur Wirkwelt. In der Wirkwelt
werden implizite oder explizite Ziele verfolgt, deren sukzessive Realisierung als ›Top-Down-
Prozesse‹ zu verstehen sind.
 Siehe etwa Norbert Bischof (: S. ff.).
 Bereits  führte Uexküll für die artspezifische Lebenswelt von Tieren den Begriff ›Umwelt‹ ein.
 Hierzu sind auch die Ausführungen von Ulric Neisser (: S. f.) instruktiv, der die aktive Rolle des Beobachters betont.
— Ähetise Empfindungen als affektive Steuerung von Beobatungshandlungen bei der kognitiven Modellbildung —
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c) Hingegen verarbeiten die ›Bottom-Up-Prozesse‹ in der ›Merkwelt‹ den sensorischen Input
– auf Basis der afferenten Nervenbahnen (die von der sensorischen Peripherie zum Gehirn
verlaufen und das Medium für das Bemerken der Umwelt sind). Hierbei handelt es sich um
die Wahrnehmung der Außenwelt (die ›Exterozeption‹).
d) Evolutionär und entwicklungspsychologisch ist die ›Innenwelt‹ der jüngste Bereich, weil er
die höheren kognitiven Prozesse des mentalen Probehandelns und der bewussten Reflexion
umfasst. Jedoch sind die elementaren Grundstrukturen bedeutend älter. Basal ist unter
anderem das Prinzip der ›Reafferenz‹, mit welchem sich z.B. unterscheiden lässt, ob die Welt
sich bewegt hat oder ob ich nur eine Augenbewegung durchgeführt habe. (Dabei werden
die efferenten Muskel-Befehle mit den afferenten Sensor-Signalen verrechnet, was das Wort
›Reafferenz‹ ausdrückt.) Auch komplexe Gedächtnisstrukturen sind Weiterentwicklungen
dessen, was in Abbildung  als ›neuer Kreis‹ bezeichnet wird. Sämtliche Effektoren sind dort
als (E) zusammengefasst und das (S) bezeichnet die Sensoren. In Schwarzfischer (: S. f.)
wird das Modell weiter ausgebaut. Eine ›Innenwelt‹ kann demnach auch einem Gegenüber in
der Umwelt zugeschrieben werden, wenn dieses sich nicht-trivial verhält (so dass man diesem
Gegenüber die Verhaltenssteuerung durch Absichten zuschreiben kann).
Am ›Funktionskreis‹ in Abbildung 2 lassen si jene Aekte der kognitiven Modellbildung erklären, die
für ein Verändnis von ähetisen Erfahrungen unverzitbar sind. Aus evolutionär-phylogenetiser
und entwilungsyologis-ontogenetiser Perektive können wir keineswegs ein planvolles Han-
deln voraussetzen. Vielmehr beginnt das ammesgesitlie wie au das individuell-menslie
Leben mit zufälligen Bewegungen.20 Er na und na wird ein Zusammenhang erkennbar zwisen
der zufälligen Aktivität und den nit-zufälligen Handlungseffekten. Die wesentlie Muererkennung
findet von Anfang an nicht innerhalb des Bottom-Up-Pfades att, sondern zwischen dem Top-Down-Pfad
und dem Bottom-Up-Pfad.
Selb so elementare Erkenntnise, wie die Frage, was zum eigenen Körper gehört und was nit,
läs si nur über diese seinbar zufälligen epiemisen Handlungen beantworten.21 Das betri die
Entwilung des Neugeborenen zum erwasenen Mensen ebenso wie die evolutionäre Frage na der
Herkun solen Wissens. Generell lassen si Invarianzen als Grundlage solen Lernens ausmaen, die
zu versiedenen Konanz-Phänomenen führen – z.B. Objekt-, Größen-, Form-, Farb- und Helligkeits-
Konanz.22 Diese fundamentalen Erkenntnis-Semata werden bei komplexeren Wa hrnehmungen immer
son vorausgesetzt (und allzu selten in deren Zuandekommen hinterfragt). Ohne diese Kompetenzen
 Warum die Priorität bei der proaktiven ›Ideomotorik‹ (nicht-reaktive Selbstbewegung) liegt, zeigt Gerald Hüther (: S.f.) auf,
obwohl die Bewegungen zuerst eher zufällig als willkürlich erscheinen: »Etwa ab der . Schwangerschaswoche lässt sich beobachten,
wie der in der Fruchtblase schwimmende Embryo erste, noch sehr unkoordinierte Bewegungen ausführt. Anfangs sind das eher
Zuckungen, die durch die Kontraktion bestimmter Muskeln des Rumpfes und der Extremitäten ausgelöst werden. […] Von Anfang an
findet Lernen im Gehirn also durch Nutzung und Übung der entsprechenden Körperfunktionen statt. Im Verlauf dieses langwierigen
und komplizierten Lernprozesses wird der Embryo in die Lage versetzt, seinen Rumpf, seine Beine und seine Arme in zunehmend
koordinierter Weise zu bewegen, […]. Was für die zentralnervöse Steuerung der Körpermuskulatur gilt, tri in gleicher Weise –
wenngleich weniger deutlich sichtbar oder messbar – für die Herausbildung all jener neuronalen Verschaltungsmuster zu, die an
der Steuerung und Koordinierung aller anderen Korperfunktionen beteiligt sind.« Ohne den Begriff ›ideomotorisch‹ zu verwenden,
macht Piotr Konderak (: S. f. und S. ff.) den Unterschied deutlich, indem er zeigt, dass der klassische Kognitivismus dem
sensomotorischen Ansatz entspricht und der ideomotorische Ansatz der interaktiven Konzeption enaktiver Kognition. Siehe auch
Schwarzfischer (: S. ff.).
 Wie diese aktive Inferenz möglich wird durch die Nutzung von hierarchisch organisiertem Bayesschen Schlussfolgern skizziert Jakob
Hohwy (: S. ff.).
 Selbst so elementare Kompetenzen der Wahrnehmung wie die Raumkonstanz, Objektkonstanz und Farbkonstanz benötigen nach
Irenäus Eibl-Eibesfeldt (: S.ff.) die Verbindung von Aktion und Rezeption. Vgl. hierzu Schwarzfischer (: S. f.). Unter-
schiedliche Arten von Objekt-Konstanz und deren Zusammenhang mit Invarianzen thematisiert Schwarzfischer (: S.). Dass
es sich bei der Größenkonstanz um eine Form der Skalen-Invarianz zeigt Schwarzfischer (: S. f. sowie : S.): »Die ›Skalen-
Invarianz‹ ist für die Objekt-Erkennung von zentraler Bedeutung. Denn die Bilder auf der Netzhaut haben je nach Abstand zu ein
und demselben Objekt eine völlig verschiedene Größe. Um das Objekt trotzdem als identisch (invariant) verstehen zu können, muss
eine Leistung eingebaut sein, die man ›Größen-Konstanz‹ nennt.« Wie sich Gestalt-Phänomene generell auf Invarianzen zurückführen
lassen, demonstriert Schwarzfischer () im Kapitel  anhand vieler illustrierter Beispiele (S.–).
— Dr. phil. Klaus Schwarzscher (2021): Vortrag vom 13.7.2021 für die DGÄ-Kongressakten, Zürich 2021 —
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würde unsere Wirklikeit in sinnlose Einzelbilder zerfallen.23 Er dur die Interaktion mit den wahr-
genommenen Gegenänden kommen üblierweise zusätzlie Ansiten zum Vorsein, etwa wenn
wir um ein Gebäude herumgehen.24
Die Integration der einzelnen Ansiten zu einem kognitiven Modell des Gebäudes erlaubt es, dur
Dezentrierung 25 zu Slussfolgerungen zu kommen, die über das positiv Gegebene hinausgehen. Erkennt-
niheoretis gewendet sind er hierdur synthetise Slüsse mögli, deren ltigkeitsberei größer
i als jener der Prämissen. Jedo i es bei diesen wahrnehmungs-basierten Erkenntnissen keineswegs
notwendig, dass sie auf bewus-rationalen Prozessen aufsetzen. Ganz im Gegenteil, zumei sind sie von
unbewus-ratiomorphen Modellbildungen getragen.
Übertragen auf den ›Funktionskreis‹ bei Jakob von Uexküll bedeutet dies, dass die fundamentalen
Prozesse der verkörperten Kognition ets in Aktion vorzuellen sind – eziell in Interaktion mit der
no unbekannten Umwelt. Erkenntnis wird also nit erworben, repräsentational geeiert und dann
abgerufen, sondern innerhalb der Situation ›hervorgebrat‹ (und je na Komplexität des Beobatersys-
tems entweder geeiert oder au nit). Eben dies bedeutet Enaive Cognition als ›hervorbringende
Kognition‹. Dabei geht die verkörperte Muererkennung im Wesentlien nit auf die Eigensaen der
Umwelt zurü, die in einem Bottom-Up-Prozess ›erkannt‹ würden. Vielmehr wird eine Korreondenz
zwisen den eigenen Aktivitäten (dem Top-Down-Pfad) und dem Bottom-Up-Pfad regiriert – und in
einem weiteren Sritt der Umwelt zugesrieben.26
Eben dies – eine Zusreibung – gesieht au in Bezug auf die Abbildung 1, wo wir die Konellation
(dass ein Quadrat einen Teil des Kreises zu verdeen seint) unmittelbar zu erkennen meinen. Streng
genommen i diese ›unmittelbare Erkenntnis‹ jedo nur eine Hypothese mit dem Inhalt, was gesähe,
wenn wir beimmte epiemise Handlungen vornähmen (z.B. das Quadrat versieben).
Warum i uns die Hypothese nit als sole bewus? Und warum nehmen wir sie nit als Prozess-
Resultat wahr, die auf unbewusem Slu ssfolgern basiert, wobei tausende Vorerfahrungen die funktionale
Rolle von Prämissen einnehmen? Oder ander formuliert: Wie wird aus einer rein enaktiven Kognition eine
repräsentationale Form von Erkenntnis, ohne dass wir den Übergang bemerken? Ein zentraler Grund
hierfür i wohl, dass viele dieser basalen Lernprozesse sehr früh ablaufen (teilweise vor der Geburt und in
den Monaten dana). In dieser Lebenhase i jedo das episodise Gedätnis no nit ausgerei.27
 Analog gilt diese Aussage selbstverständlich für alle Sinnes-Modi und für die höheren kognitiven Fähigkeiten zur Gestalt-Integration,
wie z.B. die Bildung von Kategorien (als semantischer Gestalt) oder von Handlungs-Skripten (als pragmatischer Gestalt). Vgl. hierzu
Schwarzfischer (: S. ff. sowie : S. ff.). An dieser Stelle sei jedoch erwähnt, dass eine ›semantische Gestalt‹ nicht erst bei
der Konstruktion einer sprachlichen Kategorie beginnt. Vielmehr ist bereits die Integration von ›abwesenden Gegenständen‹ als
semantische Gestalt zu begreifen. Denn für eine semantische Relation reicht es aus, dass ein ›Etwas‹ auf ein anderes ›Etwas‹ verweist,
das es nicht selbst ist. Diese Bedingung wird im nicht-sprachlichen Wahrnehmungs-Kontext bereits erfüllt im ikonischen Verweis
(wenn z.B. die Vorderseite eines Gebäudes auf dessen aktuell nicht sichtbare Rückseite verweist). In diesem Sinne ist jede kognitive
Modellbildung eines physischen Objektes (mit dem tatsächlich oder als mentale Simulation interagiert werden kann) eine Kategorien-
Konstruktion und damit eine ›semantische Gestalt‹. Es ist nicht notwendig, dass sich das ›Objekt‹ für eine instrumentelle Handlung
eignet, um ihm eine ›semantische Rolle› attribuieren zu können. Vielmehr ist es hinreichend, dass es sich als Gegenstand epistemischer
Handlungen eignet – denn bereits hierbei wird ihm eine funktionale Rolle zugewiesen. Epistemische Handlungen können auch darin
bestehen, durch ein Inverse Modelling zu rekonstruieren, wie die aktuelle Ansicht zustande kam und hierzu das eigene Gedächtnis
zu konsultieren. Dabei kann das episodische Gedächtnis genutzt werden, indem es in umgekehrter Reihenfolge die erinnerten Bilder
an einander fügt bis ein hinreichend geschlossenes Ganzes integriert wurde (das kognitive Modell des Gegenstands).
 Einen phänomenologisch inspirierten Zugang zu diesem Beispiel schildert anschaulich Piotr Konderak (: S. ff.).
 In Anlehnung an Jean Piaget () spricht Schwarzfischer (: S. f. und  S. ff.) von Dezentrierung, wenn sich der Beobachter
von einem spezifischen Parameter löst (statt auf diesen ›zentriert‹ zu bleiben) und nun ein relationales Gefüge in den Blick nimmt.
 Tatsächlich spricht Jakob von Uexküll (: S.) davon, dass die Sinnesempfindungen der einzelnen Sinnesorgane, »die samt
und sonders aus Ichtönen bestehen« (also streng genommen Eigenwahrnehmungen sind), zusammengefasst und der Umwelt zuge-
schrieben werden: »Wir fassen alle die qualitativ verschiedenen Sinneszeichen unter dem Namen ›Merkzeichen‹ zusammen, die
hinausverlegt zu Merkmalen der Dinge werden.«
 Vgl. Schneider & Lindenberger () zur Entwicklung der einzelnen Gedächtnis-Systeme, wo entwicklungpsychologisch deutlich
wird, dass das deklarative Gedächtnis bereits lange vor dem episodischen Gedächtnis funktionsfähig ist. Daraus folgt, dass Kinder in
einem bestimmten Alter zwar Regeln lernen können, sich jedoch nicht daran erinnern können, woher sie diese Regel kennen (und
deshalb bisweilen dazu neigen, die Gültigkeit der Regel als ›alternativlos‹ zu überschätzen). Dabei betont Werner Stangl () die
Rolle der Invarianzen für die Konstruktion der gestalthaen Schemata des episodischen Gedächtnisses: »Das episodische Gedächtnis
— Ähetise Empfindungen als affektive Steuerung von Beobatungshandlungen bei der kognitiven Modellbildung —
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Wir können uns folgli prinzipiell nit erinnern an Vorgänge, die in dieser Lebenhase attgefunden
haben. Au die Prozesse, die zu einem funktionierenden Wahrnehmungssyem geführt haben, sind uns
deshalb nit direkt zugängli. Aber wir tun im Alltag einfa so, als ob die direkte Wahrnehmung vor-
handen sei, und damit so, als ob ein Zugang zur Wahrheit der Gegenände unmittelbar mögli sei. Für
die Bewältigung des Alltages i dieser Modus des ›Als-Ob‹ nützli und hinreiend.28 Ebenso wie es für
den Alltag ausreiend i, wenn wir uns der neuronalen Steuerung unseres Insulin-Spiegels nit bewus
sind. Statt dessen arbeiten wir erfolgrei mit dem Konrukt ›Hunger‹ auf einer Analyse-Ebene mit viel
gröberer Granularität. Vergleibar i das Konrukt ›Sönheit‹ von einer viel zu groben Granularität
und kann deshalb als Zusreibung an die beobateten Gegenände wenig beitragen zum Verändnis
der ähetisen Erfahrung und der zugrunde liegenden Erkenntnis-Prozesse. Hierfür bedarf es eines
verfeinerten Prozess-Modells, das im Folgenden srittweise entwielt werden soll. Ein Zwisensritt
seint dabei ratsam zu sein, weil dieser aufzeigt, inwiefern es si um einen revolutionären Paradigmen-
Wesel im Sinne von omas S. Kuhn (1976) handelt.
4. Aktive Inferenz att passiver Informationsverarbeitung
Das Vorgehen in der aktuellen ›Neuroästhetik‹ wirkt bisweilen recht imposant, weil es mit großem
Apparate-Aufwand daherkommt.29 Beiielsweise werden den Probanden diverse Artefakte präsentiert,
während sie im Kernintomografen (MRT) liegen. Das i allein deshalb son elitär, weil ein soles
Gerät nit jedem Forser einfa so zugängli i. Aber mein Einwand i kein wissensassozio-
logiser, sondern ein methodologiser: Im MRT i es wegen der beengten Lage gar nit mögli,
eine handlungstheoretisch fundierte Studie durchzuführen (z.B. über die ästhetischen Erfahrungen
beim Tanzen oder motorisen Spielen). Also untersut man das, was im Kernintomografen mögli
i – zumal es dem tradierten Mythos vom passiv-kontemplativen Beobater ja entrit. Aber wer
nur passive Beobatungen untersut, findet selbverändli nur ähetise Erfahrungen bei eben
diesen Beobatungen. Weil dies das tradierte Vorurteil beätigt, fällt es zumei gar nit auf, dass das
Untersuungs-Feld dur die Methoden-Wahl bereits extrem eingesränkt wurde.
Dem kognitiviisen Paradigma folgend entand eine ganze Anzahl von eorie-Modellen in der
empirisen Ähetik.30 Diese folgen im Wesentlien alle dem gleien Sema, das von der Computer-
Metapher des Geies iniriert wurde: Input–Processing–Output (kurz: IPO).
Es handelt si beim IPO-Sema um eine lineare Abfolge,31 die mit der sensorisen Wahrnehmung
(Input) beginnt, wele dann im Gehirn verarbeitet wird (Processing), um absließend ein Urteil oder
eine Handlung (Output) auszulösen.
beginnt erst, wenn ein Kind vier oder fünf Jahre alt ist. Ein Kind muss erst lernen, was die konstanten Merkmale in der Welt sind,
wie Bezugspersonen, Tagesroutinen, Regeln und konzeptuelles Wissen.« Nach Arnold Lohaus & Marc Vierhaus (: S.) ist es das
Modul episodischer Puffer, welches erst die Integration zu benennbaren Erlebens- und Handlungs-Einheiten ermöglicht.
 Siehe hierzu ausführlich die Philosophie des ›Als Ob‹ von Hans Vaihinger () sowie omas Metzinger ().
 Bspw. ist die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT oder fMRI) des Gehirns groß in Mode, obwohl gerade diese die
Möglichkeiten der Untersuchung stark einschränkt – vgl. die Literatur-Hinweise in Fußnote  bei Schwarzfischer (: S.).
Problematisch ist unter anderem, dass die Probanden im ›Hirnscanner‹ explizit passiv bleiben müssen. Ein handlungstheoretischer
Ansatz ist somit von Vornherein ausgeschlossen.
 Um diesen Beitrag nicht unnötig aufzublähen, verzichte ich auf die Aufzählung jener Modelle und der Autoren. Diese finden sich in
Fußnote  bei Schwarzfischer (: S.).
 Vernachlässigbar ist in unserem Zusammenhang die Frage, ob es ich um eine lineare oder nur quasi-lineare Abfolge handelt. Denn
die angedeuteten wechselseitigen Einflüsse von ›Speicher/Gedächtnis‹ auf die basalen Schritte der ›Verarbeitung‹ könnten in der
Abbildung  auch weggelassen oder in die Blöcke der ›Verarbeitung‹ integriert werden – vgl. Norbert Bischof (: S. f.). Ich zeige
sie hier nur, weil sie bei Neisser (: S.) im Original so dargestellt sind.
— Dr. phil. Klaus Schwarzscher (2021): Vortrag vom 13.7.2021 für die DGÄ-Kongressakten, Zürich 2021 —
— Seite 11 —
Speicher/Gedächtnis
Noch mehr
Verarbeitung
Weitere
Verarbeitung
Verarbeitung
Netzhaut-
bild
Bewusst-
sein
Abbildung 3: Der Prototyp des kognitiviisen Sema mit ›Input-Processing-Output‹
[Quelle: Neisser (1996: S.23)]
Alle Wahrnehmungs-Modelle na dem IPO-Sema sind positiviis geprägt. Denn sie setzen (implizit
oder explizit) eine objektive Umwelt voraus, die man letztli nur ›abfotografieren‹ müsse. Subjektive
Untersiede in der Wahrnehmung bzw. in der Wirklikeits-Konruktion werden entreend ausge-
blendet oder als kognitive Fehler gewertet.
Aber die Wirklikeit i eine völlig versiedene, abhängig davon, ob man ein Kleinkind oder ein
promovierter Physiker i. No gravierender sind die Untersiede zwisen einer ielenden Katze
und dem Sa-Weltmeier. Das berüsitigt der IPO-Ansatz ebenso wenig wie die Dynamiken des
Lernens insgesamt.
Bezeinend i, dass Ulric Neisser das in Abbildung 3 gezeigte Sema als Beiiel verwendet, das
zeigen soll, wie es nit funktioniert. Gerade für die empirise Ähetik i dies geradezu peinli, denn
dort i es immer no der zentrale Auau von viel zitierten Modellen. Do Neisser, der einer der Grün-
derväter der Disziplin ›Kognitive Psyologie‹ war, publizierte diese Kritik son vor 45 Jahren.
Damals mate er au einen konruktiven Vorslag: Statt des linearen IPO-Sema sollte besser ein
zyklises Modell der Wahrnehmung eingesetzt werden, das au die aktive ›Erkundung‹ einsließt.32 Die
verfügbaren Informationen werden dann nit mehr positiviis vorausgesetzt. Vielmehr werden diese
(zuminde teilweise) dur aktives Explorieren als Handlungseffekte erzeugt. Dabei sind Explorationen
ets epiemise Handlungen, wie leit zu erkennen i.
Zentral i nun der Paradigmen-Wesel von einer ›Perception-Action-Sequenz‹ hin zu einem ›Action-
Perception-Cycle‹, bei welem die Handlung das Primäre i. Hier wird au von einem ›ideomotorisen
Ansatz‹ geroen, wo (epiemise) Handlungen die wahrnehmbaren Effekte überhaupt er erzeugen.33
Die folgende Abbildung 4 legt damit das rukturelle Fundament für ein universelles Modell der
ähetisen Erfahrung, weles au aktive Inferenz thematisierten kann. Das heißt nits anderes als
dass au epiemise Handlungen damit erfas werden können, was mit den kognitiviisen IPO-
Modellen nit mögli war.
 Das Modell des ›Wahrnehmungszyklus‹ wird bei Ulric Neisser () schrittweise eingeführt, wobei zuerst der Modell-Kern erläutert
wird (S.), der später noch um ›kognitive Landkarten‹ erweitert wird (S.). Diese Entwicklung wird auch in Schwarzfischer (:
S. ff.) nachgezeichnet.
 Zur Einführung empfielt sich etwa Wolfgang Prinz ( a) oder die entsprechenden Beiträge bei Engel, Friston & Kragic () – vgl.
Register des Bandes.
— Ähetise Empfindungen als affektive Steuerung von Beobatungshandlungen bei der kognitiven Modellbildung —
— Seite 12 —
Bottom-Up
Top-Down
?P
P
P
P
P
P
Abbildung 4: Die Grundruktur eines ›Aion-Perception-Cycle‹ [Quelle: eigene Darellung]
Gehen wir die Abbildung 4 in deren Auau kurz dur, bevor wir erklären, was daran methodis an-
nend i: Ganz unten wird das wahrgenommene Objekt angesiedelt (das hier dur einen Bilderrahmen
mit Fragezeichen symbolisiert wird). Oben wird das kognitive Beobachtersystem durch ein Gehirn
angedeutet. Im Wesentlien beeht ein ›Aion-Perception-Cycle‹ aus zwei Hälen, wobei die Prozesse
der linken Häle dur Erwartungen angetrieben wird (der Top-Down-Pfad), die von groben zu immer
feineren Erwartungen voransreiten. Die Prozesse der reten Häle basieren auf sensorisen Daten
(der Bottom-Up-Pfad), wobei zuer feine Details verarbeitet werden, die zu immer größeren Ganzheiten
integriert werden. Die Käen mit dem ›P‹ darin ellen Teil-Prozesse dar. Dabei handelt es si bei
den Teil-Prozessen im Bottom-Up-Pfad um Analyse-Sritte, die naeinander attfinden und zumei
aufeinander auauen.34 Die Komplexität bzw. der Integrations-Grad nimmt hier na oben zu. Analog
dazu sind die Käen im Top-Down-Pfad ebenfalls als Teil-Prozesse zu verehen. Aber hier nimmt
der Integrations-Grad in Pfeil-Ritung ab. Das bedeutet, dass z.B. zuer übergeordnete Ziele definiert
werden, dann die Mittel zu deren Erreiung beimmt werden und sließli die konkreten Einzel-
Handlungen vollzogen werden.35
Methodologis annend i, dass das lineare IPO-Sema (Input–Processing–Output) jetzt als
Teilmenge des Aion-Perception-Cycle erseint. Mit dem Aion-Perception-Cycle i es folgli mögli,
au das IPO-Sema zu thematisieren und als partielle Analyse zu nutzen. Umgekehrt i dies aber nit
der Fall, wie die einfae Frage na dem situativen Kontext der aktuellen Wahrnehmung zeigt: »Warum
ehen wir denn beiielsweise vor einem Bild im Museum oder Sitzen im Konzert att beim Fußball oder bei
der Geliebten zu sein?« Im Top-Down-Pfad wird deutli, dass es die Folge eines zielgeriteten Handelns
darellt – ob bewus geplant oder unreflektiert herbeigeführt. Dies gilt au für den Zwe »iniriert
 Ein Beispiel wäre wenn ein Computer-Modell des Geistes zuerst die Buchstaben identifiziert, danach die Wörter und schließlich die
Sätze dieses Textes. Ein anderes Beispiel legt die Abbildung  nahe: Dort würden z.B. zuerst die einfachen Elemente (die Punkte und
die geraden Kanten) identifiziert, dann die Figuren ›Kreis‹ und ›Quadrat‹ daraus konstruiert und schließlich die räumliche Relation
der beiden bestimmt (dass das Quadrat ›auf‹ dem Kreis liegt).
 Dieses Beispiel folgt der zunehmenden Differenzierung von Be-Goals, in Do-Goals und Motor-Goals – vgl. hierzu Schwarzfischer (:
S. f. und S. ff.) mit den Literaturangaben dort. Zu unterscheiden ist zwischen der Strategie (welche auf Zwecke abzielt) und der
Tak t ik (die geeignete Mittel angesichts der konkreten Umstände auswählt). Ähnlich differenzieren sich die Be-Goals (»Wie möchte
ich sein?«) in Do-Goals (»Was muss ich dafür tun?«) und Motor-Goals (»Welche konkrete Bewegung im Detail erfordert dies?«) von
Charles Carver () bzw. von Charles Carver & Michael Scheier (: S. ff.) zwischen Strategie, Taktik und konkret-motorischer
Teil-Handlung.
— Dr. phil. Klaus Schwarzscher (2021): Vortrag vom 13.7.2021 für die DGÄ-Kongressakten, Zürich 2021 —
— Seite 13 —
werden zu wollen«. Somit lassen si ›inrumentelle Handlungen‹ ebenso wie ›epiemise Handlungen‹
im Aion-Perception-Cycle thematisieren, indem wir – je na Bedarf – entweder den Zyklus als Ganzen
betraten oder einen Aussnitt analysieren. Entreend lassen si sensomotorise Ansätze damit
ebenso modellieren wie au ideomotorise.
D. Ä E
1. Vom Funktionskreis zum Prozess-Modell ähetischer Erfahrung
Das zyklise Modell bietet damit ein weitaus mätigeres Werkzeug für das Verändnis der ähetisen
Erfahrung, weil es einen größeren Gültigkeitsberei besitzt. Daher konnte es als rukturelles Funda-
ment dienen, um daraus das allgemeine Prozess-Modell der ähetisen Erfahrung zu entwieln, das
Swarzfiser (2019) vorlegt:
Top-Down-Prozesse
Bottom-Up-Prozesse
1
52
3 4
Reflexion der Situation
Situations-Konstruktion
Objekt-Konstruktion/en
Form-Konstruktion/en
Wirklichkeit
Motivation/ Ziel
Situation
(Sinnes-)Kanal
reflex. Kosmos
pragm. Komplex
semant. Gestalt
syntakt. Gestalt
Wahl der Strategie
Wahl der Be-Goals
Wahl der Do-Goals
Wahl der Motor-Goals
eigene
Denkwelt
fremde
Innenwelt
1
25
4 3
Innenwelt
des Subjekts
Umwelt
(als Lebenswelt)
Merkwelt
(als iterative
Integration der
Modellierung)
Wirkwelt
(als sukzessive
Differenzierung
der Intervention)
Abbildung 5: Die Grundruktur des Prozess-Modells na Swarzfiser (2019: S.313)
[Quelle: modifizierte, eigene Darellung]
Aus Platzgründen kann hier nit auf alle Sritte detailliert eingegangen werden. Wir fokussieren uns
deshalb auf die eren beiden Sritte, die für das Verändnis unseres emas »Ähetik und Erkennt-
nis« von besonderer Witigkeit sind. In seiner vereinfaten ›Grundruktur‹ läs das Prozess-Modell
— Ähetise Empfindungen als affektive Steuerung von Beobatungshandlungen bei der kognitiven Modellbildung —
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aus Swarzfiser (2019) seine Anregung dur den ›Funktionskreis‹ bei Jakob von Uexküll no gut
erkennen. Je na Analyse-Kontext kann das Prozess-Modell in einer flexiblen Granularität eingesetzt
werden. Für die Details und die Anwendung in Analyse und Design sei deshalb auf den Absnitt 5.3.2
bei Swarzfiser (2019: S. 311–363) verwiesen.
Die Abbildung 5 zeigt die ›Grundruktur‹ des Prozess-Modells in swarz und die kommentierenden
Bereis-Angaben in blau. Damit die ›Grundruktur‹ des Prozess-Modells klar navollziehbar bleibt,
wird nur eine ›mittlere‹ Granularität gezeigt. Denn für die Beiiel-Analysen in Swarzfiser (2019:
S. 334 ff.) wird die Anzahl der Teil-Prozesse im Top-Down-Pfad und im Bottom-Up-Pfad jeweils auf at
erhöht. Eine qualitativ no witigere Änderung findet si oben im Modell: Was im ›Funktionskreis‹
einfa als ›neuer Kreis‹ benannt i, wurde ärker differenziert für das Prozess-Modell in Abbildung 5.
Bei Uexküll ließ der ›neue Kreis‹ nur einfae Effektor-Sensor-Vergleie oder Gegenwart-Gedätnis-
Vergleie zu. Nun ermöglit die erweiterte Struktur au komplexe mentale Probehandlungen.
Die einzelnen Teil-Prozesse für diese mentalen Probehandlungen in der ›eigenen Innenwelt‹ sind im
Prozess-Modell angelehnt an den ›Inquiry Cycle‹ von John Dewey.36 D abei kann eine konkrete Intervention
simuliert werden oder eine abrakte Denk-Operation durgeführt werden, die innerhalb der Lebenswelt
keine Entreung hätte (z.B. mathematise Probleme lösen). Die Methodik in Swarzfiser (2019)
war dur drei zentrale Denksritte gekennzeinet.
Die ästhetische Erfahrung wird durch eindeutige, mikrokognitive Prozesse definiert.
Im zweiten Schritt wird aus diesem Basis-Prozess durch Iteration und Rekursion der Möglich-
keitsraum der ästhetischen Erfahrung abgeleitet.
Und schließlich wird gezeigt, dass konkurrierende Präferenz-Stile als echte Teilmengen in
diesem Möglichkeitsraum zu verstehen sind.
Um den Möglikeitsraum ähetiser Erfahrungen volländig zu erfassen, war eine weitere Ergänzung
notwendig. Da wir nit nur mit leblosen Gegenänden interagieren, müssen au komplexe Reaktionen
im Prozess-Modell verortet und erklärt werden. Dabei i es sekundär, ob es si um ein lebendiges Ge-
genüber handelt oder um (medien-)tenises Syem, das ein komplexes Verhalten zeigt.37
Die Zusreibung einer ›fremden Innenwelt‹ mit kognitiv-intentionalen Prozessen beruht nit
wirkli auf dem nit-trivialen Verhalten dieses Gegenübers. Vielmehr basiert die Zusreibung auf
einem Analogies luss zum Erleben der ›eigenen Innenwelt‹. Dabei i die Slussfolgerung selb klar
als Hypothese zu erkennen.38 Denn dem Beobatersyem direkt zugängli sind nur die Relationen
zwisen den eigenen Handlungen und deren Handlungseffekten.
Die ›fremde Innenwelt‹ i nur als Konrukt verfügbar, d.h. als Resultat eines kognitiven Modell-
bildungs-Prozesses, der die komplexen Muer auf einer höherufigen Ebene verändli maen soll.
Dabei gilt ein Verehen zumei dann als erreit, wenn das kognitive Modell au Prognosen ermöglit,
die hinreiend o beätigt werden. Für den Zusammenhang von Ähetik und Erkenntnis i dies von
 Eine ausführliche Beschreibung dieser Teil-Prozesse nach dem ›Inquiry Cycle‹ von John Dewey (/) findet sich bei Schwarz-
fischer (: S. f. und S.).
 Diese nicht-trivialen Systeme, die trotz gleichem Input verschiedene Outputs liefern, bezeichnet Heinz von Foerster bisweilen auch als
nicht-triviale Maschine n (was den kybernetischen Aspekt noch betont) – vgl. Heinz von Foerster & Bernhard Pörksen (: S. ff.)
oder Bernhard Pörksen (: S. ff.) sowie Schwarzfischer (: S.).
 Prozesse, die ausschließlich in der ›fremden Innenwelt‹ eines sozialen Gegenübers stattfinden, gibt es in einer strengen Lesart des
kognitiv-konstruktivistischen Ansatzes nicht. Es handelt sich um Zuschreibungen des Beobachtersystems an einen ›Anderen‹ (oder
eine animistische Zuschreibung an ein komplexes System, etc.), das als Prozessträger stets die ›eigene Denkwelt‹ aufweist. Dies darf
nicht mit einer Leugnung der empirischen Existenz von anderen Lebewesen verwechselt werden, weil die ese der Zuschreibung
nicht von der physischen Existenz derselben handelt, sondern von den unterstellten mentalen Prozessen und vor allem den Inhalten
derselben. Denn von Letzteren hat der Beobachter so wenig eine direkte Kenntnis wie von der Rückseite des Mondes, die er gleichfalls
nur konstruieren kann – vgl Schwarzfischer (: S. f.). Zu diesem ›Problem des Fremdpsychischen‹ liefert omas Nagel (:
S. ff.) einen berühmten philosophischen Zugang.
— Dr. phil. Klaus Schwarzscher (2021): Vortrag vom 13.7.2021 für die DGÄ-Kongressakten, Zürich 2021 —
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Bedeutung. Denn die Konruktion eines personalen Gegenübers ja nur ein Spezialfall des allgemeinen
Prinzips (weles die kognitive Modellbildung als sole darellt).
2. Die Kriterien jeder ähetischen Erfahrung
Die Ähetik wird hier als Reflexionheorie von ›Ähesen‹ konzipiert39 (analog wie die Semiotik die
Reflexionheorie von ›Semiosen‹ i). Jede Gealt i zu begreifen als Resultat der mei unbewusen
kognitiven Modellbildungs-Prozesse. Dabei werden vier Kriterien erfüllt, die den Prozess zur Ähese
werden lassen (sofern die Erfüllung jeweils von einer ›Beobatung zweiter Ordnung‹ 40 explizit oder
implizit regiriert wird):
a) Modellbildungs-Prozess: Der Prozess der kognitiven Modellbildung wurde erfolgreich durch-
laufen, was zur ›Gestalt‹ als Resultat führte. Dies wird bereits positiv verbucht vom kognitiven
System.
b) Prognosefähigkeit: Das kognitive Modell ›Gestalt‹ geht über das positiv Vorhandene hinaus;
es findet eine sogenannte ›Dezentrierung‹ statt. Inhaltlich ermöglicht das kognitive Modell
die Bildung von Hypothesen. Diese Prognosefähigkeit erhöht die Handlungsfähigkeit und
wird ebenfalls positiv verstärkt. (Die Handlungsfähigkeit kann durch besseren Zugriff auf
kognitive, physische oder soziale Ressourcen erhöht werden.)
c) Ressourcen-Entlastung: Evolutionär hoch relevant ist die Tatsache, dass der intensionale
Gestalt-Code weit weniger neuronale Ressourcen benötigt als die extensionale Aufzählung
von Sensor-Daten.
d) Falsifizierbarkeit: Die drei Kriterien a) bis c) können erfüllt werden – oder auch nicht. Sie
sind also falsifizierbar. Dies ermöglicht es, mit diesem Ansatz auch die negativen ästhetischen
Erfahrungen innerhalb derselben Rahmentheorie zu erklären (siehe Unterpunkt ).
Dabei offenbart das Kriterium der notwendigen ›Beobatung zweiter Ordnung‹ die zentrale Einsit um
das Wesen der ähetisen Erfahrung. Anders formuliert führt das Beobatersyem einen laufenden
Selb-Te ihrer Prozesse der kognitiven Modellbildung – dur und beantwortet dabei drei elementare
Fragen:43
»Funktioniere ich sensorisch und kognitiv überhaupt?«
»Funktioniere ich korrekt, also konsistent?«
»Und, funktioniere ich effizient?«
 Eine Ästhese soll hierbei den Re-Codierungs-Prozess benennen, wie er in der Integrativen Ästhetik nach Schwarzfischer ( ff.)
konzipiert ist. Der Gegenstand von Ästhetiken (als Reflexionstheorien der Ästhesen) ist keineswegs auf das passive Wahrnehmen zu
beschränken (was auf ›Stilistiken‹ hinausliefe). Vgl. Schwarzfischer (: S. ), wo es heißt: »Dass der Begriff Ästhese bereits bei
historischen Vorläufern der Grazer Schule verwendet wurde, stellt kein gravierendes Problem dar. Denn einerseits ist es ein ganz
normales Phänomen des Sprachwandels, dass sich die Bedeutung von Begriffen über die Jahrhunderte etwas verändert. Andererseits
ist die Verwendung des Begriffes Ästhese bei Franz Brentano und dessen Schülern hinreichend gut kompatibel mit der Konzeption,
die in der vorliegenden Studie vorgeschlagen wird«.
 Hier ist anzumerken, dass der Beobachter zweiter Ordnung in sozialkonstruktivistischen eorien zumeist dem klassischen Subjekt
(im Sinne eines Individuum) entspricht, wie Hans Ulrich Gumbrecht (: S.f.) am Beispiel der eorie von Niklas Luhmann
treffend analysiert: »[…] aber natürlich ist der Beobachter zweiter Ordnung ein klassisches Subjekt. Er ist ein Beobachter, der Distanz
möchte, aber keine Distanz haben kann. […] Also ein Subjekt, wie es klassischer und alteuropäischer nicht sein könnte.« Die Integrative
Ästhetik nach Schwarzfischer ( ff.) setzt hingegen bei einem Beobachter-Konzept an, das eher dem Interpretanten in der Semiotik
von Charles Sanders Peirce (–) entspricht, der auch von sub-personaler und mikro-kognitiver Granularität sein kann.
 Übrigens gilt in genau diesem Sinne »Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile« – wobei die ›Teile‹ sehr unterschiedliche einzelne
Erfahrungsgegenstände sein können. Deshalb lassen sich Gestalt-Phänomene auch außerhalb der direkten Wahrnehmung finden,
z.B. als Handlungs-Skripte, etc., vgl. Schwarzfischer (: S. ff.).
 Siehe hierzu speziell Schwarzfischer (: S.), wo es heißt: »Eine ›extensionale Definition‹ soll verstanden werden als das ›Aufzählen
der Gegenstände oder Denotate, die unter einen Begriff fallen‹. Es werden hierbei also sämtliche Elemente einzeln aufgezählt, z. B. die
›Pixel‹ des Sensors. Eine ›intensionale Definition‹ wird verstanden als ›die Angabe der Eigenschaen oder Merkmale eines Begriffes‹.«
 In dieser Form erstmals in Schwarzfischer ().
— Ähetise Empfindungen als affektive Steuerung von Beobatungshandlungen bei der kognitiven Modellbildung —
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Folgli i ähetise Erfahrung primär kein Urteil über einen externen Gegenand, sondern über die
Qualität der kognitiven Modellbildungs-Prozesse als verkörperte Erkenntnis (Forward Modelling sowie
Inverse Modelling als Basis für Hypothese/Antizipation/Prognose). Sie wird erkennbar als evolutionärer
Lernverstärker, der bewuse wie au unbewuse Prozesse dur affektives Feedba euern kann.
3. Strukturelles und inhaltliches Ge-/Misslingen der kognitiven Modellbildung
Die ähetise Erfahrung wird bei Swarzfiser (2019) als evolutionärer Lernverärker konzipiert.
Positiv verärkt wird dabei das Gelingen der kognitiven Modellbildung. Ein Misslingen der Modellbildung
produziert ein negatives Feedba. Als prozessuales Fundament jeder ähetisen Erfahrung besitzt
die kognitive Modellbildung zwei Aekte. Beide können positive oder negative ähetise Erfahrungen
fundieren:
a) Struktur-Aspekt: Kommt überhaupt ein kognitives Modell zustande? Erfolgreich ist die kogni-
tive Modellbildung dann, wenn durch den Re-Codierungs-Prozess eine ›Gestalt‹ konstruiert
wurde, deren Gültigkeitsbereich über jenen der positiv gegebenen Elemente hinausgeht.
Wenn die entsprechende meta-kognitive Instanz (der sogenannte ›Beobachter zweiter Ord-
nung‹) das Zustandekommen eines kognitiven Modells feststellt, dann wird dies durch jenen
evolutionären Lernverstärker belohnt, den wir als ›positive ästhetische Erfahrung‹ kennen. Die
Prognosefähigkeit wird hierbei erstmals ermöglicht oder zumindest signifikant verbessert.
Positive ästhetische Erfahrungen basieren auf einem Gelingen der kognitiven Modell bildung,
was in unterschiedlichen Bereichen verortet sein kann:
[.] Ein nicht-zufälliges Muster wird innerhalb des efferenten Top-Down-Pfades gefunden
(z.B. als interozeptive Basis des eigenen Körper-Schemas, welches ein Handeln jenseits von
zufälligen Bewegungs-Impulsen überhaupt erst ermöglicht).
[.] Eine Gestalt wird innerhalb des afferenten Bottom-Up-Pfades konstruiert (z.B. wenn die
Umwelt erfolgreich nach Mustern durchforstet wird, deren Konstanz die Hypothese einer
›Welt da draußen‹ erzeugt).
[.] In der Reafferenz wird der efferente Top-Down-Pfad mit dem afferenten Bottom-Up-
Pfad gekoppelt, so dass die Korrelationen zwischen beiden analysierbar werden (z.B. wenn
die Interaktion mit der Umwelt erfolgreich nach Mustern durchforstet wird, deren Stabilität
die Prognose von Handlungseffekten möglich macht; bei komplexeren Mustern wird den
Gegenständen o eine ›fremde Innenwelt‹ mit Intentionen zugeschrieben, was seinerseits
eine Modellbildung ist).
 Detailliert wird auf die Kriterien eingegangen im Abschnitt III. bei Schwarzfischer (: S.–). Insbesondere wird dort argu-
mentiert, dass jede Aktualgenese von Gestalt die kognitive Konstruktion eines Beobachters ist (S. ff.), dass jede Gestalt-Konstruktion
als Modellbildung zu verstehen ist im Sinne der Allgemeinen Modelltheorie nach Herbert Stachowiak (S. ff.), dass Invarianzen als
Basis jeder Gestalt-Konstruktion fungieren (S. ff.), dass es sich bei dieser kognitiven Modellbildung um einen Re-Codierungs-
Prozess von extensionalen Daten zur intensionalen Gestalt-Codierung handelt (S. ff.), dass eine Ressourcen-Entlastung durch den
Re-Codierungs-Prozess auritt (S. ff.), dass eine Erweiterung des Gültigkeitsbereiches (Dezentrierung) durch den Re-Codierungs-
Prozess zu verzeichnen ist (S. ff.) und dass eine hohe Relevanz der Dezentrierung für das Forward Modelling und Inverse Mode lling
besteht – im Sinne der Ermöglichung von vorwärtsgerichteten Prognosen und rückwärtsgerichteten Hypothesen (S. f.).
 Beim Erwachsenen laufen diese Prozesse sehr schnell, hoch automatiert und unbewusst ab. Ins Bewusstsein rücken sie meist nur
dann, wenn die Resultate unerwartet sind, etwa bei optischen Täuschungen, etc. Anders ist dies bei Säuglingen und Kleinkindern,
wo die Lernprozesse so langsam ablaufen, dass ihnen der externe Beobachter gewissermaßen ›in Echtzeit beim Denken zusehen‹
kann. Dabei wird die ideomotorische Aktivität langsam in Erwartungen der Handlungseffekte umgesetzt, wie dies etwa Arvid Her-
wig () schildert. Die enaktive Kognition spielt hier die zentrale Rolle, weil die Handlung primär ist und daraus erst sukzessive
die Fähigkeit erwächst, die Handlungseffekte zu antizipieren. Eben dies geschieht unbewusst, wenn wir Abbildung  ansehen. Die
›räumliche Struktur‹ der Elemente wird nicht gesehen, sondern unbewusst errechnet. Diese kognitiven Prozesse lassen sich durchaus
explizieren, wie die Beiträge in Engel, Friston & Kragic () belegen. Dann zeigt sich, dass die enaktiven Vorerfahrungen zu einer
anitizipativen Wahrscheinlichkeit verdichtet werden (die beim Bayes’schen Schlussverfahren als ›Prior‹ bezeichnet wird). Durch
jede einzelne Handlung verändert sich diese Einschätzung, je nachdem, ob die Erwartung bestätigt oder enttäuscht wird (was zum
Bayes’schen ›Posterior‹ führt – welcher jedoch sofort wieder als ›Prior‹ für die nächste Handlung verwendet wird).
— Dr. phil. Klaus Schwarzscher (2021): Vortrag vom 13.7.2021 für die DGÄ-Kongressakten, Zürich 2021 —
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Negative ästhetische Erfahrungen resultieren aus einem Misslingen der kognitiven Modell-
bildung, die sich wie bei den positiven Varianten gliedern lassen (so dass wir uns das an
dieser Stelle sparen können). Dabei wird keine ›Gestalt‹ konstruiert, was in unterschiedlichem
Maßstab aureten kann. Dies wird subjektiv als ›unschön‹ erlebt, weil es die Orientierung
und damit das zielführende Handeln unmöglich macht (vorausgesetzt, dass die meta-kognitive
Instanz das Nicht-Zustandekommen eines kognitiven Modells feststellt). Die Prognosefähig-
keit wird hierbei verhindert oder zumindest signifikant verschlechtert. Der Struktur-Aspekt
zeigt also, ob überhaupt ein ›Etwas‹ als prinzipiell benennbare Entität zustandekommt – was
entsprechend positiv oder negativ bewertet wird.
b) Inhalts-Aspekt: Jede kognitive Modellbildung besitzt neben dem formalen Struktur-Aspekt
auch einen Inhalts-Aspekt. Jedoch ist dieser ›Inhalt‹ keineswegs positivistisch als gegeben
zu verstehen, sondern er entsteht erst im Handlungs-Kontext. Deshalb ist dieser ›Inhalt‹ als
Resultat jener kognitiven Prozesse zu verstehen, die als ›epistemische Handlungen‹ und
›instrumentelle Handlungen‹ bereits eingeführt wurden. Eben diese Handlungen (die auch
unbewusst ablaufen können) werden durch ein affektives Feedback gesteuert, das wir als
ästhetische Erfahrungen kennengelernt haben. Der ›Inhalt‹ eines kognitiven Modells meint
hier den Inhalt der Prognosen: Bestätigen sich die Prognosen, die aus dem kognitiven Modell
abgeleitet werden? Anders formuliert: Ist das kognitive Modell als Mittel für epistemische und/
oder instrumentelle Zwecke brauchbar? Selbstverständlich können die Prognosen nur im Kon-
text von Handlungen bestätigt oder widerlegt werden. Diese können vom Typ ›epistemische
Handlungen‹ oder ›instrumentelle Handlungen‹ sein:
Epistemische Handlungen: Hier wird das Beispiel aus Abbildung  produktiv – gerade weil es
so simpel ist, wird das allgemeine Prinzip dort erkennbar. Die unbewusste, mentale Probe-
handlung des Quadrat-Verschiebens offenbart die vermutete Tatsache, dass der Kreis ›dar-
unter‹ vollständig sei. Die Wahrscheinlichkeits-Einschätzung der Ergebnisse jener mentalen
Probehandlung entsprechen den Ergebnissen der früheren realen Interaktionen. (Wobei zu
den realen, eigenen Interaktionen biografisch und kulturell zunehmend auch kommunikativ
vermittelte Gedankenexperimente kommen. Die Enactive Co gnition wird also nach und nach
durch Aspekte einer Social Cognition ergänzt).
Positive ästhetische Erfahrungen entsprechen hinsichtlich des ›Inhalts-Aspektes‹ der Bestä-
tigung einer zuvor konstruierten Hypothese (z.B. wenn beim Verschieben des Quadrates in
Abbildung  der Kreis darunter wie vermutet weitergeht). Bereits hinsichtlich des ›Struktur-
Aspektes‹ positiv quittiert wurde die erfolgreiche Konstruktion dieser Hypothese, die wir als
›intensionalen Gestalt-Code‹ bezeichnet haben.
 Beispiele verschiedener Ausmaße: [.] Ein umfassendes Scheitern der kognitiven Modell bildung führt dazu, dass die Wirklichkeit nur
aus einem Chaos besteht, das keinerlei Ordnung hat. Dies kann z.B. in bestimmten Formen von Alpträumen vorkommen – manche
Menschen kennen eine solche Erfahrung kurz nach dem Aufwachen bei völliger Dunkelheit. Aber auch den Zustand direkt nach der
Geburt stellte man sich bisweilen als einen Zustand des ›Noch-Nicht-Funktionierens‹ vor, so wie ihn William James beschrieb in e
Principles of Psychology (: S.): »[…] the baby’s impression of the world ›as one great blooming, buzzing confusion‹ […]« Vgl .
die Stanford Encyclopedia of Philosophy unter URL <https://plato.stanford.edu/entries/james/>. [.] Ein partielles Scheitern der
kognitiven Modellbildung ist häufiger (z.B. wenn einzelne Sinneskanäle sich widersprechen und so keine kohärente Wirklichkeit
formen; oder wenn die erwarteten Handlungseffekte ganz ausbleiben, weil man unerwartet gelähmt ist). [.] Der Zerfall vorhandener
kognitiver Modelle ist ebenso ›unschön› und bisweilen beängstigend wie das Nicht-Zustandekommen eines kognitiven Modells (z.B.
bei beginnender Demenz).
 Hierzu heißt es in Schwarzfischer (: S.) mit den entsprechenden Literaturangaben: »Dass bereits bei Säuglingen die soziale
Dimension eine tragende Rolle für das Lernen spielt (z.B. geteilte Aufmerksamkeit und das Social Referencing, bei dem die beobachtete
Mimik des Gegenübers einem Objekt dessen Valenz zuweist), zeigen Stefanie Höhl & Sabina Pauen () auf. Ein ›Angst-Gesicht‹
der Mutter weist dem Objekt eine negative Valenz zu, worauf sich der Säugling dem Gegenstand nicht weiter nähert. Hingegen weist
ein Lächeln der Mutter dem Objekt eine positive Valenz zu, und der Säugling nähert sich dem Gegenstand hierdurch ermutigt weiter.
Diese Beobachtung wiederlegt das verbreitete Sprichwort »Gebranntes Kind scheut das Feuer« zumindest in wichtigen Teilen. Denn
die vorausgesetzte direkte Interaktion mit dem Gegenstand muss noch gar nicht stattgefunden haben, da bereits beim Anblick die
Zuweisung der Valenz durch das Social Referencing geschieht.
— Ähetise Empfindungen als affektive Steuerung von Beobatungshandlungen bei der kognitiven Modellbildung —
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Negative ästhetische Erfahrungen resultieren aus Nicht-Bestätigung von Erwartungen, die als
Prognosen aus Hypothesen abgeleitet wurden (z.B. wenn sich im Beispiel der Abbildung
statt des erwarteten Kreis-Segmentes unter dem Quadrat ein ›Wurmloch‹ zeigen würde, also
eine Verletzung des anschaulichen euklidischen Raumes unserer Alltagserfahrung). Selbst-
verständlich kann eine solche Nicht-Bestätigung von Erwartungen zu neuen epistemischen
Handlungen anregen und somit inspirativ sein. Doch das würde eine Integration auf einer
höheren Granularitäts-Ebene bedeuten und die konkrete Enttäuschung mit ihrer negativen
ästhetischen Erfahrung in diesem Moment nicht tangieren. Zu bedenken ist freilich, dass
negative ästhetische Erfahrungen (wie die im Beispiel genannte) sehr klein sein können und
von anderen gleichzeitig auretenden zumeist kompensiert werden, weswegen im Alltag kaum
je eine negative Gesamt-Summe aufgrund einer singulären Nicht-Bestätigung subjektiv erlebt
wird. Relevanter werden die Effekte allerdings, wenn es sich um kognitive Modelle größerer
Reichweite handelt, die widerlegt werden. Man denke etwa an die wissenschastheoretischen
Diskurse, warum trotz der Falsifikation einzelner Prognosen die entsprechenden eorien o
nicht aufgegeben werden.
Instrumentelle Handlungen: Die instrumentellen Handlungen unterscheiden sich hinsichtlich
der ästhetischen Relevanz des ›Inhalts-Aspektes‹ nicht so grundlegend von den epistemi-
schen Handlungen, wie man annehmen könnte. Denn jede epistemische Handlung hat ja
ebenfalls ein Handlungs-Ziel und ist somit durch ›Erfolgsbedingungen‹ definierbar. Wie das
Prozess-Modell aus Abbildung  nahelegt, können diese Handlungs-Ziele in unterschiedlicher
Granularität zugleich aureten. Denn jeder Teil-Prozess kann für sich gelingen oder misslingen
und hierdurch eine entsprechende ästhetische Erfahrung auslösen. Zugleich bereitet dieser
Teil-Prozess den nächsten vor, welcher dann entweder gestartet werden kann oder nicht. Die
Handlungsfähigkeit aufrecht zu erhalten ist jedoch ein vorrangiges Ziel, auch wenn dieses o
implizit bleibt. Und nicht zuletzt: Durch die sukzessiv im Top-Down-Pfad ausdifferenzierten
Handlungen sollen im Bottom-Up-Pfad verwertbare Handlungseffekte provoziert werden, die
der Selbst- und Welterschließung dienen können. Instrumentelle Handlungen enthalten also
stets auch epistemische Anteile (und umgekehrt).
Positive ästhetische Erfahrungen resultieren generell aus einer Ziel-Erreichung, die eine Pro-
gnose als Handlungs-Entwurf immer schon voraussetzt. Dabei können diese Entwürfe in
Komplexität und zeitlicher Ausdehnung stark unterscheiden (z.B. finden sich im Spiel von
Katzen und Kleinkindern recht simple Handlungs-Muster, die Planung einer akademischen
Karriere ist dagegen vergleichsweise komplex und erstreckt sich über ganz andere Zeiträume
der Realisierung). Für die ästhetische Erfahrung ist zu berücksichtigen, dass sehr unter-
schiedliche Teil-Handlungen meist kombiniert aureten. Entsprechend muss differenziert
werden zwischen dem parallelen Erreichen und Nicht-Erreichen von Teil-Zielen in diversen
Granularitäten. Wir haben also kaum jemals nur eine einzelne ästhetische Erfahrung zu
einem Zeitpunkt.
Negative ästhetische Erfahrungen sind hinsichtlich des ›Inhalts-Aspektes‹ zurückzuführen
auf das Nicht-Erreichen von Zielen, die implizit oder explizit sein können. Auch hier wird das
erfolgreiche Formulieren eines Zieles bereits vorausgesetzt, womit es sich um eine ›gemischte
 Wem das theoretische Konzept vom nicht-euklidischen ›Wurmloch‹ nicht geläufig ist, kann hier eine illustrierte Erklärung finden.
URL: <https://de.wikipedia.org/wiki/Wurmloch>
 Vgl. dazu die ausführlichen Darstellungen von Alan Chalmers ().
 Diese Teil-Handlungen haben nicht nur eine unterschiedliche Granularität, sondern sie hängen meist auch logisch von einander ab.
Deswegen reicht die einfache Einschätzung einer summarischen Erfolgs-Wahrscheinlichkeit nicht aus. Vielmehr muss im Detail die
Wahrscheinlichkeit für jede der Teil-Handlungen einzeln ermittelt werden. Diese werden hierarchisch zu einander in Beziehung
gesetzt, wie dies bei Jakob Hohwy (: S. ff.) detailliert beschrieben wird als ›hierarchical inference‹. Denn manche Muster ver-
ändern sich sehr schnell (z.B. wenn wir den Kopf drehen und ein völlig anderes Bild auf der Retina haben) und andere sind stabiler
(z.B. das eigene Körper-Schema, das sich selbst beim dynamischen Tanzen wenig ändert).
 Vgl. das Konzept der ›vermischten Empfindungen›, das Konrad Paul Liessmann (: S. ff.) ausführlich darlegt.
— Dr. phil. Klaus Schwarzscher (2021): Vortrag vom 13.7.2021 für die DGÄ-Kongressakten, Zürich 2021 —
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Empfindung‹ handelt. Denn das operative Scheitern setzt ja die erfolgreiche Konstruktion eines
kognitiven Modells bereits voraus, von welchem das Ziel als Prognose abgeleitet wurde (z.B.
setzt das Misslingen des Kuchenbackens bereits voraus, dass der Erfolgs-Fall zumindest in gro-
ben Zügen definiert war). Generell lassen sich negative ästhetische Erfahrungen hinsichtlich
des ›Inhalts-Aspektes‹ interpretieren als ein Scheitern der eingesetzten Mittel beim Verfolgen
bestimmter Zwecke – selbst wenn die Mittel nicht näher spezifiziert waren (wie beim Wunsch,
irgendwie inspiriert zu werden).
Gerade der Wesel zwisen Struktur-Aekt und Inhalts-Aekt i ähetis und erkenntniheoretis
relevant. Denn was in einer Hinsit ›Zwe‹ i, kann im anderen Zusammenhang ein ›Mittel‹ sein. Das
i keineswegs ein seltener Spezialfall, sondern der alltäglie Normalfall. Denn es handelt si um einen
Fokus-Wesel von der ›Gealt‹ zu den sie konituierenden ›Elementen‹. Damit geht in aller Regel au
ein Wesel der Granularität einher.
E. M R
Wie verhalten si nun Ähetik und Erkenntnis zu einander? Zur Klärung können die aktuelle Kognitions-
wissensaen beitragen. Aber nit nur das. Wir können sogar eine tragfähige Rahmen theorie für eine
›Integrative Ähetik‹ ableiten, wenn wir bereit sind, alte Zöpfe abzusneiden, die si als unproduktive
Altlaen gezeigt haben. Wovon sollten wir uns verabsieden? Im Wesentlien handelt es si dabei um
fünf Mythen, die si aus wissensaheoretiser Sit als methodise Probleme erwiesen:
1. Die vorschnelle Verkürzung des Gegenandsbereiches
Häufig wird ein Spezialfall fokussiert att das allgemeine Prinzip in den Bli zu nehmen. Für den Er-
kenntnisgewinn i dies ho problematis – aber leider typis für weite Teile der letzten 200 Jahre
Ähetik.53 Unnötige Besränkungen finden si vor allem hinsitli folgender drei Aekte:
a) Kunst. Obwohl das Konzept ›Kunst‹ einer tragfähigen Definition entbehrt, wurde es als not-
wendige Bedingung in die Ästhetik eingeführt. Andere Anlässe der ästhetischen Erfahrung
wurden entweder kategorisch ausgeschlossen oder marginalisiert. Die ästhetische Erfahrung
selbst geriet damit aus dem Blick.
b) Sinne. Die Nahsinne (Tasten, Riechen und Schmecken) werden in der philosophischen Tradition
spätestens seit Platon systematisch abgewertet, zugunsten der Fernsinne (Sehen und Hören).
In der Neuzeit und selbst in der Aulärung ändert sich daran eher wenig. Als Medien der
Ästhetik wie auch ›echter‹ Erkenntnis kommen noch immer ausschließlich die ›höheren‹ Sinne
in Frage – obwohl Alexander Gottlieb Baumgarten () mit seiner ›Aesthetica‹ eigentlich
eine andere Dynamik hätte entfachen können.
c) Subjekte. Diverse Beobachter wurden ohne sachliche Prüfung ausgeschlossen, weil man ihnen
die Fähigkeit zu ästhetisch relevanten Beobachtungen bereits im Vorfeld absprach. Dies betri
evolutionäre, entwicklungspsychologische und kulturelle bzw. soziologisch-politische Aspekte.
So wurde Tieren pauschal die ästhetische Relevanz abgesprochen, obwohl z.B. das Spielen nicht
 Christoph Hubig (: S. ff.) widmet ein ganzes Kapitel der Diskussion, dass auch ›Kunst‹ der Technomorphizität (›Technik-
förmigkeit‹) nicht entkommt und entsprechend als Medium der Mittel-Zweck-Relationen verstanden werden kann, das auch Wahr-
nehmungshandlungen abdeckt.
 Weder aus Alexander Gottlieb Baumgarten () noch aus Immanuel Kant () folgt, dass nur ›Kunst‹ der Gegenstand von Ästhetik
sein kann, wie Gernot Böhme ( und ) schlüssig argumentiert. Elmar Waibl (: S. f.) zeigt zudem visuell auf, inwiefern
die ›Philosophie der Kunst‹ nur eine Teilmenge der ›Ästhetik‹ ist. In einer ähnlichen Argumentation beklagt Christian Allesch (:
S.) die Einengung der Ästhetik auf eine ›Artistik‹ (Kunstwissenscha). Speziell dazu, dass bei Baumgarten eigentlich ein weiterer
Fokus angebracht wäre, siehe Michael Jäger (), Steffen W. Groß () und Ursula Franke ().
— Ähetise Empfindungen als affektive Steuerung von Beobatungshandlungen bei der kognitiven Modellbildung —
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nur bei Katzen verbreitet ist. Kindern wurde ästhetische Expertise ebenfalls nicht zuerkannt,
auch wenn diese offensichtlich etwas als ›schön‹ oder ›unschön‹ bezeichnen können. Zudem
wurden sowohl soziale Schichten als auch ethische Gruppen systematisch ausgeschlossen, weil
diese angeblich nicht über den nötigen ›Geschmack‹ verfügten.
Lösungs-Ansatz: Wie kann einer ungeretfertigten Verkürzung des Gegenandsbereies methodis
entgegengewirkt werden? Der witige Punkt i wohl, dass eine ›Aihetik‹ (als allgemeine eorie
der Wahrnehmung und Wahrnehmungsbewertung) betrieben wird att einer traditionellen ›Ähetik‹
(die mei ärker ontologis motiviert i und deshalb o zu einer hierarisen Klassifikation von
Artefakten degeneriert).
2. Das dogmatische Ablehnen der Handlungs-Perektive
Der Mythos des ›interesselosen Wohlgefallens‹ hat über Generationen den Bli auf die Handlungs-
Kontexte verellt, in denen jede ähetise Erfahrung verortet i. Warum ehen wir denn beiielsweise
vor einem Bild im Museum oder Sitzen im Konzert att beim Fußball oder bei der Geliebten zu sein? In
aller Regel i das kein Zufall, sondern die Folge von zielgeritetem Handeln. Sämtlie Wünse na
Iniration, na Kungenuss, na Weltersließung, etc. lassen si als Mittel-Zwe-Relationen begreifen,
wenn wir tenikphilosophis herangehen.57 Ein ›Pragmatic Turn‹ vollzieht si au in den Cognitive
Sciences in den letzten Jahren.58 Dabei wird deutli, dass jede Wahrnehmung als Handlung veranden
werden muss. Im einfaen Fall sind hierfür Augenbewegungen nötig, die kleine Teil-Handlungen
darellen, au wenn sie unbewus vollzogen werden. Allzu fließend i der Übergang von bewusen
Handlungen und unbewusen Wahrnehmungs-Handlungen.
Lösungs-Ansatz: Prototypis kann untersieden werden zwisen ›inrumentellen‹ und ›epiemisen‹
Handlungen – obwohl reale Handlungen ets beide Aekte aufweisen. Denn intelligent-adaptive Syeme
lernen bei jeder inrumentellen Handlung ein wenig dazu, selb wenn dies nit die zentrale Absit war.
Und jede epiemise Handlung hat au inrumentelle Anteile als Teil-Handlungen (z.B. das Wenden
des Kopfes, um auf die Uhr zu sehen). Wegen dieser Versränkung i ein kategorises Spreen von
›interesselosem Wohlgefallens‹ wenig hilfrei. Vielmehr sollte der Handlungs-Kontext syematis in
den Bli genommen werden, wobei die Analyse eine flexible Granularität aufweisen muss (siehe dazu
au Punkt 4).
3. Die syematische Überschätzung der Sprache
Weite Teile der philosophisen Tradition zeinen si aus dur eine Geringsätzung nonverbaler
Erkenntnisformen und gleizeitiger Übersätzung der verbalen Sprae. Dieser ›Logozentrismus‹ mat
vor der Ähetik nit halt. Au dort wird die erkenntniheoretise Leiungsfähigkeit der Sprae
bisweilen dogmatis idealisiert, da verbale Propositionen als ›klar‹ und ›deutli‹ gelten – im Verglei
zu nitralien Phänomenen, die o als ›dunkel‹ und ›verworren‹ klassifiziert werden.59 Ihren Höhe-
punkt findet diese Denkweise, wo au ähetise Phänomene in Syllogismen gefas werden.60 Dabei i
das Kern-Problem, dass die rabasierte Logik (Rationalität) mit vernüniger Erkenntnis (Kognition)
gleigesetzt wird. Wieder einmal wird also ein Spezialfall dem allgemeinen Prinzip verweselt. Denn
Kognition läs si keineswegs auf Rationalität besränken, wenn wir nit die wesentlien Aekte
 Gordon M. Burghardt () dokumentiert ein erstaunlich breites Spektrum an Spielverhalten (bei Fischen, Reptilien, Vögeln und
Säugetieren) und analysiert dessen evolutionäre Wurzeln, die offenbar sehr alt sind.
 In der philosophischen Tradition wird eine hedonische Ästhetik zumeist generell abgewertet – vgl. etwa Harald Lemke (), Wulf
Tessin (), Elmar Waibl (: S.), Richard Shusterman () sowie Madalina Diaconu ().
 Ausgeschlossen werden dabei soziale Klassen ebenso wie geografische Regionen und hierdurch auch wieder gewisse Semantiken,
z.B. Sexualästhetik/en – vgl. dazu Richard Shusterman ().
 Das bezeichnet Christoph Hubig (: S. ff.) als Technomorphizität (›Technikförmigkeit‹).
 Vgl. Engel, Friston & Kragic ()
 Dies zieht sich von Descartes über Baumgarten bis in die Gegenwart durch.
 So ließen sich viele der Definitionen im analytischen Ansatz von Maria E. Reicher () leicht in die Form von Syllogismen übersetzen.
— Dr. phil. Klaus Schwarzscher (2021): Vortrag vom 13.7.2021 für die DGÄ-Kongressakten, Zürich 2021 —
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der Erkenntnis und der Aihesis verlieren wollen. Vielmehr erwei si Rationalität als Teilmenge der
kognitiven Prozesse im Sinne einer Embodied Cognition.
Lösungs-Ansatz: In einer modernen Spreweise lassen si jene kognitiven Prozesse, die Baumgarten
mit den Attributen ›dunkel‹ und ›verworren‹ belegte, als ›ratiomorph‹ (›vernunähnli‹) begreifen. Dies
betri im Wesentlien alle vorbewusen oder unbewusen Prozesse, die massiv parallel aureten – und
au hierdur si vom linearen Naeinander der ralien Logik unterseiden.61 Es läs si zeigen,
dass der Basis-Prozess jeder ähetisen Erfahrung im einfaen Fall ein Übergang von vorralien
Phänomenen zu benennbaren Entitäten i (die aber keineswegs son benannt worden sein müssen).62
4. Die unterschätzte Komplexität des Beobachters
Mit der Überbewertung der Sprae geht omals eine Untersätzung der rukturellen Tiefe einher.
Das heißt, es wird vielfa übersehen, dass es nit nur eine Besreibungs-Ebene gibt, sondern beliebig
viele. Diese können si na der räumli-zeitlien Größenordnung ebenso unterseiden wie na der
Sinnesmodalität oder na der untersiedlien Parallelität der Teil-Prozesse. Sehr versieden kann
dabei die Granularität der Analyse sein, also der Größenmaßab, den die Untersuung primär fokussiert.
Im Alltag thematisieren wir typiserweise eine Ebene mittlerer Abraktion, die si konkret für die Be-
sreibung von Problemen und Lösungen in unserer Lebenwelt eignet. Da wir als handelnde Personen in
dieser Lebenswelt den Maßab beimmen, i dieser ›mittlere› Abraktionsgrad eine personale Ebene.
Das bedeutet, dass wir im Alltag mei quasi-lineare Abfolgen vom Typ ›Problem-Intervention-Lösung‹
bevorzugen, weil diese unserem ›tenomorphen Denken‹ in Mittel-Zwe-Relationen entreen.63
Lösungs-Ansatz: Es lassen si au sub-personale und super-personale Ebenen der Problem-Besreibung
und der Lösung finden. Als super-personale Ebene i etwa eine gesellsalie Kritik denkbar oder ein
kulturgesitlier Zugang.64 Für die Prozesse der Aihesis (als Wahrnehmung und Wahrnehmungs-
Bewertung) mindeens ebenso relevant sind sub-personale Ebenen der Verarbeitung. Davon lassen si
duraus mehrere identifizieren, die si wiederum in der Granularität unterseiden. David Marr (1982:
S.24 ff.) zeigt anhand der visuellen Wahrnehmung, wie die beobatbaren Phänomene als Prozessresul-
tate (computational level) von den zugrunde liegenden unbewusen Verrenungen als Prozessverlauf
(algorithmic level) zu unterseiden sind und diese wiederum vom neuronalen oder tenisen Subrat
als Prozessträger (implementational level).65 Die Argumentation dieses Beitrages legte offen, dass und
warum es notwendig i, mehrere Granularitäts-Ebenen zu betraten. Denn die ähetise Erfahrung
i nit inhaltli zu definieren, vielmehr i sie in einem rukturwissensalien Sinne ›amodal‹.66
Die ähetise Erfahrung kann als evolutionärer Lernverärker jedes Lernen verärken, so dass sie we-
der auf beimmte Inhalte no auf Wahrnehmungs-Sinne besränkt i. Im einfaen Fall reit die
Selb-Beobatung aus (z.B. die motorise Funktionslu ielender Katzen oder das Tanzen ohne Musik
bei geslossenen Augen), um positive ähetise Erfahrungen im Sinne einer ›aktiv-hervorbringenden
Kognition‹ (Enaed Cognition) zu maen.67 Für eine tragfähige Ähetik müssen endli die dynami-
sen Beziehungen zwischen den versiedenen Granularitäts-Ebenen in den Bli genommen werden.
 Eine ausführliche Kritik zur Unterscheidung des Konzeptes ›Kognition‹ von anderen Begriffen, mit denen es o verwechselt wird
(›mental‹, ›rational‹, ›komplex‹ und ›semantisch‹), findet sich bei Norbert Bischof (: S. ff. sowie S. f.), der auch eine trag-
fähige Definition auf biokybernetischer Basis liefert (S. f.). Eine kurze Zusammenfassung bietet Schwarzfischer (: S.).
 Siehe Schwarzfischer (: S. ff.)
 Ein Ästhetik-Beispiel: »Ich finde dieses Exemplar nicht schön, lass uns deswegen zum nächsten weitergehen.«
 Vgl. etwa Peter Berger & omas Luckmann () sowie Heinz von Foerster (: S. f.)
 Vgl. hierzu auch Schwarzfischer (: S.)
 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Abbildung 
 Im Enaktivismus muss das Subjekt nicht notwendigerweise etwas außerhalb des eigenen Körpers kognitiv modellieren. Semantische
›Repräsentation‹ können auf eine Außenwelt verweisen, müssen dies aber nicht unbedingt. Vgl. Miriam Kyelso () sowie Sven
Walter (: S. ff.).
— Ähetise Empfindungen als affektive Steuerung von Beobatungshandlungen bei der kognitiven Modellbildung —
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Gleies gilt für die dynamisen Verhältnisse zwischen dem Top-Down-Pfad und dem Bottom-Up-Pfad
(siehe Absnitt D dieses Beitrages).
5. Der unbegründete Glaube an atische Eigenschaen
Traditionell werden beobateten Gegenand ähetis relevante Eigensaen zugesrieben, wele
in propositionaler Form wahrheitsfähig sein sollen. Leider verdet die Unterellung, dass es si um
abile Eigensaen handelt, den Bli auf das Wesen der ähetisen Erfahrung. Damit geht die Äs-
thetik insgesamt fehl. Denn so wenig wie etwas als soles ein ›Zeien‹ i, so wenig hat ein Gegenand
die überzeitlie und überpersönlie Eigensa, ›sön‹ zu sein. In der Semiotik hat si mit Charles
S. Peirce ein prozessualer Ansatz durgesetzt. Die ›Semiotik‹ i demna die Reflexionheorie jener
Basis-Prozesse, die dort als ›Semiosen‹ bekannt sind.68 Auf einen analogen Sritt zur Prozessualisierung
der Ähetik musen wir sehr lange warten. Aus meiner Sit wurde diese er in Swarzfiser (2019)
volländig umgesetzt. Dort wird der Basis-Prozess jeder ähetisen Erfahrung als ›Ähese‹ bezeinet,
so dass die ›Ähetik‹ sinnvoll als Reflexionheorie möglier ›Ähesen‹ etabliert werden kann. Eine
transdisziplinäre Ähetik hat demna den ›Möglikeitsraum ähetiser Erfahrung‹ zu untersuen.
Lösungs-Ansatz: Zu definieren i primär der Basis-Prozess jeder ›Ähese‹ als notwendige und hinrei-
ende Bedingung für eine ähetise Erfahrung. Warum i dieser Basis-Prozess einem positiviisen
Paradigma nit zugängli? Alle Gegenände, die wir beobaten oder thematisieren können, werden vom
Beobater aktiv konruiert – au wenn ihm dies nur in den seltenen Fällen bewus i. Das beginnt
bei einfaen Gealt-Wahrnehmungen und läs si verfolgen bis in sehr komplexe Wirklikeits-
Konruktionen.69 Eine notwendige Voraussetzung hierfür sind die kognitiven Prozesse im Beobater,
wobei unbewus-ratiomorphe und bewus-rationale mei zusammenwirken. Anhand des Beiiels aus
Abbildung 1 konnte das unbewus-ratiomorphe Prinzip ansauli gezeigt werden.
F. E   F
Auf einem handlungheoretisen Fundament läs si zu einer kognitiv-semiotisen Rahmen theorie
integrieren, was bislang isolierte Bereichsästhetiken waren: Produktions ästhetiken, Werkästhetiken
und Rezeptionsähetiken. Diese ›Integrative Ähetik‹ von Swarzfiser (2014 und 2019) geht von
der Selb-Beobatung des kognitiven Beobatersyems aus, wobei jede Wahrnehmung eine aktive
Wahrnehmungs-Handlung darellt. Au die ›Rezeption‹ wird zur ›Produktion‹, wenn die epiemisen
Handlungen in den Bli geraten. Natürli sind au die epiemisen Handlungen in der Produktion
und Rezeption von ›Kun‹ hier als Teilmenge zu verorten – als eine von vielen Teilmengen, aber kei-
nesfalls als allgemeines Prinzip.70 Denn als prozessuale Basis der ähetisen Erfahrung wurde deutli,
dass es si um einen evolutionären Lernverärker handelt bzw. um einen funktionalen Selb-Te des
kognitiven Beobatersyems. Und die gealthaen Objekte wurden erkennbar als kognitive Modelle für
enaktive Erfahrungen (also als Resultate abgeslossener epiemiser Handlungen und als Anlässe für
künige epiemise Handlungen, die entweder real ausgeführt oder mikro-kognitiv simuliert werden,
und wele entweder bewus oder unbewus sein können).
 Zum Konzept der ›Semiosen‹ (nach Charles S. Peirce) in der neueren Kognitiven Semiotik und Biosemiotik siehe Schwarzfischer (:
S.), wo weiterführende Literatur angegeben wird und das Verhältnis zu ›Ästhesen‹ näher bestimmt wird. Dass die »Pragmatik als
Basis der Semantik« fungiert führt Norbert Bischof () im gleichnamigen Kapitel seiner biokybernetischen Systemtheorie aus
(S.–). Dass erst die Pragmatik ein Fundament für die Semantik geben kann, wird im ›eorem der semantischen Komple-
mentarität‹ deutlich (S.): »Die semantische Ebene ist grundsätzlich polar organisiert: Es hängt nur von der Wahl der Perspektive
ab, ob man sie kognitiv oder intentional interpretiert«. Entsprechend kann jede Handlung entweder primär auf ihre Aktualgenese
hin untersucht werden oder auf deren Konsequenzen hin. Dies entspricht der Unterscheidung zwischen ›Nachricht‹ und ›Befehl‹,
wie sie Norbert Bischof dort vornimmt. Wichtig ist nun, dass es eine freie Entscheidungs-Handlung des Beobachters voraussetzt, ob
er die eine oder die andere Perspektive einnimmt. Im Sinne von Siegfried J. Schmidt (: S. f.) ist dies eine ›Setzung‹.
 Siehe Schwarzfischer (: S. ff.)
 Entsprechend sind die epistemischen Explorationen und künstlerischen Expeditionen, wie sie etwa Dieter Mersch () beschreibt,
nichts anderes als epistemische Handlungen in diesem allgemeinen Sinne. Dieser reicht von real-physischen Experimenten über
mentale Probehandlungen bis zu imaginierten Simulationen möglicher Welten.
— Dr. phil. Klaus Schwarzscher (2021): Vortrag vom 13.7.2021 für die DGÄ-Kongressakten, Zürich 2021 —
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Mögli wurde die ›Integrative Ähetik‹ dur das Ablegen der tradierten Seuklappen (die den
Fokus auf das oberfläli Trennende lenkten). Statt dessen wurde der gemeinsame Basis-Prozess jeder
ähetisen Erfahrung gesut, der evolutionär und entwilungsyologis plausibel i – und da-
mit das Verbindende att das Trennende. Iniriert wurde dies dur einen biokybernetisen Ansatz,
weler wiederum auf die vergleiende Verhaltensforsung zurügeht.71 In diesem Kontext i das
Wie ebenso interessant wie das Wozu. Darum wurde nit nur die ›Blabox‹ namens ähetise Erfah-
rung geöffnet, was sitbar mate, wie der Basis-Prozess genau aufgebaut i. Da wir mit einer flexiblen
Granularität analysierten, wurde zudem im größeren Zusammenhang klar, wele biologise Funktion
dieser Lernverärker für ratiomorphe Kognitionen erfüllt: Ähetise Erfahrungen ermöglien eine
affektive Steuerung von Beobatungshandlungen bei der kognitiven Modellbildung au jenen Beoba-
tersyemen, die evolutionär oder entwilungsyologis (no) nit in der Lage sind, ihr Verhalten
bewus-reflektiert-rational zu euern. Zu diesen gehören übrigens au wir gebildete, motivierte und
erwasene Mensen. Denn es i eine unerfüllbare Illusion, jede unserer Handlungen bewus-reflektiert-
rational ausführen zu können.72
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 Ein kaum bekannter Punkt ist, dass die vergleichende Verhaltensforschung (Ethologie) das Verhalten weder nur von außen beschreiben
will, noch sich auf projektive Einfühlung von innen beschränkt. Den methodischen Zugang schildert Norbert Bischof (: S. ff.),
der  Jahre am Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie mit Konrad Lorenz arbeitete. Dort wurden stets Tier-Beobachtungen
mit funktionalen Modellbildungen und physiologischen Experimenten kombiniert. Ein hervorragendes Beispiel für diese biokyber-
netische Forschung ist Erich von Holst (der zusammen mit Konrad Lorenz jenes MPI leitete), welcher das Prinzip der Reafferenz
entwickelte und auch experimentell überprüe.
 Zu dieser Behauptung siehe die Argumentationen in Gerd Gigerenzer & Reinhard Selten () sowie Daniel Kahneman ().
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Textnachweis:
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sen Gesellsa für Ähetik (DGÄ) in Züri (13.7.2021).
Dr. phil. Klaus Schwarzfischer udierte Informationsdesign und erhielt 2016 für seine Maer esis den
Wolfgang-Metzger-Förderpreis der Gesellsa für Gealttheorie und ihre Anwendungen (GTA). In
2019 promovierte er an der Universität Tübingen bei Klaus Sas-Homba. Er forst vor allem in den
Bereien kognitive Semiotik, Gealtpsyologie, Designtheorie und empirise Ähetik. Relevante Bu-
Publikationen: »Wirklikeit als Design-Problem« (2008), »Transdisziplinäres Design« (2010), »Integrative
Ähetik« (2014), »Empirise Ähetik« (2016) und »Ähetik der Wirklikeits-Konruktion: Wie sind
konkurrierende ähetise (Design–) Präferenzen mögli? Ein kognitiv-semiotiser Ansatz.« (2019).
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Embodied/Enactive Cognition erfordert es, die ästhetische Erfahrung neu zu denken. Analysiert man den Beobachtungs-Prozess selbst, wird die aktive Konstruktion jeder Gestalt erkennbar. Aisthesis als kognitive Modellbildung dient somit der Selbst- und Welterschließung. Ein Action-Perception-Cycle ermöglicht durch „epistemische Handlungen“ (die auch unbewusst/verkörpert sein können) die Prognose von Handlungseffekten. Die Entwicklung von Hypothesen zu wahrscheinlichen Wirkungen (Forward Modelling) und möglichen Ursachen (Inverse Modelling) bilden so den Kern der Wirklichkeits-Konstruktion. Dabei kann es sich um gelingende oder misslingende Prozesse der kognitiven Modellbildung handeln. Im ersten Schritt wird der Basis-Mechanismus jeder ästhetischen Erfahrung formuliert. Dieser wird evolutionär als Lern-Verstärker interpretiert und ist evolutionär, neurobiologisch sowie lebensweltlich plausibel. Hiermit lassen sich positive ästhetische Erfahrungen präzise erklären – und bei Umkehrung der Prozessrichtung auch negative ästhetische Erfahrungen. Soll dieser Mechanismus als notwendige und hinreichende Bedingung fungieren, stellt sich die Frage: Warum empfinden dann nicht alle Menschen gleich? Im zweiten Schritt wird aus dem Basis-Prozess durch Iteration und Rekursion der Möglichkeitsraum ästhetischer Erfahrung und ein erweitertes Prozess-Modell abgeleitet. Es zeigt sich, dass konkurrierende Präferenz-Stile als Teilmengen dieses Möglichkeitsraumes zu verstehen sind. Meta-ästhetisch betrachtet ist selbst die Vorliebe für eine bestimmte (Bereichs-)Ästhetik ein solcher Präferenz-Stil, der als Mittel zu einem Zweck bestimmbar ist.
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the question of how cognitive interference comes to have a disruptive influence on task performance is an important one / present a conceptual structure within which [the author believes] certain kinds of interference effects are readily interpreted / provide a useful vantage point for understanding at least some sources [of cognitive interference in performance] / [the author's] view of cognitive interference derives from a more general viewpoint on the nature of behavioral self-regulation / believe that the interference effects addressed in this chapter are specific manifestations of those more general principles / sketch out that broader view on the structure of self-regulation structure of behavior [goal directedness, from goals to behavior, hierarchies in self-regulation, hierarchicality: a further issue regarding high level control] / expectancies and disengagement [interruption and assessment; consequences of assessment: basic theory; disengagement from comparisons; responses to fear; persistence; mental disengagement, task performance, and negative rumination, hierarchicality can impede disengagement] / cognitive interference [expectancy assessment, stifled disengagement, control from too high a level] / self-focus, task-focus, and rumination (PsycINFO Database Record (c) 2012 APA, all rights reserved)