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Wohnungslosigkeit bekämpfen. Mit Technik, KI und Langzeitstudien zu mehr Hilfe für Wohnungslose. Interview mit Jasmin Bauer. In: OHM-Journal, 2021/02, 76-81

Authors:

Abstract

Die genaue Anzahl von Wohnungslosen in Deutschland ist nicht bekannt und doch können Verbände und Sozialeinrichtungen eine steigende Tendenz verzeichnen. Um die Situation von Wohnungslosen zu verbessern, hat Prof. Dr. Frank Sowa von der Fakultät Sozialwissenschaften verschiedene Projekte und Studien gestartet.
2021/02
OHM-Journal
Im Fokus
Künstliche Intelligenz
Seite 8
Medien und
Kommunikation
Jedem Film wohnt ein Zauber inne
Seite 58
Gesundheit
Wenn nächtliche Müdigkeit
zum Problem wird
Seite 70
Demograscher Wandel
Wohnungslosigkeit bekämpfen
Seite 76
Editorial 5
Im Fokus
Vernetzt Datenschätze heben 8
KI als Gesprächspartner 12
Vorhersagen im Krankenhaus 14
Emotionale Künstliche Intelligenz 16
Spielen im Auftrag der Forschung 20
Auf dem Vormarsch 26
Energie
Alles Auslegungssache 34
Städte und Gebäude der Zukunft
Der Weltacker in Nürnberg 40
Verkehr, Logistik und Mobilität
Ab in die Pedale 46
Umwelt und Rohstoffe
Nachhaltig bauen 52
V
V
S
E
 F
 U
OHM-Journal 2021/02 1
Inhalt
Franken
heizt dem Mars ein.
Die TH Nürnberg entwickelt innovative
Heizelemente für den Mars-Rover.
© unlimit3d-stock.adobe.com
Medien und Kommunikation
Jedem Film wohnt ein Zauber inne 58
Nachhaltigkeit kommunizieren und vernetzen 64
Gesundheit
Wenn nächtliche Müdigkeit zum Problem wird 70
Demograscher Wandel
Wohnungslosigkeit bekämpfen 76
Innovative Dienstleistungen
Rettet die Bienen 84
Aus der Hochschule
Die Macht der Netzwerke 92
Wer suchet, der ndet 96
Engagement, das sich lohnt 100
Alleine stark, gemeinsam stärker 104
TH
 D
W
 G
K
KE
OHM-Journal 2021/02 3
Prof. Dr. Frank Sowa (Mitte) engagiert sich im Projekt „Lebenskunst“,
in dem Studierende mit gleichaltrigen Wohnungslosen zusammenkommen.
Wohnungslosigkeit
bekämpfen
W
Demograscher Wandel
OHM-Journal 2021/02 77
OHM-Journal: Herr Professor Sowa, im-
mer mehr Menschen sind von Wohnungs-
losigkeit bedroht. An welchen Faktoren
kann das liegen?
Prof. Dr. Frank Sowa: Das hat vor allem
strukturelle Ursachen, wie beispielswei-
se den Mangel an leistbaren Wohnungen,
besonders in Großstädten. Zudem sinkt
der Bestand von Sozialwohnungen, da
diese kaum noch gebaut werden und
nach zehn bis zwanzig Jahren die Mie-
ten wieder an die ortsüblichen Mieten
angepasst werden dürfen und somit aus
dem System fallen. Wohnraum ist in-
zwischen zu einer Ware geworden und
die Eigentümer sehen ihn als Kapitalan-
lage, wollen ihre Wohnungen also zum
höchstmöglichen Preis vermieten.
Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung
aus dem Jahr 2021 hat offengelegt, dass
fast die Hälfte der Haushalte in deut-
schen Großstädten mehr als 30 Prozent
ihres Einkommens für die Miete ausge-
ben müssen, mehr als ein Viertel der
Haushalte sogar über 40 Prozent. Das
können sich viele nicht mehr auf Dauer
leisten! So kommt es zu Verschuldungen,
Mietrückständen und schließlich zur
Zwangsräumung. Oft benden sich die
Menschen auch privat in einer prekären
Situation, weshalb sie nicht aus eigener
Kraft den Wohnraumverlust verhindern
können. Es beginnt eine Abwärtsspirale:
Wenn man keine Wohnung, keine Mel-
deadresse und viele Schulden hat, wird
man als schlechte Mieterin oder schlech-
ter Mieter abgestempelt und hat keine
Chance auf eine neue Wohnung. Auch
der Bezug von Arbeitslosengeld ist oft
ein Stigma, mit dem die Leute zu kämp-
fen haben.
Wer ist von Wohnungslosigkeit betroffen?
Im Prinzip kann jeder seinen Wohnraum
verlieren. Jede und jeder Wohnungslose
hat eine eigene Lebensgeschichte, die
dazu geführt hat. Da gibt es Jugendli-
che, die aus zerrütteten Familienverhält-
nissen stammen und das Leben auf der
Straße dem Leben daheim vorziehen.
Frauen, die in Gewaltbeziehungen leben,
weil sie nanziell von ihren Partnern
abhängig sind, aber schließlich doch aus
der gemeinsamen Wohnung üchten
müssen. Osteuropäer, die auf der Suche
nach Arbeit auf der Straße gestrandet
sind. Wir haben auch schon viele Woh-
nungslose interviewt, die zwar eine Ar-
beitsstelle hatten, sich aber trotzdem
keine eigene Wohnung leisten konnten
oder aufgrund von Schufa-Einträgen
nicht als Mieterinnen und Mieter akzep-
tiert wurden. Selbst der Bildungsgrad ist
keine Garantie für eine Wohnung, auch
Akademikerinnen und Akademiker kön-
nen ihren festen Wohnsitz verlieren. Es
kann schlichtweg jeden treffen.
Dabei müssen wir verstehen, dass die
Situationen von Menschen ohne eige-
ne Wohnung recht unterschiedlich sein
können. Obdachlose leben auf der Stra-
ße oder übernachten in Notschlafstel-
len, die nur über Nacht öffnen. Woh-
nungslose werden in Einrichtungen auf
Dauer untergebracht. Das sind dann
die klassischen Wohnheime und Pen-
sionen, aber auch Frauenhäuser oder
Gemeinschaftsunterkünfte für Geüch-
tete. Darüber hinaus gibt es jedoch viele
andere Menschen, die ungesichert oder
unzureichend wohnen müssen. Zu den
ungesicherten Wohnverhältnissen ge-
hört beispielsweise das Übernachten bei
Freunden, das sogenannte Couchsurng.
Zu den unzureichenden Wohnverhält-
nissen gehört das Übernachten in Zel-
ten, Wohnwägen oder Abbruchhäusern.
Geschlechtsspezische Forschungen
betonen die besondere Situation von
Das Gespräch führte Jasmin Bauer
Mit Technik, KI und Langzeitstudien
zu mehr Hilfe für Wohnungslose
Die genaue Anzahl von Wohnungslosen in Deutschland ist nicht bekannt und doch können Verbände
und Sozialeinrichtungen eine steigende Tendenz verzeichnen. Um die Situation von Wohnungslosen zu
verbessern, hat Prof. Dr. Frank Sowa von der Fakultät Sozialwissenschaften verschiedene Projekte und
Studien gestartet.
»
Im Projekt „Lebenskunst“ können Studierende gemeinsam mit Wohnungslosen
kreativ werden und unter anderem Graftis sprühen.
Demograscher Wandel
OHM-Journal 2021/02
78
tens außen vor: Obwohl das Recht auf
Wohnen ein Menschenrecht ist, erhalten
betroffene Menschen nach ihrem Wohn-
raumverlust in der Regel keine neue
Wohnung. Vielmehr existiert ein – nen-
nen wir es – „Recht auf Unterbringung“,
welches jedoch das Grundproblem nicht
löst. Natürlich müsste es auch noch we-
sentlich mehr Maßnahmen geben, um
den Wohnungsverlust von vornherein zu
verhindern. Die Abwärtsspirale, in der
sich die Betroffenen benden, muss ge-
stoppt werden. Das ist gar nicht so ein-
fach, denn irgendwann kommen die Ver-
schuldeten an einen Punkt, an dem sie
keine ofziellen Briefe mehr öffnen und
sie so auch die Hilfsangebote vom Sozi-
alamt oder der Schuldnerberatung nicht
mehr erreichen. Die Betroffenen sind
in dieser Situation schlichtweg überfor-
dert. Scham spielt dabei eine große Rol-
le, denn um Hilfe zu bekommen, muss
man seine prekäre Situation offenlegen.
Andere Länder agieren auf diesem Ge-
biet ganz anders. In meinem Projekt „Se-
curing Housing“ untersuchen wir, welche
Faktoren zu Wohnungslosigkeit führen
und wie sich diesen entgegenwirken
lässt.
Um die gesellschaftliche Relevanz und
die individuellen Problemlagen zu erfor-
schen, führen wir die Langzeitstudie in
Nürnberg und Wien durch, gemeinsam
mit verschiedenen Einrichtungen aus
Schuldnerberatung, Sozialer Arbeit und
sozialem Wohnungsbau. In Wien begann
Frauen, die tendenziell versuchen, ihre
Wohnungslosigkeit zu verbergen. Sie
bleiben eher in gewaltvollen Beziehun-
gen, um das Leben auf der Straße zu
meiden. Wir nennen das eine verdeckte
Wohnungslosigkeit, weil die Notsituati-
on auf den ersten Blick nicht erkennbar
ist. Die genaue Zahl der Wohnungslosen
in Deutschland ist nicht bekannt. Nach
Schätzungen der Bundesarbeitsgemein-
schaft Wohnungslosenhilfe e. V. sind
derzeit rund 678.000 Menschen woh-
nungslos und in Einrichtungen wie Asyl-
unterkünften oder Frauenhäusern unter-
gebracht. Rund 41.000 sollen komplett
obdachlos sein.
Welche Auswirkungen hat die Wohnungs-
losigkeit auf Menschen?
Ohne eine Wohnung geht in erster Li-
nie der eigene Status als Teilnehmerin
oder Teilnehmer auf dem Wohnungs-
markt verloren, wodurch die Aussicht
auf eine neue Wohnung verschwindend
gering ist. So wie der Wohnungsmarkt
derzeit gesellschaftlich konstruiert ist,
haben Wohnungslose schlichtweg keine
sogenannte „Marktfähigkeit“ mehr. Ih-
nen fehlen die auf diesem Markt erfor-
derlichen Nachweise, wie regelmäßiges
Einkommen, Bonität oder eine private
Meldeadresse. Daher kommt es zum
Ausschluss vom Wohnungsmarkt. Zu-
dem bedeutet der Verlust der eigenen
vier Wände auch gleichzeitig den Verlust
von Sicherheit, Schutz und Privatsphäre
– eigentlich Grundbedürfnisse für jeden.
Die Wohnungslosen können nicht mehr
Mensch sein.
Welche Maßnahmen gibt es, um Men-
schen vor der Wohnungslosigkeit zu be-
wahren?
Es existieren viele Hilfsangebote, wenn
die Wohnungslosigkeit bereits eingetre-
ten ist, wie Essens- und Kleidungsausga-
ben oder die medizinische Versorgung.
Das Grundproblem bleibt meines Erach-
Forschungsnetzwerk Wohnungslosigkeit
Im Oktober 2021 wurde das interdisziplinäre Forschungsnetzwerk Wohnungslosigkeit
gegründet. Es steht Forschenden offen, die zu den Themenfeldern Obdachlosigkeit,
Wohnungslosigkeit, ungesichertes Wohnen und unzureichendes Wohnen wissen-
schaftlich arbeiten und sich austauschen möchten. Über eine Mailingliste können
inhaltliche und methodische Fragen, thematisch einschlägige Diskussionsbeiträge,
aber auch Hinweise auf Publikationen, Calls for Papers, Tagungsankündigungen, Aus-
schreibungen, Förderprogramme, Stipendien oder Stellenanzeigen verschickt werden.
Zudem ndet monatlich ein Kolloquium statt:
https://www.listserv.dfn.de/sympa/info/forschung_wohnungslosigkeit
Das Angebot für Wohnungslose in Nürnberg ist breit aufgestellt,
es gibt Wärmestuben, Straßenambulanzen, Sozialwohnungen und Notunterkünfte.
Demograscher Wandel
OHM-Journal 2021/02 79
im Dialog mit Betroffenen zunächst in
Frage kommende Leistungen identizie-
ren und anschließend dabei helfen, die
erforderlichen Formulare, wie beispiels-
weise den Arbeitslosengeldantrag, kor-
rekt auszufüllen und nötige Nachweise
vorzubereiten. Die „Denkfabrik Digitale
Arbeitsgesellschaft“ im Bundesministe-
rium für Arbeit und Soziales hat die Idee
bereits im Rahmen der „Civic Innovation
Platform (CIP)“ ausgezeichnet und wir
möchten sie bald umsetzen.
Gibt es ein „Vorzeigeland“ im Umgang mit
Wohnungslosigkeit?
Finnland ist im Bereich der Wohnungslo-
der Ausbau des sozialen Wohnungsbaus
bereits nach dem ersten Weltkrieg und
unser Kooperationspartner „Wiener
Wohnen“ gilt mit seinen 220.000 Ge-
meindewohnungen als größte kommu-
nale Hausverwaltung Europas. Wien
setzt auf eine frühzeitige Hilfe. „Wie-
ner Wohnen“ hat beispielsweise extra
Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter
angestellt, die diese Hilfe anbieten und
zur Beratung in die Wohnung der Be-
troffenen kommen. Es gibt auch die so-
genannten „Chancenhäuser“, in denen
Menschen ohne Wohnung bis zu drei
Monate bleiben können und zusammen
mit Fachkräften eine langfristige Strate-
gie für die eigene Zukunft entwickeln.
Wie ist die aktuelle Situation in Nürn-
berg? Welche Maßnahmen gibt es hier,
welche weiteren Maßnahmen wären
Ihrer Meinung nach sinnvoll?
Das Angebot in Nürnberg ist breit auf-
gestellt. Es gibt Wärmestuben, Stra-
ßenambulanzen, Sozialwohnungen und
Notunterkünfte. Das Problem bei diesen
Angeboten ist, dass die Wohnungslosen
oft nur nachts bleiben dürfen und den
Tag auf der Straße verbringen müssen.
Der soziale Wohnungsbau in Nürnberg
hatte nie einen vergleichbaren Stellen-
wert wie in Wien und ist stark rückläug.
Es gibt viele Maßnahmen, die sinnvoll
sein können. Wir von der TH Nürnberg
möchten durch verschiedene Projekte
dabei helfen, die Situation von Woh-
nungslosen zu verbessern, vor allem
durch technische Möglichkeiten. Im
Projekt „SIWo – Smart Inklusion für
Wohnungslose“ entwickeln wir Ladesta-
tionen für Smartphones mit WLAN, die
die Wohnungslosen kostenlos nutzen
können. Zudem evaluieren wir, welche
Unterstützung die Betroffenen brauchen
und bieten ihnen digitale Lösungen. Eine
Projektidee, die wir gemeinsam mit der
Fakultät Informatik entwickelt haben,
ist „INA – Intelligente Ausfüllhilfe für
Formulare in der Wohnungslosenhil-
fe“. Das soll eine virtuelle, diskrete und
intelligente Assistentin für Menschen
ohne eigene Wohnung werden. Sie soll
Intelligente Ausfüllhilfe für Formulare in der Wohnungslosenhilfe (INA)
„INA“ soll als virtuelle, diskrete und intelligente Assistentin für Sozialarbeiterinnen und -arbeiter im Dialog mit wohnungslosen
Menschen zunächst die in Frage kommenden Leistungen identizieren und anschließend erforderliche Formulare korrekt ausfüllen.
Laufzeit: 2021
Beteiligte: Fakultät Sozialwissenschaften, Fakultät Informatik
Förderung: Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Lebenskunst
Bei „Lebenskunst“ werden Begegnungsräume geschaffen, in denen studierende und wohnungslose junge Erwachsene kreativ sein
und auf diese Weise die Lebenswelt der anderen erkunden können. Das musikalische und künstlerische Miteinander soll Prozesse des
gegenseitigen Verstehens ermöglichen und Vorurteile abbauen.
Laufzeit: April 2019 – März 2022
Beteiligte: Fakultät Sozialwissenschaften, Hochschule für Musik Nürnberg
Förderung: LEONARDO – Zentrum für Kreativität und Innovation
In Wien begann der Ausbau des sozialen Wohnungsbaus bereits nach dem ersten Weltkrieg.
Demograscher Wandel
OHM-Journal 2021/02
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Warum ist es so wichtig, auch im sozi-
alwissenschaftlichen Bereich zu forschen
und gerade zu dem Thema Wohnungslo-
sigkeit Studien zu erheben?
Sozialwissenschaftliche Forschung ist
wichtig, um gesellschaftliche Verhält-
nisse und Strukturen zu verstehen. Wir
müssen verstehen, wie die Gesellschaft
funktioniert, bevor wir sie verändern
können. Die Wohnungslosigkeit ist oft
mit einem Stigma behaftet. Um die Pers-
pektiven der Wohnungslosen zu verbes-
sern, müssen wir nachvollziehen kön-
nen, was sie bewegt, wie sie überhaupt
in diese Situation geraten konnten und
welche Hilfe sie benötigen.
An der TH Nürnberg führen wir des-
halb das Projekt „Lebenskunst“ durch,
in dem Studierende mit gleichaltrigen
Wohnungslosen zusammenkommen. Ge-
meinsam können sie hier kreativ sein,
musizieren, kochen oder sich auch im
Kung Fu ausprobieren. Es hat sich ge-
zeigt, dass der Prozess des gegenseitigen
Verstehens Zeit braucht. Erst, als bei den
Teilnehmenden die Labels „Studierende
und „Wohnungslose“ weggefallen sind,
konnten sie sich darauf einlassen, dass
jede und jeder seine eigene Biograe hat
und Gemeinsamkeiten entdecken. Dafür
sind Offenheit, Empathie und Neugierde
nötig sowie die Bereitschaft, die Welt
mit den Augen des anderen zu sehen.
Die sozialwissenschaftliche Forschung
stellt Wissen zur Verfügung und klärt
über Missstände auf. Wohnungslosigkeit
ist in aller erster Linie ein strukturel-
les Problem und damit gesellschaftlich
hergestellt, infolgedessen ist es auch
durch unsere Gesellschaft veränderbar
und lösbar. Wir müssen hierzu jedoch
nicht am Individuum ansetzen, sondern
an den Strukturen: Es bedarf also einer
Veränderung des Wohnraumangebots
und des Wohnungsmarktes. An der TH
Nürnberg möchten wir, ausgehend von
den Bedarfen der Menschen ohne eigene
Wohnung, soziale und technische Inno-
vationen und Künstliche Intelligenz ein-
setzen, um zu erreichen, dass betroffene
Menschen wieder in eine eigene Woh-
nung gelangen.
senhilfe sehr gut aufgestellt. Die Regie-
rung verfolgt den Ansatz „Housing First“,
bei dem die Betroffenen bei einem Woh-
nungsverlust sofort und bedingungslos
eine neue Mietwohnung sowie – falls
gewünscht – Unterstützung von Sozial-
arbeiterinnen und Sozialarbeitern erhal-
ten. Im Idealfall sollten sich die neuen
Mietwohnungen auf alle Wohnviertel
der Stadt verteilen, wodurch ehemals
wohnungslose Menschen in bunten, be-
reichernden Nachbarschaften leben. Das
Problem ist, dass „Housing First“ sehr
kostenintensiv ist und viele Wohnungen
gebraucht werden. In Deutschland ist die
Wohnungslosenhilfe kommunal struktu-
riert, wodurch oft kein Geld für solche
Ansätze da ist, obgleich Ansätze in Düs-
seldorf und Berlin existieren. Dennoch
würde es hier eine nationale Anstren-
gung benötigen.
Wie hat sich die Corona-Pandemie auf
wohnungslose Menschen ausgewirkt?
Während der Corona-Pandemie konnte
man überall die Kampagne „Wir bleiben
zuhause“ lesen. Aber was ist, wenn man
kein Zuhause hat? Obdachlose Menschen
mussten weiter in der Öffentlichkeit
bleiben, weshalb es oft zu Konikten mit
der Polizei gekommen ist. Durch die feh-
lenden Freizeitangebote kam es auch in
den Wohnheimen zu vermehrter Lange-
weile und dadurch zu mehr psychischen
Erkrankungen, Depressionen und auch
Alkoholsucht. Durch die permanente
Anwesenheit aller Bewohnerinnen und
Bewohner auf engstem Raum und ohne
wirkliche Privatsphäre nahm auch die
Gewaltbereitschaft und natürlich das Co-
rona-Infektionsrisiko zu. Auch die Woh-
nungslosen, die ihre Situation bisher
durch Couchsurng einigermaßen gut
bewältigt hatten, standen vor Schwierig-
keiten. Denn durch die Ein-Haushalt-Re-
gel konnten sie nicht mehr bei Freunden
übernachten und mussten sich in Notun-
terkünften als Wohnungslose zu erken-
nen geben.
Um herauszunden, wie sehr die Pan-
demie gerade junge wohnungslose Men-
schen und die unterstützenden Einrich-
tungen der Sozialen Arbeit beeinusst,
haben wir mit Kolleginnen und Kollegen
aus Dänemark und Großbritannien das
internationale Projekt „Vulnerable Youth
in Changing Risk Environments“ gestar-
tet. Das Ziel ist es, durch Fallstudien in
drei Ländern die Erfahrungen von jun-
gen wohnungslosen Menschen und Or-
ganisationen der Wohnungslosenhilfe
in einem breiten Wohlfahrts- und Poli-
tikkontext einzuordnen, internationale
Vergleiche zu ziehen und Empfehlungen
für die Politik und Praxis zu entwickeln.
»
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Demograscher Wandel
OHM-Journal 2021/02 81
Securing Housing. Wohnen, Wohnraumverluste und Wohnungslosigkeit in Nürnberg und Wien
Im Projekt werden die biograschen Lagen, Deutungen und Praktiken von Individuen (Mikroebene), Konzepte, Maßnahmen und
Unterstützungsangebote durch professionelle Organisationen und Institutionen (Mesoebene) sowie die städtischen Diskurse über
Wohnen, Wohnraumverlust und Wohnungslosigkeit (Makroebene) untersucht, um Faktoren zu identizieren, die Wohnraumverlust
sowie Wohnungslosigkeit verhindern und somit Wohnraum sichern.
Laufzeit: Juli 2021 – Juni 2024
Beteiligte: Fakultät Sozialwissenschaften
Förderung: Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst
Smart Inklusion für Wohnungslose (SIWo)
„SIWo“ widmet sich der Fragestellung, welche Informations-, Unterstützungs- und Beratungsbedarfe bei wohnungslosen Menschen
vorliegen und in welcher Form sich die Teilhabechancen für die heterogene Zielgruppe wohnungsloser oder von Wohnungsnot be-
troffener Menschen mit Hilfe digitaler Unterstützungs- und Beratungsangeboten verbessern lassen.
Laufzeit: August 2019 – Juli 2022
Beteiligte: Fakultät Sozialwissenschaften, Fakultät Informatik, Nuremberg Campus of Technology, Institut für E-Beratung,
Kompetenzzentrum Usability Engineering Center
Förderung: Bundesministerium für Bildung und Forschung
Vulnerable Youth in Changing Risk Environments:
Figurations of Urban Youth Homelessness in Germany, Denmark and the UK
Anhand von drei internationalen Fallstudien wird das Verständnis dafür verbessert, wie die COVID-19-Pandemie die Risiken und die
zugänglichen wohlfahrtsstaatlichen Ressourcen für junge Menschen mit Wohnungslosigkeitserfahrung prägen.
Laufzeit: Mai 2021 – Juli 2022
Beteiligte:
Fakultät Sozialwissenschaften, University College Copenhagen (Dänemark), University of Central Lancashire (Großbritannien)
Förderung: VolkswagenStiftung
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