Schulische Inklusion als Phänomen – Phänomene schulischer Inklusion. Fachdidaktische Spezifika und Eigenlogiken schulischer Inklusion
Abstract
Das Buch liefert einen Einblick in fachbezogene Inklusionsdiskurse in nahezu jeder Fachdidaktik. Zudem werden für die jeweiligen Fachdidaktiken „typische“ Phänomene schulischer Inklusion herausgearbeitet und beispielhaft illustriert. Im Durchgang durch die unterschiedlichen fachdidaktischen „Aneignungsformen“ des bildungspolitischen Impulses der UN-BRK zur Institutionalisierung eines inklusiven Schulsystems zeigt sich, dass die disziplinären Eigenlogiken der Fächer durchaus wirksam sind, zugleich aber vielfältige schulpraktische Lösungen angeboten werden. So bietet das Buch insgesamt eine Synopse des fächerspezifischen Inklusionsdiskurses als Antwort auf die governanceanalytische Frage: „Was implementiert sich da eigentlich?“
Die Herausgeber*innen
Dr. Michael Braksiek ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fach Sportwissenschaft an der Universität Vechta.
Prof. Dr. Bernd Gröben ist Professor für Sportwissenschaft an der Universität Bielefeld.
Dr. Kinga Golus ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fach Philosophie an der Universität Bielefeld.
Prof. Dr. Martin Heinrich ist Professor für Schulentwicklung und Schulforschung und Leiter der Wissenschaftlichen Einrichtung Oberstufen-Kolleg an der Universität Bielefeld.
Dr. Peter Schildhauer ist Akademischer Rat im Fachbereich ‚Teaching English as a Foreign Language‘ an der Universität Bielefeld.
Dr. Lilian Streblow ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Bielefeld School of Education an der Universität Bielefeld.
Der Band führt erziehungswissenschaftliche und fachdidaktische Beiträge zusammen, die sich auf der Basis von Videomaterial mit der Praxis inklusiven Unterrichts befassen. Ziel ist es, Potentiale videographischer Erforschung von inklusivem Unterricht auszuloten und einen Überblick über aktuelle Themen, Fragestellungen sowie forschungsmethod(olog)ische Zugänge zu geben. Dabei zeigt sich, dass die Herangehensweisen an das Videomaterial vielfältig sind und von Analysen, die dicht an Beschreibungen des fließenden Bildmaterials ansetzen und neben sprachlichen Bezügen auch die materiell-leibliche Dimension des unterrichtlichen Geschehens einbeziehen, bis hin zu Ansätzen reichen, in denen das Videomaterial eher zur Absicherung der an schriftsprachlichen Protokollen gebildeten Interpretationen herangezogen wird. (DIPF/Orig.)
Overcoming participation barriers of students with disabilities in physical education is
of great importance and an internationally recognized goal. Research highlights that students with disabilities have mixed feelings about their inclusion experiences in physical education. Physical education teachers often do not feel prepared to appropriately support all students. In German-speaking countries in particular, there is a strong tradition of segregation, with varying interpretations of inclusion. In this light, an instrument to reliably assess the inclusive potential of physical education is needed, thereby providing data on the efficacy of teachers’ practices. Such an assessment scale
would be important to identify barriers to inclusive physical education while providing teachers with data that could potentially enhance the learning environment. The purpose of this study was to outline initial insights into the cross-cultural translation process of the Lieberman/Brian Inclusion Rating Scale for PE in German-speaking countries. The translation process followed suggestions for transcultural validation. Expert review was provided to check content and face validity. Major item challenges centered around paraeducators, gym management, and conceptual differences regarding physical education.
Die Biologie als Unterrichtsfach bietet u. a. mit ihrer praktischen und lebensweltbezogenen Ausrichtung günstige Voraussetzungen für eine
breite Begabungsförderung. Dennoch wird in der Biologiedidaktik meist ein enges
Verständnis von Begabung zugrunde gelegt. Im folgenden Beitrag sollen deshalb Möglichkeiten und Herausforderungen inklusiver Begabungsförderung für den Biologieunterricht aufgezeigt werden.
Guter inklusiver Biologieunterricht verfolgt die Zielsetzung, die Diversität der Lernenden umfassend zu berücksichtigen und kompetenzorientiert zwischen Fachlichkeit und Subjektivität zu vermitteln. Fachdidaktische Ansätze zur Erfüllung dieser Forderungen müssen noch durch die Verknüpfung von inklusionspädagogischen Ansätzen und fachbezogenen Theorien ausgearbeitet werden. Im hier unterbreiteten Vorschlag wird das Modell der didaktischen Rekonstruktion in seiner Reichweite vom Konzeptlernen auf alle vier Kompetenzbereiche der Bildungsstandards und von den Lernendenvorstellungen auf sämtliche Diversitätsdimensionen erweitert. Dadurch können diversitätssensibler kompetenzorientierter Biologieunterricht geplant sowie fachliche Ansprüche und individuelle Lernendenbedürfnisse gleichermaßen berücksichtigt werden.
This article has three objectives. It summarises foreign language teaching research in Germany from 2009 to 2020 in the field of inclusion before evaluating it with regard to its implications for the design of inclusive foreign language teaching. Finally, it concludes by
identifying further research desiderata. While the potential of foreign language teaching for inclusive and participatory educational processes is often presented in a positivistic way in theoretical works, the challenges of methodological design, (multi-)professional work of teachers and organisational constraints are often reported in empirical contributions to thwart effective implementation. This empirical research, moreover, reveals small case numbers, limited numbers of intervention or reconstructive studies, and rarely describes complex research designs. To date, neither the possibilities of individual, competence-, learning-, and talent-oriented assessment instruments, nor digital media or the use of textbooks and teaching materials have been comprehensively researched.
Lesen ist als ein Sprachhandeln konzeptionalisiert, wobei Lesevorgänge stimmlich oder gestisch mitgestaltet werden. Der Beitrag geht dem Lesen als Sprach- und körperliches Handeln in drei Teilen nach: In einem ersten Teil wird die Präsenz des Körpers beim Lesen – insbesondere im 18. Jh. – und sein allmähliches Entschwinden als kulturgeschichtliche Veränderung der Lesepraxis kurz aufgezeigt – dies im Gegensatz zu den Berichten jugendlicher Leserinnen und Leser über ihre körperlichen Reaktionen im Verlauf der Lektüren. In einem zweiten Teil werden lesepsychologische Erklärungen mit Bezug auf die embodiment-Annahme in der anglosächsisch geprägten Kognitionspsychologie diskutiert, die den Zusammenhang von kognitiven Vorgängen, Identifikationen mit dem Gelesenen und körperlicher Reaktion sowie deren Bedeutung für das Texterstehen aufzeigen. Ein letzter Teil geht auf den handlungs- und produktionsorientierten Leseunterricht ein, der u.a. auf die Aktivierung von Stimme und Körper ausgerichtet ist. Seine Akzeptanz bei Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern ist empirisch noch eher spärlich nachgewiesen und bezüglich seiner Wirkungen können erst einmal Forschungsdesiderate formuliert werden.
Der Beitrag begründet Sprachsensiblen Geschichtsunterricht als Prinzip historischen Lehrens und Lernens und als Voraussetzung für den Umgang mit Heterogenität.
Biologische Unterrichtstexte können insbesondere für Schüler/-innen mit Migrationshintergrund einige Sprachbarrieren ent-halten, die zu einem geringeren Verständnis der Fachinhalte beitragen können. Parallel zu diesem Umstand erfährt die Leichte Sprache in der Gesellschaft zunehmend an Präsenz. Diese soll Sprachbarrieren in der Gesellschaft senken, wurde jedoch bisher kaum im schulischen Bereich untersucht. Da einige Primäradressaten/-innen der Leichten Sprache im Schulbereich zu finden sind und diese häufig mit den möglichen Sprachbarrieren biologischer Unterrichtstexte konfrontiert werden, beschäftigt sich die Studie mit dem Einsatz der Leichten Sprache im Biologieunterricht. Im Rahmen der vorliegenden Studie konnten mittels Unterrichtsbeobachtungen und anschließender Interviews erste Erkenntnisse darüber gesammelt werden, wie Schüler/-innen einer Oberschule im neunten Jahrgang den Einsatz der Leichten Sprache einschätzen und wie diese sich bei der Wahl zwischen standardsprachlichen Schulbuchtexten und Texten in Leichter Sprache entscheiden würden. Dabei erwiesen sich die Texte in Leichter Sprache als eine geeignete Alternative zu den standardsprachlichen Biologietexten, da die Mehrheit der Schüler/-innen sich für diese Textvariante entschied. Im Rahmen der Interviewbefragung wurden vor allem die Aspekte der Kompaktheit sowie der Zugänglichkeit von Texten in Leichter Sprache als positiv ermittelt.
Biological texts in educational settings may pose several linguistic barriers especially for students with a migration background. On the other hand, the concept of plain language (Leichte Sprache) is becoming increasingly present and prominent in German society. Leichte Sprache is supposed to lower linguistic barriers in society but has not been evaluated in the school context yet. Since there can be found numerous addressees of Leichte Sprache in the school context, who may be confronted with linguistic barriers of biological texts, the study presented here deals with the implementation of Leichte Sprache in biology lessons. By means of observations and interviews first insights are given about how grade nine students at a middle school rate the imple-mentation of Leichte Sprache in Biology teaching material and how they decide when having the choice between texts in standard language or Leichte Sprache. It has been found out that texts in Leichte Sprache were accepted as an alternative to the standard biological texts as the majority of the students observed chose this linguistic variant. In the interviews students rated characteristics like compactness and accessibility of the texts in Leichte Sprache positively.
Full text: https://zdb.uni-bielefeld.de/index.php/zdb/article/view/1990
In this working paper we introduce the Framework for Inclusive Science Education. For the data collection, we applied a systematic literature review. In the process, n=297 titles were generated, which empirically or theoretically address the issue of inclusive science education. The sample was analysed both qualitatively and quantitatively. In a qualitative analysis, categories that combine characteristics of science education with an inclusive implementation were inductively derived. In total, n=935 categories on different abstraction levels were derived, which represent the framework. N=16 main categories were identified, which display the characteristics of science education to be combined with inclusive pedagogies. For the quantitative analysis of the sample and the framework, descriptive statistics were performed and differences between sub-samples analysed. Over the last ten years, a significant increase in publications has been observed. Moreover, there is a minor representation in titles relating to pre- and in-service teachers working in inclusive science education. Overall, in this paper we present not only the framework itself, but also give recommendations for the application of the framework.
Im Zuge der Etablierung des »New Materialism« wird die Bedeutung von Objekten für menschliche Gesellschaften neu verhandelt. Welches Potenzial dieser Neue Materialismus für Geschichtswissenschaft und Geschichtsdidaktik hat, ist bisher nur ansatzweise ausgelotet worden, doch es scheint vielversprechend: Wenn Sachquellen nicht als passive Überreste gedeutet werden, sondern auch als Akteure der Gegenwart, wenn sie gesichertes Wissen über die Vergangenheit ermöglichen, dann sind sie in besonderem Maße geeignet, historisches Lernen zu fördern. Oder sind gegenständliche Objekte der interpretativen Willkür genauso ausgeliefert wie jede andere Quelle?
During the last decades digitalization has proceeded rapidly and various digital teaching and learning tools are available nowadays. One for science education typical and theoretically well described application are simulations. While previous research focused on design features and/or learning effects of the use of simulations, up to now little is known about the extent to which simulations are actually used in science classes. In this study the use of simulations in science education is analyzed as well as (design) features which are important for teachers when choosing a simulation. 76 teachers were surveyed through a (online) questionnaire. 61% of the asked teachers use simulations in their lessons, independent of their age, teaching experience and number of science lessons per week. Significant differences occurred depending on the sex of the teachers, school type and subject. When choosing simulations, teachers use a limited number of known online providers. The most important (design) features are scientific correctness, use of scientific language, free availability, clear visual design which is similar to everyday-life, and matching technical resources. Of minor importance are features which consider the diversity of the learning group.
In the last decades, subject-matter education (Fachdidaktik) has been addressing the idea of inclusion rather incidentally. Although inclusive teaching and learning became more and more prominent in research and practice, a theoretical scheme combining inclusive pedagogy with respective subject-specific characteristics is still missing. This article by members of NinU ("Netzwerk inklusiver naturwissenschaftlicher Unterricht"/"Network Inclusive Science Education") focuses on this challenge with science as an exemplary subject. To systematically combine the two perspectives, the article presents selected and significant characteristics of inclusive pedagogy and science education, before a scheme is suggested adjoining the two perspectives. NinU itself, as well as the presented scheme, can serve as a successful example of cooperation beyond disciplinary boundaries. Educators of other subjects are invited to identify significant aspects of their own subject that could be brought together with inclusive pedagogy in the same manner.
Inklusion ist die Aufgabe aller Lehrkräfte. Eine inklusionsdidaktische Lehrveranstaltung begünstigt, basierend auf Forschungsergebnissen und im Hinblick auf die Herausforderungen der schulischen Praxis, die professionelle Handlungskompetenz angehender Lehrkräfte. Das Lehrkonzept berücksichtigt die bisher wenig beforschte Inklusion am Gymnasium mit einer inklusionsdidaktischen Lehrveranstaltung für Masterstudierende des gymnasialen Lehramts im Fach Biologie. Im Lehrkonzept werden die beiden Querschnittsthemen Inklusion und Digitalisierung verknüpft und damit die Professionalisierung gefördert. Ziel ist die Kompetenzförderung Studierender, inklusiv unter dem Einsatz digitaler Medien zu unterrichten und ihre Einstellung und Selbstwirksamkeitserwartung im inklusiven Kontext zu steigern.
Durch die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (United Nations 2006, Artikel 24) hat sich Deutschland verpflichtet »Bildung für alle« (UNESCO 2015) im deutschen Schulsystem möglich zu machen. In der Lehrer*innenbildung stellen sich zwei Herausforderungen für die Fachdidaktiken: Erstens ist der Schulunterricht in verschiedene Fächer aufgegliedert, die jeweils eigene Fachinhalte aufweisen. Diese Inhalte müssen entlang fachdidaktischer Prinzipien inklusiv aufbereitet werden. Zweitens steigt die Komplexität der Fachinhalte vom Übergang der Grundschule in die Sekundarstufe deutlich an, sodass es für Lehrkräfte immer schwieriger wird, auf heterogene Lernvoraussetzungen angemessen einzugehen (Musenberg und Riegert 2015, 5). Die Professionalisierung von Lehrkräften muss gezielt auf diese Herausforderungen reagieren und Lehramtsstudierende nachhaltig auf ihr Tätigkeitsfeld vorbereiten. Wie diese Professionalisierung von Lehramtsstudierenden in Forschung und Lehre umgesetzt werden kann, wird exemplarisch an einem Projektseminar zum inklusiven naturwissenschaftlichen Unterricht vorgestellt. Das BMBF Projekt »Nawi-In« vereint Forschung und Lehre, indem es die Kompetenzentwicklung Studierender im Projektseminar beforscht. Dies wird durch videobasierte Kompetenzforschung begleitet (Riegel 2013).
ABSTRACT
Background: Over the last few years there has been a surge in the number of recently immigrated students to Germany. Schools often educate these students in separate language learning classes to facilitate integration, as immediate integration can be perceived as frustrating, boring and associated with language-use anxiety.
Purpose: Using short-term science modules as an intervention method can possibly circumvent several negative emotions such as frustration, boredom, and language-use anxiety, as well as encourage scientific interest.
Sample/setting: Students enrolled in nine preparation classes at seven different secondary schools in Germany (N=137, mean age = 13.9 years) participated in a module lasting three to four days.
Design and methods: To provide a range of topics, three modules in zoology, botany and electricity were offered. Each module could be chosen by each participating school and taught using the content and language learning (CLIL) concept combined with an action-oriented approach. A pre-post-design surveyed student perspectives with questionnaires before and after the module.
Results: After the module, we observed a significant decrease in boredom and language-use anxiety in the regular class, and a comparable trend was seen in frustration and perceived language barriers. However, we saw a significant increase in scientific interest.
Conclusions/Implications for classroom practice and future research: Content learning should be used in language preparation classes to ease the integration process for recently immigrated students. In particular, modules provide the opportunity for students to experience both the subject-specific content and language level necessary to participate in regular classes. These modules are easy to implement, as schools do not have to reorganize their preparation classes. Future research should examine differences in language level and knowledge gain, as well as add positive constructs such as “joy” to better grasp how international student perceive their regular classes.
The use of ICT in science education offers many opportunities to promote students’ learning and experimenting comprehensively. Considering that, it is important not simply to replace traditional media, but to explicitly identify the added value of ICT tools for students and teachers. Especially alternative forms of documenting experiments, particularly video documentation, provide both the possibility to diagnose students’ individual learning conditions, abilities and difficulties as well as the opportunity to cope with students’ cognitive and epistemological conceptions adequately. Apart from the school context, extracurricular activities (informal learning-settings, like out-of-school lab-days) can be used to explore the potential of video documentations. The following paper presents the use of video documentation as an ICT learning and diagnostic tool in the out-of-school lab “ELKE”. Based on a qualitative examination, the video documentations give insight into students’ professional and formal strengths and weaknesses - an added value that a traditional experiment protocol is not able to provide in this way.
Keywords: ICT, video documentation of experiments, out-of-school lab days, diagnostic tool
Recent studies emphasize a positive impact of learning with augmented reality (AR) systems in various instructional scenarios. Especially combining real and virtual learning components according to spatial and temporal contiguity principles is claimed to foster learning and to reduce extraneous cognitive processing. We applied these principles to a physics laboratory experiment examining heat conduction where students measure the temperature along heated metal rods via a thermal imaging camera. However, the traditional setup leads to a time delay between measuring and receiving data, and spatially separates relevant visualizations causing resource-consuming search processes. Using see-through smartglasses, traditional displays were transformed into virtual representations which were anchored to corresponding objects of the experimental setup, resulting in an integrated AR view of real-time data. Both traditional and AR-assisted workflows of data collection were investigated in a field study with undergraduate students (n=74) during a graded laboratory course. Performance and cognitive load were assessed as dependent variables. Although the AR condition did not show a learning gain in a conceptual knowledge test, they nonetheless reported a significant lower extraneous cognitive load than the traditional condition. These results contrast with recent findings on AR and integrated formats but reveal a significant impact on cognitive load research.
Zusammenfassung
Die Sprache ist im Zusammenhang des Mathematiklernens nicht erst in Leistungs-, sondern ganz wesentlich schon für die soziale Verständigung und die individuelle Bedeutungskonstruktion in Lernsituationen von Bedeutung. Im vorliegenden Beitrag werden Ergebnisse aus einer qualitativ-interpretativen Studie zum mündlichen Beschreiben von Materialhandlungen vorgestellt. Die zugrunde liegenden Daten stammen aus universitären Fördersituationen mit rechenschwachen Kindern, in denen anhand von Handlungen am Hunderter-Rechenrahmen die Strategie des Teilschrittverfahrens für den Aufgabentyp ZE ±E im Zahlenraum bis 100 zielgerichtet erarbeitet wird. Dabei werden die Kinder aufgefordert, ihr Materialhandeln zu beschreiben. Als Ergebnis der Studie zeigt sich, dass es dabei das Beschreiben gar nicht gibt. Vielmehr konnten drei Praktiken des Beschreibens unterschieden werden, die in der interaktionalen Erarbeitung des Teilschrittverfahrens unterschiedliche Funktionen erfüllen und im vorliegenden Beitrag anhand von Analysebeispielen vorgestellt werden: In den Fördersituationen wird mit Beschreibungen die Materialhandlung gesteuert und zielgerichtet ausgestaltet, das Charakteristische des Teilschrittverfahrens fokussiert und schließlich das Beschreiben selbst verdichtet.
Der Beitrag befasst sich mit einer Seminarsitzung aus dem Vorbereitungsseminar für das Praxissemester der Fachdidaktik Biologie zum sprachsensiblen Fachunterricht. Im Beitrag wird die Wichtigkeit der Förderung von Sprache in jedem Fachunterricht dargestellt und die Methode des Perspektivwechsels erläutert. Im Anschluss findet die Darstellung der Seminarsitzung statt, die sich am ESRIA-Prinzip orientiert und dadurch den Perspektivwechsel bei den Studierenden einleitet. Dies geschieht vor allem durch ein norwegisches Arbeitsblatt aus dem Biologieunterricht und soll bei den Studierenden ein besseres Verständnis für Zweitsprachlernende und ihre Hürden im Fachunterricht hervorrufen. Gemeinsam wird reflektiert, welche Ressourcen helfen, um auch mit geringen (oder gar keinen) Sprachkenntnissen am Fachunterricht teilnehmen zu können. Darüber hinaus werden Modifikationen am Arbeitsblatt vorgenommen, sodass die Bewältigung des Arbeitsblattes erfolgreicher gelingen kann. Ziel der Seminarsitzung ist es, die Studierenden für den Fachunterricht in einer Fremd- bzw. Zweitsprache zu sensibilisieren und mit ihnen hilfreiche Strukturen für die Durchführung von sprachsensiblem Fachunterricht zu erarbeiten.
As several countries have committed themselves to the promotion of inclusive school systems, teachers might feel overwhelmed by the additional competencies needed for inclusive teaching. Beyond an increase in specialised knowledge, these competencies include a coherent belief system to facilitate the adoption of inclusive practices. Currently, there is scarce knowledge concerning the foundation of teachers’ beliefs and values and the possible connections between these personality traits and inclusive practices. Based on the theory of cognitive hierarchy, we investigated the predictive ability of the value of universalism in shaping sentiments, attitudes and concerns about inclusive education (RQ1), as well as their links to the anticipated enjoyment of teaching in inclusive settings as an indicator of enthusiasm for teaching (RQ2). Within a sample of 229 biology pre‐service teachers (Mage = 22.9 years, SDage = 3.5 years; 76% female, 68% bachelor) we found universalism to be a direct predictor of sentiments, attitudes and concerns regarding inclusive education. Furthermore, universalism was the strongest predictor of anticipated enjoyment of teaching in inclusive settings, while only sentiments about inclusive education were not predictive for enjoyment. The study illustrates how deeper underlying values like universalism is connected to beliefs about inclusive education and subsequent motivations in the classroom. When teacher educators intend to motivate pre‐service teachers to teach in inclusive settings, these variables should be kept in mind, though further study must be done on the generalisability of the results for pre‐service teachers of other school subjects.
Heterogenität im Klassenzimmer ist Alltag und eine Herausforderung. Auch Englischlehrkräfte sind aufgefordert, dies mit speziell zugeschnittenen Lernarrangements zu berücksichtigen. Maria Eisenmann führt daher nicht nur in die Theorien von Heterogenität, Differenzierung und Inklusion ein, sondern stellt individualisierende Methoden und Lernstrategien für die Praxis des Unterrichts vor.
Ausgehend von einer kurzen Einordnung der Ansprüche einer Pädagogik, die digitalen wie inklusiven Bildungs- anforderungen gerecht werden will, wird im Folgenden der Versuch unternommen, Bedingungen und Merkma- le eines diklusiven (digital-inklusiven) Unterrichts her- auszuarbeiten. Die Grundlage dafür bilden bestehende Konzepte zur inklusiven sowie digitalen Bildung.
Subjektorientierte Filmbildung beschränkt sich nicht auf die Vermittlung von "Filmlesefähigkeit" im Sinne einer audiovisuellen Bildung („Filmsprache“, Filmanalyse), sondern beinhaltet darüber hinaus persönlichkeitsbildende Momente. Sie knüpft am Filmerleben, am filmbezogenen Erfahrungshintergrund der Individuen an, schafft Räume für das Entdecken und Vertiefen eigener Stärken und Interessen und ermöglicht verschiedene, jeweils adäquate Lernwege. Im Spannungsfeld von audiovisueller Bildung und Persönlichkeitsbildung wird in diesem Band ein subjektorientiertes Filmbildungskonzept für die Hauptschule (Sekundarstufe I) entwickelt, das aktiv-produktive Ansätze mit rezeptiver Filmarbeit verbindet und zwischen den Polen Film"erziehung" (Medium Film als Lerngegenstand) und Film"didaktik" (Film als Medium zur Unterstützung von inhaltsbezogenen Lernprozessen) vermittelt. Aus interdisziplinärer Perspektive werden Überlegungen zur Filmbildung in der Deutschdidaktik, der audiovisuellen Bildung in der Medienpädagogik sowie Beiträge aus der Filmästhetik und Filmtheorie integriert und reflektiert.
Jeder Mensch ist begabt. Jeder Mensch hat unterschiedliche Begabungspotentiale. Jeder Mensch hat das Recht auf volle Entfaltung seiner Begabungen. Diese Perspektive soll im folgenden Kapitel eingenommen, aber auch kritisch auf die Umsetzungsmöglichkeiten in der Chemiedidaktik hin beleuchtet werden. Welche Rolle spielt der Begabungsbegriff im Diskurs der Chemiedidaktik? Wie wird der Begabungsbegriff aus Sicht der Chemiedidaktik inhaltlich bedeutsam? Welche Begabungen können im Chemieunterricht entfaltet werden? Wie werden diese Begabungen diagnostiziert und im Chemieunterricht gefördert? Können sich Begabungen trotz des Leistungsanspruches im Chemieunterricht der Sekundarstufe überhaupt entfalten? Widerspricht der fachliche Anspruch des Chemie Lernens der weiten Perspektive auf Begabung? Diesen Fragen widmet sich das folgende Kapitel.
https://www.friedrich-verlag.de/schulleitung/schule-leben/biologie-hat-viele-sprachen-1561
Digital unterrichten. Biologie (4), 3
Dieses Buch ist die erste deutschsprachige Einführung in die Disability Studies aus einer kulturwissenschaftlichen Perspektive. Es beleuchtet Prozesse der Hervorbringung, Repräsentation und Transformation ›außerordentlicher Körper‹ im Rahmen historisch und kulturell bedingter Deutungsmuster, Wissensformen und institutionalisierter Praktiken. Es lädt zu interdisziplinären Erkundungen in einer anspruchsvollen und spannenden Theorie- und Diskussionslandschaft ein und veranschaulicht seine Thesen u.a. an medizinhistorischen und literaturwissenschaftlichen Beispielen.
In diesem Beitrag wird exemplarisch am Themengebiet Optik dargestellt, wie Simulationen im inklusiven naturwissenschaftlichen Unterricht genutzt werden können, um Barrieren beim Experimentieren abzubauen und so die Partizipation aller Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen.
Computer+Unterricht 30 (2020), Heft 117, S.19–22
Mit der gesetzlichen Verankerung der inklusiven Beschulung an allgemeinbildenden Schulen werden Chemielehrer*innen vor neue Herausforderungen im Unterricht gestellt. Die seit langem sowohl in der chemiedidaktischen Forschung als auch in der alltäglichen Schulpraxis anerkannte Entwicklungs‐, Lern‐ und Leistungsheterogenität von Schüler*innen tritt im Zuge der Inklusion verstärkt in den Mittelpunkt von (Chemie‐) Unterricht. Neben der Erforschung von angemessenen Lerngelegenheiten für Schüler*innen in einem inklusiven Chemieunterricht gilt es, die Lehrenden der inklusiven Praxis in den Blick zu nehmen, da diese die entscheidenden Akteure in der Umsetzung eines inklusiven Chemieunterrichts sind. Der vorliegende Beitrag stellt eine Untersuchung vor, in der die Sichtweisen von Chemielehrenden zum Einsatz von Schülerexperimenten im inklusiven Chemieunterricht erhoben werden. Dabei werden Chancen und Herausforderungen für die Umsetzung eines inklusiven experimentellen Chemieunterrichts deutlich, die zu entsprechenden Konsequenzen in der universitären Ausbildung angehender Chemielehrender führen.
Sprachlich heterogene Klassen sind zum Normalfall geworden. Dies bedarf neuer didaktischer Ansätze, die es nicht nur ermöglichen, Lernprozesse in einem mehrsprachigen Kontext durch gezielte und individualisierte Maßnahmen zu fördern und zu unterstützen, sondern die Mehrsprachigkeit auch als Ressource anerkennen und aktiv in den Lernprozess integrieren. Nur so werden die Lernenden dazu befähigt, jene Kompetenzen zu erwerben bzw. zu erweitern, die eine aktive Partizipation in einer durch kulturelle und sprachliche Fluidität und Vielstimmigkeit gekennzeichneten Lebenswelt ermöglichen. Die mehrsprachige komplexe Kompetenzaufgabe stellt einen Versuch dar, diesem Umstand Rechnung zu tragen.
Dieses Handbuch steht für einen Geschichtsunterricht für alle, der die Diversität der Schüler*innen ernst nimmt. Im Mittelpunkt eines solchen Unterrichts stehen im Sinne einer starken Subjektorientierung die Lernenden mit all ihren individuellen Voraussetzungen, Erfahrungen und Potentialen. Der Band gliedert sich in drei Teile: Im ersten Teil werden Kategorien von Differenz (z.B. Klasse, Ethnie, Geschlecht) mit Blick auf Schule und Unterricht beleuchtet. Daraus werden im zweiten Teil Konsequenzen für geschichtsdidaktische Grundprinzipien abgeleitet. Der dritte Teil enthält zahlreiche Vorschläge für die praktische Umsetzung im Unterricht.
This handbook stands for a "history education for all" which takes the diversity of students seriously. In the sense of a strong subject-orientation, the focus of such a history education is on the learners with all their individual prerequisites, experiences and potentials. The volume is divided into three parts: In the first part categories of difference (e.g. class, ethnicity, gender) are examined with regard to school and teaching. In the second part basic principles of history education (didactics) are discussed in the light of diversity. The third part contains various suggestions for practical implementation in history classes.
Carolin Johanna Kiso zeigt Forschungslinien und Diskurse um Begabung und Begabungsförderung aus der Pädagogik, der Heil-und Sonderpädagogik sowie der Psychologie auf und thematisiert die komplexe und bislang wenig in Zusammenhang gebrachte Verschränkung eines weiten und breiten Begabungsbegriffs mit Inklusion. Es handelt sich um mit dem Forschungszugang der Grounded Theory gewonnene qualitative Forschungsergebnisse zum Begabungsverständnis der Lehrkräfte, zur Handlungspraxis als auch vornehmlich zu dem komplexen Zusammenspiel von Dynamiken, welche die Handlungspraxis der Begabungsförderung beeinflussen und als Stellschrauben dieser bezeichnet werden können. Diese Studie liefert wertvolle Anknüpfungspunkte zur Veränderung der Begabungspraxis an Schulen.
Der Inhalt• Forschungslinien und Diskurse zu Begabung und Begabungsförderung
• Interdependenz von Diskursen um Begabungsforschung und Inklusion
• Variable Auffassungen zum Begabungsverständnis
• Begabungsdiagnostik
• Handlungspraxis der Begabungsförderung
Die Zielgruppen
• Dozierende und Studierende aus den Erziehungs- und Bildungswissenschaften und der Psychologie
• Lehrkräfte und Referendar*innen aller Lehrämter, pädagogische Mitarbeiter*innen, Studienseminarleitungen, Akteure aus den Bereichen Bildungspolitik, Bildungsverwaltung, Lehrkräftebildung, Fort- und Weiterbildung
Die Autorin
Carolin Johanna Kiso ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Osnabrück, Fachgebiet Schulpädagogik.